Königreich in der deutschen Landesgeschichte (143)
Mit dem Übergang von den 911 ausgestorbenen ostfränkischen Karolingern über den Franken Konrad I. auf die sächsischen Ottonen (Heinrich I. 919) erwuchs aus dieser Teilung in kurzer Zeit die um die erste Jahrtausendwende als solche erkennbare neue politische Einheit deutsches Reich, die zwar das fränkische Durchgangsland Gallien/Frankreich nicht mehr einschloss, aber schon unter Heinrich I. die Westgrenze an Schelde und oberer Maas sicherte, unter Otto dem Großen 955 die Ungarn auf dem Lechfeld zurückschlug und 962 das langobardische Königreich bzw. Italien bis nach Rom (Reichsitalien) zurückgewann, in der Folge letztlich dauerhaft in den nach dem Abzug der Germanen (Goten, Wandalen) zwischenzeitlich slawisch besiedelten Osten jenseits der Elbe ausgriff und unter Konrad II. (1032/1033) Burgund als (drittes) Königreich anschloss.
Nicht in diese sechs bzw. zehn Reichskreise eingekreist waren: Königreich Böhmen, Markgrafentum Mähren, Markgrafentum Oberlausitz, Markgrafentum Niederlausitz, Herzogtum Schlesien preußischen und böhmischen Anteils, Grafschaft Glatz, Herrschaft Asch, Reichsstift Burtscheid, Propstei Cappenberg, Herrschaft Dreis, Herrschaft Dyck, Frauenstift Elten, Herrschaft Freudenberg (bzw. Freudenburg), Herrlichkeit Hörstgen nebst Rittersitz Frohnenburg (bzw. Frohnenbruch), Land Hadeln, Grafschaft Homburg, Herrschaft Jever, Herrschaft Kniphausen, Reichsherrschaft Landskron, Herrschaft Lebach, Reichsherrschaft Mechernich, Grafschaft Mömpelgard, Herrschaft Nalbach, Herrschaft Oberstein, Herrschaft Pyrmont, Herrschaft Rhade (bzw. Rath), Herrschaft Rheda, Herrschaft Richold, Herrschaft Saffenburg, Reichsherrschaft Schauen, Herrschaft Schaumburg, Herrschaft Schönau, Abtei Schönthal (bzw. Schöntal), Herrschaft Schwarzenholz, Herrschaft Stein, Herrschaft Wasserburg, Herrschaft Wildenberg (bzw. Wildenburg), Kirchspiel Winden, Herrschaft Wylre, Grafschaft Fagnolle (sowie die Reichsritter und die Reichsdörfer).
Im Übrigen erhielt Russland den größten Teil des Herzogtums Warschau als Königreich (Kongresspolen) in Personalunion, erlangte Preußen die nördliche Hälfte Sachsens, die Rheinlande, Westfalen, das verbliebene schwedische Vorpommern, Danzig, Thorn und Posen, gewann Österreich (wieder) Vorarlberg, Tirol, Salzburg, [Inn- und Hausruckviertel 1816], Kärnten, Krain, Istrien, Kreis Tarnopol, Lombardo-Venetien, Toskana und Modena [bei Verlust des Breisgaues und der südlichen Niederlande] und erreichte die Schweiz die Kantone Wallis, Neuenburg und Genf sowie die Sicherung der immerwährenden Neutralität.
Der überwältigende Sieg Preußens und der ihm folgenden deutschen Staaten gegen Frankreich 1870/1871 im Ringen um die Thronfolge in Spanien erlaubte dann freilich bald den Beitritt der wenigen verbliebenen süddeutschen Staaten und die Umwandlung des norddeutschen Bundes in ein Reich. Dieses zweite, von Preußen beherrschte Deutsche Reich umfasste 540742 Quadratkilometer mit 56,37 Millionen Einwohnern. Es gliederte sich nur noch in die Länder bzw. die Königreiche Preußen, Bayern, Sachsen, Württemberg, die Großherzogtümer Baden, Hessen bzw. Hessen-Darmstadt, Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-Strelitz, Sachsen-Weimar bzw. Sachsen-Weimar-Eisenach bzw. Sachsen(-Weimar-Eisenach), Oldenburg, die Herzogtümer Braunschweig, Sachsen-Meiningen, Sachsen-Altenburg, Sachsen-Coburg-Gotha bzw. Sachsen-Coburg und Gotha, Anhalt, die Fürstentümer Schwarzburg-Sondershausen, Schwarzburg-Rudolstadt, Waldeck, Reuß ältere Linie und Reuß jüngere Linie, Schaumburg-Lippe, Lippe, die freien Städte Bremen, Hamburg, Lübeck sowie das Reichsland Elsass-Lothringen.
KgR = Königreich
Altmark (Mark). Die A. ist der seit dem 14.
Jahrhundert als A. bezeichnete, nördliche, bis zur Elbe reichende Teil
(Nordmark) des 965 gedrittelten Herrschaftsgebiets des Markgrafen Gero († 965),
der 1134 an Albrecht den Bären (Askanier) kam. Die Askanier verdrängten die
Burggrafen von Arneburg und die Grafen von Osterburg, Gardelegen und
Hillersleben. 1316 wurde der Südteil um Wolmirstedt an das Erzstift Magdeburg abgetreten.
Nach dem Aussterben der brandenburgischen Askanier (1317/1319) fiel die
restliche A. durch Heirat der Witwe des letzten Markgrafen an Herzog Otto von
Braunschweig, kam aber später weitgehend ans Reich zurück und von dort 1415 an
die Burggrafen von Nürnberg/Markgrafen von Brandenburg. Von 1807 bis 1813 war
sie Teil des Elbdepartements des Königreichs
Westphalen Frankreichs. 1816 wurde sie als Teil des Regierungsbezirks Magdeburg
Preußens in die Provinz Sachsen eingegliedert. S. Brandenburg, Preußen,
Sachsen-Anhalt.
L.: Wolff 385; Schultze, H., Adelsherrschaft und Landesherrschaft, 1963;
Podehl, W., Burg und Herrschaft in der Mark Brandenburg, 1975; Wohlbrück, S.,
Geschichte der Altmark bis zum Erlöschen der Markgrafen aus ballerstädtischem
Hause, 1975; Zahn, W., Der Drömling, 1986; Tangermünde, die Altmark und das
Reichsrecht, hg. v. Lück, H., 2006.
Aosta (Herzogtum). Das in den Westalpen
gelegene, zunächst von keltisch-ligurischen Salassen bewohnte Aostatal wurde im
Jahre 25 v. Chr. von den Römern erobert, die den Ort Aosta gründeten. Über
Ostgoten, Oströmer und Langobarden kam es zum Königreich
Burgund und 1025 an das Grafengeschlecht der Humbertiner, das sich seit 1125
nach Savoyen benannte. 1191 erhielt es eine Freiheitsurkunde, auf Grund deren
A. eine im frühen 16. Jahrhundert vertiefte, bis 1773 währende Autonomie
gewann. Im frühen 19. Jahrhundert bildete das Herzogtum A. eine Art Brücke
zwischen dem Stammland Savoyen und Piemont mit der Hauptstadt Turin. Mit dem
Anfall Savoyens an Frankreich wurde A. 1860 in Italien zum von Turin aus
verwalteten Grenzgebiet. 1926 entstand innerhalb Italiens die Provinz A. mit
einem Präfekten an der Spitze und Autonomie für die teilweise französischsprachige
Bevölkerung.
L.: Tibaldi, T., Storia della valle d’Aosta, Bd. 1ff. 1902ff.; Zanotto, A.,
Histoire de la vallée d’Aoste, 1968; Omezzoli, T., Prefetti e fascismo, 1999.
Arles (Reichsstadt). A. an der unteren Rhone
kam über die keltischen Saluvier und das griechische Massilia an Rom, das unter
Cäsar die Colonia Julia Paterna Arelate Sextanorum gründete. Seit dem 3.
Jahrhundert war es Bischofssitz, 395 wurde es Hauptort Galliens und um 400 Sitz
eines Erzbischofs. 536 fiel der Ort an die Franken und wurde 879 Hauptort des Königreiches Provence. Mit dem im 10. Jahrhundert
hinzutretenden Königreich Burgund kam es - im
Arelat - 1033 an das Reich. Die Bürger von A. schüttelten 1220 die seit 921
bestehende Herrschaft des Erzbischofs ab. Damit wurde A. unter den Staufern
(1237) Reichsstadt. Bereits 1239 endete die Freiheit der Stadtgemeinde. 1251
musste sie sich Graf Karl von Anjou unterwerfen und kam 1481 mit der Grafschaft
Provence an Frankreich.
L.: Benoit, F., Arles, 1928; Benoit, F., Histoire municipale d‘Arles, 1935;
Engelmann, E., Zur städtischen Volksbewegung in Südfrankreich. Kommunefreiheit
und Gesellschaft, Arles 1200-1250, 1959; Kaiser, R., Arles, LexMA 1 1980,
953ff.
Arnstein-Barby (Grafen)(, Barby). Die Burg Barby an der
Elbe bei Magdeburg ist 814 erstmals erwähnt und 961 als Burgward bezeugt. 974
gab Kaiser Otto II. die Burg an das Stift Quedlinburg. DDas engere Gebiet um
Barby wurde spätestens am Ende des 12. Jahrhunderts durch Walther III. von
Arnstein (um 1150-nach 1196), der mit der Askanierin Gertrud von Ballenstedt
verheiratet war, unter Ausnutzung Quedlinburger Vogteirechte erworben. Er
gründete die Linie der Grafen von A. (Barby). Sein Sohn Walther IV. vereinigte
Magdeburger, Nienburger und askanische Lehen. Das engere Herrschaftsgebiet lag
um Barby, Calbe, Mühlingen (Grafschaft Mühlingen) und Schönebeck. Dazu kamen
Rosenburg, Walternienburg (Walter-Nienburg) und Zerbst (1264-1307). 1497 wurde
die Herrschaft durch König Maximilian I. zur Reichsgrafschaft erhoben. 1540
wurde die Reformation eingeführt. Kurzzeitig gehörte die Familie dem
westfälischen Reichsgrafenkollegium an. 1659 starb die Familie aus. Sachsen-Weißenfels,
Anhalt-Zerbst und Magdeburg teilten sich das Gebiet. Das Amt Barby fiel als
erledigtes Lehen an Sachsen-Weißenfels, das Arnstein-Barbys (Barbys) Stimme im
Reichstag führte, 1746 an Sachsen (Kursachsen) und 1815 an Preußen. Rosenburg
kam als früheres Lehen Magdeburgs an Brandenburg, die übrigen Güter gelangten
als Lehen Sachsens an Anhalt-Zerbst. 1800 umfasste das Gebiet etwa 2
Quadratmeilen (Stadt Barby und einige Dörfer). Das Amt Rosenburg gelangte als
ehemals magdeburgisches Lehen an Brandenburg, die Ämter Walternienburg
(Walter-Nienburg) und Mühlingen als sächsische Lehen an Anhalt-Zerbst. 1807
kamen die sächsischen und preußischen Teile zum Königreich
Westphalen, 1815 wieder an Preußen. Barby gelangte von dort an Sachsen-Anhalt.
L.: Wolff 417f.; Wallner 710 ObersächsRK 26; Stegmann, E., Burg und Schloss
Barby, Magdeburger Geschichtsblätter 66/67 (1931/32), 40ff.; Heinrich, G., Die
Grafen von Arnstein, 1961; Heinrich, G., Barby, LexMA 1 1980, 1448.
Aschaffenburg (Stift, Fürstentum, Residenz Erzbischof
von Mainz). A. wird zuerst als alemannische civitas Ascapha (Eschenfluss) des
späten 5. Jahrhunderts erwähnt. Vielleicht über die thüringischen Herzöge,
jedenfalls über die Karolinger gelangte es an die Liudolfinger. Um 957 gründete
dort Herzog Liudolf von Schwaben das Kollegiatstift St. Peter und Alexander.
982 ging A. von Otto von Bayern und Schwaben über Kaiser Otto II. an das
Erzstift Mainz über, das dort später ein Oberamt errichtete. Das Stift war um
1700 im Kanton Odenwald des Ritterkreises Franken immatrikuliert. Nach der
Eroberung Mainzs durch Frankreich 1798 wurde A. Sitz der Regierung des
Erzstifts Mainz. 1803 wurde für Karl Theodor von Dalberg, den letzten Mainzer
Kurfürsten und Reichserzkanzler, das Fürstentum A. geschaffen. Es umfasste mit
rund 1700 Quadratkilometern das alte Oberamt A., die mainzischen Ämter Aufenau,
Lohr, Orb, Stadtprozelten, Klingenberg und das Amt Aura des Hochstifts
Würzburg. 1810 wurde es zu einem Departement des Großherzogtums Frankfurt
gemacht. 1814 ging A. an Österreich und 1814/1816 an Bayern über.
L.: Wolff 80f.; Riedenauer 128; Festschrift 1000 Jahre Stift und Stadt
Aschaffenburg, hg. v. Fischer, W., 1957 (Aschaffenburger Jahrbuch für
Geschichte, Landeskunde und Kunst des Untermaingebietes); Christ, G.,
Aschaffenburg. Grundzüge der Verwaltung des Mainzer Oberstifts und des
Dalbergstaats, 1963, (in) Historischer Atlas von Bayern, Teil Franken 12;
Grimm, A., Aschaffenburger Häuserbuch, 1985; Thiel, M., Aschaffenburger
Urkundenbuch, 1 Die Urkunden des Kollegiatstifts St. Peter und Alexander bis
zum Jahre 1325, 1986; Spies, H., Von Kurmainz zum Königreich
Bayern. Änderungen der territorialen und landesherrlichen Verhältnisse im Raum
Aschaffenburg 1803-1816, Mitteilungen aus dem Stadt- und Stiftsarchiv
Aschaffenburg 2, 1987ff.; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich,
hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 2, 19.
Basel (Fürstbistum, Hochstift, Residenz). B.
wird erstmals durch Ammianus Marcellinus zum Jahre 374 bezeugt, ist aber sowohl
urnenfelderzeitlich wie auch keltisch und römisch (ca. 15 v. Chr.) besiedelt.
Im 5. Jahrhundert erscheinen die ersten alemannischen, im 6. Jahrhundert die ersten
fränkischen Gräber. Um die Mitte des 8. Jahrhunderts setzt mit Bischof Wala
eine einigermaßen durchgehende Liste von in B. residierenden Bischöfen ein,
deren Bistum dem Erzbistum Besançon untersteht und vielleicht am Anfang des 7.
Jahrhunderts von (Basel-)Augst (Augusta Rauracorum) nach B. übertragen wurde.
1033 wurde B. durch Eingliederung des Königreichs
Hochburgund, dem es seit 912 angehörte, in das Reich reichsunmittelbar. Die
weltliche Herrschaft der Bischöfe wurde vor allem durch die Schenkung Moutier-Grandvals
(Münster-Granfelden) seitens Rudolfs III. von Burgund (999/1000) begründet.
Dazu kamen verschiedenartige Rechte und Güter (Grafschaft Härkingen bzw.
Herkingen 1080, Herrschaft Rappoltstein im Elsass 1163), die aber teilweise
rasch wieder vorloren gingen (z. B. Vogtei über die Stadt). Im 13. Jahrhundert
wurden die Herrschaften und Vogteien Birseck (Reichslehen), Asuel, Ajoi (=
Elsgau), Sornegau, Saint-Ursanne (Saint Ursanne), Moutier-Grandval, Biel, La
Neuveville, Montagne de Diesse (Montagne de Disse, Tessenberg), Erguel und die
Grafschaften Homberg und Pfirt (bis 1324) erworben bzw. gesichert, im 14./15.
Jahrhundert die Herrschaften Chauvilier (Chauvelin), Hartmannsweiler, Buchegg
und Franquemont. Seit dem 13. Jahrhundert begann sich allerdings gleichzeitig
die Stadt aus der Herrschaft der bischöflichen Stadtherren, die seit 1395 meist
in Pruntrut oder Delsberg residierten, in B. selbst aber noch 1460 eine neue
Universität gründeten, zu lösen und eine eigene Herrschaft aufzubauen
(endgültige Ablösung der Ansprüche 1585). Der südliche Jura geriet seit der
Mitte des 14. Jahrhunderts allmählich unter den Einfluss der Eidgenossenschaft.
1528 verbot die Reichsstadt B. den Katholizismus und zog die hochstiftischen
Güter im Sornegau, Buchsgau, Sisgau und Frickgau an sich. Der Bischof verlegte
seinen Sitz bleibend nach Pruntrut (Porrentruy) und verband sich 1577 mit den
katholischen Kantonen der Eidgenossenschaft. Zum Hochstift gehörten schließlich
Biel, Neuenstadt und die Herrschaften Erguel, Ilfingen (Illfingen), Tessenberg,
Delsberg (Reichslehen), Pruntrut, Zwingen, Birseck (Reichslehen), Pfeffingen
(Reichslehen), Schliengen (Reichslehen) und Freibergen (Freienberge)
(Reichslehen) mit 20 Quadratmeilen und 60000 Einwohnern. 1792 besetzen
Revolutionstruppen Frankreichs die zum Reich gehörigen Teile Basels,
verwandelten sie in eine Raurakische Republik und gliederten sie am 23. 3. 1793
Frankreich ein (Departement du Mont Terrible). 1793 wurden die eidgenössischen
Teile Basels annektiert. Der kleine rechtsrheinische Teil des Hochstifts kam
1803 an Baden. Der Wiener Kongress (1815) bestätigte im Übrigen die
Zugehörigkeit zur Schweiz (Kantone Bern [als Ausgleich für die
Verselbständigung des Aargaus und der Waadt], Basel [Birseck] und Neuenburg)
und zu Frankreich.
L.: Wolff 237, 539; Zeumer 552 II a 21; Wallner 695 OberrheinRK 8; Zeumer
552ff. II a 21; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) D5, II 72 (bis 1797)
C1, III 38 (1789) C5; Trouillat, J., Monuments de l'ancien évêché de Bâle, Bd.
1ff. 1825ff.; Vautrey, L., Histoire des évêques de Bâle, Bd. 1f. 1884ff.; Rohr,
H., Die Entstehung der weltlichen Gewalt der Bischöfe von Basel, 1915; Gaus,
K., Geschichte der Landschaft Basel und des Kantons Basel, 1932; Hieronymus,
K., Das Hochstift Basel im ausgehenden Mittelalter, 1938; Mayer-Edenhauser, T.,
Zur Territorialbildung der Bischöfe von Basel, ZGO N.F. 52 (1939); Seith, G.,
Die rechtsrheinischen Gebiete des Bistums Basel und ihr Übergang an Baden,
Diss. jur. Freiburg 1950; Fellmann, R., Basel in römischer Zeit, 1955; Bühler,
M., Gewohnheitsrecht und Landesherrschaft im ehemaligen Fürstbistum Basel,
1972; Marchal, G. u. a., Basel, LexMA 1 1980, 1505ff.; Kümmell, J., Bäuerliche
Gesellschaft und städtische Herrschaft im Spätmittelalter. Zum Verhältnis von
Stadt und Land im Fall Basel/Waldenburg 1300-1535, 1983; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 503, 1, 2, 39;
Gröbli, F., Bibliographie von Basel, 2005; Meyer, W., Da verfiele Basel
überall, 2006.
Bayern (Herzogtum, Kurfürstentum, Königreich, Freistaat). Die B. (Baiern) werden
erstmals um die Mitte des 6. Jahrhunderts bei Jordanes (Getica c. 55 Baibari)
erwähnt. Sie setzen sich vor allem aus Germanen böhmischer, westlicher und
östlicher Herkunft sowie Romanen zusammen, wobei - vielleicht den Alemannen
besonderes Gewicht zukommt, aber - die aus Böhmen stammenden Einwanderer
namengebend wurden (Boio-varii, Baju-warii) und der neue Stamm im Gebiet der
römischen Provinz Noricum ripense und im Flachland der Raetia secunda im
Wesentlichen zu Beginn des 6. Jahrhunderts entstand. An seiner Spitze stehen
die seit dem Tode Theoderichs des Großen (526) von dem Merowingerkönig
Theudebald eingesetzten und von den Franken abhängigen (fränkischen?,
burgundischen?) Agilolfinger (Garibald I. 550-590, Sitz in Regensburg), von
denen nach dem Aufbau eines Königreichs (regnum)
Tassilo III. 788 von Karl dem Großen abgesetzt wurde. Der Siedlungsraum reichte
vom Lech bis zur Enns und von Premberg(/Burglengenfeld)/Nabburg bis zu den
Alpen (Bozen). Das Recht des zu Beginn des 8. Jahrhunderts christianisierten
Stammes wurde in der Lex Baiwariorum aufgezeichnet (vor 743). Am Ende der
Karolingerzeit erscheint erneut ein Herzog der bis zur Raab und bis Friaul,
Istrien und Dalmatien ausgreifenden B. (rex in regno Teutonicorum Arnulf
907-937, Sohn des Markgrafen Liutpold, Luitpold). Kaiser Otto I. entsetzte 947
die Familie der Liutpoldinger (Luitpoldinger) des Herzogtums und übertrug es
mit Friaul seinem mit der Liutpoldingerin (Luitpoldingerin) Judith
verheirateten Bruder Heinrich. Unter dessen Sohn Heinrich (II.) dem Zänker
erhielt B. seine größte Ausdehnung (952 Markgrafschaft Verona, Marken Krain und
Istrien bis 976). Kaiser Otto II. setzte aber Heinrich den Zänker 976 ab und
trennte die bayerische Ostmark, den Nordgau und Kärnten mit den italienischen
Marken von B., das Heinrich 985 wieder erhielt, ab. Unter den Saliern wurde B.
meist an Familienmitglieder gegeben, von 1070 bis 1139 an die Welfen (1070 Welf
I., 1101 Welf II., 1120 Heinrich der Schwarze, 1126 Heinrich der Stolze, der
zugleich Sachsen erbte), 1139 an die Babenberger und von 1156 bis 1180 unter
Abtrennung der den Babenbergern verbleibenden Mark an der Donau (Ostmark,
Herzogtum Österreich) erneut an die Welfen (Heinrich den Löwen). 1180 gelangte
mit der Absetzung Heinrichs des Löwen das noch um Oberösterreich, Traungau und
Steiermark verkleinerte bayerische Herzogtum an Otto von Wittelsbach, einen
Nachkommen der seit der Mitte des 11. Jahrhunderts urkundlich nachweisbaren
Grafen von Scheyern(-Wittelsbach), die seit etwa 1120 das bayerische
Pfalzgrafenamt innehatten. Die mit der Belehnung durch das Herzogtum B. neu
begründete Dynastie der Wittelsbacher, die eine straffe Verwaltung in B.
ausbildete (34 Landgerichte bzw. Pflegämter), wurde rasch in
Auseinandersetzungen mit den bayerischen Großen verstrickt. Stadt und Hochstift
Regensburg lösten sich ebenso wie das Erzstift Salzburg vom Herzogtum.
Landesfürsten wurden auch die Bischöfe von Bamberg, Brixen, Freising und Passau
sowie die Grafen von Tirol, das die Herzoginwitwe Margarethe 1363 an Herzog
Rudolf IV. von Österreich übergeben hatte, und die Landgrafen von Leuchtenberg.
Umgekehrt erhielt der Herzog 1208 die Bestätigung der Erblichkeit des
Herzogtums und die Reichslehen des Pfalzgrafen Otto VIII. und des Andechser
Grafen Heinrich von Istrien, 1214 die Belehnung mit der Pfalzgrafschaft bei
Rhein und etwa gleichzeitig weitere Güter (u. a. Aibling). 1240 erlangte er die
vordem freisingische Stadt München. 1242 beerbte er die Grafen von Bogen, 1248
die Grafen von Andechs und die älteren Grafen von Ortenburg und vertrieb den
letzten Grafen von Wasserburg. 1254/1255 wurde B. dann in einen kleineren
westlichen Teil („Oberbayern“, zu dem der Nordgau und die Pfalzgrafschaft bei
Rhein sowie die Kurwürde kamen,) und einen größeren östlichen Teil
(„Niederbayern“ zwischen Reichenhall, Cham, Freising und Landshut) geteilt.
1268 erhielt es das konradinische Erbe in der Oberpfalz und am Lech (Landsberg),
was besonders Oberbayern (Amberg, Hohenstein, Vilseck [Vogtei], Auerbach,
Plech, Hersbruck, Neuhaus, Neumarkt in der Oberpfalz, Berngau, Donauwörth,
Mering, Schwabegg, Schongau) und nur in geringem Ausmaß auch Niederbayern
(Floß, Parkstein, Weiden, Adelburg [Adelnburg]) zugute kam. 1289 verlor B. die
Kurwürde an Böhmen. 1294 wurde die Pfalz von Oberbayern gelöst. 1314 wurde
Ludwig IV. (von Oberbayern) zum deutschen König gewählt (1328 Kaiser). Er
verlieh 1323 seinem Sohn Ludwig V. die durch das Aussterben der Askanier
erledigte Mark Brandenburg. 1340 erlosch die 1331 dreigeteilte niederbayerische
Linie. Ihre Güter fielen an Oberbayern, für das Kaiser Ludwig 1335/1346 ein
Landrecht erließ, zurück. Schon 1329 hatte Ludwig selbst im Hausvertrag von Pavia
den Söhnen seines Bruders die Pfalz (Rheinpfalz) und einen Teil des Nordgaus,
die Oberpfalz, abgetreten (einschließlich der Kurwürde). Gegen Ludwigs des B.
Pläne teilten dann seine sechs Söhne 1349/1351/1353 B. und weitere
hinzuerworbene Güter (1346-1433 Grafschaften Holland, Seeland, Friesland,
Hennegau, außerdem Tirol [1342-1363]) auf. Ludwig V. (Bayern-München) erhielt
Oberbayern mit Tirol, Ludwig VI. und Otto V. gemeinsam die Mark Brandenburg,
Stephan II. fast ganz Niederbayern, Wilhelm I. und Albrecht I. das Gebiet um
Straubing (Bayern-Straubing) sowie die Niederlande. Hiervon fiel 1363
Oberbayern an Stephan II. von Niederbayern, der aber 1369 Tirol, das die
Herzoginwitwe Margarethe (1363) an Herzog Rudolf IV. von Österreich übergeben
hatte, an Habsburg abtreten musste. Brandenburg musste 1373 an Karl IV.
abgegeben werden. 1392 wurde B. zum drittenmal geteilt (Teilherzogtümer
Bayern-München, Bayern-Landshut und Bayern-Ingolstadt). Herzog Johann II.
erhielt den südwestlichen Teil Oberbayerns und den südlichen Nordgau
(Bayern-München), Herzog Friedrich Niederbayern (Bayern-Landshut), Herzog
Stephan III. Streubesitz an der oberen Donau und im Alpenvorland
(Bayern-Ingolstadt). 1425 erlosch die in der zweiten Teilung 1349ff.
entstandene Straubinger Linie im Mannesstamm. Nach dem Pressburger Schied von
1429 fiel das 1425 rasch vom Kaiser an Habsburg verliehene Straubinger Land zur
Hälfte an die beiden Münchener Herzöge (Bayern-München) und zu je einem Viertel
an Bayern-Landshut und Bayern-Ingolstadt. 1433 musste die Herrschaft über die
Niederlande an den Herzog von Burgund abgetreten werden. 1445/1447 starb mit
Ludwig dem Buckligen die Linie Bayern-Ingolstadt aus. Ihre Güter fielen an
Heinrich XVI. von Bayern-Landshut, der nunmehr zwei Drittel Bayerns beherrschte
und dessen Nachfolger Ludwig der Reiche 1472 die Universität Ingolstadt
gründete. 1450 trat Herzog Ludwig IX. von Bayern-Landshut im Erdinger Vertrag
seinem Münchener Vetter einen kleinen Teil des Erbes ab. Gleichzeitig gewann
Bayern-Landshut die Herrschaften Heidenheim, Heideck, Wemding und Weißenhorn.
1485 zog Albrecht IV. von Bayern-München die Grafschaft Abensberg ein. Von 1487
bis 1492 unterstellte sich die verschuldete Reichsstadt Regensburg seiner
Landeshoheit. Am 1. 12. 1503 starb die Linie Bayern-Landshut mit Georg dem
Reichen in männlicher Linie aus. Zwischen dem mit der Georgstochter Elisabeth
verheirateten Ruprecht von der Pfalz und Albrecht IV. von Bayern-München kam es
zum Erbfolgekrieg, da Georg Elisabeth zur Erbin eingesetzt hatte, obwohl nach
dem Teilungsvertrag von 1392 und dem Erdinger Vertrag von 1450 beim Aussterben
der Linie Bayern-Landshut Bayern-München das Erbe erhalten sollte. Gegen das
Versprechen von Gebietsabtretungen erhielt Albrecht IV. die Unterstützung König
Maximilians. Im Kölner Schied König Maximilians vom 30. 6. 1505 wurde das
Landshuter Erbe dann dem Münchener Gebiet zugefügt und damit die Einheit
Bayerns wiederhergestellt. Albrecht IV. musste aber 1505 verstreute Gebiete
zwischen Fichtelgebirge und oberer Donau (Neuburg, Hilpoltstein, Heideck,
Burglengenfeld, Sulzbach) zur Bildung des für die Kinder Ruprechts geschaffenen
Fürstentums der „Jungen Pfalz“ (Pfalz-Neuburg) sowie andere Güter an den Kaiser
(Gerichte Kufstein, Rattenberg, Kitzbühel, das Zillertal sowie Kirchberg und
Weißenhorn,), an die Reichsstadt Nürnberg (Altdorf, Hersbruck) und an
Württemberg (Heidenheim) abtreten. 1506 wurde ein Primogeniturgesetz in Kraft
gesetzt, das die Einheit des Landes sichern sollte. Dieses so gefestigte Land
erhielt 1516 eine Landesordnung, 1518 ein reformiertes Landrecht, 1520 eine
Gerichtsordnung und 1616 durch Herzog Maximilian (1597-1651) erneut ein
Landrecht. 1623 gewann der Herzog den Kurfürstenstand, 1607 Donauwörth, 1616
Mindelheim und 1628 die Oberpfalz. Maximilian II. Emanuel wurde 1691
Statthalter der spanischen Niederlande, verlor aber von 1704 bis 1714 B. an
Österreich. Karl VII. Albrecht erwarb 1734 und 1740 die Herrschaften
Hohenwaldeck, Wartenberg, Sulzbürg und Pyrbaum und erhielt 1742 die
Kaiserkrone. Unter Maximilian III. Joseph öffnete sich B. der Aufklärung. 1758
stiftete er auf Betreiben Ickstatts und Loris die Akademie der Wissenschaften
in München. Zugleich wurde durch Ickstatt die völlig zersplitterte
Staatsverwaltung neu organisiert und durch Kreittmayr das bayerische Recht
kompiliert bzw. kodifiziert (Codex Juris Bavarici Criminalis 7. 10. 1751, Codex
Juris Bavarici Judiciarii (1753), Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis 2. 1.
1756). 1777 starben die bayerischen Wittelsbacher aus und wurden durch die
wittelsbach-pfälzischen Kurfürsten (Karl Theodor) beerbt, so dass - abgesehen
von Pfalz-Zweibrücken(-Birkenfeld) - erstmals seit 1329 die getrennten
wittelsbachischen Lande (einschließlich Pfalz, Jülich, Berg, Pfalz-Neuburg,
Pfalz-Sulzbach) wieder vereinigt wurden. 1779 ging das bayerische Innviertel an
Österreich verloren, 1797/1801 das linksrheinische Gebiet an Frankreich. Beim
Tod des kinderlosen Karl Theodor gelangte Maximilian IV. Josef von der Linie
Pfalz-Zweibrücken-Birkenfeld an die Herrschaft und vereinigte so die gesamten
wittelsbachischen Lande. Maximilian IV. Joseph (1799-1825), seit 1806 König
Maximilian I., und sein Minister Freiherr Maximilian Joseph von Montgelas
(1799-1817) schufen dann den modernen Staat B. 1801 umfasste das Herzogtum B.
mit den Reichsgrafschaften Valley, Hals bei Passau, Cham und Hohenschwangau
sowie der Reichspflege Donauwörth (Wörth) 590 Quadratmeilen mit 880000
Einwohnern. 1803 gewann B. durch § 2 des Reichsdeputationshauptschlusses als
Entschädigung für die linksrheinischen Güter (Pfalz [Rheinpfalz],
Pfalz-Zweibrücken, Pfalz-Simmern, Jülich, Pfalz-Lautern, Pfalz-Veldenz,
Bergen-op-Zoom [Bergen op Zoom], Ravenstein) in Franken die Hochstifte Würzburg
und Bamberg sowie die Reichsstädte Rothenburg, Weißenburg, Windsheim und Schweinfurt,
die Abteien Waldsassen und Ebrach, die Reichsdörfer Gochsheim und Sennfeld
sowie aus dem Hochstift Eichstätt die Ämter Sandsee, Wernfels-Spalt, Abenberg,
Arberg-Ornbau und Wahrberg (/Vahrnberg)-Herrieden, in Schwaben das Hochstift
Augsburg, eine Reihe von Klöstern (Kempten, Irsee, Wengen, Söflingen,
Elchingen, Ursberg, Roggenburg, Wettenhausen, Ottobeuren, Kaisheim, Sankt
Ulrich und Afra in Augsburg) und die Reichsstädte Dinkelsbühl, Kaufbeuren,
Kempten, Memmingen, Nördlingen, Ulm, Bopfingen, Buchhorn, Wangen, Leutkirch
sowie vor allem in Altbayern selbst die Hochstifte Freising und Passau
diesseits von Inn und Ilz. Die rechtsrheinische Pfalz kam aber an Baden. 1805
erlangte B. in den Verträgen von Brünn und Pressburg die Reichsstadt Augsburg,
die Markgrafschaft Burgau, habsburgische Güter in Oberschwaben, Vorarlberg,
Passau, Eichstätt und Tirol mit Brixen und Trient (im Austausch gegen
Würzburg). Am 1. 1. 1806 stieg es zum Königreich
auf. Nach dem Beitritt zum Rheinbund am 12. 7. 1806 gewann es Ansbach (im
Austausch gegen Berg) und zahlreiche kleine Herrschaften, die Reichsstadt
Nürnberg sowie Gebiete des Deutschen Ordens. 1809/1810 erlangte es auf Kosten
Österreichs das Innviertel und das Hausruckviertel, Salzburg und Berchtesgaden,
außerdem Bayreuth und Regensburg, musste aber Südtirol an Italien und einen
Teil Mainfrankens an das Großherzogtum Würzburg abgeben. Ein Vertrag mit
Württemberg ließ im Westen die Iller zur Grenze werden und Ulm an Württemberg
übergehen. 1808 wurde eine Konstitution erlassen. 1815/1816 (14. 4. 1816)
musste B. Tirol, Vorarlberg, Salzburg, das Innviertel und das Hausruckviertel
an Österreich zurückgeben, erhielt aber seinerseits das Maingebiet von Würzburg
bis Aschaffenburg und dazu die linksrheinische Pfalz zurück. Das 1805/1806
erlangte Vils im Außerfern wurde 1816 gegen Marktredwitz an Österreich gegeben.
Die verschiedenen verbliebenen, zwischen 1803 und 1816 die Länder von etwa 230
ehemaligen Reichsständen aufnehmenden Gebiete wurden unter dem leitenden
Minister Montgelas zu einer straff verwalteten Einheit vereinigt, die am 10. 6.
1815 als drittgrößter Staat widerstrebend dem Deutschen Bund beitrat, 1808 eine
Konstitution bzw. am 26. 5. 1818 eine Verfassung und 1813 ein einheitliches
modernes Strafrecht (Kriminalgesetzbuch) erhielt und die Universitäten Bamberg,
Altdorf, Dillingen, Innsbruck und Salzburg aufhob. Alleiniger Mittelpunkt wurde
München, das 1826 auch die 1800 schon von Ingolstadt nach Landshut verlegte
Universität gewann. 1837 wurde das Land neu in sieben Regierungsbezirke
(Schwaben, Oberbayern, Niederbayern, Oberpfalz, Oberfranken, Mittelfranken
Unterfranken) gegliedert, zu denen noch die Pfalz als achter Regierungsbezirk
trat. Durch preußisches Gesetz vom 24. 12. 1866 wurde das bisherige bayerische
Bezirksamt Gersfeld, das aus Orten der früheren Herrschaft Gersfeld und der
ehemals fuldischen Ämter Weyhers, Bieberstein und Oberamt Fulda bestand, und
der bisher bayerische Landgerichtsbezirk Orb mit Orten, die 1815 aus dem
Großherzogtum Frankfurt an B. gelangt waren, mit Preußen vereinigt. Am 20./23.
11. 1870 schloss B. als letzter süddeutscher Staat in Versailles den Vertrag
über den Eintritt in das Deutsche Reich ab, bei dem es nach der Verfassung von
1871 als Reservatrechte eigene Diplomatie, Post, Eisenbahn, Bier- und
Branntweinsteuer sowie beschränkte Wehrhoheit behielt. Im November 1918 rief
der Führer der Unabhängigen Sozialdemokratie Eisner in B. die Republik aus.
König Ludwig III. ging außer Landes, verweigerte aber jede Abdankung.
Gleichwohl wandelte sich das Königreich zum
Freistaat (Verfassung vom 12./19. 8. 1919). Auf Grund der neuen Verfassung
verlor B. im Deutschen Reich fast alle Sonderrechte. Ein Teil der Pfalz Bayerns
kam zum Saargebiet. Am 1. 7. 1920 wurde Sachsen-Coburg mit B. vereinigt. Am 9.
3. 1933 wurde die Regierung des Ministerpräsidenten Held (Bayerische
Volkspartei) durch die Nationalsozialisten verdrängt. 1934 verlor B. seine
Eigenstaatlichkeit und wurde bis 1945 Gebietskörperschaft des Reiches. 1945 kam
es zur amerikanischen Besatzungszone, doch wurden Lindau und die Pfalz der
französischen Besatzungszone zugeteilt. Umgekehrt kam das zuvor thüringische
Ostheim zu B. Die Pfalz wurde von (dem wiederbegründeten) B. getrennt und 1946
dem Land Rheinland-Pfalz eingegliedert. Lindau kam 1956 zu B. zurück. Am 1. 12.
1946 erhielt B. eine neue Verfassung. 1949 lehnte der Landtag Bayerns das
Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland wegen unzureichender
Berücksichtigung bayerischer Sonderrechte ab, doch wurde B. Land der
Bundesrepublik Deutschland. S. Pfalz, Wittelsbach.
L.: Wolff 134; Zeumer 553 II b1, II b 61, 6; Wallner 711 BayRK 1; Großer
Historischer Weltatlas II 34 (1138-1254) G4, II 78 (bis 1450) G4, II 22 (1648)
F4, III 38 (1789) D3; Die Territorien des Reichs 1, 56; Monumenta Boica, ed.
Academia Scientiarum Boica, Bd. 1ff. 1763ff.; Buchner, A., Geschichte von
Bayern, 1820-1855; Quellen und Erörterungen zur bayerischen und deutschen
Geschichte, hg. v. d. hist. Komm. bei der bay. Akad. d. Wiss. Bd. 1ff. 1856ff.;
Riezler, S. v., Geschichte Bayerns, 1878ff., z. T. 2. A. 1927ff., Neudruck
1964; Rosenthal, E., Geschichte des Gerichtswesens und der
Verwaltungsorganisation Bayerns, Bd. 1, 2 1889ff., Neudruck 1968; Götz, W.,
Geographisch-historisches Handbuch von Bayern, Bd. 1-2, 1895ff.; Doeberl, M.,
Entwicklungsgeschichte Bayerns, Bd. 1 1906, 3. A. 1916, Bd. 2 2. A. 1928, Bd. 3
1931; Ortsbuch von Bayern 1932, hg. v. Reichspostzentralamt, 1932, mit Nachtrag
von 1933; Spindler, M., Die Anfänge des bayerischen Landesfürstentums, 1937;
Kornrumpf, M., Atlas Bayerische Ostmark, 1939; Keyser, E./Stoob, H., Deutsches
Städtebuch 1939-1974, Bd. 5; Bauerreiß, R., Kirchengeschichte Bayerns, Bd. 1-7,
1949ff. z. T. 3. A.; Historischer Atlas von Bayern, hg. von der Kommission für
bayerische Landesgeschichte, 1950ff. (Verzeichnis der bis 1980 erschienenen
Hefte in Zs. f. bay. LG. 43 (1980), 799ff.); Hiereth, S., Die bayerische
Gerichts- und Verwaltungsorganisation vom 13. bis 19. Jahrhundert, 1950; Simon,
M., Evangelische Kirchengeschichte Bayerns, 2. A. 1952; Rall, H., Kurbayern in der
letzten Epoche der alten Reichsverfassung 1745-1801, 1952; Historisches
Ortsnamenbuch von Bayern, hg. von der Kommission für bayerische
Landesgeschichte, 1952ff.; Zimmermann, W., Bayern und das Reich 1918-23, 1953;
Reindel, K., Die bayerischen Luitpoldinger, 1953; Historisches
Gemeindeverzeichnis von Bayern, Beiträge zur Statistik Bayerns 192 (1954);
Schwend, K., Bayern zwischen Monarchie und Diktatur 1918-33, 1954;Schmidt,
W./Reng, A., Straubinger Atlas, Straubinger Hefte 8 (1958); Bosl, K., Bayerische
Geschichte, 7. A. 1990; Hubensteiner, B., Bayerische Geschichte, 10. A. 1985;
Historischer Atlas von Bayerisch-Schwaben, hg. v. Zorn, W., 2. A. 1985ff.;
Polenz, P. v., Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, I, 12, II, 22, 51, 52, 91,
94, III, 18, 19, 26, 27, Peiera, Volksname, Peigirolant, Landname, Baivarii,
Baioaria, Beiaro riche, Beireland; Werner, H., Die Herkunft der Bajuwaren und
der „östlich-merowingische“ Reihengräberkreis, FS Wagner, F., 1962; Fried, P.,
Herrschaftsgeschichte der altbayerischen Landgerichte Dachau und Kranzberg im
Hoch- und Spätmittelalter sowie in der frühen Neuzeit, 1962; Hubensteiner, B.,
Bayern, (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Finsterwalder, R., Zur
Entwicklung der bayerischen Kartographie von ihren Anfängen bis zum Beginn der
amtlichen Landesaufnahme, 1967; Apian, P., 24 baierische Landtafeln von 1568,
hg. v. Fauser, A./Stetten, G., 1968; Handbuch der bayerischen Geschichte, hg.
v. Spindler, M., Bd. 1ff. 1968ff., 2. A. 1981ff., z. T. 3. A. 1995ff.;
Bayerischer Geschichtsatlas, hg. v. Spindler, M., 1969; Buzas, L./Junginger,
F., Bavaria Latina. Lexikon der lateinischen geographischen Namen in Bayern,
1971; Weis, E., Montgelas, Bd. 1f. 1971f.; Altbayern im Frühmittelalter bis
1180, hg. v. Ay, K., 1974; Rall, H., Zeittafeln zur Geschichte Bayerns, 1974;
Riedenauer, E., Das allgemeine Ortsregister zum Historischen Atlas von Bayern,
Z. f. bay. LG. 39 (1976); Schwaben von 1268-1803, bearb. v. Blickle,
P./Blickle, R., 1979; Wittelsbach und Bayern, hg. v. Glaser, H., Bd. 1ff. 1980;
Fried, P., Vorstufen der Territorienbildung in den hochmittelalterlichen
Adelsherrschaften Bayerns, (in) FS Kraus, A., 1982, 33ff.; Demel, W., Der
bayerische Staatsabsolutismus 1806/08 bis 1817, 1983, Schriftenreihe zur
bayerischen Landesgeschichte 76; Handbuch der bayerischen Ämter, Gemeinden und
Gerichte 1799-1980, hg. v. Volkert, W., 1983; Land und Reich, Stamm und Nation.
Probleme und Perspektiven bayerischer Geschichte, FS Spindler, M., 1984; Die
Bayern und ihre Nachbarn, hg. v. Wolfram, H. u. a., 1985; Hausberger,
K./Hubensteiner, B., Bayerische Kirchengeschichte, 1985; Reitzenstein, W. Frhr.
v., Lexikon bayerischer Ortsnamen. Herkunft und Bedeutung, 2. A. 1991; Zorn,
W., Bayerns Geschichte im 20. Jahrhunderts, 1986; Ay, K., Land und Fürst im alten
Bayern, 16.-18. Jahrhundert, 1988; Bosl, K., Die bayerische Stadt in
Mittelalter und Neuzeit. Altbayern, Franken, Schwaben, 1988; Bosls Bayerische
Biographie, 1980ff., Ergbd. 1000 Persönlichkeiten aus 15 Jahrhunderten, hg. v.
Bosl, K., 1988; Neuanfang in Bayern, 1945-1949. Politik und Gesellschaft in der
Nachkriegszeit, hg. v. Benz, W., 1988; Handbuch der bayerischen Geschichte, Bd.
2 Das alte Bayern, hg. v. Kraus, A., 2. A. 1988; Volkert, W., Die bayerischen
Kreise. Namen und Einteilung zwischen 1808 und 1838, (in) FS Bosl, K., Bd. 2,
1988; Lieberich, H., Die bayerischen Landstände 1313-1807, Einleitung und
Verzeichnisse, 1988; Wolff, H., Cartographia Bavaricae. Bayern im Bild der
Karte, 1988; Riepertinger, R., Typologie der Unruhen im Herzogtum Bayern 1525,
Zs. f. bay. LG. 51 (1988); Hartmann, P., Bayerns Weg in die Gegenwart. Vom
Stammesherzogtum zum Freistaat heute, 2. A. 1992; Franz, E. u. a.,
Gerichtsorganisation in Baden-Württemberg, Bayern und Hessen im 19. und 20.
Jahrhundert, 1989; Kremer, R., Die Auseinandersetzungen um das Herzogtum
Bayern-Ingolstadt 1438-1450, 1989; Liebhart, W., Bayern zur Zeit König Ludwigs,
Bll. f. dt. LG. 123 (1987), 185ff.; Störmer, W:, Die oberbayerischen Residenzen
der Herzöge von Bayern, Bll. f. dt. LG. 123 (1987), 1ff.; Ziegler, W., Die
niederbayerischen Residenzen im Spätmittelalter, Bll. f. dt. LG. 123 (1987),
25ff.; Götschmann, D., Altbayern vor 1806, 1979-1986 (Sammelbericht), Bll. f.
dt. LG. 123 (1987), 711ff.; Jahn, J., Ducatus Baiuvariorum. Das bairische
Herzogtum der Agilolfinger, 1991; Typen der Ethnogenese unter besonderer
Berücksichtigung der Bayern, hg. v. Wolfram, H./Pohl, W., 1993; Kraus, A.,
Geschichte Bayerns, 3. A. 2004; Tremel, M., Geschichte des modernen Bayern,
1994; Wolfram, H., Salzburg, Bayern, Österreich, 1996; Regierungsakte des
Kurfürstentums und Königreichs Bayern, hg. v.
Schimke, M., 1996; Prinz, M., Die Geschichte Bayerns, 1997; Handbuch der
bayerischen Kirchengeschichte, hg. v. Brandmüller, W., 1998; Seitz, J., Die
landständische Verordnung in Bayern, 1998; Repertorium der Policeyordnungen der
frühen Neuzeit, hg. v. Härter, K./Stolleis, M., Bd. 3 1999; Kremer, R., Die
Auseinandersetzungen um das Herzogtum Bayern-Ingolstadt 1438-1450, 2000;
Volkert, W., Geschichte Bayerns, 2001; Bayern im Bund, hg. v. Schlemmer, H. u.
a., 2001ff.; Franz, M., Die Landesordnungen von 1516/1520, 2003; Höfe und
Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 752;
Krey, H., Herrschaftskrisen und Landeseinheit, 2005; Kummer, K., Landstände und
Landschaftsverordnung unter Maximilian I. von Bayern (1598-1651), 2005; Körner,
H., Geschichte des Königreichs Bayern, 2006;
Handbuch der historischen Stätten, Bayern, 3. A., hg. v. Körner, H. u. a.,
2006; Die Protokolle des bayerischen Staatsrats 1799 bis 1817, bearb. v.
Stauber, R., Bd. 1f. 2006ff.; Deutsches Verfassungsrecht 1806-1918, hg. v.
Kotulla, M., Bd. 2, 2007 (z. B. 1042 Besitzergreifungspatent zur Vollziehung
des mit der Krone Württemberg abgeschlossenen Grenzvertrags vom 2. November
1810); Grundlagen der modernen bayerischen Geschichte, hg. v. Willoweit, D.,
2007; Paulus, C., Das Pfalzgrafenamt in Bayern im frühen und hohen Mittelalter,
2007.
Belluno (Stadtstaat). Dem antiken B. am Piave
folgte ein langobardischer Herzogssitz. Dieser war später Mittelpunkt der
Grafschaft B. der Bischöfe von B. Im 12./13. Jahrhundert löste sich die Stadt
von der Herrschaft der Bischöfe und schloss sich dem lombardischen Städtebund
an. 1404 kam sie an Venedig, 1797 an Österreich, 1805 an das Königreich Italien Frankreichs, 1815 an das Königreich Lombardo-Venetien Österreichs und 1866 an
Italien.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 48 (1300) E1, II 66 (1378) E/F1.
Bergamo (Stadtstaat). Das antike Bergomum war
später Mittelpunkt eines langobardischen Herzogtums und einer fränkischen
Grafschaft. Im 12. Jahrhundert (1108 Konsuln) löste sich die Stadt aus der Herrschaft
der Bischöfe und schloss sich dem lombardischen Städtebund an. 1333 kam B. an
Mailand, 1428 an Venedig, 1805 zum Königreich
Italien Frankreichs, 1814/1815 an das Königreich
Lombardo-Venetien Österreichs und 1866 an Italien.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 34 (1138-1254); Chardon, M., Bergamo, (in)
Méditerranée 8 (1967); Jarnut, J., Bergamo 568-1098, 1979; Jarnut, J./Soldi
Rondini, G., Bergamo, LexMA 1 1980, 1945f.
Böhmen (Herzogtum, Königreich).
Der Name B. des seit der Steinzeit besiedelten Gebiets zwischen Böhmerwald,
Erzgebirge, Sudeten und der Böhmisch-Mährischen Höhe geht auf die keltischen
Boier (Bojo-haemum) zurück. Nach der Abwanderung der seit der Zeitenwende dort
ansässigen Germanen drangen im 6. Jahrhundert Slawen in das Gebiet ein. Sie
gerieten später unter fränkischen Einfluss und wurden im 9. Jahrhundert
christianisiert (973 Bistum Prag). Zeitweise stand dann B. unter mährischer (E.
9. Jh.s) bzw. polnischer Herrschaft (1003/1004). Seit dem 10. Jahrhundert
(924-929, 935) gehörte B., in das bald zahlreiche deutsche Siedler kamen, dem
deutschen Reich an (950 Lehnsverhältnis), nahm aber immer eine Sonderstellung
ein, die sich auch darin zeigte, dass der böhmische Fürst, der aus der Dynastie
der seit dem 9. Jahrhundert nachweisbaren Přemysliden (Przemysliden)
(Herzöge von Prag) kam, vereinzelt schon seit Ende des 11. Jahrhunderts (1086)
den Königstitel anstrebte. 1114 ist der böhmische Herzog erstmals als Inhaber
eines Reichserzamtes (Schenk) bezeugt. 1198 erlangte Ottokar I. von Philipp von
Schwaben die erbliche Königswürde. Vom Beginn des 13. Jahrhunderts an
steigerten die böhmischen Könige rasch ihre Macht. Nach dem Erwerb Österreichs
(1251), der Steiermark (1251/1260), des Egerlands (1266), Kärntens und Krains
(1269) griff der mit einer Babenbergerin (Margarete) verheiratete König Ottokar
II. (1253-1278) nach der Kaiserkrone, unterlag aber 1278 in der Schlacht auf
dem Marchfeld gegen Rudolf von Habsburg und verlor die Erwerbungen an der Donau
und im Alpengebiet. 1306 starben die Přemysliden, die für kurze Zeit auch
noch Ungarn und Polen gewannen, in männlicher Linie aus. Ihnen folgte über die
Přemyslidin Elisabeth die Dynastie der Grafen von Luxemburg (1310-1437).
Unter ihnen kam der größte Teil Oberschlesiens (1327/1329) unter böhmische
Herrschaft. Karl IV. machte B. zum Kernland des Reiches, fasste B., Mähren und
Schlesien sowie 1370(-1646) die beiden Lausitzen als die Länder der böhmischen
Krone zusammen, veranlasste die Erhebung Prags zum Erzbistum (1344), gründete
1348 in Prag die erste Universität nördlich der Alpen und verschaffte in der
Goldenen Bulle von 1356 dem König von B. die Kurwürde und den Vorrang unter den
weltlichen Kurfürsten. Im Gefolge der hussitischen Bewegung erstarkte unter dem
schwachen Nachfolger Wenzel das tschechische Nationalbewusstsein. Außer in den
Städten setzte sich die tschechische Sprache weitgehend durch. Am Ende des
Mittelalters beherrschte faktisch der Hochadel das von Habsburg zunächst vergeblich
begehrte Land. 1471 fielen B., 1490 Mähren und Schlesien an die polnischen
Jagiellonen (1471-1526) und wurden mit Polen und (1490) Ungarn vereinigt. In
die Kreiseinteilung des Reiches von 1500 wurden sie nicht mehr einbezogen. 1526
wurde Ferdinand I. von Habsburg, der Schwager des letzten Königs, in starker
Betonung des Rechts der freien Wahl als böhmischer König angenommen. 1618 kam
es zum Aufstand des evangelischen böhmischen Adels gegen das katholische Haus
Habsburg, doch setzte sich Habsburg schon 1620 militärisch durch und erließ
1627 als Ausdruck eines strengen Absolutismus die Verneuerte Landesordnung. Die
Bindung Böhmens an das Reich trat zugunsten der engeren Verbindung mit den
übrigen habsburgischen Ländern zurück. 1708 wurde die seit 1519 nicht mehr
ausgeübte Stimme Böhmens im Kurfürstenkolleg wieder zugelassen. Das Gebiet von
B. umfasste die Hauptstadt Prag und die Kreise Bunzlau (Altbunzlau), Königgrätz
(Königingrätz), Bidschow, Chrudim (Chrudin), Časlau (Czaslau), Kauřim
(Kaurzim), Tabor, Budweis, Prachin, Pilsen, Saaz, Elnbogen, Leitmeritz,
Rakonitz (Rackonitz) und Beraun. 1742 musste fast ganz Schlesien an Preußen
abgetreten werden. Im 19. Jahrhundert trat die nationale Frage wieder in den
Vordergrund, wobei habsburgische Reformmaßnahmen das Wiedererstarken des
tschechischen Nationalbewusstseins begünstigten. Unter dem Einfluss des
Historikers Franz Palacky entstand die Forderung nach einer Neugliederung
Österreichs nach Sprachgebieten. 1889/1891 wandte sich die tschechische
Nationalbewegung vom österreichischen Staatsgedanken ab. 1918/1919 ging B. auf
Grund der Stärke der tschechischen Bevölkerungssmehrheit (1905 75 Sitze der
Tschechen und 55 Sitze der Deutschen im Reichsrat) in der neugegründeten
Tschechoslowakei (Ausrufung am 27. 10. 1918) auf. 1949 wurde die alte
politische Einheit B. innerhalb der Tschechoslowakei aufgelöst. S. Tschechien
bzw. Tschechische Republik.
L.: Wolff 461ff.; Zeumer 552 I 4; Großer Historischer Weltatlas II 34
(1138-1254) G4, II 66 (1378) H3, II 78 (1450) G/H 3/4, III 22 (1648) G4, III 38
(1789) E5; Die Territorien des Reichs 1, 134; Palacky, F., Geschichte Böhmens,
Bd. 1ff. 1836ff.; Bachmann, A., Geschichte Böhmens bis 1526, 1899ff.; Bretholz,
B., Geschichte Böhmens und Mährens, Bd. 1ff. 1912; Peterka, O., Rechtsgeschichte
der böhmischen Länder, Bd. 1ff. 1923ff.; Uhlirz, K./Uhlirz, M., Handbuch der
Geschichte Österreichs und seiner Nachbarländer Böhmen und Ungarn, Bd. 1ff.
1924ff., 2. A. 1963; Molisch, P., Der Kampf der Tschechen um ihren Staat, 1929;
Kartographische Denkmäler der Sudetenländer, hg. v. Brandt, B., Heft 1ff.
1930-1936; Gierach, K./Schwarz, E., Sudetendeutsches Ortsnamenbuch, 1932-1938;
Monumenta cartographica Bohemiae. Karten von 1518-1720, hg. v. Sembera,
V./Salomon, B., Prag 1938; Sedlmayer, K., Historische Kartenwerke Böhmens,
1942; Die Deutschen in Böhmen und Mähren, hg. v. Preidel, H., 2. A. 1952;
Sudetendeutscher Atlas, hg. v. Meynen, E., 1954; Krallert, W., Atlas zur
Geschichte der deutschen Ostsiedlung, 1958; Atlas östliches Mitteleuropa, hg.
v. Kraus, T./Meynen, E./Mortensen, H./Schlenger, H., 1959; Wegener, W.,
Böhmen/Mähren und das Reich im Hochmittelalter, 1959; Prinz, F., Die Stellung
Böhmens im mittelalterlichen deutschen Reich, Z. f. bay. LG. 28 (1965), 99ff.;
Handbuch der Geschichte der böhmischen Länder, hg. v. Bosl, K., Bd. 1ff.,
1966ff.; Ortslexikon der böhmischen Länder 1910-1968, hg. v. Sturm, H., Lief.
1, Bezirke A-D, 1977; Biographisches Lexikon zur Geschichte der böhmischen
Länder, Bd. 1 A-H, hg. v. Sturm, H., 1979, Bd. 2 I-M, hg. v. Sturm, H., 1984,
Bd. 3 (in einz. Lief.) N-Pe, hg. v. Seibt, F./Lemberg, H./Slapnicka, H. u. a.,
1986; Graus, F., Böhmen, LexMA 2 1983, 335ff.; Prinz, F., Böhmen im
mittelalterlichen Europa: Frühzeit, Hochmittelalter, Kolonisationsepoche, 1984;
Jilek, H., Bibliographie zur Geschichte und Landeskunde der böhmischen Länder
von den Anfängen bis 1948, Publikationen der Jahre 1850-1975, Bd. 1 Nr. 1-9599,
1986; Hoensch, J., Geschichte Böhmens, 3. A. 1997; Prinz, F., Geschichte
Böhmens 1848-1948, 1988; Bernt, A., Die Germanen und Slawen in Böhmen und
Mähren, 1989; Pleticha, H., Franken und Böhmen, 1990; Deutsche Geschichte im
Osten Europas, Böhmen und Mähren, hg. v. Prinz, F., 1993; Mandelova, H., Europa
im späten Mittelalter, 1994; Melville, R., Adel und Revolution in Böhmen, 1998;
Bohemia in History, hg. v. Teich, M., 1998; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1,431; Höbelt, L.,
Böhmen; Deutschland und das Protektorat Böhmen und Mähren, hg. v. Mund, G.,
2014.
Brabant (Großgau, Herzogtum). Der am Ende des 7.
Jahrhunderts erstmals belegte fränkische Gau Bracbantum fiel 870 mit
Lotharingien an das ostfränkische Reich und gehörte seit 959 zum Herzogtum Niederlothringen.
Im 11. Jahrhundert erwarben die Grafen von Löwen die Grafschaft Brüssel und
entrissen 1013 dem Bischof von Lüttich die Lehnsgrafschaft Brunengeruuz bzw.
Bruningerode. 1106 verlieh ihnen Heinrich V. die Würde des Herzogtums
Lothringen und die kaiserliche Mark Antwerpen. Danach gelang der Erwerb
Toxandriens, so dass sie insgesamt die Herrschaft über das Gebiet der
belgischen Provinzen Antwerpen und B. und der holländischen Provinz Nordbrabant
erlangt hatten. Seitdem nannten sie sich Herzöge von B. (1188 dux Brabantiae)
und wurden zu den Reichsfürsten gerechnet. In ihrem Gebiet verlor der Kaiser
seit dem frühen 13. Jahrhundert fast jede Obergewalt. Nachdem schon 1204 die
Maas (Maastricht) erreicht worden war, gewann Herzog Johann I. 1288 durch den
Sieg bei Worringen über die Grafen von Geldern und den Erzbischof von Köln auch
das Herzogtum Limburg zwischen Aachen und Maastricht und die Herrschaft
Herzogenrath sowie die Burgen Wassenberg und Kerpen (zwischen Köln und Düren).
1371 wurden die Herzöge von den Herzögen von Jülich und Geldern vernichtend
geschlagen. Die mit dem Luxemburger Wenzel vermählte Erbtochter Johanna Johanns
III. († 1355) übertrug B., Limburg und Luxemburg 1390/1400/1430 unter
Ausschaltung der Luxemburger an die Herzöge von Burgund. 1477/1482 kam B. über
Maria von Burgund an Habsburg. Brüssel wurde Residenz. Im Achtzigjährigen Krieg
eroberten die holländischen Generalstaaten Nordbrabant und verwalteten es seit
1648 als Generalitätslande, während Südbrabant (Löwen, Brüssel, Antwerpen,
Mecheln) bei den spanischen, seit 1713/1714 österreichischen Niederlanden
verblieb. Von 1794/1801 bis 1814 gehörte das um 600 Quadratmeilen große B. mit
den übrigen Niederlanden zu Frankreich und wurde in drei Departements
eingeteilt. 1815 wurde es Teil der Niederlande, 1830 nach einem Aufstand
Kernland des neuen Königreichs Belgien, dessen
Thronerbe seit 1840 den Titel Herzog von B. führt. Nordbrabant verblieb bei den
Niederlanden.
L.: Wolff 53; Wallner 700 BurgRK 1; Großer Historischer Weltatlas II 34
(1138-1254) E3, II 66 (1378) C3, II 78 (1450) E3; Pirenne, H., Geschichte
Belgiens (bis 1648), Bd. 1ff. 1899ff.; Vanderkindere, L., La formation
territoriale des principautés belges au moyen-âge, Bd. 1ff. 1902; Curs, O.,
Deutschlands Gaue im zehnten Jahrhundert, 1908, 3 ([Breibant, Bragbantinse,
Brabantinse, Brachbant, Bracbantus], Lennik bzw. Lennick, Zellik bzw. Zellick,
Krombrugge bzw. Crumbrugge); Knetsch, K., Das Haus Brabant. Genealogie der
Herzöge von Brabant und Landgrafen von Hessen, Bd. 1-13 1918ff.; Ganshof, F.,
Brabant, Rheinland und Reich im 12., 13. und 14. Jahrhundert, 1938 ;
Martens, M., L’administration du domaine ducal en Brabant, 1954 ;
Gysseling, M., Toponymisch Woordenboek, 1960, 179 ; Polenz, P. v.,
Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, II, 23, 75, 77, 96, III, 31, 32, 33
Brakbant I; Moreau, J., Dictionnaire de géographie historique, 1972, 60;
Uytterbrouck, A., Le gouvernement du duché de Brabant au bas Moyen Age,
1975 ; Mohr, W., Geschichte des Herzogtums Lothringen, Bd. 1ff. 1974ff.;
Thomas, H./Houtte, J. van, Brabant, LexMA 2 1983, 529ff.; Nonn, U., Pagus und
Comitatus in Niederlothringen, 1983, 110; Nikolay, W., Die Ausbildung der
ständischen Verfassung in Geldern und Brabant während des 13. und 14.
Jahrhunderts, 1985 ; Godding, P., Le Conseil de Brabant sous le règne de
Philippe le Bon (1430-1467), 1999 ; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W. u. a., 2003, 1, 1, 45, 764;
Weller, T., Die Heiratspolitik, 2004; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005,
1, 437; Tigelaar, J., Brabants historie ontvouwd, 2006.
Brakel (reichsunmittelbare Stadt?). B. an der
Nethe östlich von Paderborn wird 836 erstmals erwähnt. Im 13. Jahrhundert
hatten zunächst die Herren von B. als Vögte des Stifts Heerse die Herrschaft
inne. Später gelangten Anteile an der Stadtherrschaft an die Asseburg und die
Grafen von Everstein. Zwischen 1289 und 1384 gewann das Hochstift Paderborn
durch Kauf und Heimfall die Herrschaft. Seit 1431 wurde B. vom Reich als
Reichsstadt tituliert und zu Reichssteuern herangezogen. Die Stadt konnte aber
im Ergebnis den Anspruch auf Reichsunmittelbarkeit nicht durchsetzen. 1803 kam
sie an Preußen, 1807 zum Königreich Westphalen,
1815 wieder zu Preußen und 1946 zu Nordrhein-Westfalen.
L.: Reichsmatrikel 1521; Wolff 326; Brakel 829-1229-1979, hg. v. d. Stadt
Brakel, 1979.
Braunschweig-Lüneburg (Herzogtum, Fürstentum). Um die Jahrtausendwende
wurde an der Kreuzung der Straßen Hildesheim-Magdeburg und Goslar-Lüneburg die
Burg Dankwarderode (Tanquarderoth 1134) errichtet. In Anlehnung an sie entstand
auf älterem Siedlungsboden Braunschweig (1031 Brunesguik). Dieses bildete bald
einen Vorort im Stammesherzogtum Sachsen, das 1106 an Lothar von Süpplingenburg
fiel, der durch Vermählung mit der Erbtochter des Grafen von Northeim,
Richenza, die Erbgüter der Brunonen um Wolfenbüttel und Braunschweig erlangt
hatte und sie über seine Tochter Gertrud an die Welfen weiterleitete. Nach dem
Sturz Heinrichs des Löwen (1180) wurde das verbliebene Eigengut unter den
Söhnen 1202/1203 geteilt (erste Teilung). Heinrich († 1218), Pfalzgraf bei
Rhein, erhielt den westlichen Teil (Lüneburg von Hannover bis Göttingen und
Dithmarschen), Wilhelm († 1215) den östlichen Teil (Lüneburg), König Otto IV.
(† 1218) Braunschweig bis zum Unterharz. Otto verstarb 1218 kinderlos.
Heinrichs Erbe kam von seinen Töchtern an Kaiser Friedrich II. Dieser erhob am
21. 8. 1235 nach der Übertragung der welfischen Eigengüter an das Reich B. als
Reichslehen des Gesamthauses zum Herzogtum. Für dieses erwarb Herzog Otto das
Kind († 1252), der Sohn Herzog Wilhelms, 1246 von der Landgrafschaft Thüringen
das Werratal und Münden (Hannoversch-Münden) zurück und verband die aus dem
billungischen Erbe um Lüneburg, aus dem brunonischen Erbe um Braunschweig und
aus dem northeimischen Erbe zwischen Harz und oberer Leine gekommenen Güter zu
einer Einheit. Verloren gingen allerdings 1236 die Grafschaft Stade und 1264
das Amt Gieselwerder. 1267/1269 wurde das Land von seinen Söhnen geteilt
(zweite Teilung). Albrecht der Lange († 1279) wurde Herzog im Landesteil
Braunschweig (Altes Haus Braunschweig, Gebiete um Braunschweig-Wolfenbüttel,
Einbeck-Grubenhagen und Göttingen-Oberwald), Johann († 1277) Herzog im
Landesteil Lüneburg (Altes Haus Lüneburg). Gemeinsam blieb die Stadt
Braunschweig. Von dieser Teilung an standen mit Ausnahme der Jahre 1400 bis
1409 mindestens immer die beiden Häuser Braunschweig und Lüneburg, zeitweilig
sogar vier oder fünf Linien nebeneinander. Dabei wurden nach Hameln (1261) noch
Teile der Grafschaft Dassel (1269/1272), Güter im nördlichen Harz und um
Calenberg gewonnen, 1352 das Untereichsfeld um Duderstadt aber verloren. Das Fürstentum
Lüneburg wurde unter Otto dem Strengen 1303/1321 um die Grafschaften
Dannenberg, Lüchow und Wölpe erweitert. 1369 starb die Linie mit Herzog Wilhelm
aus. Es kam zum Lüneburger Erbfolgekrieg, an dessen Ende Lüneburg in der
Auseinandersetzung mit den Askaniern an die Herzöge von
Braunschweig-Wolfenbüttel fiel. Das Fürstentum Braunschweig, das seit 1279 der
Vormundschaft Ottos des Strengen von (Braunschweig-)Lüneburg unterstand, wurde
schon 1285/1286 unter den Söhnen Heinrich I. († 1322), Albrecht II. († 1318)
und Wilhelm (†1292) weiter aufgeteilt in die Linien Grubenhagen (bis 1596),
Göttingen (mit Münden bis 1463) und Braunschweig (dritte Teilung). Hiervon
starb Wilhelm 1292 und seine Güter kamen an die Linie Göttingen. Diese teilte
sich 1345 in die Linien Göttingen (Ernst I. † 1367) und
Braunschweig(/Wolfenbüttel) (Magnus I. † 1369) (fünfte Teilung). Von diesen
erhielt die Braunschweig/Wolfenbütteler Linie 1388 nach dem Lüneburger
Erbfolgekrieg das Lüneburger Erbe Herzog Wilhelms. Sie führte aber neben dem
Fürstentum Lüneburg das Fürstentum Braunschweig(/Wolfenbüttel) in einer
Nebenlinie (Friedrich) bis 1400 fort (sechste Teilung), so dass Grubenhagen,
Göttingen, Braunschweig-Wolfenbüttel und Lüneburg nebeneinander standen. Nach
der Ermordung Herzog Friedrichs von Braunschweig im Jahre 1400 erbten die
Herzöge von Lüneburg das Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel. 1409 teilten sie
erneut in Braunschweig und Lüneburg (mittleres Haus Lüneburg bis 1592 [siebente
Teilung, achte Teilung]), wobei sie das braunschweigische Fürstentum (mittleres
Haus Braunschweig bis 1634) um das Land zwischen Deister und Leine (Calenberg)
vergrößerten (Revision der Teilung 1428). 1432 entstanden durch Teilung die
Fürstentümer Braunschweig und Calenberg (neunte Teilung), von denen Calenberg
1447/1494 die Grafschaft Wunstorf erlangte und 1442/1463 durch Kauf das
Fürstentum Göttingen (mit Münden) und 1473 durch Erbfolge das Fürstentum
Braunschweig erwarb, 1481 und 1483 aber wieder teilte (zehnte, elfte Teilung).
1495 wurde das Fürstentum Braunschweig-Calenberg-Göttingen wieder geteilt
(zwölfte Teilung). Herzog Heinrich erhielt Braunschweig, für das die neue
Residenz Wolfenbüttel namengebend wurde. Herzog Erich I. bekam
Calenberg-Göttingen. Beide teilten sich das in der Hildesheimer Stiftsfehde von
1519 bis 1523 eroberte Gebiet des Hochstifts Hildesheim (Hunnesrück [Hunsrück],
Grohnde,Aerzen [Ärzen], Lauenstein, Gronau, Hallerburg, Poppenburg, Ruthe,
Koldingen, Hameln [zur Hälfte], Bodenwerder, Dassel, Elze, Sparstedt an
Braunschweig-Calenberg-Göttingen, Winzenburg, Wohldenburg [Woldenberg],
Steinbrück, Lutter, Woldenstein, Schladen, Liebenburg, Wiedelah, Vienenburg,
Westerhof, Alfeld, Bockenem, Lamspringe und Salzgitter an
Braunschweig-Wolfenbüttel). Um die Mitte des 16. Jahrhunderts traten die
welfischen Herzöge der Reformation bei. Herzog Julius von
Braunschweig-Wolfenbüttel gründete 1576 die Universität Helmstedt. Er erbte
1584 das Fürstentum Calenberg-Göttingen und erlangte 1596 (bis 1617) das
Fürstentum Grubenhagen. 1582 erwarb er die Reichsgrafschaft Hoya, 1599 die
Reichsgrafschaft Regenstein mit Blankenburg und Hartingen im Harz. Kurz nach
dieser Vereinigung der südlichen welfischen Lande starb 1634 die Wolfenbütteler
Linie des mittleren Hauses Braunschweig aus. Ihr Land fiel an Lüneburg. Statt
zur Bildung eines einheitlichen Landes kam es aber 1635 zu einer erneuten
Gründung eines Neuen Hauses Braunschweig durch die Linie Dannenberg des
Herzogtums Lüneburg. Sie erhielt das Fürstentum Wolfenbüttel (ohne Calenberg
und Grubenhagen) samt Regenstein und gegen Hitzacker, Dannenburg, Lüchow und
Scharnebeck noch Walkenried im Harz. Getrennt durch die Hochstifte Hildesheim
und Halberstadt bestand es aus den Distrikten Wolfenbüttel, Schöningen, Harz
und Weser und den Städten Braunschweig, Wolfenbüttel, Schöppenstedt, Helmstedt,
Schöningen, Königslutter, Gandersheim, Seesen, Holzminden und Stadtoldendorf
und residierte ab 1753 wieder in Braunschweig. Das Lüneburger Gebiet (Neues
Haus Lüneburg, Residenz seit 1636 in Hannover) mit Calenberg, Göttingen und
Grubenhagen und 1665 um die Grafschaft Diepholz erweitert wurde 1692 zum
Herzogtum/Kurfürstentum Hannover erhoben (Kurbraunschweig). 1705 wurde an
Hannover das Fürstentum Lüneburg mit der Grafschaft Hoya angegliedert. 1714
wurde Kurfürst Georg Ludwig von Hannover König von England. Von 1807 bis 1813
gehörte Braunschweig zum Königreich Westphalen.
Am 6. 11. 1813 entstand es ungefähr in den Grenzen des Fürstentums Wolfenbüttel
neu, nannte sich aber Herzogtum Braunschweig. 1815 trat es dem Deutschen Bund
bei und erhielt 1820 eine Verfassung, die 1829 von Herzog Karl aufgehoben, 1832
aber erneuert wurde. 1867 trat das Herzogtum Braunschweig dem norddeutschen
Bund, 1871 dem Deutschen Reich bei. 1884 erlosch das Haus Braunschweig. Da das
erbberechtigte Haus Hannover, das 1866 Hannover an Preußen verloren hatte, die
Reichsverfassung nicht anerkannte, bestand bis 1906 eine Regentschaft durch
Prinz Albrecht von Preußen und bis 1913 durch Herzog Johann Albrecht von
Mecklenburg. Der seit 1913 nach Anerkennung der Reichsverfassung regierende
Herzog Ernst August dankte 1918 ab. Auf eine kurzlebige Räterrepublik folgten
ab Dezember 1918 sozialdemokratische bzw. bürgerliche Regierungen des
Freistaates Braunschweig, der sich am 6. 1. 1922 eine Verfassung gab. 1930 trat
die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei in die Regierung ein. 1940
wurde der Kreis Holzminden gegen Goslar ausgetauscht (Preußen). 1945 wurde
Braunschweig wiederhergestellt. Durch die Zonengrenzziehung wurde der größte
Teil des Kreises Blankenburg (1990 Sachsen-Anhalt) und Calvörde der
sowjetischen Besatzungszone zugeteilt. Im Übrigen ging Braunschweig am 1. 11.
1946 durch Anordnung der britischen Militärregierung (mit Ausnahme der durch
die Zonengrenze abgetrennten Gebiete) im Land Niedersachsen auf. S. a.
Braunschweig-Wolfenbüttel.
L.: Wolff 432; Zeumer 552 I 8; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) F4,
III 22 (1648) E3; Die Territorien des Reichs 3, 8; Havemann, W., Geschichte der
Lande Braunschweig und Lüneburg, Bd. 1ff. 1853ff.; Sudendorf, H., Urkundenbuch
zur Geschichte der Herzöge von Braunschweig und Lüneburg (bis 1407), Bd. 1-11
1859ff.; Max, G., Geschichte des Fürstentums Grubenhagen, 1862; Heinemann, O.
v., Geschichte von Braunschweig und Hannover, Bd. 1ff. 1882ff.; Krieg, M., Die
Entstehung und Entwicklung der Amtsbezirke im ehemaligen Fürstentum Lüneburg,
1922; Hüttebräuker, L., Das Erbe Heinrichs des Löwen. Die territoriale
Grundlage des Herzogtums Braunschweig-Lüneburg, 1927; Pröve, H., Dorf und Gut
im alten Herzogtum Lüneburg, 1929; Schnath, G., Die Gebietsentwicklung
Niedersachsens, 1929; Beckurts, B., Grundriss der Braunschweiger Geschichte, 3.
A. 1931; Schnath, G., Geschichtlicher Handatlas Niedersachsens, 1939; Karte des
Landes Braunschweig im 18. Jahrhundert, bearb. v. Kleinau, H. u. a., 1956;
Patze, H., Die welfischen Territorien im 14. Jahrhundert, VuF 14, 1971;
Kleinau, H., Überblick über die Gesamtentwicklung des Landes Braunschweig,
Braunschweig. Jb. 53 (1972); Boshof, E., Die Entstehung des Herzogtums Braunschweig-Lüneburg,
(in) Heinrich der Löwe, hg. v. Moormann, D., 1980; Weitkamp, S., Bibliographie
zur braunschweigischen Landesgeschichte, Braunschweigisches Jb. 67f. (1986f.);
Pischke, G., Die Landesteilungen der Welfen, 1987; Schlinker, S., Fürstenamt
und Rezeption, 1999, 70; Brück, A., Die Polizeiordnung Herzog Christians von
Braunschweig-Lüneburg vom 6. Oktober 1618, 2003.
Braunschweig-Wolfenbüttel (Fürstentum, Herzogtum). Wolfenbüttel an
der Oker im nördlichen Harzvorland wird 1118 erstmals erwähnt, ist aber
vermutlich erheblich älter (10./11. Jh.). Die Burg Wolfenbüttel unterstand
zunächst den Herren von Asseburg (Gunzelin von Wolfenbüttel), die am Ende des
12. und Anfang des 13. Jahrhunderts zwischen Peine, Elm und Asse eine
Herrschaft errichteten, und wurde nach der Zerstörung der Herrschaft durch die
Welfen (1255) 1283 von diesen wieder aufgebaut. Seit dem Ende des 13.
Jahrhunderts war es Sitz verschiedener aufeinanderfolgender Linien des Hauses
Braunschweig, seit 1432 Hauptsitz der Herzöge von B. Nach der Teilung von 1495
wurde durch Herzog Heinrich den Älteren († 1514) das eigentliche Fürstentum B.,
dessen Name zwischen Braunschweig und Wolfenbüttel wechselte, begründet. Dieses
erlangte 1523 Teile des Hochstifts Hildesheim, führte die Reformation ein,
erbte 1584 Braunschweig-Calenberg sowie von 1596 bis 1617
Braunschweig-Grubenhagen und gewann 1568 die Verwaltung des Hochstifts
Halberstadt sowie 1593/1599 die Güter der Grafschaften Hohnstein und
Blankenburg-Regenstein, so dass es von Hoya bis Halberstadt herrschte. Nach
Aussterben der Wolfenbütteler Linie (1634) kam es in drei getrennten Teilen
(Braunschweig, Wolfenbüttel und Helmstedt, Gandersheim und Holzminden,
Blankenburg, insgesamt zwei Siebtel der welfischen Güter) 1635 an die Linie
Lüneburg-Dannenberg (Neues Haus Braunschweig). 1636 fiel Dannenberg an, 1651
Blankenburg und Regenstein, 1671 Braunschweig, doch musste 1643 der Anteil des
Großen Stiftes an das Hochstift Hildesheim zurückgegeben werden. Von 1735 bis
1884 kam B. an die 1666 begründete Nebenlinie Braunschweig-Bevern. 1753/1754
wurde die zu europäischer Bedeutung aufgestiegene Residenz von Wolfenbüttel
nach Braunschweig verlegt. Am Ende des 18. Jahrhunderts gehörte B. zur weltlichen
Bank des Reichsfürstenrates des Reichstags. Durch den
Reichsdeputationshauptschluss vom 25. 2. 1803 erhielt es die Abteien
Gandersheim und Helmstedt. 1807 kam es zum Königreich
Westphalen und wurde 1813 wiederhergestellt. Im 19. Jahrhundert setzte sich die
Bezeichnung Herzogtum Braunschweig für Wolfenbüttel durch. Am 1. 11. 1946 ging
Braunschweig in Niedersachsen auf.
L.: Wolff 438; Zeumer 553 II b 19; Wallner 706 NiedersächsRK 8; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) F2, III 21 (1618-1648) E2, III 22 (1648)
D/E2/3, III 38 (1789) C/D1/2; Bauer 1, 139; Germer, H., Die Landgebietspolitik
der Stadt Braunschweig bis zum Ausgang des 15. Jahrhunderts, 1935; Spiess, W.,
Die Heerstraßen auf Braunschweig um 1550, 1937; Barner, W., Heimatatlas des
Kreises Alfeld für Schule und Haus, 1953; Karte des Landes Braunschweig im 18.
Jahrhundert, hg. v. Kleinau, H./Penners, T./Vorthmann, A., 1956; Historischer
Atlas der Stadt Braunschweig, bearb. v. Vermessungsamt der Stadt, 1958ff.;
Kühlhorn, E., Ortsnamenlexikon für Südniedersachsen, 1964; Karpa, O.,
Wolfenbüttel, 2. A. 1965; Kleinau, H., Land Braunschweig, (in) Geschichtliches
Ortsverzeichnis von Niedersachsen, 3 Teile 1967; Thöne, F., Wolfenbüttel, Geist
und Glanz einer alten Residenz 1963, 2. A. 1968; Beiträge zur Geschichte der
Stadt Wolfenbüttel, hg. v. König, J., 1970; Kraatz, H., Die
Generallandesvermessung des Landes Braunschweig von 1746-1784, 1975; Pischke,
G., Die Landesteilungen der Welfen, 1987; Casemir, K./Ohainski, U., Das
territorium der Wolfenbütteler Herzöge um 1616, 1996; Medefind, H., Die
Kopfsteuerbeschreibung des Fürstentums Braunschweig-Wolfenbüttel von 1678,
2001; Das Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel im Jahr 1574, hg. v. Ohainski,
U. u. a., 2012.
Bremen (Erzstift, Herzogtum, Residenz). Das
787/789 für den Angelsachsen Willehad gegründete, 804/845 gefestigte, zunächst
dem Erzbistum Köln unterstellte Bistum B. wurde 845/847/848/864 als Ersatz für
das zerstörte Hamburg zum Erzbistum erhoben, das sich die Missionierung des
skandinavischen Nordens zum Ziel setzte, die 947 eingerichteten nordischen
Suffraganbistümer (Schleswig, Ripen, Aarhus) aber 1104 an das neugegründete
Erzbistum Lund verlor. Die weltliche Herrschaft der Erzbischöfe reichte
zunächst von Dithmarschen bis zur Grafschaft Wildeshausen (1270), beschränkte
sich dann aber auf das Gebiet zwischen Weser und Elbemündung (2. H. 11. Jh.
alle Grafschaften des südelbischen Teils des Bistums, 1144/1236 Anfall der
Grafschaft Stade nach dem Tode des letzten Grafen von Stade 1144), in dem 1234
Stedingen, 1306 Kehdingen und 1524 Wursten erlangt wurden. Die Versuche, die
seit dem 13. Jahrhundert verlorene Herrschaft über die Stadt Bremen zu
erringen, scheiterten zwischen 1363 und 1395. Gegen den Widerstand der letzten
katholischen Erzbischöfe Christoph († 1558) und Georg († 1566) setzte sich seit
1535 die Reformation durch. 1621/1632 wurde das Hochstift von Dänemark bzw.
Schweden besetzt. Im Westfälischen Frieden von 1648 wurde es wie Verden als
Herzogtum (Bremen-Verden mit Sitz in Stade) Schweden zugesprochen. 1712 ging es
durch Eroberung an Dänemark, das es 1715 an Hannover verkaufte, dem es Schweden
1719/1720 abtrat. 1803 wurde das Herzogtum mit 94 Quadratmeilen und rund 180000
Einwohnern von Frankreich besetzt, am 14. 2. 1810 dem Königreich
Westphalen und am 10. 12. 1810 Frankreich einverleibt. 1815 kam es zu Hannover
und mit diesem 1866 an Preußen. 1946 gelangte das Gebiet an Niedersachsen.
L.: Wolff 430; Zeumer 553 II b 6; Wallner 707 NiedersächsRK 3; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) E2, III 22 (1648) D2, III 38 (1789) C1; Die
Territorien des Reichs 3, 44; Dehio, G., Geschichte des Erzbistums Bremen bis
zum Ausgang der Missionszeit, Bd. 1, 2, 1877; Doerries, H., Studien zur älteren
bremischen Kartographie, Bremische Jb. 31, 32 (1928-29); May, O./Möhlmann, G.,
Die Regesten der Erzbischöfe von Bremen, Bd. 1, 2 (bis 1327) 1929ff.; Möhlmann,
G., Der Güterbesitz des Bremer Domkapitels, Diss. phil. Göttingen 1933;
Glaeske, G., Die Erzbischöfe von Hamburg-Bremen als Reichsfürsten, 1962;
Schomburg, D., Land Bremen, (in) Geschichtliches Ortsverzeichnis von
Niedersachsen, 1964; Fiedler, B., Die Verwaltung der Herzogtümer Bremen und
Verden in der Schwedenzeit 1652-1712, 1987; Drecktrah, V., Die Gerichtsbarkeit
in den Herzogtümern Bremen und Verden, 2002; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 476, 1, 2, 73.
Brescia (Stadtstaat). Das zunächst keltische
Brixia am Ausgang des Trompiatales stand seit 218 v. Chr. unter römischem
Einfluss. Vom 6. bis 8. Jahrhundert war es Mittelpunkt eines langobardischen
Herzogtums. Im 12. Jahrhundert wurde es Mitglied des lombardischen Städtebundes
(1120 concio, 1127 consules). Nach häufigem Herrschaftswechsel seit 1258 fiel
es 1426 an Venedig, 1797 an die zisalpinische Republik und an das Königreich Italien Frankreichs, 1815 an das
Lombardo-Venetianische Königreich
(Lombardo-Venezianische Königreich) Österreichs.
Seit 1859 gehörte es zum Königreich
Sardinien(-Piemont) bzw. 1861 Italien.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 48 (1300) D2; Storia di Brescia, hg. v.
Treccani degli Alfieri, G., Bd. 1ff. 1961ff.; Soldi Rondinini, G., Brescia, Lex
MA 2 1983, 608ff.
Burgund (Königreich,
Herzogtum, Freigrafschaft). Der Name B. für die Landschaft zwischen Saône und
oberer Loire geht auf die ostgermanischen Burgunder zurück, die zwischen 400
bzw. 413 und 436 um Mainz und Worms und nach 443 um Genf, Lyon und das
Rhonegebiet ein eigenes, strukturell in sich recht verschiedenes Reich
gegründet hatten, das 534 von den Franken zerstört wurde. B. bezeichnet danach
zunächst das fränkische Teilreich B. um Orléans und Chalon-sur-Saône, später
das Reich des Sohnes Karl (855-863) Kaiser Lothars I. (Niederburgund d. h.
Provence und Dukat Vienne/Lyon). 879 wählten die geistlichen Großen des Gebiets
den Grafen Boso († 887) von Vienne, den Schwager Karls des Kahlen, zum König
von B. (spätere Franche-Comté, Chalon [Chalons], Mâcon, Vienne, Lyon,
Languedoc, Teile Savoyens, Provence). Hauptstadt war Arles, weswegen das Reich,
das Boso 885 von Kaiser Karl dem Dicken zu Lehen nahm, auch regnum Arelatense,
Arelat genannt wurde. 888 riss der Welfe Graf Rudolf das Gebiet der späteren
Franche-Comté und Teile der späteren Schweiz als Königreich
(Hochburgund) an sich, während Bosos Bruder Richard das Gebiet der späteren
Bourgogne westlich der Saône (Mâcon, Chalon [Chalons], Autun, Nevers, Auxerre,
Sens, Troyes, Langres) als Herzogtum B. an sich zog, so dass Bosos Sohn nur den
südlichen Rest behielt. 934 übertrug Graf Hugo von Provence dieses inzwischen
erlangte Gebiet als Ausgleich für Italien an den Welfen Rudolf II., womit zwei
Drittel Burgunds wiedervereinigt waren, während das Herzogtum B. dadurch, dass
Richards Sohn Rudolf 923 König von Frankreich wurde, seitdem an Frankreich kam.
1016 sprach Rudolf III. von B. das Land Kaiser Heinrich II. als Erbe zu. Nach
seinem Tod setzte Kaiser Konrad II. 1032 die Erbansprüche auf das Königreich B. durch, doch war die Macht des Königs
gegenüber Adel und Kirche von Anfang an gering, so dass dieses Gebiet nur unter
Kaiser Friedrich I. Barbarossa, der sich 1156 mit Beatrix von B., der
Erbtochter der Grafen von B. verheiratete und 1169 Hochburgund zwischen oberer
Saône und Jura zur reichsunmittelbaren Pfalzgrafschaft oder Freigrafschaft
(seit 1350 Franche-Comté) mit Dole als Hauptort erhob, und Karl IV., der 1378
den französischen Thronfolger als Reichsvikar im Arelat ernannte, enger an das
Reich gebunden werden konnte und bis zum Ausgang des Mittelalters teilweise an
die Schweiz, Savoyen und Mömpelgard und im Übrigen (Lyon, Dauphiné, Provence,
Avignon, Arles) an Frankreich verlorenging, für das vom 11. Jahrhundert an drei
Linien der westfränkischen Kapetinger/Robertiner das Herzogtum innegehabt
hatten. Nach dem Aussterben der zweiten kapetingischen Seitenlinie 1361 kam das
Herzogtum B. im Jahre 1363 als Lehen Frankreichs an den jüngsten Sohn Johanns
II. von Frankreich, Philipp den Kühnen. Philipp erwarb durch seine 1369 mit
Margareta von Flandern (d. J.) geschlossene Ehe 1384 Flandern, Artois und die
weiterhin als Reichslehen zum deutschen Reich gehörende Freigrafschaft B., die
über die Herzöge von Andechs-Meranien (1208-1248), die Grafen von Chalon
(1248-1295) und die Könige von Frankreich (1295) an Margareta von Flandern (d.
Ä.) gekommen war, Rethel, Nevers, Salins und Mecheln sowie 1390 durch Kauf die
Grafschaft Charolles (Charolais). Sein Enkel Philipp der Gute eroberte die
Grafschaft Boulogne und erwarb 1428 Namur durch Kauf, 1430 Brabant und Limburg
durch Erbschaft sowie 1433 Hennegau, Holland und Seeland durch Gewalt. Im
Frieden von Arras erhielt er 1435 die Gebiete von Mâcon, Auxerre und einen Teil
der Picardie. Dazu kamen 1443 noch das Herzogtum Luxemburg und Chiny. 1477 fiel
sein Sohn Karl der Kühne, der 1473 Geldern und Zütphen gewonnen und mit dem
Friedrich III. die Schaffung eines Königreichs
B. erörtert hatte, im Kampf gegen den Herzog von Lothringen. 1491 starb mit
Johann von Nevers auch die Nebenlinie im Mannesstamm aus. Über die 1477 mit
Maximilian von Habsburg vermählte Tochter Karls des Kühnen Maria († 1482)
gelangte das Herzogtum B. mit der Freigrafschaft B. an das Haus Habsburg. Habsburg
behauptete das burgundische Erbe (Niederlande) bis auf die Bourgogne (Herzogtum
B.), die Picardie und Boulogne, die an Frankreich fielen, das seinerseits im
Frieden von Madrid 1526 auf die Lehnshoheit über Flandern und Artois
verzichtete. 1548 vereinte Kaiser Karl V. die verbliebenen burgundischen Länder
zum schon 1512/1521 angestrebten burgundischen Reichskreis, der später fast
ausschließlich aus Ländern (einer Vielzahl von Ländern und Herrschaften) eines
einzigen Landesherren (Habsburg als Herzog von Burgund) bestand (1556 Spanien,
1713 Erzherzog von Österreich bzw. König von Böhmen [ausgenommen die 1713 als
Ersatz für Oranien an Preußen gelangten Teile des Oberquartieres Geldern]). Die
Freigrafschaft B. wurde nach mehrfacher Besetzung durch Frankreich 1678
endgültig an Frankreich abgetreten. S. Niederlande, Belgien, Burgundischer
Reichskreis.
L.: Zeumer 552 III a 2, 37, 3; Großer Historischer Weltatlas II 34 (1138-1254)
F4, II 66 (1378) C5, II 78 (1450) F4; Die Territorien des Reichs 6, 198; Petit,
E., Histoire des ducs de Bourgogne de la race capétienne, Bd. 1ff. 1885ff.;
Berthaut, H., La carte de France 1750-1898, 1899; Cartellieri, O., Geschichte
der Herzöge von Burgund, 1910; Hofmeister, A., Deutschland und Burgund im
frühen Mittelalter, 1914; Febvre, L., Histoire de la Franche Comté, 7. A. 1922; Préchin, E., Histoire
de la Franche-Comté, 1947; Meyer, W., Burgund, 2. A. 1965; Richard, J.,
Histoire de la Bourgogne, 1957; Calmette, J., Le grands ducs de Bourgogne, 3. A. 1959; Kaughan, R., Philip the Bold.
The formation of the Burgundian State, 1962; Hoke, R., Die Freigrafschaft
Burgund, Savoyen und die Reichsstadt Besançon im Verbande des mittelalterlichen
deutschen Reiches, ZRG GA 79 (1962), 106ff.; Bittmann, K., Ludwig XI. und Karl
der Kühne, Bd. 1ff. 1964ff.; Boehm, L., Geschichte Burgunds, 1971, 2. A. 1979;
Moreau, J., Dictionnaire de géographie historique, 1972, 58 Bourgogne, 122
Franche-Comté; Duranthon, M., La carte de France, son histoire 1678-1974, 1978;
Werner, K. u. a., Burgund, LexMA 2 1983, 1062ff.; Calmette, J., Die großen
Herzöge von Burgund, 1987; Schlinker, S., Fürstenamt und Rezeption, 1999, 37;
Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W. u.
a., 2003, 1, 1, 49, 789; Ehm, P., Burgund und das Reich, 2002; Kaiser, R., Die
Burgunder, 2004; Gresser, P./Richard, J., La gruerie du comté de Bourgogne aux
XIVe et XVe siècles, 2004; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 470
(Herzogtum), 472 (Grafschaft); Kamp, H., Burgund, 2007; Rauzier, J., La
Bourgogne au XIVe siècle, 2009; La Franche-Comté et les anciens Pays-Bas, hg.
v. Delobette, L. u. a., 2010.
Carpi (Stadtkommune). C. in der Poebene
nördlich von Modena fiel 1115 von Mathilde von Tuszien an den Papst. 1530 kam
es durch Kaiser Karl V. an die Este und wurde 1535 zum Fürstentum erhoben. Mit
dem Herzogtum Modena der Este ging es 1797 in der zisalpinischen Republik und
1805 im napoleonischen Königreich Italien
Frankreichs auf. 1814 kam es an Franz IV. von Österreich-Este. 1860 fiel es an
Sardinien (1861 Italien).
L.: Großer Historischer Weltatlas II 48 (1300) D2.
Corvey (gefürstete Reichsabtei, Bistum,
Fürstentum, Residenz). 815/816 gründeten die Vettern Kaiser Karls des Großen
Adalhard und Wala in Hethis (Hethi) in Sachsen bei Neuhaus im Solling als
Propstei des westfränkischen Klosters Corbie an der Somme ein Kloster, das
Kaiser Ludwig der Fromme 822 an seinen endgültigen Ort (Nova Corbeia, C., am
Übergang des Hellweges über die Weser) verlegte. Durch Privilegien und
Schenkungen (826 Eresburg, 834 Meppen) stark gefördert errang es rasch eine führende
Rolle bei der Vermittlung der fränkischen Kultur in das neugewonnene Sachsen
und besaß im 12. Jahrhundert 60 Kirchen zwischen Siegen, Halberstadt und
Bremen. Im Hochmittelalter büßte es diesen Rang freilich wieder ein und verlor
sein Herrschaftsgebiet bis auf einen kleinen Rest im unmittelbaren Umland.
1792/1794 wurde C. zum Fürstbistum erhoben, 1803 säkularisiert. Das weltliche
Fürstentum mit Höxter und 16 Dörfern (5 Quadratmeilen bzw. 275 Quadratkilometer
mit 10000 Einwohnern) kam an den Erbprinzen von Nassau-Oranien
(Oranien-Nassau), 1807 an das Königreich
Westphalen und 1815 an Preußen. Aus dem Domanialgut entstand 1820/1822 das
Mediatfürstentum C., das 1834 von Hessen-Rotenburg an die Fürsten von
Hohenlohe-Schillingsfürst (seit 1840 Herzöge von Ratibor, Fürsten von C.) kam.
1946 fiel C. an Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 332f.; Zeumer 552 II a 35; Wallner WestfälRK 27; Großer Historischer
Weltatlas II 66 (1378) E3, III 22 (1648), III 38 (1789) B3; Richtering,
H./Kittel, E., Westfalen-Lippe, (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1;
Abhandlungen zur Corveyer Geschichtsschreibung, hg. v. Philippi, F., 1906ff.;
Thiele, K., Beiträge zur Geschichte der Reichsabtei Corvey, 1928; Rave, W.,
Corvey, 1958; Kunst und Kultur im Weserraum 800-1600. Ausstellung des Landes
Nordrhein-Westfalen, Corvey 1966, Bd. 1ff.; Kaminsky, H., Studien zur
Geschichte der Abtei Corvey in der Salierzeit, Diss. phil. Köln 1968; Kaminsky,
H., Studien zur Reichsabtei Corvey in der Salierzeit, 1972; Föllinger, G.,
Corvey - Von der Reichsabtei zum Fürstbistum, 1978; Die alten Mönchslisten und
die Traditionen von Corvey Teil 1, neu hg. v. Honselmann, K., 1982; Prinz, J.,
Die Corveyer Annalen, 1982; Der Liber vitae der Abtei Corvey, hg. v. Schmid,
K./Wollasch, J., 1983; Kaminsky, H./Fahlbusch, F., Corvey, LexMA 3 1986,
295ff.; Metz, W., Corveyer Studien. Die älteren Corveyer Traditionen und ihre
Personen, Archiv f. Diplomatik 34, (1988); Annalium Corbeiensium continuatio
saeculi XII, bearb. v. Schmale-Ott, I., 1989; Wiesemeyer, H., Corvey, 1990;
Schütte, L., Die alten Mönchslisten und die Traditionen von Corvey, 1992;
Krüger, K., Studien zur Corveyer Gründungsüberlieferung, 2001; Höfe und
Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 648,
1, 2, 119.
Dalberg (Herren, Reichsritter, Freiherren,
Herrschaft). Seit 1132 ist in D. bei Kreuznach eine begüterte Edelherrenfamilie
(von Stein, von Weierbach) nachweisbar. Sie übertrug ihre um die etwa 1170 erbaute
Burg errichtete reichsunmittelbare Herrschaft (mit D., Wallhausen, Sommerloch,
Spabrücken, Schlierschied [wüst] Aschborn [Eschborn], Oberhub, Unterhub,
Münchwald und Wald-Erbach [Walderbach]) mit ihrem Namen 1315/1318/1325 erbweise
an die seit dem 12. Jahrhundert nachweisbaren verwandten Kämmerer von Worms.
1367 erlangten die Pfalzgrafen durch die Öffnung der D. Einfluss auf die mit
Lehnsrechten des Hochstifts Speyer belastete Herrschaft. Die D. gehörten zum
Ritterkreis Rhein der Reichsritterschaft und wurden 1653/1654 in den
Reichsfreiherrenstand erhoben. Die Familie zerfiel in zahlreiche Zweige
(Dalberg zu Dalberg bzw. Dalberg-Dalberg bis 1848, Dalberg zu Herrnsheim bzw.
Dalberg-Herrnsheim bis 1833). Um 1790 waren die D. zu D. mit Aschborner Hof bzw.
Aschborn, D., Münchwald, Oberhub, Schlierschied (wüst), Sommerloch, Spabrücken,
Unterhub, Wallhausen und der Hälfte von Wald-Erbach (Walderbach) Mitglied des
Kantons Niederrheinstrom des Ritterkreises Rhein sowie außerdem im Kanton
Rhön-Werra (von etwa 1650 bis 1806) und im Kanton Baunach (von etwa 1700 bis
1806) des Ritterkreises Franken immatrikuliert. Die D. zu Herrnsheim zählten
mit Mandel zum Kanton Niederrheinstrom und mit Essingen, Herrnsheim samt
Abenheim und Kropsburg zum Kanton Oberrheinstrom des Ritterkreises Rhein. Die
D. zu Heßloch (Haßloch) rechneten um 1790 mit einem Zehntel der Ganerbschaft
Bechtolsheim, einem Achtel der Ganerbschaft Mommenheim, Gabsheim und Heßloch
(Haßloch) samt Hospitalhof ebenfalls zum Kanton Oberrheinstrom. Die Linie Dalberg-Heßloch
(Dalberg-Haßloch) war seit 1810 als Grafen von Ostein in Böhmen begütert. Karl
Theodor von Dalberg (8. 2. 1744-10. 2. 1817) war seit Juli 1802 der letzte
Kurfürst von Mainz (1803 Fürstentum Regensburg mit Fürstentum Aschaffenburg und
Wetzlar) und von Juni 1810 bis 1813 Großherzog von Frankfurt (ohne Regensburg,
aber mit Fulda und Hanau).
L.: Wolff 515; Seyler 358; Hölzle, Beiwort 58; Winkelmann-Holzapfel 144;
Riedenauer 123; Rahrbach 41, 43; Fabricius, N., Die Herrschaften des unteren
Nahegebietes, 1914; Bilz, B., Die Großherzogtümer Würzburg und Frankfurt, 1968;
Battenberg, F., Dalberger Urkunden. Regesten zu den Urkunden der Kämmerer von
Worms gen. von Dalberg und der Freiherren von Dalberg 1165-1823, Bd. 1ff.
1981ff.; Färber, K., Der Übergang des Dalbergischen Fürstentums Regensburg an
das Königreich Bayern - zum 175jährigen
Jubiläum, 1985, Verh. d. hist. Vereins f. Oberpfalz und Regensburg 125; Carl
von Dalberg, hg. v. Spies, H., 1994; Carl von Dalberg, hg. v. Hausberger, K.,
1995.
Dalmatien (Landschaft, Königreich).
Das im ersten vorchristlichen Jahrhundert erstmals belegte, vielleicht von
illyrischen Delmatern abzuleitende D. bezeichnete ursprünglich das Gebiet
zwischen Cetina und Neretva, später das Gebiet zwischen Kvarner und Drinmündung
an der Adria. Um die Zeitenwende wurde diese Gegend als Provinz D. dem
römischen Reich eingegliedert. Seit dem Ende des 6. Jahrhunderts wurde es
innerhalb des byzantinischen Reiches zunehmend von Slawen besetzt. 1420 kam es
an das seit dem 11. Jahrhundert an ihm interessierte Venedig. 1797 fiel es an
Österreich, 1805 an das napoleonische Königreich
Italien, 1809 an die illyrischen Provinzen Frankreichs und 1814 wieder an
Österreich. 1816 wurde es Königreich
Österreichs. 1920 kam es bis auf einige Italien zugesprochene Reste an
Jugoslawien.
L.: Pisani, P., Les possessions vénétiennes de Dalmatie, Le Mans 1890; Pisani,
P., La Dalmatie dé 1797 à 1815, 1893; Voinovitch, C. de, Histoire de Dalmatie,
Bd. 1f. 2. A. 1934; Wilkes, J., Dalmatia, 1969; Rapanic, Z., Dalmatien, LexMA
3, 1984, 444ff.; Wakounig, M., Dalmatien und Friaul, 1990; Schlinker, S.,
Fürstenamt und Rezeption, 1999, 30; Clewing, C., Staatlichkeit und nationale
Identitätsbildung, 2000.
Dänemark s. Dithmarschen, Holstein, Lauenburg,
Schleswig, Schaumburg, Schauenburg.
L.: Schäfer, D., Dänische Annalen und Chroniken von der Mitte des 13. bis zum
Ende des 15. Jahrhunderts, 1872; Schäfer, D., Die Hansestädte und König
Waldemar von Dänemark, 1879; Die Herzogthümer Schleswig-Holstein und das Königreich Dänemark, hg. v. Droysen, J., Neudruck
1989; Brandt, A. v., Die Hanse und die norddeutschen Mächte im Mittelalter,
1962; Mohrmann, W., Der Landfriede im Ostseeraum während des späten
Mittelalters, 1972; Petersohn, J., Der südliche Ostseeraum im
kirchlich-politischen Kräftespiel des Reiches, Polens und Dänemarks vom 10.-13.
Jahrhundert; Historische Stätten Dänemark, hg. v. Klose, O., 1982; Tamm, D.,
Retsvidenskaben in Danmark, 1992; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen
Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 793; Repertorium der Policeyordnungen
der frühen Neuzeit Band 9 Dänemark und Schleswig-Holstein, hg. v. Tamm, D.,
2008; Greßhake, F., Deutschland als Problem Dänemarks, 2013.
Dauphiné (Fürstentum). Die zum Königreich Burgund gehörige Grafschaft Vienne zwischen
Alpen und Rhone wurde seit Burgunds Angliederung an das Reich im Jahre 1032 als
Reichslehen angesehen. Der angelsächsisch geprägte Leitname des
Grafengeschlechts Dolphinus ergab die französische Bezeichnung D. für die
Grafschaft, die von 1029 bis 1349 als eigenständiges Fürstentum bestand. 1349
übergab der letzte Graf Humbert II. († 1355) die Grafschaft an Frankreich.
Damit verlor das Reich das Gebiet, obgleich es zunächst weiter eine formelle
Oberhoheit beanspruchte.
L.: Fournier, P., Le royaume d'Arles et de Vienne, 1891; Grieser, R., Das
Arelat in der europäischen Politik, 1925; Moreau, J., Dictionnaire de
géographie historique, 1972, 100; Giordanengo, G., Dauphiné, LexMA Bd. 3 1984,
586f.; Lemonde, A., Le temps des libertés en Dauphiné, 2002.
Deutscher Bund (Staatenbund). Zum Deutschen Bund
(8. 6. 1815-23./24. 8. 1866) zählten folgende (zunächst 38) überwiegend mit dem
Untergang des Heiligen römischen Reiches am 6. 8. 1806 selbständig gewordene
deutsche Staaten: Kaiserreich: Österreich (mit den zuvor zum Heiligen römischen
Reich gehörigen Gebieten); Königreiche: Preußen
(mit den zuvor zum Heiligen römischen Reich gehörigen Gebieten), Bayern, Sachsen,
Hannover (bis 1837 in Personalunion mit Großbritannien), Württemberg;
Kurfürstentum: Hessen(-Kassel); Großherzogtümer: Baden, Hessen(-Darmstadt),
Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-Strelitz, Oldenburg,
Sachsen-Weimar(-Eisenach), Luxemburg (in Personalunion mit Niederlande);
Herzogtümer: Holstein und Lauenburg (bis 1864 in Personalunion mit Dänemark),
Nassau, Braunschweig, Sachsen-Gotha (bzw. Sachsen-Gotha-Altenburg, 1825
erloschen), Sachsen-Coburg (bzw. Sachsen-Coburg-Saalfeld, seit 1826
Sachsen-Coburg und Gotha [Sachsen-Coburg-Gotha]), Sachsen-Meiningen (seit 1826
mit Saalfeld und Hildburghausen), Sachsen-Hildburghausen (bis 1826),
Sachsen-Altenburg (seit 1826, aus Sachsen-Hildburghausen), Anhalt-Dessau (seit
1863 Anhalt), Anhalt-Köthen (1847 erloschen), Anhalt-Bernburg (1863 erloschen),
Limburg (1839 aufgenommen, in Personalunion mit Niederlande); Landgrafschaft:
Hessen-Homburg (1817 aufgenommen); Fürstentümer: Waldeck, Lippe(-Detmold),
Schaumburg-Lippe, Schwarzburg-Rudolstadt, Schwarzburg-Sondershausen, Reuß
ältere Linie, Reuß jüngere Linie, Hohenzollern-Hechingen (1849 an Preußen),
Hohenzollern-Sigmaringen (1849 an Preußen), Liechtenstein; Freie Städte:
Lübeck, Bremen, Hamburg, Frankfurt. 1817 wurde die Landgrafschaft
Hessen-Homburg als 39. Mitglied aufgenommen. 1825 starb Sachsen-Gotha-Altenburg
aus, wobei 1826 Sachsen-Gotha an Sachsen-Coburg-Saalfeld kam, das Saalfeld an
Sachsen-Meiningen abgab und zu Sachsen-Coburg-Gotha wurde, und Altenburg an
Hildburghausen gelangte, das zu Sachsen-Altenburg wurde und Hildburghausen an
Sachsen-Meiningen abgab. 1839 wurde das in Personalunion mit Niederlande
stehende Herzogtum Limburg zum Ausgleich für wallonische, nach der belgischen
Revolution in Belgien eingegliederte Teile Luxemburgs aufgenommen, wobei das
Großherzogtum Luxemburg im Deutschen Bund verblieb. 1847 fiel Anhalt-Köthen als
Erbe an Anhalt-Dessau und Anhalt-Bernburg. Von 1848 bis 1851 wurde das ganze
Gebiet Preußens (mit Ostpreußen, Westpreußen und Posen) vorübergehend Teil des
Deutschen Bundes. 1849 kamen Hohenzollern-Hechingen und
Hohenzollern-Sigmaringen durch Abdankung zu Preußen. 1863 fiel Anhalt-Bernburg
als Erbe an Anhalt-Dessau (Anhalt): 1864 kam Schleswig (aus Dänemark) in den
Deutschen Bund, wobei Schleswig-Holstein von Preußen und Österreich gemeinsam
verwaltet wurde.
L.: Deutscher Bund und deutsche Frage, hg. v. Rumpler, H., 1990; Müller, J.,
Deutscher Bund und deutsche Nation 1848-1866, 2005.
Die (Hochstift). 325 erscheint erstmals ein
Bischof der gallorömischen civitas Dea Augusta Voconciorum. Im Streit um die
Metropolitanzugehörigkeit zwischen Vienne und Arles entschied Papst Calixt II.
am 15. 2. 1120 zugunsten von Vienne. Am 30. 7. 1178 bestätigte Kaiser Friedrich
I. Barbarossa den Bestand des Bistums und seinen Rang im Königreich Arelat. Um die Mitte des 15. Jahrhunderts
wurde die weltliche Herrschaft des Bischofs von D., der seit 1275 zugleich
Bischof von Valence war, durch den Dauphin Ludwig II. empfindlich beschränkt.
S. Dauphiné.
L.: Bligny, B., L'Eglise et les ordres religieux dans le royaume de Bourgogne
aux XIe et XIIe siècle, 1960.
Eichsfeld (Gau [im Quellgebiet der Leine],
Landschaft, Fürstentum). Das zwischen oberer Leine und Harz gelegene E. wird
als Gau nördlich und westlich von Mühlhausen 897 erstmals genannt. Vom 11.
Jahrhundert an gewann das Erzstift Mainz auf der Grundlage der Mission um
Heiligenstadt im Obereichsfeld umfangreiche Güter (Hanstein 1209,
Gleichenstein-Dingelstädt 1294, Bischofstein 1329/1440, Greifenstein 1420,
Scharfenstein 1294, Harburg 1130/1137, Worbis 1342/1375, Bodenstein 1573,
Westernhagen 14. Jahrhundert, Gerode 1124/1431). Das nordwestlich von
Duderstadt gelegene Untereichsfeld war zunächst liudolfingisches Hausgut und
ottonisches Reichsgut, kam im 10. Jahrhundert an das Stift Quedlinburg und fiel
1247 an Braunschweig-Lüneburg. Dessen Linie Grubenhagen verpfändete es
1342/1358 mit Duderstadt und Gieboldehausen, 1434 mit Lindau an das Erzstift
Mainz. 1802/1803 kam das zunächst protestantisch gewordene, am Ende des 16.
Jahrhunderts rekatholisierte E. als Fürstentum an Preußen. Von 1806/1807 bis
1813 war es Teil des Königreiches Westphalen
(Harzdepartement). 1813 gelangte das E. an Preußen, 1815 das Obereichsfeld zur
Provinz Sachsen und damit von 1945/1949 bis 1990 zur sowjetischen
Besatzungszone bzw. der Deutschen Demokratischen Republik. Das Untereichsfeld
wurde von Preußen an Hannover abgetreten, kam mit diesem aber 1866 an Preußen zurück
und gehört damit seit 1946 zu Niedersachsen. S. Kurrheinischer Reichskreis.
L.: Wolff 80; Wallner 699 KurrheinRK 1; Großer Historischer Weltatlas II 66
(1378) F3; Wolf, J., Politische Geschichte des Eichsfelds 1792, neu bearb. v.
Löffler, K., 1921; Curs, O., Deutschlands Gaue im zehnten Jahrhundert, 1908, 6
(Geisleden); Aus der Geschichte der Goldenen Mark, bearb. v. Otto, B., Teil 1
1949; Hessler, W., Mitteldeutsche Gaue des frühen und hohen Mittelalters, 1957,
120 (Ammern, Dachrieden, Diedorf, Geisleden, Görmar, Lengefeld); Polenz, P. v.,
Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, I, 9, II, 58, 61, 62, III, 30; Riese, W.,
Das Eichsfeld. Entwicklungsprobleme einer Landschaft, 1977; Fahlbusch, F. B.,
Eichsfeld, LexMA 3 1986, 1670f.
Eichstätt (Hochstift, Residenz). Um 741/745
gründete Bonifatius das Bistum E. an der Altmühl, setzte den Angelsachsen
Willibald als Bischof ein und unterstellte das von der Donau bis zu den
späteren Orten Nürnberg, Erlangen und Sulzbach reichende Bistum der Erzdiözese
Mainz. Erste Güter wurden von einem gewissen Suidger gegeben. 888 kam die Abtei
Herrieden an der oberen Altmühl hinzu. Durch die Gründung des Bistums Bamberg
(1007) verlor es Gebiete im Norden zwischen Schwabach, Pegnitz und Regnitz,
durch die Reformation Nürnberg, Weißenburg, Ansbach und das Oberstift Öttingen
(Oettingen). Das Gebiet des Hochstifts, das um 1800 im Kanton Altmühl des
Ritterkreises Franken immatrikuliert war, war verhältnismäßig klein und zersplittert
(Oberstift mit Herrieden, Ornbau, Sandsee, Wernfels-Spalt [1304/1305],
Pleinfeld; Unterstift mit Eichstätt, Greding [11. Jh.], Beilngries, Hirschberg)
und wurde mit rund 20 Quadratmeilen und 62000 Einwohnern 1802 säkularisiert und
von Bayern annektiert, nachdem schon 1794 Preußen die Enklaven in Franken
eingezogen hatte. Von 1802/1803 bis 1805 wurde es zum größten Teil des
Unterstifts als Sekundogenitur Österreichs dem Großherzogtum Toskana zugeteilt,
während der Rest an Bayern kam. 1805 fiel auch der größere Teil an das Königreich Bayern. Teile des Oberstifts kamen 1803 an
Preußen (Ansbach), 1806 ebenfalls an Bayern. Von 1817 bis 1832/1834/1855
errichtete Bayern aus einem Teil des Hochstifts das Herzogtum Leuchtenberg als
freie Standesherrschaft für Eugène de Beauharnais, Herzog von Leuchtenberg.
L.: Wolff 105; Zeumer 552 II a 9; Wallner 692 FränkRK 8; Großer Historischer
Weltatlas II 66 (1378) F4, III 22 (1648) E4, III 38 (1789) D3; Riedenauer 129;
Die Territorien des Reichs 4, 166; Heidingsfelder, F., Die Regesten der
Bischöfe von Eichstätt 741-1324, 1915ff.; Sax, J. v./Bleicher, J., Die Bischöfe
und Reichsfürsten von Eichstätt, Bd. 1, 2 (2. A.) 1927; Buchner, F., Das Bistum
Eichstätt, historisch-statistische Beschreibung, Bd. 1, 2 1937ff.; Bauerreiß,
R., Kirchengeschichte Bayerns, Bd. 1 1949; Hirschmann, G., Eichstätt, 1959,
(in) Historischer Atlas von Bayern 1, 6; Handbuch der bayerischen Geschichte,
hg. v. Spindler, M., Bd. 3, 1 1971; Sage, W./Wendehorst, A., Eichstätt, LexMA 3
1986, 1671ff.; Röttel, K., Das Hochstift Eichstätt, 1987; Schuh, R.,
Territorienbildung im oberen Altmühlraum. Grundlagen und Entwicklung der
eichstättischen Herrschaft im 13. und 14. Jh., Zs. f. bay. LG. 50 (1987);
Weinfurter, S., Die Grundlagen der geistlichen Landesherrschaft in Eichstätt um
1300, Bll. f. dt. LG. 123 (1987), 137; Schindling, A., Das Hochstift Eichstätt
im Reich der frühen Neuzeit. Katholisches Reichskirchen-Fürstentum im Schatten
Bayerns, 1988, Sammelblätter Hist. Verein Eichstätt 80; Buchholz-Johanek, I.,
Geistliche Richter und geistliches Gericht im spätmittelalterlichen Bistum
Eichstätt, 1988; Flachenecker, H., Eine geistliche Stadt, 1988; Lengenfelder,
B., Die Diözese Eichstätt zwischen Aufklärung und Restauration, 1990; Braun,
H., Das Domkapitel zu Eichstätt, 1991; Arnold, B., Count and Bishop, 1991;
Beiträge zur Eichstätter Geschichte, hg. v. Flachenecker, H./Littger, K., 1999;
Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W.,
2003, 1, 526, 1, 2, 161; Zürcher, P., Die Bischofswahlen im Fürstbistum
Eichstätt von 1636 bis 1790, 2009; Lullies, E., Die ältesten Lehnbücher des
Hochstifts Eichstätt, 2012.
Feltre (Stadtkommune). Das auf das antike
Feltria zurückgehende F. an einem Nebenfluss des Piave wurde vom 10. bis 13.
Jahrhundert von seinen Bischöfen beherrscht. 1440 fiel es an Venedig, 1797 an
Österreich, 1805 an das napoleonische Königreich
Italien, 1814 wieder an Österreich und 1859/1860 schließlich an Sardinien (1861
Italien).
L.: Großer Historischer Weltatlas II 48 E2; Silvestri, G., Feltre, (in) Le Vie
d'Italia 60 (1954).
Finale, Finale Ligure (Herrschaft). F. an der
Riviera di Ponente ist 1190/1193 Herrschaftsgebiet der Familie Del Carretto.
Die Eigenständigkeit wurde von Genua bestritten. 1598 wurde die Herrschaft von
Sforza Andrea del Carretto an Spanien verkauft. 1713 wurde F. vom Reich, an das
es gelangt war, für 3 Millionen Gulden an Genua verkauft, das 1815 mit dem Königreich Sardinien (1861 Italien) vereinigt wurde.
L.: Lessico
universale Italiano, Bd. 7 Rom 1971, S. 713f.; Enciclopedia Italiana, Bd. 15
1932, S. 384-386; Edelmayer, F., Maximilian II., Philipp II. und Reichsitalien.
Die Auseinandersetzung um
das Reichslehen Finale in Ligurien, 1988.
Florenz (Stadt, Stadtkommune, Herzogtum), ital.
Firenze. Nach prähistorischen und etruskischen Vorläufern entstand vermutlich
im zweiten vorchristlichen Jahrhundert das römische Florentia am Arno, das um
200 n. Chr. vielleicht 10000 Einwohner hatte. Im 4. Jahrhundert wurde es Sitz
eines Bischofs, in langobardischer Zeit Sitz eines Herzogs und unter den
Ottonen Sitz eines Grafen. Noch vor 1115 setzte der Kampf um die
Selbständigkeit ein. 1125 unterwarf F. Fiesole. 1138 sind consules (Konsuln)
nachweisbar. Im 13. und 14. Jahrhundert wurde die Stadt mit ihrer bedeutenden
Tuchherstellung führende Macht im mittleren Italien und zählte 1348 etwa 120000
Einwohner. Ihre Währung (Florentiner) gewann als Gulden (abgekürzt fl.)
Bedeutung weit über Florenz hinaus. 1406 wurde Pisa erobert, 1421 Livorno
erworben. 1434 kam die Familie Medici an die Macht, die 1531 von Kaiser Karl V.
zu Herzögen erhoben wurde. 1737 fiel das Herzogtum an Österreich, 1801 als
Hauptstadt an das Königreich Etrurien
Frankreichs, von 1808 bis 1814 an Frankreich, von 1814 bis 1859 an Österreich
und schließlich an Sardinien bzw. 1861 an das Königreich
Italien, dessen Hauptstadt es von 1865 bis 1879 war.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 48 (1300) D3, II 78 (1450) G5; Davidsohn,
R., Geschichte von Florenz, Bd. 1ff. 1896ff., Neudruck 1969; Caggese, R., Firenze dalla decadenza
di Roma al Risorgimento, Bd. 1ff. 1912ff.;
Panella, A., Storia di Firenze, 1949; Nardi, J., Istorie della città di
Firenze, 1958; Lopes Pegna, M., Firenze dalle origini al medioevo, 1962;
Bargellini, P., La splendida storia di Firenze, 1966; Grote, A., Florenz,
Gestalt und Geschichte eines Gemeinwesens, 2. A. 1968; Raith, W., Florenz vor
der Renaissance. Der Weg einer Stadt aus dem Mittelalter, 1976; Hale, J., Die
Medici und Florenz, 1979; Brucker, G., Firenze 1138-1737, 1983; Firenze e la
Toscana dei Medici nell’Europa, hg. v. Garfagnini, G., 1983; Panella, A.,
Storia di Firenze, 1984; Luzzati, M., Firenze e la Toscana nel Medievo, 1986;
Cardini, F., Florenz, LexMA 4 1989, 554ff.; Bouboullé, G., Florenz, 1989;
Brucker, G., Florenz in der Renaissance, 1990; Reinhardt, V., Florenz zur Zeit
der Renaissance, 1990; Cohn, S., Creating the Florentine State, 1999; Zumhagen,
O., Religiöse Konflikte und kommunale Entwicklung, 2001; La Roncière, C.,
Firenze e le sue campagne nel Trecento, 2005; Najemy, J., A History of Florence
1200-1575, 2006; Klapisch-Zuber, C., Retour à la cité. Les magnats de Florence 1340-1440, 2006;
Ciapelli, G., Fisco e società a Firenze nel Rinascimento, 2009; Gualtieri, P.,
Il Commune die Firenze tra Due e Trecento, 2009.
Galizien (Landschaft, Fürstentum, Königreich). Während das Karpatenvorland westlich des
San mit Krakau um 1000 an Polen kam, bildeten sich im Gebiet östlich des San
die Fürstentümer Halitsch (((Halics) und Wladimir (Lodomerien). Davon gewann
Halitsch/Galizien Anschluss an die Entwicklung Böhmens, Polens und Ungarns. Bei
der ersten polnischen Teilung 1772 erhielt Österreich Rotrussland und Teile
Podoliens mit Zamosc, Brody, Lemberg, Tarnopol und Halitsch (Halics) sowie die
Herzogtümer Zator und Auschwitz. Dieses 1280 Quadratmeilen mit 1,2 Millionen
Einwohnern umfassende Gebiet wurde als Königreich
G. und Lodomerien bezeichnet. 1784 wurde nach der Errichtung eines eigenen
Gubernium für G. samt Lodomerien in Lemberg eine Universität geschaffen. 1795
kam bei der dritten polnischen Teilung Kleinpolen mit Krakau, Wieliczka, Rawka,
Sandomir, Radom und Maciejowice (Maziejowice) (insgesamt 46000 Quadratkilometer
mit 1,5 Millionen Einwohnern) als Westgalizien hinzu. 1809 musste dieses
Westgalizien mit Zamosc an das Großherzogtum Warschau, der östliche Teil
Galiziens an Russland abgetreten werden. 1815 kam dieser Teil an Österreich
zurück, während die übrigen 1809 verlorenen Gebiete an Polen fielen. 1846 wurde
der 1815 gebildete Freistaat Krakau einverleibt. 1918 schloss sich der
westliche, 1772 an Österreich gelangte Teil Galiziens (mit Krakau, Tarnów und
Przemyśl) Westgalizien Polen an. Das östliche Galizien mit Lemberg wurde
1919 gewaltsam Polen eingegliedert, 1939 an die Sowjetukraine angeschlossen.
L.: Kratter, F., Briefe über den itzigen Zustand von Galizien, 1786; Traunpaur,
Chevalier d'Orphanie A. H., Dreyßig Briefe über Galizien, 1787; Stupnicki, H.,
Das Königreich Galizien und Lodomerien, 1853;
Ortsrepertorium des Königreiches Galizien und
Lodomerien, 1874; Brawer, A., Galizien, wie es an Österreich kam, 1910;
Seefeldt, F., Quellenbuch zur deutschen Ansiedlung in Galizien unter Kaiser
Joseph II., 1935; Schneider, L., Das Kolonisationswerk Josephs II. in Galizien,
1939; Rosdolski, R., Untertan und Staat in Galizien, 1992; Mark, R., Galizien,
1994; Röskau-Rydel, I., Galizien, Bukowina, Moldau, 1999; Bachmann, K., Ein
Herd der Feindschaft gegen Russland, 2001.
Generalstaaten (Provinzen). G. waren seit etwa 1506 die
von Herzog Philipp dem Guten von Burgund seit 1464 nach französischem Vorbild
an wechselnde Orte berufenen allgemeinen Landesvertretungen und davon
abgeleitet später die nördlichen Provinzen der Niederlande, die sich während des
niederländischen Aufstandes auf Betreiben des Statthalters Johann VI. von
Nassau am 23. 1. 1579 zur Utrechter Union zusammenschlossen und am 26. 7. 1581
von Spanien lossagten. 1609 wurden Spanien durch militärische Eroberung weitere
große Teile Flanderns, Brabants und Gelderns entrissen. Seit 1648 wurden die G.
ohne förmliche Loslösung vom Deutschen Reich als souverän angesehen. Am 26. 1.
1795 wurde mit Unterstützung Frankreichs die Batavische Republik ausgerufen,
die Maastricht, Venlo, Staatsflandern und Limburg an Frankreich abtreten
musste. 1806 wurden die G. auf Geheiß Napoleons in das Königreich
Holland seines Bruders Ludwig umgewandelt. 1810 wurde dieses Königreich Holland mit Frankreich vereinigt. 1815
wurden die Niederlande wieder selbständig.
L.: Geschiedenis van Nederland, hg. v. Brugmans, H., Bd. 1ff. 1935ff.; Geyl,
P., Geschiedenis van de niederlandse stam, Bd. 1f. 2. A. 1948f.; 500 Jaren
Staten-Generaal, 1964.
Genf (Hochstift). Gegen 400 erscheint in dem
ehemaligen Hauptort der keltischen Allobroger am Ausfluss der Rhone aus dem von
ihr gebildeten See ein seit 450 zur Erzdiözese Vienne gehöriger Bischof von G.,
dessen Diözese sich bis zum Mont Cenis, Großen Sankt Bernhard und Waadtland
erstreckte. Von 443 bis 461 war an seinem Sitz der Hauptort des Reiches der
Burgunder. 534 geriet das Gebiet unter die Herrschaft der Franken. Beim Zerfall
des karolingischen Reiches kam G. 887 zum Königreich
Burgund und damit 1032 an das deutsche Reich. Der Bischof galt als Reichsfürst.
1156 gelangte die Vogtei über das Hochstift von den Grafen von G. durch
Friedrich I. Barbarossa an die Herzöge von Zähringen, welche die Rechte des
Bischofs minderten. Seit dem 13. Jahrhundert wirkten die Grafen von Savoyen in
gleicher Richtung. 1365 erhob Kaiser Karl IV. die Grafen zu Reichsvikaren und
leitete damit die völlige Lösung des Hochstifts vom Reich ein. Nachdem der
Bischof, weil er die Herrschaft über die seit 1526 mit Bern und Freiburg
verbündete Stadt an Savoyen übertragen wollte, 1533 zum Wechsel nach Annecy
gezwungen worden war, verlor das Bistum bzw. Hochstift seinen Sitz im
Reichsfürstenrat.
L.: Wolff 538; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) D5; Geisendorf, P.,
Bibliographie raisonée de l'histoire de Genève, Paris 1967; Binz, L., Le
diocèse de Genève, 1980; Le diocèse de Genève-Annecy, hg. v. Baud, H., 1985;
Histoire de Genève, hg. v. Guichonnet, P., 3. A. 1986; Santschi, C., Genf,
LexMA 4 1989, 1228ff.; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg.
v. Paravicini, W., 2003, 1, 537, 1, 2, 211.
Genua (Stadtkommune, Republik). G. am
südlichen Steilabfall der ligurischen Alpen war schon im Altertum ein
bedeutendes Handelszentrum. Seit 218 v. Chr. stand es unter römischem Einfluss
und behielt die zu unbestimmtem Zeitpunkt erlangte römische Munizipalverfassung
bis zur Völkerwanderungszeit bei. Über Ostgoten, Byzantiner (554) und
Langobarden (641) kam es an die Franken, die es zum Mittelpunkt einer
Grafschaft erhoben. Seit dem 10. Jahrhundert erlangte G. (958 Privileg für die
habitatores in civitate Ianuensi) eine eigene, seit etwa 1100 von drei oder
mehr Konsuln als Compagna ausgeübte Verwaltung, die Friedrich I. Barbarossa
beließ. Zusammen mit Pisa gewann die durch Handel reich gewordene Stadt
Sardinien und Korsika und setzte sich 1284 auch gegen Pisa und 1298 gegen
Venedig durch. Gleichzeitig wurde G. durch heftige innere Auseinandersetzungen
der Familien der Doria, Fieschi, Grimaldi und Spinola erschüttert. 1380
unterlag es bei Chioggia gegen Venedig. Von 1396 bis 1409 stand es unter der
Herrschaft Frankreichs, von 1421 bis 1436 unter der Herrschaft Mailands und von
1458 bis 1461 wieder unter der Herrschaft Frankreichs. Nach dem Fall
Konstantinopels 1453 gingen alle östlichen Niederlassungen verloren (1471
Trapezunt, 1475 Kaffa [Caffa], 1566 Chios). Mehrfach geriet die Stadt unter die
Herrschaft Mailands und Frankreichs. 1768 trat Genua Korsika an Frankreich ab.
Am 6. 6. 1797 wurde Genua von Frankreich als Ligurische Republik eingerichtet,
1805 nach einem Volksentscheid von Frankreich annektiert. 1815 wurde G. mit dem
Königreich Sardinien vereint, das 1861 im Königreich Italien aufging.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 48 (um 1300) C2; Storia di Genova dalle
origini al tempo nostro, Bd. 1ff. 1941f.; Cozzani, E., Genova, 1961; Le ville
genovosi, hg. v. De Negri, E. u. a., 1967; Costantini, C., La repubblica di
Genova nell'età moderna, 1978; Piergiovanni, V., Lezioni di storia giuridica
genovese, 1983; Petti Balbi, G., Genua, LexMA 4 1989, 1251ff.; Kurowski, F.,
Genua aber war mächtiger, 1990; Schweppenstette, F., Die Politik der
Erinnerung, 2003.
Goslar (Reichsstadt). G. am Harz an der Straße
vom Rhein zur mittleren Elbe wird 922 erstmals erwähnt, reicht aber vielleicht
noch in karolingische Zeit (karolingisches Lager von 802). 965/968 begann der
Silberbergbau auf dem nahen Rammelsberg. Um 1005/1015 verlegte Heinrich II. die
vorher in Werla an der Oker befindliche Pfalz nach G., das in der Salierzeit
beliebter Aufenthaltsort deutscher Herrscher und bis ins 13. Jahrhundert Stätte
vieler Reichstage war. Etwa 1073 wurde die Reichsvogtei G. zur Verwaltung des
umliegenden Reichsgutes geschaffen, die von 1152 bis 1168 an Heinrich den Löwen
gelangte. 1219 verlieh Kaiser Friedrich II. der Stadt einen umfangreichen
Freiheitsbrief. 1290/1340 errang, beginnend mit dem Erwerb der Vogtei, G. die
Stellung einer Reichsstadt (Reichsunmittelbarkeit). Im 14. Jahrhundert, in
dessen Mitte das Stadtrecht in den goslarischen Statuten aufgezeichnet wurde,
gelang die Gewinnung der Pfandschaft am Rammelsberg. Mit dem Einlösen der
Pfandschaft Rammelsberg durch Braunschweig-Wolfenbüttel 1526/1552 setzte ein
wirtschaftlicher Niedergang der 1528 protestantisch gewordenen Stadt ein.
1802/1803 kam G. mit 8500 Einwohnern an Preußen, 1807 zum Königreich Westphalen, 1814 an Hannover, danach an
Preußen, 1816 wieder an Hannover, 1866 mit Hannover an Preußen und 1941 an
Braunschweig. Am 1. 11. 1946 ging Braunschweig in Niedersachsen auf.
L.: Wolff 456f.; Zeumer 554 III a 7; Wallner 707 NiedersächsRK 27; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378), III 22 (1648) E3, III 38 (1789) D2;
Urkundenbuch der Stadt Goslar, hg. v. Bode, G./Hölscher, U., Bd. 1ff. 1893ff.;
Frölich, K., Gerichtsverfassung von Goslar im Mittelalter, 1910; Hoelscher, U.,
Die Kaiserpfalz Goslar, 1927; Frölich, K., Verfassung und Verwaltung der Stadt
Goslar im späten Mittelalter, 1921; Wiederhold, W., Goslar als Königsstadt und
Bergstadt, 1922; Bruchmann, K., Goslar, 1952; Goslar, hg. v. Hillebrand, W., 2.
A. 1965; Ebel, W., Das Stadtrecht von Goslar, 1968; Wilke, S., Das Goslarer
Reichsgebiet und seine Beziehungen zu den territorialen Nachbargewalten, 1970;
Schuler, P., Goslar, LexMA 4 1989, 1568ff.; Graf, S., Das Niederkirchenwesen
der Reichsstadt Goslar, 1998; Goslar im Mittelalter, hg. v. Engelke, H., 2003;
Kelichhaus, S., Goslar um 1600, 2003; Der Goslarer Ratskodex, hg. v. Lehmberg,
M., 2013.
Guastalla (Stadtkommune, Stadtstaat, Signorie,
Grafschaft, Herzogtum). G. am Po wird im 8. Jahrhundert erstmals erwähnt (864
curtis Wardistalla). Seit Anfang des 11. Jahrhunderts unterstand es den
Canossa. Danach wurde es Streitobjekt verschiedener Stadtstaaten (Cremona,
Piacenza). Seit 1307 stand es den Correggio und seit 1335 den Visconti zu. 1406
wurde es mit dem umliegenden Gebiet als Lehen der Visconti Signorie der Torelli
und 1428 Grafschaft. 1539 kam es durch Verkauf an die Familie Gonzaga. 1621
wurde G. Herzogtum. 1729 wurde es nach dem Aussterben der Herrscherfamilie
eingezogen. 1746 fiel es an Österreich und wurde 1748 dem gegen Neapel und
Sizilien an Österreich gelangten und an Karls III. Bruder Philipp überlassenen
Herzogtum Parma und Piacenza einverleibt. 1805 wurde es an Napoleons Schwester
Pauline Borghese gegeben, fiel aber wenig später an das Königreich Italien bzw. Parma. 1815 kam es mit Parma und Piacenza
an die Gemahlin Napoleons, 1848 an das Herzogtum Modena und 1860 an das Königreich Sardinien bzw. 1861 Italien.
L.: Großer Historischer Weltatlas III, 12 D2; Aff'ò, J., Istoria della città e
ducato di Guastalla, o. J. (1785ff.); Il tempo dei Gonzaga, 1985; Bocchi, F.,
Guastalla, LexMA 4 1989, 1761f.
Halberstadt (Hochstift, Fürstentum, Residenz). Karl
der Große errichtete ein von Bischof Hildegrim von Châlons-sur-Marne geleitetes
Missionsbistum für das südliche Sachsenland, das bis 818/820 seinen Sitz in
Seligenstadt, dem heutigen Osterwieck, hatte. An seine Stelle trat (vor 814 ?
oder um) 827 das Bistum H., das dem Erzbistum Mainz unterstellt wurde. Durch
die Errichtung des Erzbistums Magdeburg wie des Bistums Merseburg verlor es
seine östlichen Gebiete. 989 erwarb es Markt, Zoll und Bann des Ortes H. Von
Heinrich III. erhielt es umfangreiche Grafenrechte (1052 Grafschaft im
Harzgau), die es aber nur im engen Umkreis von H. zur Errichtung eines
Herrschaftsgebiets (bis Osterwieck, Oschersleben, Ermsleben [1332] und
Aschersleben [1322]) nutzen konnte. Von 1479 bis 1566 war es mit Magdeburg
verbunden, wobei es 1541 zur Reformation übertrat. Danach fielen die
Grafschaften Hohnstein und Regenstein heim. 1648 wurde das Bistum aufgehoben
und das Hochstift als Fürstentum an Brandenburg übertragen. Das Fürstentum
umfasste den halberstädtischen Kreis (mit der Stadt H., den Ämtern H.,
Gröningen, Kloster Gröningen und Schlanstedt, der Grafschaft Regenstein und
acht adligen Gerichten), den ascherslebenschen Kreis (mit der Stadt
Aschersleben, den Gerichten Gatersleben, Hausneindorf, Ermsleben und
Konradsburg, dem Domkapitelsamt Schneidlingen und den Ämtern Winningen
[Wieningen] und Falkenstein [Freckenstein]), den oschersleben-weferlingenschen
Kreis (mit den Ämtern Oschersleben, Krottorf (im Kreis Börde), Emmeringen und
Weferlingen), den osterwieck-hornburgischen Kreis (mit der Stadt Osterwieck,
dem Domkapitelamt Zilly und den Ämtern Hornburg, Wülperode, Stötterlingen und
Dardesheim) und die Herrschaft Derenburg. 1807 kam H., das mit der
Reichsgrafschaft Regenstein zusammen 31 Quadratmeilen umfasste, zum Königreich Westphalen, 1815 zur preußischen Provinz
Sachsen und 1945 zu Sachsen-Anhalt.
L.: Wolff 440f.; Zeumer 553 II b 20; Wallner 706 NiedersächsRK 12; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) F3, III 22 (1648) E5, III 38 (1789) D2;
Gringmuth-Dallmer, H., Magdeburg-Wittenberg, (in) Geschichte der deutschen
Länder, Bd. 1; Urkundenbuch des Hochstifts Halberstadt, hg. v. Schmidt, G., Bd.
1ff. 1883ff.; Brackmann, A., Geschichte des Halberstädter Domkapitels, 1898;
Fritsch, J., Die Besetzung des Halberstädter Bistums, 1913; Schmidt-Ewald, W.,
Die Entstehung des weltlichen Territoriums der Bischöfe von Halberstadt, 1916;
Müller, E., Die Entstehungsgeschichte der sächsischen Bistümer unter Karl dem
Großen, 1938; Bogumil, K., Das Bistum Halberstadt im 12. Jahrhundert, 1972;
Schrader, F., Ringen, Untergang und Überleben der katholischen Klöster in den
Hochstiften Magdeburg und Halberstadt von der Reformation bis zum Westfälischen
Frieden, 1977; Militzer, K./Przybilla, P., Stadtentstehung, Bürgertum und Rat.
Halberstadt und Quedlinburg bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts, 1980; Maseberg,
G., Halberstadt zur Zeit der Befreiungskriege, 1988; Bogumil, K., Halberstadt,
LexMA 1989, 1870ff. ; Repertorium der Policeyordnungen der frühen Neuzeit, hg.
v. Härter, K./Stolleis, M., Bd. 2 1998: Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 538, 1, 2, 246.
Hannover (Fürstentum, Herzogtum, Kurfürstentum, Königreich, Provinz, Land, Residenz). Am Übergang der
Straße von Hildesheim nach Bremen über die Leine entstand vor 1100 die um 1150
erwähnte Siedlung (vicus) Honovere, die durch Heinrich den Löwen so gefördert
wurde, dass sie 1189 als civitas (Stadt?) bezeichnet werden konnte. Seit
1235/1241 gehörte sie durch Erwerb von den Grafen von Roden den Herzögen von
Braunschweig-Lüneburg. Ansatzpunkt für das Land H. wurde dann die mittlere
Linie des Hauses Braunschweig-Lüneburg. Ihr unterstanden unter dem Namen Braunschweig-Celle
Lüneburg und Celle mit H. und Harburg. 1582 erwarb sie die Reichsgrafschaft
Hoya, 1585 die Reichsgrafschaft Diepholz. 1617 sprach Kaiser Matthias das
Herzogtum Grubenhagen Braunschweig-Wolfenbüttels zu. Nach dem Aussterben
Braunschweig-Wolfenbüttels (1634) fielen Wolfenbüttel sowie die
Reichsgrafschaft Regenstein und Blankenburg an die durch August von
Braunschweig-Lüneburg († 1666) begründete Linie. Die Herzogtümer Calenberg und
Göttingen sowie die Güter der 1642 ausgestorbenen Linie Harburg kamen 1635/1636
an seine Neffen Friedrich († 1648) und Georg († 1641), welche die Stadt H.
zwangen, Hofstaat und Soldaten aufzunehmen. 1648 erhielten die Lüneburger das
Kloster Walkenried, das sie gegen Dannenberg an Braunschweig gaben. 1636
verlegte Herzog Georg seine Residenz nach H. Herzog Ernst August (Regent seit
1679, † 1698) erwarb 1689 das Herzogtum Sachsen-Lauenburg und erreichte
1692/1708 die Erhebung zum Kurfürsten (Kurbraunschweig, später Kurhannover).
Sein Sohn erlangte 1700 die Herrschaft Wildeshausen und vereinigte nach dem
Tode seines Onkels und Schwiegervaters Georg Wilhelm von Braunschweig-Celle
(1705) alle nichtbraunschweigischen Güter der Welfen (Calenberg-Göttingen,
Grubenhagen, Lüneburg). 1714 begann auf Grund einer Sukzessionsakte von 1701 -
Herzog Ernst Augusts Gemahlin Sophie von der Pfalz war Enkelin des englischen
Königs Jakob I. - eine bis 1837 währende Personalunion mit
England/Großbritannien. 1720 wurden durch Kauf die Herzogtümer Verden und
Bremen von Schweden erworben, 1731 das Land Hadeln und 1741 das Amt Blumenthal
und das Gericht Neuenkirchen gegen Abtretung Vegesacks an die Reichsstadt
Bremen. Damit war insgesamt ein Herrschaftsgebiet von rund 700 Quadratmeilen
mit 750000 Einwohnern geschaffen, für das der Kurfürst sechs Stimmen im
Reichsfürstenrat (Calenberg, Celle, Grubenhagen, Bremen, Verden,
Sachsen-Lauenburg) und drei Stimmen im westfälischen Reichsgrafenkollegium
(Hoya, Diepholz, Spiegelberg [, Hallermunt an Graf Platen überlassen]) sowie 5
Stimmen im niedersächsischen Reichskreis (Celle, Grubenhagen, Calenberg,
Sachsen-Lauenburg, Bremen), 3 Stimmen im niederrheinisch-westfälischen
Reichskreis (Hoya, Diepholz, Spiegelberg) und 1 Stimme im obersächsischen
Reichskreis (Walkenried) hatte. 1737 gründete H. die Landesuniversität
Göttingen. 1752 gewann es die Pfandherrschaft über die Reichsgrafschaft
Bentheim. Dazu kam die Schirmherrschaft über die Stadt Hildesheim, die
Reichsstadt Goslar und die Reichsabtei Corvey. 1801/1802 war H. von Preußen
besetzt. 1803 erhielt es durch § 4 des Reichsdeputationshauptschlusses für
seine Ansprüche auf die Grafschaft Sayn-Altenkirchen Hildesheim, Corvey und
Höxter sowie für seine Rechte und Zuständigkeiten in den Städten Hamburg und
Bremen und die Abtretung des Amtes Wildeshausen das Hochstift Osnabrück, wurde
aber durch Erwerbungen Preußens in Westfalen von diesem umklammert. Von 1803
bis 1813 war es von Frankreich besetzt (Regierung zuerst in Lauenburg, dann in
Schwerin im Exil), 1806 für wenige Monate Preußen einverleibt. Von 1807 bis
1813 gehörte der südliche Teil Hannovers mit Göttingen, Grubenhagen und
Clausthal zum Königreich Westphalen, vom 10. 12.
1810 bis 1813 der nördliche Teil unmittelbar zu Frankreich. Seit dem 12. 10.
1814 war H. ein Königreich, das 1815 um
Osnabrück, Emsland, Lingen, Meppen, Ostfriesland (im Tausch mit Preußen gegen
Lauenburg), Hildesheim, Goslar und das Untereichsfeld vergrößert und um
Lauenburg verkleinert wurde. 1819 wurde eine Verfassung eingeführt, die 1833
durch ein neues Staatsgrundgesetz ersetzt wurde (bis 1837, hannoverscher
Verfassungskonflikt), das seinerseits 1840/1848 reformiert wurde. Die nach
1848 geschaffene Justizorganisation (Amtsgericht, Obergericht,
Oberappellationsgericht) beeinflusst die Gesetzgebung anderer
Bundesstaaten und wirkt sich noch auf die Reichsjustizgesetze von 1877/1879
aus. Am 20. 9./3. 10. 1866 wurde H. von Preußen annektiert. Am 1. 10. 1867
wurde die preußische Verfassung eingeführt. Der preußischen Provinz wurde 1922
die Grafschaft Pyrmont Waldecks und 1932 gegen Abtretung des Kreises Ilfeld an
die Provinz Sachsen der Kreis Grafschaft Schaumburg zugeteilt. Am 23. 8. 1946
wurde das Land H. wiedererrichtet, ging aber am 1. 11. 1946 in Niedersachsen
auf, dessen Hauptstadt die Stadt H. wurde.
L.: Wolff 436; Zeumer 554 II b 63, 10-12 (England); Großer Historischer
Weltatlas III 38 (1789) C1; Schnath, G./Lübbing, H./Engel, F., Niedersachsen,
(in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Bauer 1, 227; Havemann, W.,
Geschichte der Lande Braunschweig und Lüneburg, Bd. 1ff. 1853ff.; Oppermann,
H., Zur Geschichte Hannovers 1832-1860, Bd. 1f. 2. A. 1968; Heinemann, O. v.,
Geschichte von Braunschweig und Hannover, Bd. 1f. 1884ff.; Hassell, W. v.,
Geschichte des Königreiches Hannover, Bd. 1ff.
1898ff.; Meier, E. v., Hannoversche Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte
1680-1860, Bd. 1f. 1898ff.; Loewe, V., Bibliothek der hannoverschen und
braunschweigischen Geschichte, 1908; Tecklenburg, A./Dageförde, K., Geschichte
der Provinz Hannover, 3. A. 1921; Topographische Landesaufnahme des Kurfürstentums
Hannover 1764-1786, Begleitwort v. Wagner, H., 1924; Wolters, G., Das Amt
Friedland und das Gericht Leineberg, 1927; Schnath, G., Die kurhannoverische
Landesaufnahme 1764-86, Hannov. Magazin 7, 1931; Schnath, G., Die
kurhannoverische Landesaufnahme des 18. Jh. und ihre Kartenwerke, Mitt. des
Reichsamts für Landesaufnahme 1933-1934; Busch, F., Bibliothek der
niedersächsischen Geschichte 1908-32, 1938; Schnath, G., Geschichte Hannovers
im Zeitalter der neunten Kur und der englischen Sukzession 1674-1714, Bd. 1ff.
1938-1982; Schnath, G., Geschichtlicher Handatlas Niedersachsens, 1939;
Mundhenke, D., Das Patrimonialgericht Adelebsen, 1941; Niedersächsischer
Städteatlas, Abt. 2 1933-1935, 1953; Die Kurhannoversche Landesaufnahme des 18.
Jahrhunderts, bearb. v. Engel, F., 1959; Schnath, G., Niedersachsen und
Hannover, 4. A. 1964; Kühlhorn, E., Ortsnamenlexikon für Südniedersachsen,
1964; Busch, S., Hannover, Wolfenbüttel und Celle. Stadtgründungen und
-erweiterungen in drei welfischen Residenzen vom 16. bis 18. Jahrhundert, 1969;
Hellfaier, D./Last, M., Historisch bezeugte Orte in Niedersachsen bis zur
Jahrtausendwende, 1976; Barmeyer, H., Hannovers Eingliederung in den
preußischen Staat: Annexion und administrative Integration, 1983; Dann, U.,
Hannover und England 1740-1760, 1986; Press, V., Kurhannover im System des
alten Reichs 1692-1803, 1986; Zimmermann, H., Hannover. Geschichte unserer
Stadt, 1986; Müller, S., Stadt, Kirche und Reformation, 1987; Müller, S.,
Hannover im 18. Jahrhundert, 1987; Hannover und sein Umland, hg. v. Hauptmeyer,
C., 1994; Hannovers Übergang vom Königreich zur
preußischen Provinz, hg. v. Sabelleck, R., 1995; Rechtsquellen aus den
hannoverschen Landen, hg. v. Oberschelp, R., 1999; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 2, 250; Roolfs,
C., Der hannoversche Hof von 1814 bis 1866, 2005; Thompson, A., Britain,
Hanover and the Protestant Interest 1688-1756, 2006; Kempf, S., Wahlen zur
Ständeversammlung im Königreich Hannover
1848-1866, 2007; Boetticher, E. v., Die Justizorganisation im Königreich Hannover nach 1848 und ihre
Ausstrahlungskraft auf die Staaten des .Deutschen Bundes und das Reich bis
1879, 2014;Köster, F., Das Ende des Königreichs
Hannover und Preußen, 2013.
Hennegau (Gau bzw. Grafschaft), frz. Hainaut. Der
erstmals 750 (Hainoavio) genannte, karolingische, nach dem Flüsschen Haine
benannte, den Süden des damaligen Bistums Cambrai östlich der oberen und
mittleren Schelde umfassende Gau H. fiel mit den Reichsteilungen des 9.
Jahrhunderts an Lothringen. In spätkarolingischer Zeit war der H. eine
Grafschaft um Mons, welche die in weiblicher Linie von Kaiser Lothar I.
abstammenden Reginare innehatten, die von 911 bis 939/944 Herzöge von
Niederlothringen waren und sich nach 998 in Bergen (Mons) eine Residenz
schufen. 1051 fiel der H. nach dem Aussterben der Reginare (1030) über die
Gräfin Richilde an die Grafen von Flandern und wurde von 1070 bis 1191 von
einer Nebenlinie der Balduine beherrscht. 1188 belehnte Kaiser Friedrich I.
Barbarossa die Grafen mit der Grafschaft Namur. 1191 wurde die Grafschaft durch
die Heirat Graf Balduins V. von H. mit Margarete von Flandern, der Schwester
Philipps von Elsass, wieder mit Flandern verbunden. Nach dem Tode der Töchter
Johanna (1205-1244) und Margarethe von Flandern (1244-1280) kam es zu
Erbstreitigkeiten zwischen den Häusern Avesnes (Graf Johann von Avesnes war
illegitimer Enkel Margarethes) und Dampierre. H. fiel an Avesnes, das 1299 auch
die Grafschaft Holland erhielt und 1323 Seeland besetzte. Über Kaiser Ludwig
des Bayern Gemahlin und Johann von Avesnes' Enkelin Margarethe fielen die
Grafschaft H. und Holland 1346 an das Haus Wittelsbach (Bayern) und von diesem
durch Verzicht der Urenkelin Ludwigs des Bayern 1433 an die Herzöge von
Burgund. Seit 1477 gehörten sie auf Grund der Heirat des Habsburgers Maximilian
mit Maria von Burgund zu Habsburg, dessen spanische Linie (Spanien) von 1555
bis 1701/1713 und dessen österreichische Linie (Österreich) von 1713 bis
1792/1794 herrschte. 1678 wurde allerdings der südliche Teil an Frankreich
abgetreten. Vergrößert um Teile der Provinzen Brabant und Lüttich sowie um
Stadt und Land Tournai wurde der übrige Teil 1794 zum französisch beherrschten
Département Jemappes, das als H. 1815 an das Königreich
der Vereinigten Niederlande und 1830 an Belgien kam.
L.: Wolff 61; Wallner 701 BurgRK 1; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378)
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Heinia, Heinau, Gau um Valenciennes, Wambaix, Douchy-les-Mines bzw. Douchy,
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Hainaut; Polenz, P. v., Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, II, 17, 21, 22,
24, 41, 45, 47, III, 32, Hainau, Heinegouwe, Heinia, Haginao, pagus Hainensis,
pagus Hainoensis, Hennegau; Hainaut d'hier et d'aujourd'hui, l 1962; Bruwier,
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Herford (Reichsstadt). Die im Anschluss an das
adlige, reichsunmittelbare Frauenstift H. entstandene Siedlung besaß seit etwa
1170 oder 1180 Stadtrecht. Die Reichsunmittelbarkeit der ab 1520 evangelisch
gewordenen Stadt wurde 1631 durch Urteil des Reichskammergerichts bestätigt,
obwohl der Ort 1547 durch Urteil des Reichskammergerichts Jülich-Berg
unterstellt worden war. Seit 1647/1652 stand die Stadt aber unter der Hoheit
Brandenburgs bzw. Preußens, das H. als Erbe von Jülich-Berg-Ravensberg 1647 bis
1650 und 1652 endgültig besetzte. 1810/1811 kam H. zum Königreich
Westphalen, 1815 wieder zu Preußen und 1946 zu Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 320; Korte, F., Die staatsrechtliche Stellung von Stift und Stadt
Herford vom 14.-17. Jahrhundert, Jahresberichte d. hist. Ver. f. Gfsch.
Ravensberg 58, 1ff.; Pape, R., Über die Anfänge Herfords, Diss. phil. Kiel
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Herforder Verein f. Heimatkunde, Bd. 1ff. 1982ff.; 1200 Jahre Herford - Spuren
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Stadt Herford. Vollständige Faksimile-Ausgabe im Orginal-Format der
illuminierten Handschrift aus dem 14. Jahrhundert, hg. v. Helmert-Corvey, T.,
1989;Meineke, B., Die Ortsnamen des Kreises Herford, 2011.
Hessen (Grafschaft, Landgrafschaft, Land,
Bundesland). In unsicherem Zusammenhang mit dem zwischen Lahn, Main, Werra,
Fulda und Eder bezeugten germanischen Stamm der (fränkischen?) Chatten
erscheint im 8. Jahrhundert für einen kleinen Stamm an der unteren Fulda der
Name Hessi (738). Unabhängig hiervon geriet dieser Raum seit dem 4. Jahrhundert
in den Einflussbereich der Franken, die seit dem 6. Jahrhundert in das von
ihnen bald dicht besiedelte Rhein-Main-Gebiet eindrangen und anschließend unter
Übernahme und Ausbau der Festungen Glauburg, Amöneburg, Christenberg und
Büraburg nach Nordosten gegen die Sachsen vorstießen. Durch Bonifatius wurde
das Gebiet seit der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts christianisiert (723
Fällung der Donareiche bei Hofgeismar). Die drei wichtigsten Klöster Fritzlar,
Hersfeld und Fulda wurden noch im 8. Jahrhundert Reichsabteien. Das den
Rupertinern um die Mitte des 9. Jahrhunderts folgende Grafenhaus der Popponen
oder Konradiner stand so fest in karolingischer Tradition, dass es nach
erfolgreicher Auseinandersetzung mit den Babenbergern beim Aussterben der
Karolinger 911 mit Konrad I. für kurze Zeit zur Königswürde gelangte. Unter den
sächsischen Ottonen wurde das Gebiet durch Grafen verschiedener Herkunft im
Auftrag des Königs verwaltet und die konradinische Stellung vermindert. Unter
den Saliern hatten die aus dem schwäbisch-alemannischen Raum kommenden Grafen
Werner, die als Bannerträger des Reichsheeres eine hohe Reichsstellung
einnahmen, die Grafschaft inne (1024-1121). Seit Anfang des 12. Jahrhunderts
trat der Erzbischof von Mainz mit immer größeren Erwerbungen hervor, brachte
Amöneburg, Fritzlar und Hofgeismar an sich und war Lehnsherr der Grafschaft H.
1121 übernahmen als Erben der Grafen Werner die Gisonen (Grafen von
Gudensberg), 1122 über die gisonische Erbtochter Hedwig die Ludowinger die
Grafschaft. 1130 wurden die Ludowinger Landgrafen von Thüringen und behandelten
H. (Gebiet um Gudensberg südwestlich von Kassel und Maden, dem Sitz des
Hauptgerichts der Grafschaft H., im Gegensatz zum Gebiet um Marburg, das
zunächst Land an der Lahn hieß,) als Nebenland, so dass im Norden allmählich
eine Reihe verhältnismäßig selbständiger Herrschaften und Grafschaften
entstehen konnte (Ziegenhain, Waldeck, Wittgenstein, Nassau, Diez, Runkel,
Limburg, Katzenelnbogen, Eppstein), während im Rhein-Main-Gebiet die Staufer
eine unmittelbare Reichsherrschaft aufzubauen versuchten, die nach dem
Interregnum (1254-1273) in zahlreiche Kleinherrschaften zerfiel (u. a. Hanau,
Solms, Büdingen). 1247 starben die ludowingischen Landgrafen von Thüringen mit
Landgraf Heinrich Raspe im Mannesstamm aus. Landgräfin Sophie (Tochter Landgraf
Ludwigs von Thüringen, Gemahlin Heinrichs von Lothringen und Brabant, Nichte
Landgraf Heinrich Raspes) vermochte im thüringisch-hessischen Erbfolgekrieg
(1247-1264) mit dem Hause Wettin (Markgrafen von Meißen) und gegen den
Widerstand des Erzbischofs von Mainz H. als eigene Landgrafschaft mit Sitz in
Kassel von Thüringen zu lösen und mit den Werrastädten Eschwege und
Witzenhausen für ihren 1244 geborenen Sohn Heinrich das Kind zu behaupten, der
1265 zu den bisherigen Gütern zwischen Wolfhagen, Zierenberg, Eschwege,
Wanfried, Alsfeld, Grünberg, Frankenberg und Biedenkopf einen Teil der
Grafschaft Gleiberg mit Gießen von den Pfalzgrafen von Tübingen erwarb und sich
seinerseits in langen Kämpfen gegen den Erzbischof von Mainz durchsetzte. Am
11. 5. 1292 wurden die Landgrafen von H. durch König Adolf von Nassau auf Grund
der Eschweger Güter in den Reichsfürstenstand erhoben. Nach zahlreichen
kleineren Erwerbungen im 13. Jahrhundert (1294 Schartenberg, 1297 Grebenstein)
und im 14. Jahrhundert (1305 Trendelburg, 1306 Wanfried, 1330 (Hofgeismar)
Geismar, 1350 Kirchhain, 1350 Spangenberg, 1358 Romrod, 1365 Tannenberg) erlitt
der Aufstieg Hessens, das 1308 bis 1311 kurzfristig in Oberhessen und
Niederhessen geteilt war, im 14. Jahrhundert durch andauernde Kämpfe mit dem
Adel einen schweren Rückschlag, dem es durch die von Kaiser Karl IV. bestätigte
Erbverbrüderung mit den Markgrafen von Meißen (Kursachsen) vom 9. 6. 1373
begegnete, durch welche die ganze Landgrafschaft reichslehnbares Fürstentum
wurde. Zugleich wurden die H. durchsetzenden Gebiete der Grafen von Dassel,
Bilstein, Everstein und Itter und der Herren von Treffurt allmählich
aufgesogen. Unter Landgraf Ludwig I. (1413-1458) gelang es 1439, die
Erbvereinigung mit der Grafschaft Wittgenstein zu vollziehen, die Grafschaften
Waldeck (1431/1438), Lippe (1449) und Rietberg in Westfalen (1456) zu
hessischen Lehen zu machen, die Herrschaft Schöneberg zu erwerben sowie die
Grafschaft Ziegenhain an der mittleren Schwalm und der oberen Nidda, die
zwischen den hessischen Gütern (Oberhessen um Marburg, Niederhessen um Kassel)
gelegen hatte, zu erwerben (1437/1450). Nach der Mainzer Stiftsfehde von 1461
bis 1463 musste der Erzbischof von Mainz die mainzischen Güter (Hofgeismar,
Schöneberg, Gieselwerder, Battenberg, Kellerberg, Rosenthal (Rosental), Mellnau
(Melnau), halb Wetter) an H. verpfänden und 1583 außer Amöneburg-Neustadt und
Fritzlar-Naumburg aufgeben. 1432 geriet die Reichsabtei Hersfeld, 1438 Fritzlar
und 1434 Corvey unter hessische Schutzherrschaft. Bis ins 16. Jahrhundert kamen
auch Fulda und Arnsburg unter kaiserliche Vormundschaft. 1479 fiel durch Heirat
die Grafschaft Katzenelnbogen an, durch die H. den Rhein (Rheinfels, Sankt
Goar, Braubach) und den Main (Rüsselsheim, Darmstadt) erreichte. Die 1458
erfolgte Teilung Hessens in Hessen-Marburg und Hessen-Kassel, während der das
große hessische Landgesetz von 1497 (Hessen-Marburg) und 1500 (Hessen-Kassel)
aufgezeichnet wurde, war nur vorübergehend (bis 1500). 1524 trat Philipp der
Großmütige zum Luthertum über, 1526 wurde die Reformation eingeführt, 1527 die
Universität Marburg als erste protestantische Universität gegründet und wurden
zugleich die hessischen Klöster säkularisiert. Nach dem Tode Philipps des
Großmütigen (1567) wurde allerdings H. unter seine vier Söhne aufgeteilt.
Wilhelm IV. erhielt Hessen-Kassel mit rund 88 Quadratmeilen (etwa die Hälfte
Hessens), Ludwig IV. Hessen-Marburg (etwa ein Viertel Hessens), Philipp der
Jüngere mit ca. 1300 Quadratkilometern und 20000 Einwohnern Hessen-Rheinfels
und Georg I. Hessen-Darmstadt (etwa je ein Achtel Hessens). Philipp der Jüngere
starb 1583 erbenlos. Seine Güter wurden unter Hessen-Kassel (Niedergrafschaft
Katzenelnbogen), Hessen-Marburg (Lissberg, Ulrichstein, Itter) und
Hessen-Darmstadt (Schotten, Stornfels, Homburg vor der Höhe) aufgeteilt. 1604
starb Ludwig IV. von Hessen-Marburg. Von seinen Gütern fiel nach langjährigen
Auseinandersetzungen 1648/1650 die nördliche Hälfte mit Marburg an
Hessen-Kassel, die südliche an Hessen-Darmstadt. Hessen-Kassel erhielt den
Vorrang im Reichstag. Hessen-Darmstadt, das 1607 die Landesuniversiät Gießen
gründete und von dem sich von 1609 bis 1643 Hessen-Butzbach und 1622 das 1866
erloschene Hessen-Homburg abzweigten, erwarb 1736 die Grafschaft
Hanau-Lichtenberg, überzog aber durch prunkvolle Hofhaltung bei weitem seine Mittel.
1803 erreichte es im Reichsdeputationshauptschluss zum Ausgleich des Verlustes
von Hanau-Lichtenberg (40 Quadratmeilen mit 100000 Einwohnern) Teile des
Erzstiftes Mainz und der Pfalz, das zum Erzstift Köln gehörige Herzogtum
Westfalen (Brilon, Arnsberg, bis 1815) sowie Friedberg (insgesamt 100
Quadratmeilen mit 218000 Einwohnern), so dass das Land nunmehr 175
Quadratmeilen mit 520000 Einwohnern umfasste. Von Baden tauschte es Wimpfen
ein. 1806 fielen die Grafschaft Erbach und reichsritterschaftliche Gebiete an
das in die Provinzen Starkenburg, Oberhessen und Westfalen gegliederte Land.
Der Beitritt zum Rheinbund brachte 1806 die Erhebung zum Großherzogtum. 1815
erhielt Hessen-Darmstadt für die Abgabe Westfalens an Preußen das Fürstentum
Isenburg-Birstein (Offenbach), Worms, Alzey und Bingen, 1816 die Festung Mainz.
Insgesamt umfasste das Land damit 152,75 Quadratmeilen mit 720000 Einwohnern.
Seit 1816 nannte sich der Landesherr Großherzog von H. und bei Rhein. 1866
musste Hessen-Darmstadt das seit 1622 einer Nebenlinie zugehörige
Hessen-Homburg sowie die Kreise Biedenkopf und Vöhl an Preußen abtreten und
sich dem Norddeutschen Bund anschließen. 1871 wurde es Bundesstaat des
Deutschen Reiches. Von 1918 bis 1945 war Hessen-Darmstadt unter dem Namen
Volksstaat H. ein Freistaat, in dem 1933 die Nationalsozialisten die Macht
übernahmen. Das unter dem Sohn Wilhelms IV., Moritz, 1604 calvinistisch
gewordene Hessen-Kassel, von dem sich Hessen-Rotenburg, Hessen-Eschwege (bis
1655), Hessen-Philippsthal (1686-1713) und Hessen-Barchfeld abzweigten, erwarb
1647/1648 die Grafschaft Schaumburg, 1648 Hersfeld sowie 1736 die Grafschaft
Hanau-Münzenberg. Durch den Reichsdeputationshauptschluss von 1803 erlangte es
außer der Kurfürstenwürde (Kurhessen) nur einzelne mainzische Güter. 1807 wurde
es mit 145 Quadratmeilen und 393000 Einwohnern von Frankreich besetzt und
weitgehend dem Königreich Westphalen
einverleibt. 1813/1815 wurde es wiederhergestellt und erhielt für die
Niedergrafschaft Katzenelnbogen das Hochstift Fulda und 1816 Teile Isenburgs.
Den Titel Kurfürst behielt der Landesherr trotz Untergangs des Heiligen
römischen Reiches und der dazu gehörigen Kaiserwahl bei. Am 1. 8. 1866 wurde
Hessen-Kassel infolge seines Übertritts auf die österreichische Seite von
Preußen annektiert (Regierungsbezirk Kassel der Provinz Hessen-Nassau). Am 19.
9. 1945 wurden die preußischen Provinzen Nassau (Hessen-Nassau) und Kurhessen
(ohne die Kreise Sankt Goarshausen, Unterlahn [Unterlahnkreis], Unterwesterwald
[Unterwesterwaldkreis] und Oberwesterwald [Oberwesterwaldkreis], die zu
Rheinland-Pfalz kamen,) auf eigenen Wunsch durch Proklamation der
amerikanischen Militärregierung mit den rechtsrheinischen Teilen des
Volksstaates H. zu Großhessen vereinigt. Großhessen wurde am 1. 12. 1946 in Land
H. umbenannt. Die Familie der Landgrafen von Hessen erlosch 1875 im Zweig
Hessen-Kassel und 1968 im Zweig Hessen-Darmstadt, lebt aber in den Linien
Hessen-Rumpenheim und Battenberg/Mountbatten fort.
L.: Wolff 251ff.; Großer Historischer Weltatlas II 34 (1138-1254) F3, II 66
(1378) E3, II 78 (1450) F3; Demandt, K., Die Mittelrheinlande, (in) Geschichte
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Hessen-Kassel (Landgrafschaft, Kurfürstentum
Kurhessen). Kassel erscheint als Chassalla, Chassella (zu lat. castellum)
erstmals 913 und ist vermutlich wenig früher von den Konradinern gegründet
worden. König Heinrich II. schenkte 1008 den Königshof seiner Gemahlin
Kunigunde, die damit das Kloster Kaufungen ausstattete. Noch 1154 wurde Kassel
als Reichsgut bezeichnet. Bald danach unterstand es den Landgrafen von
Thüringen. 1189 wurde Kassel civitas genannt. 1277 wurde es Sitz der Landgrafen
von Hessen, die in Kassel eine neue Burg errichteten. 1373 wurden Altstadt,
Unterneustadt und Freiheit vereinigt. In der zweiten Hälfte des 15.
Jahrhunderts war Kassel Sitz der Landgrafschaft H. (1458-1500), die wieder in
Hessen aufging. Seit dem Anfang des 16. Jahrhunderts war es Verwaltungsmittelpunkt
Hessens. Bei der Erbteilung nach Landgraf Philipp dem Großmütigen 1567 erhielt
Wilhelm IV. etwa die Hälfte Hessens mit Kassel als Residenz. 1571 gewann er die
Herrschaft Plesse, 1582 die Hoyaer Ämter Uchte und Freudenberg. 1583 erwarb H.
von Hessen-Rheinfels die Niedergrafschaft Katzenelnbogen. 1604 wurde Landgraf
Moritz unter dem Einfluss Graf Johanns von Nassau-Dillenburg calvinistisch.
Deswegen kam es beim Tode Ludwigs IV. von Hessen-Marburg 1604 zum hessischen
Erbfolgestreit, in dessen Folge unter anderem in Gießen eine lutherische
Universität als Nachfolgerin des calvinistisch gewordenen Marburg gegründet
wurde. Im Ergebnis behielt Hessen-Kassel 1648/1650 den nördlichen Teil
Hessen-Marburgs mit Marburg und erlangte endgültig Hersfeld. Zuvor hatte es
1640 die Grafschaft Schaumburg erworben. 1736 fiel ihm die Grafschaft
Hanau-Münzenberg an (u. a. mit Nauheim). 1800 umfasste es ein Gebiet von etwa
170 Quadratmeilen. Mit Völkershausen, Martinroda, Willmanns, Wölferbütt und
Altengronau gehörte Hessen-Kassel dem Kanton Rhön-Werra des Ritterkreises
Franken, mit dem Lindentaler Hof dem Kanton Mittelrheinstrom des Ritterkreises
Rhein an. Außerdem war es um 1806 Mitglied im Kanton Odenwald. Durch § 7 des
Reichsdeputationshauptschlusses vom 25. 2. 1803 erlangte es für Sankt Goar und
Rheinfels sowie seine Ansprüche auf Corvey außer der Kurwürde nur einzelne
mainzische Güter (Ämter Fritzlar, Naumburg, Neustadt und Amöneburg, Kapitel
Fritzlar und Amöneburg, die Klöster in diesen Kapiteln) sowie die
(Reichs-)Stadt Gelnhausen und das Reichsdorf Holzhausen (Burgholzhausen).
Danach nannte sich der Landgraf von H. Kurfürst von Hessen. 1806/1807 wurde H.,
da es nicht dem Rheinbund beigetreten war, von Frankreich besetzt und dem Königreich Westphalen (Hauptstadt Kassel) einverleibt.
1813/1815 wurde es wiederhergestellt und erhielt für die Niedergrafschaft
Katzenelnbogen das Großherzogtum Fulda und Teile Isenburgs. Den Titel Kurfürst
behielt der Landesherr (trotz Untergangs des Heiligen Römischen Reichs und
seines Wahlrechts [Kurrechts der Kurfürsten]) bei. 1831 wurde eine Verfassung
erlassen. Durch preußisches Gesetz vom 20. 9. 1866 wurde H. wegen der
Unterstützung Österreichs in der misslungenen Bundesexekution des Jahres 1866
gegen Preußen von Preußen annektiert und Teil der preußischen Provinz
Hessen-Nassau wurde (Hauptstadt Kassel). Die damit preußischen Gebiete gingen
am 19. 9. 1945 im Wesentlichen in Großhessen und damit in Hessen auf. Die Linie
Hessen-Kassel erlosch 1875.
L.: Wolff 254; Zeumer 553 II b 27; Wallner 694 OberrheinRK 1; Großer
Historischer Weltatlas III 22 (1648) D3, III 38 (1789) C1; Winkelmann-Holzapfel
152f.; Riedenauer 129; Landau, G., Die hessischen Ritterburgen und ihre
Besitzer, Bd. 1ff. 1832ff., Neudruck 2000; Piderit, F., Geschichte der Haupt-
und Residenzstadt Cassel, 2. A. 1882; Brunner, H., Geschichte der Residenzstadt
Cassel, 1913; Losch, P., Geschichte des Kurfürstentums Hessen 1803-66, 1922;
Anhalt, E., Der Kreis Frankenberg. Geschichte seiner Gerichte, Herrschaften und
Ämter von der Urzeit bis ins 19. Jahrhundert, 1928; Meisenträger, M./Krug, E.,
Territorialgeschichte der Kasseler Landschaft, 1935; Schröder-Petersen, A., Die
Ämter Wolfhagen und Zierenberg. Ihre territoriale Entwicklung bis ins 19.
Jahrhundert, 1936; Stengel, E., Johann Georg Schleensteins Landesaufnahme der
Landgrafschaft Hessen-Kassel, Hessenland 44 (1933), und (in) Stengel, E.,
Abhandlungen und Untersuchungen zur hessischen Geschichte, 1960; Demandt, K.,
Geschichte des Landes Hessen, 1959, 2. A. 1972, Neudruck 1980; Kissel, O.,
Neuere Territorial- und Rechtsgeschichte des Landes Hessen, 1961; Speitkamp,
W., Restauration als Transformation. Untersuchungen zur kurhessischen
Verfassungsgeschichte 1813-1830, 1986; Akten und Dokumente zur kurhessischen
Parlaments- und Verfassungsgeschichte 1848-1866, hg. v. Seier, H., 1987;
Hollenberg, G., Die hessen-kasselischen Landstände im 18. Jahrhundert, 1988,
Hessisches Jb. f. LG. 38 (1988); Grothe, E., Verfassungsgebung und
Verfassungskonflikt, 1996; Wegner, K., Kurhessens Beitrag für das heutige
Hessen, 1999; Philippi, H., Die Landgrafschaft Hessen-Kassel 1648-1806, 2007;
Ebert, J., Domänengüter im Fürstenstaat, 2013.
Hildesheim (Hochstift, Residenz). Vermutlich
bestand bereits im 8. Jahrhundert am Übergang des Hellweges über die Innerste
eine Siedlung, die dann nach dem Personennamen Hiltwin benannt wurde. Um 815
gründete Ludwig der Fromme das Bistum H. (Bischof Gunthar), das zur
Kirchenprovinz Mainz gehörte. Im Frühmittelalter gewann es durch königliche
Gunst reiche Güter (u. a. an der Mosel, im Odenwald, an der Bergstraße,
Grafschaft im Harzgau). Im Süden des Bistums erlangten die Bischöfe im 13.
Jahrhundert an Leine und Oker die Landeshoheit (Dassel am Solling, daneben Peine).
In der Hildesheimer Stiftsfehde (1519-1523) verloren sie die meisten Güter an
die Herzöge von Braunschweig-Lüneburg. Während diese Güter protestantisch
wurden, behauptete sich im verbliebenen sog. Kleinen Stift (Stadt H., Ämter
Peine und Steuerwald, Domkapitelamt Marienburg, 9 Propsteidörfer, 12
landtagsfähige Güter) mit Ausnahme der Stadt H. und des Amtes Peine der
Katholizismus. 1643 durch Spruch des Reichshofrates wieder auf den alten Umfang
vergrößert, wurde das Hochstift nun meist mit Köln und den westfälischen
Bistümern in die Pfründenkombination des Hauses Wittelsbach einbezogen. Nach
der Säkularisation gehörte es mit 32 Quadratmeilen und 132000 Einwohnern von
1802 bis 1807 zu Preußen, von 1807 bis 1813 zum Königreich
Westphalen und seit 1813 zu Hannover. Mit diesem kam es 1866 an Preußen. Seit
1. 11. 1946 ist das Gebiet Teil des Landes Niedersachsen. Das Bistum H. kam
1992/1994 zur Erzdiözese Hamburg.
L.: Wolff 447f.; Zeumer 552 II a 14; Wallner 706 NiedersächsRK 11; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) F2, III 22 (1648) E2, III 38 (1789) D1;
Schnath, G./Lübbing, H./Engel, F., Niedersachsen, (in) Geschichte der deutschen
Länder, Bd. 1; Die Territorien des Reichs 3, 8; Bauer 1, 271; Doebner, R.,
Urkundenbuch der Stadt Hildesheim, Bd. 1-8 1881ff.; Janicke, K./Hoogeweg, H.,
Urkundenbuch des Hochstifts Hildesheim und seiner Bischöfe, Bd. 1ff. 1896ff.;
Bertram, A., Geschichte des Bistums Hildesheim, Bd. 1ff. 1899ff.; Müller, O.,
Die Entstehung der Landeshoheit der Bischöfe von Hildesheim, 1908; Gebauer, J.,
Geschichte der Stadt Hildesheim, Bd.1f. 1922ff.; Klewitz, H., Studien zur
territorialen Entwicklung des Bistums Hildesheim, 1932; Seeland, H., Kurzer
Abriss der Geschichte des Bistums Hildesheim, 1948; Gebauer, J., Die Stadt
Hildesheim, 1950; Niedersächsischer Städteatlas Abt. 2, Einzelne Städte, 1953;
Peters, W., Quellen zur Hildesheimer Landesgeschichte, 1964; Jan, H. v.,
Hildesheim, 1967; Das Bistum Hildesheim 1933-1945. Eine Dokumentation, hg. v.
Engfer, H., 1971; Gauß‘sche Landesaufnahme der durch Hannover erworbenen
Gebiete, bearb. v. Engel, F., 1. Fürstentum Hildesheim (Bl. 15), 1977; Die
Bistümer der Kirchenprovinz Mainz. Das Bistum Hildesheim Bd. 3: Die
Hildesheimer Bischöfe von 815-1221, bearb. v. Goetting, H., 1984,; Quellen zur
Geschichte der Stadt Hildesheim im Mittelalter, hg. v. Borck, H., 1986;
Heinemann, E., Im alten Hochstift, 1987; Plümer, I., Hildesheim, LexMA 5 1990,
16ff.; Klingebiel, T., Ein Stand für sich? Lokale Amtsträger in der frühen
Neuzeit, 2002; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W., 2003, 1, 543, 1, 2, 272; Plath, C., Konfessionskampf und fremde
Besatzung, 2005; Die Bistümer der Kirchenprovinz Mainz. Das Bistum Hildesheim
Bd. 4: Die Hildesheimer Bischöfe von 1221 bis 1398, bearb. v. Kruppa, N. u. a.,
2006; Zachlod, C., Die Staatsfinanzen des Hochstifts Hildesheim vom Ende des
siebenjährigen Krieges bis zur Säkularisation, 2007; Pischke, G. u. a.,
Hildesheim – von der Domburg zur Großstadt, 2014.
Holland (Grafschaft). Seit dem 10. Jahrhundert
sind im zunächst friesischen, seit 689 fränkischen Gebiet der Maasmündungen um
Dordrecht die friesischen Grafen von H. (Holtland, seit 1101 Bezeichnung der
Grafschaft) bezeugt. Gefördert von den deutschen Königen begannen die Grafen um
1000 ihre gegen die Herzöge von Niederlothringen und die Bischöfe von Utrecht
gerichtete Erweiterungspolitik. Hauptort der Grafschaft wurde Leiden, später
‚’s-Gravenhage (Den Haag). 1289 konnte Nordholland angegliedert werden. Beim
Aussterben des Geschlechts (1299) fielen die Güter (Amsterdam, Rotterdam,
Delft, Leiden, Alkmaar) an die verwandten Grafen von Hennegau, die Seeland
(Maasinseln und Scheldeinseln) hinzugewannen, von dort über Kaiser Ludwig des Bayern
Gemahlin Margarethe 1345 an das Haus Wittelsbach (Straubing-Holland), von dort
durch Abtretung nach langem Widerstand 1433 an die Herzöge von Burgund, 1477
über Maria von Burgund schließlich an Habsburg. 1579 entstand nach dem
niederländischen Aufstand gegen Habsburg/Spanien die Vereinigte Republik der
Niederlande, die dann vielfach auch als H. bezeichnet wurde. Während der ganzen
Zeit der Generalstaaten war H. führend. 1796 wurde es Mittelpunkt der
Batavischen Republik und gab von 1806 bis 1810 dem von Napoleon für seinen
Bruder errichteten Königreich H. den Namen. 1810
wurde das Gebiet Teil Frankreichs, 1815 Teil des Königreiches
der Vereinigten Niederlande.
L.: Wolff 69; Großer Historischer Weltatlas II 34 (1138-1254) E3, II 66 (1378)
C2, II 78 (1450) E3; Oppermann, O., Untersuchungen zur nordniederländischen
Geschichte, 1921f.; Blok, P., Geschiedenis van het Nederlandsche Volk, Bd. 1ff.
3. A. 1923ff.; Geschiedkundiger Atlas van Nederland, hg. v. Beekman, A.,
1913-1938; Reese, W., Die Niederlande und das deutsche Reich, 1941; Deventer,
J. van, De Kaarten van de nederlandsche provincien in de zestiende eeuw, hg. v.
Hoff, B. van t', 1941; Gosses, I., De vorming van het graafschap Holland, 1946;
De Genealogie der graven van Holland, 1954; Heger, E., Alfabetische
Plaatsnamenlijst van Nederland, 1958; Gysseling, M., Toponymisch Woordenboek,
1960, 504; Koeman, C., Collections and maps and atlases in the Netherlands:
their history and present state, 1961; Polenz, P. v., Landschafts- und
Bezirksnamen, 1961, II, 48, 52, 55, 72, 74, 96, III), 23, 32, Holtland,
Hollandri, Hollandrenses Bevölkerungsname; Pannekoek, A. u. a., Atlas of the
Netherlands, 1963ff.; Koch, A./Kruisheer, J., Oorkondenboek van Holland end
Zeeland tot 1299, 1970ff.; Algemene Geschiedenis der Nederlanden, Bd. 1ff.
1949ff., Neue Ausgabe 1980ff.; Cordfunke, Gravinnen van Holland, 1987; De
Hollandse stad in de dertiende eeuw, hg. v. Cordfunke u. a., 1988; De
Nederlanden in de late middeleeuwen, hg. v. Boer, D. de/Marsilje, J., 1987;
Blok, D./Blockmans, W., Holland, LexMA 5 1990, 90f.; Price, L., Holland, 1994;
Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 398.
Illyrien (Königreich,
Provinz). I. ist im Altertum das von den Illyrern bewohnte Gebiet der östlichen
Adriaküste, das von 230 v. Chr. an allmählich dem römischen Reich eingegliedert
wurde (167 v. Chr. Teil der Provinz Gallia cisalpina). Im 4. nachchristlichen
Jahrhundert war I. einer der vier römischen Reichssprengel. 395 kam das Gebiet
zur westlichen Reichshälfte, fiel 537 aber an Byzanz. Im Mittelalter gehörte
das Gebiet zu verschiedenen Herrschaften, von denen Österreich allmählich
bestimmend wurde. 1809 musste Österreich Westkärnten, Krain, Görz, Triest,
Istrien, Fiume, Dalmatien und Kroatien an Napoleon I. abtreten, der diese
Gebiete als illyrische Provinzen Frankreich einverleibte. 1814 fielen sie an
Österreich zurück, das aus Kärnten, Krain, Görz, Triest und Istrien 1816 ein Königreich I. bildete, das 1849 in die Kronländer
Kärnten, Krain und Küstenland aufgelöst wurde. 1918 kam das Gebiet weitgehend
zu Jugoslawien und nach 1991/1995 an Slowenien und Kroatien.
L.: Großer Historischer Weltatlas III 40 c (1806-1812) D/E5, II 46 (1815) G/H4.
Istrien (Markgrafschaft). 177 v. Chr. eroberten
die Römer das Gebiet von I. und teilten es den Provinzen Italia und Illyricum
zu. 539 kam das Gebiet an Oststrom, 788 an das fränkische Reich. 952 fügte es
König Otto I. als Teil Friauls Bayern hinzu, löste es aber 976 als Herzogtum
zusammen mit Kärnten wieder. Seit dem 11. Jahrhundert wurde zu I. das Gebiet um
den Kvarner gerechnet (sog. Meranien). 1058 unterstand I. mit Krain dem
Markgrafen Ulrich von Weimar-Orlamünde. 1077 gab König Heinrich IV. die
Markgrafschaft I. an Aquileja, das I. erst 1209 tatsächlich von den seit 1173
als Markgrafen herrschenden Grafen von Andechs-Meranien erlangte und bis
1412/1430 an Venedig verlor. Das von der Markgrafschaft gelöste Inneristrien
kam als Grafschaft I. über die Grafen von Görz 1374/1381 an Österreich, die
anderen Gebiete (Küstenland) 1797 (1805 an Italien, von 1809 bis 1815 an
Frankreich). Der österreichische Anteil an I. umfasste die im Jahre 1500 durch
das Aussterben der Grafen von Görz an Österreich gefallene Grafschaft
Mitterburg mit den Städten Mitterburg (Pisino), Biben (Pedena), Galignano,
Berschetz, Lovrana und einigen Märkten und Klöstern und die im Jahre 1400 an
Österreich gekommene Herrschaft Castua. 1816 gelangte er als ein Teil des
Deutschen Bundes an das Königreich Illyrien
Österreichs und war seit 1849 Teil des Kronlandes Görz-Gradisca-Istrien
(Görz-Gradiska-Istrien). 1918/1920 kam I. an Italien, 1945/1947 an Jugoslawien
und 1991/1995 an Slowenien und Kroatien. In der Gegenwart versteht man unter I.
die Halbinsel südlich einer Linie vom Golf von Triest bis zum Kvarner.
L.: Wolff 32; Wallner 713 ÖsterreichRK 1; Großer Historischer Weltatlas II 34
G4; Lenel, W., Venezianisch-istrische Studien, 1911; Vergottini, G. de,
Lineamenti storici della costituzione politica dell' Istria durante il medio
evo, 1924f.; Pirchegger, H., Überblick über die territoriale Entwicklung
Istriens, (in) Erläuterungen zum historischen Atlas der österreichischen
Alpenländer, 1, 4, 1, 1927, 488ff.; Ferluga, J., Istrien, LexMA 5 1990, 792ff.
Italien (Halbinsel, Königreich).
Der 768 von König Karl dem Großen den Langobarden abgewonnene Teil Italiens,
den König bzw. Kaiser Otto der Große 951/962 wieder an das deutsche Reich zog
und in dem sich seit dem 11. Jahrhundert nach Selbständigkeit strebende
Kommunen entwickelten, zerfiel seit dem hohen Mittelalter in zahlreiche
Reichslehen (10 größere Herzogtümer und 250 kleine Lehen). Nach dem Scheitern der
Idee eines einheitlichen Imperiums unter der Herrschaft der Staufer stand I.
für drei Jahrhunderte im Zeichen verhältnismäßig selbständiger Mittelstaaten
mit teils fürstlicher oder quasifürstlicher Spitze (Visconti, Este, Gonzaga),
teils republikanischer Gestaltung (Venedig, Genua, Lucca, Siena), denen der
Kirchenstaat und das Königreich (beider)
Sizilien (mit Neapel) im Süden gegenüberstanden. Als dem Heiligen Römischen
Reich angehörige Teile Italiens galten vor allem: Fürstentum Carrara,
Fürstentum Castiglione, Fürstentum Comacchio, Fürstentum Correggio, Fürstentum
Doria, Herzogtum Ferrara, Herzogtum Finale, Herzogtum Florenz (Toscana),
Herzogtum Genua (leugnete Reichszugehörigkeit wurde aber zu Reichssteuern
herangezogen), Herzogtum Guastalla, Lucca (leugnete die Reichszugehörigkeit,
wurde aber zu Reichssteuern herangezogen), Herzogtum Mailand (Modena-Reggio),
Herzogtum Mantua, Herzogtum Massa, Herzogtum Mirandola, Herzogtum Modena,
Herzogtum Monaco, Herzogtum Montferrat, Neapel, Herzogtum Novellara, Herzogtum
Parma, Herzogtum Piacenza, Savoyen (Savoyen-Piemont, Reichsstand, der nicht
mehr zu den Reichstagen erschien, weil er sich für souverän hielt), Sizilien,
Soramo, Herzogtum Spinola, Toscana/Toskana sowie Venedig. Mit dem Zug
Frankreichs gegen die auf die Anjou gefolgte aragonesische Seitenlinie in
Neapel (1494) wurde I., in dem es in der Neuzeit 137 Bistümer gab, zum
Streitobjekt zwischen Frankreich und Spanien/Habsburg, in dem Spanien/Habsburg
die Vorherrschaft gewann. Nach dem Aussterben der spanischen Habsburger (1700)
erhielt nach dem spanischen Erbfolgestreit (1701-1713/1714) die spanische Linie
der französischen Bourbonen den Süden (Neapel, Sizilien), Österreich den Norden
(Mailand). Infolge des Aussterbens einheimischer Dynastien fielen Toskana und
Mantua an Österreich, Parma-Piacenza dagegen an Frankreich. Die verbleibenden
Herzöge von Savoyen-Piemont gewannen 1713 den Königstitel mit Sizilien, das sie
1720 gegen Sardinien tauschten (Königreich
Sardinien). 1731 bestanden 13 lombardische Reichslehen (u. a. Mailand, Mantua,
Montferrat, Mirandola, Gonzagische Fürstentümer), 19 ligurische Reichslehen (u.
a. Gebiete der Doria), 20 bononesische Reichslehen (u. a. Modena, Ferrara,
Gebiete der Spinola und der Doria), 10 toskanische Reichslehen (u. a. Florenz,
Piombino, Soramo, Comacchio) und 11 tirnisanische Reichslehen (u. a. Fürsten
von Massa, Malaspina). Zwischen 1734 und 1737 brach die Reichsitalienpolitik
zusammen (vgl. Calice, Veppo, Avulla, Spigno, Novi, Gavi, Palladio, Val di
Taro, Albano bzw. Albanum, Pavia, Angleria, Castro, Malgrate, Siena). Seit 1796
drang wiederum Frankreich in I. ein und errichtete verschiedene Republiken, die
später teils Frankreich eingegliedert wurden (Doria, Ferrara, Finale, Lucca,
Mirandola, Neapel, Novellara, Spinola, Soramo), teils in französisch
beherrschte Königreiche umgewandelt wurden. 1815
wurden Österreich (Lombardo-Venetien, Toskana, Modena) und die Bourbonen
(Neapel-Sizilien, Lucca, 1847 Parma-Piacenza) wieder nach I. zurückgeführt.
Piemont-Savoyen gewann Genua. Als Folge des erwachenden Nationalgefühls und des
sog. risorgimento kam es 1859 zum sardinisch-piemontesisch-französischen
Feldzug gegen Österreich, das 1859 die Lombardei räumen musste. 1860 wurden
Toskana, Modena, Parma und die Romagna an Sardinien (Sardinien-Piemont,
Piemont) angeschlossen, das seinerseits Savoyen an Frankreich abgeben musste.
Danach wurden die Bourbonen aus Neapel-Sizilien vertrieben. Auch die Marken und
Umbrien wurden Sardinien (Sardinien-Piemont, Piemont) angegliedert. Viktor Emanuel
II. nahm 1861 den Titel eines Königs von I. an. 1866 wurde Venetien
(Österreichs) gewonnen und 1860/1870 der Kirchenstaat bis auf geringe Reste
eingezogen. Am 23. Mai 1915 erklärte I. seinem Verbündeten Österreich-Ungarn
den Krieg und gewann danach Südtirol. S. a. Lombardei.
L.: Aretin, Das alte Reich 2, 92ff.; Punti essenziali toccanti la Commissione
Imperiale in Italia im Akt Plenipotenz 3 des Haus-, Hof- und Staatsarchivs
Wien; Moser, J., Compendium juris publici moderni imperii Romani oder Grundriß
der heutigen Staatsverfassung des Römischen Kayserthums, 1729; Overmann, A.,
Die Besitzungen der Großgräfin Mathilde von Tuscien nebst Regesten ihrer
Urkunden, 1892 (Diss.); Croce, B., Storia dell‘età barocca in Italia, 1929;
Goez, W., Italien im Mittelalter, Bd. 1f. 1942; Pieri, P., Il Rinascimento e la
crisi militare italiana, 1952; Landogna, F., Storia d‘Italia, 1957; Waley, D.,
Die italienischen Stadtstaaten, 1960; Storia d‘Italia, ed. Valeri, N. F., 2. A.
Bd. 1ff. 1965ff.; Kramer H., Geschichte Italiens, Bd. 1f. 1968; Volpe, Storia
d‘Italia, Bd. 1f. 1968ff.; Haverkamp, A., Herrschaftsformen der Frühstaufer in
Reichsitalien, 1970f.; Storia d'Italia, Bd. 1ff. 197ff.; Keller, H.,
Adelsherrschaft und städtische Gesellschaft in Oberitalien (9.-12. Jahrhundert),
1979; Schumann, R., Geschichte Italiens, 1983; Goez, W., Grundzüge der
Geschichte Italiens in Mittelalter und Renaissance, 1984; Fellner, F., Die
österreichische Geschichtsforschung über Italien, 1985; Italien-Ploetz.
Italienische Geschichte zum Nachschlagen, bearb. v. Schwarzkopf, J., 1986;
Haverkamp, A., Italien im hohen und späten Mittelalter, 1056-1454, Handbuch der
europäischen Geschichte, 2. A. 1987; Lill, R., Geschichte Italiens in der
Neuzeit, 4. A. 1988; Seidlmayer, M., Geschichte Italiens, 2. A. 1989;
Haverkamp, A., Italien, LexMA 5 1990, 705ff.; Die großen Familien Italiens, hg.
v. Reinhardt, V., 1992; Indice biografico italiano, hg. v. Nappo, T., Bd. 2ff.
1993; Chielloni, C. u. a., Italien, 3. A. 1995; Italien-Lexikon, hg. v.
Brütting, R., 1995; Die deutsche und italienische Rechtskultur, hg. v.
Mazzacane, A. u. a., 1995; Chittolini, G., Città, comunità e feudi regali,
1996; Pauler, R., Die deutschen Könige und Italien, 1997; Jones, P., The
Italian city-State, 1997; Reinhardt, V., Geschichte Italiens, 2003; Italy in
the Central Middle Ages 1000-1300, hg. v. Abulafia, D., 2004; Weber, C.,
Episcopus et princeps- italienische Bischöfe als Fürsten, Grafen und Barone vom
17. bis zum 20. Jahrhundert, 2010.
Ivrea (Stadt, Markgrafschaft). I. am Austritt
der Dora Baltea aus dem Aostatal wurde 100 v. Chr. als römische Kolonie
Eporedia gegründet. Später war es Sitz eines Herzogs der Langobarden, dann
Mittelpunkt einer Piemont und Ligurien umfassenden Mark eines Markgrafen der
Franken. 1015 ging die Macht an den Bischof über. Im 12. und 13. Jahrhundert
erlangte I. Selbständigkeit und wurde von kaiserlichen Vikaren und
italienischen Potentaten beherrscht. 1238 nahm Kaiser Friedrich II. die Stadt ein.
In der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts kam I. formell zur Markgrafschaft
der Markgrafen von Montferrat. Nach mehrfachem Herrschaftswechsel fielen Stadt
und Markgrafschaft seit dem 14. Jahrhundert (1313) an die Grafen von Savoyen.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 48a (1815-1866) B2; Hofmeister, A., Marken
und Markgrafschaften im italienischen Königreich,
1906, MIÖG-Ergänzungsbd. 7; Carandini, F., Vecchia Ivrea, 3. A. 1963; Sergi,
G., Ivrea, LexMA 5 1990, 841.
Jugoslawien (Königreich,
Volksrepublik). Im 5./6. oder 7. Jahrhundert wanderten die slawischen Serben
auf die Balkanhalbinsel ein. Sie wurden im 9. Jahrhundert christianisiert,
gerieten aber unter den Einfluss Bulgariens bzw. Ostroms. Um 1180 erkämpften
sie ein unabhängiges Fürstentum. Dieses fiel 1389/1459 an die Türken. 1830
entstand ein im Zuge von Freiheitsbestrebungen autonomes Erbfürstentum Serbien
unter osmanischer Oberhoheit, 1878 ein unabhängiger Staat, der sich 1882 in ein
Königreich umwandelte. Diesem schlossen sich
1918 die nordöstlich davon gelegenen Gebiete des Kaiserreichs
Österreich-Ungarn, die auch Italien als Preis für seinen Eintritt in den Ersten
Weltkrieg auf Seiten der Alliierten begehrte, an. Daraus entstand das Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen, das sich
1929 in Jugoslawien umbenannte. Am 29. 11. 1945 wurde es Republik, am 31. 1.
1946 Föderative Volksrepublik. Am 10. 2. 1947 wurde sein Gebiet um Teile
Italiens in Istrien und Dalmatien vergrößert, 1954/1975 erhielt es die Zone B
um Triest. Zum 26. 6. 1991 lösten sich Kroatien und Slowenien durch Erklärung
vom serbisch beherrschten J., später auch Bosnien-Herzegowina und Mazedonien
(Makedonien), so dass nur noch Serbien und Montenegro in J. verblieben. 1999
wurden die albanischen Bewohner des Amselfelds (Kosovo) von Serben vertrieben,
aber durch Kriegseinsatz des Nordatlantischen Verteidigungsbündnisses
zurückgeführt. Am 4. 2. 2003 wurde die Bundesrepublik J. aufgelöst und der
Staat Serbien-Montenegro begründet, der sich 2006 in Serbien sowie Montenegro
auflöste. 2008 trennte sich auch Kosovo mit westlicher Unterstützung von
Serbien. S. Dalmatien, Friaul, Görz, Gottschee, Herzegowina, Illyrien, Istrien,
Kärnten, Krain, Küstenland, Österreich, Steiermark, Triest.
L.: Als Mitteleuropa zerbrach. Zu den Folgen des Umbruchs in Österreich und
Jugoslawien nach dem Ersten Weltkrieg, hg. v. Karner, S./Schöpfer, G., 1990;
Suppan, A., Zwischen Adria und Karawanken, 1998; Dérens, J./Samary, C.,
Jugoslawien von A bis Z, 2001; Calic, M., Geschichte Jugoslawiens im 20.
Jahrhundert, 2010.
Kärnten (Herzogtum, Bundesland). K. in einem
Alpenbecken an der mittleren Drau war zunächst keltisch (2. Jh. v. Chr. Noriker
[, dann römisch, 15 v. Chr.], 45 n. Chr. röm. Provinz Noricum), etwa ab 590
nach kurzer langobardischer Herrschaft vorwiegend slawisch besiedelt. Das in
der 2. Hälfte des 7. Jahrhunderts errichtete slawische Reich, dessen Bewohner
in der 2. Hälfte des 8. Jahrhunderts als Carontani/Carantani (Kosmograph von
Ravenna, Carantana d. h. Zollfeld, zwischen Klagenfurt und Sankt Veit, zu kelt.
caranto, Fels) genannt werden, geriet um 740/750 (743/748) unter die Herrschaft
der gegen die Awaren zu Hilfe gerufenen Bayern. 828 traten bayerisch-fränkische
Grafen an die Stelle der slawischen Fürsten und verstärkten den bayerischen
Einfluss noch. 976 trennte Kaiser Otto II. K. (als eigenes Herzogtum?), zu dem
auch die Steiermark und die Marken Verona, Istrien, Friaul und Krain gehörten,
von Bayern ab. Danach kam es überwiegend an landfremde Große, von 1077 bis 1122
an die Eppensteiner. Dabei zerfiel das Herzogtum.Bis etwa 1180
verselbständigten sich die Marken (1035 Karantanische Mark mit Mürztal und
Ennstal, 1040 Krain, Istrien, 1055 Mark an der Mur/Steiermark, 1077 Friaul).
Die aus Rheinfranken stammenden Grafen von Sponheim (Spanheimer) (1122-1269)
nahmen nur eine schwache Stellung ein. 1269 kam K. nach dem Aussterben der
Grafen von Sponheim (Spanheimer) an Böhmen (bis 1276), 1286 an die Grafen von
Tirol, 1335 durch Kaiser Ludwig den Bayern an die Grafen von Habsburg. Sie
fügten 1500 die (Vordere) Grafschaft Görz hinzu, fassten K. mit Steiermark,
Krain, Istrien und Triest zur Ländergruppe Innerösterreich zusammen und setzten
in der Neuzeit im Kampf gegen die Stände ihre Herrschaft durch. 1748 wurden
drei Kreisämter eingerichtet. 1759 löste (Erzherzogin) Maria Theresia die
Rechte des Hochstifts Bamberg in K. (Villach mit Tarvis und Pontafel, Wolfsberg
und Bleiburg u. a.) durch Kauf ab. Von 1809 bis 1814 gehörte Oberkärnten
(Villacher Kreis) zu den illyrischen Provinzen Frankreichs, von 1814 bis 1849
(seit 1816/1825 auch der Klagenfurter Kreis) zum österreichischen Königreich Illyrien. Danach war das Herzogtum K.
Kronland Österreichs. Ohne Abstimmung kamen 1920 das Miestal/Mießtal mit
Unterdrauburg und Seeland an Jugoslawien und das Kanaltal (mit 8350 Bewohnern)
mit Tarvis an Italien. Im Kärntner Becken erklärten sich am 10.10. 1920 59
Prozent der Bevölkerung für Österreich. Bei der Auflösung Jugoslawiens zwischen
1991 und 1995 fielen die jugoslawischen Teile an Slowenien.
L.: Wolff 29; Wallner 713 ÖsterreichRK 1; Großer Historischer Weltatlas II 34
(1138-1254) G4, II 66 (1378) H5, III 22 (1648) F5, III 38 (1789) E4; Lechner,
K., Kärnten, (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Ankershofen, Frhr. G.
v./Tangl, K., Handbuch der Geschichte des Herzogtums Kärnten, Bd.1ff. 1842ff.;
Aelschker, E., Geschichte Kärntens, Bd. 1f. 1885; Monumenta historica ducatus
Carinthiae 811-1414, hg. v. Jaksch, A. v./Wiessner, H., Bd. 1ff. 1896ff.; Curs, O., Deutschlands Gaue im
zehnten Jahrhundert. Nach den Königsurkunden, Diss. phil. Göttingen 1908, 4
(Karintana, Karintriche, Karinthia); Erläuterungen zum Historischen Atlas der
österreichischen Alpenländer, hg. v. d. Ak. d. Wiss. Abt. 1,4, 2,8 1914ff.;
Wutte, M., Kärntner Gerichtsbeschreibungen. Vorarbeit zu dem historischen Atlas
der österreichischen Alpenländer, Archiv f. vaterländ. Gesch. u. Topographie
20, 21 (1921); Wutte, M./Paschinger, V./Lex, F., Kärntner Heimatatlas, 1925;
Jaksch, A., Geschichte Kärntens bis 1335, Bd. 1f. 1928ff.; Jaksch, A./Wutte,
M., Kärnten, (in) Erläuterungen zum historischen Atlas der österreichischen
Alpenländer, 1914, 1929; Paschinger, V., Landeskunde von Kärnten 1937;
Braumüller, H., Geschichte von Kärnten, 1949; Paschinger, V., Kärntner
Heimatatlas, Bd.1f. 1951ff.; Maier, A., Kirchengeschichte von Kärnten, Bd. 1ff.
1951ff.; Fresacher, W./Moro, G. u. a., Kärnten, (in) Erläuterungen zum
historischen Atlas der österreichischen Alpenländer, 1956; Polenz, P. v.,
Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, II, 51, 94, III, 23, 25, 31, regnum
Carentanum, Charentariche, Karintriche (, Kärnten, Karantanien); Zopp, F.,
Kärntner Bibliographie, 1961ff.; Moro, G., Zur politischen Stellung
Karantaniens im fränkischen und deutschen Reich, Südostforschungen 22 (1963),
78ff.; Klaar, Die Herrschaft der Eppensteiner in Kärnten, 1966; Zöllner, E.,
Geschichte Österreichs. Von den Anfängen bis zur Gegenwart, 8. A. 1990;
Fräss-Ehrfeld, C., Geschichte Kärntens, Bd. 1 Das Mittelalter, 1984; Neumann,
W., Bausteine zur Geschichte Kärntens, 1985; Bertels, K., Carantania.
Beobachtungen zur politisch-geographischen Terminologie und zur Geschichte des
Landes und seiner Bevölkerung im frühen Mittelalter, Carinthia 177 (1987),
87ff.; Wallas, A., Stände und Staat in Innerösterreich im 18. Jahrhundert,
1988; Dopsch, H., Kärnten, LexMA 5 1990, 1002ff.; Stumfohl, R., Kärntner
Bibliographie (1976-1980), 1989, (1981-1985), 1991; Migglautsch, K./Pust, I.,
Das Kanaltal und seine Geschichte, 1995; Karantanien – Ostarrichi, hg. v.
Moritsch, A., 1997; Kärnten, hg. v. Rumpler, H., 1998; Gleirscher, P.,
Karantanien, 2000; Die Kärntner Volksabstimmung 1920, hg. v. Valentin, H. u.
a., 2002.
Krain (F.) (Herzogtum). Die schon
vorgeschichtlich besiedelte Landschaft zwischen Karawanken, oberer Kulpa,
Ternovaner Wald und Uskokengebirge gehörte seit dem späten ersten
vorchristlichen Jahrhundert zur römischen Provinz Pannonien, später zu Italia
annonaria und Illyricum. Vom späten 6. Jahrhundert an wurde sie nach dem Abzug
der Langobarden von Slowenen besiedelt. Im 7./8. Jahrhundert war sie ein Teil
des slowenischen Landes Carantana (Kärnten). Im 8. Jahrhundert kam sie an
Bayern und wurde unter König Karl dem Großen einer Grafschaft der neugebildeten
Mark Friaul zugeschlagen. 820 taucht dann für sie der Name Carniola, 973 die
Craina marcha (zu krajina, Grenze) mit dem Hauptort Krainburg auf. 952 kam sie
mit Friaul zu Bayern, 976 zu Kärnten. Seit 1077/1093 war sie Lehen der
Patriarchen von Aquileja, die aber nur Unterkrain beherrschten. Begütert waren
in K. vor allem die Hochstifte Brixen und Freising. Im 12. Jahrhundert wurde
das 1144 erstmals erwähnte Laibach Vorort Krains. Von 1173/1180 bis 1209/1228
waren die Grafen von Andechs (nach den Grafen von Weimar-Orlamünde, Sponheim
und Bogen) die eigentlichen Herren von K. (Oberkrain). Ihr Erbe traten zunächst
die Babenberger, die Kärntner Linie der Grafen von Sponheim (bis 1264), Böhmen
(1269-1276), 1282 die Söhne König Rudolfs von Habsburg und von 1282 bis 1335
als Pfandberechtigte die Grafen von Görz (Meinhardiner) sowie nach deren
Aussterben 1335 die Grafen von Habsburg mit Kärnten, 1374 auch Windische Mark
(mit Möttling) und Istrien (Grafschaft Mitterburg) an. 1379 kam K. an die
leopoldinische Linie Habsburgs. 1394 wurde, nachdem schon Herzog Rudolf IV.
sich seit 1364 Herzog von K. genannt hatte, K. zum Herzogtum erhoben. Kaiser
Maximilian verband K. mit Steiermark, Kärnten, Istrien, Görz und Triest zur
Ländergruppe Innerösterreich. Zeitweise litt das zum österreichischen
Reichskreis zählende Land stark unter den Einfällen der Türken. 1803 wurden die
reichsunmittelbaren Gebiete Freisings und Brixens einverleibt. Von 1809 bis
1814 war K. dann Teil der illyrischen Provinzen Frankreichs, fiel danach aber
wieder an Österreich (Königreich Illyrien)
zurück. 1849 wurde es österreichisches Kronland. Am 29. 10. 1918 kam der größte
Teil mit Laibach an Jugoslawien, Innerkrain (Hinterland von Triest, Fiume) an
Italien. 1947 fiel auch Innerkrain an Jugoslawien und damit 1991 an Slowenien.
L.: Wolff 30; Wallner 713 ÖsterreichRK 1; Großer Historischer Weltatlas II 34
(1138-1254) G4, II 48 (1300) F1/2, II 66 (1378) H6, II 78 (1450) G4, III 22
(1648) G5; Lechner, K., Krain, (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1;
Valvasor, W. v., Die Ehre des Herzogtums Krain, Bd. 1ff. 1869; Dimitz, A.,
Geschichte Krains, Bd. 1ff. Laibach 1874ff.; Schumi, F., Die Herren von Krain
und die Windische Mark, Archiv für Heimatkunde 1 (1882/1883); Mell, A., Die
territoriale Entwicklung Krains vom 10. bis 13. Jahrhundert, 1888; Curs, O.,
Deutschlands Gaue im zehnten Jahrhundert, 1908, 5 (Villach, Veldes); Hauptmann,
L., Krain, (in) Erläuterungen zum Historischen Atlas der Österreichischen
Alpenländer, 1914, 1929; Hauptmann, L., Entstehung und Entwicklung Krains,
1929; Kos, M., Zgodovina Slovencev, Laibach 1955; Vilfan, S., Rechtsgeschichte
der Slowenen bis zum Jahre 1941, 1968; Wolfram, H., Die Geburt Mitteleuropas,
1987; Hödl, G., Krain, LexMA 5 1991, 1465ff.; Schlinker, S., Fürstenamt und
Rezeption, 1999, 210; Hösler, J., Von Krain zu Slowenien, 2006.
Kurlande (Reichslehngebiete der Kurfürsten, Kurfürstenkollegium). S. Trier (Erzstift bis 1803); Mainz (Erzstift bis 1803); Köln (Erzstift bis 1803); Böhmen (Königreich); Sachsen, Sachsen-Wittenberg (Herzogtum); Brandenburg (Markgrafschaft); Pfalz (Pfalzgrafschaft[, bei Rhein]); Bayern (Herzogtum, seit 25. 2. 1623, 1628/1648 bis zur Vereinigung mit der Pfalz 1777); Braunschweig-Lüneburg (Herzogtum, seit 19. 12. 1694, 1708 [Braunschweig-]Hannover); Salzburg[-Berchtesgaden] (Herzogtum, 1803, seit 1805 Großherzogtum Würzburg bzw. Toskana); Baden (Markgrafschaft 1803); Hessen[-Kassel] (Landgrafentum, 1. 5. 1803), Württemberg (Herzogtum 1803), Kurerzkanzler (1803).
Kurmark (Mark, Landschaft, Verwaltungseinheit).
Seit 1356 (Goldene Bulle) wurde für die Gebiete Brandenburgs (Altmark mit
Stendal, Prignitz [Vormark] mit Perleberg, Brandenburg [Mittelmark], Uckermark
mit Prenzlau und die Herrschaften Beeskow und Storkow) der Name K. üblich.
(1807 kam die Altmark an das Königreich
Westphalen.) 1815 wurde die K. ohne Altmark, aber mit der Neumark und von
Sachsen abgetretenen Gebieten zur Provinz Brandenburg Preußens. Von 1949 bis
1990 gehörte das Gebiet zur Deutschen Demokratischen Republik.
L.: Wolff 385.
Küstenland, Litorale (Land, Landschaft,
Verwaltungseinheit). 1564 kam bei einer Neugliederung Österreichs K. neben
Steiermark, Kärnten, Krain, Friaul-Görz und Westkroatien zur Ländergruppe
Innerösterreich. 1809 wurde es den illyrischen Provinzen Frankreichs
zugeschlagen. Nach dem Rückfall an Österreich 1814 wurde unter Abtrennung des Königreichs Dalmatien und Kroatien am 3. 8. 1816 das Königreich Illyrien mit der Hauptstadt Laibach
gebildet. Zu ihm gehörten Kärnten, Krain, Görz mit Gradisca (Gradiska), Friaul
und Istrien mit Trient. Von 1849 bis 1918 wurde nach Auflösung des Königreiches Illyrien aus Görz-Gradisca
(Görz-Gradiska), Istrien und Triest ein Kronland K. mit einem gemeinsamen
kaiserlichen Statthalter in Triest gebildet. Nach 1918/1919 kam es zu Italien,
1947 mit Ausnahme von Triest und Teilen von Görz-Gradisca (Görz-Gradiska) zu
Jugoslawien, bei dessen Auflösung 1991 zu Slowenien und Kroatien.
L.: Wolff 35; Großer Historischer Weltatlas III 22 (1648) F6.
Lauenburg (Herzogtum, Residenz des Herzogs). Das
an der Niederelbe gelegene Land wurde nach dem Abzug der Germanen im
Frühmittelalter von wendischen Polaben besiedelt, im 12. Jahrhundert aber von
den Welfen erobert. 1142 wurde Heinrich von Badwide mit der Grafschaft
Ratzeburg belehnt, die den größten Teil des späteren L. einnahm. Nach dem Sturz
Heinrichs des Löwen 1180 fiel das Gebiet an die Askanier (Bernhard II.), die
1182 die Burg L. erbauten und nach dem Aussterben der Badewider die Grafschaft
Ratzeburg einzogen. Bei der Teilung des askanischen Hauses entstand 1260 das
Herzogtum Sachsen-Lauenburg (L. und Hadeln), das an die ältere Linie fiel. Nach
dem Aussterben der protestantisch gewordenen Askanier (1689) setzte Herzog
Georg Wilhelm von Lüneburg-Celle seinen Erbanspruch auf das zum
niedersächsischen Reichskreis zählende Herzogtum, zu dem auch die Stadt
Ratzeburg ([bis 1. 10. 1937] mit Ausnahme der Dominsel) gehörte, durch. 1705 kam
L. mit Celle durch Erbfall an Hannover. 1815 wurde es von Hannover mit Ausnahme
von Hadeln an Preußen abgetreten. Preußen überließ es 1815/1816 gegen
Schwedisch-Vorpommern an Dänemark, das es 1864 zusammen mit Holstein im Wiener
Frieden an Österreich und Preußen abtrat. 1865 wurde es durch die Konvention
von Gastein gegen Entschädigung Österreichs in Personalunion mit Preußen
verbunden. 1866 trat es dem Norddeutschen Bund bei, 1870 in das Deutsche Reich
ein. Am 1. 7. 1876 wurde es als Kreis Herzogtum L. der Provinz
Schleswig-Holstein Preußen eingegliedert und kam damit 1946 zu
Schleswig-Holstein. Der Titel Herzog von L. wurde von Wilhelm II. an Bismarck
verliehen. S. Sachsen-Lauenburg.
L.: Wolff 449f.; Zeumer 552ff. II b 33; Wallner 707 NiedersächsRK 13; Großer
Historischer Weltatlas III 22 (1648) E2, III 38 (1789) E2; Geerz, F.,
Geschichte der geographischen Vermessungen und der Landkarten Nordalbingiens
vom Ende des 15. Jahrhunderts bis zum Jahre 1859, 1859; Lammert, F., Die
älteste Geschichte des Landes Lauenburg, 1933; Hellwig, L., Grundriss der
Lauenburger Geschichte, 3. A. 1927; Prange, W., Siedlungsgeschichte des Landes
Lauenburg im Mittelalter, 1960 (Diss. phil. Kiel); Nissen, N., Festschrift 700
Jahre Lauenburg, 1960; Geschichte Schleswig-Holsteins, Bd. 8: Provinz im Königreich Preußen, hg. v. Hauser, O., 1966; Kahlfuss,
H., Landesaufnahme und Flurvermessung in den Herzogtümern Schleswig, Holstein,
Lauenburg vor 1864, 1969; Stadtchronik zur 725-Jahr-Feier der Stadt
Lauenburg/Elbe, hg. v. Magistrat der Stadt Lauenburg, 1985; Neuschäffer, H.,
Schlösser und Herrenhäuser im Herzogtum Lauenburg, 1987; Ländliche Siedlungs-
und Verfassungsgeschichte des Kreises Herzogtum Lauenburg, hg. v. Jürgensen,
J., 1990; Blaschke, K., Sachsen-Lauenburg, LexMA 7 1995, 1235; Kleinfeld, M.,
Die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt Lauenburg/Elbe, 2000; Höfe und
Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 2,
321; Meding, W. v., Stadt ohne Land am Fluss, 2007; Die Fürsten des Landes.
Herzöge und Grafen von Schleswig, Holstein und Lauenburg, hg. v. Rasmussen, C.
u. a., 2008; Meding, W. v., Lauenburg - zur Geschichte des Ortes, Amtes,
Herzogtums, 2008.
Limburg (Herzogtum, Provinz). Die um (1020?
oder) 1064 auf durch Heirat mit einer Tochter des Herzogs von Niederlothringen
gewonnenem Gut (Baelen) erbaute Burg L. im Vesdretal bei Eupen südwestlich von
Aachen war die Stammburg der von den Ardennengrafen abstammenden Grafen, später
Herzöge von L. (Herzogstitel auf Grund kurzzeitiger Verleihung [1101-1106] des
Herzogtums Niederlothringen durch Kaiser Heinrich IV., Anerkennung 1165), die
östlich der Maas zwischen Maastricht-Lüttich und Aachen begütert waren. Sie
fiel über die Erbtochter (Judith) 1065 an die Grafen von Arlon (bzw. Limburg
[und Arlon]). 1113 wurde durch Heirat Wassenberg, wenig später (1136)
Herzogenrath gewonnen. 1214 gelang durch Heirat der Erwerb der Gebiete von
Namur und Luxemburg, 1225/1226 durch eine Nebenlinie der Gewinn der
ostrheinischen Grafschaft Berg. Arlon kam 1214 an Luxemburg. Nach 1247 wurde in
Berg und L. geteilt. 1280 starb die Familie im Mannesstamm aus. 1283 starb die
mit dem Grafen von Geldern vermählte Erbtochter (Ermengarde). Das Herzogtum L.
fiel 1288 im anschließenden Erbfolgekrieg durch den Sieg bei Worringen an die
Herzöge von Brabant, über die es 1430 an Burgund und damit infolge der Ehe
Marias von Burgund mit Maximilian von Habsburg (1477) 1493 an Habsburg kam, so
dass es zum burgundischen Reichskreis zählte. Im Westfälischen Frieden von 1648
wurde es zwischen Spanien bzw. Habsburg und den Generalstaaten der Niederlande
geteilt. 1815 übernahm man auf dem Wiener Kongress den Namen L. für eine
Provinz des Königreiches der Vereinigten
Niederlande. Diese wurde nach der Unabhängigkeitserklärung Belgiens (1830) von
diesem beansprucht und 1839 geteilt in die östlich der Maas gelegene
niederländische Provinz L. mit Maastricht, die von 1839 bis 1866 im Ausgleich
für das an Belgien gelangte Luxemburg als Herzogtum L. zum Deutschen Bund
gehörte, und die westlich der Maas gelegene belgische Provinz L. mit Hasselt.
L.: Wallner 701 BurgRK 1; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) C3; Ernst,
H., Histoire du Limburg (- 1447), Bd. 1ff. 1837ff.; Coenen, J., Limburgische
oorkunden, Bd. 1ff. 1932ff.; Schrijen, G., Das Werden des neuen Süd-Limburg,
1937; Grochtmann, H., Die niederländische Provinz Limburg im Deutschen Bund,
1937; Klingenberg, E., Die Entstehung der deutsch-niederländischen Grenze
1813-15, 1940; Niessen, J., Limburg, Geschichte einer deutsch-niederländischen
Grenzlandschaft, (in) Zwischen Rhein und Maas, 1942; Limburgs verleden, hg. v.
Batta, E. u. a., 1960ff.; Erkens, F., Zur verfassungsrechtlichen Stellung der
Herzöge von Limburg im 12. und 13. Jahrhundert, Rhein. Vjbll. 43 (1973),
169ff.; Munier, W., Historische Atlas van Limburg en aangrenzende Gebieden,
1976ff.; Munier, W., Ein Atlas zur Geschichte der niederländischen Provinz
Limburg, 1976; Weistümer und Rechtstexte im Bereich des Herzogtums Limburg, hg.
v. Wintgens, L., 1988; Kupper, J., Limburg, LexMA 5 1991, 1986; Schlinker, S.,
Fürstenamt und Rezeption, 1999, 39; Weller, T., Die Heiratspolitik, 2004.
Lombardei (Landschaft). Das Gebiet der
nordwestlichen Poebene war ursprünglich von Kelten besiedelt, die seit 222 v.
Chr. allmählich in das römische Reich eingegliedert wurden. Nach dessen Zerfall
wurden Norditalien und Mittelitalien (einschließlich der nordwestlichen
Poebene) von den Langobarden erobert und erstmals 629 als Langobardia im
geographischen Sinn bezeichnet. 774 fiel das Gebiet der Langobarden an die
Franken. Am Ende des 11. Jahrhunderts erlangten die Städte der nordwestlichen
Poebene wie Pavia, Mailand, Como oder Cremona Selbständigkeit. In Städtebünden
wandten sie sich gegen die Staufer. Nach langen Kämpfen traten Signorien an die
Stelle der Städte. Die Vormachtstellung gewann Mailand. Den Osten erlangte
Venedig. 1535 kam das 1395 zum Herzogtum erhobene Mailand als Reichslehen an
Spanien. 1714 fiel die L. nach dem spanischen Erbfolgekrieg an Österreich. 1797
wurde sie von Frankreich besetzt (Teil der Zisalpinischen Republik, seit 1805
des napoleonischen Königreiches Italien). 1815
wurde das Gebiet mit Venetien zum Lombardisch-Venezianischen Königreich (Lombardo-Venetien) Österreichs vereinigt.
1859 verlor Österreich die Lombardei an Sardinien, 1866 Venetien an das neue Königreich Italien (1861).
L.: Großer Historischer Weltatlas II 34 (1138-1254) F4; Rota, E., L'Austria in
Lombardia, 1911; Hochholzer, H., Das geschichtliche Raumgefüge der
Kulturlandschaft Oberitaliens, 1956; Arbinger, N., Komitat, Adel und städtische
Kommune in der Lombardei während des 11. und 12. Jahrhunderts, Diss. phil. Wien
1967; Dilcher, G., Die Entstehung der lombardischen Stadtkommune, 1967;
Margaroli, P., Lombardei, LexMA 5 1991, 2094; Mazohl-Wallnig, B.,
Österreichischer Verwaltungsstaat, 1993; Longobardia e longobardi nell’Italia
meridionale, hg. v. Andenna, G. u. a., 1996.
Luxemburg (Grafschaft, Herzogtum, Großherzogtum,
Residenz). Der nacheinander keltisch, römisch und fränkisch besiedelte Raum an
der Mosel kam 843 zum Reich Kaiser Lothars I. und 959 zum Herzogtum
(Ober-)Lothringen. 963 erwarb Graf Siegfried I. († 997/998) aus dem an der
Mittelmosel beheimateten Adelsgeschlecht der Herzöge von Lothringen (vielleicht
Vater der Kaiserin Kunigunde) von der Trierer Abtei Sankt Maximin die
Lucilinburhuc, nach der sich die Familie (1060/)1083 (Konrad I.) als Grafen von
L. (bis ins 19. Jahrhundert Lützelburg) benannte. 1019 spaltete dieses
Geschlecht die Linien Gleiberg (im 12. Jahrhundert erloschen) und Salm ab. 1136
erloschen die Grafen im Mannesstamm. Ihre Güter kamen an den verwandten Grafen
Heinrich von Namur († 1196). Luxemburg, La Roche, Durbuy und die Vogteien über
Echternach und Stablo fielen an seine spätgeborene Tochter Ermensinde, die 1214
Theobald von Bar und 1226 Walram III. von Limburg heiratete. Durch die Ehe
Ermensindes von Luxemburg gelangten Ort und Markgrafschaft Arlon (Arel) als
Mitgift an Luxemburg. Wenig später kam durch Heirat die Grafschaft Ligny hinzu.
1270 wurde Sankt Vith gekauft. Als im Erbfolgestreit um das Herzogtum Limburg
1288 Heinrich VI. bei Worringen fiel, ging Limburg an Brabant und mussten sich
die Grafen auf L. und Arlon beschränken. Gleichwohl wurde Heinrich VII. 1308
König und 1312 Kaiser. 1310 trat er die Grafschaft an seinen Sohn Johann den
Blinden ab, der gleichzeitig durch Heirat das Königreich
Böhmen erwarb. Sein Sohn, Karl IV., verpfändete sein Stammland 1349 an Trier,
übertrug die Grafschaft L. 1353 seinem Bruder Wenzel und erhob sie 1354 zum
Herzogtum. 1355 vereinigte Wenzel L. durch Heirat mit Brabant, Limburg und der
Markgrafschaft Antwerpen, erwarb 1364 durch Kauf die Grafschaft Chiny und löste
die verpfändeten Gebiete wieder ein. Nach seinem Tod 1388 wurden Brabant,
Limburg und Antwerpen wieder von L. getrennt. Als Herzog in L. folgte König
Wenzel, der L. 1388 an seinen Vetter Jobst von Mähren verpfändete, über den das
Pfandrecht an Elisabeth von Görlitz und Herzog Anton von Brabant und Limburg
kam, die es aus Geldnot 1443 an Philipp von Burgund verkauften, wobei es als
Reichslehen im Reich verblieb. Die Familie der Grafen bzw. Herzöge von L. starb
1437 im Mannesstamm aus. Es folgte der mit König Sigmunds Tochter Elisabeth
verheiratete Habsburger Albrecht (V. bzw.) II., der 1437 König von Ungarn und
Böhmen und 1438 König des Heiligen Römischen Reichs wurde. 1477/1493 kam L.
über die Heirat Marias von Burgund mit Maximilian von Habsburg mit Burgund an
Habsburg bzw. Österreich, 1555 an die spanischen Habsburger, blieb aber als
Teil des burgundischen Reichskreises beim Reich. 1659 fiel Südluxemburg von
Diedenhofen bis Montmédy an Frankreich, das 1684 auch das restliche Gebiet
besetzte. Dieses kam 1714 wieder an Österreich, 1795/1797 aber erneut an
Frankreich. 1814 wurde das Gebiet östlich von Mosel, Sauer und Our Preußen
zugeteilt (Bitburg, Sankt Vith). 1815 wurde L. Großherzogtum und Mitglied des
Deutschen Bundes, blieb jedoch bis 1890 als Entschädigung für den Verlust der
nassauischen Erblande mit dem Königreich der
Niederlande in Personalunion verbunden und wurde trotz seiner Souveränität wie
eine niederländische Provinz regiert. Mit L. wurden Teile des früheren
Hochstifts Lüttich und 1821 das Herzogtum Bouillon vereinigt. 1830/1839 wurde
im Gefolge der belgischen Revolution, der sich L. anschloss, der westliche
größere (wallonische) Teil Luxemburgs mit Arel bzw. Arlon an Belgien
abgetreten, das östliche deutschsprachige Gebiet im Vertrag von London als
Großherzogtum wiederhergestellt. 1841 erhielt L. eine landständische, am 9. 7.
1848 eine 1856 und 1868 revidierte demokratische Verfassung. 1866 schied L.,
das von 1842 bis 1919 dem Deutschen Zollverein angehörte, aus dem Deutschen
Bund aus. 1867 wurde L. unter Zustimmung der europäischen Mächte gänzlich
unabhängiger Staat. 1890 starb die ottonische Linie des Hauses Nassau-Oranien
aus. Es folgte Großherzog Adolf aus der 1866 in Nassau entthronten walramischen
Linie Nassau-Weilburg, womit die Personalunion mit den Niederlanden beendet
war. 1912 erlosch auch die walramische Linie im Mannesstamm, doch hatte ein
Hausgesetz von 1907 bereits die weibliche Erbfolge eröffnet (Großherzogin Maria
Adelheid, Großherzogin Charlotte verheiratet mit Prinz Felix von
Bourbon-Parma). Seit 1918 verstärkte sich der Einfluss Frankreichs zusehends.
L.: Wolff 56; Wallner 701 BurgRK1; Großer Historischer Weltatlas III 38 (1789)
F3, II 66 (1378) C/D 3/4, II 78 (1450) F3, III 38 (1789) A/B3; Faden, E.,
Brandenburg, (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Vekene, E. van der,
Les Cartes géographiques du Duché de Luxembourg, o. J.; Schötter, J.,
Geschichte des Luxemburger Landes, 1882ff.; Hansen, J., Carte historique du
Luxembourg, Paris 1930; Urkunden- und Quellenbuch zur Geschichte der
altluxemburgischen Territorien bis zur burgundischen Zeit, hg. v. Wampach, C.,
Bd. 1-10 Luxemburg 1935ff.; Renn, H., Das erste Luxemburger Grafenhaus
963-1136, 1941; Weber, P., Geschichte des Luxemburger Landes, 3. A. 1948;
Schoos, J., Le développement politique et territorial du pays de Luxembourg
dans la premiére moitiè du 13e siècle, 1950; Meyers, J., Geschichte Luxemburgs,
Luxemburg 1952; Uhlirz, M., Die ersten Grafen von Luxemburg, Deutsches Archiv
12 (1956); Gerlich, A., Habsburg - Luxemburg - Wittelsbach im Kampf um die
deutsche Königskrone, 1960; Weber, P., Histoire du Grand-Duché de Luxembourg,
1961; Goedert, J., La formation territoriale du pays de Luxembourg, 1963; Atlas
du Luxembourg, hg. v. Nationalen Erziehungsministerium, 1971; Ternes, C., Das
römische Luxemburg, 1974; Dostert, P., Luxemburg zwischen Selbstbehauptung und
nationaler Selbstaufgabe, 1985; Festschrift Balduin von Luxemburg, 1985; Hamer,
P., Überlegungen zu einigen Aspekten der Geschichte Luxemburgs, 1986; Calmes,
C., Die Geschichte des Großherzogtums Luxemburg, 1989; Pauly, M., Luxemburg im
späten Mittelalter, Diss. phil. Trier 1990; Twellenkamp, M., Das Haus der
Luxemburger, (in) Die Salier, Bd. 1 1991, 475ff.; Margue, M., Luxemburg, LexMA
6 1992, 28; Pauly, M., Luxemburg im späten Mittelalter, 1992ff.; Reichert, W.,
Landesherrschaft zwischen Reich und Frankreich, 1993; Schlinker, S., Fürstenamt
und Rezeption, 1999, 151; Hoensch, J., Die Luxemburger, 2000; Franz, N., Die
Stadtgemeinde Luxemburg, 2001; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen
Reich, hg. v. Paravicini, W. u. a., 2003, 1, 1, 154, 839, 1, 2, 351; Escher, M.
u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 453, 2, 373; Weber-Krebs, F., Die
Markgrafen von Baden im Herzogtum Luxemburg (1487-1797), 2007.
Magdeburg (Erzstift, Herzogtum, Residenz). An
einem Übergang wichtiger Straßen über die Elbe (Brücke um 1260 nachweisbar)
wird 805 erstmals M. (slaw. Medeburu, Honigheide?, oder zu as. magath und as.
burg) als Burg und Handelsplatz genannt. Nach einer Zerstörung am Beginn des
10. Jahrhunderts wurde M., das 929 im Heiratsgut der Gemahlin Ottos des Großen
erscheint, um 936 durch König Otto den Großen erneuert (937 Königshof, 942
Pfalz bezeugt). 937 stiftete er das 968 in ein Domstift umgewandelte
Moritzkloster, 965 verlieh er das Marktrecht und 968 gründete er das
ungewöhnlich kleine Erzbistum M. (erster Bischof Abt Adalbert von Weißenburg)
als kirchliches Zentrum für die Gebiete östlich der Elbe, zu dem die Bistümer
Brandenburg, Havelberg, Meißen (bis 1399), Merseburg, Posen (bis etwa 1000),
Zeitz(-Naumburg) und Lebus (ab 1420) gehörten. Mit der Einrichtung des
Erzbistums Gnesen im Jahre 1000 wurden die Ausdehnungsmöglichkeiten nach Osten
beseitigt. Unter erzbischöflicher Herrschaft blühte der Ort als wichtiger
Osthandelsplatz rasch auf. 1128 kaufte das Erzstift die Grafschaft
Alsleben/Saale. Unter Erzbischof Wichmann (1152-1192) wurde 1166 die
Reichsabtei Nienburg und durch Kauf das Gut der Pfalzgrafen von Sommerschenburg
(1179) erworben und wurde 1188 Magdeburgs besonderes Recht aufgezeichnet, das
später auf zahlreiche Ostsiedlungen übertragen wurde, für die M. meist auch die
Funktion als Oberhof übernahm. Schon im 12. Jahrhundert begann eine gewisse
Lösung der Stadt vom Stadtherrn (seit ca. 1240 Rat, 1294 faktischer Erwerb des
Schultheißenamtes, jedoch 1331 Huldigungspflicht), die aber nie zur
Reichsstandschaft des um 1400 etwa 30000 Einwohner zählenden Ortes führte. Die
Einführung der Reformation (1524) vertiefte den Gegensatz zwischen Stadt und
Erzbischof, der seine Residenz 1503 nach Halle (bis 1714) verlegt hatte. Am 10.
5. 1631 verbrannte die Stadt bei der Eroberung durch Tilly fast vollständig. Im
schon 1545 beginnenden Kampf um das Erzstift, dessen Herrschaft die Magdeburger
Börde, die Länder Jerichow (zwischen Elbe und Havel bis zum Plauer See) und
Jüterbog sowie die Gegend von Halle umfasste, wurde 1635 die Überlassung
Magdeburgs an Prinz August von Sachsen erreicht, dann aber 1648 der Übergang
Magdeburgs an Brandenburg/Preußen bestimmt, das sich nach dem Tod des letzten
Administrators 1680 gegen Sachsen (Kursachsen) durchsetzte, das als Abfindung
die Ämter Querfurt, Jüterbog, Dahme und Burg erhielt, das letztere aber 1687 an
Brandenburg veräußerte. In Brandenburg war das Erzstift Herzogtum und zählte
zum niedersächsischen Reichskreis. 1807 kam M. mit (1773) 5400
Quadratkilometern (91 Quadratmeilen) und 29 Städten zum Königreich Westphalen und wurde Sitz des Elbdepartements. 1814 fiel
es an Preußen zurück. 1815 wurde M. Hauptstadt der Provinz Sachsen Preußens und
Sitz des Regierungspräsidenten des Regierungsbezirks M. Seit 1. 7. 1945 gehörte
M., das 1945 stark zerstört und im April 1945 von amerikanischen Truppen eingenommen
wurde, zur sowjetischen Besatzungszone bzw. seit 1949 zur Deutschen
Demokratischen Republik. Seit 1952 war es Hauptstadt eines der Bezirke der
Deutschen Demokratischen Republik, der 1990 wieder im Land Sachsen-Anhalt
aufging. Das Bistum M. wurde 1992/1994 Suffragan von Paderborn.
L.: Wolff 427f.; Zeumer 553 II b 2; Wallner 706 NiedersächsRK 4; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) F2, III 22 (1648) E2, III 38 (1789) D1;
Gringmuth-Dallmer, H., Magdeburg-Wittenberg, (in) Geschichte der deutschen
Länder, Bd. 1; Die Territorien des Reichs 2, 68; Regesta archiepiscopatus
Magdeburgensis, Bd. 1ff. 1876ff.; Opel, J., Die Vereinigung des Herzogtums
Magdeburg mit Kurbrandenburg, 1880; Urkundenbuch der Stadt Magdeburg, hg. v.
Hertel, G., Bd. 1ff. 1892ff.; Wolter, F., Geschichte der Stadt Magdeburg, 1902;
Kehr, P., Das Erzbistum Magdeburg und die erste Organisation der christlichen
Kirche in Polen, 1920; Brackmann, A., Magdeburg als Hauptstadt des deutschen
Ostens, 1931; Bauermann, J., Umfang und Einteilung der Erzdiözese Magdeburg,
Zs. d. Vereins f. Kirchengesch. der Provinz Sachsen 29 (1933); Urkundenbuch des
Erzstifts Magdeburg, Bd. 1 (937-1192), hg. v. Israel, F./Möllenberg, W., 1937;
Wiebeck, G., Zur Methodik des Kartenvergleichs, 1938, Mitt. d. Reichsamts f.
Landesaufnahme, Sonderheft 16; Rörig, F., Magdeburgs Entstehung und die ältere
Handelsgeschichte, 1952; Schwineköper, B., Die Anfänge Magdeburgs, (in)
Vorträge und Forschungen 4 (1958), 389ff.; Schlesinger, W., Kirchengeschichte
Sachsens im Mittelalter, Bd. 1f. 1962; Fischer, E., Magdeburg zwischen
Spätabsolutismus und Bürgerlicher Revolution, Diss. Halle-Wittenberg 1966;
Claude, D., Geschichte des Erzbistums Magdeburg bis in das 12. Jahrhundert, Bd.
1 1972ff.; Geschichte der Stadt Magdeburg, hg. v. Asmus, H., 1975; Schrader,
F., Ringen, Untergang und Überleben der katholischen Klöster in den Hochstiften
Magdeburg und Halberstadt von der Reformation bis zum Westfälischen Frieden,
1977; Ebel, F., Magdeburger Recht, Bd. 1f. 1983ff.; Schrader, F., Stadt,
Kloster und Seelsorge, 1988; Kintzinger, M., Magdeburg, LexMA 6 1992, 71; Burg
– Burgstadt – Stadt, 1994; Repertorium der Policeyordnungen der frühen Neuzeit,
hg. v. Härter, K./Stolleis, M., Bd. 2 1998; Beumann, H., Theutonum nova
metropolis, 2000; Asmus, H./Wille, M., 1200 Jahre Magdeburg, 2000; Höfe und
Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 479,
1, 2, 355.
Mailand (Stadtkommune, Stadtstaat, Herzogtum).
Kaiser Diokletian († 313) erhob das vielleicht schon etruskische, danach auf
einer Gründung der Insubrer beruhende, seit 222 v. Chr. römische Mediolanum in
der Poebene, das schon in der Spätantike einen Bischof (erster sicher belegter
Bischof um 200) bzw. Erzbischof beherbergte, 286 zur Residenzstadt. 489 geriet
es unter die Herrschaft der Goten, nach schweren Zerstörungen (493, 539) 569
der Langobarden, unter denen es hinter Pavia zurücktrat, gleichwohl aber Sitz
eines Herzogtums wurde. Nach Unterwerfung des langobardischen Reiches durch
König Karl den Großen 774 wurde M. Teil des fränkischen Reiches und Sitz eines
Grafen. 951 kam es unter König Otto dem Großen mit dem Königreich
Italien erneut an das Reich und überflügelte allmählich Pavia, dessen Königspfalz
1024 zerstört wurde. Um 1050 kam es zu einer (ersten) Pataria, 1120/1130 zu
Ausläufern (einer zweiten Pataria). Im 12. Jahrhundert wurde es mit seinen im
Jahre 1097 nachweisbaren consules, die im 12. Jahrhundert die Grafschaftsrechte
an sich zogen, Führer der gegen den Kaiser gerichteten lombardischen
Städtebewegung, so dass es Kaiser Friedrich I. Barbarossa 1162 vollkommen
zerstören ließ. 1167 begann der Wiederaufbau. 1183 musste der Kaiser nach der
Niederlage von Legnano die städtische Selbstregierung unter der Oberhoheit des
Reiches anerkennen. 1225 entstand ein Liber statutorum. 1240 kam die guelfische
Familia della Torre an die Macht, ging 1259 zur Signorie über und erhielt 1274
von König Rudolf von Habsburg das Reichsvikariat. 1277 wurde sie von der
ghibellinischen Familie Visconti gestürzt, die 1294 das Reichsvikariat
bestätigt bekam. Sie erlangte allmählich die Herrschaft in ganz Mittelitalien
und Oberitalien (Verona, Vicenza, Padua, Perugia, Assisi, Siena, Pisa,
Bologna), 1380 das Reichsvikariat der Lombardei und 1395 durch Kauf die
Erhebung der Herrschaft zum Herzogtum M. Im 15. Jahrhundert gingen große Teile
verloren (Verona, Parma, Piacenza), die zum Teil an Venedig fielen, zum Teil
selbständig wurden. 1447/1450 gelangte die Herrschaft nach dem Aussterben der
Visconti (1447) über die Erbtochter an die Sforza. 1494 verlieh König
Maximilian I. das Herzogtum an Lodovico il Moro. 1499 wurde M. von Frankreich,
das Erbansprüche nach den Visconti geltend machte, erobert, das 1505 mit ihm
belehnt wurde. 1512 wurde es ihm mit dem Tessin, Bormio, Veltlin und Chiavenna
von der Schweiz entrissen, die nach dem Sieg Frankreichs 1515 aber nur den
Tessin halten konnte. 1521 und erneut 1525 kam es an Kaiser Karl V., dann an
die Sforza, 1529 wieder an Frankreich und 1535 nach dem Aussterben der Sforza
als erledigtes Lehen wieder an das Reich, das es an Karls V. Sohn Philipp II.
und damit an die spanischen Habsburger (Spanien) ausgab. 1713/1714 fiel M. nach
dem spanischen Erbfolgekrieg mit den Grafschaften Pavia und Angleria sowie den
Markgrafschaften Castro und Malgrate an die deutschen Habsburger in Österreich.
1735 und 1748 mussten verschiedene Teile (Novara, Tortona) an Savoyen
abgetreten werden, doch blühte M. infolge aufgeklärter Reformen rasch auf.
1797/1801 kam M. an Frankreich (Zisalpinische Republik, 1805 Königreich Italien), womit die Zugehörigkeit zum Reich
erlosch. 1815 wurde es mit Venedig als Lombardo-Venetianisches Königreich (Lombardo-Venezianisches Königreich) Österreich zugeteilt. 1848 erhob sich M.
vergeblich gegen Österreich. 1859 musste Österreich nach der Niederlage von
Magenta M. aufgeben. M. kam zu Sardinien (Sardinien-Piemont) und damit zu
Italien (1861).
L.: Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) E6, II 78 (1450) F4, III 22
(1648) D6; Cusani, F., Storia di Milano, Bd. 1ff. 1861f.; Anemüller, E., Geschichte der
Verfassung Mailands in den Jahren 1075-1117, 1881; Ady, C., History of Milano
under the Sforza, 1907; Muir, D., History of Milano under the Visconti, 1924;
Visconti, A., Storia di Milano, 1937, Neudruck 1979; Cazzamini-Mussi, F.,
Milano durante la dominazione spagnola, 1947; Bosisio, A., Storia di Milano,
1958; Verri, P., Storia di Milano, Bd. 1ff. 1962; Benedikt, H., Kaiseradler über dem Apennin (!), 1964;
Dilcher, G., Die Entstehung der lombardischen Stadtkommune, 1967; Ferria, A., I
terribili Sforza, 1970; Keller, H., Senioren und Vasallen. Untersuchungen über
die Führungsschicht in den lombardischen Städten des 9.-12. Jahrhunderts, unter
besonderer Berücksichtigung Mailands, 1972; Keller, H., Adelsherrschaft und
städtische Gesellschaft in Oberitalien, 9.-12. Jh., 1979; Castellaneta, C.,
Storia di Milano, 2. A. 1976; Visconti, A., Storia di Milano, 1979;
Blastenbrei, P., Die Sforza und ihr Heer, 1987; Ambrosiani, A./Chittolini, G., Mailand,
LexMA 6 1992, 106; Hermes, R., Totius libertatis patrona, 1999; Schlinker, S.,
Fürstenamt und Rezeption, 1999, 191; Zumhagen, O., Religiöse Konflikte und
kommunale Entwicklung, 2001; Grillo, P., Milano in età comunale (1183-1276),
2001; I notai della curia arcivescovile di Milano, hg. v. Belloni, C. u. a.,
2004.
Mansfeld (Grafen, Grafschaft). Um 1060 (1063)
werden Grafen sichtbar, die sich bald nach der etwa 1075 erbauten, 1229 genannten
Burg M. an der Wipper am Ostrand des Harzes nannten und (als Nachfolger der
Wettiner?) zwischen Wipper, Saale und Unstrut (Hassegau bzw. Hosgau) in
Eisleben, Hettstedt, Querfurt sowie Sangerhausen begütert waren. Das Geschlecht
verlor nach einer Niederlage 1115 erheblich an Bedeutung und erlosch 1229 im
Mannesstamm. Die Grafschaft kam durch weibliche Erbfolge an die Herren
(Burggrafen) von Querfurt, die sich seit 1262/1264 Grafen von M. nannten, die
Güter erheblich vermehrten (u. a. Kupferbergbau) und 1432 in der Reichsmatrikel
erschienen. Infolge starker Verschuldung wie mehrfacher Teilung seit
1420/1475/1501 (1475 Mansfeld-Vorderort, Mansfeld-Hinterort, hiervon
Mansfeld-Mittelort [bis 1567]) ging die Reichsunmittelbarkeit der Grafschaft
zwischen Selke, Saale und unterer Helme im 15. Jahrhundert verloren. Die
Grafschaft wurde 1484 hinsichtlich des kaiserlichen Bergregals Lehen Sachsens
(Kursachsens) (und hinsichtlich andere Güter Lehen der Bischöfe von Halberstadt
und Magdeburg). 1570/1573 kam M. schuldenhalber unter die Verwaltung Sachsens
und Magdeburgs (bzw. 1680 Brandenburgs bzw. Preußens [1716 aufgehoben]). Als
die letzte der auf Grund der seit 1420/1475 erfolgten Teilungen entstandenen
Linien, die 1600 in den Reichsfürstenstand erhobene, katholische, 1502 von
Mansfeld-Vorderort abgespaltete und seit 1710 allein bestehende Linie
Mansfeld-Bornstedt 1738/1780 erlosch, wurde die 20 Quadratmeilen große, dem
obersächsischen Reichskreis angehörige Grafschaft zwischen Preußen (zwei
Fünftel) und Sachsen (drei Fünftel) geteilt. Der preußische Anteil der
Grafschaft enthielt den Kreis M. mit den Städten M. und Leimbach und den Ämtern
Klostermansfeld (Kloster M.), Unteramt Friedeburg (Unterfriedeburg), Gerbstedt
(Gerbstädt), Großörner, Neu Asseburg (Neuasseburg), Hedersleben, Leimbach,
Helmsdorf, Burgörner, Polleben und Helbra, und den Kreis Schraplau mit den
Ämtern Friedeburg, Helfta, Holzzelle, Schraplau, Bennstedt (Benstedt), Seeburg
und Erdeborn. Der sächsische Anteil umfasste die Städte Eisleben und Hettstedt und
die Ämter Eisleben, Wimmelburg, Bornstedt, Arnstein-Endorf, Walbeck,
Oberwiederstedt, Rammelburg, Leiningen-Morungen, Artern und Voigtstedt
(Bockstedt). Die von der Linie Bornstedt zwischenzeitlich erworbenen böhmischen
Allodialgüter, deretwegen sie als Fürsten von Fondi 1600 den Reichsgrafenstand
erlangt hatten, und der Name gingen über die Erbtochter Maria Isabella an das
österreichische Haus Colloredo (Colloredo-Mansfeld). Der preußische Anteil
gehörte von 1807 bis 1813 zum Königreich
Westphalen, kam dann aber wieder an Preußen zurück. Der sächsische Anteil fiel
1815 ebenfalls an Preußen und wurde der Provinz Sachsen eingegliedert. 1945 kam
M. an die sowjetische Besatzungszone und damit von 1949 bis 1990 an die
Deutsche Demokratische Republik. S. Sachsen-Anhalt.
L.: Wolff 413f.; Wallner 710 ObersächsRK 13 a, b; Großer Historischer Weltatlas
II 66 (1378) F3, III 22 (1648) E3, III 38 (1789) D2; Gringmuth-Dallmer, H.,
Magdeburg-Wittenberg, (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Die
Territorien des Reichs 6, 78; Krumhaar, K., Die Grafen von Mansfeld und ihre
Besitzungen, 1872; Leers, R., Geschichtskunde der Grafen von Mansfeld,
Mansfelder Bll. 21 (1907); Möllenberg, W., Das Mansfelder Bergrecht und seine
Geschichte, 1914; Hempel, E., Die Stellung der Grafen von Mansfeld zum Reich,
1917; Schmidt, K., Die Grundlagen der Entwicklung des Territoriums der
Grafschaft Mansfeld, 1923, Mansfelder Blätter 36/37 (1930); Brandenburg, E.,
Die Ahnen Augusts des Starken, 1937; Helbig, H., Der wettinische Ständestaat,
2. A. 1980, 114ff.; Mansfelder Land. Ergebnisse der heimatkundlichen
Bestandsaufnahme, bearb. v. Neuß, E./Zühlke, D., 1982; Blaschke, K., Mansfeld,
LexMA 6 1992, 201; Vötsch, J., Zwischen Reichsfreiheit und Landsässigkeit (in)
Hochadelige Herrschaft im mitteldeutschen Raum, hg. v. Rogge, J. u. a., 2003.
Mantua (Stadtkommune, Reichsvikariat,
Markgrafschaft, Herzogtum). M. am Mincio wurde vermutlich von den Etruskern
gegründet und kam nach der gotischen und langobardischen Zeit (603) 774 an das
fränkische Reich. Hier war es Sitz eines Bistums und einer Grafschaft (819),
die im 10. Jahrhundert (977) an das Haus Canossa (Markgrafen von Tuszien) fiel.
Nach dessen Ende (1115) erlangte M. Selbständigkeit und trat 1167 dem Bund der
lombardischen Städte bei. 1236 eroberte Kaiser Friedrich II. die danach bald
wieder unabhängige Stadt. 1263 entstand unter den Bonaccolsi eine Signorie.
1311 bestätigte König Heinrich VII. den in den Kämpfen der großen Geschlechter
der Stadt siegreichen Rinaldo Bonaccolsi-Passerino als Reichsvikar. 1329
verlieh Kaiser Ludwig der Bayer Luigi Gonzaga das Reichsvikariat über M., das
dieser zu einer umfassenden Herrschaft ausbaute. Kaiser Sigmund erhob 1432
Gianfrancesco Gonzaga zum Markgrafen, Kaiser Karl V. 1530 Frederigo II. zum
Herzog von M. Dieser gewann 1536/1559 die 1574 zum Herzogtum erhobene
Markgrafschaft Montferrat hinzu. Nach dem Aussterben der italienischen
Hauptlinie der Gonzaga 1627 versuchte der Kaiser, die Länder M. und Montferrat
als erledigte Reichslehen einzuziehen und an Spanien auszugeben, doch fiel das
Herzogtum nach dem mantuanischen Erbfolgekrieg 1630/1631 an den Duc de Nevers
(eine jüngere Linie der Gonzaga), der einen Teil Montferrats an Savoyen
abtreten musste, das seinerseits Pinerolo (Pignerolo) an Frankreich verlor. Im
spanischen Erbfolgekrieg zog Kaiser Leopold I. M. wegen des Übertritts des
letzten Nevers zu Frankreich als erledigtes Reichslehen ein und vereinigte es
bis auf das 1703 an Savoyen gegebene restliche Montferrat 1745 mit dem bereits
früher an Habsburg/Österreich gefallenen Herzogtum Mailand. 1801 erhob Napoleon
nach der Eroberung Mantuas dieses zur Hauptstadt der Zisalpinischen Republik
(1805 Königreich Italien), doch kam es nach den
Befreiungskriegen (1810 Erschießung Andreas Hofers) 1814 zum
Lombardo-Venetischen Königreich Österreichs
zurück (Festungsviereck M., Verona, Peschiera, Legnago). 1859 wurde es mit
Venetien vereinigt und kam 1866 an das neue Königreich
Italien (1861).
L.: Großer Historischer Weltatlas II 48 (1300) D2, II 78 (1450) G4, III 12
(16./17. Jh.) D2, III 22 (1648) E6; Schneider, B., Der mantuanische
Erbfolgestreit, 1905; Quazza, R., La guerra per la successione di Mantua, Bd.
1f. 1925f.;
Brinton, S., The Gonzaga lords of Mantua, 1927; Mantova, hg. v. Coniglio,
G./Faccioli, E./Paccagnini, G., La storia, Bd. 1ff. 1958ff.; Colorni, V., Il
territorio mantovano nel Sacro Romano Impero (800-1274), 1959; Mardi, B.,
Mantuanitas vergiliana, 1963; Schmid, E., Mantua, Cremona, Lodi, 1964;
Pescasio, L., Parnasco mantovano, 1969-1971; Mozzarelli, C., Lo stato
gonzaghesco. Mantua dal 1328 al 1707, (in) Storia d’Italia, hg. v. Galasso, G.,
17 1979, 359; Vaini, M., Dal Comune alla Signoria, 1986; Lazzarini, I., Mantua,
LexMA 6 1992, 206; Lazzarini, I., Fra un principe e altri stati, 1996;
Schlinker, S., Fürstenamt und Rezeption, 1999, 192.
Meißen (Markgrafschaft). Die 929 von Heinrich
I. als Stützpunkt der deutschen Herrschaft im eroberten Mittelelbegebiet an der
Einmündung der Triebisch in die Elbe oberhalb des Meisabaches angelegte Burg
Misni wurde 968 Sitz eines Markgrafen, 1046 Sitz der Markgrafen von M. Die 1046
erstmals so genannte Mark M. (marchia Misnensis) geht auf eine deutsche, nach
dem Tod Markgraf Geros (965) abgespaltete Markgrafschaft zurück, als deren
erster Inhaber 968 Wigbert erscheint. Sie hatte wechselnden Umfang (982
Markgrafschaft Merseburg, Zeitz und M.) und unterstand Markgrafen aus den
Häusern der Ekkehardiner (Ekkehardinger) (985-1046), Weimar-Orlamünde
(1046-1067), der Brunonen (1067-1088) und seit 1089/1125 zusammen mit M. der
Eilenburger (Heinrich I. von Eilenburg) bzw. Wettiner, die ursprünglich als
Grafen im Schwabengau und Hosgau saßen und deren Stammarkgrafschaft Wettin mit
der gleichnamigen Burg an der Saale lag. Sie gewannen bis 1156 Eilenburg
(Eulenburg, Eilenberg) und Camburg, die Mark Niederlausitz (sächsische
Ostmark), das Land Bautzen, die Gegend um Dresden, die Grafschaften Rochlitz
und Groitzsch sowie die Kirchvogteien über das Hochstift Naumburg
(Naumburg/Zeitz) und die Klöster Pegau, Chemnitz und Bosau. Der 1195
unternommene Versuch des Kaisers die Mark als erledigtes Reichslehen
einzuziehen scheiterte. Markgraf Heinrich III. erwarb die Landgrafschaft
Thüringen und die Pfalzgrafschaft Sachsen (1247/1274), sein Sohn das Reichsland
Pleißen (Pleißenland) mit Altenburg, Chemnitz und Zwickau. Bei seinem Tode kam
es zu Landesteilungen und Familienzwisten, welche die Bedeutung der
Markgrafschaft erheblich minderten. 1300 zog König Adolf von Nassau das Land
als erledigtes Lehen ein, doch konnte Markgraf Friedrich I. 1307 M. wie
Thüringen zurückgewinnen. Unter den Nachfolgern gelangen Erwerbungen im
Reichsland Pleißen (Pleißenland) sowie um Dohna und Pirna. Kernland der
Markgrafen blieb das Gebiet um M. 1409 wurde von Markgraf Friedrich dem
Streitbaren die Universität Leipzig gegründet. 1422/1423 erlangten die
Markgrafen von M. Land, Herzogstitel und Kurwürde der Herzöge von
Sachsen-Wittenberg. Damit trat die später zum obersächsischen Reichskreis
zählende Markgrafschaft M. gegenüber dem Herzogtum Sachsen in den Hintergrund
und wurde unter Sachsen mitverstanden. Sie umfasste das Gebiet der sogenannten
meißnischen, Leipziger und erzgebirgischen Kreise. Der meißnische Kreis
enthielt die Ämter M., Dresden, Dippoldiswalde, Pirna, Hohnstein (Hohenstein)
und Lohmen, Stolpen, Radeberg mit Laußnitz (Lausnitz), Großenhain mit
Moritzburg, Senftenberg, Finsterwalde, Mühlberg, Torgau und Oschatz. Der
Leipziger Kreis umfasste die Ämter Leipzig, Delitzsch, Zörbig, Eilenburg mit
Düben, Grimma, Mutzschen (Mutschen), Leisnig und Döbeln, Rochlitz, Colditz
(Kolditz), Borna, Pegau und das Stiftsamt Wurzen. Der erzgebirgische Kreis
zerfiel in die Ämter Freiberg, Augustusburg (Augustenburg), Chemnitz, Nossen,
Grillenburg mit Tharandt, Frauenstein, Altenberg, Lauterstein, Wolkenstein mit
Rauenstein, Grünhain mit Stollberg (Stolberg), Schwarzenberg mit Crottendorf
(Krottendorf), Wiesenburg und Zwickau mit Werdau (Werda). Bei späteren
Teilungen fiel der Hauptteil (Dresden, Freiberg, M.) an die albertinische Linie
des späteren Königreichs Sachsen. Sachsen kam
von 1949 bis 1990 zur Deutschen Demokratischen Republik.
L.: Wolff 378f.; Wallner 708 ObersächsRK 2; Großer Historischer Weltatlas II 34
(1138-1254) G3, II 66 (1378) G3; Blaschke, K./Kretzschmar, H., (Ober-)Sachsen
und die Lausitzen, (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Posse, O., Die
Markgrafen von Meißen und das Haus Wettin bis zu Konrad dem Großen, 1881;
Kötzschke, R./Kretzschmar, H., Sächsische Geschichte, Bd. 1, 2 1935, Neudruck
1965; Helbig, H., Der wettinische Ständestaat bis 1485, Bd. 1f. 2. A. 1980;
Pannach, H., Das Amt Meißen vom Anfang des 14. bis zur Mitte des 16.
Jahrhunderts, 1960; Polenz, P. v., Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, III,
25, IV, 5, Misner Bevölkerungsname; Mark Meißen, hg. v. Weise, H., 1989;
Blaschke, K., Geschichte Sachsens im Mittelalter, 1990; Blaschke, K., Meißen,
LexMA 6 1992, 476ff.; Rupp, G., Die Ekkehardiner, 1996; Weller, T., Die
Heiratspolitik, 2004; Urkunden der Markgrafen von Meißen und Landgrafen von
Thüringen 1196-1234, Register bearb. v. Baudisch, S. u. a., 2009.
Minden (Hochstift, Fürstbistum, Fürstentum,
Residenz). M. an einem wichtigen Übergang über die Weser wird erstmals 796
genannt (Minda). Um 803/804 (?) wurde dort durch Kaiser Karl den Großen unter
dem um 790 zum Bischof ernannten Erkanbert (von Fulda) ein Bistum mit der
Diözese zwischen Hunte und Aller (Hannover, Celle, Soltau, Dümmersee, Polle,
Nienburg) eingerichtet, das zur Erzdiözese Köln gehörte. 961 erhielt es die Immunität,
977 Markt, Münze und Zoll. Vögte waren seit etwa 1073/1080 die billungischen
Herzöge von Sachsen bzw. seit etwa 1096 bis 1398 die Herren vom Berge
(Hausberge). M. gewann ein kleines Herrschaftsgebiet (etwa ein Viertel der
Diözese), für das es 1180 nach dem Sturz Herzog Heinrichs des Löwen die
Herzogsgewalt erhielt. Es entsprach nach dem vorübergehenden Erwerb Hamelns von
Fulda (1259-1277, dann an die Welfen) und der Grafschaft Stemwede (Stenvede),
dem Verlust Stolzenaus an die Grafen von Hoya (1336) sowie nach dem Anfall der
Herrschaft der Edlen von (Haus-)Berg (Hausberge) 1398 etwa den Kreisen Lübbecke
und M. (Schlüsselburg, Hausberge, Rahden, Bünde, Oldendorf (Preußisch
Oldendorf), Löhne) und war damit eines der kleinsten geistlichen Fürstentümer
des Reiches. Seine Vogtei stand bis 1397 den Edlen vom Berge zu. Im Hochstift
erlangte die Stadt M. schon in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts eine
gewisse Selbständigkeit. Im 16. Jahrhundert kam das früh von der Reformation
erfasste, zum niederrheinisch-westfälischen Reichskreis zählende M. unter den
Einfluss der Herzöge von Braunschweig-Wolfenbüttel. 1661 starb der letzte
Bischof. 1648 wurde es gegen Abfindung der Lüneburger Welfen mit Osnabrück als
Entschädigung für Vorpommern Brandenburg zugesprochen, das es in ein weltliches
Fürstentum umwandelte und 1719 verwaltungsmäßig mit der Grafschaft Ravensberg
verband. Das Domkapitel bestand bis 1810 fort. Das Fürstentum enthielt die
beiden unmittelbaren Städte M. und Lübbecke und die Ämter Hausberge, Petershagen,
Reineberg, Rahden und Schlüsselburg. 1807/1808 ging es im Königreich Westphalen auf, das 1811 die Teile links
der Weser mit der Stadt M. an Frankreich verlor. 1813/1814 nahm es Preußen
wieder in Besitz und gliederte es 1815 der Provinz Westfalen an. 1946 kam das
Gebiet zu Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 330f.; Zeumer 553 II b 34; Wallner 702 WestfälRK 12; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) E2, III 22 (1648) D2, III 38 (1789) C1;
Ledebur, L. v., Das Fürstentum Minden und die Grafschaft Ravensberg, 1825,
Neudruck 2009; Richtering, H./Kittel, E., Westfalen-Lippe, (in) Geschichte der
deutschen Länder, Bd. 1; Holscher, L., Beschreibung des vormaligen Bistums
Minden nach seinen Grenzen, Archidiakonaten, Gauen und alten Gerichten, 1877,
Nachdruck o. J.; Spannagel, K., Minden-Ravensberg unter
brandenburgisch-preußischer Herrschaft 1648-1719, 1894; Hoogeweg, H., Die
Urkunden des Bistums Minden bis 1300, 1898; Frie, B., Die Entwicklung der
Landeshoheit der Mindener Bischöfe, 1909; Mindener Geschichtsquellen, hg. v.
Löffler, K., Bd. 1ff. 1917ff.; Blotevogel, H., Die älteste brauchbare Karte des
ehemaligen Fürstentums Minden. Die Schloenbachsche Handschriftenkarte von 1772,
Mindener Heimatblätter 6 (1937); Blotevogel, H., Studien zur territorialen
Entwicklung des ehemaligen Fürstentums Minden, Diss. phil. Münster 1939; Krieg,
M., Kleine Chronik von Minden, 1950; Dammeyer, W., Der Grundbesitz des Mindener
Domkapitels, 1957; Scriverius, D., Die weltliche Regierung des Mindener Stifts
von 1140 bis 1397, Bd. 1f. 1966ff.; Assmann, H., Beiträge zur Geschichte des
Kreises Minden 1816-1945, (in) Mitt. des Mindener Geschichtsvereins 40 (1968),
79; Köbler, G., Gericht und Recht in der Provinz Westfalen (1815-1945), FS G.
Schmelzeisen, 1980, 172; Ausgrabungen in Minden, hg. v. Trier, B., 1987;
Leutheusser, H., Rechtsanwaltschaft und Justiz in Minden, (1989); Brandt,
H./Hengst, K., Victrix Mindensis ecclesia, 1990; Hemann, F., Minden, LexMA 6
1992, 631; Linnemeier, B., Jüdisches Leben im alten Reich, 2000: Höfe und Residenzen
im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 570, 1, 2, 382;
Die Lehnsregister der Bischöfe von Minden bis 1324, bearb. v. Kemkes, H. u. a.,
2010 (768 Belehnungen); Sunderbrink, B., Revolutionäre Neuordnung auf Zeit,
2015.
Modena (Stadtkommune, Herzogtum). M. geht auf
das römische Mutina zurück, das seinerseits einer ligurischen und keltischen
Siedlung folgte. In der Mitte des 4. Jahrhunderts wurde es Sitz eines Bischofs.
In langobardischer und fränkischer Zeit war es Sitz eines Grafen. 961
unterstand es dem Haus Canossa. Danach erlangte es Selbständigkeit (1135
Konsuln). Von 1288 bis 1306 und von 1335/1336 bis 1796 stand es unter der
Herrschaft der Este, die 1471 vom Papst auch mit Ferrara belehnt wurden. 1452
wurde es durch Kaiser Friedrich III. zusammen mit Reggio nell’Emilia zum
Herzogtum erhoben. Beim Erlöschen der Hauptlinie zog der Papst 1597 Ferrara
ein. 1628/1631 konnte Correggio erworben werden, 1711 Mirandola und 1728/1737
Novellara. Nach der Besetzung durch Frankreich wurde am 16. 10. 1796 in M. die
Vereinigung des Herzogtums mit Bologna, Ferrara und Reggio zur Zispadanischen
Republik beschlossen, die 1797 in der Zisalpinischen Republik und 1805 im Königreich Italien Frankreichs aufging. Durch den
Reichsdeputationshauptschluss vom 25. 2. 1803 gelangten Breisgau und Ortenau
als Entschädigung an den Herzog von M. (Modena-Breisgau) bzw. das verschwägerte
Haus Österreich-Este, fielen aber 1805/1806 an Baden. 1814 kam das Herzogtum M.
an Österreich-Este (zurück). 1859/1860 wurde es mit dem Königreich Italien (1861) vereinigt. Das Haus Österreich-Este starb
1875 aus.
L.: Collana di storiografia modenese, 1964ff.; Barbieri, A., Modena ieri e
oggi, 1965; Santini, G., Lo stato estense tra riforme e rivoluzione, 1983;
Storia illustrata di Modena, hg. v. Golinelli, P./Muzzioli, G., 1990f.;
Golinelli, P., Modena, LexMA 6 1992, 708; Rölker, R., Adel und Kommune in
Modena, 1994; Schlinker, S., Fürstenamt und Rezeption, 1999, 193.
Montferrat (Markgrafschaft), ital. Monferrato,. Die
Markgrafschaft M. (zu 909 Monsferratus) zwischen Po und unterem Tanaro in
Oberitalien entstand im (10. und) 11. Jahrhundert. Die bis in die Mitte des 10.
Jahrhunderts zurückverfolgbaren, im frühen 12. Jahrhundert erstmals so
bezeichneten Markgrafen erlangten 1204 in den Kreuzzügen das Königreich Thessalien. 1305 kam M. durch Erbschaft
über die Erbtochter (Irene) an eine Seitenlinie der Kaiser von Byzanz (Könige
von Griechenland) und von diesen nach Aussterben der Linie (1533) 1536/1559 an
die Gonzaga von Mantua. 1574 wurde es Herzogtum. 1630/1631 fiel im
mantuanischen Erbfolgekrieg ein Teil an Savoyen. Dieses bzw. Sardinien erhielt
1703/1713 den Rest als durch Felonie Mantuas erledigtes Reichslehen. Über
Savoyen/Sardinien kam M. zu Italien (1861).
L.: Großer Historischer Weltatlas II 48 (1300) B/C2, II 78 (1450) F4; Usseglio,
L., I marchesi di Monferrato in Italia e in Oriente durante i secoli XII e
XIII, hg. v. Patrucco, C., 1926; Colli, G., Monferrato, 1960; Haberstumpf, W.,
Regesto dei marchesi di Monferrato di stirpe aleramica e paleologa per
l’Outremer e l’Oriente (S. XII-XV), 1989; Settia, A., Montferrat, LexMA 6 1992,
799.
Mühlhausen (Reichsstadt). Das (775 anlässlich der
Übertragung eines Zehnten an Hersfeld oder) 967 erstmals erwähnte M.
(Molinhusen) an der Unstrut in Thüringen (war seit karolingischer Zeit?)
Mittelpunkt eines fränkischen Reichsgutes mit franci homines. Die zugehörige
Pfalz wurde von den Kaisern und Königen des 10. und 11. Jahrhunderts häufig
besucht. Bei ihr entwickelte sich eine Siedlung, die schon 974 hervorgehoben
wurde. 1188 wurde M. civitas imperatoris, 1206 civitas regia und um 1220 des
richis stad genannt. Um 1225 wurde ihr Recht im Mühlhäuser Reichsrechtsbuch
aufgezeichnet. 1231/1337 wurde die Gerichtsbarkeit des Reichsburggrafen von der
Stadt erworben. 1256 trat die Stadt dem rheinischen Städtebund bei. Vor 1290
wurde die kaiserliche Burg zerstört. Ab 1311 wurden Statuten aufgezeichnet.
1336 wurde das Reichsschultheißenamt erlangt. Seit 1348 galt M. als freie
Reichsstadt., Bis 1370 gewann M. ein Herrschaftsgebiet mit 19 Dörfern sowie
etwa 220 Quadratkilometern. 1418 trat die Stadt der Hanse bei. Bis 1450 wuchs
die Stadt auf rund 8000 Einwohner. 1483 wurde M. Schutzstadt des Hauses Wettin.
Zwischen dem Bauernkrieg (1524/1525) und 1548 ging die Reichsfreiheit als Folge
des Wirkens Thomas Müntzers (1524) vorübergehend verloren zugunsten eines
jährlich wechselnden Regiments durch Sachsen und Hessen. 1542 wurde die Stadt
gewaltsam reformiert. 1710 wurde das zum niedersächsischen Reichskreis zählende
M. Schutzstadt Braunschweig-Lüneburgs (Hannovers). 1802/1803 fiel es mit 4
Quadratmeilen Gebiet und 9000 Einwohnern an Preußen (1807-1813 Teil des
Harzdepartements des Königreiches Westphalen).
1815 wurde M. der preußischen Provinz Sachsen angeschlossen. Am 1. 7. 1944
wurde der Reichsstatthalter in Thüringen mit der Wahrnehmung der Aufgaben und
Befugnisse des Oberpräsidenten in der staatlichen Verwaltung des
Regierungsbezirks Erfurt beauftragt. Mit Thüringen kam M. 1945 zur sowjetischen
Besatzungszone und von 1949 bis 1990 zur Deutschen Demokratischen Republik. S.
Thüringen.
L.: Wolff 457f.; Zeumer 554 III a 10; Wallner 707 NiedersächsRK 22; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) F3, II 78 (1450) G3, III 22 (1648) E3, III
38 (1789) D2; Herquet, K., Urkundenbuch der ehemaligen Freien Reichsstadt
Mühlhausen, 1874; Jordan, R., Chronik der Stadt Mühlhausen, Bd. 1ff. 1900ff.;
Jordan, R., Der Übergang der Reichsstadt Mühlhausen an das Königreich Preußen 1802, 1902; Steinert, R., Das
Territorium der Reichsstadt Mühlhausen in Thüringen, 1910; Weißenborn, F.,
Mühlhausen in Thüringen und das Reich, 1911; Bemmann, R., Die Stadt Mühlhausen
im späteren Mittelalter, 1915; Das Mühlhäuser Reichsrechtsbuch, hg. v. Meyer,
H., 3. A. 1936; Günther, G., Mühlhausen in Thüringen. 1200 Jahre Geschichte der
Thomas-Müntzer-Stadt, 1975; Günther, G./Korf, W., Mühlhausen
Thomas-Müntzer-Stadt, 1986; Gockel, M., Mühlhausen oder Mölsen, Mühlhauser
Beiträge 11 (1988), 26; Blaschke, K., Mühlhausen, LexMA 6 1992, 891; Lau, T.,
Bürgerunruhen und Bürgerprozesse, 1999; Die Statuten der Reichsstadt Mühlhausen
in Thüringen, bearb. v. Weber, W., 2003.
Namur (Gau, Grafschaft, Markgrafschaft), fläm.
Namen. Im Gebiet der Mündung der Sambre in die Maas lag wahrscheinlich schon im
ersten vorchristlichen Jahrhundert das oppidum Aduatucorum bzw. Aduaticorum. Im
7. Jahrhundert erscheint hier die Münzstätte N. Um die Burg entwickelten sich
Stadt und Grafschaft (832 Gau Namucensis). Die um 930 den Grafen von Lomme (um
1150 Heinrich der Blinde Graf von Namur, Laroche, Durbuy, Longwy und Luxemburg,
Vogt von Stablo, Sankt Maximin und Echternach) und 1188 den verwandten Grafen
bzw. Markgrafen von Hennegau (und Flandern) zustehende Grafschaft fiel 1213 an
die Courtenay und durch Verkauf 1263 an die Grafen von Flandern, 1421/1429
durch Verkauf seitens des erbenlosen Grafen Johann III. an Philipp von Burgund.
Mit Burgund kam sie 1477/1493 an Habsburg und zählte zum burgundischen
Reichskreis. 1692 wurde N. von Ludwig XIV. von Frankreich, 1695 von Wilhelm von
Oranien erobert. Von 1715 bis 1781 gehörte N. zu den Barrierefestungen der (österreichischen)
Niederlande. 1815 fiel es an die Niederlande. 1830/1831 kam es bei der Lösung
Belgiens vom Königreich der Niederlande an
Belgien.
L.: Wolff 63; Wallner 701 BurgRK 1; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378)
C3, II 78 (1450) E3; Curs, O., Deutschlands Gaue im zehnten Jahrhundert, 1908,
15 Namucensis (Brogne); Vanderkindere, L., La formation territoriale des
principautés belges, Bd. 1f. 1909; Actes des comtes de Namur, hg. v. Rousseau,
1936f.; Brouette, E., Introduction aux études historiques, archéologiques et
folkloriques du Namurois, 1947; Balon, J., La maison de Namur sur la scène de
la grande histoire, 1950; Polenz, P. v., Landschafts- und Bezirksnamen, 1961,
II, 18, 32, IV, 18, pagus Namurensis, pagus Namucensis; Genicot, L., Le Namurois
politique, 1964; Genicot, L., Études sur les principautés lotharingiennes,
1975; Bovesse, J., La maison comtale namuroise (Xe s.-1429), 1979; Nonn, U.,
Pagus und comitatus in Niederlothringen, 1983, 147, 205 ?; Namur. Le site,
les hommes. De l’époque romaine au XVIIIe siècle, 1988; Genicot, L., Namur,
LexMA 6 1992, 1011; Schlinker, S., Fürstenamt und Rezeption, 1999, 53; Escher,
M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 452, 2, 448.
Neapel (Königreich).
N. an dem nach ihm benannten Golf im westlichen Unteritalien wurde als
griechische Kolonie (Neapolis, neue Stadt) gegründet. 326 v. Chr. schloss es
sich an Rom an. Nach dem Untergang Westroms gehörte es zum Reich der Ostgoten,
dann seit etwa 550 (553) zum byzantinischen Exarchat. Hier erlangte N. unter
seinen Erzbischöfen eine ziemlich freie Stellung. Von 1057 bis 1085 kam
Unteritalien an die Normannen, die von 1061 bis 1091 auch Sizilien eroberten.
1139 wurde N. dem Königreich Sizilien einverleibt.
Durch die Heirat Konstanzes von Sizilien 1186 errang Kaiser Heinrich VI. das
Normannenreich für die Staufer. 1266/1268 eroberte der französische Prinz Karl
II. von Anjou im Auftrag des Papstes das Reich. 1282 errang in der blutigen
Sizilianischen Vesper König Peter von Aragonien bzw. Aragon, der Schwiegersohn
des Staufers Manfred, die Herrschaft über Sizilien. Obwohl danach Sizilien
selbständig war, wurde auch das Königreich der
Anjou in Unteritalien als Königreich Sizilien
und erst seit der Mitte des 14. Jahrhunderts auch als Königreich
N. bezeichnet. Nach dem Aussterben der Hauptlinie der Anjou 1435 gewann Alfons
V. von Aragonien bzw. Aragon den Kampf um das neapolitanische Erbe und
vereinigte 1435/1442 Sizilien wieder mit N. (in Personalunion). Nach vorübergehendem
Verlust an Frankreich (1495-1503) sicherte Ferdinand von Aragonien bzw. Aragon
die spanische Herrschaft über N., das danach von spanischen Vizekönigen
verwaltet wurde. Nach dem spanischen Erbfolgekrieg fielen 1713/1714 N. und
Sardinien an Österreich, Sizilien an (den Urenkel Philipps II. von Spanien,
Viktor Amadeus II. von Sayoyen-)Piemont. 1719/1720 tauschte Österreich Sizilien
gegen Sardinien (an Piemont) ein. 1735 gab Kaiser Karl VI. nach der Niederlage
im polnischen Nachfolgekrieg das Königreich
Neapel-Sizilien an eine Nebenlinie der spanischen Bourbonen. 1806 fiel N. an
Frankreich, kam aber 1815 an die Bourbonen zurück. 1816 begründete König
Ferdinand von Bourbon unter Aufgabe des seit dem 16. Jahrhundert allgemeiner
verwendeten Namens Königreich N. förmlich das Königreich beider Sizilien. Auf Grund einer
Volksabstimmung vom 21. 10. 1860 gelangte das seit 1820 von Aufständen
geschüttelte Land an das Königreich Sardinien
bzw. das neue Königreich Italien (1861).
L.: Benedikt, H., Das Königreich Neapel unter
Kaiser Karl VI., 1927; Gunn, P., Neapel, 1964; Croce, B., Opere, Bd. 3 Storia
del regno di Napoli, 1966; Fuiano, M., Napoli nel Medioevo, 1972; Galasso, G.,
Intervista sulla storia di Napoli, 1978; Galasso, G., Il Regno di Napoli, (in)
Il Mezzogiorno angioino e aragonese (1266-1494), 1992, 1ff.; Vitolo, G.,
Neapel, LexMA 6 1992, 1075; Cuozzo, E., Neapel, LexMA 6 1992, 1076;
Pesendorfer, F., Österreich, Großmacht am Mittelmeer?, 1998; Kiesewetter, A.,
Die Anfänge der Regierung König Karls II., 1999.
Neuenburg (Grafschaft, Fürstentum), frz.
Neuchâtel. An der Stelle vorgeschichtlicher Siedlungen und einer älteren
Grafenburg wurde 1011 eine neue Burg (novum castellum) errichtet. 1032
(1032/1033) kam das im 9. Jahrhundert an das Königreich
Burgund gefallene Gebiet um N. zum Deutschen Reich. Die seit der Mitte des 12.
Jahrhunderts fassbaren, seit 1196 als Grafen auftretenden Herren von N.
stammten von den Grafen von Fenis ab. 1214 wurde geteilt. 1218 wurden die
Grafen nach dem Aussterben der Herzöge von Zähringen reichsunmittelbar. 1226
wurde in die Linien Nidau, Straßberg und Aarberg-Valangin geteilt. Seit 1288
waren die Grafen von Chalon (und später die Oranier) Oberlehnsherren. Nach dem
Aussterben der Grafen von N. 1373 kamen ihre Güter erbweise 1395 an die
verwandten Grafen von Urach-Freiburg und 1458 an die Markgrafen von Hachberg.
1406 ging N. mit Bern ein ewiges Burgrecht ein. 1504 fiel die Grafschaft über
eine Erbtochter von den Hachberg an das Haus Orléans-Longueville (bourbonische
Nebenlinie der Ducs de Longueville). Um 1530 wurde die Reformation eingeführt.
1579/1592 erwarb das Haus Orléans-Longueville die Rechte über Valangin. 1643
nahm es den Titel eines Fürsten von N. an. 1648 wurde die Grafschaft zum
souveränen, unter dem Schutz der Eidgenossenschaft stehenden Fürstentum
erhoben. Nach dem Aussterben des Hauses Orléans-Longueville 1694/1707 ging das
Fürstentum durch Wahl der Stände an Friedrich I. von Preußen als testamentarischen
Erben des Hauses Oranien, das die 1530 ausgestorbenen Grafen von Chalon beerbt
hatte. 1713 wurde dies von Frankreich anerkannt. 1805 kam N. (wie Kleve) durch
von Napoleon erzwungene Abtretung seitens Preußens (gegen Hannover) an
Frankreich bzw. 1806 dessen Marschall Berthier. Nach der Wiedervereinigung mit
Preußen (1814) gab König Friedrich Wilhelm III. dem Fürstentum eine Verfassung
(charte constitutionelle vom 18. 6. 1814), erklärte es als einen souveränen
Staat und bewirkte, dass es am 12. 9. 1814 als 21. Kanton in die
Eidgenossenschaft der Schweiz aufgenommen wurde. In Bezug auf seine inneren
Angelegenheiten blieb N. Fürstentum des Königs von Preußen. Die vom König von
Preußen als persönlicher Besitz vorbehaltenen Hoheitsrechte wurden am 1. 3. 1848
revolutionär durch eine republikanische Verfassung aufgehoben und die Monarchie
abgeschafft. Am 26. 5. 1857 verzichtete der König von Preußen auf alle Rechte,
behielt aber den Titel Fürst von N. und Graf von Valangin, den er 1861 aufgab.
S. Neuenburg (Kanton).
L.: Wolff 537; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) D5, II 72 b (bis
1797) B2/3; Chambrier, F. de, Histoire de Neuchâtel et Valangin, 1840, Neudruck
1984; Oppinger, E., Neuenburg, die Schweiz und Preußen 1798 bis 1806, 1915;
Bonjour, E., Preußen und Österreicher im Neuenburger Konflikt, 1931; Thévenaz,
L., Histoire du pays de Neuchâtel, 1948; Bonjour, E., Der Neuenburger Konflikt,
1957; Neuchâtel et la Suisse, hg. v. Montandon, L. u. a., 1969; Histoire du
Pays de Neuchâtel, Bd. 1 1989; Bibliographie neuchâteloise, hg. v. Froidevaux,
A., 1990; Koler-Weiß, K., Neuenburg, LexMA 6 1992, 1100; Bachmann, A., Die
preußische Sukzession in Neuchâtel, 1993; Stribrny, W., Die Könige von Preußen
als Fürsten von Neuenburg-Neuchâtel, 1998; Weber, N., Lokale Interessen und
große Strategie – Das Fürstentum Neuchâtel und die politischen Beziehungen der
Könige von Preußen (1707-1806), 2015.
Neuenheerse (Kloster). Um 868 gründete Bischof
Liuthard von Paderborn das Kanonissenstift Heerse an der Nethequelle. 871 nahm
König Ludwig der Deutsche die Stiftung in seinen Schutz. Die Vogtei hatten im
12. Jahrhundert die Edelherren von Eberschütz-Schöneberg als Lehen des Stiftes
inne. Bei ihrem Aussterben 1429 ging sie auf einen Herzog von
Braunschweig-Lüneburg und 1438 auf die Landgrafen von Hessen über. 1810 wurde
das 1803 in Preußen umgewandelte Stift im Königreich
Westphalen aufgehoben. 1815 kam N. an Preußen und 1946 an Nordrhein-Westfalen.
L.: Gemmeke, A., Geschichte des adeligen Damenstifts zu Neuenheerse, 1931.
Neuhaus (Amt). Das über das Herzogtum
Braunschweig-Lüneburg und das spätere Königreich
Hannover und damit Preußen (1866) 1945 mit 6500 Einwohnern von der britischen
Besatzungszone im Zuge einer Grenzbegradigung an die sowjetische Besatzungszone
und damit von 1949 bis 1990 an die Deutsche Demokratische Republik gelangte,
229 Quadratkilometer große Gebiet (Neu Wendischthun [Neuwindischthun], Sückau,
Niendorf, Viehle, Sumte, Haar, Darchau, Vockfey, Stapel, Zeetze [Zetze], Laave,
Kaarßen, Tripkau, Wehningen, Wilkenstorf) kam am 1. 7. 1993 von
Mecklenburg-Vorpommern an Niedersachsen zurück.
L.: Wolff 450.
Niederlande (Staat). Bei der karolinigischen
Reichsteilung 843 fiel Flandern westlich der Schelde an das westfränkische
Reich (Westfranzien, Frankreich), der übrige Raum um Maas, Schelde und Rhein an
das mittlere Reich Kaiser Lothars und 879/925 an das ostfränkische Reich.
1477/1493 kam das sich (seit etwa 1200 oder 1540?) sprachlich
verselbständigende Gebiet der späteren N. über Maria von Burgund von Burgund an
Habsburg, das die von Burgund zusammengefassten Gebiete hausmachtpolitisch
gegenüber dem Reich zu verselbständigen suchte. Kaiser Karl V. fügte durch Kauf
1524 Friesland, durch Säkularisation 1528 Utrecht und Overijssel mit Deventer
sowie 1538 Groningen und 1543 Geldern dem 1512/1548 gebildeten burgundischen
Reichskreis hinzu, so dass insgesamt ein Komplex von 17 Gebieten entstand
(Brabant, Limburg, Luxemburg, Geldern, Flandern, Artois [mit Arras], Hennegau,
Holland, Seeland, Namur, Friesland, Rijssel [Lille], Doornik [Tournai],
Mecheln, Utrecht, Overijssel und Groningen), und übertrug 1555 die Nachfolge an
Philipp II. von Spanien (spanische N.). Seit 1565 wehrten sich Adlige in dem
seit etwa 1540 zunehmend calvinisierten Gebiet gegen die von Philipp II. seiner
Statthalterin Margarete von Parma (1559) in Auftrag gegebene Steigerung der
königlichen Macht, mit der eine starke Erhöhung finanziellen wie religiösen
Druckes einherging. Nach Ablehnung einer Bittschrift bildeten sie einen Bund
des als Geusen verhöhnten Adels, der von den calvinistischen Religionsführern
unterstützt wurde. 1567 wurde Margarete von Parma durch Herzog Alba als
Statthalter abgelöst, der den Aufstand zunächst niederschlug. Am 1. 4. 1571
besetzten die Meergeusen Brielle (Briel) an der Maasmündung. Danach erhoben
sich Seeland und Holland. Am 18. 7. 1572 wählten zwölf Städte in Seeland und
Holland Wilhelm von Oranien zum königlichen Statthalter von Holland, Seeland
und Utrecht. Am 8. 11. 1576 schlossen sich weitere Gebiete an. Am 23. 1. 1579
einigte Oranien in der Union von Utrecht die sieben nördlichen Provinzen
Holland, Seeland, Utrecht, Geldern, Groningen, Overijssel (mit Drente) und
Friesland, zu denen noch Flandern und Brabant kamen. 1581 setzte die Utrechter
Union Philipp II. ab und schloss sich in den Generalstaaten zu einem losen
Staatenbund zusammen (Republik der Vereinigten N.). Die südlichen N. wurden von
Spanien erneut unterworfen. Nach weiteren schweren Kämpfen, in denen die seit
1635 mit Frankreich verbündeten Generalstaaten 1629-1637 den nördlichen Teil
Brabants als Generalitätslande eroberten, wurden die Generalstaaten 1648 als
eigener vom Reich gelöster Staat anerkannt. Ihr Interesse verlagerte sich rasch
vom Reich auf die überseeischen Kolonien. Von 1590 bis 1700 waren die von 1572
bis 1650, von 1672 bis 1702 sowie von 1742 bis 1795 unter einem Statthalter
handelnden N. das am stärksten urbanisierte und wirtschaftlich
fortgeschrittenste Land Europas. Die südlichen (spanischen) Niederlande
(Hennegau, Flandern, Artois, Namur, Luxemburg) kamen nach dem spanischen
Erbfolgekrieg 1713/1714 von Spanien an Österreich. 1794 wurden sie von
Frankreich erobert. Sie blieben Teil des deutschen Reiches. 1797/1801 musste
Österreich sie an Frankreich abtreten. 1806 machte Napoleon die Generalstaaten
zum Königreich Holland und vereinigte dieses
1810 mit Frankreich. 1814 wurde nach der Vertreibung der französischen Truppen
die Vereinigung der nördlichen und südlichen N. sowie Lüttichs als Königreich der Vereinigten N. beschlossen. Dieses
gehörte dem Deutschen Bund durch Personalunion mit Luxemburg an. 1830 wurde
mittels der belgischen Revolution die Verbindung der sich benachteiligt
fühlenden südlichen N. mit den nördlichen N. gelöst und Belgien von den N.
getrennt. 1866 schieden Limburg und Luxemburg mit der Auflösung des Deutschen
Bundes aus diesem aus. S. Flandern, Brabant, Hennegau, Namur, Limburg, Lüttich,
Holland, Utrecht, Seeland, Geldern, Cambrai, Niederlothringen.
L.: Die Territorien des Reichs 3, 200; Blok, P., Geschichte des
niederländischen Volkes, Bd. 1ff. 1901ff.; Geschiedkundige Atlas van Nederland,
hg. v. Beekman, A., 1911ff.; Pirenne, H., Histoire de Belgique, Bd. 1ff. 1926;
Geschiedenis van Nederland, hg. v. Brugmans, H., Bd. 1ff. 1933ff.; Reese, W.,
Die Niederlande und das Reich, Bd. 1 3. A. 1943; Allgemene geschiedenis der
Nederlanden, hg. v. Niermeyer, J. u. a., Bd. 1ff. 1949ff., Neue Ausgabe
1980ff.; Polenz, P. v., Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, II, 50; Buck, H.
de, Bibliografie der geschiedenis van Nederland, Leiden 1968; Prevenier,
W./Blockmans, W., Die burgundischen Niederlande, 1986; De Nederlanden in de
late middeleeuwen, hg. v. Boer, D. de/Marsilje, J., 1987; Schepper, H. de,
Belgium Nostrum, 1987; Schilling, J./Täubrich, R., Niederlande, 1988;
Blockmans, W., Niederlande, LexMA 6 1993, 1141; Lademacher, H., Die
Niederlande, 1993; North, M., Geschichte der Niederlande, 1997; Mörke, O.,
Stadtholder oder Staetholder?, 1997; Weis, M., Les pays-bas espagnols, 2003;
Seggern, H. v., Geschichte der burgundischen Niederlande, 2009; Verortete
Herrschaft, hg. v. Lieven, J., 2014, 211.
Nordhausen (Reichsstadt). Bei einer um 910 an
wichtigen Straßenkreuzungen errichteten Burg erscheint 927 erstmals der Ort N.
als Gut König Heinrichs I., der dieses 929 seiner Frau Mathilde als Wittum gab.
961 gründete sie in N. ein Kanonissenstift, dem der Ort gehörte. 972 gab König
Otto II. N. als Mitgift seiner Gemahlin Theophanu. 1220 löste Kaiser Friedrich
II. N. aus der Abhängigkeit des in ein Domstift umgewandelten Stiftes. 1277
wurde der Reichsvogt vertrieben und die Reichsburg zerstört. König Rudolf von
Habsburg stärkte gleichwohl 1290 die Stellung der Bürger. Von 1312 bis 1594
waren die Grafen von Hohnstein, danach das Haus Wettin, seit 1697 Brandenburg
Reichsvogt. 1524 wurde die Reformation eingeführt. Von 1703 bis 1714 besetzte
Brandenburg N. 1716 gewann die zum niedersächsischen Reichskreis zählende Stadt
das Amt des Reichsvogtes und Reichsschultheißen gegen 50000 Taler für sich.
1802 kam N. an Preußen, wurde von 1807 bis 1813 dem Harzdepartement des Königreichs Westphalen eingefügt und 1815 der Provinz
Sachsen Preußens eingegliedert. Am 1. 7. 1944 wurde der Reichsstatthalter in
Thüringen mit der Wahrnehmung der Aufgaben und Befugnisse des Oberpräsidenten
in der staatlichen Verwaltung des Regierungsbezirks Erfurt beauftragt. Mit
Thüringen kam N. 1945 zur sowjetischen Besatzungszone und fiel damit von 1949
bis 1990 an die Deutsche Demokratische Republik. S. Thüringen
L.: Wolff 458; Zeumer 554 III a 11; Wallner 707 NiedersächsRK 26; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) F3, III 22 (1648) E3; Silberlath, H.,
Geschichte der freien Reichsstadt Nordhausen, 1927; Das tausendjährige
Nordhausen, hg. v. Magistrat, Bd. 1f. 1927; Döring, O., Nordhausen, 1929; Heineck,
H., Chronik der Stadt Nordhausen, 1930; Nordhausener Urkundenbuch, bearb. v.
Lücke, G./Meissner, G., Bd. 1f. 1936ff.; Silberborth, H., Preußen und Hannover
im Kampf um die freie Reichsstadt Nordhausen, 1936; Blaschke, K., Nordhausen,
LexMA 6 1993, 1236.
Oberlausitz (Markgrafschaft, Markgrafentum [ohne
Reichsstandschaft]). Die O. (zu sorb. luzica, Sumpfland) um Bautzen zwischen
Queis, Pulsnitz, Zittauer Bergland und Niederlausitz war von den slawischen
Milcanen (Milzenern) besiedelt und wurde im 10./11. Jahrhundert von den
Deutschen unterworfen. Sie wurde zunächst als Land Budissin (Bautzen)
bezeichnet, das meist zur sächsischen Ostmark gehörte. 1046 gelangte sie als
Reichslehen an die wettinischen Markgrafen von Meißen. 1081/1158 kam dieses
Land als Reichslehen an Böhmen. 1253 wurde das Gebiet zum größten Teil an
Brandenburg verpfändet. 1268 wurde in die Länder Bautzen und Görlitz geteilt.
Nach dem Aussterben der Askanier (1319) bemächtigte sich Heinrich von Jauer des
Landes Görlitz und Johann von Böhmen des Landes Bautzen. Heinrich von Jauer
trat seine angeblichen Rechte auf Bautzen an Johann von Böhmen ab, der 1320 vom
König mit Bautzen belehnt wurde. Mit dem Tod Heinrichs von Jauer fiel auch
Görlitz 1329/1346 an Böhmen. Von 1377 bis 1396 war es als böhmische
Sekundogenitur nochmals selbständig. 1414 kam Zittau hinzu. Im 15. Jahrhundert
trat dann nach der Ausdehnung des Namens Lausitz auf Bautzen und Görlitz der
Name O. für die Länder Bautzen und Görlitz auf. Diese O. wurde 1620/1635/1648
von Habsburg/Österreich, das sie einschließlich Zittaus 1526 mit Böhmen erlangt
hatte, als Mannlehen Böhmens an Sachsen (Kursachsen) abgetreten, genoss dort
aber bis 1919 eine Sonderstellung. Das 103 Quadratmeilen große Gebiet der O.
umfasste die Kreise Bautzen (mit den Städten Bautzen, Kamenz und Löbau, den
Herrschaften Hoyerswerda und Königsbrück, dem Stift Sankt Peter und dem Kloster
Marienstern und mehreren ritterschaftlichen Orte) und Görlitz (mit den Städten
Görlitz, Zittau und Lauban, den Herrschaften Muskau und Seidenberg, zwei
Klöstern und einigen ritterschaftlichen Orten). 1815 fiel der nordöstliche Teil
(mit Görlitz) an Preußen und wurde mit der Provinz Schlesien vereinigt. 1835
wurde der bei Sachsen gebliebene Rest (mit dem 1845 von Österreich erlangten
Schirgiswalde, 61 Quadratmeilen) unter Aufhebung seiner Provinzialverfassung
dem Königreich Sachsen eingegliedert.
L.: Wolff 468ff.; Großer Historischer Weltatlas III 22 (1648) G3, III 38 (1789)
E2; Blaschke, K./Kretzschmar, H., (Ober-)Sachsen und die Lausitzen, (in)
Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Scheltz, T., Gesamtgeschichte der Ober-
und Niederlausitz, Bd. 1f. 1847ff.; Codex diplomaticus Lusatiae superioris, Bd.
1ff. 1851ff.; Köhler, J., Geschichte der Oberlausitz, Bd. 1f. 1867ff.; Knothe,
H., Urkundliche Grundlagen zu einer Rechtsgeschichte der Oberlausitz, (in)
Lausitzisches Magazin 53 (1877); Schremmer, W., Die deutsche Besiedlung
Schlesiens und der Oberlausitz, 2. A. 1927; Die preußische Oberlausitz, hg. v.
Salomon, B./Stein, E., 1927; Reuther, M., Die Oberlausitz im Kartenbild des 16.
bis 18. Jahrhundert. Mit besonderer Berücksichtigung der deutsch-sorbischen
Sprachgrenzkarten von Scultetus bis Schreiber, 1954; Reuther, M., Die Oberlausitz
als Geschichtsraum, Bll. f. dt. LG. 93 (1957/1958), 102; Eichler, E./Walther,
H., Ortsnamenbuch der Oberlausitz, Bd. 1 Namenbuch, 1975; Die Oberlausitz im
frühneuzeitlichen Mitteleuropa, hg. v. Bahlcke, J., 2007; Salza und Lichtenau,
H. v., Die weltliche Gerichtsverfassung in der Oberlausitz bis 1834, 2013.
Oberösterreich (Fürstentum, Bundesland). Das Gebiet
zwischen Donau, Inn und Enns gehörte zunächst zum keltischen Königreich Noricum, seit 15 n. Chr. zur römischen
Provinz Noricum ripense. Seit dem 6. Jahrhundert wurde es von Bayern besiedelt
(748 Mondsee, 777 Kremsmünster). Die wichtigste Stellung errangen die Grafen
von Traungau. 1058 folgten ihnen die Burggrafen (Otakare, Ottokare) von Steyr.
1156/1192 kamen die Güter an die Babenberger, die 1189 Regauer Güter mit
Vöcklabruck, 1216 die Herrschaft Wels, 1224 die Herrschaft Waxenberg und 1271
die Herrschaft Linz, erwarben. Seit 1254/1261/1264 erscheint nach dem
Aussterben der Babenberger und der Lösung der Verbindung des Traungaus mit der
Steiermark durch König Ottokar von Böhmen Austria superior (O., 1264) als
politische und gerichtliche Verwaltungseinheit. Nach Übergang an die Grafen von
Habsburg (1282) kam 1289 das Land westlich der Großen Mühl hinzu. In
kriegerischen Auseinandersetzungen unterwarf Habsburg 1380/1390 die Grafen von
Schaunberg (bzw. Schaunburg). Seit 1453 wurden die Gebiete bzw. Güter der
Hochstifte Salzburg, Regensburg, Freising, Eichstätt und Bamberg zu Landständen
herabgedrückt. Von 1456 bis 1483 wurde O. eigenes Fürstentum, um 1466 auch so
genannt. 1506 wurde im bayerischen Erbfolgekrieg die Herrschaft Wildenegg
(Wildeneck) mit dem Land Mondsee (Mondseeland) und Wolfgangsee von Bayern für
O. erworben. Das früh verbreitete Luthertum wurde durch die Gegenreformation
beseitigt. 1554/1559 setzte sich das Fürstentum Österreich ob der Enns
endgültig gegen Österreich unter der Enns (Niederösterreich) durch. Im Übrigen
wurden in der frühen Neuzeit als (Ländergruppe) O. verschiedentlich auch Tirol
und Vorderösterreich bezeichnet. 1765 kam es zu einem Gebietsaustausch zwischen
O. und Passau. 1779 fiel das Innviertel an O., 1782 Obernberg und Vichtenstein.
1809 an Bayern verlorene Gebiete kamen 1816 zurück. Ab 1784/1804/1815 war O.
Herzogtum, von 1849 bis 1918 selbständiges Kronland (1861 Erzherzogtum), seit
1920 Bundesland Österreichs, von 1938 bis 1945 Hauptteil des Reichsgaus
Oberdonau. In der frühen Neuzeit wurden auch Tirol und die Vorlande
verschiedentlich als O. bezeichnet.
L.: Wolff 26; Lechner, K., Oberösterreich, (in) Geschichte der deutschen
Länder, Bd. 1; Die Territorien des Reichs 1, 118; Pritz, F., Geschichte des
Landes ob der Enns, Bd. 1f. 1847; Urkundenbuch des Landes ob der Enns, Bd. 1ff.
1852ff.; Vancsa, M., Geschichte Nieder- und Oberösterreichs, Bd. 1f. 1905ff.;
Straßmayr, E., Bibliographie zur oberösterreichischen Geschichte, Bd. 1ff.
1929ff.; Schiffmann, K., Historisches Ortsnamenlexikon des Landes
Oberösterreich, Bd. 1f. 1935ff.; Regele, O., Beiträge zur Geschichte der
staatlichen Landesaufnahme und Kartographie in Österreich bis 1918, 1955;
Strnadt, J., Österreich ob der Enns, (in) Erläuterungen zum Historischen Atlas
der österreichischen Alpenländer 1917, 1956; Ferihumer, H., Oberösterreich,
(in) Erläuterungen zum Historischen Atlas der österreichischen Alpenländer
1917, 1956; Zibermayr, I., Noricum, Baiern und Österreich, 2. A. 1956; Atlas
von Oberösterreich, hg. i. A. der oberösterr. Landesregierung v. Inst. für
Landeskunde von Oberösterreich, Leitung Pfeffer, F./Burgstaller, E., 1958ff.;
Pfeffer, F., Das Land ob der Enns, 1958; Bernleithner, E., Die Entwicklung der
Kartographie in Österreich, Ber. zur dt. Landeskunde 22 (1959); Hageneder, O.,
Die Geschichte des „Landes“ Oberösterreich, (in) Österreichisches Städtebuch,
hg. v. Hoffmann, A., Bd. 1 1968; Hageneder, O., Die Entstehung des Landes ob
der Enns, (in) Kulturzs. Oberösterreich 18/2 (1968); Österreichisches
Städtebuch, hg. v. Hoffmann, A., 1968ff.; Haider, S., Geschichte
Oberösterreichs, 1987; Landtafel des Erzherzogtums Österreich ob der Enns, hg.
v. Strätz, H., 1990; Oberösterreichische und kaiserliche Zentralbehörden bis
1752, bearb. v. Steuer, P. u. a., 2014.
Osnabrück (Hochstift, Residenz). In O. an der Hase
wurde im Zuge der Christianisierung Sachsens vor 787 (780?, 785?) eine dem
Bistum Lüttich unterstehende Kirche und vor 803 (?) ein der Erzdiözese Köln
zugehöriges, 803 erstmals genanntes Bistum (Bischof Wiho) gegründet, das zwischen
Wiehengebirge und Teutoburger Wald von der Ems bis zur Hunte und von Oldenburg
bis zum Weserbergland reichte (Tecklenburg, Ravensburg, Niederstift Münster)
und das besonders durch den Streit mit Corvey und Herford um den Zehnten (1068)
und die hierfür erstellten Urkundenfälschungen hervortrat. 1236 gelang dem
Bischof der Rückkauf der Vogtei über das Kirchengut einschließlich der Stadt O.
von den Grafen von Tecklenburg, die seit etwa 1180 die Vogtei innegehabt
hatten. Die weltliche Herrschaft erlangten die Bischöfe vor allem im frühen 13.
Jahrhundert in der Umgebung Osnabrücks, im sog. Osnabrücker Nordland mit
Fürstenau und Bersenbrück sowie um Iburg und Wiedenbrück (Amt Reckenberg).
Gegenüber dem größten Umfang um 1250 traten Verluste des um 1400 in die Ämter
Fürstenau, Vörden, Hunteburg, Wittlage, Grönenberg (Grönenburg), Iburg und
Reckenberg gegliederten Hochstifts dadurch ein, dass das Niederstift Münster
(1667) an Münster fiel und Grafschaften unabhängig wurden. Die Stadt O. löste
sich teilweise aus der Herrschaft des Bischofs und konnte bis in das 17.
Jahrhundert ihre Stellung einer fast reichsunmittelbaren Stadt bewahren. Im
Wesentlichen verblieb dem Hochstift der südöstliche Teil der Diözese
(Osnabrück, Bersenbrück, Melle, Wittlage sowie die Exklave Reckenberg). 1543
führte der Bischof eine lutherische Kirchenordnung ein, Residenz wurde
Fürstenau. 1559 wurde die Diözese durch Zuweisung der Grafschaft Lingen an das
Bistum Deventer und 1667 durch Abtrennung der zum Niederstift Münster gehörigen
Gebiete verkleinert. Auf Grund des westfälischen Friedens wurden die Pfarreien
des Hochstifts 1650 auf die lutherische (20 Pfarreien) und die katholische (30
Pfarreien und 6 Klöster) Konfession verteilt. Im Hochstift, das zum
niederrheinisch-westfälischen Reichskreis zählte, regierten seit 1648
abwechselnd ein katholischer Fürstbischof und ein lutherischer Prinz aus dem
Hause Braunschweig-Lüneburg. 1802/1803 fiel das Hochstift mit 56 Quadratmeilen
und 116000 Einwohnern an Hannover, das Bistum wurde aufgelöst, 1824/1857 in
größerem Umfang neu errichtet und 1929 Köln unterstellt. 1807 kam O. an das Königreich Westphalen und am 10. 12. 1810 zu
Frankreich. 1813/1815 fiel es wieder an Hannover zurück (1823 Landdrostei O.
einschließlich der ehemals münsterischen Güter im Emsland, der Grafschaft
Bentheim und der Niedergrafschaft Lingen). Mit Hannover kam O. 1866 an Preußen,
das 1885 einen Regierungsbezirk O. bildete. Dieser ging 1946 im Land
Niedersachsen auf. 1824 wurde erneut ein Bistum O. eingerichtet, das 1929 Köln
unterstellt wurde.
L.: Wolff 329; Zeumer 552 II a 23; Wallner 702 WestfälRK 7; Großer Historischer
Weltatlas II 66 (1378) E2, III 22 (1648) C/E3, III 38 (1789) B/C1; Schnath,
G./Lübbing, H./Engel, F., Niedersachsen, (in) Geschichte der deutschen Länder,
Bd. 1; Die Territorien des Reichs 2, 130; Bauer 1, 429; Möser, H.,
Osnabrücksche Geschichte, fortges. v. Stüve, C., (unter dem Titel) Geschichte
des Hochstifts Osnabrück, Bd. 1ff. 1853ff., Neudruck 1970; Osnabrücker
Geschichtsquellen, hg. v. hist. Verein zu Osnabrück, Bd. 1-15 1891ff.;
Osnabrücker Urkundenbuch, hg. v. Philippi, F./Bär, M., Bd. 1ff. 1892ff.;
Düring, A., Ortschaftsverzeichnis des ehemaligen Hochstifts Osnabrück, Mitt.
Ver. Gesch. Osnabrück 21 (1897); Hoffmeyer, L., Chronik der Stadt Osnabrück, Bd.
1ff. 1918ff.; Prinz, J., Das Territorium des Bistums Osnabrück, 1934; Bär, M.,
Abriss einer Verwaltungsgeschichte des Regierungsbezirkes Osnabrück, 1934;
Rothert, H., Geschichte der Stadt Osnabrück im Mittelalter, Bd. 1f. 1937ff.;
Niedersachsen um 1780, Lief. 1, Prinz, J., Bentheim-Osnabrück u. a., 1938;
König, J., Das fürstbischöfliche Osnabrückische Amt Reckenberg in seiner
territorialen Entwicklung, 1939; Berning, W., Das Bistum Osnabrück vor
Einführung der Reformation, 1940; Schröder, A., Geschichte der Stadt Fürstenau,
1951; Niedersächsischer Städteatlas, Abt. 2, Einzelne Städte, u. a. Osnabrück,
1953; Du Plat, J., Die Landesvermessung des Fürstentums Osnabrück 1784-1790,
hg. v. Wrede, W., 1955ff.; Das Osnabrücker Land in alten Karten, Plänen und Bildern.
Katalog Städt. Museum Osnabrück, 1959; Hillebrand, W., Die Besitz- und
Standesverhältnisse des Osnabrücker Adels 800-1300, 1962; Jäschke, K., Studien
zu Quellen und Geschichte des Osnabrücker Zehntstreits unter Heinrich IV., DA
9/10 (1963/1964), 112ff., 11/12 (1965/19666), 280ff.; Hoffmeyer, L./Bäte, L.,
Chronik der Stadt Osnabrück, 4. A. 1982; Handbuch des Bistums Osnabrück, 1968;
Hirschfelder, H., Herrschaftsordnung und Bauerntum im Hochstift Osnabrück im
16. und 17. Jahrhundert, 1971; Wrede, G., Fürstbistum Osnabrück, 2 Teile, (in)
Geschichtliches Ortsverzeichnis von Niedersachsen 1975-1977; Heuvel, Chr. van
den, Beamtenschaft und Territorialstaat: Behördenentwicklung und Sozialstruktur
der Beamtenschaft im Hochstift Osnabrück 1550-1800, 1984; Schindling, A.,
Westfälischer Frieden und Altes Reich. Zur reichspolitischen Stellung
Osnabrücks in der frühen Neuzeit, Osnabrücker Mitteilungen 90 (1985); Haack,
G., Das Landgericht Osnabrück, 1989; Boeselager, J. Frhr. v., Die Osnabrücker
Domherren des 18. Jahrhunderts, 1990; Fahlbusch, F., Osnabrück, LexMA 6 1993,
1509; Rudolph, H., Eine gelinde Regierungsart, 2001; Steinert, M., Die
alternative Sukzession im Hochstift Osnabrück, 2003; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 582, 1, 2, 436;
Der Dom als Anfang, hg. v. Queckenstedt, H., 2005; Heuvel, G. van den, Adlige
Herrschaft, bäuerlicher Widerstand und territorialgeschichtliche Souveränität,
2011 (Freiheit Gesmold).
Österreich (Mark, Herzogtum, Kaisertum, Republik).
Das Gebiet zwischen mittlerer Donau und Alpen (sowie Inn und March bzw. Leitha)
wurde zunächst von Kelten, seit 29/15 v. Chr. von Römern (Noricum), seit dem 5.
Jahrhundert von durchziehenden Stämmen der Germanen, dann zumindest teilweise
von Slawen und spätestens seit dem 8. Jahrhundert von den 788 unter die
Herrschaft der Franken gelangten Bayern (um 660 im Wienerwald) beherrscht. Nach
dem Tod des bayerischen praefectus Gerold 799 wurde der Kern des späteren Ö.
(zwischen Enns und Wienerwald) als Mark eingerichtet, neben der es eine Mark
Oberpannonien gab. Gegen Ende des 9. Jahrhunderts (881) wurden die
karolingischen Marken im Südosten von den Ungarn angegriffen und beseitigt
(907). Nach der Schlacht gegen die Ungarn auf dem Lechfeld (955) erscheint 970
erneut ein Markgraf im Südosten. 976 wird die Mark (Markgrafschaft) den
Babenbergern gegeben. In einer Urkunde Kaiser Ottos III. vom 1. 11. 996 für das
Hochstift Freising begegnet Ö. (Ostarrichi, 998 Ostarriche) erstmals als Name
für ein um Neuhofen an der Ybbs liegendes, nicht sicher bestimmbares Gebiet
(„Ostland“, Ostreich, Osten). Um die Mitte des 11. Jahrhunderts erreichte die
Mark Thaya und Leitha. Ab 1147 wurde die Mark auch als Austria bezeichnet.
Hauptort wurde zwischen 1141 und 1177 Wien. 1139 entzog der 1138 im Wettbewerb
mit dem welfischen Herzog der Bayern und Sachsen zum deutschen König gewählte
Staufer Konrad III. den übermächtigen Welfen (Heinrich dem Stolzen) das
Herzogtum der Bayern mit der Begründung, dass kein Herzog zwei Herzogtümer
gleichzeitig haben könne, und gab es als Lehen an seinen Stiefbruder, den
babenbergischen Markgrafen Leopold IV., der damit vom Grafen einer Mark zum
Herzog des gesamten Herzogtums (Stammesherzogtums) der Bayern aufstieg. Als
sich der seinen Vater Heinrich den Stolzen beerbende Welfe Heinrich der Löwe
mit diesem Verlust nicht abfinden wollte, gab sein um Ausgleich bemühter
Vetter, Kaiser Friedrich I. Barbarossa, 1156 das Herzogtum Bayern an die Welfen
zurück (bis 1180), löste aber im seit dem 19. Jahrhundert so genannten
privilegium minus die Mark vom Herzogtum Bayern und erhob sie zum eigenen,
dadurch von Bayern getrennten Herzogtum (Territorialherzogtum) Ö.
(Weiberlehen), in dem der Herzog die grundsätzlich oberste Gerichtsgewalt
innehatte. 1180 wurde auch die karantanische Mark ein Herzogtum (Steiermark).
1192 fiel durch Erbvertrag (Georgenberger Handfeste) von 1186 das Herzogtum
Steiermark von den Traungauern (Otakaren) an die Babenberger. 1246 starben die
Babenberger im Mannesstamm aus. Der mit einer Erbtochter verheiratete Ottokar
II. von Böhmen und Bela IV. von Ungarn teilten sich 1254 das Erbe. Dabei
gelangten Ö. und der Traungau an Böhmen. Seit etwa dieser Zeit (1252/1254/1264)
wurde von der provincia super Anasum (Land ob der Enns) oder von der Austria
superior gesprochen, von wo aus es allmählich zur Benennung des Herzogtums Ö.
als Land unter der Enns (Niederösterreich) kam, obwohl beide Länder bis 1806
nur ein einheitliches Reichslehen bildeten und weitgehend gemeinsame Wege
gingen. Über diese beiden Länder hinaus errang Ottokar II. von Böhmen 1260 die
Steiermark sowie 1269 Kärnten und Krain, nachdem schon 1192 und 1198 unter den
Babenbergern eine Personalunion zwischen Ö. und Steiermark bestanden hatte.
Nach dem Sieg über Ottokar 1276/1278 belehnte König Rudolf von Habsburg 1282
seine Söhne mit Ö., das während des 13. Jahrhunderts zwei eigene Landrechte
erhielt, Steiermark und Krain, von denen Krain aber bis 1335/1374 als
Pfandschaft an die in Friaul, Istrien und Krain sowie in Tirol (1248)
begüterten Grafen von Görz kam, die auch das Herzogtum Kärnten erhalten hatten.
Von diesen übernahmen die Herzöge von Ö., die (durch Rudolf IV.) 1358/1359
zwecks Angleichung ihrer minderen Rechtsstellung an diejenige der Kurfürsten
das im 19. Jahrhundert sog. privilegium maius als Fälschung herstellen ließen
und 1365 in Wien eine Universität gründeten, 1335 Kärnten, Teile Krains und der
Windischen Mark, 1363/1364 Tirol, 1374 Istrien und weitere Teile Krains sowie
1500 schließlich die vordere und hintere Grafschaft Görz. Dazu kamen 1368 der
Breisgau mit Freiburg sowie die Reichslandvogtei in Schwaben und die
Reichsgrafschaft Hohenberg, 1375 Herrschaften westlich des Arlbergs (Feldkirch,
Bregenz), 1382 Triest und 1471 Sankt Veit/Pflaum (Fiume). 1379 wurden diese
Gebiete zwischen Herzog Albrecht III. (Ö. ob der Enns und Ö. unter der Enns,
außer Pitten-Wiener Neustadt) und seinem Bruder Leopold II. (übrige Länder
Steiermark, Kärnten, Krain, Tirol, Gebiete vor dem Arlberg) geteilt. Die
leopoldinische Linie wurde ab 1396 mehrmals geteilt, wobei eigene Linien für
Tirol (und das Gebiet westlich vor dem Arlberg, Vorderösterreich) und die
schwäbisch-alemannischen Herrschaften entstanden. Albert VII. (als König [1438]
Albrecht II.) erlangte als Schwiegersohn und Erbe König Sigmunds dessen Güter
und den Königsthron. Unter Friedrich III. wurde infolge Anerkennung des
gefälschten privilegium maius Ö. Erzherzogtum bzw. Pfalzerzherzogtum. 1457 kam
das albertinische Erbe an die Leopoldiner, die aber im Westen (Schweiz), im
Süden (Friaul) und vorübergehend im Osten (Böhmen, Ungarn, 1485/1487-1490 Wien
und Niederösterreich) Güter verloren. Nach dem Aussterben der übrigen Linien
vereinigte die leopoldinische Linie unter Maximilian I. alle Herrschaften
(einschließlich Burgunds mit rund 2000 Quadratmeilen), die nunmehr in
”niederösterreichische” Länder (Ö. ob der Enns und Ö. unter der Enns,
Steiermark, Kärnten, Krain) und ”oberösterreichische” Länder (Tirol,
Vorderösterreich) eingeteilt wurden, mit denen Württemberg (von 1519 bis 1534)
und das 1477 erworbene Burgund in Personalunion verbunden waren. Dazu kamen
1500 Görz, um 1505 als Gewinn aus dem bayerischen Erbfolgekrieg die drei
unterinntalischen Gerichte Rattenberg, Kufstein, Kitzbühel, Landvogtei Hagenau
und Ortenau (1551/1556 Lösung des Pfands Fürstenbergs) sowie 1516 venetianische
Gebiete (Ampezzo, Rovereto u. a.). 1519/1521/1522 fiel der Herrschaftskomplex
dieses Hauses Ö. (Oberösterreich und Niederösterreich, Steiermark, Kärnten,
Krain, Tirol, Vorderösterreich, Württemberg), der im Wesentlichen den 1512
geschaffenen österreichischen Reichskreis bildete, vertraglich (von Karl V.) an
Ferdinand I. Dieser erwarb gemäß dem Hausgrundsatz bella gerant alii, tu felix
Austria nube (Mögen andere Kriege führen, du, glückliches Ö., heirate) nach dem
Tod des Königs von Ungarn 1526 das Königreich
Böhmen mit seinen Nebenländern sowie einen Teil Ungarns. 1564 wurde dann weiter
aufgeteilt in eine oberösterreichische Ländergruppe (mit Tirol, Vorderösterreich)
mit der Residenz Innsbruck, eine innerösterreichische Ländergruppe (Steiermark,
Kärnten, Krain) mit der Residenz in Graz sowie Ö. ob der Enns und Ö. unter der
Enns mit Böhmen und dem restlichen Ungarn und der Residenz in Prag bzw. Wien.
1648 gingen das Elsass an Frankreich und die Lausitz an Sachsen verloren. Mit
dem Aussterben der jüngeren Tiroler Linie, die in der oberösterreichischen
Ländergruppe nachgefolgt war, kamen deren Güter 1665 an die
innerösterreichische Linie. Ihr gelangen in den Türkenkriegen 1683-1699 und
1715-1718 erhebliche Erweiterungen (Ungarn, Siebenbürgen, Banat, Kleine
Walachei, Teile Serbiens mit Belgrad). Am Ende des um das Erbe der spanischen
Habsburger (Karl II. † 1. 11. 1700) geführten spanischen Erbfolgekriegs erhielt
Karl (VI.) 1713/1714 bei Verzicht auf Spanien, das an Philipp V. von Frankreich
fiel, die (Reste der) spanischen Niederlande, Mailand (mit den Grafschaften
Pavia und Angleria und den Markgrafschaften Castro und Malgrate), Mantua,
Mirandola, Neapel und Sardinien, das er 1720 gegen Sizilien, das an Savoyen
gefallen war, tauschte. 1735/1738 wurde Neapel-Sizilien gegen das 1748 zusammen
mit dem 1729 eingezogenen Guastalla wieder verlorene Parma-Piacenza
ausgetauscht sowie das Herzogtum Lothringen, das Franz Stefan, der Gemahl Maria
Theresias, eingebracht hatte, gegen die Toskana, wobei die Niederlande, Ungarn,
Siebenbürgen, die Militärgrenzbezirke sowie die ab 1713 in Italien erworbenen
Gebiete (beansprucht u. a. Mailand, Generalvikariat Siena, Finale, Piombino mit
Elba, Correggio) nicht dem Heiligen Römischen Reich angehörten. 1713 erhielt
die sog. monarchische Union in der Pragmatischen Sanktion erstmals ein
Grundgesetz, das die unteilbare Einheit (unio indivisibilis et inseparabilis),
die Primogeniturnachfolge und die subsidiäre weibliche Erbfolge festschrieb.
Erster gemeinsamer Landesfürst war Karls VI. Tochter Maria Theresia
(1740-1780), unter der als Auswirkung des Absolutismus das Behördenwesen in der
Form sachlich gegliederter Zentralbehörden reformiert wurde, zugleich aber im
schlesischen Erbfolgekrieg Schlesien mit Ausnahme Jägerndorf-Teschens an
Preußen verloren ging. Unter ihren Nachfolgern, Joseph II. und Leopold II.,
wurde aus der monarchischen Union, die vor allem als Folge der Aufteilung
Polens 1772 um Ostgalizien mit Lodomerien, 1775 um die Bukowina, 1779 um das
Innviertel und 1795 um Westgalizien erweitert wurde, ein Staat im Sinne des
aufgeklärten Absolutismus, in dem bisher von den Ländern ausgeübte
Hoheitsrechte der Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung auf
Zentralbehörden übergingen. Folgerichtig entstanden ein einheitliches
Strafgesetzbuch (1787) und ein für die deutschen Erbländer gültiges Allgemeines
Bürgerliches Gesetzbuch (1811). 1804 erhielt der Staat nach dem Vorbild
Frankreichs auch durch die Annahme des Titels eines erblichen Kaisers von Ö.
einen einheitlichen, in seinem Umfang aber bis 1867 nicht ganz klaren Namen.
Infolge der Kriege mit Frankreich gingen 1797 die (verbliebenen)
österreichischen Niederlande und die Lombardei verloren, doch wurden von der
1797 durch Frankreich aufgelösten Republik Venedig Venetien, das istrianische
Küstenland und Dalmatien erworben. Im § 1 des Reichsdeputationshauptschlusses
vom 25. 2. 1803 erhielt Ö. für die Abtretung der Landvogtei Ortenau die Bistümer
Trient und Brixen und die in beiden Bistümern gelegenen Kapitel, Abteien und
Klöster. Weiteres kam an Toskana und Modena. 1805 musste auf Venetien, das
istrianische Küstenland und Dalmatien bzw. Vorderösterreich und Tirol (zu
Bayern) verzichtet werden, doch konnte das 1803 an Toskana gelangte Erzstift
Salzburg mit Berchtesgaden eingegliedert werden. 1809 mussten Salzburg,
Westgalizien, Teile Österreichs ob der Enns und Kärntens, Krain und das
Küstenland mit Triest abgegeben werden. 1815 wurde dann der Stand von 1797 mit
Ausnahme der Niederlande, Vorderösterreichs und Westgaliziens
wiederhergestellt. Zugleich begann die Mitgliedschaft Österreichs mit seinen
ehemaligen Reichsländern im Deutschen Bund als Präsidialmacht. 1816 wurde von
Bayern gegen Marktredwitz Vils im Außerfern gewonnen. Im Gefolge der Unruhen
von 1848 erhielt Ö. am 25. 4. 1848 eine vom Kaiser durch Oktroi in Kraft
gesetzte Verfassung, die abgelehnt und am 31. 12. 1851 unter Rückkehr zum
Absolutismus (Neoabsolutismus) wieder aufgehoben wurde. Nach § 1 der
österreichischen oktroyierten Verfassung vom 4. 3. 1849 bestand zu dieser Zeit
das Kaisertum Ö. aus folgenden Kronländern: Erzherzogtum Ö. ob der Enns, Ö.
unter der Enns, Herzogtum Salzburg, Herzogtum Steiermark, Königreich Illyrien (Herzogtum Kärnten, Herzogtum
Krain, gefürstete Grafschaft Görz und Gradisca [Gradiska], Markgrafschaft
Istrien und Stadt Triest mit ihrem Gebiet), gefürstete Grafschaft Tirol und
Vorarlberg, Königreich Böhmen, Markgrafschaft
Mähren, Herzogtum Oberschlesien und Niederschlesien (Schlesien), (Königreich Galizien und Lodomerien [mit den
Herzogtümern Auschwitz und Zator und dem Großherzogtum Krakau], Herzogtum
Bukowina, Königreich Dalmatien, Kroatien,
Slawonien, Ungarn, Großfürstentum Siebenbürgen, Militärgrenzbezirke,
lombardisch-venetianisches Königreich
(lombardo-venezianisches Königreich), wobei nach
dem 5. 3. 1860 diese strikte Terminologie zugunsten von Königreichen und Ländern aufgegeben wurde. 1859 ging infolge der
Niederlage gegen Sardinien und Frankreich die Lombardei an Sardinien (1861
Italien) verloren. 1861 wurde erneut eine wenig eindrucksvolle Verfassung
geschaffen. 1866 fiel infolge der Niederlage gegen Preußen und Italien Venetien
an das 1861 aus Sardinien neu entstandene Italien. Außerdem musste Ö. der
Auflösung des Deutschen Bundes und der Begründung des Norddeutschen Bundes
zustimmen. 1867 mussten im sog. Ausgleich Ungarn besondere Rechte zugestanden
werden, so dass aus dem Kaisertum Ö. die österreichisch-ungarische
Doppelmonarchie (Transleithanien und Zisleithanien, seit 1915 Ungarn und Ö.)
erwuchs. Da Ungarn seit 1848 eine Verfassung hatte, führte dies im Dezember
1867 zugleich in Erweiterung der Reichsverfassung von 1861 zu einer
konstitutionellen Verfassung. Die weitere Entwicklung wurde von den Nationalitätenproblemen
bestimmt. Die sich aus der fehlenden Übereinstimmung von Staat und Nation
ergebenden Spannungen verschärften sich durch die Okkupation (1878) und die
Annexion (1908) Bosniens und der Herzegowina aus dem zuvor osmanisch-türkischen
Herrschaftsbereich. Sie führten schließlich in den durch das Attentat auf den
österreichischen Thronfolger Franz Ferdinand (Sarajewo 18. 6. 1914) ausgelösten
ersten Weltkrieg. Nach der militärischen Niederlage und nach dem missglückten
Versuch der Umwandlung Zisleithaniens in einen Nationalitätenstaat (17. 10.
1918) verzichtete der Kaiser von Ö. am 11. 11. 1918 auf jeden Anteil an den
Staatsgeschäften. Schon zuvor hatten sich nichtdeutsche nationale Bestandteile
von Ö. abgelöst (Tschechoslowakei, Ungarn, Jugoslawien). Neben Tschechen,
Südslawen und Ukrainern begründeten am 21. 10. 1918 auch die deutschen
Abgeordneten des Reichsrates als provisorische Nationalversammlung den eigenen
Staat Deutschösterreich (Deutsch-Österreich), in den die deutschen Siedlungsgebiete
Österreich-Ungarns einbezogen werden sollten, dem Deutsch-Böhmen, Sudetenland,
Südtirol sowie kleinere Teile Kärntens und Deutsch-Westungarns aber verloren
gingen und der auf Druck der nichtdeutschen Mächte auf die Verbindung mit dem
Deutschen Reich verzichten und den Namen Ö. annehmen musste. Am 1. 10. 1920
erhielt die neue Republik Ö. eine Verfassung. 1933/1934 kam es in ihr zu einem
schrittweisen Staatsstreich durch das Kabinett Dollfuß, das am 1. 5. 1934 eine
neue Verfassung (ständischer Bundesstaat) erließ, und am 11. 3. 1938 zum 1918
von den Alliierten verwehrten, von dem in Braunau am Inn in Oberösterreich
geborenen deutschen Reichskanzler Adolf Hitler ultimativ geforderten Anschluss
an das Deutsche Reich, dem in einer Volksabstimmung vom 10. 4. 1938 99,73% der
Österreicher zustimmten. Durch das Ostmarkgesetz vom 14.4.1939 wurde Ö. bis
1945 in die sieben Reichsgaue Wien, Kärnten, Niederdonau, Oberdonau, Salzburg,
Steiermark und Tirol gegliedert. Nach dem Ende des zweiten Weltkrieges wurde Ö.
wiederhergestellt und wurde durch Verfassungsüberleitungsgesetz vom 1. 5. 1945
am 19. 12. 1945 die Verfassung von 1920 wieder in Kraft gesetzt. 1955 endete
mit dem Abschluss eines Staatsvertrages (15. 5. 1955) mit den alliierten
Siegermächten gegen Zusicherung der Neutralität die Besatzungszeit.
Wirtschaftlich an Deutschland orientiert trat Ö. unter äußerlicher Wahrung der
Neutralität zum 1. 1. 1995 der Europäischen Union bei. S. a. Habsburg,
Ostarrihhi II.
L.: Wolff 23; Zeumer 552 II a 1, II b 61, 5, 61, 13; Wallner 713 ÖsterreichRK
1; Großer Historischer Weltatlas II 34 (1138-1254) H4, II 66 (1378) G/I4, II 78
(1450) H4, III 22 (1648) F-H4, III 38 (1789) E3/4; Lechner, K., Österreich,
(in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Wurzbach, K. v., Biographisches Lexikon
des Kaisertums Österreich, Bd. 1-60 1856ff.; Huber, A./Redlich, O., Geschichte
Österreichs (bis 1740), Bd. 1ff. 1885ff., Neudruck 1968; Werunsky, E.,
Österreichische Reichs- und Rechtsgeschichte, Wien 1894-1938 (Lieferungswerk);
Luschin v. Ebengreuth, A., Österreichische Reichsgeschichte. Geschichte der
Staatsbildung, der Rechtsquellen und des öffentlichen Rechts, Bd. 1f. 1895, 2.
A. 1918; Beidtel, I., Geschichte der österreichischen Staatsverwaltung
1740-1848, bearb. v. Huber, A., 2 Bde Innsbruck 1896ff., Neudruck 1968;
Historischer Atlas der österreichischen Alpenländer, 1906f.; Curs, O.,
Deutschlands Gaue im zehnten Jahrhundert, 1908, 16 (Osterriche, Ostarike,
Ostarriche, [Gau um die Donau?,] Nöchling, Neuhofen an der Ybbs, nicht
Enzersdorf?); Luschin v. Ebengreuth, A., Handbuch der österreichischen
Rechtsgeschichte, Bd. 1 Österreichische Reichsgeschichte des Mittelalters, 2.
A. 1914; Stolz, O., Grundriss der Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte
Österreichs, 1951; Österreichisches biographisches Lexikon 1815-1950, 1954ff.;
Polenz, P. v., Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, I, 12, II, 22, 36, 50, 94,
IV, 5, Ostarrichi, Oriens, orientales partes, orientalis plaga, terra
australis; Goldinger, W., Geschichte der Republik Österreich, Wien 1962; Mitterauer,
M., Karolingische Markgrafen im Südosten, 1963; Brunner, O., Land und
Herrschaft. Grundfragen der territorialen Verfassungsgeschichte Österreichs im
Mittelalter, 6. A. 1973; Hohenecker, L./Otruba, G., Von Saint Germain zum
Staatsvertrag. Österreich 1918-1955, Wien 1967; Lhotsky, A., Geschichte
Österreichs seit der Mitte des 13. Jahrhunderts, 1967; Grass, N., Der Wiener
Dom, die Herrschaft zu Österreich und das Land Tirol, 1968; Österreich im Jahre
1918, hg. v. Neck, R., 1968; Bauer, R., Österreich. Ein Jahrtausend Geschichte
im Herzen Europas, 1970; Walter, F., Österreichische Verfassungs- und
Verwaltungsgeschichte von 1500-1955, 1972; Hellbling, E., Österreichische
Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte, 2. A. Wien 1974; Lechner, K., Die
Babenberger. Markgrafen und Herzoge von Österreich 976-1246, Wien 1976; Weltin,
M., Das österreichische Land des 13. Jahrhunderts im Spiegel der
Verfassungsentwicklung, (in) Vorträge und Forschungen 23, hg. v. Classen, P.,
1977, 381ff.; Sturmberger, H., Land ob der Enns und Österreich, 1979; Zöllner,
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bibliographique à l’histoire du droit et à l’ethnologie juridique, hg. v. Gilissen,
J., D/4; Brauneder, W., Österreichische Verfassungsgeschichte, 10. A. 2005;
Simon, W., Österreich 1918-1938, 1984; Bibliographie zur Geschichte der Städte
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Vogtei. Zur Vorgeschichte des spätmittelalterlichen Ständestaates im Herzogtum
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wirtschaftliche Aufstieg des Habsburgerreiches 1750-1914, 1986; Glatz,
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Habsburgermonarchie, 1830-1918, 1987; Wolfram, H., Die Geburt Mitteleuropas,
1987; Zöllner, E., Der Österreichbegriff, 1988; Hödl, G., Habsburg und
Österreich 1273-1493, 1988; Bihl, W., Von der Donaumonarchie zur Zweiten
Republik, 1989; Dienst, H., Regionalgeschichte und Gesellschaft im
Hochmittelalter am Beispiel Österreichs, 1990; Dienst, H., Regionalgeschichte
und Gesellschaft im Hochmittelalter am Beispiel Österreichs, 1990; Österreich
im Hochmittelalter, hg. v. Drabek, A., 1991; Rauchensteiner, M., Der Tod des
Doppeladlers. Österreich-Ungarn und der erste Weltkrieg, 1993; Scheibelreiter,
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und das Reich, 1999; Österreichische Wirtschafts- und Sozialgeschichte im 19.
und 20. Jahrhundert, hg. v. Eigner, P. u. a., 1999; Wiesflecker, H., Österreich
im Zeitalter Maximilians I., 1999; Scheuch, M., Österreich im 20. Jahrhundert,
2000; Brauneder, W., Deutschösterreich 1918, 2000; Urban, O., Der lange Weg zur
Geschichte, 2000; Vocelka, K., Geschichte Österreichs, 2000; Höfe und
Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 846;
Kulenkampff, A., Österreich und das alte Reich, 2005; Beller, S., Geschichte
Österreichs, 2007; Die Geburt Österreichs, hg. v. Schmid, P. u. a., 2007.
Österreich-Ungarn (Doppelmonarchie). 1867 wurde das
Kaiserreich Österreich in die Doppelmonarchie Ö. umgewandelt. Zu Österreich
gehörten (als die im Reichsrat vertretenen Königreiche
und Länder im Gegensatz zu den Ländern der ungarischen Stephanskrone) das Königreich Böhmen, das Königreich
Dalmatien, das Königreich Galizien und
Lodomerien mit Auschwitz, Zator und Krakau, das Erzherzogtum Österreich unter
der Enns, das Erzherzogtum Österreich ob der Enns, das Herzogtum Salzburg, das
Herzogtum Steiermark, das Herzogtum Kärnten, das Herzogtum Krain, das Herzogtum
Bukowina, die Markgrafschaft Mähren, das Herzogtum Oberschlesien und
Niederschlesien (Schlesien, Österreichisch-Schlesien), die gefürstete
Grafschaft Tirol und Vorarlberg sowie die Markgrafschaft Istrien samt der
gefürsteten Grafschaft Görz und Gradiska (Görz und Gradisca)und der Stadt
Triest. 1878 kamen die zuvor türkischen Provinzen Bosnien und Herzegowina
hinzu. Gemeinsam waren beiden Reichshälften der Monarchie die auswärtigen
Angelegenheiten und das Militärwesen und das Finanzwesen. Ö. endete am 11. 11.
1918 durch Verzicht des Kaisers auf jeden Anteil an den Reichsgeschäften und
Ausrufung der Republik.
L.: Brauneder, W., Österreichische Verfassungsgeschichte, 10. A. 2005.
Ostfriesland (Reichsgrafschaft, Fürstentum). Der Raum
zwischen Dollart, Jadebusen, Oldenburg und Nordsee war schon in der Steinzeit
besiedelt. Um 700 bildete sich dort ein Reich der Friesen unter Herzog Radbod.
Noch vor 800 wurde dieses 785 von den Franken unterworfene Gebiet
christianisiert. 843 kam es zum Mittelreich Kaiser Lothars I., 870 zum
ostfränkischen Reich. Nach dem Zerfall des Karolingerreiches bildeten sich in
O. mehrere selbständige Länder (terrae) (Brokmerland bzw. Brookmerland,
Emsigerland, Harlingerland u. a.), die im Hochmittelalter von consules regiert
wurden und sich im sog. Upstalsboom (benannt nach einem Versammlungsplatz
südlich Aurichs) in einer Art Landfriedensbund zusammenschlossen. Nach 1327
verfiel dieser Verband der friesischen Freiheit und die einzelnen Gebiete
gerieten unter die Herrschaft von Häuptlingen (u. a. das Geschlecht tom Brok
auf der Oldeborg im Brokmerland bzw. Brookmerland, später in Aurich), die sich
in zahlreichen Fehden gegenseitig bekämpften. Nach dem zunächst das Geschlecht
tom Brok (1361 Keno Hilmersna) eine gewisse Führung erlangt hatte (1371
Häuptling des Brokmerlandes (Brookmerlandes), 1376ff. Norderland, Emsigerland,
Harlingerland und Auricherland, 1413 Emden, westliches Friesland, Okko II.
1417-1427 Häuptling in O.), gelang es seit 1427/1430/1441 dem Häuptling Edzard
Cirksena und dann seinem Bruder Ulrich Cirksena aus der seit dem 13.
Jahrhundert in führender Stellung der Norder Landesgemeinde nachweisbaren
Familie Cirksena, die ihren Namen und ihr Erbe in der ersten Hälfte des 15.
Jahrhunderts über die Erbtochter an die Häuptlinge von Greetsiel übertragen
hatte, die Fehden zu beenden und den größten Teils des Landes östlich der Ems
unter einer Herrschaft zu vereinigen (1453 Emden). 1464 ließ sich Ulrich
Cirksena als Ulrich I. vom Kaiser mit der Reichsgrafschaft (in) O. belehnen
(Grafschaft zu Norden, Emden, Emisgonien in O., von der Westerems bis an die
Weser), was zur Folge hatte, dass O. beim Reich verblieb und nicht, wie das
schon früh in der Grafschaft Holland aufgegangene Gebiet von Sinkfal bei Brügge
bis zur Zuidersee und später das westerlauwersche Friesland (Westfriesland) und
das Groningerland, über das Herzogtum Burgund an die sich seit 1571
verselbständigenden Niederlande gelangte. Ausgenommen blieben Jever,
Butjadingen östlich des Jadebusens, Harlingerland und Stadland, Hauptstadt
wurde Emden, 1561 Aurich. 1511 entstand ein eigenes ostfriesisches Landrecht.
Seit 1519 drang die Reformation ein. Zwischen 1568 und 1648 kam es zum
achtzigjährigen Krieg, in dem sich der lutherische Landesherr und die unter
Führung der calvinistischen, 1595 verloren gegangenen Stadt Emden (Genf des
Nordens) stehenden Stände gegenübertraten. Die Gewinnung Jevers misslang
1529/1575. 1600 wurde durch Heirat das Harlingerland mit O. vereinigt.
1654/1662 wurde Graf Enno Ludwig in den Fürstenstand erhoben (Reichsfürstentum
O., 1677 Sitz und Stimme auf dem Reichstag, Einführung in den Reichsfürstenrat
1677, Entstehung des Titels Fürstentum O. durch Observanz und Verjährung,
Zugehörigkeit zum niederrheinisch-westfälischen Reichskreis, nur zeitweilige
Zugehörigkeit zum westfälischen Reichsgrafenkollegium). 1682 verlegte
Brandenburg Truppen in das faktisch selbständige Emden. 1744 starb das
Geschlecht Cirksena aus. König Friedrich der Große von Preußen besetzte das an
sich den Generalstaaten vermachte, von diesen aber nicht angenommene Land auf
Grund einer kaiserlichen Anwartschaft von 1694 und machte es zu einer Provinz
Preußens mit der Hauptstadt Aurich. Das Fürstentum enthielt die Städte und
Ämter Aurich, Norden, Emden, Berum, Greetsiel, Pewsum, Leer, Stickhausen und
Friedeburg und die adligen Herrschaften Dornum, Lütetsburg, Jennelt (Jindelt),
Rysum (Risum), Petkum und Gödens. 1807 verlor Preußen das 60 Quadratmeilen
große O. (ohne Rheiderland bzw. Reiderland) mit 110000 Einwohnern an Napoleon
I., der es dem Königreich Holland, 1810
Frankreich unmittelbar einverleibte (Département Ost-Ems). 1813 kam O. an
Preußen, 1815 an Hannover (Landdrostei Aurich), 1866 mit diesem an Preußen.
1946 wurde es als Regierungsbezirk Aurich Teil Niedersachsens.
L.: Wolff 338ff.; Zeumer 553 II b 54; Wallner 702 WestfälRK 5; Großer
Historischer Weltatlas III 22 (1648) C2, III 38 (1789) B1; Möhlmann, G.,
Ostfriesland, (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Die Territorien des
Reichs 3, 162; Wiarda, T., Ostfriesische Geschichte, Bd. 1-10 1792ff., Neudruck
1968; Ostfriesisches Urkundenbuch, hg. v. Friedländer, E., Bd. 1f. 1878ff.,
Neudruck 1968; Klinkenborg, M., Geschichte der tom Broks, 1895; Reimers, H., Ostfriesland
bis zum Aussterben seines Fürstenhauses, 1925; Koolmann, A./Wiemann, H.,
Ostfriesische Geschichte, Bd. 1ff. 1951; König, J., Verwaltungsgeschichte
Ostfrieslands bis zum Aussterben seines Fürstenhauses, 1955; Lang, A., Die
älteste gedruckte Seekarte der Ems, Erläuterungen zur Neudruckausgabe der
Beschreibungen der ostfriesischen Küste des L. Waghenaer von 1584, 1957;
Möhlmann, G., Geschichte Ostfrieslands, 1962; Baker, G., De grenzen van Frisia
tussen 600 en 1150, 1962; Lengen, H. van, Zur Geschichte des Namens
Ostfriesland im Mittelalter, Jb. d. Ges. für bildende Kunst und vaterländ.
Altertümer zu Emden 42 (1962), 5ff.; Teschke, G., Studien zur Sozial- und
Verfassungsgeschichte Frieslands im Hoch- und Spätmittelalter, 1966; Wiemann,
H., Die Grundlagen der landständischen Verfassung Ostfrieslands, 1974;
Ostfriesland, hg. v. Möhlmann, G., 3. A. 1975; Schmidt, H., Politische
Geschichte Ostfrieslands, (in) Ostfriesland im Schutze des Deiches 5 (1975),
86ff.; Wiemann, H., Materialien zur Geschichte der ostfriesischen Landschaft,
1982; Lamschus, C., Emden unter der Herrschaft der Cirksena, 1984; Burgen,
Siedlungen und Klöster im Mittelalter, hg. v. Barlage, D., 1989; Deeters, W.,
Geschichte der Grenze zwischen Drenthe und dem Emsland und Groningen und Ostfriesland,
(in) Rondom Eems en Doolard, 1992, 59ff.; Lengen, H. van, Ostfriesland, LexMA 6
1993, 1529; Ostfriesland, hg. v. Lengen, H. van, 1995; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 856; Haefs, H.,
Ostfriesland, 2013.
Ostpreußen (Landschaft, [Teil des] Herzogtum[s],
Gebiet, Provinz). Das Gebiet zwischen Weichsel- und Memelmündung wurde in der
Jungsteinzeit von Jägern und Fischern besiedelt. Im 2. und 3. Jahrhundert n.
Chr. bewohnten es die Goten, später die baltischen Pruzzen, deren im 10.
Jahrhundert erstmals genannter Name (um 965 Brus) auf das Siedlungsgebiet
übertragen wurde. Um 1225 wandte sich der polnische Herzog Konrad I. von
Masowien an den Deutschen Orden um Hilfe gegen die heidnischen Pruzzen und
übertrug ihm als Lohn das Kulmer Land (Kulmerland). Kaiser Friedrich II.
gewährte 1226 dem Hochmeister Culm (Kulm, Kulmerland) und alle noch zu
erobernden pruzzischen Gebiete. 1283 war die Eroberung des Landes
abgeschlossen. Die Niederlage gegen Polen in der Schlacht von Tannenberg (1410)
schwächte den Deutschen Orden, der zwischen 1231 und 1410 93 Städte und etwa
1400 Dörfer gegründet hatte, sehr. 1466 wurde er auf den östlichen Teil
Preußens ohne das Ermland beschränkt. Der verbliebene Ordensstaat war vom
Heiligen Römischen Reich getrennt und musste die Oberhoheit Polens anerkennen.
1525 wurde der Ordensstaat unter dem Hochmeister Albrecht von
Brandenburg-Ansbach in das erbliche, unter Lehnshoheit Polens stehende
Herzogtum Preußen, in dem 1544 die Universität Königsberg gegründet wurde,
umgewandelt. Dieses wurde 1618 mit Brandenburg in Personalunion vereinigt und
1657/1660 vertraglich von der Lehnshoheit befreit. 1701 wurde es als einziges
voll souveränes Land der Kurfürsten von Brandenburg zur Keimzelle des Königreichs Preußen, indem Kurfürst Friedrich sich
selbst zum König in Preußen krönte. Der Name O. für das Herzogtum Preußen
setzte sich amtlich erst durch, als 1772 Westpreußen (Pomerellen bzw.
Pommerellen) bei der ersten Teilung Polens mit dem Königreich
Preußen vereinigt wurde. Das Ermland kam zu O., Marienwerder zu Westpreußen.
Beide Provinzen wurden 1815 getrennt, von 1824 personal und 1829 real bis 1878
zur Provinz Preußen vereinigt und dann wieder getrennt. 1919/1920 kam das
Gebiet um Soldau zu Polen, das Memelgebiet an die Alliierten und 1923 faktisch
an Litauen. Danzig wurde Freie Stadt. Das restliche Westpreußen wurde O.
angefügt. 1939 wurde das Memelgebiet von Litauen zurückerzwungen, wurden
Westpreußen und Danzig zurückerobert und damit wurde O. wieder mit dem Reich verbunden.
1945 wurde der nördliche Teil O. unter die Verwaltung der Sowjetunion, der
westliche Teil unter die Verwaltung Polens gestellt, die ansässige deutsche
Bevölkerung fast vollständig ausgesiedelt. 1990 kam das Gebiet als politische
Folge der deutschen Einheit an die Sowjetunion bzw. Polen.
L.: Goldbeck, J., Königreich Preußen, Teil 1
1785, Neudruck 1975ff.; Horn, A., Die Verwaltung Ostpreußens seit der
Säkularisation (1525-1875), 1890; Heim, M., Geschichte der ostpreußischen
Landschaft 1788-1888, 1938; Dehio, G./Gall, E., Deutschordensland Preußen,
1952; Die Vertreibung der deutschen Bevölkerung aus den Gebieten östlich der
Oder-Neiße, hg. v. Schieder, T., Bd. 1f. 1953; Schumacher, B., Geschichte Ost-
und Westpreußens, 7. A. 1987; Schumacher, B., Wege und Wirkungen ostpreußischer
Geschichte, 4. A. 1959; Dönhoff, M. Gräfin, Namen, die keiner mehr nennt.
Ostpreußen, Menschen und Geschichte, 1962; Henning, F., Herrschaft und
Bauernuntertänigkeit, 1964; Bibliographie der Geschichte von Ost- und Westpreußen,
Bd. 1 2. A. 1962, 2 1964, Ergänzungsbände; Ost- und Westpreußen. Handbuch der
historischen Stätten, hg. v. Weise, E., 1966; Historisch-geographischer Atlas
des Preußenlandes, hg. v. Mortensen, H. u. a. 1968ff.; Grundriss zur deutschen
Verwaltungsgeschichte 1815 bis 1945, Reihe A, Preußen I: Ost- und Westpreußen,
bearb. v. Stüttgen, D., 1975; Gause, F., Geschichte des Preußenlandes, 1986;
Ambrassat, A., Die Provinz Ostpreußen, 1988; Rankl, M., Bibliographie zur
Literatur Ost- und Westpreußens mit Danzig 1945-1988, Bd. 1f. 1990;
Neuschäffer, H., Das Königsberger Gebiet, 1991; Groeben, K. v. d., Das Land
Ostpreußen, 1993; Handbuch der Geschichte Ost- und Westpreußens, hg.v.
Opgenoorth, E., Bd. 2, 1 1994; Kibelka, R., Ostpreußens Schicksalsjahre, 2000;
Mast, P., Ost- und Westpreußen und die Deutschen in Litauen, 2000;
Kulturgeschichte Ostpreußens in der frühen Neuzeit, hg. v. Garber, K. u. a.,
2001; Kossert, A., Ostpreußen, 2005.
Paderborn (Hochstift, Fürststift, Residenz). An
den mehr als 200 Quellen der Pader am Eggegebirge befand sich (neben
Keramikscherben wohl des 4. Jh.s in einer Schwemmsandschicht des westlichen
Kirchenvorplatzes der späteren Klosterkirche Abdinghof) eine sächsische Siedlung,
die nach ihrer Eroberung durch König Karl den Großen seit 777 Ort mehrerer
Reichstage war. Um 800 (799?, 806?) wurde der ursprünglich Würzburger
Missionsstützpunkt (beim Zusammentreffen von Karl dem Großen und Papst Leo III.
799) zum Bischofssitz (Bischof Hathumar 806-815) erhoben. Das Bistum wurde der
Kirchenprovinz Mainz zugeordnet. Dem bedeutenden Bischof Meinwerk (1009-1036)
gelang der Erwerb fast aller Grafenrechte in der sich von der Diemel bis zur
Werre längs der Weser erstreckenden Diözese (spätere Gebiete von Lippe,
Waldeck, Ravensberg, Hessen und Braunschweig). Danach standen die Welfen und
die Erzbischöfe von Köln weiteren Erwerbungen im Wege. Im 14. Jahrhundert
wurden Teile der Grafschaften Everstein und Schwalenberg (1325/1358) sowie der
Herrschaft Büren (1335/1660) gewonnen, doch blieb das (um Brakel und die
Grafschaft Dringen erweiterte) weltliche Herrschaftsgebiet um P. (Büren,
Warburg und Höxter) insgesamt bescheiden. Der Übergang zum Luthertum durch
Bischof Erich von Braunschweig-Grubenhagen (1508/1532) wurde 1601-1604
rückgängig gemacht, doch verlor das Bistum in der Reformationszeit die
Grafschaft Ravensberg und weitgehend alle Gebiete rechts der Weser. 1614
gründete der die Gegenreformation erfolgreich als Kampf um die Landesherrschaft
verwendende Bischof (Dietrich von Fürstenberg) eine bis 1844 bestehende
Universität in P. 1802/1803 fiel das zum niederrheinisch-westfälischen
Reichskreis zählende Hochstift mit 54 Quadratmeilen, 96000 Einwohnern, 23
Städten und 150 Dörfern (Ämter Schloss Neuhaus, Delbrück, Boke [Böke],
Lichtenau, Wewelsburg [Wevelsburg], Wünnenberg [sogenannter vorwaldischer oder
unterwaldischer Distrikt] und der oberwaldische Distrikt mit dem Oberamt
Dringenberg, der Frei- und Gaugrafschaft Warburg, der Gaugrafschaft Brakel, der
Landvogtei Peckelsheim, den Städten und Richtereien Borgentreich [Borgentrick],
Borgholz [Borchholz], Nieheim [Neheim], der Vogtei Driburg, den Ämtern
Steinheim, Beverungen, Lügde [Lüdge], [gemeinsam mit Lippe], die Ämter
Oldenburg, Stoppelberg [Stapelberg], Schwalenberg, die Gerichte Hagedorn
[Hagendorf] und Ottenhausen [Odenhausen] und die Propstei Sankt Jakobsberg, die
dem Domkapitel gehörigen Städte Lippspringe und Bredenborn und das adlige
Gericht Holzhausen und Erwitzen) an Preußen. Von 1807 bis 1813 wurde es
vorübergehend in das Königreich Westphalen
einbezogen. 1946 kam es von Preußen (Provinz Westfalen) an Nordrhein-Westfalen.
Das Bistum wurde 1821 um Minden, Halberstadt, Magdeburg, Merseburg und Naumburg
vergrößert und der Erzdiözese Köln unterstellt sowie 1929 zum Erzbistum mit den
Diözesen Hildesheim und Fulda erhoben. 1992/1994 wurden Erfurt, Fulda und
Magdeburg Diözesen.
L.: Wolff 325; Zeumer 552 II a 15; Wallner 702 WestfälRK 6; Großer Historischer
Weltatlas II 66 (1378) E3, III 22 (1648) D3, III 38 (1789) B3; Richtering,
H./Kittel, F., Westfalen-Lippe, (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1;
Die Territorien des Reichs 3, 148; Bauer 1, 451; Bessen, G., Geschichte des
Bistums Paderborn, Bd. 1f. 1820; Holscher, L., Die ältere Diözese Paderborn
nach ihren Grenzen, 1886; Rechter, W., Geschichte der Stadt Paderborn, 1889ff.;
Tenckhoff, F., Die Paderborner Bischöfe von Hathumar bis Rethar, 1900; Schultz,
F., Beiträge zur Geschichte der Landeshoheit im Bistum Paderborn bis zur Mitte
des 14. Jahrhunderts, 1903; Aubin, H., Die Verwaltungsorganisation des
Fürstbistums Paderborn im Mittelalter, 1911; Deppe, H., Die Paderbornschen
Besitzungen in Südhannover, Westfäl. Zs. 90/2 (1934), 171ff.; Die Erzdiözese
Paderborn, 1930; Jacobs, F., Die Paderborner Landstände im 17. und 18.
Jahrhundert, 1937; Klasen, T., Die territorialen Beziehungen zwischen Paderborn
und Köln im Mittelalter, Diss. phil. Münster 1940; Schoppe, K., Das
karolingische Paderborn, 1967; Schoppmeyer, H., Der Bischof von Paderborn und
seine Städte, 1968; Leesch, W. u. a., Heimatchronik des Kreises Paderborn,
1970; Winkelmann, W., Die Königspfalz und die Bischofspfalz des 11. und 12.
Jahrhunderts in Paderborn, Frühmittelalterliche Studien 4 (1970), 398ff.;
Paderborn, hg. v. Spörhase, R. u. a., 1972; Heggen, Staat und Wirtschaft im
Fürstentum Paderborn im 18. Jahrhundert, 1978; Westfälisches Urkundenbuch, Bd.
(1, 2, 4, 5, 1,) 9: Die Urkunden des Bistums Paderborn 1301-1325, bearb. v.
Prinz, J., Lief. 3 1982; Schoppmeyer, H., Die Entstehung der Landstände im
Hochstift Paderborn, Westf. Zs. 136, (1986); Meier, G., Die Bischöfe von
Paderborn und ihr Bistum im Hochmittelalter, 1987; Brandt, H. u. a., Das
Erzbistum Paderborn, 1989; Schoppmeyer, H., Paderborn, LexMA 6 1993, 1613;
Paderborn, hg. v. Jarnut, J., 1999; Paderborn, hg. v. Göttmann, F. u. a., Bd.
1ff. 1999; Splendor palatii, hg. v. Fenske, L. u. a., 2002; Brandt, H. u. a.,
Das Bistum Paderborn im Mittelalter, 2002; Lotterer, J., Gegenreformation als
Kampf um die Landesherrschaft, 2003; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 587, 1, 2, 439;
Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 427, 2, 484.
Padua (Stadtkommune). P. am Bacchiglione in
der nördlichen Poebene, dem das 601 von den Langobarden zerstörte römische, 301
v. Chr. erstmals erwähnte Patavium (um 200 n. Chr. 50000 Einwohner) voranging,
wurde in der Mitte des 4. Jahrhunderts Sitz eines Bischofs und im 10.
Jahrhundert Mittelpunkt einer von Otto I. eingerichteten Grafschaft. 1164
erlangte es Selbständigkeit. An die Stelle der 1137 erstmals genannten Konsuln
traten im 13. Jahrhundert als Leitungsorgan(e) Podestà. 1222 erhielt es eine
Universität. Im 13. und 14. Jahrhundert (1318-1405 unter der Herrschaft der
Carrara, 30000 Einwohner, 63000 Bewohner außerhalb der Mauern) erlangte es die
Herrschaft über Vicenza, Bassano und Feltre. 1405/1406 geriet es selbst unter
die Herrschaft Venedigs. 1797 fiel es mit Venetien an Österreich, 1815 an das
Lombardo-Venetianische Königreich
(Lombardo-Venezianisches Königreich)
Österreichs, das 1866 an das neue Königreich
Italien (1861) abgetreten werden musste.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 48 (1300) D2; Cappelletti, G., Storia di
Padova, Bd. 1f. 1874ff.; Zorzi, E., Il territorio padovano nel periodo di
traspasso da comitato a comune, 1930; Gasparotto, C., Padua, 1973; Castagnetti,
A., I conti di Vincenza e di Padova dall’età ottoniana al Comune, 1981;
Collodo, S., Una società in trasformazione, Padova tra XI e XV secolo, 1990;
Gaffuri, L., Padua, LexMA 6 1993, 1617; Tilatti, A., Istituzioni e culto dei
santi a Padova, 1997; Kohl, G., Padua unter den Carrara, 1998; Rippe, G.,
Padoue et son contado, 2003.
Parma (Stadtkommune). Die etruskische Gründung
P. am Nordfuß des Apennins wurde 183 v. Chr. römisch. Seit dem 4. Jahrhundert
n. Chr. geriet P. zunehmend unter die Herrschaft seiner Bischöfe, die in
fränkischer Zeit Grafschaftsrechte gewannen. Im 12. Jahrhundert erlangte es
eine gewisse Selbständigkeit (1140 Konsuln). Seit 1322 gehörte es rechtlich zum
Kirchenstaat des Papstes, stand aber tatsächlich vielfach unter der Herrschaft
Mailands (1346-1447, 1449-1500) und Frankreichs (1500-1512, 1515-21). 1545
wurde es durch Papst Paul III. Teil des Herzogtums Parma und Piacenza, das 1860
Sardinien bzw. 1861 dem neuen Königreich Italien
eingegliedert wurde. S. Parma und Piacenza.
L.: Bazzi, T./Benassi, U., Storia di Parma, Bd. 1ff. 1899ff.; Drei, G., Le
carte degli archivi parmensi, Bd. 1ff. 1924ff.; Cortellini, L., Storia di Parma,
1953; Pighini, G., Storia di Parma e i suoi personaggi più illustri, 1965;
Schuhmann, R., Authority and the Commune: Parma 833-1133, 1973; Fumagalli, V.,
Terra e società nell’Italia padana. I secoli IX e X, 1976; Chittolini, G., La
formazione dello stato regionale e le istituzioni del contado. Secoli XIV e XV,
1979; Greci, R., Parma medievale, 1992; Greci, R., Parma, LexMA 6 1993, 1735.
Parma und Piacenza (Herzogtum). Papst Paul
III. trennte 1545 die 1511/1512 von Papst Julius II. eroberten Gebiete P. vom
Kirchenstaat ab und übertrug sie seinem natürlichen Sohn Pier Luigi Farnese,
der bereits über die Herzogtümer Castro und Ronciglione herrschte, als
Herzogtum zu Lehen. Nach dem Aussterben der Farnese im Mannesstamm 1731 erbte
der spätere König Karl III. von Spanien als Großneffe des letzten Farnese. 1735
gab er P. gegen Neapel und Sizilien an Österreich. Dieses trat 1748 P. zusammen
mit dem Herzogtum Guastalla an Karls III. Bruder Philipp ab. 1802 kamen P. und
das 1806 für Napoleons Schwester Pauline abgetrennte Guastalla an Frankreich
und bildeten seit 1808 das Departement Taro. 1815 wurden P. und Guastalla
Napoleons Gemahlin Maria Louise von Österreich zuerkannt. Bei ihrem Tode fielen
sie 1847 an Karl II. Ludwig von Bourbon-Parma, 1860 durch Volksabstimmung an
Sardinien und damit 1861 an das neue Königreich
Italien.
L.: Bazzi, T./Benassi, U., Storia di Parma, Bd. 1ff. 1899ff.; Bernin,
F./Bourgoing, J. de, Maria Louise von Österreich, 1933; Cattelani, R., Parma
nella storia, 1957; Pescatori, A., Il declino di un ducato (1839-1859), 1974.
Pavia (Stadtkommune). Die römische Gründung
Ticinum (49 v. Chr.) am unteren Tessin wurde vermutlich im 4. Jahrhundert Sitz
eines Bischofs und im ausgehenden 5. Jahrhundert (nach 493) eine der Residenzen
Theoderichs des Großen. 572 fiel sie an die Langobarden, die P. zur Hauptstadt
erhoben, 774 aber an die Franken verloren, unter denen P. bis 1024
Krönungsstadt für die Krönung zum König der Langobarden blieb. Bereits am Ende
des 11. Jahrhunderts war es freie Kommune (1112 Konsuln). 1359 fiel es an Mailand.
1361 errichtete Kaiser Karl IV. auf der Grundlage der älteren Rechtsschule die
Universität. 1713/1714 gelangte P. mit der Lombardei an Österreich. 1859 kam P.
mit der Lombardei (Mailand) an Sardinien und damit 1861 an das neue Königreich Italien.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 48 (1300) C2; Hoff, E., Pavia und seine
Bischöfe im Mittelalter, 1943; Vaccari, P., Pavia nell’alto medioevo e nell’età
comunale, 1956; Schmid, E., Pavia und Umgebung, 1958; Storia di Pavia, Bd. 2
L’alto Medioevo, 1987, Bd. 3 Dal libero comune alla fine del principato
indipendente, 1992; Soldi Rondini, G., Pavia, LexMA 6 1993, 1831; Majocchi, P.,
Pavia città regia, 2008.
Piemont (Fürstentum). Das Gebiet der westlichen
Poebene und der Westalpen kam unter Kaiser Augustus zum römischen Reich
(Transpadana, Liguria). Nach der Herrschaft der Ostgoten, Byzantiner,
Langobarden und Franken (ab 773/774) fiel es, im 10. Jahrhundert in die Marken
von Ivrea, Turin und Ligurien gegliedert, um 1046 durch Heirat mit der
Erbtochter der Markgrafschaft Turin an die Grafen (ab 1416 Herzöge) von
Savoyen, unter denen es ein Fürstentum bildete. Der Name P. (mlat. Pedemontium,
Bergfuß) ist für einen Teil (Gebiet zwischen Alpen, Po und Sangone) des
heutigen P. (Savoyen-Achaia, Montferrat, Saluzzo, Canavese, Alba, Asti, Acqui,
Mortara, Novara, Vercelli) seit 1240 belegt. Zur Herrschaft der Grafen von
Savoyen, neben denen vor allem die Markgrafen von Saluzzo, die Markgrafen von
Montferrat und Mailand (Visconti) begütert waren, gehörten die Alpenpässe, das
Waadtland (Moudon 1207, Nyon 1293), Cuneo (1382), die Grafschaft Nizza (1388),
die Grafschaft Genf (1401) und seit 1418 das übrige P. sowie bald darauf
Vercelli. 1526 ging Genf, 1536 das Waadtland verloren. Außerdem wurde das
Herzogtum bis 1559 von Frankreich besetzt. 1587 konnte die Markgrafschaft
Saluzzo, 1630/1631 ein Teil des Herzogtums Montferrat gewonnen werden.
1713/1714 erlangte Savoyen Sizilien, das es 1717/1719/1720 gegen Sardinien an
Österreich geben musste. Seitdem hieß P. Königreich
Sardinien. Von 1797/1801 bis 1814 gehörte P. zu Frankreich. 1815 wurde das Königreich Sardinien mit P. wiederhergestellt. In der
Folge wurde es zum Kristallisationskern des 1861 entstandenen neuen Königreiches Italien.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 78/79 a (1450) F4/5, III 12 (16./17. Jh.)
B2/3; Gribaudi, D., Piemonte e Val d’Aosta, 1960; Storia del Piemonte, hg. v.
Gribaudi, D. u. a., Bd. 1ff. 1960; Zürcher, R., Piemont und das Aosta-Tal,
1976; Beltrutti, G., Storia del Piemonte, 1976; Tabacco, G., Piemonte
medievale, 1985 (Aufsatzsammlung); Nada Patrone, A., Il medioevo in Piemonte,
1986; Il Piemonte e la sua storia, hg. v. Bordone, R. u. a., 1991 (Katalog);
Provero, L., Dai marchesi del Vasto ai primi marchesi di Saluzzo, 1992; Sergi,
G., Piemont, LexMA 6 1993, 2134.
Pisa (Stadtkommune, Stadtstaat). Das aus
einer (ligurischen?) vielleicht schon griechischen, im Übrigen etruskischen Siedlung
hervorgegangene P. am Arno kam 180 v. Chr. an Rom. Seit dem 4. Jahrhundert war
es Sitz eines Bischofs (1092 Erzbischofs). Durch Sarazeneneinfälle veranlasst,
begann es den Aufbau einer bedeutenden Flotte, mit deren Hilfe im 11.
Jahrhundert Sardinien und Korsika erobert werden konnten. Im 12. Jahrhundert
wurde P. (1155 etwa 50000 Einwohner, 1156-1160 Constitutum usus, 1165-1167
Constitutum legis) freie Kommune (1080/1085 erstmals Konsuln). Nach der
Niederlage von Meliora (1284) ging (1299) Korsika an Genua und wenig später
(1323/1326) Sardinien an die Könige von Aragon (Aragonien) verloren. 1399
unterstellte sich P. den Visconti (Mailand). 1406 fiel P. an Florenz, unter
dessen Herrschaft es mit Ausnahme der Jahre 1494 bis 1509 verblieb, bis es an das
neue Königreich Italien (1861) kam.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 48 (1300) D3; Borchardt, R., Pisa, 1938;
Benvenuti, G., Storia della repubblica di Pisa, Bd. 1f. 2. A. 1962; Sardo, R., Cronaca
di Pisa, 1963; Masetti, A. R., Pisa. Storia urbana, 1964; Guerra, G. del, Pisa
attraverso i secoli, 1967; Benvenuti, G., Storia della repubblica di Pisa,
1968; Bragadin, M., Le repubbliche marinare, 1974; Banti, G., Breve storia di
Pisa, 1989; Garzella, G., Pisa com’era, 1990; Redi, F., Pisa com’era, 1991; Tolaini,
E., Pisa, 1992; Luzzati, M., Pisa, LexMA 6 1993, 2177; Storti Storchi, C.,
Intorno ai costituti pisani delle legge e dell’uso, 1998; Ceccarelli Lemut, M.
u. a., I vescovi di Pisa, Rivista di storia della chiesa in Italia 58 (2004),
3; Mitterauer, M./Morrissey, J., Pisa, 2007.
Polen (Königreich,
Republik). Um 960 erscheint im von den namengebenden Polanen (zu pole, Feld,
Acker) besiedelten Gebiet zwischen Karpaten und Ostsee an der mittleren
Weichsel und Warthe Herzog Miezsko aus dem Hause der Piasten, der 966 Christ
wurde. Sein Sohn (König) Boleslaw I. Chrobry (992-1025) dehnte das Reich
erheblich aus (Mähren, Lausitz, Gebiet am oberen Bug und San). Im Jahre 1000
erhielt es mit Gnesen ein eigenes Erzbistum mit den Suffraganbistümern Breslau,
Kolberg, Krakau und Posen. Nach Gebietsverlusten von 1032/1034 bildeten die
Landschaften Großpolen (ab 1239 dux Poloniae maioris), Masowien, Schlesien,
Kleinpolen und Pommern den verbliebenen Herrschaftsbereich. 1163 wurde
Schlesien von P. abgetrennt, 1181 Pommern dem Deutschen Reich eingegliedert.
1225/1226 kam auf Bitten des Teilfürsten Herzog Konrads von Masowien der
Deutsche Orden ins Land und gewann das Culmer Land (Kulmer Land, Kulmerland).
1249 fiel Lebus an Brandenburg. 1295 und 1320 ließ sich der Herzog zum König
krönen (Großpolen, Kleinpolen und einige mittelpolnische Gebiete). König
Kasimir III. (1333-1370) verzichtete zugunsten des Deutschen Ordens auf
Pommerellen (Pomerellen) sowie auf Schlesien (1348), schuf ein allgemeines
polnisches Landrecht und gründete 1364 die Universität Krakau. Nach seinem Tod
gelangten zunächst sein Neffe und dann 1386 infolge Heirat der Erbtochter
(Hedwig) das litauische Haus der Jagiellonen, das außer Litauen auch
Weißrussland und die Ukraine beherrschte, auf den Thron. 1466 musste der
Deutsche Orden die Oberlehnshoheit Polens über Ostpreußen anerkennen und verlor
Pomerellen, das Culmer Land (Kulmer Land, Kulmerland) und Ermland. 1561 kam
Livland an P. Kurland wurde ein Lehen Polens. 1572 starben die Jagiellonen aus.
1629 verlor P. Livland an Schweden, 1657/1670 die Lehnshoheit über Ostpreußen
an Brandenburg, 1654 die Ukraine an Russland. 1697 wurde der dafür zum
Katholizismus übertretende Kurfürst von Sachsen durch Wahl König von Polen.
1763 endete die damit geschaffene Verbindung aber wieder. 1772, 1793 und 1795
wurde P., dessen Adel gegen den von Katharina II. von Russland protegierten
neuen König Stanislaus Poniatowski seit 1768 rebellierte, zwischen Russland, Preußen
und Österreich aufgeteilt. In der ersten Teilung (1772) erhielt Österreich
Ostgalizien und Lodomerien und behielt die 1769 besetzte Zips (85000
Quadratkilometer mit mehr als 2000000 Einwohnern). Preußen erlangte Westpreußen
(ohne Danzig und Thorn) sowie Ermland und den Netzedistrikt (35000
Quadratkilometer mit etwa 350000 Einwohnern). Russland gewann das polnische
Livland und Teile von Weißrussland, Polozk, Minsk, Witebsk und Mstislaw (84000
Quadratkilometer mit 1300000 Einwohnern). Dadurch verringerte sich das Gebiet
und die Einwohnerzahl um 30%. In der zweiten Teilung (1793) erhielt Russland
die restlichen Teile Litauens, die Ukraine, die Hälfte von Wolhynien, Podolien,
Nowogrodek (Nowgrodek) und Brest-Litowsk (Brzesk) sowie die noch polnischen Gebiete
von Polozk und Minsk (228000 Quadratkilometer). Preußen erlangte Danzig, Thorn,
Posen, Kalisch, Gnesen, Lodz (Lodsch), Dobrin (Dobrzyn), Tschenstochau
(Czenstochau), einen Teil von Rawa und die Hälfte von Brześć Kujawski
(Brzesk) (58000 Quadratkilometer, 1130000 Einwohner, „Südpreußen“). Dadurch
wurde Polen auf 240000 Quadratkilometer mit 3400000 Einwohnern beschränkt. Bei
der dritten Teilung (1795)kamen das restliche polnische Litauen, der Großteil
von Samogitien, das übrige Schwarzrussland, Podlesien und Wolhynien, ein Stück
von Cholm, Kurland und Semgallen an Rußland (146000 Quadratkilometer),
Sandomir, Lublin, Radom, Teile von Brest-Litowsk (Brzesk), Podlachien und
Masowien an Österreich (51000 Quadratkilometer mit 1000000 Einwohnern) sowie
Teile Masowiens mit Warschau, das Gebiet zwischen Weichsel, Bug und Memel
(Njemen) (Neuostpreußen) sowie ein Teil Krakaus (Neuschlesien) an Preußen
(43000 Quadratkilometer mit 1000000 Einwohnern). 1807 wurde durch Napoleon aus
preußischen Gebieten das Herzogtum Warschau geschaffen, das 1815 in veränderter
Gestalt als Kongresspolen mit Russland in Personalunion vereinigt wurde. Am 11.
11. 1918 wurde die Republik P. gegründet, die 1919 den größten Teil
Westpreußens erhielt. 1939 wurde Polen zwischen dem Deutschen Reich und der
Sowjetunion aufgeteilt, 1945/1990 aber, unter zugunsten der Sowjetunion
erfolgender Verlagerung nach Westen bis zur Oder-Neiße-Grenze,
wiederhergestellt. S. Brandenburg, Breslau, Cammin, Danzig, Deutscher Orden,
Ermland, Galizien, Gnesen, Kulm, Kurland, Lausitz, Lebus, Memelgebiet,
Pommerellen (Pomerellen), Pommern, Posen, Preußen, Schlesien, Teschen.
L.: Beer, A., Die erste Teilung Polens, 1873; Lord, H., The Second Partition of
Poland, 1916; Rhode, G., Geschichte Polens, 3. A. 1980; Hoensch, J., Geschichte
Polens, 1983; Boockmann, H., Deutsche Geschichte im Osten Europas. Ostpreußen
und Westpreußen, 1992; Jasinski, K., Rodowód pierwszych Piastów, 1992; Labuda,
G., Mieszko II król polski 1025-34, 1992; Atlas historyczny miast Polskich, hg.
v. Czacharowski, A., 1993; Gieysztor, A., Polen, LexMA 7 1994, 52; Zernack, K.,
Polen und Russland, 1994; Urban, T., Deutsche in Polen, 4. A. 2000; Bömelburg,
H., Zwischen polnischer Ständegesellschaft und preußischem Obrigkeitsstaat,
1995; Normdurchsetzung in osteuropäischen Nachkriegsgesellschaften, Bd. 3 1997;
Kempen, B., Die deutsch-polnische Grenze, 1997; Urban, T., Von Krakau bis
Danzig, 2000; Davies, N., Im Herzen Europas, 2000; Deutsch-polnische
Beziehungen in Geschichte und Gegenwart, hg. v. Lawaty, A. u. a., Bd. 1f. 2000;
Borodhiej, W., Der Warschauer Aufstand 1944, 2001; Alexander, M., Kleine
Geschichte Polens, 2003; Urban, T., Polen, 2. A. 2003; Wyszkowski, M., (Die
politische Verfassung Großpolens in den Jahren 1138-1296), 2009; Michel, A.,
Polens Staatlichkeit in sieben Jahrhunderten, 2014.
Přemysliden (Geschlecht) Przemysliden. Die sich
selbst auf einen Přemysl (Przemysl) zurückführende, zunächst in Levý
Hradec ansässige, gegen Ende des 9. Jahrhunderts nach Prag wechselnde, mit dem
um 890 (874?, 882-884?) getauften Prager Burgherren Boriwoi sichtbar werdende
böhmische Adelsfamilie gewann im beginnenden 10. Jahrhundert die Herrschaft in
Böhmen. 1040 erhielt Bretislaw I. Böhmen als Reichslehen und setzte 1055 eine
200 Jahre beachtete Senioratserbfolge (mit zeitweisen Nebenlinien in Olmütz,
Brünn, Znaim, Lundenburg und Jamnitz) durch. Wartislaw II. erlangte 1075 die
sächsische Ostmark und 1076 die Mark Meißen als Reichslehen sowie 1085/1086 für
sich den Königstitel. 1198 wurde die erbliche Königswürde und 1212 wurden
zusätzliche Privilegien gewonnen. Unter dem mit Margarete von Babenberg
verheirateten Ottokar II. erlitten die P., die auf dem Höhepunkt ihrer Macht
Böhmen, Mähren, Österreich, Steiermark, Kärnten und Krain beherrschten, gegen
Rudolf von Habsburg 1278 eine schwere Niederlage, erlangten aber 1300 über die
Erbtochter das Königreich Polen und 1301 über
Kunigunde von Ungarn das Königreich Ungarn. Mit
der Ermordung Wenzels III./Ladislaus’ V. erloschen sie 1306. Über die Tochter
Elisabeth kamen die Güter an Johann von Luxemburg. Eine von Ottokar II.
begründete bzw. von Herzog Nikolaus von Troppau abstammende uneheliche Linie
starb 1521 aus.
L.: Wegener, W., Die Premysliden, 1957; Handbuch der Geschichte der böhmischen
Länder, hg. v. Bosl, K., Bd. 1 1966; Stillfried, A., Die Premysliden und der
Ursprung des Hauses Stillfried, 2. A. 1973; Zemlicka, J., Premysl Otakar I.,
1990; Zemlicka, J., Premysliden, LexMA 7 1994, 186; Clemens, E., Luxemburg-Böhmen,
Wittelsbach-Bayern, Habsburg-Österreich, 2001; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W. u. a., 2003, 1, 1, 183.
Preußen (Herzogtum, Königreich,
Land). Im 10. Jahrhundert erscheinen erstmals die baltischen Pruzzen (um 965
Brus) bzw. Prußen, die um 1200 zwischen Litauen, Culmer Land (Kulmerland),
Weichsel und Nogat die Gaue Pomesanien, Pogesanien, Warmien (Ermland),
Natangen, Samland, Barten, Nadrauen, Schalauen und Sudauen bewohnten. Um 1225
wandte sich Herzog Konrad I. von Masowien (Polen) an den Deutschen Orden um
Hilfe gegen die Pruzzen bzw. Prußen und übertrug ihm dafür das Culmer Land
(Kulmerland). Kaiser Friedrich II. gewährte 1226 dem Hochmeister Culm
(Kulmerland) und alle noch zu erobernden pruzzischen bzw. prußischen Gebiete.
1283 war die Eroberung des Landes abgeschlossen, das den Namen der Pruzzen bzw.
Prußen auch unter der Herrschaft des Deutschen Ordens behielt. 1309 erweiterte
der Deutsche Orden sein Herrschaftsgebiet um Pommerellen. Bald wurde das
gesamte Land als P. bezeichnet, ohne dass es auf Dauer eine rechtliche Einheit
darstellte. Nach der Schlacht von Tannenberg (1410) gingen 1411 geringe Gebiete
verloren. 1466 musste der Deutsche Orden Pommerellen, das Culmer Land
(Kulmerland), das Ermland, das Ländchen Michelau und die Gebiete von
Marienburg, Elbing, Christburg und Stuhm an Polen abtreten (Preußen königlichen
Anteils, Königspreußen). Für das verbliebene Gebiet wurde der Hochmeister
polnischer Fürst und leistete dem König von Polen einen persönlichen Eid. 1525
vereinbarte der Hochmeister des Deutschen Ordens Albrecht von
Brandenburg-Ansbach mit seinem Onkel König Sigismund von Polen in einem von
Kaiser Karl V. am 14. 11. 1530 wegen mangelnder Berücksichtigung der Rechte des
Reiches für nichtig erklärten Vertrag die Umwandlung des nach 1466 verbliebenen
Deutschen Ordenslandes in das erbliche, unter (loser) Lehnshoheit Polens
stehende Herzogtum P. (Herzog in Preußen, herzogliches, zur Reformation
übertretendes P. mit Königsberg im Gegensatz zum königlich-polnischen,
katholisch bleibenden Westteil [Pommerellen mit <Danzig,> Elbing und
Thorn, späteres Westpreußen]), für das er 1544 die Universität Königsberg
gründete. Weiter führte er die Reformation durch und unterstellte die Bischöfe
von Pomesanien und Samland seiner Herrschaft. Das Herzogtum wurde nach Heirat
der Erbtochter (1594) 1618/1619 mit Brandenburg in Personalunion vereinigt und
1657/1660 vertraglich von der Lehnshoheit Polens befreit. Damit war es voll
souveränes Land der Kurfürsten von Brandenburg, die 1694 den Kreis Schwiebus an
Glogau abgaben. Am 18. 1. 1701 krönte sich Kurfürst Friedrich III. (I.) von
Brandenburg (1688-1713), der 1694 die Universität Halle gegründet hatte, mit
Zustimmung des Kaisers, den er im spanischen Erbfolgekrieg unterstützt hatte,
in Königsberg zum König in P., womit politisch die Rangerhöhung des Kurfürsten
von Sachsen durch die Krönung zum König von Polen und die Anwartschaft des
Kurfürsten von Hannover auf die Königskrone in England ausgeglichen werden
sollten. Mit der auf die anderen brandenburgischen Länder übertragenen
Königswürde ging zugleich der Name des Herzogtums P. auf den
brandenburg-preußischen Gesamtstaat über, von dem das Land P. nicht zum
Heiligen Römischen Reich gehörte. Rund 20000 seit dem Edikt von Potsdam (1685)
allmählich einströmende französische Hugenotten brachten zahlreiche bis dahin
unbekannte Kenntnisse und Fertigkeiten in das Land. 1702 erbte Friedrich III.
(I.) nach dem Aussterben der Prinzen von Oranien (König Wilhelm III. von
England) die Grafschaft Lingen und das Fürstentum Moers, 1707 das Fürstentum
Neuenburg (Neuchâtel) mit der Grafschaft Valangin. 1707/1729 kaufte er die
Grafschaft Tecklenburg sowie die Erbpropstei über Nordhausen und Quedlinburg.
Sein sparsamer und als Amtmann Gottes pflichtbewusster Sohn Friedrich Wilhelm
I. erhielt 1713 am Ende des spanischen Erbfolgekriegs als Ersatz für Oranien
einen Teil des Herzogtums Geldern (Obergeldern) und erwarb 1720 gegen 2 Millionen
Taler von Schweden Vorpommern bis zur Peene mit Stettin, Usedom und Wollin. Im
Inneren baute er als Soldatenkönig eine straffe Finanzverwaltung und
Heeresverwaltung (mit Generaloberfinanz-, -kriegs- und -domänendirektorium)
auf, wobei er Sparsamkeit, Pünktlichkeit, Uneigennützigkeit, Gehorsam, Ordnung
und Pflichtentreue zu den obersten Geboten des preußischen Beamtentums erhob.
Mit der relativ größten und absolut besten Armee Europas und in krassem
Gegensatz zu seinen eigenen politisch-theoretischen Forderungen brach sein Sohn
Friedrich der Große, der sich erstmals König von P. nannte, nach dem Tod Kaiser
Karls VI. 1740 unter Berufung auf zweifelhafte Erbansprüche in das zu
Österreich gehörende Schlesien ein, das er in den drei schlesischen Kriegen (1740/1742,
1744/1745, 1756/1763) größtenteils eroberte. 1744 fiel auf Grund einer
Anwartschaft von 1694 erbweise Ostfriesland an. 1772 erlangte Friedrich der
Große bei der Teilung Polens Westpreußen, das Ermland und den Netzedistrikt, so
dass P. einschließlich des jetzt als Ostpreußen bezeichneten, mit dem Stammland
Brandenburg durch eine Landverbindung angeschlossenen ursprünglichen
Deutschordenslandes im Jahre 1786 195000 Quadratkilometer maß, in denen rund
5,5 Millionen Menschen lebten. Für diesen Staat, als dessen erster Diener sich
der König sah, verwirklichte er die schon 1713 in Angriff genommene
Rechtsvereinheitlichung auf der Grundlage aufgeklärter, naturrechtlich
beeinflusster Vorstellungen, die in der Inkraftsetzung des Allgemeinen
Landrechts von 1794 ihren Höhepunkt fand. 1791 erwarb P. durch Kauf die
hohenzollerischen Markgrafschaften Ansbach (Brandenburg-Ansbach) und Bayreuth
(Brandenburg-Bayreuth bzw. Brandenburg-Kulmbach). 1795 überließ es dem durch
die Revolution von 1789 aufgerüttelten Frankreich seine gesamten
linksrheinischen Gebiete, erlangte aber in der zweiten und dritten Teilung
Polens (1793, 1795) Danzig, Thorn und Südpreußen (Posen, Warschau, Kalisch)
sowie Neuostpreußen. Als Ausgleich für die linksrheinischen Verluste an
Frankreich (Kleve, Moers, Geldern, Zevenaar [Sevenaer], Huissen, Malburgen
[Malburg], 2391 Quadratkilometer bzw. 48 Quadratmeilen mit 127070 bzw. 137000
Einwohnern) erhielt es am 25. 2. 1803 durch § 3 des
Reichsdeputationshauptschlusses die Hochstifte Hildesheim, Paderborn und
Münster (teilweise, Stadt Münster und Gebiete rechts einer Linie von Olfen
[Olphen], Seppenrade [Seperad], Kakesbeck [Kakelsbeck], Hiddingsel
[Heddingschel], Giesking [Ghisschinck], Nottuln [Notteln], Hülfshoff
[Huschhofen], Hohenholte [Nannhold], Nienberge [Nienburg], Uhlenbrock
[Uttenbrock], Gimbte [Grimmel], Schöneflieth [Schönfeld], Greven sowie von dort
an der Ems bis zum Einfluss der Hopstener Aa [Hoopsteraa]), aus dem Erzstift
Mainz das Eichsfeld, Erfurt und Treffurt, die Reichsabteien Herford, Essen,
Quedlinburg, Elten, Werden, Cappenberg sowie die Reichsstädte Mühlhausen,
Nordhausen und Goslar mit 9543 Quadratkilometern (235 Quadratmeilen) und mehr
als einer halben Million (600000) Einwohnern. 1805/1806 gelang gegen Abtretung
Ansbachs (an Bayern) und Kleves und mit der Annexion Hannovers kurzzeitig die
geographische Vereinigung der preußischen Länder. Nach dem Ende des Heiligen
Römischen Reiches kam es zur Auseinandersetzung mit Frankreich, die mit der
Niederlage von Jena und Auerstedt am 14. 10. 1806 endete. Danach verlor P. im
Frieden von Tilsit 1807 alle linkselbischen Länder sowie den größten Teil des
Gewinns aus den Teilungen Polens und damit mehr als die Hälfte seines Gebiets.
In dieser wegen der Kontributionen und der Kontinentalsperre auch
wirtschaftlich äußerst schwierigen Lage wurden unter Stein und Hardenberg
aufgeklärt-liberale innenpolitische Reformmaßnahmen durchgeführt
(Bauernbefreiung 1807/1811, Städteordnung 1808, Gründung der Universität Berlin
1810, Gewerbefreiheit 1810/1811, Judenemanzipation 1812). Die Niederlage
Frankreichs in Russland 1812 und die Siege bei Leipzig (1813) und Waterloo
(1815) bildeten dann die Grundlage dafür, dass P. auf dem Wiener Kongress 1815
trotz gewisser Verluste in Polen seine frühere Stellung zurückgewinnen (u. a.
Herzogtum Magdeburg, Altmark, Fürstentum Halberstadt, Wernigerode, Hohnstein,
Mansfeld, Norhausen, Mühlhausen, Eichsfeld, Erfurt) und sein Gebiet sogar auf
278000 Quadratkilometer mit 10,4 Millionen Einwohnern vergrößern konnte (Saargebiet/Saardepartement
[mit Verpflichtung zur Entschädigung Hessen-Homburgs - erfolgt durch
Meisenheim, 1866 zurückgefallen -, Oldenburgs - erfolgt durch Birkenfeld, 1937
zurückgefallen -, Sachsen-Coburg-Saalfelds - erfolgt durch Lichtenberg,
zurückerworben am 31. 5. 1834/15. 8. 1834 -, Mecklenburg-Strelitzs - erfolgt
durch Geldentschädigung - und Pappenheims - unter Täuschung nie erfolgt -],
Jülich-Kleve-Berg [von Bayern, dafür Ansbach und Bayreuth an Bayern],
Niederrhein [Rheinland], Westfalen, Sachsen [Kurkreis mit Wittenberg, Torgau,
Stiftsgebiete von Merseburg und Naumburg bzw. Naumburg-Zeitz, thüringischer
Kreis, Mansfeld, Stolberg, Barby, Walternienburg, Gommern, Querfurt], Posen).
Mit allen Provinzen außer Posen, Ostpreußen und Westpreußen trat P. dann dem
Deutschen Bund bei. Hier verhielt sich P. zunächst konservativ. Statt der vom
König 1810, 1815 und 1820 versprochenen Verfassung kam es 1823 nur zu der
befohlenen Errichtung von Provinzialständen und Provinziallandtagen, die vom
grundbesitzenden Adel beherrscht wurden. Innerhalb Preußens wurden 1824
personal und von 1829 bis 1878 real Ostpreußen und Westpreußen zur Provinz P.
vereinigt. Am 31. 5. 1834 wurde Lichtenberg bei Birkenfeld von Sachsen-Coburg
gekauft, 1849 kamen die Fürstentümer Hohenzollern (1850 Regierungsbezirk
Sigmaringen der Rheinprovinz) hinzu, doch wurde 1857 endgültig auf Neuenburg
und Valangin verzichtet. 1848 wurden nach schweren Straßenkämpfen zunächst
einige liberale Maßnahmen ergriffen (Aufhebung der Pressezensur, Berufung eines
liberalen Ministeriums), nach dem Sieg der Gegenbewegung aber die gewählte
Nationalversammlung aufgelöst und eine Verfassung erlassen (oktroyiert), nach
welcher der fortan verfassungsmäßig beschränkte König seine exekutiven Rechte
unter Mitwirkung verantwortlicher Minister ausübte und die gesetzgebende Gewalt
gemeinschaftlich mit dem Landtag hatte, wobei das Herrenhaus (1854) sich aus
erblichen oder vom König ernannten Mitgliedern zusammensetzte und die
Mitglieder des Abgeordnetenhauses nach dem Dreiklassenwahlrecht, das die
vermögenden Bevölkerungsgruppen bevorzugte, gewählt wurden. 1862 wurde Fürst
Otto von Bismarck zum Ministerpräsidenten berufen. Im Verfassungskonflikt über
die Finanzierung des Heeres regierte er gegen und ohne das Parlament. 1866 kam
es bei der Verwaltung des 1864 von Dänemark gewonnenen Landes
Schleswig-Holstein zur Konfrontation mit Österreich, die zur Exekution des
Deutschen Bundes gegen P. führte. Die militärische Niederlage des Deutschen
Bundes hatte dessen Auflösung zur Folge. P. annektierte Hannover,
Schleswig-Holstein, Nassau, Hessen-Kassel und Frankfurt und gewann damit
erstmals eine Verbindung zwischen seinen älteren östlichen und seinen seit 1614
im Nordwesten neu erlangten Gebieten. Mit den übrigen norddeutschen Ländern
bildete es 1867 den Norddeutschen Bund. Nach dem Sieg über Frankreich im
deutsch-französischen Krieg von 1870/1871 kam es am 18. 1. 1871 in Versailles
zur Proklamation des preußischen Königs als Kaiser des neugegründeten Deutschen
Reiches, in dem P. zwar nur einer von 25 Bundesstaaten war, aber etwa zwei
Drittel des Reichsgebiets (mit den Industriegebieten Ruhrgebiet, Oberschlesien,
Saargebiet) mit etwa drei Fünfteln der Einwohner des Reiches ausmachte und
damit eindeutig eine Vormachtstellung besaß. 1878 stieg die Zahl seiner
Provinzen durch die Aufteilung Preußens in Ostpreußen und Westpreußen auf
zwölf. Nach der Novemberrevolution 1918 dankte Kaiser Wilhelm II. am 9. 11.
1918 als deutscher Kaiser ab und floh nach Holland. P. blieb erhalten, musste
aber im Friedensvertrag Gebiete abtreten. Die Macht in P. übernahmen die
Sozialdemokratische Partei und die Unabhängige Sozialdemokratische Partei. Am
30. 11. 1920 erhielt P. eine Verfassung, durch die es
demokratisch-parlamentarischer Freistaat wurde. Am 1. 4. 1929 schloss sich
Waldeck an P. an. 1932 errang die Nationalsozialistische Deutsche
Arbeiterpartei den Wahlsieg. Die preußische Regierung wurde durch die
Notverordnung Franz von Papens vom 20. 7. 1932 ihres Amtes enthoben und durch
den Reichskanzler als Reichskommissar für P. ersetzt. 1933 wurde Hermann Göring
zum neuen preußischen Ministerpräsidenten ernannt. P. wurde als Staat durch das
Gesetz über den Neuaufbau des Reiches vom 30. 1. 1934 aufgelöst. Seit 1934
wurden nahezu alle preußischen Ministerien mit den entsprechenden
Reichsministerien zusammengelegt. Am 1. 4. 1937 kam es zu einem
Gebietsaustausch mit Hamburg und Oldenburg (Birkenfeld) und zur Eingliederung
Lübecks. 1939 umfasste P. 293938 Quadratkilometer mit 41,47 Millionen
Einwohnern. 1945 wurde P. auf die vier Besatzungszonen verteilt. Das Gesetz Nr.
46 des Alliierten Kontrollrats vom 25. 2. 1947 löste P. als Staat formell auf.
Seine Gebiete verteilen sich auf Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern,
Sachsen-Anhalt, Thüringen, Niedersachsen, Hessen, Nordrhein-Westfalen,
Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Polen und die Sowjetunion. S. Ostpreußen,
Südpreußen, Westpreußen, Polen, Pommerellen.
L.: Zeumer 554 II b 63, 3; Forstreuter, K., Deutschordensland Preußen, (in)
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von den Anfängen bis auf die Gegenwart, Bd. 1ff. 1874ff.; Gesetz-Sammlung für
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Provence (Grafschaft, Landschaft). Das
ursprünglich von Kelten und Ligurern bewohnte Gebiet zwischen Mittelmeer,
Rhone, Var und Alpen wurde 121 v. Chr. zur römischen Provinz Gallia
transalpina, Gallia Narbonensis, die als älteste römische Provinz in Gallien
bald nur noch provincia hieß. 470/477 kam sie an die Westgoten (bis 507), 509
an die Ostgoten und 536/537 an die Franken. 843 gelangte sie zum Mittelreich
Kaiser Lothars I. Von 855 bis 863 fiel sie an Lothars I. Sohn Karl, 879 an Boso
von Vienne (Königreich Niederburgund, bis 933
mit Hauptstadt Arles), 934 an Hochburgund und damit 1032 an das Deutsche Reich,
dem sie trotz etwa der noch 1365 in Arles erfolgten Krönung Karls IV. immer nur
lose angehörte, auf das sie aber zeitweise einen nicht unbeträchtlichen
kulturellen Einfluss ausübte. Tatsächliche Herren waren die Grafen von Arles
(nach 974 Markgrafen), deren Grafschaft P. 1112 dreigeteilt wurde und in dem
südlich der Durance gelegenen Teil an die Grafen von Barcelona, eine
Seitenlinie des Hauses Barcelona-Aragón kam. 1246 fiel die Grafschaft durch
Heirat an Karl von Anjou, 1382 an das jüngere Haus Anjou und 1481 an
Frankreich, das die P. ab 1660 wie eine französische Provinz verwaltete und
nach 1789 in Departements auflöste. Lediglich östliche Randgebiete um Nizza (u.
a. Monaco) unterfielen anderen Herren und verblieben so beim Heiligen Römischen
Reich. Die 1053/1112 verselbständigte, nördlich der Durance gelegene Grafschaft
Forcalquier kam 1209 zur Grafschaft P. zurück. Die Markgrafschaft P. um Avignon
gelangte von den Grafen von Toulouse im Zuge der Ketzerkreuzzüge allmählich an
den Papst (1274). Hiervon verselbständigte sich im Norden das Fürstentum
Orange/Oranien und kam über Nassau-Oranien durch Annexion 1713 an Frankreich.
Der verbleibende, allmählich schrumpfende Rest des päpstlichen Kirchenstaates
(Comtat Venaissin) fiel 1791 an Frankreich.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 34 (1138-1254) F5; Poupardin, R., Le
royaume de Provence sous les Carolingiens, 1901; Fornery, J., Histoire du Comté
venaissin et de la ville d’Avignon, Bd. 1ff. 1909; Bourilly, V./Busquet, R., La
Provence au moyen âge 1112-1481, 1924; Tournadre, G. de, Histoire du comté de
Forcalquier, 1930; Buchner, R., Die Provence in merowingischer Zeit, 1933;
Busquet, R., Histoire de la Provence, 4. A. 1966, 6. A. 1976; Histoire de la
Provence, hg. v. Baratier, E., 1969; Baratier, E. u. a., Atlas historique:
Provence, Comtat Venaissin, principauté de Monaco, principauté d’Orange, comté
de Nice, 1969; Baratier, E., Documents de l’histoire de la Provence, 1971;
Forbin, M. de, L’Union de la Provence à la France, Mem. Acad. Vaucluse 1981, 19ff.; La Provence
des origines à l’an mille, hg. v. Février, P., 1989; Schottky, M./Coulet, N.,
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Stauferzeit, 1996; Kiesewetter, A., Die Anfänge der Regierung König Karls II.,
1999; Aurell, M. u. a., La Provence au Moyen Âge, 2005.
Quedlinburg (Abtei, Residenz). In Q. an der Bode im
nordöstlichen Harzvorland bestand schon in karolingischer Zeit neben einer
vermutlich am Ende des 8. Jahrhunderts errichteten Hersfelder Missionskirche
eine Burg, die König Heinrich I. zu seiner wichtigsten Pfalz ausbaute. 922 ist
ein daran anschließender Ort mit Königshof (Quitilingaburg) erstmals erwähnt.
936/7 gründete die Königinwitwe Mathilde mit Zustimmung ihres Sohnes Otto des
Großen auf der Burg das Kanonissenstift Sankt Servatius, das mit bedeutenden
Privilegien ausgestattet wurde (994 Marktprivileg, Münzprivileg und
Zollprivileg für die Kaufleute, Güter bis ins Eichsfeld, Vogtland und Havelland)
und dem eine besondere Stellung als fürstliche Reichsabtei zugedacht war. Der
Ort Q. stand unter der Herschaft der Äbtissin, die nach einem Verzicht auf die
Herrschaftsrechte über die Stadt (1358) 1477 den Versuch der zu dieser Zeit
etwa 5000 Einwohner zählenden Stadt vereitelte, die Reichsunmittelbarkeit zu
erlangen. Die Vogtei über das Stift gewannen in der Mitte des 12. Jahrhunderts
die Grafen des Harzgaus, 1273 die Grafen von Regenstein und 1477 die Wettiner
(Sachsen), deren albertinische Linie 1485 die Schutzherrschaft erhielt. 1539
wurde Q., das zum obersächsischen Reichskreis zählte, ein evangelisches freies
weltliches Stift. 1697 trat Sachsen (Kursachsen) die Rechte der Schutzvogtei an
Brandenburg ab, an das 1648 das umgebende Hochstift Halberstadt gekommen war.
1803/1813 fiel das Fürstentum Q., dessen Äbtissin zu den rheinischen Prälaten
zählte, (mit der Stadt Q. und dem Flecken Ditfurt bzw. Dithfurth ein Gebiet von
2 Quadratmeilen,) an Preußen. Von 1807 bis 1813 gehörte Q., dessen Stift 1810
aufgelöst wurde, zum Königreich Westphalen, nach
1815 zur preußischen Provinz Sachsen. Von 1949 bis 1990 kam es damit in
Sachsen-Anhalt zur Deutschen Demokratischen Republik.
L.: Wolff 408f.; Zeumer 552ff. II a 37, 12; Wallner 710 ObersächsRK 24; Großer
Historischer Weltatlas III 22 (1648) E3, III 38 (1789) D2; Gringmuth-Dallmer,
H., Magdeburg-Wittenberg, (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1;
Geschichte zur Tausendjahrfeier der Stadt Quedlinburg, Bd. 1f. 1922; Lorenz,
H./Kleemann, S., Quedlinburgische Geschichte, Bd. 1f. 1922; Lorenz, H.,
Werdegang der 1000jährigen Kaiserstadt Quedlinburg, 1925; Kleemann, S.,
Quedlinburg, 10. A. 1927; Weirauch, H., Der Grundbesitz des Stiftes Quedlinburg
im Mittelalter, Sachsen und Anhalt 14 (1938); Speer, E., Quedlinburg, 2. A.
1954; Speer, E., Quedlinburg und seine Kirchen, 3. A. 1972; Militzer,
K./Przybilla, P., Stadtentstehung, Bürgertum und Rat. Halberstadt und
Quedlinburg bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts, 1980; Schauer, H., Quedlinburg.
Das städtebauliche Denkmal und seine Fachwerkbauten, 1990; Blaschke, K.,
Quedlinburg, LexMA 7 1994, 359; Deutsche Königspfalzen, Bd. 4, 1996; Höfe und
Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 720,
1, 2, 469; Reuling, U., Quedlinburg, 2006; Kayserlich - frey - weltlich, hg. v.
Bley, C., 2009; Kasper, P., Das Reichsstift Quedlinburg (936-1810), 2014;
Schröder-Stapper, T., Fürstäbtissinnen, 2015.
Ravensberg (Grafschaft). Die 1082 erstmals sicher
bezeugten Grafen von Kalvelage (Calveslage) bei Lohne bzw. Vechta in Oldenburg
setzten sich um 1100 in R. (ruwe borg) im Teutoburger Wald nordwestlich von
Halle/Westfalen fest, das sie in der Mitte des 12. Jahrhunderts als Lehen der
Herzöge von Sachsen innehatten. Seit 1140 nannten sie sich Grafen von R. Sie
hatten Güter im Osnabrücker Nordland (um Vechta), die sie vielleicht nach 1100
(1119) von den Grafen von Zutphen ererbt hatten, die Grafschaft im Emsland
(Emsgau) aus dem Erbe des ihnen verwandten Grafen Otto von Northeim († 1083),
Güter und Rechte aus Tätigkeiten für Paderborn im Teutoburger Wald (um
Bielefeld, Herford und Halle/Westfalen) sowie weitere verstreute Güter (etwa im
Tal der Wupper). 1214 gründeten sie Bielefeld. 1226 erfolgte eine Teilung.
Jutta von R. verkaufte am 18. 6. 1252 Güter um Vechta und im Emsland an das
Hochstift Münster (Niederstift Münster). 1289/1309 wurden Vlotho und der
Limberg (Lemberg) (wieder) erworben. Nach Aussterben des Mannesstammes 1346 kam
die restliche, wohl 1180 reichsunmittelbar gewordene Grafschaft (um Bielefeld
und Vlotho) über die Nichte (Margarete) des letzten Grafen, die zugleich Erbin
der Grafschaft Berg war, an Jülich, wurde 1409 (pfandweise) um das zunächst
lippische Amt Enger vergrößert, 1609 von Brandenburg und Pfalz-Neuburg in
Besitz genommen, kam aber 1614/1647 ganz an Brandenburg (jülich-klevescher
Erbfolgestreit). Hauptstadt war bis 1719 Bielefeld. 1719 wurde R., für das
Preußen seit 1705 die Aufnahme in das westfälische Reichsgrafenkollegium beantragte,
verwaltungsmäßig mit dem 1648 von Brandenburg erlangten Fürstentum Minden
verbunden. 1807 wurde die bis 1806 dem niederrheinisch-westfälischen
Reichskreis zugehörige, etwa 16 Quadratmeilen umfassende Grafschaft dem Königreich Westphalen einverleibt, 1811 teilweise
unmittelbar zu Frankreich gebracht. 1813 kam sie an Preußen (Provinz
Westfalen). 1946 fiel R. an Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 320; Wallner 701 WestfälRK 3; Großer Historischer Weltatlas II 66
(1378) E2, II 78 (1450) F8, III 22 (1648) D2, III 38 (1789) C1; Ledebur, L. v.,
Das Fürstentum Minden und die Grafschaft Ravensberg, 1825, Neudruck 2009;
Richtering, H./Kittel, E., Westfalen-Lippe, (in) Geschichte der deutschen
Länder, Bd. 1; Weddigen, P., Historisch-geographisch-statistische Beschreibung
der Grafschaft Ravensberg ., 1790; Nitzsch, K., Die Ravensberger
Territorialverfassung im Mittelalter, Diss. phil. Halle 1902; Rossberg, A., Die
Entwicklung der Territorialherrlichkeit in der Grafschaft Ravensberg, Diss.
phil. Leipzig 1909; Terheyden, O., Die Heimat und älteste Geschichte der Grafen
von Calvelage-Ravensberg, Jahresber. d. hist. Ver. f. d. Grafschaft Ravensberg
41 (1927); Herberhold, H., Das Urbar der Grafschaft Ravensberg, Bd. 1ff.
1960ff.; Engel, G., Die Osning-Grafschaft Ravensberg, Westfalen 40 (1962);
Vogelsang, R., Die Grafschaft Ravensberg, (in) Köln-Westfalen 1180-1980, hg. v.
Berghaus, P./Kessemeier, S., 1980, 186ff.; Janssen, W., Ravensberg, LexMA 7
1994, 486; Zunker, D., Adel in Westfalen, 2003, 249 (mit genealogischer Übersicht);
Sunderbrink, B., Revolutionäre Neuordnung auf Zeit, 2015.
Rheinbund (Länderbund, Konföderation). Am 12. 7.
1806 schlossen sich Bayern, Württemberg, der Kurerzkanzler (aus dem früheren
Erzstift Mainz), Baden, Berg und Kleve, Hessen-Darmstadt, Nassau-Usingen,
Nassau-Weilburg, Hohenzollern-Hechingen, Hohenzollern-Sigmaringen, Salm-Salm,
Salm-Kyrburg, Isenburg-Birstein, Arenberg, Liechtenstein und von der Leyen
unter Vergrößerung ihrer Gebiete durch Mediatisierungen und unter Lossagung vom
Reich zu einer etwa ein Drittel des Reiches umfassenden Konföderation unter dem
Protektorat Frankreichs zusammen. Mit Ausnahme Österreichs, Preußens, Pommerns
(Schweden) und Holsteins (Dänemark) traten ihm bis 1808 alle verbliebenen
deutschen Einzelstaaten bei, nämlich am 25. 9. 1806 das Großherzogtum Würzburg,
am 11. 12. 1806 das Königreich Sachsen, am 15.
12. 1806 Sachsen-Weimar, Sachsen-Coburg, Sachsen-Gotha, Sachsen-Hildburghausen,
Sachsen-Meiningen, am 18. 4. 1807 Anhalt-Bernburg, Anhalt-Dessau,
Anhalt-Köthen, Schwarzburg-Rudolstadt, Schwarzburg-Sondershausen, Waldeck,
Lippe-Detmold, Schaumburg-Lippe und vier Linien Reuß, am 15. 11./7. 12. 1807
das Königreich Westphalen, am 10. 2./22. 3. 1808
die Herzogtümer Mecklenburg-Strelitz und Mecklenburg-Schwerin und am 14. 10.
1808 Oldenburg. Damit zählte der R. 39 Einzelstaaten mit 325800 Quadratkilometern
und 14,61 Millionen Einwohnern. Am Ende des Jahres 1810 annektierte Frankreich
Hamburg, Lübeck, Bremen, Lauenburg, Oldenburg, Arenberg, Salm-Salm,
Salm-Kyrburg und die nördlichen Teile von Westphalen und Berg. 1813 zerfiel der
R.
L.: Joachim, E., Die Entwicklung des Rheinbundes, 1886; Bitterauf, T.,
Geschichte des Rheinbundes, Bd. 1 1905; Huber, E., Deutsche
Verfassungsgeschichte, Bd. 1 2. A. 1967.
Rietberg, Rittberg (Grafschaft). Im Sumpf der
oberen Ems nordwestlich Paderborns errichteten die Grafen von (Werl-)Arnsberg
im 12. Jahrhundert die Burg R. (Rietbike), nach der sich seit 1237 eine
jüngere, mit Gütern nördlich der Lippe abgefundene Linie Grafen von R. nannte.
1353 wurde die kleine Grafschaft durch Lehnsauftragung an das Reich
reichsunmittelbar. 1456 trug der Graf sie den Landgrafen von Hessen zu Lehen
auf, behielt aber die Reichsstandschaft im niederrheinisch-westfälischen
Reichskreis. 1533 wurde die Reformation eingeführt. Beim Aussterben der Grafen
kam die Grafschaft 1562/1577 über die Erbtochter an die Grafen von Ostfriesland
(Cirksena). 1600 verzichtete Enno III. zugunsten seiner Töchter auf R. und
erhielt dafür das mit der Grafschaft seit 1540 in Personalunion verbundene Harlingerland.
R. wurde der Gegenreformation unterzogen. 1690/1702 kam es in weiblicher
Erbfolge an die Grafen von Kaunitz, die damit seit 1699 zu den westfälischen
Reichsgrafen der weltlichen Bank des Reichsfürstenrates des Reichstags zählten.
1807 wurde das etwa 5,5 Quadratmeilen große R. dem Königreich
Westphalen einverleibt und fiel 1815 an Preußen (Standesherrschaft), 1946 an
Nordrhein-Westfalen. Der letzte Graf von Kaunitz verkaufte 1820/1821 die
verbliebenen Rechte an bürgerliche Käufer.
L.: Wolff 358; Zeumer 554 II b 63, 14; Wallner 703 WestfälRK 26; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) E3, III 38 (1789) B3; Richtering,
H./Kittel, E., Westfalen-Lippe, (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1;
Walter, F., Paladine der Kaiserin, 1959; Scherl, H., Die Grafschaft Rietberg
unter dem Geschlecht der Kaunitz, Diss. phil. Innsbruck 1962; Leesch, W., Die
Grafen von Rietberg aus den Häusern Arnsberg und Ostfriesland, (in)
Westfälische Zeitschrift 113 (1963), 283; Klingenstein, G., Der Aufstieg des
Hauses Kaunitz, 1975; Köln-Westfalen 1180-1190, hg. v. Berghaus, P. u. a.,
1980; Hanschmidt, A., 750 Jahre Grafschaft Rietberg, Heimat-Jb. Kreis Gütersloh
1987 (1986); Janssen, W., Rietberg, LexMA 7 1995, 841; Escher, M. u. a., Die
urbanen Zentren, 2005, 2, 521.
Sachsen (Herzogtum, [Kurfürstentum,] Königreich, Land, Freistaat). Bei den wohl für das
Gebiet nördlich der unteren Elbe um 150 n. Chr. erstmals erwähnten, danach sich
nach Südosten und gemeinsam mit den Angeln auch nach Westen (Britannien)
ausbreitenden, von (König) Karl dem Großen (772-804) unterworfenen
westgermanischen S. (germ. *sahsaz, Schwert, Messer) in Nordalbingien,
Westfalen, Engern und Ostfalen gewannen im 9. Jahrhundert die zwischen Harz und
Weser begüterten Liudolfinger (Liudolf † 868) die Stellung eines Stammesherzogs
der Sachsen. Nach der Wahl der Liudolfinger zum sächsischen Königshaus des
Reiches (919, Heinrich I., 936ff. Otto I., Otto II., Otto III., Heinrich II.)
wurden 966 die Billunger (Hermann Billung † 973) mit der Wahrnehmung des von
der Elbe-Saale bis zum Rhein reichenden sächsischen Herzogtums betraut, doch
beherrschten sie nur die nördlichen Teile des Herzogtums wirklich. Im südlichen
Teil des Herzogtums richtete Otto I. die Pfalzgrafschaft S. ein, die 1088 bei
den Grafen von Sommerschenburg und 1180 bei den Landgrafen von Thüringen lag
und auch später häufig den Inhaber wechselte, bis sie 1356 zum Zubehör des
Herzogtums S. bestimmt wurde. Nach dem Aussterben der Billunger 1106 kam das
Herzogtum nicht an die askanischen bzw. welfischen Schwiegersöhne sondern an
Lothar von Süpplingenburg, dessen Macht auf dem ihm angefallenen Erbe der
Brunonen und Ottos von Northeim († 1083) beruhte, 1137 aber an die Askanier und
1142 an Lothars Schwiegersohn Heinrich den Stolzen aus dem Hause der Welfen,
neben denen jedoch vor allem der Erzbischof von Magdeburg und die Askanier
eigene Herrschaftsbereiche ausbauten. Der Welfe Heinrich der Löwe erweiterte
Sachsen um Mecklenburg und das westliche Pommern. Mit seinem Sturz 1180 endete
das alte Herzogtum der Sachsen. An seine Stelle trat neben dem Herzogtum
(Engern und) Westfalen der Erzbischöfe von Köln, dem Herzogtum
Braunschweig-Lüneburg (1235) der Welfen zwischen Elbe und Weser sowie den Hochstiften
Münster und Osnabrück und mehreren Grafschaften (Oldenburg, Hoya, Diepholz,
Schaumburg, Bentheim u. a.) im Westen das um diese Gebiete verkleinerte, aus
nicht zusammenhängenden Gebieten bestehende neue Herzogtum S. der Askanier
(Bernhard von Anhalt) in Ostsachsen (Ostfalen). Dieses gründete sich auf das
Land Hadeln zwischen Unterweser und Unterelbe, auf einst billungisches Gebiet
an der Unterelbe (Lauenburg) und Gebiete um Neuhaus sowie altes askanisches Gut
um Wittenberg an der mittleren Elbe. 1260/1296 teilte sich dieses verbleibende
Herzogtum S., das 1227 die Grafschaft Ratzeburg erworben hatte, in die Linien
Sachsen-Lauenburg und Sachsen-Wittenberg. Das Herzogtum Sachsen-Wittenberg
erlangte 1356 durch die Goldene Bulle die sächsische Kurwürde. Nach dem
Aussterben der Herzöge von Sachsen-Wittenberg fielen Land, Herzogstitel und
Kurwürde 1422/1423 für ihre Hilfe im Kampf gegen die Hussiten als Lehen an die
in der Markgrafschaft Meißen seit 1089/1125 herrschenden Markgrafen von Meißen
(Haus Wettin), die 1247 schon die Landgrafschaft Thüringen erlangt hatten.
Damit wurde der Name S. auf die wettinischen Gebiete (Meißen, Lausitz,
Thüringen) übertragen (Obersachsen im Gegensatz zu dem seitdem als
Niedersachsen bezeichneten, ursprünglichen sächsischen Stammesgebiet). 1423
wurde die Herrschaft Stollberg im Erzgebirge gewonnen, 1427 die Herrschaft
Weida in Thüringen. 1443 und 1451 wurden die Herrschaften Hohnstein und
Wildenstein gekauft. 1439 erwarb S. im meißnisch-thüringischen Raum die
Burggrafschaft Meißen, 1466 von den Grafen von Reuß die Herrschaft Plauen und
damit den Kern des Vogtlandes. Mit dem Kauf von Finsterwalde 1425, Senftenberg
1448, Beeskow, Storkow 1477 (Wiederkauf) und Sagan 1472 drang S. nach Osten
vor. Von 1440 bis 1445 und von 1482 bis 1485 wurden die zwischenzeitlich
entstandenen Teilherrschaften wieder zusammengeführt. 1485 kam es zur Teilung
in die ernestinische Linie und die albertinische Linie, die nicht mehr
rückgängig gemacht wurde. Kurfürst Ernst (Ernestiner) erhielt das Kurland S.
(Sachsen-Wittenberg), kleine Teile der Mark Meißen und des Osterlandes und
Pleißenlandes (Eilenburg, Grimma, Borna, Leisnig, Altenburg, Zwickau, Plauen,
Schwarzenberg), den größten Teil Thüringens (Weimar, Gotha, Eisenach) und die
Pflege Coburg, das fränkische Königsberg, die Schutzherrschaft über das Bistum
Naumburg und die Reichsgrafschaft von Gleichen, Kirchberg und Reuß sowie zum
Teil Schwarzburg. Herzog Albrecht (Albertiner) erlangte die Markgrafschaft
Meißen mit den Hauptorten Dresden und Freiberg, die Ämter Leipzig,
Delitzsch-Landsberg, Zörbig, die Pfalzgrafschaft S. nebst Sangerhausen, Ämter
im nördlichen Thüringen, die Schutzherrschaft über das Bistum Merseburg und
über die Reichsgrafen und Herren von Stolberg-Hohnstein, Mansfeld, Arnstein, Beichlingen,
Leisnig, Querfurt und Schönburg. Gemeinsam blieben die Herrschaft in Schlesien
und den Lausitzen sowie die Schutzherrschaft über Erfurt, Nordhausen,
Mühlhausen, Görlitz und das Hochstift Meißen. Die ernestinische Linie stiftete
1502 für das verloren gegangene Leipzig die Universität Wittenberg, von der die
Reformation ihren Ausgang nahm und förderte Luther und die Reformation. 1547
unterlag Kurfürst Johann Friedrich der Großmütige Kaiser Karl V., der daraufhin
das Kurland S. (Sachsen-Wittenberg) der albertinischen Linie übertrug, die
seitdem die Kurwürde führte. Die ernestinische Linie behielt nur die Ämter
Weimar, Jena, Saalfeld, Weida, Gotha und Eisenach sowie Coburg und erhielt 1554
noch die Ämter Sachsenburg, Altenburg, Herbsleben und Eisenberg. ----- Das 1531
einen Hof von schätzungsweise 500 Personen umfassende ernestinische Herzogtum
teilte sich 1572 weiter auf. Die zahlreichen Erbteilungen zersplitterten es in
eine Vielzahl kleiner Länder. Dabei entstanden 1572 Sachsen-Coburg-Eisenach
(1572-1596) und Sachsen-Weimar (1572-1603). Sachsen-Coburg-Eisenach teilte sich
1596 in Sachsen-Coburg (1596-1633) und Sachsen-Eisenach (1596-1638). Die Linie
Coburg erlosch 1633 und vererbte die Güter an Sachsen-Eisenach. Die Linie
Eisenach endete 1638. Ihre Güter fielen zu zwei Dritteln an die Linie
Sachsen-Weimar und zu einem Drittel an die Linie Sachsen-Altenburg, die 1603
durch Teilung aus Sachsen-Weimar entstanden war(en). Sachsen-Weimar zerfiel
weiter 1640(/1641) in die Linien Sachsen-Weimar (1640-1672), Sachsen-Eisenach
(1640-1644) und Sachsen-Gotha (1640-1680). Hiervon starb Sachsen-Eisenach 1644
aus, wobei die Güter je zur Hälfte an Sachsen-Weimar und Sachsen-Gotha kamen.
Die Güter Sachsen-Altenburgs fielen bei dessen Aussterben 1672 zu drei Vierteln
(darunter Coburg) an Sachsen-Gotha, zu einem Viertel an Sachsen-Weimar. Im
gleichen Jahr teilte sich Sachsen-Weimar in Sachsen-Weimar (1672-1918),
Sachsen-Eisenach (1672-1741) und Sachsen-Jena (1672-1690), wovon Sachsen-Jena
1690 erlosch und seine Güter an Sachsen-Weimar und Sachsen-Eisenach vererbte,
Sachsen-Eisenach wiederum fiel 1741 an Sachsen-Weimar, das bald Mittelpunkt der
klassischen deutschen Literatur wurde, brachte. 1680/1681 zerfiel Sachsen-Gotha
in die sieben Linien Sachsen-Gotha-Altenburg (1681-1825), Sachsen-Coburg
(1681-1699), Sachsen-Meiningen (1681-1826), Sachsen-Römhild (ohne Landeshoheit)
(1680-1710), Sachsen-Eisenberg (ohne Landeshoheit) (1680-1807),
Sachsen-Hildburghausen (1680-1826) und Sachsen-Saalfeld (ohne Landeshoheit)
(1680-1735, Sachsen-Coburg-Saalfeld). Sachsen-Coburg erlosch 1699 und fiel an
Sachsen-Saalfeld und Sachsen-Meiningen, Sachsen-Eisenberg 1707 und gelangte an
Sachsen-Altenburg. Sachsen-Römhild endete 1710 und fiel an
Sachsen-Gotha-Altenburg, Sachsen-Coburg-Saalfeld, Sachsen-Meiningen und
Sachsen-Hildburghausen. 1741 starb Sachsen-Eisenach aus und kam an
Sachsen-Weimar (Sachsen-Weimar-Eisenach), wobei die beiden Landesteile
verfassungsmäßig bis 1809, verwaltungsmäßig bis 1849 getrennt blieben. 1806
traten die sächsischen Herzogtümer dem Rheinbund bei. 1815 gewann
Sachsen-Coburg-Saalfeld das Fürstentum Lichtenberg an der Nahe, das es am 31.
5. 1834 an Preußen verkaufte. Sachsen-Weimar-Eisenach wurde Großherzogtum,
erhielt einen Teil des Erfurter Gebiets, das vorher fuldische Amt Dermbach
(Dernbach) und die königlich-sächsischen Orte Weida und Neustadt an der Orla
(Neustadt-Orla) und gab sich 1816 eine Verfassung. Als 1825
Sachsen-Gotha-Altenburg ausstarb, wurden die vier Herzogtümer
Sachsen-Gotha-Altenburg, Sachsen-Hildburghausen, Sachsen-Coburg-Saalfeld und
Sachsen-Meiningen am 12. 11. 1826 durch Schiedsspruch König Friedrich Augusts
I. von S. in die Herzogtümer Sachsen-Meiningen (1826-1918), Sachsen-Altenburg
(1826-1918) sowie Sachsen-Coburg und Gotha (1826-1918) neu gegliedert, wobei
der Herzog von Sachsen-Hildburghausen unter Verzicht auf dieses
Sachsen-Altenburg übernahm, Sachsen-Meiningen Sachsen-Hildburghausen und das zu
Sachsen-Coburg gehörige Sachsen-Saalfeld erhielt und Sachsen-Coburg mit
Sachsen-Gotha in Personalunion vereinigt wurde. Die(se) vier sächsischen
Herzogtümer (Sachsen-Weimar-Eisenach, Sachsen-Meiningen, Sachsen-Altenburg,
Sachsen-Coburg und Gotha), von denen Coburg 1821, Meiningen 1829 und Altenburg
1831 eine Verfassung erhielten, traten 1833/1834 dem Deutschen Zollverein, 1867
dem Norddeutschen Bund und 1871 dem Deutschen Reich bei. 1877/1903 wurde
Sachsen-Weimar-Eisenach in Großherzogtum S. umbenannt. Vom 9. bis 14. 11. 1918
dankten die Fürsten ab. Aus den damit entstandenen Freistaaten bildete sich von
1918 bis 1921 das Land Thüringen (so ab 1. 5. 1920). Lediglich Coburg fiel an
Bayern. ----- Das seit 1547 albertinische Kursachsen, das 1499 die
Primogeniturerbfolge einführte, Beeskow, Storkow und Sorau (1515 an
Brandenburg), Sagan (bis 1547) und Friedland (bis 1515) erwarb, 1547 einen
Großteil der Gebiete der ernestinischen Linie erhielt, 1539/1541 zur
Reformation übertrat und 1572 in den Kursächsischen Konstitutionen sein Recht
zu vereinheitlichen versuchte, erlangte 1559/1591 die evangelisch gewordenen Hochstifte
Meißen, Merseburg und Naumburg sowie 1556/1569 das Vogtland und Teile der
Herrschaft Schönburg sowie 1583 Teile der Grafschaft Henneberg, näherte sich im
Dreißigjährigen Krieg an Österreich/Habsburg an und erlangte dafür 1620/1635
die Niederlausitz, die Oberlausitz und das Erzstift Magdeburg, das 1648/1680
aber an Brandenburg kam. Von der Hauptlinie spalteten sich 1657 die Nebenlinien
Sachsen-Weißenfels (bis 1746), Sachsen-Merseburg (bis 1738) und Sachsen-Zeitz
(bis 1718, Naumburg, Zeitz, Neustadt, Schleusingen, Suhl) ab, fielen aber bis
1746 wieder zurück. Unter August dem Starken setzte sich der Absolutismus
durch. Dresden wurde als Hauptstadt ein Kulturzentrum. Der Kurfürst trat zum
Katholizismus über und gab die Rechte an Sachsen-Lauenburg an Hannover, die
Erbvogtei über Quedlinburg, das Reichsschulzenamt über Nordhausen und die Ämter
Lauenburg (Lauterberg), Seweckenberge (Sevenberg), Gersdorf (Gersdorff) und
Petersberg (bei Halle) an Brandenburg, um die Königskrone Polens zu gewinnen
(1697). Danach bestand eine Personalunion mit Polen bis 1763. Am Ende des 18.
Jahrhunderts umfasste S. 450 Quadratmeilen mit 1,35 Millionen Einwohnern. 1806
wurde Kurfürst Friedrich August III. Mitglied des Rheinbunds, musste Gebiete an
das Königreich Westphalen abtreten, erhielt
dafür den Königstitel und wurde 1807 in Personalunion Herzog des Herzogtums
Warschau. Nach der an der Seite Frankreichs erlittenen Niederlage in der
Völkerschlacht von Leipzig kam S. 1813 zunächst unter die Verwaltung eines
russischen, dann eines preußischen Gouverneurs. Am 12. 5. 1815 musste S. seine
nördlichen Gebiete ([Kurkreis mit Wittenberg, Stiftsgebiete von Merseburg und
Naumburg, thüringischer Kreis, Mansfeld, Stolberg, Barby, Querfurt], insgesamt
20000 Quadratkilometer, 860000 Einwohner, 57,5 Prozent der Fläche und 42,2
Prozent der Einwohner) an Preußen abtreten (Ämter Wittenberg [mit den Städten
Wittenberg, Kemberg, Zahna und Schmiedeberg], Gräfenhainichen, Belzig [mit den
Städten Belzig, Brück <Bruck> und Niemegk <Niemeck>], Gommern mit
Elbenau [Burggrafschaft Magdeburg mit der Stadt Gommern], Seyda, Annaburg,
Schweinitz [mit den Städten Schweinitz, Jessen, Schönewalde <Schönwalde>,
Herzberg und Prettin], Pretzsch, Schlieben [mit der Stadt Schlieben und den
Herrschaften Baruth und Sonnewalde], Liebenwerda und Bitterfeld). Dabei kam die
Ostoberlausitz (Görlitz, Lauban) zur preußischen Provinz Schlesien, die
Niederlausitz und der erst 1807 von Preußen übernommene Kreis Cottbus gelangten
zur Provinz Brandenburg und das Gebiet des ehemaligen Herzogtums
Sachsen-Wittenberg mit der Grafschaft Brehna, die Hochstifte Merseburg und
Naumburg (Naumburg-Zeitz), die Grafschaft Barby, der Thüringer Kreis, ein Teil
des Neustädter Kreises (Ziegenrück) sowie Teile der Grafschaft Henneberg
bildeten zusammen mit Altmark, Erzstift Magdeburg, Hochstift Halberstadt (mit
Aschersleben), den Grafschaften Hohnstein, Wernigerode, Stolberg, Querfurt und
Mansfeld, Stift Quedlinburg, Mühlhausen, Nordhausen, Erfurt und dem Eichsfeld
sowie der Ganerbschaft Treffurt die neue Provinz S. (1. 4. 1816, Verordnung vom
30. 4. 1815) mit der Hauptstadt Magdeburg, die den Rang eines Herzogtums hatte
(Gliederung in drei Regierungsbezirke Magdeburg, Merseburg und Erfurt, Sitz der
Provinzialselbstverwaltung in Merseburg). 1866 kamen Schmalkalden und Ilfeld
hinzu. Am 1. 4. 1944 wurde zum 1. 7. 1944 bezüglich dieser durch das Fürstentum
Anhalt in zwei Teile geteilten und durch mehrere Exklaven und Enklaven
aufgesplitterten Provinz S. mit den Regierungsbezirken Magdeburg, Merseburg und
Erfurt der Reichsstatthalter in Thüringen mit der Wahrnehmung der Aufgaben und
Befugnisse des Oberpräsidenten in der staatlichen Verwaltung des
Regierungsbezirks Erfurt beauftragt (nach der Kapitulation vom 8. 5. 1945 an
Thüringen) und die Provinz in die Provinzen Magdeburg und Halle-Merseburg
aufgeteilt. 1945 gelangte nach dem Rückzug der Truppen der Vereinigten Staaten
von Amerika, die das Gebiet bis zur Elbe besetzt hatten, das Land Anhalt zu
diesen beiden Provinzen und bildete mit ihnen vom 5. 7. 1945 bis 1952 (str.)
das Land (Provinz) Sachsen-Anhalt, das vom 23. 7. 1952 bis 3.10.1990 auf die
Bezirke Magdeburg und Halle aufgeteilt, mit dem Beitritt der Deutschen
Demokratischen Republik zur Bundesrepublik aber wiederhergestellt wurde. -----
Das 1813/1815 nach der Abtretung des nördlichen Teiles an Preußen (Provinz
Sachsen) verbliebene Gebiet des Königreiches S.
(Riesa, Löbau, Bautzen, Kamenz, Zittau, Königstein, Marienberg, Plauen,
Zwickau, Crimmitschau, Leipzig, Chemnitz, Meißen, Dresden, Großenhain, Oschatz,
Grimma, Borna, Rochlitz, Glauchau, Auerbach, Oelsnitz, Schwarzenberg, Annaberg,
Freiberg, Dippoldiswalde, Pirna, Döbeln, Flöha, Stollberg) umfasste etwa 15000
Quadratkilometer mit 1183000 Einwohnern und wurde rasch zum ausgeprägten
Industriestaat. 1831 erhielt er eine Verfassung mit Zweikammersystem. 1848/1849
schlug S. mit Hilfe Preußens einen Aufstand blutig nieder. 1863 gab es sich ein
Bürgerliches Gesetzbuch. 1866 blieb S. trotz der Niederlage des Deutschen
Bundes gegen Preußen auf Betreiben Bismarcks erhalten, musste aber dem
Norddeutschen Bund beitreten. 1903 errangen die Sozialdemokraten fast alle
sächsischen Reichstagssitze (rotes S.). Am 10. 11. 1918 wurde in Dresden von
den Arbeiterräten und Soldatenräten die Republik S. ausgerufen. Am 13. 11. 1918
verzichtete der König auf den Thron. Am 1. 11. 1920 wurde eine Landesverfassung
des Freistaats S. in Kraft gesetzt. 1933 übernahmen die Nationalsozialisten die
Macht. 1939 umfasste das Land S. 14995 Quadratkilometer mit 5230000 Einwohnern.
1945 kam auch der zuerst von amerikanischen Truppen besetzte Westen Sachsens
zur sowjetischen Besatzungszone. Die westlich der Oder-Neiße liegenden Gebiete
der preußischen Provinz Niederschlesien (Hoyerswerda, Görlitz) wurden dem Land
S. eingegliedert. Die östlich der Neiße gelegene Hälfte des sächsischen Kreises
Zittau mit Kleinschönau, Reichenau, Zittau-Poritsch, Seitendorf, Weigsdorf und
den später im Tagebau untergegangenen Dörfern Reibersdorf und Friedersdorf kam
unter die Verwaltung Polens und damit 1990 an Polen. Am 28. 2. 1947 erließ der
Landtag eine Landesverfassung. 1949 wurde das Land ein Teil der Deutschen
Demokratischen Republik. Am 23. 7. 1952 wurde es aufgelöst (str.) und auf die
Bezirke Chemnitz, Dresden und Leipzig aufgeteilt, zum 3. 10. 1990 wiederbegründet
(ohne die Kreise Altenburg und Schmölln, aber mit den Kreisen Hoyerswerda und
Weißwasser). Hauptstadt des rund 4900000 Einwohner zählenden Landes wurde
wieder Dresden. Am 1. 4. 1992 kamen zehn Gemeinden (Elsterberg, Mühltroff,
Pausa, Ebersgrün, Görschnitz, Langenbach [Lengenbach], Ranspach [Ransbach],
Thierbach, Unterreichenau, Cunsdorf) mit 12000 Einwohnern von Thüringen wieder
an Sachsen zurück.
L.: Wolff 374ff., 392ff.; Zeumer 552ff. I 6; Großer Historischer Weltatlas II
34 F3, II 66 (1378) F3, II 78 E2, III 21 (1648) F3, III 22 F3, III 38 (1789)
E2; Blaschke, K./Kretzschmar, H., (Ober-)Sachsen und die Lausitzen, (in)
Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Die Territorien des Reichs 2, 8; Die
Territorien des Reichs 4, 8; Bauer 1, 569; Historischer Atlas von Sachsen
(950-1815), 1816; Süssmilch-Hörnig, M. v., Historisch-geographischer Atlas von
Sachsen und Thüringen, 1861f.; Codex diplomaticus Saxoniae regiae, Bd. 1ff.
1864ff.; Geschichtsquellen der Provinz Sachsen und angrenzender Gebiete, hg. v.
d. hist. Komm. d. Provinz Sachsen 1870ff.; Oeder, M., Die erste
Landesvermessung des Kurstaates Sachsen, hg. v. Ruge, S., 1889; Kirchhoff, A.,
Karte der territorialen Zusammensetzung der Provinz Sachsen, 1891; Beschorner,
H., Denkschrift über die Herstellung eines historischen Ortsverzeichnisses für
das Königreich Sachsen, 1903; Hantzsch, V., Die
ältesten gedruckten Karten der sächsisch-thüringischen Länder 1550-1593, 1906;
Beschorner, H., Geschichte der sächsischen Kartographie im Grundriss, 1907;
Hänsch, E., Die wettinische Hauptteilung von 1485 und die aus ihr folgenden
Streitigkeiten bis 1491, Diss. phil. Leipzig 1909; Bibliographie der
sächsischen Geschichte, hg. v. Bemmann, R./Jatzwauk, J., Bd. 1ff. 1918ff.;
Friedensburg, W., Die Provinz Sachsen, ihre Entstehung und Entwicklung, 1919;
Treitschke, C., Die Landesaufnahmen Sachsens von 1780-1921, Beiträge zur
deutschen Kartographie, hg. v. Praesent, H., 1921; Kessler, E., Die Ämter und
Kreise im Gebiete des Kurfürstentums Sachsen mit Einschluss der Lausitzen von
den Anfängen bis 1815, 1921; Kretzschmar, H., Historisch-statistisches Handbuch
für den Regierungsbezirk Magdeburg, Bd. 1 1926; Meiche, A.,
Historisch-topographische Beschreibung der Amtshauptmannschaft Pirna, 1927;
Beschorner, H., Der geschichtliche Atlas von Sachsen, 1931, Amt und Volk 5;
Schnath, G., Hannover und Westfalen in der Raumgeschichte Nordwestdeutschlands,
1932; Mörtzsch, O., Historisch-topographische Beschreibung der
Amtshauptmannschaft Großenhain, 1935; Kötzschke, R./Kretzschmar, H., Sächsische
Geschichte, Bd. 1f. 1935, Neudruck 1965; Mitteldeutscher Heimatatlas, hg. v. d.
Hist. Kommission für die Provinz Sachsen, 1935-1943; Mentz, G., Weimarische
Staats- und Regentengeschichte 1648-1750, 1936; Flach, W., Die staatliche
Entwicklung Thüringens in der Neuzeit, Zs. d. V. f. thür. G. N.F. 35 (1941);
Freytag, H., Die Herrschaft der Billunger in Sachsen, 1951; Brather, H., Die
ernestinischen Landesteilungen des 16. und 17. Jahrhunderts, 1951; Helbig, H.,
Der wettinische Ständestaat, 1955; Blaschke, K., Historisches
Ortsnamensverzeichnis von Sachsen, 1957; Lütge, F., Die mitteldeutsche
Grundherrschaft, 2. A. 1957; Hessler, W., Mitteldeutsche Gaue des frühen und
hohen Mittelalters, 1957; Hömberg, A., Westfalen und das sächsische Herzogtum,
1958; Atlas des Saale- und mittleren Elbegebietes, hg. v. Schlüter, O./August,
O., 1959f.; Polenz, P. v., Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, I, 12, II, 22,
51, 52, III, 30, Sahsonolant, Saxonia, Saxones Volksname, Sachsen; Schnath,
G./Lübbing, H./Möhlmann, G./Engel, F., Geschichte des Landes Niedersachsen,
1962; Schlesinger, W., Kirchengeschichte Sachsens im Mittelalter, Bd. 1f. 1962;
Sächsische Bibliographie, hg. v. d. Sächsischen Landesbibliothek, 1962ff.;
Handbuch der historischen Stätten, Bd. 8, hg. v. Schlesinger, W., 1965;
Schmidt, G., Die Staatsreform in Sachsen in der ersten Hälfte des 19.
Jahrhunderts, 1966; Geschichte Thüringens, hg. v. Patze, H./Schlesinger, W.,
Bd. 1ff. 1967ff.; Blaschke, K., Sachsen im Zeitalter der Reformation, 1970;
Klein, T., Provinz Sachsen, (in) Grundriss der deutschen Verwaltungsgeschichte
1815-1945, hg. v. Hubatsch, W., 1975f.; Klein, T., Sachsen, 1982; Geschichte
Sachsens, hg. v. Czok, K., 1989; Blaschke, K., Geschichte Sachsens im
Mittelalter, 1990; Sachsen. Eine politische Landeskunde, hg. v. Gerlach, S.,
1993; Sachsen und Mitteldeutschland, hg. v. Hess, U. u. a., 1995; Meyn, J., Vom
spätmittelalterlichen Gebietsherzogtum zum frühneuzeitlichen
”Territorialstaat”, 1995; Ehlers, J. u. a., Sachsen, LexMA 7 1995, 1231ff.;
Sachsen 1763-1832, hg. v. Schirmer, U., 1996; Schirmer, U., Das Amt Grimma,
1996; Becher, M., Rex, Dux und Gens, 1996; Lück, H., Die kursächsische
Gerichtsverfassung 1423-1550, 1997; Landesgeschichte in Sachsen, hg. v. Aurig,
S. u. a., 1997; Geschichte des sächsischen Adels, hg. v. Keller, K. u. a.,
1997; Held, W., August der Starke und der sächsische Adel, 1999; Gross, R.,
Geschichte Sachsens, 1999; Sachsen in Deutschland, hg. v. Retallack, J., 2000;
Sächsische Parlamentarier, bearb. v. Dröscher, E. u. a., 2001; Historisches
Ortsnamenbuch von Sachsen, hg. v. Eichler, E. u. a., 2001; Sachsen in der
NS-Zeit, hg. v. Vollnhals, C., 2002; Keller, K., Landesgeschichte Sachsen,
2002; Vötsch, J., Kursachsen, das Reich und der mitteldeutsche Raum zu Beginn
des 18. Jahrhunderts, 2003; Diktaturdurchsetzung in Sachsen, hg. v. Behring, R.
u. a., 2003; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W., 2003, 1, 446, 880; Richter, M., Die Bildung des Freistaates
Sachsen, 2004; Die Herrscher Sachsens, hg. v. Kroll, F., 2004; Hesse, C.,
Amtsträger der Fürsten im spätmittelalterlichen Reich, 2005; Hädecke, W.,
Dresden, 2006; Geschichte der Stadt Dresden, hg. v. Blaschke, K. u. a., Bd.
1-3, 2006; Schirmer, U., Kursächsische Staatsfinanzen (1456-1656), 2006; Krüger,
N., Landesherr und Landstände in Kursachsen, 2007; Moritz von Sachsen, hg. v.
Blaschke, K., 2007; Ott, T., Präzedenz und Nachbarschaft. Das albertinische
Sachsen und seine Zuordnung zu Kaiser und Reich im 16. Jahrhundert, 2008;
Ostsiedlung und Landesausbau in Sachsen, hg. v. Bünz, E., 2008;
.Zusammenschlüsse und Neubildungen deutscher Länder im 19. und 20. Jahrhundert,
hg. v. Kretzschmar, R. u. a., 2013, 51ff.
Sardinien (Insel, Königreich).
Sarden werden bereits am Ende des 13. vorchristlichen Jahrhunderts in
ägyptischen Quellen erwähnt. Seit dem 9. Jahrhundert wurde die nach ihnen
benannte Insel von den Phönikern bzw. Karthagern besiedelt. 238/237 v. Chr. kam
sie an Rom, später an Wandalen (um 456) und Ostrom (534). Seit dem 6.
Jahrhundert gewann der Papst zunehmenden Einfluss in dem zwischen 803/804 und
1014 von zahlreichen Sarazenenüberfällen heimgesuchten Land. In der Mitte des
11. Jahrhunderts erlangte Pisa mit Hilfe des Papstes die Herrschaft. 1297
belehnte der Papst das spanische Haus Aragon bzw. Aragonien mit der Insel. 1718
kam sie nach dem spanischen Erbfolgekrieg an Österreich und 1720 von Österreich
im Tausch gegen Sizilien an Savoyen. Dieses bildete als Königreich S. den Kristallisationspunkt für das 1861 entstandene Königreich Italien.
L.: Carta-Raspi, E., Breve storia di Sardegna, 1950; Zeddo, T., La Sardegna nel
primo medio evo, 1956; Zeddo, T., Studi sulla Sardegna medioeviale, 1958; Mori,
A., Sardegna, 1966; Satta-Branca, A., La Sardegna attraverso i secoli.
Leggende, storie, cronacche, 1970; Sanna, S. A., Sardinien-Bibliographie, 1974;
Boscolo, A., La Sardegna bizantina e altogiudicale, 1978; Pauli, R., Sardinien.
Geschichte, Kultur, Landschaft. Entdeckungsreisen auf einer der schönsten
Inseln im Mittelmeer, 1986; Casula, F., La Sardegna catalano-aragonese, 1990;
Simbula, P., Sardinien, LexMA 7 1995, 1378ff.
Sardinien-Piemont (Königreich) s. Sardinien
Savoyen (Grafen, Herzöge), frz. La Savoie. Das
Gebiet zwischen Genfer See, Rhone und der Mont-Cenis-Gruppe war zunächst von
den keltischen Allobrogern bewohnt, die 121 v. Chr. von den Römern unterworfen
wurden, die es der Provinz Gallia Narbonensis bzw. Viennensis zuteilten. Im 4.
Jahrhundert (um 390) wurde es Sapaudia (kelt., Waldland) genannt. 443 siedelten
die Römer die Reste der von den Hunnen geschlagenen Burgunder dort an. 534
eroberten die Franken das Reich der Burgunder. Seit 838 gehörte das Gebiet (806
Saboia) zu Hochburgund, seit 934 zum Königreich
Burgund, das 1032/1033 zum deutschen Reich kam. Das burgundische
Grafengeschlecht der Humbertiner (Graf Humbert Weißhand 1003-1048) erwarb 1025
das Aostatal, um 1033 das Chablais, das obere Isèretal, das obere Wallis und um
1050 durch Heirat die Markgrafschaft Turin (1091). Seit 1125 nannte es sich
nach S. 1232 erlangten die Grafen Chambéry und machten es zur Hauptstadt sowie
Pinerolo bzw. Pignerolo. 1268/1269 drangen sie ins Waadtland vor. 1310/1313
wurden die Grafen zu Reichsfürsten erhoben. 1361 trennte Kaiser Karl IV. S. vom
1349 an Frankreich gefallenen Arelat, unterstellte es unmittelbar dem Reich und
ernannte den Grafen 1365 zum Reichsvikar im Arelat. 1388 erwarben die Grafen
Nizza, 1401 die Grafschaft Genf (ohne die Stadt). 1416 erhob der spätere Kaiser
Sigmund die Grafen zu Herzögen und belehnte sie 1422 mit der Reichsgrafschaft
Genf. Im 15. Jahrhundert waren die Herzöge von S. die mächtigsten Fürsten
Norditaliens, die ihren Machtschwerpunkt zunehmend nach Piemont verlagerten.
1512/1521 wurden sie dem oberrheinischen Reichskreis eingegliedert. Von 1536
bis 1559 war S. von Frankreich besetzt, weshalb die Hauptstadt von Chambéry
nach Turin verlegt wurde. 1534/1536 gingen Genf und Wallis an die Eidgenossen,
Waadtland, Gex und Chablais an Bern verloren, doch kam Chablais 1564 gegen
Verzicht auf Genf, Waadtland und Wallis zurück. 1601 mussten die westlichen
Gebiete Bresse, Bugey (Burgey), Valromey und Gex, 1631 gegen einen Teil von
Montferrat auch Pinerolo (Pignerolo) und Perosa (Perusa) (bis 1696) an
Frankreich abgetreten werden. 1713 wurden Teile von Montferrat und Mailand
sowie das Königreich Sizilien gewonnen, das
jedoch bereits 1719/1720 unter Beibehaltung des Königstitels gegen Sardinien
(an Österreich) abgegeben werden musste (Königreich
Sardinien bzw. Sardinien-Piemont). 1738 wurden Novara und Tortona (Tartona),
1748 weitere Gebiete erlangt. 1801 schied S. aus dem Reich aus. 1860 wurden das
Stammland S. sowie Nizza an Frankreich als Gegenleistung für die Hilfe gegen
Österreich und für die Einigung Italiens, dessen Könige die Familie seit 1861
stellte, überlassen.
L.: Zeumer 553 II b 36; Großer Historischer Weltatlas II 34 (1138-1254) F4, II
66 (1378) D6, II 78 (1450) F4, III 22 (1648) C6; Berthaut, H., La carte de
France 1750-1898, 1899; Hellmann, S., Die Grafen von Savoyen und das Reich bis
zum Ende der staufischen Periode, 1900; Kienast, W., Die deutschen Fürsten im
Dienst der Westmächte, Bd. 1ff. 1924ff.; Just, L., Das Haus Savoyen, 1940;
Bohner, T., Das Haus Savoyen, 1941; Hayward, F., Histoire de la maison de
Savoie, Bd. 1ff. 1941; Avezou, R., Histoire de la Savoie, 1963; Lequin,
C./Mariotte, J., La Savoie du moyen âge, 1970; Moreau, J., Dictionnaire de
géographie historique, 1972, 248; Histoire de la Savoie, hg. v. Gichonnet, P.,
1973; Duranthon, M., La carte de France, son histoire 1678-1979, 1978; Boutier,
R., Atlas historique français, 1979; Brondy, R. u. a., La Savoie, 1984; Demotz,
B., Savoyen, LexMA 7 1995, 1415ff.; Schlinker, S., Fürstenamt und Rezeption,
1999, 105; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W. u. a., 2003;, 1, 187, 890; Demotz, B., Le comté de Savoie du XXe
au XVe siècle, 2000.
Schauen (Reichsherrschaft). Das Dorf S. am Harz
wurde 1530 von dem Kloster Walkenried an die Grafen von Stolberg-Wernigerode
verkauft und später wiederholt verpfändet. 1616 fiel es an das Domkapitel
Halberstadt, 1648 als unmittelbares Reichslehen an die Herzöge von
Braunschweig-Lüneburg und 1665/1672 an Waldeck. 1689 erwarb es der
hannoverische Kammerpräsident O. Grote, der im gleichen Jahre zum
Reichsfreiherren erhoben wurde. Die nicht einem Reichskreis zugeteilte
Reichsherrschaft gelangte 1808 an das Königreich
Westphalen und 1815 an Preußen. S. kam mit der Provinz Sachsen Preußens von
1949 bis 1990 zur Deutschen Demokratischen Republik.
L.: Wolff 501; Reinecke, A., Geschichte der freien Reichsherrschaft Schauen,
1889.
Schleswig (Herzogtum, Residenz). Seit
karolingischer Zeit war das Gebiet an Eider und Schlei zwischen Dänemark und
dem fränkisch-deutschen Reich umstritten. Zwischen 1025 und 1035 verzichtete
Kaiser Konrad II. hierauf. Etwa zu dieser Zeit übernahm die nördlich der Schlei
gelegene Siedlung S. die vorher dem südlich der Schlei gelegenen Handelsplatz
Haithabu zugekommene Vorortstellung. Seit Ende des 11. Jahrhunderts/Anfang des
12. Jahrhunderts setzte der König von Dänemark Verwandte als Statthalter (lat.
praefectus, dän. jarl) für dieses Gebiet (Südjütland) ein. Dem Statthalter Knut
Laward (1115-1131) gelang es seit 1115, seine Herrschaft auch über die
slawischen Abodriten im östlichen Holstein (Wagrien) auszudehnen. Schon im 12.
Jahrhundert und dann seit 1232 trug der Statthalter den Titel Herzog (lat. dux)
und behauptete mit Hilfe der seit 1237 verschwägerten Grafen von Holstein aus
dem Haus Schauenburg (Schaumburg) die relative Selbständigkeit Schleswigs
gegenüber Dänemark (1261 Erblichkeit als Fahnenlehen Dänemarks). 1326 erzwang
Graf Gerhard III. von Holstein den Ausschluss der einheitlichen Herrschaft über
Dänemark und S. und sicherte sich 1330 eine Anwartschaft auf das (staatsrechtlich)
damit von Dänemark getrennte S. 1375 starb das dänisch-schleswigsche
Herzogshaus aus. 1386 erlangte der Graf von Holstein das Herzogtum S. als Lehen
Dänemarks. Seitdem blieben S. und das vom Reich lehnbare Holstein in fester
staatsrechtlicher Verbindung (Schleswig-Holstein). 1440 musste der König von
Dänemark den Grafen von Holstein die erbliche Belehnung mit dem Herzogtum S.
Dänemarks zugestehen. 1448 veranlasste der Graf von Holstein die Wahl seines
Neffen Christian von Oldenburg zum König von Dänemark (Christian I.). Als mit
Adolf VIII. das Haus Schauenburg (Schaumburg) der Grafen von Holstein und
Herzöge von S. 1459 ausstarb, wählten die Stände am 2. 3. 1460 König Christian
I. von Dänemark, Graf von Oldenburg, zum Herzog von Schleswig (Personalunion
Dänemarks mit Schleswig-Holstein). 1474 erhob Kaiser Friedrich III. Holstein,
Dithmarschen, Wagrien und Stormarn zum reichsunmittelbaren Herzogtum. Nach
Christians Tode 1481 wählten die Stände seine beiden Söhne (König Johann von
Dänemark und Friedrich) zu Landesherren. 1490 teilten beide das Land bei
ideeller Einheit in einen königlichen (Segeberger) Anteil und einen
herzoglichen (Gottorper [Gottorfer]) Anteil in bunter Gemengelage. Friedrich
wurde 1524 zum König von Dänemark gekrönt und vereinigte die Herzogtümer
Schleswig und Holstein wieder.
L.: Falck, N., Das Herzogtum Schleswig in seinem gegenwärtigen Verhältnis zu
dem Königreich Dänemark und zu dem Herzogtum
Holstein, 1816, Neudruck 2008; Sach, A., Geschichte der Stadt Schleswig nach
urkundlichen Quellen, 1875; Philippsen, H., Kurzgefasste Geschichte der Stadt
Schleswig, 1926; Brandt, O., Geschichte Schleswig-Holsteins, 6. A. 1966;
Brandt, O./Klüver, W., Geschichte Schleswig-Holsteins, 8. A. 1981; Greve, K.,
Zentrale Orte im Herzogtum Schleswig, 1987; Die Stadt im westlichen Ostseeraum,
Bd. 1 1995, 47; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W., 2003, 1, 905; Die Fürsten des Landes. Herzöge und Grafen von
Schleswig, Holstein und Lauenburg, hg. v. Rasmussen, C. u. a., 2008.
Schwalenberg (Grafen, Grafschaft). Nach der von
Oldenburg an die obere Weser verlegten, 1225 zuerst genannten Burg S. nannte
sich seit 1127 ein seit 1101 fassbares Adelsgeschlecht (Widukind I.), das
vermutlich aus einem engrischen Grafengeschlecht hervorging. Es hatte Eigen und
Lehen zwischen Herford und Höxter sowie um Korbach und Waldeck. Es erwarb neben
anderen Rechten die Vogtei über das Hochstift Paderborn (1124-1189), die
Vizevogtei über das Stift Corvey und die Vogtei über Höxter. Nach dem Sturz
Heinrichs des Löwen 1180 gewann es eine beherrschende, fast reichsunmittelbare
Stellung zwischen Herford und Höxter. Wenig später spaltete es die Linien
Pyrmont (1194-1494), Waldeck (1219 bzw. 1228/1229 bzw. vor 1231) und Sternberg
(um 1240, 1243-1377) ab. Das gegen 1300 in zwei Teile zerfallene restliche
Herrschaftsgebiet (u. a. Schieder) gelangte 1365 nach dem Aussterben des Hauses
an Lippe (drei Viertel) und Paderborn (ein Viertel). Bis 1762 wurde S. von
lippischen Nebenlinien genutzt. 1808 kam S. an Lippe, Oldenburg und Stoppelberg
an das Königreich Westphalen als Nachfolger des
Hochstifts Paderborn. Mit Lippe fiel S. 1947 an Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 326,349; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) E3, III 38 (1789)
B3; Rasch, H., Stadt und Land Schwalenberg, 1957; Forwick, F., Die
staatsrechtliche Stellung der ehemaligen Grafen von Schwalenberg, 1963;
Johanek, P., Schwalenberg, LexMA 7 1995, 1610; Zunker, D., Adel in Westfalen,
2003, 146 (mit genealogischer Übersicht).
Schweiz (Land). Nach der Aufteilung des
karolingischen Reiches gehörte das Gebiet der späteren S. im westlichen Teil zu
Burgund, im östlichen Teil zum deutschen Reich. 1032/1033 kam das Königreich Burgund zum Reich. 1127 traten die Herzöge
von Zähringen, die während des Investiturstreites Zürich als Reichslehen
gewonnen hatten, als Rektoren von Burgund die Nachfolge der ausgestorbenen
Grafen von Burgund an. Bei ihrem Aussterben 1218 zerfiel ihr Herrschaftsgebiet
in teilweise reichsunmittelbare Teilherrschaften. 1231 kaufte König Heinrich
(VII.) zur Sicherung des Gotthardpasses den Grafen von Habsburg, die über die
Grafen von Kiburg (Kyburg) das Erbe der Herzöge von Zähringen erlangt hatten,
die Leute von Uri ab und versprach ihnen ewige Reichsunmittelbarkeit. 1240
erlangten die Leute von Schwyz ein ähnliches Privileg von Kaiser Friedrich II.,
konnten sich aber gegen Habsburg nicht durchsetzen. Am Anfang des Monats August
1291 schlossen sich wenige Tage nach dem Tod Rudolfs von Habsburg die drei im
ehemaligen Herzogtum Schwaben gelegenen Landschaften (Waldstätte) Uri mit
Altdorf, Schwyz mit Schwyz und Unterwalden (Nidwalden mit Stans und Obwalden
mit Sarnen) in einem ewigen Bündnis gegen die Grafen von Habsburg und jede
andere herrschaftliche Einmischung zusammen. König Heinrich VII. dehnte am 3.
6. 1309 die Reichsunmittelbarkeit auf Unterwalden aus. Das Gebiet der drei
Bündnispartner wurde ein einem Reichsvogt unterstellter Gerichtsbezirk. Als die
Herzöge von Österreich aus dem Hause Habsburg auf Grund eines Überfalles von
Schwyz auf Kloster Einsiedeln gegen die Schwyzer militärisch vorgingen, wurden
sie am 15. 11. 1315 bei Morgarten besiegt. Als Eidgenossen bekräftigten Schwyz,
Uri und Unterwalden (Waldstätte), auf die bald auch der Name der Schwyzer
(Switenses, Swicenses, Anfang 14. Jahrhundert Sweizer) allgemein überging,
daraufhin ihren Bund. 1318 begaben sich die Herzöge ihrer gräflichen Rechte.
Bald verlor der Reichsvogt seine Bedeutung. 1332 schloss sich Luzern dem Bund
an, 1351 die freie Reichsstadt Zürich, 1352 Glarus und Zug, 1353 das 1218
Reichsstadt gewordene Bern (achtörtiger Bund, Eidgenossenschaft der acht alten
Orte, Bezeichnung als Orte seit 1426). 1386 und 1388 wurde Habsburg bei Sempach
und Näfels erneut geschlagen. 1411 schloss sich Appenzell, das der Herrschaft
Sankt Gallens entkommen wollte, an, 1415 wurde der restliche Aargau als
Untertanenland einverleibt. Im Süden griff Uri nach dem Wallis, dem Urserental
und dem Tessin aus. 1450 wurde nach einer durch den Streit um Toggenburg
ausgelösten Entfremdung Zürich zurückgewonnen, 1460 dem habsburgischen
Erzherzog von Tirol der Thurgau entrissen. 1481 wurden Freiburg und Solothurn
aufgenommen, womit die Eidgenossenschaft erstmals über den deutschsprachigen
Raum hinausgriff. 1495 lehnten die Eidgenossen Beschlüsse des Reichstags, die
sie mit der Einführung des gemeinen Pfennigs und des Reichskammergerichts an
das Reich binden wollten, ab. 1499 lösten sie sich tatsächlich vom Reich. 1501
zwangen sie Basel und Schaffhausen zum Eintritt. 1513 wurde Appenzell als 13.
Ort aufgenommen. 1512/1526 wurde ein Teil der Lombardei (Tessin, Veltlin), 1563
von Bern das Waadtland gewonnen. Die durch die Reformation (Zwingli, Calvin)
drohende Spaltung konnte verhindert werden, doch wurde die S. konfessionell
gespalten, wobei sieben Orte katholisch blieben. 1648 schied die
Eidgenossenschaft mit 13 Orten und 10 zugewandten Orten (Reichsabtei und Stadt
Sankt Gallen, Biel, Rottweil, Mülhausen, Genf, Neuenburg, Hochstift Basel
[1579], Wallis, Graubünden) aus dem Reich aus, dem seitdem aus dem betreffenden
Gebiet nur noch der Reichsabt von Sankt Gallen und der Bischof von Basel
angehörten. Die einzelnen Orte entwickelten bis zum 17. Jahrhundert überwiegend
eine aristokratische Verfassung und verwalteten ihre Landgebiete wie die ihnen
gemeinsam gehörenden Gebiete in deutlicher Abhängigkeit. 1798 griff auf Ruf der
Anhänger der revolutionären Ideen Frankreich ein und errichtete die Helvetische
Republik. Seitdem heißen die Orte Kantone. Mülhausen, das Hochstift Basel,
Biel, Neuenburg und Genf kamen zu Frankreich, das Veltlin zur Zisalpinischen
Republik. Auf Grund eines Aufstands gab Napoleon am 19. 2. 1803 eine neue
Verfassung für die 13 alten und 6 neuen Kantone (Sankt Gallen, Graubünden,
Aargau, Thurgau, Tessin und Waadt). Wallis wurde verselbständigt und 1810
Frankreich einverleibt, Neuenburg von 1806 bis 1813 ein Fürstentum des
französischen Marschalls Berthier. 1814 kamen die von Frankreich entrissenen
Gebiete mit Ausnahme Veltlins zurück. Das Hochstift Basel fiel an Bern. Genf,
Wallis und Neuenburg vermehrten die Zahl der Kantone auf 22. 1815 wurde die
dauernde Neutralität des am 7. 8. 1815 errichteten lockeren Staatenbundes
anerkannt. Die Verfassung vom 12. 9. 1848 machte die S. zu einem Bundesstaat.
Die Verfassung vom 29. 5. 1874 verstärkte die Bundesgewalt. 1978 spaltete sich
von Bern der Kanton Jura ab, so dass seitdem insgesamt 26 Kantone und
Halbkantone bestehen. Da die Halbkantone bei dem für Verfassungsabstimmungen
erforderlichen sog. Ständemehr (Mehrheit der Ständestimmen) nur eine halbe
Stimme haben, setzt sich die S. verfassungsrechtlich aus 23 Ständen zusammen.
Zum 1. 1. 2000 wurde die Verfassung überarbeitet (z. B. Streikrecht,
Sozialziele, Recht des Kindes).
L.: Wolff 517; Haselier, G., Die Oberrheinlande, (in) Geschichte der deutschen
Länder, Bd. 1; Die Territorien des Reichs 5, 278; Dierauer, J., Geschichte der
schweizerischen Eidgenossenschaft, Bd. 1ff. 4. A. 1912ff.; Heusler, A.,
Schweizerische Verfassungsgeschichte, Basel 1920; Gagliardi, E., Geschichte der
Schweiz, Bd. 1ff. 3. A. 1938; Historisch-biographisches Lexikon der Schweiz,
hg. v. Türler, H. u. a., Bd. 1-8 1921ff.; Gasser, A., Die territoriale
Entwicklung der Schweizer Eidgenossenschaft 1291-1797, 1932; Quellenwerk zur
Entstehung der Schweizer Eidgenossenschaft, Abt. 1ff. 1933ff.; Näf, W., Die
Eidgenossenschaft und das Reich, 1940; Mayer, T., Die Entstehung der Schweizer
Eidgenossenschaft und die deutsche Geschichte, DA 6 (1943); Blumer, W.,
Bibliographie der Gesamtkarten der Schweiz von Anfang bis 1802, hg. v. d.
Schweizerischen Landesbibliothek Bern, 1957; Historischer Atlas der Schweiz,
hg. v. Ammann, H./Schib, K., 2. A. 1958; Pfister, R., Kirchengeschichte der
Schweiz, 1964; Handbuch der Schweizer Geschichte, Bd. 1f. 1971f.; Meyer, B.,
Die Bildung der Eidgenossenschaft im 14. Jahrhundert, 1972; Bohnenblust, E.,
Geschichte der Schweiz, 1974; Ruffieux, R., La Suisse de l’entre-deux-guerres,
e 1974; Im Hof, U., Geschichte der Schweiz, 5. A. 1991, 7. A. 2001, 8. A: 2007;
Peyer, H. C., Verfassungsgeschichte der alten Schweiz, Zürich 1978, Neudruck
1980; Braun, R., Das ausgehende Ancien Régime in der Schweiz, 1984;
Schuler-Adler, H., Reichsprivilegien und Reichsdienste der eidgenössischen Orte
unter König Sigmund 1410-1437, 1985; Mattmüller, M., Bevölkerungsgeschichte der
Schweiz, Bd. 1f 1987; Furrer, N., Glossarium Helvetiae Historicum, Ortsnamen
1991; Greyerz, H. v. u. a., Geschichte der Schweiz, 1991; Schweizer Lexikon,
Bd. 1ff. 1991ff.; Handbuch der historischen Stätten der Schweiz, hg. v.
Reinhardt, V., 1996; Böning, H., Der Traum von Freiheit und Gleichheit, 1998;
Kästli, T., Die Schweiz, 1998; Historisches Lexikon der Schweiz, hg. v. d.
Stiftung Historisches Lexikon der Schweiz, Bd. 1ff. 2002ff.
Seeland (Grafschaft). Das Mündungsgebiet von
Schelde, Rhein und Maas mit den vorgelagerten Inseln war schon in römischer
Zeit besiedelt. Im späten 7. Jahrhundert verstärkte sich die Einbeziehung in
das fränkische Reich. 1012 erhielten die Grafen von Flandern das Land westlich
der Osterschelde als Reichslehen. Um 1090 verliehen sie die Inseln zwischen den
Scheldearmen an die Grafen von Holland weiter. 1323 verzichtete Flandern
gegenüber Holland auf die Lehnshoheit. Von 1345/1358 bis 1428 war die
Grafschaft S. bei Wittelsbach (Bayern). Mit Holland war S. Führer im Kampf
gegen Spanien, an das Flandern 1556 über Habsburg (1477) und Burgund (1384)
gekommen war. 1587 schloss sich S. der Republik der Vereinigten Niederlande an.
Der festländische Teil Seelands wurde von den Niederlanden 1577 erobert, ihnen
1648 überlassen und bildete bis 1795/1796 als Staatsflandern ein
Generalitätsland. Danach wurde es, 1810 auch das übrige Seeland, von Frankreich
annektiert. 1814 wurden S. und Staatsflandern (Seeländisch Flandern) als
Provinz S. Teil des Königreiches der Vereinigten
Niederlande.
L.: Wolff 71; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) B3; Empel, M.
van/Pieters, H., Zeeland door de eeuwen heen, 1931ff.; Lemmink, F., Het
ontstaan van de staten van Zeeland, Diss. Nimwegen 1951; Polenz, P. v., Landschafts-
und Bezirksnamen, 1961, (I, 50,) II, 23, 48, 55, 96, Seoland*, Zeeland;
Algemene Geschiedenis der Nederlanden, Bd. 4 1980; Sicking, L., Seeland, LexMA
7 1995, 1674f.
Serbien (Königreich, Staat, Land) s. a. Jugoslawien
Sizilien (Insel). Die bis 241 v. Chr von den
Puniern an die Römer gelangte, seit 664/827/902 von Arabern beherrschte
Mittelmeerinsel S. (25426 Quadratkilometer) wurde 1061/1072 (Palermo) von den
Normannen erobert und seit 1130 als Königreich
bezeichnet. Durch die Heirat König Heinrichs VI. mit der normannischen
Erbtochter Konstanze (1186) trat das Königreich
(Neapel mit) S. in Verbindung zum Reich, fiel aber 1268 mit dem Aussterben der
Staufer an Karl von Anjou, 1282 an Peter III. von Aragon, den Schwiegersohn des
Staufers Manfred. Am Ende des Mittelalters wurde S. eine Provinz des Königreichs Spanien. 1714 gelangte S. an (den Urenkel
Philipps II. von Spanien, Viktor Amadeus II. von Savoyen-)Piemont. Von
1719/1720 bis 1735 gehörte es auf Grund eines Ländertausches (gegen Sardinien)
zu Österreich, kam dann aber durch Ländertausch an das Königreich
Neapel und auf Grund einer Volksabstimmung vom 21. 10. 1860 an das Königreich Sardinien bzw. das 1861 neu entstandene
Italien.
L.: Schillmann, F., Sizilien, Geschichte und Kultur, 1935; Pispisa, E., Regnum
Siciliae, 1988; Finley, M./Mack Smith, D./Duggan, C., Geschichte Siziliens und
der Sizilianer, 1989; Takayama, H., The Administration, 1993; Rill, B.,
Sizilien im Mittelalter, 1995; Wirth, G. u. a., Sizilien, LexMA 7 1995,
1950ff.; Mirto, C., Il regno dell’isola di Sicilia e delle isole adiacenti,
2000; Cuozzo, E., La cavalleria nel regno normanno di Sicilia, 2002; Becker,
J., Graf Roger I. von Sizilien, 2008; Tocco, F., Il regno di Sicilia tra
Angioini e Aragonensi, 2008.
Slowenien (Republik). Das Gebiet östlich der
oberen Adria wurde im 7. Jahrhundert von Slawen besiedelt. Seit dem Ende des 8.
Jahrhunderts war es Teil des fränkischen Reiches bzw. des deutschen
(römisch-deutschen) Reiches (Heiligen römischen Reichs) (Kärnten, Steiermark,
Görz, Krain). Seit 1848 forderten die slawischsprachigen Bewohner eine
besondere Verwaltungseinheit innerhalb Österreichs. 1918 löste sich der
slowenische Nationalrat von Österreich. Die an das Königreich
der Serben, Kroaten und Slowenen gefallenen Teile von Krain, Kärnten und
Steiermark bildeten mit Teilen Ungarns (Prekmurje, Übermurgebiet) das
Verwaltungsgebiet S. 1920 kam das westliche Innerkrain an Italien. 1941 wurde
Oberkrain (ohne Laibach) mit den ehemals kärntnerischen und steirischen
Gebieten dem Deutschen Reich, Unterkrain mit Laibach Italien und das Übermurgebiet
Ungarn zugeteilt. Nach 1945 wurde S. um Teile Julisch-Venetiens vergrößert in
Jugoslawien wiederhergestellt. 1991 löste es sich von Jugoslawien ab.
L.: Vilfan, S., Rechtsgeschichte der Slowenen, 1968; Wolfram, H., Die Geburt
Mitteleuropas, 1987; Steindorff, L./Stih, P., Slovenen, LexMA 7 1995, 2008f.;
Griesser-Pečar, T., Das zerrissene Slowenien 1941-1946, 2003; The Land
Between, hg. v. Luthar, O., 2008.
Solothurn (Reichsstadt, Kanton). An der Stelle
einer bisher archäologisch nicht erwiesenen keltischen Siedlung errichteten die
Römer das keltisch bezeichnete Kastell Salodurum. Das danach im Osten von
Alemannen und im Westen von Burgundern besetzte Gebiet kam 888 an das Königreich Burgund und 1032 mit diesem an das Reich.
Seit 1127 unterstand es der Vogtei der Herzöge von Zähringen und wurde nach
deren Aussterben 1218 Reichsstadt. Von 1295 an verbündete diese sich mit Bern
und erwarb seit 1389 Gebiete im Aaretal und im Jura (Herrschaften Buchegg 1391,
Falkenstein 1402/1420, Olten 1426, Gösgen [Obergösgen, Niedergösgen] 1458),
nachdem sie von Kaiser Ludwig dem Bayern 1344 das Stadtschultheißenwahlrecht
und die Verfügung über Münze und Zoll sowie von Kaiser Karl IV. 1360 das
Stadtschultheißenamt und 1365 die Hochgerichtsbarkeit erworben hatte. 1481
wurde S. in die Eidgenossenschaft der Schweiz aufgenommen, nachdem es 1353
durch den Eintritt Berns in die Eidgenossenschaft bereits zugewandter Ort
geworden war. 1803 wurde das stets katholisch und aristokratisch-oligarchisch
gesinnte, territorial zerrissene S. Kanton der Schweiz (791 Quadratkilometer).
Verfassungsänderungen erfolgten 1814, 1830, 1856, 1875 und 1887.
L.: Wolff 525f.; Großer Historischer Weltatlas II 72 (bis 1797) D2; Meyer, K.,
Solothurnische Verfassungszustände zur Zeit des Patriziates, 1921; Amiet, B.,
Die solothurnische Territorialpolitik von 1344 bis 1532, 1929; Amiet, B.,
Solothurnische Geschichte, Bd. 1ff. 1952ff.; Solothurner Urkundenbuch, bearb.
v. Kocher, A., Bd. 1, 2 1952ff.; Sigrist, H. u. a., Solothurn, 3. A. 1972;
Solothurn, bearb. v. Schubinger, B., 1990; Noser, O., Solothurn, LexMA 7 1995,
2038f.
Spanien (Land, Königreich).
In der ehemaligen römischen Provinz S. gründeten nebeneinander und nacheinander
Vandalen (409-429), Sweben (409-585) und Westgoten (ab 415) Reiche, bis seit
711 die Araber auf einen Hilferuf einer westgotischen Gruppe von Süden
vordrangen. Gegen diese richtete König Karl der Große seit 795 die spanische
Mark ein, die bis Barcelona und Pamplona reichte und einem selbständig
werdenden Markgrafen unterstand. Zugleich erhielt sich in S. ein Königreich Asturien, von dem aus später die Araber
wieder zurückgedrängt wurden (Reconquista). Im 10./11. Jahrhundert entstanden
dann als christliche Herrschaftsgebiete die Königreiche
von Aragon und Kastilien. Alfons X. von Kastilien, Sohn einer Tochter Philipps
von Schwaben, begehrte 1255 das Herzogtum Schwaben und 1257 die deutsche
Königskrone. Peter III. von Aragon erlangte als Schwiegersohn des Staufers
Manfred 1282 Sizilien. Aragon erwarb weiter 1324 Sardinien und 1442 das Königreich Neapel, Kastilien eroberte 1236 Cordoba,
1248 Sevilla und 1262 Cadiz. 1469 heiratete Isabella von Kastilien († 1504)
Ferdinand II. von Aragon († 1516). Gemeinsam gewannen sie 1492 die letzte
arabische Herrschaft auf spanischem Boden in Granada. 1495 heiratete der
spanische Kronprinz Juan die Tochter (Margarete) König Maximilians und der Sohn
(Philipp) König Maximilians die spanische Prinzessin Juana (Johanna). 1504
wurde Philipp König von Kastilien. 1516 erwarb sein Sohn Karl (V.) Aragon. 1519
wurde er zum deutschen König gewählt, so dass S. samt seinen Kolonien mit dem
Reich in Personalunion trat. 1526/1556 wurden die Güter aufgeteilt, wobei die
italienischen und burgundischen Güter an S. kamen. Deutsche und spanische
Habsburger blieben aber durch dauernde Wechselheiraten eng verbunden. Beim
Aussterben der spanischen Habsburger 1700 kam es zum spanischen Erbfolgekrieg
zwischen Frankreich und dem Reich. Im Ergebnis fielen die spanischen Güter in
Italien und den Niederlanden an Österreich, während Frankreich (Philipp von
Anjou) S. und, nach dem polnischen Thronfolgekrieg (1733ff.) und dem österreichischen
Erbfolgekrieg (1742ff.), Sizilien sowie Parma und Piacenza gewann.
L.: Ballester y Castell, R., Bibliografia de la historia de Espana, 1921;
Schreiber, G., Deutschland und Spanien, 1936; Maunz, T., Das Reich der
spanischen Großmachtzeit, 1944; Madariaga, S. de, Spanien. Land, Volk und
Geschichte, 1983; Heine, H., Geschichte Spaniens in der frühen Neuzeit
(1400-1800), 1984; Schröder, T., Spanien, 5. A. 2006; Christlicher Norden -
Muslimischer Süden, hg. v. Tischler, M. u. a., 2011.
Stolberg (Grafen, Grafschaft [, Fürsten9). In S.
am Südharz bei Sangerhausen wurde vermutlich im 10./11. Jahrhundert eine Burg
und im 12. Jahrhundert eine Bergbausiedlung begründet. Nach S. benannten sich
seit 1210 (Stalberg) die von den Grafen von Hohnstein oder den Grafen von
Kirchberg abstammenden Grafen von S., die um 1200 erstmals bezeugt sind. Ihre
Güter lagen vornehmlich östlich des Harzes (S., Hayn, 1341 Rossla, Bennungen,
1417 untere Grafschaft Hohnstein, 1413/1417 Kelbra und Heringen gemeinsam mit
Schwarzburg, 1443 Heringen, 1465 Questenberg). 1548 teilte sich das Haus nach
der 1539 eingeführten Reformation in eine rheinische, 1631 erloschene Linie und
eine Harzer Linie. Diese zerfiel 1645 in die sich nach dem von ihnen 1429
erlangten Wernigerode nennende Linie Stolberg-Wernigerode und in die Linie
Stolberg-Stolberg. Von Stolberg-Wernigerode zweigte sich 1677 die 1742 zu
Reichsfürsten erhobene, 1804 erloschene Linie Stolberg-Gedern ab, von Stolberg-Stolberg
1706 Stolberg-Rossla, das 1893 gefürstet wurde. Das Gebiet der etwa 5,5
Quadratmeilen großen Grafschaft S. teilten sich im 18. Jahrhundert die Linien
Stolberg-Stolberg (Stadt und Amt S., Amt Hayn) und Stolberg-Rossla (Ämter
Rossla, Questenberg, Ebersburg, Bärenrode [Berenrode] und Wolfsberg). Die
Grafen von S. (Stolberg-Stolberg) waren im Wetterauer Reichsgrafenkollegium und
im obersächsischen Reichskreis. 1738 mussten sie eine Oberhoheit und
Lehnshoheit Sachsens anerkennen. Nach § 17 des Reichsdeputationshauptschlusses
vom 25. 2. 1803 erhielten sie für die Grafschaft Rochefort und ihre Ansprüche
auf Königstein eine Rente von 30000 Gulden. 1803 wurden die Grafen von S.
mediatisiert. Ihre Güter kamen an Sachsen (Kursachsen), 1807 an das Königreich Westphalen, (Stolberg-Stolberg) 1815 zu
Preußen (Provinz Sachsen) und 1945 (sowie erneut 1990) zu Sachsen-Anhalt.
L.: Wolff 416; Wallner 710 ObersächsRK 17 a, b; Gringmuth-Dallmer, H.,
Magdeburg-Wittenberg, (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) F3, III 38 (1789) D2; Stolberg-Wernigerode,
B. Graf zu, Geschichte des Hauses Stolberg, hg. v. Mülverstedt, G. v., 1883;
Regesta Stolbergica, hg. v. Mülverstedt, G. v., 1885; Katalog der fürstlich
Stolberg-Stolbergischen Leichenpredigtsammlungen, hg. v. Wecken, F., Bd. 1ff.
1927ff.; Grosse, W., Geschichte der Stadt und Grafschaft Wernigerode, 1929;
Oelsner, M. u. a., Wernigerode, 2. A. 1964; Zöllner, W., Stolberg, LexMA 8
1996, 190.
Südtirol (Gebiet, Landschaft). Seit dem 6.
Jahrhundert wurde das südlich an den Brennerpass angrenzende Gebiet durch
Bayern besiedelt. Seit dem 12. Jahrhundert setzten sich hier die Grafen von
Tirol durch. Die Sprachgrenze festigte sich bei Salurn (Salurner Klause). Ab
1866 verlangten italienische Politiker (Irredentisten, zu [1877] Italia
irredenta, unerlöstes Italien) die Angliederung des Gebiets (von Dalmatien,
Görz, Istrien, Triest, Tessin, Nizza, Malta, Korsika sowie) um Trient an das
neue, 1861 entstandene Königreich Italien,
teilweise auch die Ausdehnung bis zum Brenner. 1910 lebten in S. knapp 7000
Italiener (3 % der Bevölkerung). 1919 wurde im Frieden von St. Germain in
Erfüllung eines Italien 1915 für seinen Kriegseintritt gegebenen Versprechens
sowohl das italienischsprachige Trentino als auch entgegen dem Grundsatz der
Selbstbestimmung das deutschsprachige S. auf der südlichen Seite des Brenners
Italien angeschlossen, als Provinz Trentino-Alto Adige organisiert und seit
1922 intensiv italienisiert (Ettore Tolomei), was von Adolf Hitler seit 1923
als Preis für die Unterstützung seiner Bewegung durch den italienischen
Faschismus anerkannt wurde. Am 21. 10. 1939 wurde zwischen Hitler und Mussolini
ein umfassender Umsiedlungsplan vereinbart. Daraufhin entschieden sich etwa 86%
der deutschen und ladinischen Bewohner für eine Umsiedlung ins Deutsche Reich
(Option, wahrgenommen von 74500 Südtirolern), doch verhinderte der Krieg eine
(vollständige) Verwirklichung dieses Planes. 1943 wurde S. (nach dem Wechsel
Italiens auf die Seite der Alliierten) der deutschen Verwaltung unterstellt.
Nach 1945 beanspruchte Österreich vergeblich das Gebiet, dessen Teilautonomie
innerhalb Italiens in ihrem Umfang streitig ist. Durch die Erstreckung des
vereinbarten Autonomiestatuts über die Region Bozen hinaus auf die gesamte
Region Trentino-Alto Adige erreichte Italien, dass die in S. überwiegende
deutschsprachige Bevölkerung (1910 97 %, 1939 76 %, 1961 66%, 1981 71%) im
Autonomiegebiet nur eine durch besondere geldliche Förderung zunehmend in
Italien eingefügte Minderheit bildet. S. Tirol.
L.: Ritschel, H., Diplomatie um Südtirol, 1962; Handbuch der Südtiroler
Ortsnamen, 1966; Steurer, L., Südtirol zwischen Rom und Berlin 1919-39, Diss.
phil. Wien 1975; Schober, R., Die Tiroler Frage auf der Friedenskonferenz von
Saint Germain, Innsbruck 1982; Mittermaier, K., Südtirol, 1986; Riedmann, J.,
Geschichte Tirols, 3. A. 2001; Ermacora, F., Südtirol: Die verhinderte
Selbstbestimmung, 1991; Südtirol von A-Z, 1996; Steininger, R., Südtirol im 20.
Jahrhundert, 1997; Egen, A. v., Die Südtirol-Frage, 1997; Grigolli, S.,
Sprachliche Minderheiten, 1997; Steininger, R., Südtirol im 20. Jahrhundert,
Dokumente, 1999; Steininger, R., Südtirol 1918-1999, 1999; Steininger, R.,
Südtirol, 2000; Südtirol Chronik, koord. v. Thaler, B., 2000; Lill, R.,
Südtirol in der Zeit des Nationalismus, 2002; Durnwalder, M., Die Reform des
Südtiroler Autonomiestatuts, 2005; Lechner, S., Die Eroberung der
Fremdstämmigen, 2005; Zeindl, G., Meran im Mittelalter, 2009; Fontana, J.,
Unbehagen - Südtirol unter der Militärverwaltung 4. 11. 1918-31. 7. 1919, 2009.
Thüringen (Landgrafschaft, Land, Freistaat). Das
Gebiet zwischen Harz, Thüringer Wald, (Unstrut,) Werra und Saale wurde in der
Nachfolge anderer germanischer Völkerschaften im 5. Jahrhundert n. Chr. von den
vielleicht im Namen an die Hermunduren anknüpfenden Thüringern eingenommen, die
erstmals im letzten Drittel des 4. Jahrhunderts (um 400 bei Vegetius) als (von
Grahn-Hoek auf die gotischen Terwinger zurückgeführte) Toringi erscheinen. Ihr
sich noch darüberhinaus erstreckendes Reich zwischen Donau, Main, Werra und
Elbe wurde 531/533/534 von den Franken und Sachsen vernichtet und seine
Angehörigen unter fränkische Herrschaft gebracht (634-717/719 Herzogtum) und
christianisiert. Die Klöster Fulda und Hersfeld sowie das Erzstift Mainz
(Erfurt) erwarben umfangreiche Güter. Mit dem Übergang des deutschen Königtums
auf die sächsischen Liudolfinger und der Bildung weiter östlich liegender
Marken wurde T. vom Grenzland zu einem Kerngebiet des Reiches mit Pfalzen in
Nordhausen, Merseburg, Arnstadt, Ohrdruf, Wechmar, Heiligenstadt, Mühlhausen?,
Gebesee, Saalfeld, Dornburg, Kirchberg (bei Jena), Erfurt, Tilleda, Wallhausen
und Allstedt. Unter den gräflichen Geschlechtern gewannen die aus einer
Seitenlinie der Grafen von Rieneck in Mainfranken stammenden, auf der 1044
erbauten Schauenburg bei Friedrichroda ansässigen, am Pass der Hohen Sonne des
Thüringerwaldes sowie um Sangerhausen begüterten Ludowinger (1039 Ludwig der
Bärtige) die Vorherrschaft und wurden von König Lothar III. um 1130 (1130/1131)
mit dem Titel Landgrafen ausgezeichnet. 1122/1137 erlangten sie aus der Heirat
mit der Erbtochter (Hedwig) der Gisonen (Grafen von Gudensberg) Güter in Hessen
um Marburg und Gudensberg südwestlich von Kassel. 1180 erwarben sie beim Sturz
Heinrichs des Löwen zu ihren thüringischen und hessischen Gütern die
Pfalzgrafschaft Sachsen (Hosgau bzw. Hassegau) als Reichslehen und Güter an der
Werra, oberen Weser und Leine (bis 1247). Sie erbauten schon vor 1080 auf
fuldisch-hersfeldischem Gut die Wartburg, später die Neuenburg (Neuburg) an der
unteren Unstrut, die Runneburg (Weißensee) und die Marburg an der Lahn, doch
gelang ihnen die Zusammenfassung ihrer Güter nicht. 1247 starben sie mit
Heinrich Raspe im Mannesstamm aus. T. fiel (endgültig 1263/1264) über eine
Schwester Heinrich Raspes auf Grund einer Eventualbelehnung von 1243 an die in
weiblicher Linie mit den Ludowingern verwandten wettinischen Markgrafen von
Meißen, Hessen über eine Erbtochter (Sophie) an die Grafen von Brabant
(Landgrafen von Hessen), womit einerseits die Trennung von Thüringen und Hessen
und andererseits die Aufgabe der selbständigen Einheit T. eingeleitet wurde.
1265 überließ der Wettiner Heinrich der Erlauchte T. an seinen Sohn Albrecht
den Entarteten. 1293/1294 verkaufte Markgraf Albrecht der Entartete von Meißen
T. an König Adolf von Nassau, doch konnten die Markgrafen von Meißen 1307 in
der Schlacht bei Lucka die Mark Meißen und T. zurückgewinnen. Seitdem
erweiterten sie ihre Herrschaft in T. zu Lasten der Grafen und des Reichs
(Vogtei über die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, Erwerb der Herrschaft
Coburg 1347/1353 sowie von fünf hennebergischen Ämtern mit Hildburghausen 1374
und des Pleißenlandes mit Altenburg 1310/1372/1373), doch blieben die
Herrschaftsgebiete von Schwarzburg, Henneberg, Gleichen und Reuß (Vögte von
Weida, Gera und Plauen), Erfurt, Mühlhausen und Nordhausen sowie die Güter des
Deutschen Ordens bestehen. Dementsprechend hatten die Markgrafen von Meißen,
die von 1379 bis 1440 einen eigenen landgräflich-thüringischen Zweig abteilten,
im Norden einen langen Streifen von der Elster über Weißenfels und Freyburg bis
Langensalza, weiter ein Gebiet um Eisenach, Salzungen, Gotha und Zella-Mehlis
und schließlich fast den gesamten Süden des Landes. 1423 gewann die Meißener
Linie der Wettiner das Herzogtum Sachsen-Wittenberg und die damit verbundene
Kurfürstenwürde. Seitdem nannten sich alle Wettiner Herzöge (von Sachsen), wie
dies auch Herzog Wilhelm tat, unter dem T. nochmals von 1445 bis 1482
eigenständig wurde. 1485 teilte das Haus Wettin in die Kurlinie der Ernestiner,
die das südliche Gebiet zwischen Eisenach, Sonnewalde, Zwickau, Coburg und
Wittenberg bzw. Buttstädt erhielt, und die Linie der Albertiner, an die das
nördliche Gebiet von Groitzsch bis Treffurt (Weißensee, Freyburg, Sangerhausen,
Langensalza, Tennstedt, Thamsbrück, Laucha, Nebra) fiel. 1547 verlor die
ernestinische Linie die Kurwürde an die albertinische Linie und wurde auf das
inzwischen zur Reformation übergetretene Gebiet von T. beschränkt, für das sie
1548 die Universität Jena gründete. Seit 1572 wurde T. bzw. Sachsen immer
weiter aufgeteilt und zersplitterte allmählich vollständig. Nach dem Aussterben
der verschuldeten Grafen von Henneberg verwalteten die Albertiner und
Ernestiner deren Gebiete zunächst gemeinsam, teilten sie aber 1660 auf. Von
1657 bis 1746 bildete der sog. Thüringer Kreis um Weißenfels den
Hauptbestandteil von Sachsen-Weißenfels, von 1657 bis 1718 das 1564 gewonnene
Hochstift Naumburg mit den ehemals hennebergischen Gütern (Schleusingen, Suhl)
den Hauptbestandteil von Sachsen-Zeitz. Am Ende des 17. Jahrhunderts bestanden
im Rahmen des obersächsischen Reichskreises zehn Linien der Ernestiner, neun
der Reuß und drei der Schwarzburg in T. Außerdem hatte das Erzstift Mainz die
Herrschaft über Erfurt und einen Teil des Eichsfeldes gewonnen und war
Brandenburg mit dem Saalkreis nach T. vorgedrungen. 1803 fielen Erfurt, das
Eichsfeld, Nordhausen und Mühlhausen, 1806 die albertinischen Teile an Preußen.
1807 verlor Preußen alle linkselbischen Gebiete. Von 1807 bis 1813 gehörten
Mühlhausen, Nordhausen und das Eichsfeld zum Königreich
Westphalen, Erfurt mit seinem Gebiet zu Frankreich. 1815 erlangte Preußen die
verlorenen Gebiete zurück und gewann die albertinischen Teile Thüringens, die
es 1816 auf die Bezirke der Regierung in Thüringen zu Erfurt (Weißensee,
Langensalza, Tennstedt) und der Regierung des Herzogtums Sachsen zu Merseburg
(Weißenfels, Freyburg, Eckartsberga, Heldrungen, Sachsenburg, Sittichenbach,
Wendelstein, Sangerhausen) aufteilte (1. 4. 1816 preußische Provinz Sachsen mit
Herzogtum Magdeburg, Altmark, Fürstentum Halberstadt, Wernigerode, Hohnstein,
Mansfeld, Nordhausen, Mühlhausen, Eichsfeld, Erfurt, Wittenberg, Torgau,
Merseburg, Naumburg-Zeitz, Stolberg, Querfurt, Barby, Ziegenrück, Schleusingen,
Heringen, Kelbra, Hauptstadt Magdeburg, Sitz der Provinzialselbstverwaltung in
Merseburg, Gliederung in die Regierungsbezirke Magdeburg, Merseburg und
Erfurt). Insgesamt bestanden 1815 im thüringischen Raum neben umfangreichen
Gütern Preußens und Exklaven und Enklaven die zwölf kleinen Staaten
Sachsen-Weimar-Eisenach, Sachsen-Gotha-Altenburg, Sachsen-Meiningen,
Sachsen-Hildburghausen, Sachsen-Coburg-Saalfeld, Schwarzburg-Rudolstadt,
Schwarzburg-Sondershausen, Reuß ältere Linie, Reuß jüngere Linie zu Gera
(Reuß-Gera), Ebersdorf (Reuß-Ebersdorf), Schleiz (Reuß-Schleiz) und Lobenstein (Reuß-Lobenstein).
Am 13. 11. 1826 erfolgte, nachdem Sachsen-Weimar-Eisenach bereits 1815 zum
Großherzogtum erhoben worden war (seit 1877 Großherzogtum Sachsen), durch
Schiedsspruch König Friedrich Augusts I. von Sachsen die Neugliederung in die
sächsischen Herzogtümer Sachsen-Meiningen, Sachsen-Altenburg sowie
Sachsen-Coburg und Gotha. Nach Abdankung der Fürsten im November 1918
entstanden acht Freistaaten (vier der Ernestiner, zwei der Schwarzburg, zwei
der Reuß). Sie schlossen sich mit Ausnahme Coburgs, das zu Bayern kam, am 30.
4./1. 5. 1920 entgegen den Wünschen Preußens zum Land T. mit der Hauptstadt
Weimar zusammen, das sich am 11. 2. 1921 eine Verfassung gab. Der Name T.
begann nunmehr über das ursprüngliche Gebiet zwischen Werra, Saale, Harz und Thüringer
Wald hinaus Gebiete östlich der Saale und südlich des Thüringer Waldes zu
umfassen (Herrschaftsgebiete der ernestinischen Wettiner). 1933 wurde die
Landesregierung einem Reichsstatthalter unterstellt. Am 1. 7. 1944 wurde der
bisher zur Provinz Hessen-Nassau (Preußens) gehörige Kreis Schmalkalden in den
Regierungsbezirk Erfurt umgegliedert und der Reichsstatthalter in Thüringen mit
der Wahrnehmung der Aufgaben und Befugnisse des Oberpräsidenten in der
staatlichen Verwaltung des Regierungsbezirks Erfurt beauftragt. In diesem
Umfang fiel T. im April 1945 unter amerikanische, am 1. 7. 1945 unter
sowjetische Besatzungsverwaltung. Am 17. 9. 1945 kamen auf Grund des sog.
Wanfrieder Abkommens zur Sicherung von Transporten auf der Eisenbahnlinie
Göttingen-Bebra die hessischen Dörfer Sickenberg, Asbach, Vatterode, Weidenbach
und Hennigerode östlich der Bahnlinie an die sowjetische Besatzungszone
(Thüringen), Werleshausen und Neuseesen westlich der Bahnlinie samt einem
östlich der Bahnlinie verlaufenden Geländestreifen an die amerikanische
Besatzungszone (Hessen). Am 20. 12. 1946 erhielt T. eine Verfassung. 1948 wurde
der Regierungssitz von Weimar nach Erfurt verlegt. Von 1949 bis 1990 war T.
Teil der Deutschen Demokratischen Republik. Am 23. 7. 1952 ging es in den
Bezirken Erfurt, Gera und Suhl auf (str.), wurde aber am 3. 10. 1990 (mit rund
2700000 Einwohnern) wiederhergestellt (einschließlich der Kreise Altenburg,
Artern und Schmölln). Hauptstadt wurde Erfurt.
L.: Wallner 708 ObersächsRK 2; Großer Historischer Weltatlas II 34 (1138-1254)
G3, II 66 (1378) F3; Eberhardt, H., Thüringen, (in) Geschichte der deutschen
Länder, Bd. 1; Die Territorien des Reichs 4, 8; Thüringische Geschichtsquellen,
Bd. 1ff. 1854ff.; Cassel, P., Thüringische Ortsnamen, 1856 und 1858, Neudruck
1983; Süssmilch-Hörnig, M. v., Historisch-geographischer Atlas von Sachsen und
Thüringen, 1861f.; Werneburg, A., Die Namen der Ortschaften und Wüstungen
Thüringens, 1884, Neudruck 1983; Regesta diplomatica necnon epistolaria
historiae Thuringiae, bearb. v. Dobenecker, O., Bd. 1ff. 1896ff.; Hantzsch, V.,
Die ältesten gedruckten Karten der sächsisch-thüringischen Länder 1550-1593,
1906; Beschorner, H., Oeder und Thüringen, Beitr. Thür.-sächs. Gesch., FS O.
Dobenecker, 1929; Schneider, F./Tille, A., Einführung in die thüringische
Geschichte, 1931; Kaiser, E., Landeskunde von Thüringen, 1933; Pasold, A.,
Geschichte der reußischen Landesteilungen von der Mitte des 16. Jh. bis zur
Einführung der Primogenitur im Jahre 1690, 1934; Mentz, G., Ein Jahrhundert thüringischer
Geschichtsforschung, 1937; Maschke, E., Thüringen in der Reichsgeschichte, Zs.
d. Ver. f. thür. Gesch. u. Altertumskunde 32 (1937); Lauter, K., Die Entstehung
der Exklave Ostheim vor der Rhön, 1941; Lehmann, J., Beiträge zu einer
Geschichte der thüringischen Kartographie bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts,
Diss. Greifswald 1932, und Jb. der Kartographie 1941 (1942); Brather, H., Die
ernestinischen Landesteilungen des 16. und 17. Jahrhunderts, 1951; Atlas des
Saale- und mittleren Elbegebietes, hg. v. Schlüter, O./August, O., Teil 1ff. 2.
A. 1959ff.; Koerner, F., Die Lage und die Besitzstetigkeit der Machtkerne in
Thüringen während des ausgehenden Mittelalters, 1960; Patze, H., Die Entstehung
der Landesherrschaft in Thüringen, 1962; Patze, H., Bibliographie zur
thüringischen Geschichte, Bd. 1f. 1965ff.; Geschichte Thüringens, hg. v. Patze,
H./Schlesinger, W., Bd. 1ff. 1967ff.; Handbuch der historischen Stätten:
Thüringen, hg. v. Patze, H., 1968; Klein, T., Thüringen, 1983; Geschichte
Thüringens. Politische Geschichte der Neuzeit, hg. v. Patze, H., 1984; Hess,
U., Geschichte Thüringens 1866-1914, hg. v. Wahl, V., 1991; Historische
Landeskunde Mitteldeutschlands – Thüringen, hg. v. Heckmann, H., 3. A. 1991;
Bühner, P., Kurzer Abriss über die Geschichte des albertinischen Thüringen,
Mühlhäuser Beiträge 14 (1991), 31; Petersohn, J., De ortu principum Thuringie,
DA 48 (1992), 585; Hessen und Thüringen, 1992; Hess, U., Geschiche der
Behördenorganisation der thüringischen Staaten, 1993; Kleinstaaten und Kultur
in Thüringen, hg. v. John, J., 1994; Werner, M., Thüringen, LexMA 8 1996,
747ff.; Schildt, B., Bauer – Gemeinde – Nachbarschaft, 1996; Assing, H.,
Brandenburg, Anhalt und Thüringen im Mittelalter, 1997, Thüringen-Handbuch, hg.
v. Post, B. u. a., 1999; Grahn-Hoek, H., Stamm und Reich der frühen Thüringer,
Zs. d. Ver. f. thür. Geschichte 56 (2002), 7; Müller, C., Landgräfliche Städte
in Thüringen, 2003; Wittmann, H., Im Schatten der Landgrafen, 2005; Hoffmann,
R., Die Domänenfrage in Thüringen, 2006; Landstände in Thüringen, hg, v.
Thüringer Landtag, 2008; Wittmann, H., Im Schatten der Landgrafen, 2008 (Herren
von Heldrungen, Grafen von Buch, Grafen von Wartburg-Brandenburg)Fleischhauer,
M., Der NS-Gau Thüringen 1939-1945, 2009; .Zusammenschlüsse und Neubildungen
deutscher Länder im 19. und 20. Jahrhundert, hg. v. Kretzschmar, R. u. a.,
2013, 125ff.
Tirol (Grafschaft, Bundesland). Das Einzugsgebiet von Lech, Inn, Drau und Etsch in den Alpen war zunächst von Kelten bewohnt. Seit 16/15 v. Chr. gliederten es die Römer den Provinzen Rätien, Noricum (östlich des Ziller) und Venetia et Histria ein. Später drangen Alemannen, Langobarden und Slawen ein, die aber im 6. bis 8. Jahrhundert von den Bayern verdrängt wurden. 788 kam das Gebiet bis Bozen und ins Pustertal mit Bayern an die Franken und wurde eingedeutscht. 952 schuf König Otto der Große die Mark Verona und unterstellte sie dem Herzog von Bayern, der sie 976 an das Herzogtum Kärnten verlor. Cadore fiel an das Hochstift Freising (973-1510), das Unterinntal an das Hochstift Regensburg. 1004/1027/1091 kamen die Grafschaften um den Brennerpass an die Hochstifte Brixen (oberes Eisacktal, Inntal, Pustertal, vorderes Zillertal) und Trient (Etschtal, Vinschgau, unteres Eisacktal). Die Bischöfe von Brixen und Trient galten im 13. Jahrhundert als Reichsfürsten, doch verloren sie zahlreiche Rechte an ihre Vögte. Von den miteinander konkurrierenden Adelsgeschlechtern der Grafen von Eppan, Andechs und T. (ab 1141) setzten sich die nach der Burg T. (ältester erhaltener Balken von 1106, Brand um 1300) bei Meran benannten, zunächst mit der Grafschaft im Vinschgau belehnten Grafen von T. durch und erlangten in der Mitte des 12. Jahrhunderts (um 1150) die Vogtei des Hochstifts Trient und damit seit dem 13. Jahrhundert allmählich Bozen, 1210 nach den Grafen von Andechs die Vogtei des Hochstifts Brixen sowie 1248 die Grafenrechte der Grafen bzw. Herzöge von Andechs-Meranien und nach 1250 der Grafen von Eppan. 1253 starben sie aus und vererbten über die Tochter Albrechts III. von T. die Grafschaft T. an die Grafen von Görz. Diese teilten 1267/1271 ihre Güter in eine Görzer und eine Tiroler Linie. In der Tiroler Linie sicherte Graf Meinhard II. (1249-1295) mit Gewalt, Geschick, Geld und Glück eine vergrößerte Grafschaft T. zwischen Ziller, Arlberg, Avisio und Mühlbacher Klause. 1363 gab Margarete Maultasch trotz je einer Heiratsverbindung mit den Luxemburgern und Wittelsbachern das vielerseits begehrte T., das seit 1330 als Reichslehen galt, an ihren Vetter Herzog Rudolf IV. von Österreich, der zugleich die Vogtei über das Hochstift Trient gewann. 1379 kam T., das durch Salzburg und Görz von den anderen habsburgischen Ländern getrennt war, an die leopoldinische Linie der Habsburger. 1373 wurde Primiero, 1396 Lodron, 1412 Valsugana und 1440 Arco gewonnen. Bereits 1379 bzw. von 1400 ab war Schloss Tirol Sitz einer Tiroler Nebenlinie Habsburgs. 1420 verlegte Herzog Friedrich IV. von Tirol bzw. Österreich die Residenz von Meran nach Innsbruck. König Maximilian (I.), der 1490 T. von der Seitenlinie zurückerlangt hatte, erwarb 1500 das Erbe der Grafen von Görz (vordere Grafschaft Görz, Osttirol), 1504/1505 von Bayern nach dem Landshuter Erbfolgekrieg die Landgerichte Kitzbühel, Kufstein und Rattenberg sowie 1509/1511 und 1521/1523 von Venedig Ampezzo, Ala, Mori, Riva und Rovereto. Seit dem 16. Jahrhundert wurde T. vielleicht wegen des Alters seiner Grafschaften als gefürstete Grafschaft bezeichnet. 1564 bildete sich erneut eine tirolische Linie des Hauses Habsburg, die 1648 das Elsass an Frankreich verlor und bis zu ihrem Aussterben 1665, bei dem das zum österreichischen Reichskreis zählende T. wieder an die Hauptlinie Österreich bzw. Habsburg zurückfiel, in Innsbruck, das 1669 eine gegenreformatorische Universität erhielt, residierte. Im 17. Jahrhundert gab der Bischof von Chur seine Leute im Vinschgau an T. ab. Tarasp blieb bei T. (1684 Fürsten von Dietrichstein). 1803 wurden die Hochstifte Trient und Brixen säkularisiert und mit T. vereinigt. 1805 fiel T. an Bayern. Nach dem erfolglosen, in Absprache mit Habsburg erfolgten Freiheitskampf Andreas Hofers gegen Bayern und Frankreich 1809 wurde T. geteilt, wobei der Norden bis Meran und Klausen an Bayern kam, der Süden an das Königreich Italien, der Osten (östliches Pustertal, Lienz) zu den illyrischen Provinzen. 1814 fiel ganz T. wieder an Österreich. 1815 erhielt es die ehemaligen Gerichte Salzburgs im Zillertal, Brixental und Iseltal (mit Windisch-Matrei) (Matrei in Osttirol), wurde 1919 aber wieder geteilt, wobei Nordtirol und Osttirol (Lienz) zum österreichischen Bundesland T. wurden, das zu 97 % deutschsprachige Südtirol bis zum Brenner dagegen an Italien kam. Von 1938 bis 1945 umfasste der Reichsgau Tirol auch Vorarlberg und seit 1943 Bozen, Trient und Belluno, der Reichsgau Kärnten auch Osttirol.
Tortona (Stadtkommune). Das antike Dertona an
der Scrivia kam um 120 v. Chr. von den Ligurern an die Römer und am Anfang des
7. Jahrhunderts an die Langobarden. Die mittelalterliche Stadt T. (Konsuln
1122) wurde 1155 von Kaiser Friedrich I. Barbarossa im Kampf gegen den
Städtebund der Lombardei zerstört. Seit der Mitte des 14. Jahrhunderts (1347)
gehörte sie zum Herrschaftsbereich der Visconti von Mailand. 1738 fiel T. an
Sardinien und kam damit 1861 an das neue Königreich
Italien.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 48 (1300) C2; Sisto, A., I feudi imperiali
del Tortonese, 1956; Goggi, C., Notizie per la storia di Tortona, 2. A. 1963;
Goggi, C., Storia dei comuni e delle parrocchie della diocesi di Tortona, 2. A.
1966; Rozzo, U., Tortona, 1971; Oppl, F., Stadt und Reich, 1986; Bordone, R.,
Tortona, LexMA 8 1996, 883f.
Toskana (Markgrafschaft, Großherzogtum),
Toscana. Die ursprünglich etruskische T. zwischen Tiber, Apennin und Mittelmeer
wurde nach dem Zusammenbruch des weströmischen Reiches von den Ostgoten besetzt
und ging dann an die Langobarden (568-774) über. König Karl der Große fasste
nach seiner Eroberung die langobardischen Herzogtümer Lucca, Chiusi und Florenz
in der Markgrafschaft Tuszien mit Sitz in Lucca zusammen. Sie kam nach 1000 an
die Herren von Canossa. Seit dem späten 11. Jahrhundert strebten die Städte
nach Sebständigkeit (Florenz, Pisa, Lucca, Siena u. a.). Kaiser Friedrich I.
Barbarossa ließ 1162 durch Reinald von Dassel als Legaten für Tuszien auf Grund
der Markgrafenrechte eine neue Herrschaft aufbauen, doch bildete sich bereits
1181 ein tuszischer Städtebund gegen ihn. 1197 wandten sich die Städte erneut
gegen den König. Erst Kaiser Friedrich II. vermochte die daraus sich ergebenden
Unruhen zu beenden. Mit dem Tod des Stauferkönigs Manfred (1266) begann dann
der Übergang an Florenz (Medici). 1530 kam Florenz und damit die T. durch
Kaiser Karl V. wieder unter die Herrschaft des Reiches. Als der letzte Medici
1737 die Reichslehenszugehörigkeit Toskanas bestritt, wurde T. 1738 an Franz I.
von Lothringen übergeben. 1801 musste Ferdinand III. T. abtreten. Er erhielt
durch den Reichsdeputationshauptschluss vom 25. 2. 1803 das Erzstift Salzburg,
die Propstei Berchtesgaden, den jenseits von Ilz und Inn auf österreichischer
Seite gelegenen Teil des Hochstifts Passau (mit Ausnahme der Ilzstadt und
Innstadt) sowie die in den Bistümern Salzburg und Passau gelegenen Kapitel,
Abteien und Klöster. Dazu kam das Bistum Eichstätt mit Ausnahme der Ämter
Sandsee, Wernfels bzw. Spalt, Abenberg, Arberg/Ornbau und Wahrberg (Vahrnberg)
bzw. Herrieden, die an Bayern fielen. 1805 gelangten Salzburg und Berchtesgaden
an Österreich und musste Ferdinand III. Würzburg an Napoleon abtreten, womit
die Reichszugehörigkeit endete. 1815 kam T. mit Piombino und Elba an Ferdinand
III. zurück. 1860 wurde durch Beschluss einer Landesversammlung
Habsburg-Lothringen abgesetzt und T. dem Königreich
Italien (1861) einverleibt.
L.: Reumont, A. v., Geschichte Toskanas seit dem Ende des florentinischen Freistaates,
Bd. 1f. 1876f.; Schneider, F., Die Reichsverwaltung Toskanas, Bd. 1 1914;
Luzzati, M., Firenze e la Toscana, 1986; Pesendorfer, F., Die Habsburger in der
Toskana, 1988; Weiquet, J., Le grand-duché de Toscane sous les derniers
Medicis, 1990; Etruria, Tuscia, Toscana, hg. v. Luzzati, M., 1992; Luzzati, M.,
Toskana, LexMA 8 1996, 886.
Trient (Hochstift, Residenz des Bischofs). An
der mittleren Etsch gründeten Räter oder Kelten eine Siedlung, die 24 v. Chr.
an die Römer überging (Tridentum) und von diesen im 2. Jahrhundert n. Chr. zur
colonia erhoben wurde. Seit dem 4. Jahrhundert (um 350) war sie Bischofssitz
(um 400 Bischof Vigilius, seit dem 5. Jahrhundert Suffragan von Aquileja). Später
wurde sie Mittelpunkt eines langobardischen Herzogtums und einer fränkischen
Grafschaft. 952 kam T. als Teil der Mark Verona an Bayern. 1004/1027 entstand
durch kaiserliche Übertragungen (1004 Grafschaft T., 1027 Grafschaft Bozen [von
der Grafschaft Norital abgetrennt], Grafschaft Vinschgau) das
reichsunmittelbare, über die Diözese ausgreifende Hochstift T. Seine Vögte
waren seit etwa 1150 die Grafen von Tirol, die im Norden des Herrschaftsgebiets
Güter an sich zogen und die Rechte der Grafen von Eppan erlangten, seit 1363
(die Grafen von) Habsburg. Trotz erheblicher Einschränkungen (seit dem 13.
Jahrhundert allmählicher Verlust Bozens, endgültig 1462/1531, seit etwa 1300
Grenze zu Tirol an der Einmündung des Avisio in die Etsch) durch die Vögte und
gewisser Verluste im Süden an Venedig (4 Vikariate, Rovereto, Riva 1411, 1416,
1440) blieb das Hochstift bis 1803 selbständig. Um 1800 umfasste das Hochstift
ein Gebiet von 75 Quadratmeilen und hatte 155000 Einwohner. 1803 fiel es an
Tirol und damit von 1805 bis 1809 an Bayern und von 1810 bis 1813 an das Königreich Italien, 1814 an Österreich, 1919 mit
Südtirol an Italien. Das Bistum war von 1772 bis 1825 exemt, bis es Salzburg
unterstellt wurde (1929 exemt).
L.: Wolff 46; Zeumer 552 II a 19; Wallner 714 ÖsterreichRK 2; Großer
Historischer Weltatlas II 48 (1300) D1, II 66 (1378) F5/6, II 78 (1450) G4, III
22 (1648) E5, III 38 (1789) D4; Die Territorien des Reichs 1, 86; Huber, A.,
Die Entstehung der weltlichen Territorien der Hochstifte von Trient und Brixen,
Archiv f. österr. Gesch. 63 (1882); Atz, K./Schatz, A., Der deutsche Anteil des
Bistums Trient, Bd. 1ff. 1902ff.; Voltelini, H. v., Die ältesten Statuten von
Trient, Archiv für Kunde österreichischer Geschichtsquellen 92 (1903), 83;
Voltelini, H., Das welsche Südtirol, 1919, Erläuterungen zum historischen Atlas
der österreichischen Alpenländer I 3; Cucchetti, G., Storia del Trentino, 1939;
Hochholzer, H., Das geschichtliche Raumgefüge Oberitaliens, 1956; Bertoldi, F.,
Vecchia Trento, 1958; Rinaudo, C., Atlante storico, 1959; Polenz, P. v.,
Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, IV, 18, Tridentinum; Kögl, J., La
sovranità dei vescovi di Trento e di Bressanone, 1964; Sayn-Wittgenstein, F.
Prinz zu, Südtirol und das Trentino, 2. A. 1965; Hootz, R., Südtirol, Trentino,
1973; Il Trentino nel Settecento fra Sacro Romano Impero e antichi stati
italiani, hg. v. Mozzarelli, C./Olmi, G., 1985; Riedmann, J., Trient, LexMA 8
1996, 989f.; Bellabarba, M., La giustizia ai confini, 1996; Petzold, M., Das
Pontifikat Erzbischof Boemunds II. von Trier (1354-1362); Santifaller, L., Das
Trientner Domkapitel, 2000; Curzel, E., I canonici e il Capitolo della
cattedrale di Trento, 2001; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich,
hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 619, 1, 2, 586; Storia del Trentino Bd. 3, hg.
v. Castagnetti, A. u. a., 2004; Lo Preiato, M., La costituzione politica della
città, 2009.
Triest (Stadt, reichsunmittelbare Stadt
Österreichs, Kronland). Die seit dem 2. vorchristlichen Jahrhundert römische
Stadt Tergeste wurde 178 v. Chr. mit dem römischen Istrien verbunden. Seit dem
6. Jahrhundert war sie Bischofssitz. 787/788 kam sie zum fränkischen Reich. Im
Mittelalter gewann sie Selbständigkeit gegenüber dem Bischof, der die
Stadtherrschaft im 10. Jahrhundert (948) gewonnen hatte, gelangte aber 1202
durch Vertrag an Venedig. 1382 schloss sie sich nach wechselnden
Herrschaftsverhältnissen Habsburg an. 1797, 1805 und 1809 besetzte, Frankreich
die Stadt. 1809 wurde sie an die illyrischen Provinzen Frankreichs gegeben, kam
aber 1814 an Österreich zurück, das sie 1815 seinem Königreich
Illyrien zuteilte, 1818 in den Deutschen Bund aufnehmen ließ, 1849 - um der
italienischen Unabhängigkeitsbewegung entgegenzukommen - zur
reichsunmittelbaren Stadt erklärte und 1867 mit seinem Umland zu einem eigenen
Kronland erhob. Am 31. 10. 1918 wurde T. von Italien besetzt und ihm 1919
abgetreten. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde es von den Alliierten besetzt.
1945 sollte es internationaler Freistaat werden (1947 Territorio Libero di
Trieste, mit 831 Quadratkilometern und 371000 Einwohnern), wurde aber 1954 an
Italien zurückgegeben. Sein zugehöriges Hinterland wurde zwischen Italien
([Zone A] im Norden und Westen) und Jugoslawien ([Zone B] im Süden) aufgeteilt.
L.: Wolff 35; Wallner 713 ÖsterreichRK 1; Tamaro, A., Storia di Trieste, Bd.
1f. 1924;
Nepitello, S., Storia di Trieste, 1934; Zahorsky, A., Triest. Schicksal einer
Stadt, 1962; Bloise, D. u. a., La magistrature cittadine, 1982; Cammarosano,
P., Triest, LexMA 8 1996, 1003f.; Fogar, G., Trieste in guerra, 1999; Valdevit,
G., Il dilemma Trieste, 1999; Sluga, G., The Problem of Trieste and the
Italo-Yugoslav Border, 2001.
Turin (Markgrafschaft). Die am Zusammenfluss
von Dora Riparia und Po angelegte römische Siedlung colonia Iulia Augusta
Taurinorum wurde im späten 4. Jahrhundert Sitz eines im frühen 5. Jahrhundert
von Vercelli verselbständigten Bischofs. Über Goten und Burgunder kam es 568 an
die Langobarden und 773/774 an die Franken. 827 und 880 sind fränkische Grafen
von T. nachgewiesen. Zunächst unter den Markgrafen von Ivrea wurde T. um 950
Mittelpunkt einer bis zum Tod des letzten Markgrafen (1091) bestehenden Mark.
Danach traten Bischof und Stadt hervor (1147/1149 consules). 1280 kam T. an
Savoyen (1418 endgültig eingegliedert). Nach 1418 wurde es Sitz der Hauptlinie
der Grafen (1536 Vorherrschaft Frankreichs). 1861 gelangte es in
Sardinien-Piemont zum neuen Königreich Italien.
L.: Sergi, G., Potere e territorio, 1981; Storia di Torino, hg. v. Comba, R. u.
a., Bd. 1ff. 1993ff.;
Sergi, G., I confini del potere, 1995; Sergi, G., Turin, LexMA 8 1996, 1100.;
Sergi, G., Storia di Torino, 1997; Storia di Torino 2 (1280-1536) hg. v. Comba,
R., 1997.
Utrecht (Herrschaft, Niederstift). Am Ort einer
ehemaligen römischen Militärstation Traiectum (Übergang) ad Rhenum entstand
nach einer wahrscheinlich bereits am Ende des 6. Jahrhunderts bezeugten Kirche
spätestens in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts das Köln unterstellte
Bistum U. Der Sitz des Bischofs wurde zugleich Mittelpunkt einer Herrschaft U.,
die dem Bischof zustand (Niederstift U.). 1528/1529 trat Bischof Heinrich von
Bayern das Hochstift U. an Kaiser Karl V. ab. Dieser vereinigte das Niederstift
1536 verwaltungsmäßig mit Holland. 1579 trat das Niederstift als Provinz U. mit
rund 25 Quadratmeilen (U., Amersfoort, Rhenen, Wijk-bij-Duurstede [Wyk by Duurstede],
Montfoort, Oberquartier, Niederquartier, Eemland, Quartier Montfoort) der Union
der Niederlande (Generalstaaten) bei. Unter der Herrschaft Frankreichs bildete
es mit einem Teil Hollands das Département Zuiderzee, kam 1815 aber wieder als
eigene Provinz an das Königreich der
Niederlande.
L.: Wolff 72; Oppermann, O., Untersuchungen zur Geschichte von Stadt und Stift
Utrecht, vornehmlich im 12. und 13. Jahrhundert, Westdt. Zs. 27/28 (1908/1909);
Reese, W., Die Niederlande und das Reich, Bd. 1 (bis 14. Jh.) 3. A. 1943.
Utrecht (Hochstift, Herrschaft, Oberstift,
Residenz des Bischofs). Am Ort einer ehemaligen römischen Militärstation
Traiectum (Übergang) ad Rhenum entstand nach mehreren erfolglosen Versuchen (1.
Hälfte 7. Jh., 690 Willibrord) erst in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts
ein (friesisches) Bistum, das dem Erzbischof von Köln untergeordnet war und das
Gebiet der heutigen Niederlande nördlich der Waal bis fast zur Ems umfasste.
Unter Bischof Adalbold (1010-1026) wurde 1024 die Grafschaft Drente südlich von
Groningen gewonnen, danach weitere Güter und Rechte (Teisterbant 1026,
Grafschaft am Ostufer der Zuiderzee 1042, Grafschaft im Hamaland 1046,
Westfriesland 1064, Staveren 1077, Oostergo (Ostergau), Westergo (Westergau)
1086, Ijsselgau 1086). Später entzogen sich die reichsfürstlichen Bischöfe
zunehmend dem königlichen Einfluss und verfolgten eigene herrschaftliche
Interessen, zu denen allerdings die Grafen von Holland, die Stadt Utrecht sowie
die Grafen von Geldern in Wettbewerb traten. Ihr Herrschaftsgebiet zerfiel in
die nach 1108 durch Geldern getrennten Teile um U. im Westen (später sog.
Niederstift mit U. zwischen Rhein und Zuiderzee) sowie im Osten das Land
zwischen Deventer und Groningen (später sog. Oberstift bzw. Overijssel,
zwischen Ijssel, Bentheim und Münster). Seit 1439 beanspruchte Burgund die
Schutzherrschaft über U. (sowie Lüttich und Cambrai). 1528/1529 übertrug
Bischof Heinrich von Bayern, der sich mit Geldern in Krieg befand und einem
Aufruhr im eigenen Herrschaftsgebiet gegenüberstand, das Hochstift an Kaiser
Karl V. als Nachfolger Burgunds. In der Folge annektierte Habsburg das
Herrschaftsgebiet. Das Niederstift wurde 1536 verwaltungsmäßig mit Holland vereinigt
und damit vom Oberstift (Overijssel) getrennt. Es trat 1579 als Provinz U. mit
rund 25 Quadratmeilen (U., Amersfoort, Rhenen, Wijk-bij-Duurstede bzw.
Wijk-bij-Duurstedt, Montfoort, Oberquartier, Niederquartier, Eemland, Quartier
Montfoort) der Union der Niederlande (Generalstaaten) bei. (1579/)1648 löste
sich U. (Overijssel mit Drenthe) mit der Union der Niederlande (Generalstaaten)
vom Reich. Am Ende des 18. Jahrhunderts bildete U. unter der Herrschaft
Frankreichs mit einem Teil Hollands das Département Zuidersee (Zuiderzee), kam
1815 aber wieder zum Königreich Niederlande.
L.: Wolff 72f.; Großer Historischer Weltatlas II 74 (1363-1477) E1; Oppermann,
O., Untersuchungen zur Geschichte von Stadt und Stift Utrecht, vornehmlich im
12. und 13. Jahrhundert, Westdt. Zs. 27/28 (1908/09); Oorkondenboek van het
sticht Utrecht tot 1301, hg. v. Muller, S. u. a., Bd. 1ff. 1920ff.; Berkelbach
van der Sprenkel, J., Geschiedenis van het bisdom Utrecht van 1281-1305, 1923;
Reese, W., Die Niederlande und das Reich, Bd. 1 (bis 14. Jh.) 3. A. 1943;
Blijstra, R., 2000 jaar Utrecht, 1968; Große, R., Das Bistum Utrecht und seine
Bischöfe im 10. und frühen 11. Jahrhundert, 1987; Utrecht, 1988; Vlierden, M.
van, Utrecht, 1988; Utrecht tussen kerk en staat, hg. v. Stuip, R. u. a., 1991;
Große, R., Utrecht, LexMA 8 1996, 1351; Bauer, T., Lotharingien als
historischer Raum, 1997; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich,
hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 620, 1, 2, 604; Kuys, J., Kerkelijke
organisatie in het middeleeuwse bisdom Utrecht, 2004; Verortete Herrschaft, hg.
v. Lieven, J., 2014, 133.
Veltlin (Tal, Landschaft, Untertanenland), ital.
Valtellina. Das Tal der oberen Adda war nach königlichen Übertragungen im 10.
und 11. Jahrhundert zum großen Teil in den Händen der Bischöfe von Como, Pavia
und Chur. Im Streit zwischen Como und Mailand geriet es im 14. Jahrhundert
unter die Herrschaft der Visconti bzw. Mailands. 1500 fiel es an Frankreich und
1512 infolge Eroberung als Untertanenland an Graubünden. Reformationsversuche
wurden 1620 unterdrückt. 1799 wurde das V. Teil der Zisalpinischen Republik.
1814/1815 kam es mit der Lombardei an Österreich, 1859 an Sardinien und damit
an das neue Königreich Italien (1861).
L.: Wolff 535; Großer Historischer Weltatlas II 72 (bis 1797) H4; Camenisch,
E., Geschichte der Reformation und Gegenreformation in den italienischen
Südtälern Graubündens und den ehemaligen Untertanenländern Chiavenna, Veltlin
und Bormio, 1950; Besta, E., Storia della Valtellina e della Val Chiavenna, Bd.
1, 2 Mailand 1955/1964.
Venaissin (Grafschaft). 1229 trat Graf Raimund
VII. von Toulouse das V. in der Provence links der unteren Rhone (Carpentras,
Venasque, Avignon) im Königreich Burgund an den
Papst ab. 1234 erhielt er es als Lehen der Kirche zurück. Nach dem Aussterben
der Grafen beanspruchte Frankreich die Grafschaft. Dem Papst gelang es aber
1274, die Ansprüche abzuwehren. 1791 annektierte Frankreich die Grafschaft.
1797 erklärte sich der Papst mit der Entziehung einverstanden.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 34 (1138-1254) F5; Moreau, J.,
Dictionnaire de géographie historique, 1972, 286.
Venedig (Herzog, Stadtstaat). Seit dem Einbruch
der Langobarden in Oberitalien (568) entstanden in dem in römischer Zeit als
Venetia et Istria bezeichneten Gebiet innerhalb vorgelagerter Lagunen am
Nordende der Adria feste Siedlungen auf zunächst auseinanderliegenden Inseln,
die der Herrschaft von Byzanz unterfielen. Nach der Beseitigung des Exarchats
von Ravenna (751) verselbständigte sich der Ort trotz Fortbestandes der
byzantinischen Oberhoheit unter einem dux (Dogen). Bald wurde er zum
Haupthandelsplatz zwischen Ostrom und dem fränkischen Reich. Unter Kaiser Otto
dem Großen wurde eine gewisse Oberhoheit des Reiches anerkannt. Otto III.
verlieh dem Dogen Peter Orseolo II. den Titel dux Venetiae et Dalmatiae bzw.
dux Veneticorum et Dalmaticorum. In der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts
begründete V., das eben den alten Namen Rialto (ripa alta, hohes Ufer) abgelegt
hatte, den Veroneser Bund gegen den Kaiser von 1164, doch lenkten seine
Auseinandersetzungen mit Byzanz es ab. 1338 könnten rund 160000 Einwohner die Lagunenorte
bewohnt haben. 1339 begann nach dem Erwerb zahlreicher Güter im Mittelmeer mit
dem Gewinn der Mark Treviso die Bildung eines festländischen
Herrschaftsgebiets, das 1404/1405 über Padua, Vicenza, Verona, Brescia und
später fast bis Mailand, Cividale, Alpen, Adda und Po reichte (Feltre, Belluno,
Friaul). 1435 erklärte sich der Doge Francesco Foscari bereit, die
festländischen Erwerbungen, die altes Reichsgut waren, vom Kaiser zu Lehen zu
nehmen. Seit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts verlor V., das zwecks
Verhinderung der Verlandung 1488 die Umleitung der größten der in die Lagune
einmündenden Flüsse in die Adria beschloss, wichtige Positionen im Mittelmeer
(1462 Lesbos, 1470 Euböa, 1503 Lepanto, Koron, Navarino und Ägina) und mit der
Entdeckung des Seewegs nach Ostindien (1498) auch sein Monopol im Südosthandel.
Seit 1477 gewann es zwar Teile des Herzogtums Mailand und des Hochstifts
Trient, erlitt aber 1509 eine schwere Niederlage gegen Reich, Papst, Spanien
und Frankreich und verlor die neapolitanischen Häfen an Spanien, die Romagna an
den Papst und Riva, Rovereto und Ala an Österreich. 1510 annektierte es die 973
an das Hochstift Freising gelangte Grafschaft Cadore im Osten der Dolomiten.
1566 kam Naxos, 1570 Zypern (Cypern) und 1669 Kreta an die Türken. Seit dem 18.
Jahrhundert wurde V. zunehmend Protektorat Österreichs. 1797 besetzte
Frankreich V. Österreich erhielt das Gebiet östlich der Etsch und Dalmatien,
das übrige Land wurde der Zisalpinischen Republik und 1805 dem Königreich Italien Frankreichs angegliedert, zu dem
1805 auch noch der östliche Teil und Dalmatien kamen. 1809 wurden die
Departements Passerino (Udine) und Istrien (Capo d'Istria) mit Frankreichs
Illyrischen Provinzen vereinigt. 1815 gelangten Venedigs Gebiete zusammen mit
der Lombardei als Lombardo-Venezianisches Königreich
an Österreich, das sie 1866 an das neue Königreich
Italien (1861) abtreten musste.
L.: Kretschmayr, H., Geschichte von Venedig, Bd. 1ff. 1905ff.; Romanin, S.,
Storia documentale di Venezia, Bd. 1ff. 2. A. 1912f.; Battistella, A., La
Repubblica di Venezia, 1921; Pölnitz, G. v., Venedig, 1951; Hochholzer, H., Das
geschichtliche Raumgefüge Oberitaliens, 1956; Storia di Venezia, hg. v. Centro
internaz. delle arti e del costume, 1957; Eickhoff, E., Venedig, Wien und die
Osmanen, 1970, 2. A. 1992, 3. A. 2008; Stato, società e giustizia, hg. v.
Cozzi, G., 1980; Cozzi, G., Repubblica di Venezia e stati italiani, 1982;
Zorzi, A., Venedig. Geschichte der Löwenrepublik, 1987; Fees, I., Reichtum und
Macht im mittelalterlichen Venedig, 1988; Ventura, P., Venedig. Geschichte
einer Stadt, 1988; Calimani, R., Die Kaufleute von Venedig. Die Geschichte der
Juden in der Löwenrepublik, 1988; Rösch, G., Der venezianische Adel bis zur
Schließung des großen Rats. Zur Genese einer Führungsschicht, 1989;
Castagnetti, A., Il Veneto, 1990; Storia di Venezia, Bd. 1ff. 1992ff.; Ortalli,
G., Venedig, LexMA 8 1996, 1459ff.; Venetien Istituto regionale per la storia
del movimento di liberazione nel Friuli-Venezia Giulia, Friuli e Venezia Giulia,
1997; Heller, K., Venedig, 1999; Rösch, G., Venedig, 2000; Venice Reconsidered,
hg. v. Martin, J. u. a., 2000; Fees, I., Eine Stadt lernt schreiben, 2002;
Chauvard, J., La circulation des biens à Venise, 2005; Landwehr, A:, Die
Erschaffung Venedigs, 2007; Eickhoff, E., Venedig - spätes Feuerwerk, 2006, 2.
A. 2007; Dorigo, W., Venezia romanica, 2003; Mathieu, C., Inselstadt Venedig,
2007; Gottsmann, A., Venetien 1859-1866 (mit Karte); Müller, R., Immigrazione e
cittadinanza nella Venezia medievale, 2010 (rund 3630 Menschen von 1200 bis
1500); Crowley, R., Venedig erobert die Welt, 2011.
Vercelli (Stadtkommune). Bei dem von den Ligurern
an die Römer gelangten V. (Vercellae) an der Sesia wurden 101 v. Chr. die
Kimbern von den Römern geschlagen. Seit etwa 340 war der Ort Sitz eines
Bischofs, später Mittelpunkt eines Herzogtums der Langobarden und einer
fränkischen Grafschaft. Seit dem 12. Jahrhundert (1141) sind consules in der
durch Handel reich werdenden Stadt bezeugt. Nach inneren Parteikämpfen fiel V.
1335 an die Visconti bzw. Mailand, 1427 an Savoyen und kam über Sardinien mit
diesem zum Königreich Italien (1861).
L.: Großer Historischer Weltatlas II 48 (1300) C2; Maragnoni, G., Vercelli,
1931; Brizio, A. M., Vercelli, 1935; Keller, H., Adelsherrschaft und städtische
Gesellschaft in Oberitalien, 1979; Ordano, R., Storia di Vercelli, 1982;
Andenna, G., Vercelli, LexMA 8 1996, 1495ff.; Libro delle investiture del
comune di Vercelli, hg. v. Degrandi, A., 2005; I Libri iurium duecenteschi del
comune di Vercelli, hg. v. Fissore, G., 2 1-2, 2009
Verden (Reichsstadt). Das erstmals 810 genannte
V. an der Aller erscheint 1192 als Stadt. Diese löste sich allmählich von der
Herrschaft des Bischofs und wurde seit 1405 als Reichsstadt behandelt. Da sie
bei der Aufstellung der Reichsmatrikel 1521 mit einem angeblich zu hohen Ansatz
von 60 Gulden monatlich belastet wurde, schwankte sie zwischen
Reichsstandschaft und Landstandschaft. 1554 bat der Rat um Exemtion von der
Reichsmatrikel.
L.: Wolff 332; Hodenberg, W. v., Verdener Geschichtsquellen, Bd. 1f. 1856ff.;
Meyer, C., Stadtgeschichte von Verden, 1913; Weise, E., Stadt und Bistum Verden
im Mittelalter, Mitt. d. Stader Geschichtsvereins 30 (1955), 35ff.; Der
Landkreis Verden, bearb. v. Berner, F., 1972; Schünemann, D., Vor- und
Frühgeschichte der Stadt Verden, 1986; Schöttler, W., Die Stadt Verden im
Kurfürstentum und Königreich Hannover, 1986;
Siemers, J., Verden, 1986; Nerger, K., Geschichte der Stadt Verden, 1992.
Verona (Markgrafschaft, Stadtkommune,
Stadtstaat). V. an der mittleren Etsch kam vielleicht von den Rätern 89 v. Chr.
an die Römer. Wahrscheinlich war es seit dem 3. Jahrhundert Sitz eines
Bischofs. Nach dem Sieg über Odoaker 489 errichtete in dem deutsch Bern genannten
Ort Theoderich der Große (Dietrich von Bern) seine Residenz. Unter den
Langobarden war Verona Sitz des Königs Alboin, ab 572 eines langobardischen
Herzogs, ab 774 eines fränkischen Grafen. 952 trennte König Otto I. zur
Sicherung des Brennerübergangs das Gebiet an der Etsch als Mark Verona vom
Reich Berengars von Ivrea ab und belehnte damit den Herzog von Bayern. 976 kam
diese Mark zum neuen Herzogtum Kärnten, war aber seit dem Aussterben der
Eppenstein (Eppensteiner) 1122 nur noch durch Personalunion mit ihm verbunden,
wurde später als Mark Treviso bezeichnet und verlor im Interregnum (1254-1273)
ihre sachliche Bedeutung. Am Anfang des 12. Jahrhunderts erlangte die Stadt
Selbständigkeit (1136 Konsuln). 1164/1167 war sie maßgeblich an der Gründung des
lombardischen Städtebunds beteiligt. 1193 erwarb sie Garda und erweiterte damit
ihr Herrschaftsgebiet erheblich. Nach einer Blütezeit unter Ezzelino da Romano
(1222-1259, 1254 rund 30000 Einwohner) und den della Scala (Scaliger 1262-1387,
1263 Signorie) fiel V. 1387/1389 an die Visconti von Mailand und 1405 an
Venedig. Mit Venetien kam es 1797 an Österreich, 1805 zum Königreich Italien Frankreichs, 1814 wieder an
Österreich und 1866 mit Venetien an das neue Königreich
Italien (1861).
L.: Großer Historischer Weltatlas II 18 (919-1056) G4, 66 (1378) F6; Cipolla,
C., La storia politica di Verona, Verona 1954; Verona e il suo territorio, hg.
v. Istituto per gli studi storici veronesi, 1960ff.; Mor, C. G., Verona e il
suo territorio, 1964; Cipolla, C., Compendio della storia politica di Verona,
1976; Castagnetti, A., La Marca veronese-trevigniana, 1986; Varanini, G.,
Verona, LexMA 8 1996, 1546ff.
Vicenza (Stadtkommune). V. am Bacchiglione wurde
49 n. Chr. römisches Munizipium (Vicetia). Im 6. Jahrhundert wurde es Sitz
eines Bischofs und eines langobardischen Herzogs (568/569), nach 774 eines
fränkischen Grafen. Seit 952 gehörte es der Mark Verona an. Stadtherr wurde der
Bischof. Im 12. Jahrhundert entwickelte sich V. zur freien Gemeinde (1147
consules). 1167 schloss es sich dem Städtebund der Lombardei (Lombardenbund)
an. 1236 und 1311 wurde es von Verona erobert und kam dann 1404 mit Verona zu
Venedig, 1797 an Österreich, 1805 an das Königreich
Italien Frankreichs, 1814 wieder an Österreich und 1866 mit Venetien zum neuen Königreich Italien (1861).
L.: Großer Historischer Weltatlas II 48 (1300) D2; Rumor, S., Bibliografica
storia della città e provincia di Vicenza, Bd. 1f. 1916ff.; Mori, C., Vicenza e
la sua provincia, 1932; Bognetti, G. u. a., Vicenza nell'alto Medio Evo, 1959;
Storia di Vicenza, hg. v. Cracco, G., Bd. 2 1988; Varanini, G., Vicenza, LexMA
8 1996, 1624f.
Vienne (Erzstift). V. an der Rhone kam als
Hauptort der keltischen Allobroger 121 v. Chr. an die Römer (Vienna). 314 war
es Vorort der diokletianischen Diözese Viennensis und Sitz eines Bischofs (Ende
des 3. Jahrhunderts?), seit 430 eines Erzbischofs. Um 468 wurde es Hauptort der
Burgunder. 534 fiel es an die Franken. 879 bestimmte Graf Boso von V. es zum
Hauptort des von ihm gegründeten Königreichs
Niederburgund, das 928 in Hochburgund aufging. 1023 wurden die Erzbischöfe
Grafen, verloren aber die Grafschaft im 12. Jahrhundert an die Grafen der
Dauphiné. 1448 erreichte Frankreich in der Nachfolge der Grafen der Dauphiné
die Anerkennung als Lehnsherr. 1730/1801 wurde das Erzstift aufgehoben.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 6 c (7./8. Jh.) A1; Faure, C., Histoire de la réunion
de Vienne á la France, 1907; Clément, P., Vienne sur le Rhône. La ville et les habitants, 1955; Cavard,
P., Vienne, 1975; Chomel, V., Vienne, LexMA 8 1996, 1646ff.
Volterra (Stadtkommune). Im 7./6. Jh. v. Chr.
entstand das etruskische Velathri, das später zum römischen Volaterrae wurde.
Seit der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts hatte dort ein Bischof seinen Sitz.
Nach 774 n. Chr. wurde es Sitz eines Grafen. Im 11. und 12. Jahrhundert erhielt
V. zahlreiche kaiserliche Privilegien und erlangte im 13. Jahrhundert die
Freiheit von der Stadtherrschaft des Bischofs. 1361, endgültig 1472, fiel es an
Florenz, das als Herzogtum 1737 an Österreich, 1801 zum Königreich Etrurien Frankreichs, 1808 zu Frankreich, 1814 an
Österreich und schließlich 1859 zu Sardinien bzw. (1861) zu Italien kam.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 48 (um 1300) D3; Fiumi, E., Statuti di
Volterra, 1951; Ferrini, P., Volterra, 1954; Volpe, G., Toscana medievale,
1964; Luzzati, M., Volterra, LexMA 8 1996, 1844.
Wallis (Kanton), frz. Valais. Das von Kelten
bewohnte Tal der obersten Rhone (vallis poenina) wurde 25 v. Chr. von den
Römern erobert und später in die Provinz Raetia (Rätien) eingefügt. In der
Mitte des 5. Jahrhunderts drangen Burgunder in den unteren Teil (Unterwallis),
später Alemannen in den oberen Teil (Oberwallis) ein. 534 kam das Gebiet an die
Franken, 843 an Lotharingien, 888 an das Königreich
Hochburgund, in dem König Rudolf II. dem Bischof von Sitten Grafschaftsrechte
verlieh, und mit diesem 1032 an das Deutsche Reich. 1403 schloss der Bischof
von Sitten, der damit als Graf von W. reichsunmittelbar geworden war, zusammen
mit den im Kampf gegen die bis 1260 das Unterwallis erobernden Grafen von
Savoyen ihn unterstützenden oberwallisischen Bauern einen Bund mit den
Eidgenossen der Schweiz (Luzern, Uri, Unterwalden). Seit 1475 war das W.
zugewandter Ort der Eidgenossenschaft. 1475/1476 eroberten Bischof und
Oberwallis Unterwallis und verwalteten es als gemeine Herrschaft. 1528
verzichtete Savoyen auf dieses Gebiet. Die Reformation wurde unterdrückt.
1613/1634 verzichtete der Bischof unter Druck auf seine Rechte als Landesherr.
1798 wurde das W. von Frankreich besetzt (Kanton der Helvetischen Republik),
1802 zur unabhängigen Republik erhoben und 1810 wegen der Alpenübergänge mit
Frankreich vereinigt (Departement Simplon). 1814 wurde es als Kanton in die
Schweiz aufgenommen (5226 Quadratkilometer). 1815 erhielt es eine Oberwallis
bevorzugende Verfassung, die mehrfach geändert wurde (1839, 1848, 1907).
L.: Wolff 535f.; Großer Historischer Weltatlas II 72 (bis 1797) D4; Documents
relatifs à l’histoire du Valais, Bd. 1-8 1875ff.; Heusler, A., Rechtsquellen
des Cantons Wallis, 1890; Grenat, P.,. Histoire moderne du Valais de 1536 à
1815, 1904; Die Walliser Landratsabschiede, Bd. 1ff. 1916ff.; Eggs, J.,
Walliser Geschichte, Bd. 1 1930; Moreau, J., Dictionnaire de géographie
historique, 1972, 279 Valais; Biffiger, K./Ruppen, O., Wallis. Erbe und
Zukunft, 1975; Carlen, L., Kultur des Wallis im Mittelalter, 1981; Fibicher,
A., Walliser Geschichte, Bd. 1ff. 1983ff.; Carlen, L., Kultur des Wallis
1500-1800, 1984; Rouiller, J., Le Valais, 1995; Coutaz, G., Wallis, LexMA 8
1996, 1985ff.; Schnyder, C., Reformation und Demokratie im Wallis (1524-1613),
2002.
Welfen (Geschlecht). Die W. sind ein
fränkisches (bayerisches, Wurzeln am Lech aufweisendes?, schwäbisches?), in
karolingischer Zeit um Maas und Mosel bzw. Metz begütertes, seit dem 12.
Jahrhundert als W. bezeichnetes Adelsgeschlecht, das seit der Mitte des 8.
Jahrhunderts nördlich des Bodensees um Altdorf/Weingarten Güter erlangte. Mit
Graf Welf I. († 820/825) beginnt die gesicherte Stammreihe des bald in
verschiedene (westfränkische [bis 887/888], burgundische, alemannische) Linien
aufgeteilten Geschlechts. Seine Tochter Judith († 843) war mit Kaiser Ludwig
dem Frommen, seine Tochter Emma († 876) mit König Ludwig dem Deutschen
verheiratet. Von seinem Sohn Konrad († 863) stammen über Konrad den Jüngeren
die burgundische, 1032 ausgestorbene Linie der Rudolfinger, die 888 die
Herrschaft über das Königreich Burgund
(Hochburgund) erlangte, und über Welf II. die schwäbische Linie ab, die seit
König Konrad I. umfangreiche Allodialgüter und Lehnsgüter in Schwaben, Rätien
und Bayern (u. a. der Grafen von Bregenz) erlangte. Sie erlosch mit Welf III.,
1047 Herzog von Kärnten, 1055 im Mannesstamm. Das Erbe ging über auf den Sohn
seiner (nach Italien verheirateten) Schwester Kunigunde (Kunizza) und des aus
langobardisch-oberitalienischem Haus stammenden Markgrafen Albrecht (Azzo) II.
von Este, Welf IV. (1030/1040-1107), denen Heinrich IV. 1070 mit dem Herzogtum
Bayern (Welf I.) belehnte. Sein Sohn Heinrich der Schwarze (um 1074-1126)
heiratete Wulfhild, eine der beiden Erbtöchter des 1106 ausgestorbenen
sächsischen Herzogshauses der Billunger. 1137 erlangten die W. unter Heinrich
X. dem Stolzen (um 1100-1139), der Gertrud, die Tochter Kaiser Lothars III.,
ehelichte, auch die Würde des Herzogs von Sachsen. 1180 verlor deren mit
Mathilde von England verheirateter Sohn Heinrich der Löwe (1129-1191) die
Herzogtümer Bayern und Sachsen, nicht aber das Eigengut Braunschweig-Lüneburg,
das – nach dem glücklosen Zwischenspiel Ottos IV. als deutscher König und
Kaiser - 1235 zum Herzogtum (Ottos des Kinds) erhoben wurde, aber durch
zahlreiche Erbteilungen seit 1267 zersplitterte (Grubenhagen, Wolfenbüttel,
Göttingen, Calenberg, Lüneburg, Dannenberg). Der Linie Calenberg des Neuen
Hauses Lüneburg gelang 1692 der Aufstieg zum Kurfürstentum Hannover (1714-1837
Personalunion mit England), das 1866 von Preußen einverleibt wurde. 1918 verlor
das älteste noch bestehende europäische Adelsgeschlecht auch Braunschweig.
L.: Krüger, E., Der Ursprung des Welfenhauses und seiner Verzweigungen in
Süddeutschland, 1898; Diederich, A., Staufer und Welfen, 1938; Bader, K., Der
deutsche Südwesten in seiner territorialstaatlichen Entwicklung, 2. unv. A. 1978;
Fleckenstein, J., Die Herkunft der Welfen und ihre Anfänge in Süddeutschland,
(in) Studien und Vorarbeiten zur Geschichte des großfränkischen und
frühdeutschen Adels, hg. v. Tellenbach, G., 1957; Schnath, G., Das Welfenhaus
als europäische Dynastie, (in) Schnath, G., Streifzüge durch Niedersachsens
Vergangenheit, 1968; Schmid, K., Welfisches Selbstverständnis, (in) FS G.
Tellenbach, 1968; Zillmann, S., Die welfische Territorialpolitik im 13.
Jahrhundert, 1975; Geschichte der Welfen, hg. v. Heine, A., 1986; Pischke, G.,
Die Landesteilungen der Welfen, 1987; Heinrich der Löwe und seine Zeit, hg. v.
Luckhardt, J. u. a., Bd. 1ff. 1995; Die Welfen und ihr Braunschweiger Hof, hg.
v. Schneidmüller, B., 1995; Hechberger, W., Staufer und Welfen, 1996; Schneidmüller,
B., Welfen, LexMA 8 1996, 2147ff.; Seibert, H., Heinrich der Löwe und die
Welfen, HZ 268 (1998), 375; Die Welfen, hg. v. Ay, K. u. a., 1998;
Schneidmüller, B., Die Welfen, 2000; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W. u. a., 2003, 1, 1, 204;
Weller, T., Die Heiratspolitik, 2004; Welf IV., hg. v. Bauer, D. u. a., 2004;
Pfannkuche, G., Patrimonium - feudum - territorium, 2011.
Wernigerode (Grafschaft). 1121 verlegten die aus dem
Süden stammenden Grafen von Haimar (Haymar) bei Hildesheim, die neben
Grafschaftsrechten auch die Verwaltung des Reichsforstes am Nordostharz
innehatten, ihren Sitz auf die 1213 erstmals genannte, einer bedeutsamen
Straßenkreuzung benachbarte Burg W. am nördlichen Harz. Sie erlangten die
Vogtei über die Klöster Drübeck und Ilsenburg und 1343 von den Grafen von
Regenstein die Grafschaftsrechte um W. 1268 trugen sie W. den Markgrafen von
Brandenburg zu Lehen auf, 1381 dem Erzstift Magdeburg. 1429 ging die Grafschaft
nach dem Aussterben des Geschlechts an die Grafen von Stolberg über. 1449 kam
die Lehnsherrschaft von Magdeburg wieder an Brandenburg. Seit 1645 nannte sich
eine der Linien der früh der Reformation angeschlossenen Grafen von Stolberg
Stolberg-Wernigerode. Nach 1680 kamen die landesherrlichen Rechte mehr und mehr
an Brandenburg/Preußen. 1714 wurden die zum obersächsischen Reichskreis
zählenden Grafen durch Übergang der Militär- und Steuerhoheit zugunsten
Preußens mediatisiert, behielten aber zunächst noch einige Hoheitsrechte. 1807
kam die Grafschaft an das Königreich Westphalen,
1814/1822 wieder an Preußen. Bis 1876/1869/1931 behielten die 1890 in den
Fürstenstand erhobenen Grafen, deren Grafschaft 1876 Preußen gänzlich inkorporiert
wurde, standesherrliche Vorrechte. W. fiel über die Provinz Sachsen Preußens
von 1949 bis 1990 (in Sachsen-Anhalt) an die Deutsche Demokratische Republik.
S. a. Stolberg-Wernigerode.
L.: Wolff 415ff.; Wallner 710 ObersächsRK 17 c; Großer Historischer Weltatlas
II 66 (1378) F3, III 22 (1648) E3, III 38 (1789) D2; Drees, H., Geschichte der
Grafschaft Wernigerode, 1916; Grosse, W., Geschichte der Stadt und Grafschaft
Wernigerode, 1929; Oelsner, M. u. a., Wernigerode, 2. A. 1964; Blaschke, K.,
Wernigerode, LexMA 9 1998, 11.
Westfalen (Herzogtum, Provinz, Landesteil). 775
werden die W. (Westfalai) als Teil der Sachsen neben Engern und Ostfalen
erstmals erwähnt. Nach ihnen wurde das seit Beginn des letzten vorchristlichen
Jahrtausends von Germanen und seit dem Abzug der in den Franken aufgehenden
Stämme nach Westen von Sachsen besetzte Gebiet zwischen unterer Hunte und Ruhr,
Senne und Issel benannt. Im 12. Jahrhundert wurde der Name W. wiederbelebt und
auf das Land zwischen Weser und Rhein ausgedehnt, wobei gleichzeitig Engern als
Gebietsbezeichnung schwand. Beim Sturz Heinrichs des Löwen 1180 wurde aus dem
südwestlichen Teil Sachsens (östliches Sauerland mit nördlich angrenzenden
Gebieten südlich der Lippe) das Herzogtum W. mit dem Mittelpunkt Arnsberg
gebildet, das (als Herzogtum in W. und Engern) an das Erzstift Köln kam, das
bereits Arnsberg, Werl, Rüthen und die Grafschaft Volmarstein innegehabt hatte.
Das kölnische Herrschaftsgebiet umfasste später nur den Kern des heutigen W. Im
übrigen kam dieser Raum zu den Landesherrschaften der Bischöfe von Minden,
Münster, Osnabrück und Paderborn sowie der Grafen zur Lippe, von der Mark und
Ravensberg (daneben Tecklenburg, Limburg, Steinfurt, Gemen, Hoya, Schaumburg,
Pyrmont, Waldeck, Rietberg, Everstein, Schwalenberg, Sternberg, Spiegelberg).
1368 wurde von Köln die restliche Grafschaft Arnsberg erworben. 1444/1449 ging
Soest an Kleve verloren und Arnsberg bzw. Brilon wurde Vorort. Das kölnische,
seit 1512 dem kurrheinischen Reichskreis angehörige Westfalen, ohne Vest
Recklinghausen, kam 1803 mit rund 3965 Quadratkilometern und 195000 Einwohnern
mit Ausnahme des an Hessen-Kassel gefallenen Volkmarsen an die Landgrafen von
Hessen-Darmstadt. Andere Teile Westfalens fielen an Preußen, Arenberg, Croy und
Salm, während Lippe und Waldeck fortbestanden. Außer Hessen-Darmstadt, Lippe
und Waldeck wurden diese Staaten 1807/1810 beseitigt, wobei westfälisches
Gebiet im Norden an das Großherzogtum Berg und im Süden an Hessen-Darmstadt kam
und Napoleon unter anderem aus Braunschweig, dem größten Teil Hessen-Kassels,
hannoverschen und sächsischen Gebieten sowie den preußischen Stücken Paderborn,
Minden, Ravensberg, Münster, Hildesheim, Goslar, Altmark, Magdeburg, Halberstadt,
Hohnstein, Quedlinburg, Eichsfeld, Mühlhausen, Nordhausen und
Stolberg-Wernigerode das Königreich Westphalen
mit der Hauptstadt Kassel bildete. Dieses wurde 1810 um Gebiet Hannovers
vergrößert, zugleich aber durch Abtrennung des Nordwestens (westlich der Linie
Bielefeld-Lauenburg) an Frankreich verkleinert. 1813 zerbrach es. 1815/1816
fiel das heutige W. (westfälische Güter Preußens außer Kleve und Nieder-Lingen
[Niederlingen], Herzogtum W. mit Wittgenstein, weiter Korvei [Corvey] Dortmund
[durch Tausch mit Hannover], Amt Reckenberg, Arenberg, Salm, Steinfurt, Gemen,
Gronau, Rietberg, Rheda, Limburg, durch Tausch mit Nassau-Weilburg Kreis
Siegen) mit Ausnahme von Osnabrück, Lippe und Waldeck an Preußen (30. 4. 1815
Provinz W. [auch mit Oberstift Münster, Vest Recklinghausen, Anholt, Bentheim,
Dülmen, Rheine <Rheina> Bocholt, Horstmar, Neunkirchen
<Neukirchen>, ohne Niederstift Münster], seit 1816 mit Herzogtum W. und
Grafschaften Wittgenstein, seit 1851 mit Lippstadt, zuletzt 20214 Quadratkilometer),
am 23. 8. 1946 - zusammen mit (Teilen) der preußischen Rheinprovinz und Lippe –
an das neugebildete Land Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 86; Wallner 700 KurrheinRK 3; Großer Historischer Weltatlas II 34
(1138-1254) F3, II 66 (1378) E3, III 22 (1648) D3, III 38 (1789) B3;
Richtering, H./Kittel, E., Westfalen-Lippe, (in) Geschichte der deutschen
Länder, Bd. 1; Seibertz, J., Landes- und Rechtsgeschichte des Herzogtums
Westfalen, Bd. 1f. 1839; Seibertz, J., Urkundenbuch zur Landes- und
Rechtsgeschichte des Herzogtums Westfalen, Bd. 1ff. 1839ff.; (Kleinschmidt, A.,
Geschichte des Königreichs Westphalen, 1893;)
Hammerschmidt, W., Die provinziale Selbstverwaltung Westphalens, 1909;
Hartmann, J., Geschichte der Provinz Westfalen, 1912; Der Raum Westfalen, hg.
v. Aubin, H./Philippi, F., Bd. 1ff. 1931ff.; Trende, A., Aus der Werdezeit der
Provinz Westfalen (1933); Braubach, M./Schulte, E., Die politische
Neugestaltung Westfalens 1795-1815, 1934; Keyser, E./Stoob, H., Deutsches
Städtebuch 1939-1974, Bd. 3, Rothert, H., Westfälische Geschichte, Bd. 1ff.
1949ff., 2. A. 1962; Teilband 2; Wrede, G., Die westfälischen Länder im Jahre
1801, Politische Gliederung, Übersichtskarte, 1953; Westfälische Bibliographie,
bearb. v. d. Stadt- und Landesbibliothek Dortmund, Bd. 1ff. 1952ff.; Engel, J.,
Karten des westfälischen Raums aus dem 16. Jahrhundert, 1957; Le Coq,
Topographische Karte von Westfalen im Jahre 1805, 1957; Polenz, P. v.,
Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, I, 10, 12, III, 10, Westfalahun,
Volksname, Landname (Westfala); Krauss, G., Geschichtliche Entwicklung der
topographischen Landesaufnahme in den Rheinlanden und Westfalen, Rhein. Vjbll.
29 (1964); Gemeindestatistik des Landes Nordrhein-Westfalen.
Bevölkerungsentwicklung 1816-1871 und 1871-1961, Beitr. zur Statistik des
Landes Nordrhein-Westfalen, Sonderreihe Volkszählung 1961, 3 c u. d, 1966;
Hömberg, A., Westfälische Landesgeschichte, 1967; Engel, G., Politische
Geschichte Westfalens, 3. A. 1970; Kunst und Kultur im Weserraum 800-1600,
Ostwestfäl. weserländische Forschungen zur gesch. Landeskunde, hg. v. Stoob,
H., 3 (1971); (Berding, G., Herrschafts- und Gesellschaftspolitik im Königreich Westphalen, 1973; )Leesch, W., Quellen und
Erläuterungen zur Karte „Politische und administrative Gliederung um 1590“ im
geschichtlichen Handatlas von Westfalen, Westfäl. Forschungen 26 (1974); Zur
Karte „Gemeindegrenzen 1965“, Westfäl. Forschungen 24 (1972); zur Karte
„Gemeindegrenzen 1897“, Westfäl. Forschungen 26 (1974); Geschichtlicher
Handatlas von Westfalen, hg. v. Hartlieb, A. v./Wallthor, U./Kohl, W., 1. Lief.
1975; Westfälischer Städteatlas, hg. und bearb. v. Stoob, H., 1. Lief. 1975;
Köbler, G., Gericht und Recht in der Provinz Westfalen (1815-1945), FS G.
Schmelzeisen, 1980, 166ff.; Klueting, H., Die Säkularisation im Herzogtum
Westfalen 1802-1834, 1980; Engel, G., Politische Geschichte Westfalens, 4. A.
1980; Geschichtlicher Handatlas von Westfalen, hg. v. Provinzialinstitut für
Westfälische Landes- und Volksforschung des Landschaftsverbandes
Westfalen-Lippe, 2. Lief., 1982; Westfälische Geschichte, hg. v. Kohl, W.,
1983f.; Klein, H., Kartographische Quellen zur westfälischen Landeskunde,
Zusammenstellung der in Berlin vorhandenen Bestände des 16. bis 19.
Jahrhunderts, T. 2, Spezialkarten und Register zu den Teilen 1 und 2, Westfälische
Forschungen 35 (1985); Engel, G., Die Westfalen. Volk, Geschichte, Kultur,
1987; Keinemann, F., Westfalen im Zeitalter der Restauration und der
Julirevolution 1815-1833. Quellen zur Entwicklung der Wirtschaft, zur
materiellen Lage der Bevölkerung und zum Erscheinungsbild der Volksabstimmung,
1987; Rösener, W., Grundherrschaft und Bauerntum im hochmittelalterlichen
Westfalen, Westfälische Zs. 139 (1989); Bockhorst, W., Westfalen. Ein Gang
durch die Geschichte, 1991; Westfalen und Preußen, hg. v. Teppe, K. u. a.,
1991; Kohl, W., Kleine westfälische Geschichte, 1994; Engelbrecht, J.,
Landesgeschichte Nordrhein-Wetfalens, 1994; Janssen, W., Territorialbildung und
Territorialorganisation niederrheinisch-westfälischer Grafschaften, (in)
Hochmittelalterliche Territorialstrukturen in Deutschland und Italien, 1996,
71; Johanek, P., Westfalen, LexMA 9 1998, 22ff.; Klueting, H., Geschichte
Westfalens, 1998; Westfälischer Flurnamenatlas, Bd. 1ff. 2000ff.; Zunker, A.,
Adel in Westfalen, 2003; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 411;
Das Herzogtum Westfalen. Das kurkölnische Herzogtum Westfalen, hg. v. Klueting,
H., 2009.
Westphalen (Königreich).
Durch Dekret vom 18. 8. 1807 bildete Napoleon nach dem Frieden von Tilsit, in
dem Preußen alle linkselbischen Gebiete aufgeben musste, für seinen Bruder
Jerôme ein Königreich W. mit 688 Quadratmeilen
bzw. fast 40000 Quadratkilometern und fast 2 Millionen Einwohnern. Es bestand
nach Ausweis des Art. 1 der Konstitution vom 15. 11. 1807 aus dem bisherigen
Herzogtum Braunschweig (Braunschweig-Wolfenbüttel), aus Hessen-Kassel (ohne
Hanau, [Schmalkalden und] Niederkatzenelnbogen [Niedergrafschaft
Katzenelnbogen]) nebst Rinteln und Schaumburg, aus den hannoverschen Gebieten
Göttingen, Grubenhagen nebst den Zubehörungen von Elbingerode, Osnabrück und im
Harz, aus den linkselbischen preußischen Gebieten Altmark, Magdeburg, aus dem
Gebiet von Halle (an der Saale), aus Halberstadt, Stolberg, Wernigerode (Stolberg-Wernigerode),
Hohnstein, Hildesheim, Quedlinburg, Goslar, Eichsfeld, Mühlhausen, Nordhausen,
Minden, Ravensberg, Paderborn und Münster, aus den sächsischen Ämtern Gommern,
Barby und Treffurt sowie dem sächsischen Anteil an der Grafschaft Mansfeld, aus
Corvey-Höxter (Corvey) und aus der Reichsgrafschaft Kaunitz-Rietberg
(Rietberg). Es war Mitglied des Rheinbunds. Hauptstadt war Kassel. Am 15. 10.
1807 erhielt das als aufgeklärter Modellstaat gedachte Königreich
eine von liberalen Grundsätzen beherrschte Verfassung (Volksvertretung mit 70
Vertretern des Grundeigentums, 15 der Kaufleute und Fabrikanten sowie 15 der
Gelehrten), mit der auch der Code Napoléon als Gesetzbuch eingeführt wurde.
Politische Ziele waren die Beseitigung der Standesvorrechte, die Befreiung von
der Leibeigenschaft und die Einführung der Gewerbefreiheit. Faktisch wurde das
in die Departements Elbe, Saale, Harz, Oker, Leine, Werra, Fulda und Weser
eingeteilte Land diktatorisch regiert. Die Universitäten Helmstedt, Rinteln und
Paderborn wurden aufgelöst, die Klöster und Stifte aufgehoben. 1809 kam es zu
Aufständen. Am 14. 10. 1810 erhielt das Königreich
aus der Auflösung Hannovers 468 Quadratmeilen mit 647000 Einwohnern (Hannover
ohne Lauenburg). Am 12. 10. 1810 musste es Abtretungen im Nordwesten an
Frankreich zulassen. Am 1. 10. 1813/26. 10. 1813 zerfiel das
scheinkonstitutionelle Königreich. Hessen-Kassel
lebte sofort wieder auf, die übrigen Gebiete wurden zunächst von einem
Zentralverwaltungsrat geführt und 1815 meist an die früheren Herren
zurückgegeben.
L.: Kleinschmidt, A., Geschichte des Königreichs
Westphalen, 1893; Weidemann, J., Neubau eines Staates. Das Königreich Westphalen, 1936; Kohl, W., Die Verwaltung
der östlichen Departements des Königreichs
Westphalen 1807-14, 1937; Berding, G., Herrschafts- und Gesellschaftspolitik im
Königreich Westphalen, 1973; Regierungsakte des Königreiches Westphalen, hg. v. Rob, K., 1992; Nedden,
C. zur, Die Strafrechtspflege im Königreich
Westphalen, 2003; Bethan, A., Napoleons Königreich
Westphalen, 2012; Sunderbrink, B., Revolutionäre Neuordnung auf Zeit, 2015.
Windisch-Matrei (Herrschaft), Matrei in Osttirol. Matrei
bei Lienz wird erstmals 1160 genannt. Um 1200 ging die Herrschaft W. (so seit
1334 wegen der einstigen Zugehörigkeit zu Kärnten) an das Erzstift Salzburg
über. Seit 1648 war sie an die Lasser verpfändet. 1810 kam sie an das Königreich Illyrien Frankreichs, 1813 an Tirol.
L.: Wolff 133.
Württemberg (Grafen, Herzogtum, Königreich, Land, Landesteil). 1081/1083/1092
erscheint die neu errichtete Burg Wirtinisberc auf dem Rotenberg zwischen
Esslingen und Cannstatt im alten Stammesherzogtum Schwaben. Nach ihr nannten
sich (fränkische?, von dem salischen Herzog Konrad von Kärnten abstammende?)
Herren von W. (1081/1083 Konrad, 1089/1092 Conradus de Wirtineberc), die seit
1135/1139 als Grafen (Grafschaft im Remstal) auftraten, zunächst im mittleren
Neckartal und Remstal begütert waren und - vielleicht nach einer Unterbrechung
um 1150 - zu Beginn des 13. Jahrhunderts das ganze mittlere und untere Remstal
mit Waiblingen und Schorndorf erlangt hatten. Wichtigste Grundlagen der
Herrschaftsbildung wurden Leibeigenschaft, Mannsteuer, Ortsherrschaft und
Steuer. Durch Heirat erwarben sie um 1245 von den Markgrafen von Baden
Stuttgart (stuot-gart), das im 14. Jahrhundert (1321) Sitz des Hofes und
Mittelpunkt der Grafschaft und ab 1482 offiziell Hauptstadt und Residenzstadt
wurde. Dazu kamen Zollrechte und Geleitsrechte an wichtigen Straßen wie der
Fernstraße von Speyer nach Ulm. Nach dem Untergang der Staufer rissen sie
Reichsgut im erheblichen Umfang an sich (Waiblingen). 1259 wurde Graf Ulrich I.
Marschall des Reiches über ganz Schwaben und kaufte die Grafschaft Urach
(Urach, Münsingen, Pfullingen, Nürtingen). Eberhard I. gewann 1298 die
Landvogtei Schwaben und vergrößerte das Herrschaftsgebiet um fast die Hälfte
(Backnang, Calw [1308], Göppingen [1319], Hohenstaufen [1319], Dornstetten
[1320], Neuffen, Rosenfeld, Neuenbürg, Glemsgaugrafschaft mit Hohenasperg).
1324/1325 kamen durch Kauf Reichenweier und Horburg im Elsass, 1330 Landvogtei
Wimpfen, 1336 Markgröningen, 1339 Vaihingen, 1343 Tübingen mit dem Reichsforst
Schönbuch, die halbe Herrschaft Teck mit Kirchheim, Winnenden, die Grafschaft
Aichelberg, Grötzingen und 1381 von den Herzögen von Teck (Verkauf der zweiten
Hälfte) Kirchheim hinzu. Eberhard III. erhielt die Herrschaft Schalksburg mit
Balingen und Onstmettingen sowie dem Rest von Bietigheim. Eberhard IV. erwarb
durch Heirat 1397/1409 die Grafschaft Mömpelgard (bis 1796/1802). 1420 umfasste
W. als die größte Grafschaft des Reiches nach einem Verzeichnis der
württembergischen Lehen und Eigengüter als Reichslehen die Grafschaft W. mit
den Städten Stuttgart, Cannstatt (Canstatt, Cannstadt), Leonberg, Waiblingen
und Schorndorf, den Zoll zu Göppingen, die Grafschaft Aichelberg mit der Stadt
Weilheim und die Vogtei zu Jesingen, das Herzogtum Teck mit den Städten und Schlössern
Kirchheim, Gutenberg, Wielandstein und Hahnenkamm, die Grafschaft Neuffen, die
Grafschaft Urach mit den Städten Urach, Wittlingen und Münsingen, die
Pfalzgrafschaft Tübingen mit den Städten Tübingen, Herrenberg, Böblingen,
Sindelfingen und dem Forst Schönbuch, die Grafschaft Calw mit Stadt Calw,
Wildbad und Zavelstein, die Grafschaft Vaihingen mit den Städten Vaihingen,
Oberriexingen (Riexingen), Horrheim und Hohenhaslach (Haslach), die Herrschaft
Magenheim mit der Stadt Brackenheim, die Stadt Markgröningen als ein Fahnlehen,
die Grafschaft Asperg, die Herrschaft Horburg und die Grafschaft Wickisau
(Willisau) mit der Stadt Reichenweier im Elsass, die auf der rechten Rheinseite
oberhalb Breisach gelegene Burgfeste Sponeck, die Herrschaft Waldhausen bei
Welzheim, die Herrschaft Nagold mit den Städten Nagold und Haiterbach
(Haitersbach), die Herrschaft Urslingen mit dem Städtchen Rosenfeld, zeitweise
die Grafschaft Sigmaringen mit der gleichnamigen Stadt und die Feste und die
Hälfte von Herrschaft und Stadt Hornberg. Eigengüter lagen zu Tuttlingen
(Wittlingen), Nürtingen, Grötzingen, Waldenbuch, Lichtenstein, Leofels,
Schiltach, Dornhan, Fautsberg (Vogtsberg), Großgartach und Kleingartach
(Gartach), Güglingen, Lauffen (Laufen), Backnang, Winnenden, Marbach,
Göppingen, Schülzburg (Schilzburg), Hundersingen, Sternenfels, Bilstein bei
Reichenweier, Ramstein, Ebersberg, Reichenberg, Waldenstein, Bittenfeld,
Hoheneck, Schalksburg, Balingen, Blankenhorn, Bietigheim, Blankenstein, halb
Rechtenstein, Ingersheim, Ebingen, Veringen, Achalm, Hohenstaufen, Lauterburg,
Rosenstein, Gundelfingen, Oberndorf und Wasseneck. Dazu kamen als Lehen von der
Krone Böhmens: Burg und Stadt Neuenbürg (Neuenburg), Burg und Stadt Beilstein,
Lichtenberg und Großbottwar (Bottwar) und als ein Lehen des Hochstifts Bamberg
Dornstetten. 1441/1442 wurde das damit bereits große, aber in sich noch recht
uneinheitliche Land geteilt. Ludwig I. begründete die Linie Urach, Ulrich V.
die Linie Neuffen bzw. Stuttgart (mit Nebenlinie Württemberg-Mömpelgard ab
1498, die 1593 die Hauptlinie beerbte). 1471/1473 wurde der Erwerb der
Grafschaft Sulz abgeschlossen. 1482 stellte Eberhard V. im Bart von der Uracher
Linie (1450-1496), der Gründer der Universität Tübingen (1477), die Einheit des
Landes wieder her (Vertrag von Münsingen), erließ eine Landesordnung (1495) und
erreichte 1495 vom Kaiser für die größte Grafschaft des Reichs die Erhebung zum
Herzog und die Einordnung des Landes als Reichslehen, womit zugleich eine
Vereinheitlichung der unterschiedlichen Besitzrechte gegeben war. Nach seinem
Tode gewann zwar W. 1504 noch das Maulbronner Klostergut, die Reichsgrafschaft
Löwenstein und die Ämter Besigheim, Weinsberg, Neuenstadt, Möckmühl und
Heidenheim, doch erlangte der Landtag wachsenden Einfluss (1514), fiel W. wegen
der Annexion Reutlingens von 1520 bis 1534 überhaupt an das Reich (1520-1522)
bzw. Österreich und musste danach bis 1599 die Lehnshoheit Österreichs
(Reichsafterlehen) anerkennen. Um 1535 wurde die Reformation eingeführt, 1555
ein romanistisch geprägtes Landrecht erlassen. Im Dreißigjährigen Krieg wurde
das zum schwäbischen Reichskreis zählende Land zweimal besetzt, verlor
(zeitweilig ein Drittel seines Gebiets und) zwei Drittel seiner ursprünglichen
450000 Einwohner und geriet danach in einen allgemeinen Niedergang. 1617 wurde
in eine Hauptlinie und die Nebenlinien Württemberg-Mömpelgard (bis 1723) und
Württemberg-Weiltingen (bis 1705) geteilt. 1649 spaltete sich
Württemberg-Neuenstadt, 1674 Württemberg-Winnental ab. Im 18. Jahrhundert gelang
die weitgehende Entmachtung des Landtags. 1733 übernahm die 1674 entstandene
Nebenlinie Württemberg-Winnental die Nachfolge der ausgestorbenen Hauptlinie.
Territorial kamen Justingen (1751), Bönnigheim und Sterneck, sowie die halbe
Reichsgrafschaft Limpurg (nach 1781) hinzu, so dass das Land nunmehr 9400
Quadratkilometer mit 620000 Einwohnern umfasste. Wegen Untereisesheim war der
Herzog Mitglied des Kantons Kraichgau des Ritterkreises Schwaben, wegen
weiterer Güter auch Mitglied des Kantons Odenwald des Ritterkreises Franken.
1803 wurde der Herzog Kurfürst. Als Entschädigung für den Verlust
linksrheinischer Güter an Frankreich 1796/1801 (Mömpelgard, Gebiete im Elsass
[Horburg, Reichenweier], Freigrafschaft Burgund, 7 Quadratmeilen mit 14000
Einwohnern) bekam er 1803 durch § 6 des Reichsdeputationshauptschlusses unter
der Auflage verschiedener Renten die Propstei Ellwangen, die Abteien Schöntal
und Zwiefalten, fünf Klöster und Stifte (Comburg, Rottenmünster,
Heiligkreuztal, Oberstenfeld, Margarethausen) sowie die neun Reichsstädte
Reutlingen, Esslingen, Rottweil, Heilbronn, Giengen, Aalen, Weil der Stadt,
Schwäbisch Hall und Schwäbisch Gmünd nebst dem Dorf Dürrenmettstetten,
insgesamt 29 Quadratmeilen mit 120000 Einwohnern). Außerdem erhielt W. an
geistlichen Gütern: Im Jahre 1803 vier Klöster in Schwäbisch Gmünd, Kloster
Gotteszell, das Karmeliterkloster in Heilbronn und das Benediktinerinnenkloster
Mariaberg, drei Klöster in Rottweil und das Augustinerkloster in Weil der
Stadt. Im Jahre 1804 fielen das Kapuzinerkloster in Rottweil und 1805 die
Johanniterkommenden Affaltrach, Hemmendorf, Rottweil und Dätzingen und die
Deutschordenskommende Heilbronn an W. 1806 folgten die Deutschordenskommenden
Altshausen und Kapfenburg, das Kapuzinerkloster Bartenstein, das Bruderhaus in
Bernstein, das Dominikanerinnenkloster Binsdorf, das Chorherrenstift
Ehingen-Rottenburg, das Kollegiatstift und das Dominikanerinnenkloster in Horb,
die Dominikanerinnenklöster Kirchberg, Löwental (Löwenthal) bei Friedrichshafen
und Oberndorf, das Wilhemiten- bzw. Benediktinerkloster in Mengen, die
Kapuzinerklöster Michaelsberg (Michelsberg), Pfedelbach und Rottenburg, das
Karmelitenkloster in Rottenburg, die Franziskanerklöster Oeffingen und Waldsee,
das Benediktinerkloster Wiblingen und das Benediktinerinnenkloster Urspring.
1807 gelangte das Franziskanerinnenkloster Neuhausen, 1809 das gleiche
Ordenskloster in Schwäbisch Gmünd und Mergentheim, die Kapuzinerklöster in
Mergentheim und Wurmlingen an W. 1810 erhielt es die Kapuzinerklöster in Biberach,
Schwäbisch Gmünd und Weil der Stadt, das Klarissinnenkloster in Heilbronn und
das Franziskanerkloster Saulgau, 1811 die Kapuzinerklöster in Langenargen und
Neckarsulm und das Franziskanerinnenkloster in Wiesensteig und schließlich 1830
die Kapuzinerklöster in Ellwangen, Riedlingen und Wangen. Mit der Anlehnung an
Frankreich wurden 1805/1806 die Königswürde (30. 12. 1805), die
österreichischen Güter in Oberschwaben (Landvogtei mit Sitz in Altdorf) und
mehrere Grafschaften gewonnen. Der König trat dem Rheinbund bei und
verheiratete seine Tochter 1807 an Jerôme Bonaparte. 1809 erhielt er das
Deutschmeistergebiet von Mergentheim, 1810 Ulm und andere Reichsstädte, so dass
das Land nach verschiedenen Grenzausgleichsverträgen mit Baden, Bayern und
Hohenzollern-Hechingen (1806-1813) 19511 Quadratkilometer mit 1,1 Millionen
Einwohnern umfasste. Eine im März 1815 erlassene Verfassung scheiterte. 1816
trat der König dem Deutschen Bund bei. Sein Nachfolger gewährte am 25. 9. 1819
eine Verfassung. Durch Vereinbarung vom 25. 11. 1870 wurde der Beitritt zum
Deutschen Reich unter Wahrung von Sonderrechten für Post, Eisenbahn, Biersteuer
und Branntweinsteuer vorbereitet und bald vollzogen. Am 30. 11. 1918 legte der
König die Krone nieder (Erlöschen der Hauptlinie 1921). Am 26. 4./25. 9. 1919
trat eine neue Verfassung in Kraft. Im März 1933 übernahmen die
Nationalsozialisten die Regierung. Im September/Oktober 1945 wurde W. in die
Länder Württemberg-Hohenzollern (französische Besatzungszone) und
Württemberg-Baden (amerikanische Besatzungszone) aufgeteilt. Nach der
Volksabstimmung vom 9. 12. 1951 gingen beide Länder in Baden-Württemberg auf.
S. a. Neuwürttemberg.
L.: Wolff 159; Zeumer 553 II b 26; Wallner 684 SchwäbRK 1; Winkelmann-Holzapfel
169; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) E4, II 78 (1450) F4, III 22
(1648) D4, III 38 (1789) C3; Riedenauer 129; Gönner, E./Zorn, W., Schwaben,
(in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Die Territorien des Reichs 5, 168;
Sattler, C., Geschichte des Herzogtums Würtenberg unter der Regierung der
Graven und Herzöge, 1777; Stälin, C., Wirtembergische Geschichte, Bd. 1ff.
1841ff.; Die württembergischen Oberamtsbeschreibungen, 1844ff.;
Gaisberg-Schöckingen, F. v., Das Königshaus und der Adel von Württemberg, 1910;
Wirtembergisches Urkundenbuch, hg. v. königlichen Staatsarchiv in Stuttgart,
Bd. 1ff. 1849ff.; Stälin, P., Geschichte Wirtembergs, Bd. 1f. 1882ff.;
Württembergische Geschichtsquellen, hg. v. d. Komm. f. Landesgeschichte, Bd.
1ff. 1894ff.; Bibliographie der württembergischen Geschichte, hg. v. Heyd, W.,
Bd. 1ff. 1895ff.; Mock, A., Die Entstehung der Landeshoheit der Grafen von
Wirtemberg, 1927; Hertlein, F. u. a., Die Römer in Württemberg, Bd. 1ff.
1928ff.; Veeck, W., Die Alamannen in Württemberg, 1931; Weller, K., Die Grafschaft
Württemberg und das Reich bis zum Ende des 14. Jahrhunderts, Württemberg.
Vierteljahreshefte für Landesgeschichte 38 (1932); Hölzle, E., Württemberg im
Zeitalter Napoleons, 1937; Hölzle, E., Der deutsche Südwesten am Ende des alten
Reichs, 1938; Bader, K., Der deutsche Südwesten, 2. unv. A. 1978; Dehlinger,
A., Württembergs Staatswesen in seiner geschichtlichen Entwicklung bis heute,
Bd. 1f. 1950ff.; Deutsches Städtebuch, hg. v. Keyser, E./Stoob, H., 1939-1974,
Bd. 4 Teilband 2; Müller, E., Kleine Geschichte Württembergs, 1963; Miller,
M./Sauer, P., Die württembergische Geschichte. Von der Reichsgründung bis
heute, 1971; Jänichen, H./Schröder, K., 150 Jahre amtliche Landesbeschreibung
in Baden-Württemberg, Zs. für württemberg. LG. 38 (1974); Weller, K./Weller,
A., Württembergische Geschichte im südwestdeutschen Raum, 10. A. 1989;
Philippe, R., Württemberg und der westfälische Friede, 1976; Kann, J., The
Making of a State: Württemberg 1593-1793, London 1984; Wicki, H., Das Königreich Württemberg im ersten Weltkrieg, 1984; 900
Jahre Haus Württemberg, hg. v. Uhland, R., 3. A. 1985; Vann, J., Die
Entwicklung eines Staates, Württemberg 1593-1793 (Aus d. Engl. übers. v.
Nicolai, K./Nicolai, H.), 1986; Barth, C., Geschichte von Württemberg, 1986;
Haas, E., Württemberg, oh deine Herren! Ein Streifzug durch die
württembergische Geschichte, 1986; Buszello, H., Der Oberrhein in Geschichte
und Gegenwart, Von der Römerzeit bis zur Gründung des Landes Baden-Württemberg,
1986; Beiträge zur Geschichte der Landkreise in Baden und Württemberg, hg. v.
Landkreis Baden-Württemberg, 1987; Saurer, P., Napoleons Adler über
Württemberg, Baden und Hohenzollern, 1987; Gerner, J., Vorgeschichte und
Entstehung der württembergischen Verfassung im Spiegel der Quellen (1815-1819),
1989; Frey, S., Das württembergische Hofgericht (1460-1618), 1989; Stievermann,
D., Landesherrschaft und Klosterwesen im spätmittelalterlichen Württemberg,
1989; Handbuch der baden-württembergischen Geschichte, hg. v. d. Komm. f.
geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, Bd. 1ff. 1990ff.;
Holzgerlingen, 1995; Molitor, S., 1495: Württemberg wird Herzogtum, 1995;
Eberl, I., Württemberg, LexMA 9 1998, 375; Regesten zur Geschichte von
Württemberg 1325-1392, 1998; Repertorium der Policeyordnungen der frühen Neuzeit,
hg. v. Härter, K./Stolleis, M., Bd. 3 1999; Schlinker, S., Fürstenamt und
Rezeption, 1999, 182; Keitel, C., Herrschaft über Land und Leute, 2000;
Schnabel, T., Geschichte von Baden und Württemberg 1900-1952, 2001;
Biographisches Handbuch der württembergischen Landtagsabgeordneten 1815-1933,
bearb. v. Raberg, F., 2001; Württembergisches Klosterbuch, hg. v. Zimmermann,
W., 2003; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W. u. a., 2003, 1, 1, 225, 909 (Württemberg mit Mömpelgard);
Württemberg 1797-1816/19, bearb. v. Paul, I., 2004; Hesse, C., Amtsträger der
Fürsten im spätmittelalterlichen Reich, 2005; Mann, B., Kleine Geschichte des Königreichs Württemberg, 2006; Der württembergische
Hof im 15. Jahrhundert, hg. v. Rückert, P., 2006; Das Herzogtum Württemberg zur
Zeit des Dreißigjährigen Krieges im Spiegel von Steuer- und
Kriegsschadensberichten 1629-1655, hg. v. Hippel, W. v., 2007; 1806 –
Souveränität für Baden und Württemberg. Beginn der Modernisierung?, hg. v.
Schindling, A. u. a., 2007; Weber, R., Kleine Geschichte der Länder Baden und
Württemberg 1918-1945, 2008; Die Protokolle der Regierung des Volksstaates
Württemberg, bearb. v. Baumann, A. u.a., Bd. 1 2013.
Lombardo-Venezianisches Königreich Belluno, Bergamo, Brescia, Italien, Lombardei, Mailand, Mantua, Österreich, Padua, Venedig