Albrich, Thomas, Luftkrieg über der Alpenfestung 1943-1945. Der Gau Tirol-Vorarlberg und die Operationszone Alpenvorland. Wagner, Innsbruck 2014. 504 S., zahlreiche Abbildungen. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Seit ihren Anfängen kam es bei den individuellen, egoistischen und aggressiven Menschen zu zahllosen Interessengegensätzen und anschließenden Auseinandersetzungen, die bereits bei Kain und Abel mit einer Tötung endeten. Nach Möglichkeit strebte dabei jeder Beteiligte seine geringstmögliche Schädigung einerseits und die größtmögliche Beeinträchtigung des Gegners mit geringstmöglichen Mitteln an. In diesem Rahmen ist auf Grund des technischen Fortschritts im 20. Jahrhundert der Luftkrieg entstanden, dem sich der Verfasser im vorliegenden Werk örtlich an Hand des Gaues Tirol-Vorarlberg und der Operationszone Alpenvorland (Südtirol, Trentino und Provinz Belluno) und zeitlich vom Herbst 1943 bis zum Ende des zweiten Weltkriegs am 8. Mai 1945 widmet.

 

Vorausgegangen ist dieser gewichtigen Untersuchung das 1992 gemeinsam mit Arno Gisinger veröffentlichte Buch „Im Bombenkrieg. Tirol und Vorarlberg 1943-1945“, das 461 Seiten und zahlreiche Illustrationen umfasste. Nach dem Vorwort gewann es eine weite Leserschaft und wurde zu einem Standardwerk für unterschiedliche Interessiertenkreise. Da seitdem unzählige neue Quellen an das Licht des Tages kamen, wie etwa die Hompages verschiedener Bomb Groups der Vereinigten Staaten von Amerika, waren dem als außerordentlicher Professor am Institut für Zeitgeschichte der Universität Innsbruck tätigen, vielseitig interessierten  Verfasser eine inhaltliche und auch eine örtliche Erweiterung möglich. Dabei konnte er die Darstellung vor allem durch eine auf den letzten Wissensstand gebrachte, mehr als 170 Seiten einnehmende Chronik der Luftkriegsereignisse ergänzen.

 

Gegliedert ist der detailliert und umfassend informierende, Angriff und Abwehr als Krieg zusammenfassende Band in neun Kapitel. Sie beginnen mit dem Näherrücken des fernen Krieges vom Januar bis August 1943 und führen über das Erreichen der Heimatfront, die Dezemberangriffe auf Bozen und Innsbruck 1943, die Ruhe vor dem Sturm im ersten Halbjahr 1944, die Zeit zwischen der Invasion der Alliierten und dem Beginn der Brennerschlacht, den Anfang und Fortgang der Brennerschlacht bis zu den letzten Angriffen auf die Alpenfestung im April 1945, wobei der Verfasser im Ergebnis feststellen kann, dass die Brennerbahn und ihre Zulaufstrecken praktisch die einzigen Bombenziele der Luftwaffe der Vereinigten Staaten im Untersuchungsgebiet waren, für die aber bereits am 9. Mai 1945 nach Aufräumungsarbeiten in kürzester Zeit die Wiederaufnahme des Bahnverkehrs erwartet werden konnte. Am Ende der letzten sechs Monate waren nach 6839 Einsätzen mit 10367,5 Tonnen Bomben 46 amerikanische Flugzeuge und 223 Männer verloren und schätzungsweise 500 Innsbrucker, 200 Bozener und 170 Feldkircher (insgesamt rund 1500 Männer und Frauen) Bombenopfer, doch konnte trotz großer Schäden bereits im Juni 1945 die Bundesbahn der Verkehr wieder eröffnen.

 

Innsbruck                                                                  Gerhard Köbler