Advokatenordnung 1648. Ein Beitrag zur Geschichte der österreichischen Rechtsanwaltschaft, hg. v. Neschwara, Christian/Pauser, Josef. Verlag Österreich, Wien 2013. X, 124 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Im Laufe der menschlichen Geschichte hat das Recht bekanntlich allmählich so große Bedeutung gewonnen, dass es sich auf die Arbeitsteilung der Gesellschaft ausgewirkt hat. Spätestens nach der Wiederentdeckung der römischen Rechtsquellen in Italien und ihrer Unterrichtung an den Universitäten hat sich dabei der Advokat als Rechtsberater entwickelt. Die mit ihm verbundenen Einzelprobleme haben dabei bewirkt, dass 1648 eine eigene für das niederösterreichische Regiment (Regierung) publizierte Anwaltsordnung geschaffen wurde.

 

Sie wurde allerdings 1704 in den für Niederösterreich und Oberösterreich als offiziöse Sammlung gedruckten „Codex Austriacus“ unter den Gesetzen aus der Zeit Leopolds I. (1658-1705) nicht (mehr) aufgenommen, so dass sich anscheinend rasch das Wissen um sie verlor. Erst während des Sommers 2006 stieß Josef Pauser, von 1988 bis 2001 Assistent am Institut für Rechtsgeschichte der Universität Wien, als Leiter der Bibliothek des Verfassungsgerichtshofs Österreichs auf der Internetseite Zentrales Verzeichnis Antiquarischer Bücher auf eine Anzeige des Wiener Antiquariats Inlibris Gilhofer Nfg., in der eine Handschrift einer Advokatenordnung 1648 zum Verkauf angeboten wurde, die eine Verbindung zu dem juridisch-politischen Leseverein zu Wien erahnen ließ. Auf Grund der daraufhin angestellten Forschungen erwies es sich als wahrscheinlich, dass der (jüdische) Wiener Rechtsanwalt Josef Neugröschl für die Vorbereitung eines 1928 in der Advokaten-Zeitung erschienen(en) Beitrags, die Handschrift als langjähriges Lesevereinsmitglied entlieh, aber nicht mehr zurückgab, so dass sie nach seinem Tod und der Flucht seiner Tochter nach Großbritannien im Jahre 1939 an das 1939 arisierte Antiquariat Gilhofer gelangte und von dort zum Jahresende 2006 von der Rechtsanwaltskammer Wien auf Grund des besonderen Einsatzes des Rechtsanwalts Peter Wrabetz erworben werden konnte.

 

Das vorliegende, durch die Herausgeber erfreulicherweise der Allgemeinheit leicht zugänglich gemachte Werk, das auch durch ein Sachregister hätte aufgeschlossen werden können,  schildert nach Geleitwort und Vorwort zunächst ausführlich und sachkundig die Geschichte der Advokatenordnung 1648. Dem folgt ein Editionsteil, der mit einem Advokateneid des Jahres 1618 beginnt, in acht Einheiten bis zur Advokatenordnung 1681 reicht und durch einen Abbildungsteil (einschließlich der Advokatenordnung 1648) gelungen veranschaulicht wird. Die Advokatenordnung 1648 selbst umfasst 16 Folien mit rund 25 Abschnitten und behandelt dabei etwa das Verbot der Anwaltstätigkeit bei der niederösterreichischen Regierung ohne Zulassung, die Zulassung, die Verpflichtung zur Vorlage einer Prozessvollmacht, die Schriftsatzunterschriftspflicht, die Verwendung von Schreibern und Gehilfen, den Zeitpunkt der Schriftsatzeinbringung, das pünktliche Erscheinen zu Verhandlungen, das Verbot unnützer Neuerungen und willkürlicher Verzögerungen, das Honorar, die Einhaltung des Instanzenzugs, die Zulassung am Hofgericht, den Wohnsitzwechsel sowie Strafbestimmungen.

 

Innsbruck                                                                              Gerhard Köbler