Der König in der deutschen Landesgeschichte (820)
Zugleich hatte gerade diese Hinwendung zu übernationalen Aufgaben aber die Schwächung des deutschen Herrschers zur Folge. Zwar gelang es dem König im Laufe des 12. Jahrhunderts, die mit ihm seit dem Zerfall des fränkisch-karolingischen Gesamtreiches um die Herrschaft wetteifernden herzoglichen Geschlechter zu überwinden, aber fast im gleichen Atemzug traten in den der Schwächeperiode nach 1198 folgenden Jahren landesherrliche Familien an der Stelle der früheren Stammesführer in diesen Wettbewerb um die Macht ein.
Die reichste Beute in dieser Wanderungsbewegung errangen dabei die 258 n. Chr. erstmals am Niederrhein bezeugten Franken. Ihr sie gewaltsam einender König Chlodwig ([* um 466] 481-511) aus der Familie der Merowinger schlug 486 den römischen Statthalter Syagrius in Nordgallien, 496 die Alemannen am oberen Rhein und an der oberen Donau sowie 507 die Westgoten in Südgallien (Aquitanien). Seine Nachfolger brachten 531 die Thüringer, 532/534 die Burgunder und wenig später die um 550 erstmals genannten Bayern im nördlichen Voralpengebiet unter ihre Abhängigkeit. 732 gelang dem fränkischen König durch den arnulfingischen Hausmeier Karl Martell bei Tours und Poitiers die dauerhafte Abwehr des Ansturms der von Nordafrika nach Spanien vorgedrungenen Araber.
Mit Einverständnis des durch reiche Gaben italienischer Güter belohnten Papstes verdrängte 751 der arnulfingische Hausmeier Pippin den merowingischen König. Pippins Sohn war Karl der Große, der 773/774 die Langobarden in Italien besiegte, 788 den Herzog von Bayern entmachtete und zwischen 772 und 804 die Sachsen niederrang, so dass sich das Reich der Franken nunmehr von den Pyrenäen bis zur Eider und von der Kanalküste bis Mittelitalien erstreckte. Als ihn Papst Leo III. am Weihnachtstag des Jahres 800 in Rom zum Kaiser krönte, verlieh er mehr als 300 Jahre nach dem Untergang Westroms dem Aufstieg der Franken zur führenden Macht in Europa symbolisch den angemessenen Ausdruck.
Mit dem Übergang von den 911 ausgestorbenen ostfränkischen Karolingern über den Franken Konrad I. auf die sächsischen Ottonen (Heinrich I. 919) erwuchs aus dieser Teilung in kurzer Zeit die um die erste Jahrtausendwende als solche erkennbare neue politische Einheit deutsches Reich, die zwar das fränkische Durchgangsland Gallien/Frankreich nicht mehr einschloss, aber schon unter Heinrich I. die Westgrenze an Schelde und oberer Maas sicherte, unter Otto dem Großen 955 die Ungarn auf dem Lechfeld zurückschlug und 962 das langobardische Königreich bzw. Italien bis nach Rom (Reichsitalien) zurückgewann, in der Folge letztlich dauerhaft in den nach dem Abzug der Germanen (Goten, Wandalen) zwischenzeitlich slawisch besiedelten Osten jenseits der Elbe ausgriff und unter Konrad II. (1032/1033) Burgund als (drittes) Königreich anschloss.
Im Inneren dieses im Umherziehen von Pfalz zu Pfalz regierten Reiches war der König vielfachen Schwierigkeiten durch seine von ihm belehnten Herzöge (etwa von Franken, Schwaben, Bayern oder Sachsen) und Grafen ausgesetzt. Deswegen gingen die Ottonen und die ihnen 1024 folgenden fränkischen Salier dazu über, Erzbischöfe, Bischöfe und Äbte in ihr Herrschaftswesen einzubeziehen (ottonisch-salisches Reichskirchensystem). Hieraus erwuchs am Ende des dadurch hervorgerufenen zwischen Kaiser Heinrich IV. und Papst Gregor VII. zum Ausbruch gekommenen Investiturstreites um die Besetzung der kirchlichen Ämter (1075-1122) die bedeutsame Erscheinung der zahlreichen geistlichen, dem König unmittelbar verbundenen Fürstentümer des deutschen Reiches.
Als 1125 der letzte salische Kaiser Heinrich V. kinderlos verstarb, entschieden sich die Königsmacher unter stärkster Beeinflussung durch den Papst für seinen Gegenspieler, den sächsischen, die Ostsiedlung (Mecklenburg, Pommern, später auch Schlesien) wieder aufgreifenden Herzog (1106) Lothar von Supplinburg (Süpplingenburg), dem schon 1127 Konrad von Staufen als Enkel des salischen Königs Heinrich IV. als zunächst erfolgloser Gegenkönig gegenübertrat. Bei Lothars söhnelosem Tod (1137) wählten einige Fürsten auf Betreiben des Erzbischofs von Trier 1138 Konrad von Staufen, weil der noch von Lothar von Supplinburg vorgeschlagene Herzog der Bayern und Sachsen, Heinrich der Stolze aus dem Hause der Welfen, Schwiegersohn Lothars, der römischen Kirche und den deutschen Fürsten als Inhaber zweier der insgesamt vorhandenen vier großen Herzogtümer zu mächtig erschien. Als neuer anerkannter König entzog Konrad III. folgerichtig dem Welfen in Halbierung seiner Macht das Herzogtum der Bayern und belehnte 1139 damit seinen Halbbruder Leopold IV. von Babenberg. 1156 gab zwar Konrads III. Nachfolger, der Staufer Friedrich I. Barbarossa, zwecks friedlichen Ausgleichs Bayern seinem welfischen, im Besitz des Herzogtums der Sachsen befindlichen Vetter Heinrich dem Löwen wieder zurück, löste dabei jedoch das im Südosten Bayerns gelegene Österreich vom Herzogtum der Bayern ab und erhob es zu einem eigenen territorialen, nicht mehr länger auf ein Volk oder einen Stamm bezogenen Herzogtum Österreich. Weil ihn aber Heinrich der Löwe bei seinen italienischen Unternehmungen im Stich ließ, entzog er 1180 in der abschließenden Auseinandersetzung mit Heinrich dem Löwen dem Welfen nicht nur beide Herzogtümer (Bayern und Sachsen) ganz, sondern teilte auch das Herzogtum der Sachsen in gleicher Weise in territoriale Herzogtümer auf und vergab das verbliebene Herzogtum (Rest-)Sachsen (ohne Westfalen) an die Askanier und (Rest-)Bayern (ohne Österreich und Steiermark) an die Wittelsbacher. Damit war an die Stelle der großen Stammesgebiete (der Bayern und Sachsen) das von den Bewohnern verselbständigte kleinere Land (Bayern, Sachsen) getreten. Nach dem alten Grundsatz „teile und gebiete“ hatte sich somit der König einer grundsätzlichen Gefahr entledigt.
Zur gleichen Zeit gewann freilich umgekehrt auch die von den Landesherren geförderte Vorstellung an Bedeutung, dass der König als oberster Lehnsherr beim Rückfall des Lehens dieses nicht behalten durfte. Vielmehr musste er es erneut an einen Lehnsmann ausgeben. Dadurch wurde, anders als in England und Frankreich, auf Dauer die Ansammlung von Gut in der Hand des Königs verhindert, so dass auch die Reichsfürsten die ihnen vom König drohenden Gefahren einzuschränken verstanden hatten.
Hinzu kam, dass der staufische, durch Heirat das normannische Sizilien gewinnende Kaiser Heinrich VI., der zu Beginn des Jahres 1196 den Fürsten noch die Umwandlung des deutschen Reiches in eine Erbmonarchie vorschlug, bereits 1197 im Alter von 32 Jahren starb. Seinem Bruder Philipp von Schwaben setzten einige Fürsten auf Betreiben des Erzbischofs von Köln den zweiten Sohn Heinrichs des Löwen als Gegenkönig Otto IV. entgegen, wobei freilich keinem von beiden wirklich Erfolg vergönnt war. Bald danach traten unter dem Staufer Friedrich II. mit den Erzbischöfen von Mainz, Köln und Trier, dem König von Böhmen, dem Pfalzgrafen bei Rhein, dem Herzog von Sachsen und dem Markgrafen von Brandenburg sieben Fürsten als Königswähler hervor, von deren Entscheidung nunmehr der König bis zum Ende des Heiligen Römischen Reiches grundsätzlich abhängig war und denen es 1356 gelang, sich die Vorrechte der Primogeniturerbfolge und der Nichtevokation sowie der Nichtappellation in der Goldenen Bulle Karls IV. von Luxemburg festschreiben zu lassen.
Um die Besetzung des Königtums rangen dabei in der nachstaufischen Zeit vor allem die Geschlechter der Luxemburger, Habsburger und Wittelsbacher. Von ihnen bewirkten die Luxemburger 1327/1339/1348 den Übergang Schlesiens von Polen an Böhmen und damit an das Reich. Nach ihrem Aussterben übernahmen die Habsburger das luxemburgische Erbe.
Unabhängig von der Entscheidung gegen die Erbmonarchie und für das an die Auswahl aus wenigen führenden Geschlechtern durch sieben Kurfürsten gebundene Wahlkönigtum setzte sich die allgemeine Territorialisierung des Reiches rasch durch. Auf unterschiedlichster Grundlage entstanden Landesherrschaften, die sich entsprechend den jeweiligen familiären Gegebenheiten in kurzer Zeit vielfältig aufsplitterten. Bereits für das hohe Mittelalter werden dementsprechend mehr als 100 sonstige Reichsfürsten gezählt, von denen allerdings rund drei Viertel geistlicher Zugehörigkeit waren (seit 1180 92 geistliche und 22 weltliche Reichsfürsten, 20 Erhebungen, 8 Anerkennungen, 3 Erhebungen zu gefürsteten Grafen).
Entsprechend ihrer großen Zahl waren ihre Herrschaftsgebiete meist klein. Jeder einzelne sonstige Reichsfürst bildete deshalb für den König keine Gefahr mehr. Nur in ihrer Gesamtheit vermochten sie sich als eigener Reichsstand neben (dem König und) den Kurfürsten zu organisieren.
Hauptgegenstand ihrer Interessen war demgemäß nicht mehr das Reich. Vielmehr wurde die Mehrung ihrer eigenen Güter ihr wichtigstes Anliegen. Als bedeutsamste Entscheidungen in dieser Richtung erwiesen sich auf Dauer dabei die Belehnung der eigenen Söhne mit dem Herzogtum Österreich durch König Rudolf von Habsburg im Jahre 1282 und die Belehnung des königlichen Feldherren und Rates Burggraf Friedrich von Zollern (Hohenzollern) mit der kurberechtigten Markgrafschaft Brandenburg durch den habsburgischen König Sigmund im Jahre 1417, während der Übergang Thüringens von den Ludowingern (1247/1264) und Sachsens von den Askaniern (1423) an die Wettiner wegen deren zahlreichen Erbteilungen ohne allgemeinere Auswirkungen blieb.
Neben den sieben unteilbaren Kurfürstentümern und den vielen, zahllosen Teilungen in kleinste Teilfürstenümer unterworfenen Ländern der sonstigen Reichsfürsten erschienen schon seit dem ausgehenden 11. Jahrhundert die durch Handel und Gewerbe aufblühenden Städte als nach eigenständigem Gewicht strebende Kräfte. In manchen von ihnen setzten sich die Bürger gewaltsam gegen ihre geistlichen Stadtherren durch. Daneben errangen die Bürger der dem König unterstehenden Städte insbesondere seit dem zwischen dem Untergang der Staufer (1254) und der Wahl Rudolfs von Habsburg zum König (1273) eintretenden Interregnum allmählich die Stellung einer dem Reich unmittelbar zugehörigen Stadt (Reichsstadt), was insgesamt rund 125 Städten für eine mehr oder minder umfassende Zeit gelang.
Das Kurfürstenkolleg: 1. Erzbischof von Mainz, 2. Erzbischof von Trier, 3. Erzbischof von Köln, 4. König von Böhmen, 5. Pfalzgraf bei Rhein (bzw. Herzog von Bayern), 6. Kurfürst von Sachsen, 7. Kurfürst von Brandenburg (seit 1618 in Personalunion auch Herzog des aus verbliebenem Deutschen Ordensland gebildeten Herzogtums Preußen, 1701 König in Preußen), 8. Herzog von Braunschweig-Lüneburg (seit 1692).
Reichsfürstenrat: a) Geistliche Bank: 1. Herzog von Österreich (seit 1477/1493 Erbe Burgunds [ohne Provence und Dauphiné], seit 1526 auch König von Böhmen und Ungarn), 2. Herzog von Burgund, 3. Erzbischof von Salzburg, 4. Erzbischof von Besançon, 5. Hoch- und Deutschmeister, Bischöfe (bzw. Bischof) von: 6. Bamberg, 7. Würzburg, 8. Worms, 9. Eichstätt, 10. Speyer, 11. Straßburg, 12. Konstanz, 13. Augsburg, 14. Hildesheim, 15. Paderborn, 16. Freising, 17. Regensburg, 18. Passau, 19. Trient, 20. Brixen, 21. Basel, 22. Münster, 23. Osnabrück, 24. Lüttich, 25. Lübeck, 26. Chur, 27. Fulda, 28. Abt von Kempten, 29. Propst von Ellwangen, 30. Johanniter-Meister, 31. Propst von Berchtesgaden, 32. Propst von Weißenburg, Äbte (bzw. Abt) von 33. Prüm, 34. Stablo, 35. Corvey, 36. Schwäbische Prälaten, 37. Rheinische Prälaten.
61. (Schwäbische Grafen) (von): 1. Fürst zu Fürstenberg als Graf zu Heiligenberg und Werdenberg, 2. Gefürstete Äbtissin zu Buchau, 3. Komtur der Ballei Elsass und Burgund bzw. Elsass-Schwaben-Burgund als Komtur zu Altshausen, 4. Fürsten und Grafen zu Oettingen, 5. Österreich wegen der Grafschaft Menthor (Montfort), 6. Kurfürst in Bayern wegen der Grafschaft Helfenstein, 7. Fürst von Schwarzenberg wegen der Landgrafschaft Klettgau und der Grafschaft Sulz, 8. Grafen von Königsegg, 9. Truchsessen von Waldburg, 10. Markgraf von Baden-Baden wegen der Grafschaft Eberstein, 11. Graf von der Leyen wegen Hohengeroldseck, 12. Grafen Fugger, 13. Österreich wegen der Grafschaft Hohenems, 14. Grafen von Traun wegen der Herrschaft Eglofs, 15. Fürst und Abt zu Sankt Blasien wegen der Grafschaft Bonndorf, 16. Graf von Stadion wegen Thannhausen, 17. Fürst von Thurn und Taxis wegen der Herrschaft Eglingen, 18. Grafen von Khevenhüller, Personalisten, 19. Grafen von Kuefstein, 20. Fürst von Colloredo, Personalist, 21. Grafen von Harrach, 22. Grafen von Sternberg, 23. Graf von Neipperg, 24. Grafen von Hohenzollern, (fälschlich aufgenommen)
63. (Westfälische Grafen) (von): 1. Markgraf von Ansbach wegen Sayn-Altenkirchen, 2. Burggraf von Kirchberg wegen Sayn-Hachenburg, 3. König in Preußen wegen der Grafschaft Tecklenburg, 4. Wied-Runkel wegen der oberen Grafschaft Wied, 5. Fürst zu Wied-Neuwied (Direktor dieses Kollegiums), 6. Landgraf von Hessen-Kassel und Graf zu Lippe-Bückeburg wegen der Grafschaft Schaumburg, 7. Herzog zu Holstein-Gottorp-Oldenburg bzw. Holstein-Gottorf wegen Oldenburg und Delmenhorst, 8. Grafen von der Lippe, 9. Graf von Bentheim, 10. König von England wegen der Grafschaft Hoya, 11. König von England wegen der Grafschaft Diepholz, 12. König von England wegen der Grafschaft Spiegelberg, 13. Fürst und Grafen von Löwenstein bzw. Löwenstein-Wertheim wegen Virneburg, 14. Fürst von Kaunitz wegen Rietberg, 15. Fürst von Waldeck wegen der Grafschaft Pyrmont, 16. Graf von Törring wegen der Grafschaft Gronsveld bzw. Gronsfeld, 17. Graf von Aspremont wegen der Grafschaft Reckheim oder Reckum, 18. Fürsten zu Salm wegen der Grafschaft Anholt, 19. Grafen von Metternich wegen der Herrschaft(en) Winneburg und Beilstein, 20. Fürst zu Anhalt-Bernburg-Schaumburg wegen der Grafschaft Holzappel, 21. Grafen von Sternberg wegen der Grafschaft(en) Blankenheim und Gerolstein, 22. Grafen von Plettenberg wegen Wittem, 23. Grafen von Limburg-Styrum wegen der Herrschaft Gemen, 24. Graf von Wallmoden wegen der Herrschaft Gimborn und Neustadt bzw. Gimborn-Neustadt, 25. Graf von Quadt wegen der Herrschaft Wickrath, 26. Grafen von Ostein wegen der Herrschaft Millendonk bzw. Myllendonk, 27. Grafen von Nesselrode wegen der Herrschaft Reichenstein, 28. Grafen zu der Mark wegen der Grafschaft Schleiden, 29. Grafen von Schaesberg wegen der Grafschaft Kerpen und Lommersum bzw. Kerpen-Lommersum 30. Grafen zu Salm-Reifferscheid wegen der Herrschaft Dyck, 31. Grafen zu der Mark wegen Saffenburg (Sassenburg), 32. Grafen von Platen wegen Hallermunt, 33. Grafen von Sinzendorf wegen Rheineck.
6. Schwäbischer Reichskreis: Hochstift Konstanz, Hochstift Augsburg, fürstliche Propstei Ellwangen, fürstliche Abtei Kempten, Herzogtum Württemberg und Teck, obere Markgrafschaft Baden (Baden-Baden), untere Markgrafschaft Baden (Baden-Durlach), Markgrafschaft Hachberg, gefürstete Grafschaft Hohenzollern-Hechingen, Grafschaft Hohenzollern-Sigmaringen, gefürstete Frauenabtei Lindau, gefürstete Frauenabtei Buchau, gefürstete Grafschaft Tengen bzw. Thengen, Grafschaft Heiligenberg, Grafschaft Oettingen, gefürstete Landgrafschaft im Klettgau, Fürstentum Liechtenstein, Abtei Salem (bzw. Salmansweiler bzw. Salmannsweiler), Abtei Weingarten, Abtei Ochsenhausen, Abtei Elchingen, Abtei Irsee, Abtei Ursberg, Abtei Kaisheim (Kaisersheim), Abtei Roggenburg, Abtei Rot, Abtei Weißenau, Abtei Schussenried, Abtei Marchtal bzw. Obermarchtal, Abtei Petershausen, Propstei Wettenhausen, Abtei Zwiefalten, Abtei Gengenbach, Abtei Heggbach, Abtei Gutenzell, Abtei Rottenmünster, Abtei Baindt, Deutscher Orden: Kommende Mainau (Teil der Ballei Elsass-Burgund bzw. Elsass-Schwaben-Burgund [bzw. Elsass und Burgund]), Landgrafschaft Stühlingen, Landgrafschaft Baar, Herrschaft Wiesensteig, Herrschaft Hausen, Herrschaft Messkirch, Herrschaften Tettnang und Argen, Lande des fürstlichen Hauses Oettingen-Wallerstein, Lande der Erbtruchsessen zu Waldburg-Zeil-Zeil und Waldburg-Zeil-Wurzach, Lande der Erbtruchsessen Waldburg-Wolfegg-Wolfegg und Waldburg-Wolfegg-Waldsee, Lande der Erbtruchsessen zu Waldburg-Scheer-Scheer und Waldburg-Trauchburg (Waldburg-Zeil-Trauchburg), Grafschaft Rothenfels und Herrschaft Stauffen (bzw. Staufen), Grafschaft Königsegg und Herrschaft Aulendorf, Herrschaften Mindelheim und Schwabegg, Herrschaft Gundelfingen, Grafschaft Eberstein, Lande der Grafen Fugger, Grafschaft Hohenems, Herrschaft Justingen, Grafschaft Bonndorf, Herrschaft Eglofs, Herrschaft Thannhausen, Grafschaft Hohengeroldseck bzw. Geroldseck, Herrschaft Eglingen, Reichsstadt Augsburg, Reichsstadt Ulm, Reichsstadt Esslingen, Reichsstadt Reutlingen, Reichsstadt Nördlingen, Reichsstadt Schwäbisch Hall, Reichsstadt Überlingen, Reichsstadt Rottweil, Reichsstadt Heilbronn, Reichsstadt Schwäbisch Gmünd, Reichsstadt Memmingen, Reichsstadt Lindau, Reichsstadt Dinkelsbühl, Reichsstadt Biberach, Reichsstadt Ravensburg, Reichsstadt Kempten, Reichsstadt Kaufbeuren, Reichsstadt Weil (der Stadt), Reichsstadt Wangen, Reichsstadt Isny, Reichsstadt Leutkirch, Reichsstadt Wimpfen, Reichsstadt Giengen, Reichsstadt Pfullendorf, Reichsstadt Buchhorn, Reichsstadt Aalen, Reichsstadt Bopfingen, Reichsstadt Buchau, Reichsstadt Offenburg, Reichsstadt Gengenbach, Reichsstadt Zell am Harmersbach bzw. Zell.
7. Oberrheinischer Reichskreis: Hochstift Worms, Hochstift Speyer, gefürstete Propstei Weißenburg, Hochstift Straßburg, Hochstift Basel, Hochstift Fulda, Fürstentum Heitersheim (Johanniterorden), gefürstete Abtei Prüm, Reichspropstei Odenheim (Odenheim und Bruchsal), Fürstentum Simmern (Pfalz-Simmern), Fürstentum Lautern (Pfalz-[Kaisers-]Lautern), Fürstentum Veldenz (Pfalz-Veldenz), Fürstentum Zweibrücken (Pfalz-Zweibrücken), Landgrafschaft Hessen-Kassel, Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, Fürstentum Hersfeld, Grafschaft Sponheim, Markgrafschaft Nomeny, gefürstete Grafschaft Salm, Lande des Fürsten zu Nassau-Weilburg, Lande des Fürsten zu Nassau-Usingen bzw. Nassau-Saarbrücken-Usingen, Lande des Fürsten zu Nassau-Saarbrücken bzw. Nassau-Saarbrücken-Saarbrücken, Grafschaft Waldeck, Grafschaft Hanau-Münzenberg, Herrschaft Hanau-Lichtenberg, Lande des fürstlichen Hauses Solms-Braunfels, Lande des gräflichen Hauses Solms-Lich-Hohensolms, Lande des gräflichen Hauses Solms-Laubach, Lande des gräflichen Hauses Solms-Rödelheim, Grafschaft Königstein (teils kurmainzisch, teils stolbergisch), Grafschaft Oberisenburg, geteilt unter: das fürstliche Haus Isenburg-Birstein, das gräfliche Haus Isenburg-Büdingen-Büdingen, das gräfliche Haus Isenburg-Büdingen-Wächtersbach, das gräfliche Haus Isenburg-Büdingen-Meerholz, Lande der Wild- und Rheingrafen (Wildgrafen und Rheingrafen), geteilt unter: die fürstliche Linie Salm-Kyrburg, die rheingräfliche Linie Grumbach (bzw. Salm-Grumbach), die rheingräfliche Linie zu Stein (Rheingrafenstein) (bzw. Salm-Stein), Lande der Grafen Leiningen-Hartenburg, reichsunmittelbares Schloss und Dorf Mensfelden bzw. Münzfelden, Grafschaft Sayn-Wittgenstein-Wittgenstein, Grafschaft Sayn-Wittgenstein-Berleburg, Grafschaft Falkenstein, Herrschaft Reipoltskirchen, Grafschaft Kriechingen, Grafschaft Wartenberg, Herrschaft Bretzenheim, Herrschaft Dagstuhl, Herrschaft Ollbrück (Olbrück), Reichsstadt Worms, Reichsstadt Speyer, Reichsstadt Frankfurt (am Main), Reichsstadt Friedberg, Reichsstadt Wetzlar.
Nicht in diese sechs bzw. zehn Reichskreise eingekreist waren: Königreich Böhmen, Markgrafentum Mähren, Markgrafentum Oberlausitz, Markgrafentum Niederlausitz, Herzogtum Schlesien preußischen und böhmischen Anteils, Grafschaft Glatz, Herrschaft Asch, Reichsstift Burtscheid, Propstei Cappenberg, Herrschaft Dreis, Herrschaft Dyck, Frauenstift Elten, Herrschaft Freudenberg (bzw. Freudenburg), Herrlichkeit Hörstgen nebst Rittersitz Frohnenburg (bzw. Frohnenbruch), Land Hadeln, Grafschaft Homburg, Herrschaft Jever, Herrschaft Kniphausen, Reichsherrschaft Landskron, Herrschaft Lebach, Reichsherrschaft Mechernich, Grafschaft Mömpelgard, Herrschaft Nalbach, Herrschaft Oberstein, Herrschaft Pyrmont, Herrschaft Rhade (bzw. Rath), Herrschaft Rheda, Herrschaft Richold, Herrschaft Saffenburg, Reichsherrschaft Schauen, Herrschaft Schaumburg, Herrschaft Schönau, Abtei Schönthal (bzw. Schöntal), Herrschaft Schwarzenholz, Herrschaft Stein, Herrschaft Wasserburg, Herrschaft Wildenberg (bzw. Wildenburg), Kirchspiel Winden, Herrschaft Wylre, Grafschaft Fagnolle (sowie die Reichsritter und die Reichsdörfer).
Nachdem zahlreiche weitere kriegerische Auseinandersetzungen nach 1648 erhebliche Wandlungen herbeigeführt hatten (z. B. Verluste an Frankreich [1681 Straßburg], Übergang der südlichen Niederlande und einiger Teile Oberitaliens von Spanien an Österreich, Gewinne Österreichs im Südosten, Erwerbungen Kleve-Mark-Ravensbergs für Brandenburg, Erlangung der Souveränität und der Königskrone in Preußen durch Brandenburg, Eroberung Schlesiens durch Preußen, Aufteilung Polens unter Russland, Österreich und Preußen, Zusammenführung der wittelsbachischen Güter, Verbindung Hannovers mit England und Sachsens mit Polen), bewirkte reichsverfassungsrechtlich der Reichsdeputationshauptschluss vom 25. 2. 1803 (§ 32) insofern noch kurzfristig erhebliche Veränderungen, als er einerseits zum Zweck der Entschädigung für linksrheinische Verluste an Frankreich die Auflösung von 41 der insgesamt 47 noch vorhandenen Reichsstädte und nahezu aller geistlichen Herrschaften (3 Kurfürstentümer, 19 Reichsbistümer und 44 Reichsabteien) verfügte, die vor der Reformation immerhin etwa ein Sechstel bis ein Siebtel des deutschsprachigen Reichsgebiets umfasst hatten und zuletzt noch in einer Zahl von knapp 80 im Reichstag vertreten gewesen waren, und andererseits zu den bisherigen und weiterhin verbleibenden Mitgliedern des Reichstags, von denen Baden für 8 Quadratmeilen Verlust 59 Quadratmeilen Entschädigung, Bayern für 255 Quadratmeilen Verlust 290 Quadratmeilen Entschädigung, Preußen für 48 Quadratmeilen Verlust 235 Quadratmeilen Entschädigung und Württemberg für 7 Quadratmeilen Verlust 29 Quadratmeilen Entschädigung erhielten, noch folgende neue Virilstimmen hinzufügte:
Der Kaiser, als Erzherzog zu Österreich: für Steiermark eine, für Krain eine, für Kärnten eine und für Tirol eine (insgesamt 4 Stimmen); der Kurfürst von der Pfalz, als Herzog von Bayern: für das Herzogtum Berg eine, für Sulzbach (Pfalz-Sulzbach) eine, für Niederbayern eine und für Mindelheim eine (insgesamt 4 Stimmen); der König von Preußen, als Herzog von Magdeburg: für Erfurt eine und für das Eichsfeld eine (insgesamt 2 Stimmen); der Kurerzkanzler bzw. Kurfürst (von Mainz) Reichserzkanzler: für das Fürstentum Aschaffenburg eine (1 Stimme); der Kurfürst von Sachsen: als Markgraf zu Meißen eine, für die Burggrafschaft Meißen eine und für Querfurt eine (insgesamt 3 Stimmen); der Kurfürst von Sachsen, wechselweise mit den Herzögen von Sachsen-Weimar und von Sachsen-Gotha: für Thüringen eine (1 Stimme); der König von England, als Herzog von Bremen: für Göttingen (Braunschweig-Göttingen) eine (1 Stimme); der Herzog von Braunschweig-WolfenbütteL.: für Blankenburg eine (1 Stimme); der Markgraf von Baden: für Bruchsal anstatt Speyer eine, und für Ettenheim anstatt Straßburg eine (insgesamt 2 Stimmen); der Herzog von Württemberg: für Teck eine, für Zwiefalten eine und für Tübingen eine (insgesamt 3 Stimmen); der König von Dänemark, als Herzog von Holste(in) für Plön eine (1 Stimme); der Landgraf von Hessen-Darmstadt: für das Herzogtum Westfalen eine und für Starkenburg eine (insgesamt 2 Stimmen); der Landgraf von Hessen-KasseL.: für Fritzlar eine und für Hanau eine (insgesamt 2 Stimmen); der Herzog von Modena: für den Breisgau eine und für die Ortenau eine (insgesamt 2 Stimmen); der Herzog von Mecklenburg-Strelitz: für Stargard eine (1 Stimme); der Herzog von Arenberg: seine auf diesseitige Lande versetzte Virilstimme (1 Stimme); der Fürst von Salm-Salm: eine eigene Stimme, die vorher mit Salm-Kyrburg gemeinschaftlich war (1 Stimme); der Fürst von Nassau-Usingen eine (1 Stimme); der Fürst von Nassau-Weilburg eine (1 Stimme); der Fürst von Hohenzollern-Sigmaringen eine (1 Stimme); der Fürst von Salm-Kyrburg eine (1 Stimme); der Fürst von Fürstenberg: für Baar und Stühlingen eine (1 Stimme); der Fürst von Schwarzenberg: für Klettgau eine (1 Stimme); der Fürst von Thurn und Taxis: für Buchau eine (1 Stimme); der Fürst von Waldeck eine (1 Stimme); der Fürst von Löwenstein-Wertheim eine (1 Stimme); der Fürst von Oettingen-Spielberg eine (1 Stimme); der Fürst von Oettingen-Wallerstein eine (1 Stimme); der Fürst von Solms-Braunfels eine (1 Stimme); die Fürsten von Hohenlohe-Neuenstein eine (1 Stimme); der Fürst von Hohenlohe-Waldenburg-Schillingsfürst bzw. Hohenlohe-Schillingsfürst eine (1 Stimme); der Fürst von Hohenlohe-Waldenburg-Bartenstein bzw. Hohenlohe-Bartenstein eine (1 Stimme); der Fürst von Isenburg-Birstein eine (1 Stimme); der Fürst von Kaunitz: für Rietberg eine (1 Stimme); der Fürst von Reuß-Plauen-Greiz bzw. Reuß-Greiz eine (1 Stimme); der Fürst von Leiningen eine (1 Stimme); der Fürst von Ligne: für Edelstetten eine (1 Stimme); der Herzog von Looz bzw. Looz-Corswarem: für Wolbeck eine (1 Stimme).
Im Übrigen erhielt Russland den größten Teil des Herzogtums Warschau als Königreich (Kongresspolen) in Personalunion, erlangte Preußen die nördliche Hälfte Sachsens, die Rheinlande, Westfalen, das verbliebene schwedische Vorpommern, Danzig, Thorn und Posen, gewann Österreich (wieder) Vorarlberg, Tirol, Salzburg, [Inn- und Hausruckviertel 1816], Kärnten, Krain, Istrien, Kreis Tarnopol, Lombardo-Venetien, Toskana und Modena [bei Verlust des Breisgaues und der südlichen Niederlande] und erreichte die Schweiz die Kantone Wallis, Neuenburg und Genf sowie die Sicherung der immerwährenden Neutralität.
Der überwältigende Sieg Preußens und der ihm folgenden deutschen Staaten gegen Frankreich 1870/1871 im Ringen um die Thronfolge in Spanien erlaubte dann freilich bald den Beitritt der wenigen verbliebenen süddeutschen Staaten und die Umwandlung des norddeutschen Bundes in ein Reich. Dieses zweite, von Preußen beherrschte Deutsche Reich umfasste 540742 Quadratkilometer mit 56,37 Millionen Einwohnern. Es gliederte sich nur noch in die Länder bzw. die Königreiche Preußen, Bayern, Sachsen, Württemberg, die Großherzogtümer Baden, Hessen bzw. Hessen-Darmstadt, Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-Strelitz, Sachsen-Weimar bzw. Sachsen-Weimar-Eisenach bzw. Sachsen(-Weimar-Eisenach), Oldenburg, die Herzogtümer Braunschweig, Sachsen-Meiningen, Sachsen-Altenburg, Sachsen-Coburg-Gotha bzw. Sachsen-Cobrg und Gotha, Anhalt, die Fürstentümer Schwarzburg-Sondershausen, Schwarzburg-Rudolstadt, Waldeck, Reuß ältere Linie und Reuß jüngere Linie, Schaumburg-Lippe, Lippe, die freien Städte Bremen, Hamburg, Lübeck sowie das Reichsland Elsass-Lothringen.
kgl. = königlich
KglKl = königliches Kloster
KgR = Königreich
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Aachen (Reichsstadt). Die warmen Quellen von A.
wurden schon in vorrömischer Zeit genutzt. Unter den Römern entwickelte sich
dort seit dem Ende des ersten nachchristlichen Jahrhunderts ein Militärbad,
später ein militärischer Stützpunkt mit ziviler Ansiedlung, dessen antiker Name
vielleicht Aquae Granni lautete und sich von dem keltischen Heilgott Grannus
ableitete. Ohne bestimmt nachweisbare Siedlungskontinuität findet sich in
merowingischer Zeit ein Königshof (765 Pfalz,
766 villa regia bezeugt), den Karl der Große bis 789 ausbaute und mit reichem Königsgut versah. Im Vertrag von Meersen (Meerssen)
wird 870 ein besonderer districtus Aquensis genannt. Seit 936 war A. (972
Aquisgrani vulgari vocabulo Ahha) Krönungsstätte der deutschen Könige (bis 1531). Allerdings schmolz das um A.
gelegene Königsgut durch zahlreiche Vergabungen
auf ein sich nach Nordosten erstreckendes Gebiet zusammen. Unter Friedrich I.
Barbarossa erhielt A. 1166 besondere Rechte (Karlsprivileg und
Barbarossaprivileg). 1171 bis 1175 wurde es ummauert, von der Mitte des 13.
Jahrhunderts bis gegen 1330 wurde der Mauerring erweitert. Besondere Bedeutung
erlangten das Tuchmachergewerbe und das Messinggewerbe. Das 1192 neben der
universitas der Bürger nachgewiesene Schöffenkolleg wurde Ansatzpunkt eines
bedeutenden Oberhofes. 1250 erscheinen Stadtrat und Bürgermeister. Bis zum Ende
der Stauferzeit wurde A. freie Reichsstadt. 1336 bestätigte Kaiser Ludwig der
Bayer das zur Stadt gehörige Gebiet (Aachener Reich), 1356 legte die Goldene
Bulle A. als Krönungsort rechtlich fest. Seit 1530 wurde A. allmählich
protestantisch (Aachener Streit), 1614 durch die Erzbischöfe von Köln wieder
katholisiert. 1656 vernichtete ein Stadtbrand etwa 90 % der Stadt. 1794 wurde
A. von Frankreich besetzt und 1801 an Frankreich abgetreten. Von 1798 bis 1814
war es Sitz der Verwaltung des Roerdepartements, von 1802 bis 1814/1815 auch
Sitz eines Bischofs. Um 1800 hatte die Stadt eine Größe von etwa 1,5
Quadratmeilen und 18000 Einwohner. 1815 fiel A. an Preußen. 1944 wurde es fast
völlig vernichtet. 1946 kam es zu Nordrhein-Westfalen. S.
niederrheinisch-westfälischer Reichskreis.
L.: Wolff 370; Zeumer 554 III a 2; Wallner 704 WestfälRK 47; Großer
Historischer Weltatlas II 78 (1450) F3, III 22 (1648) C4, III 38 (1789) B2;
Loersch, H., Aachener Rechtsdenkmäler, 1871; Regesten der Reichsstadt Aachen,
Bd. 1 1937, Bd. 2 (1301-50) hg. v. Mummenhoff, W., 1961, Bd. 3 bearb. v. Kraus,
T., 1999; Huyskens, A., Das alte Aachen 1953; Geschichte Aachens in Daten hg.
v. Poll, B., 2. A. 1965; Aachener Urkunden 1101-1250, bearb. v. Meuthen, E.,
1972; Flach, D., Untersuchungen zur Verfassung und Verwaltung des Aachener
Reichsguts von der Karolingerzeit bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts, 1976;
Meuthen, E., Aachen, LexMA 1 1980, 1; Schmitz, W., Die Aachener Wirren im Spiegel
der kaiserlichen Politik (1550-1616), 1983; Nonn, U., Pagus und Comitatus in
Niederlothringen, 1983, 189; Kulmbach, H. v., Aachen, 1985; Krumbach, K., Die
Ratspräsenzen der Reichsstadt Aachen 1622-1756, 1985; Erdmann, C., Aachen im
Jahre 1812, 1986; Wynands, D., Kleine Geschichte Aachens, 2. A. 1986; Kraus,
T., Jülich, Aachen und das Reich. Studien zur Entstehung einer Landesherrschaft
im Westen des Reiches, 1988; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 2, 9;
Schaub, A:, Gedanken zur Siedlungskontinuität in Aachen zwischen römischer und
karolingischer Zeit, Bonner Jbb. 208 (2008), 161.
Achberg (Herrschaft, reichsritterschaftliche
Herrschaft). Burg und Herrschaft A. südlich von Wangen werden erstmals 1194 genannt.
Sie gelangten von den Herren von A. im 14. Jahrhundert an die Truchsessen von
Waldburg, 1335 an die Herren von Molpertshaus, die A. 1352 Habsburg zu Lehen
auftrugen, 1412 an die Herren von Königsegg,
1530 erbweise an die Herren von Sürgenstein (Syrg von Syrgenstein), 1691 als
zum Kanton Hegau des Ritterkreises Schwaben steuernd durch Verkauf von den
Herren von Sürgenstein (Syrg von Syrgenstein) an den Deutschen Orden
(Landkomtur zu Altshausen), 1805/1806 an Bayern, dann durch die Rheinbundakte
von 1806 an Hohenzollern-Sigmaringen und mit diesem 1850 an Preußen. Bis 1854
war A. Sitz eine Oberamtes. 1947 kam es zu Württemberg-Hohenzollern, 1951/1952
zu Baden-Württemberg.
L.: Wolff 195; Eisele, F., Die ehemalige Herrschaft und jetzige Exklave
Achberg, 1922.
Adalachgau, (Gau um Beutelhausen westlich Landshuts
oder um ein anderes Beutelhausen östlich Landshuts bzw. zwischen Isar und
kleiner Vils in Niederbayern, Adalahkeuue, Adalahgouwe)
L.: Curs, O., Deutschlands Gaue im zehnten Jahrhundert. Nach den Königsurkunden. Diss. phil. Göttingen 1908, 1
(Beutelhausen westlich Landshuts an der Isar); Polenz, P. v., Landschafts- und
Bezirksnamen, 1961, II, 34, 90, III, 8 S. 262, Adalahgouwe, Adalahkeuue;
Polenz, P. v., Germanisch-deutsche Landschafts- und Bezirksnamen vom 7. bis 11.
Jahrhundert, Teil I B. Alphabetisches Namenbuch, 1. Lieferung
Achilgouwe-Borhtergo, 1 (Adalahgouwe).
Adelsheim (Freiherren, Reichsritter, Herrschaft).
A. bei Buchen westlich von Mergentheim war schon in fränkischer Zeit besiedelt
(799 genannt). Ortsherren waren seit Beginn des 14. Jahrhunderts die Herren von
A., denen auch Sennfeld bei Buchen zur Hälfte gehörte. 1347 wurde der Ort Stadt
genannt und war Lehen Würzburgs. Stadtrechte wurden 1347 durch König Karl IV. verliehen. Von etwa 1550 bis um 1800
zählten die ursprünglich wohl reichsministerialischen Freiherren von A. (mit
der vor 1439 erworbenen Herrschaft A., einem Achtel Edelfingen, Binau am
Neckar, Laudenberg, Sennfeld, Volkshausen, drei Fünfteln Wachbach, Nassau bei
Weikersheim, mit einem Drittel Hachtel und zwei Dritteln Dörtel) zum Kanton
Odenwald des Ritterkreises Franken. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts
waren sie auch im Kanton Rhön-Werra immatrikuliert. 1806 gelangte A. an Baden.
Wachbach mit Hachtel und Dörtel fielen 1808 an Württemberg, Laudenberg,
Volkshausen und Sennfeld an Baden. S. Baden-Württemberg.
L.: Wolff 511; Hölzle, Beiwort 55; Roth von Schreckenstein 2, 593;
Winkelmann-Holzapfel 141; Pfeiffer 197; Riedenauer 122; Stetten 32, 35, 184,
186; Rahrbach 3; Neumaier; Weiss, J., Regesten der Freiherrn von Adelsheim und
der Stadt Adelsheim, 1885;.Graef, G., Heimatbilder aus der Geschichte der Stadt
Adelsheim im badischen Frankenland, 1939; Ulrichs, C., Vom Lehnhof zur
Reichsritterschaft, 1997, 209.
Allgäu (Gau). S. Alpgau.
L.: Vgl. a. Baumann, F./Rottenkolber, J., Geschichte des Allgäus, Bd. 1ff.
1883ff., Neudruck 1971ff.; Weitnauer, A., Allgäuer Chronik, Bd. 1ff. 1962ff; König, W., Allgäu, LexMA 1 1980, 429.(; Polenz, P. v.,
Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, I, 9, II, 9, 24, 27, III, 32; Albegouwe I,
Allgäu; Polenz, P. v., Germanisch-deutsche Landschafts- und Bezirksnamen vom 7.
bis 11. Jahrhundert, Teil I B. Alphabetisches Namenbuch, 1. Lieferung
Achilgouwe-Borhtergo, 5 (Albegouwe I, ursprünglich Tal der Ach um Oberstaufen
und das obere Illertal von Oberstaufen bis Nieder-Sonthofen)); Borgolte, M.,
Geschichte der Grafschaften Alemanniens in fränkischer Zeit, 1984, 63, 188
Fischen, Oberstaufen).
Allstedt (Pfalz). In A. bei Sangerhausen, aus dem
schon Karl der Große den Zehnten an Hersfeld gab und das am Ende des 9.
Jahrhunderts an die Liudolfinger gekommen sein dürfte, befand sich in
ottonischer und salischer Zeit (935 Altsteti) eine Pfalz mit zugehörigem
Reichsgut. Sie wurde von Ludwig dem Bayern an die Grafen von Anhalt bzw. die
Grafen von Mansfeld als Reichslehen ausgetan. Von Karl IV. wurde sie als Kern
der Pfalzgrafschaft Sachsen 1363 an die Askanier (Herzöge von Sachsen) gegeben,
von denen sie 1423 an die Wettiner (seit 1554 endgültig an die ernestinische
Linie) fiel. Von 1369 bis 1469 war A. an die Herren von Querfurt, von 1526 bis
1575 an die Grafen von Mansfeld weiterverliehen. Von 1741 bis 1920 war es bei
Sachsen-Weimar, danach bei Thüringen. 1945 gelangte es zu Sachsen-Anhalt.
L.: Wolff 396; Hartung, E., Die äußere Geschichte des Amtes Allstedt 1496-1575,
1931; Facius, F., Allstedt 1935; Grimm, P., Deutsche Königspfalzen
1965, 2, 277ff.; Die deutschen Königspfalzen,
hg. v. Max-Planck-Institut für Geschichte, Bd. 2 1984, 1ff.
Altdorf (Reichsdorf). A. bei Ravensburg wird
erstmals am Ende des 11. Jahrhunderts erwähnt. 1330 verpfändete Ludwig der
Bayer die Reichssteuern zu A. und 1332 das Reichsdorf A. an den Grafen Hugo von
Bregenz. Im Wege erbrechtlicher Nachfolge kam es von dort an die Grafen von Montfort.
1415 verpfändete König Sigismund den Ort, dem er
1414 die Rechte bestätigt hatte, an den Reichserbtruchsess Johann von Waldburg.
S. Baden-Württemberg
L.: Dacheröden 120; Hugo 450; Wolff 44.
Altenburg (Reichsstadt). In A. bei Leipzig wurde
ein slawischer Rundwall (um 800) festgestellt, an dessen Stelle im 10.
Jahrhundert eine Burg errichtet wurde, die Kaiser Otto II. 976 an den Bischof
von Zeitz gab. Im 12. Jahrhundert war die Pfalz A. Mittelpunkt des staufischen
Reichsterritoriums Pleißenland und erhielt Stadtrecht. 1290 wurde A.
reichsunmittelbar, kam aber schon 1311/1328 unter die Herrschaft der Wettiner.
1485 fiel es an die ernestinische Linie. Von 1603 bis 1672 war es Residenz
einer nach ihm benannten Linie der Ernestiner (Sachsen-Altenburg). Zu
Sachsen-Gotha bzw. Sachsen-Gotha-Altenburg gehörte es, bis es von 1826 bis 1918
Residenz des jüngeren Herzogtums Sachsen-Altenburg wurde. 1920 kam es im
Freistaat A. (Sachsen-Altenburg) zum Freistaat Thüringen.
L.: Wolff 398; Schneider, K., Geschichte der Stadt Altenburg und ihrer nächsten
Umgebung, 1923; Altenburger Urkundenbuch 975-1350, bearb. v. Patze, H., 1955;
Fuchs, W., Heimatgeschichtliche Materialsammlung. Das Pleißener Land und die
Stadt Altenburg im Mittelalter, 1956; Gessner, A., Die Entwicklung der Stadt
Altenburg bis zum Ausgang des Mittelalters, 1925; Die deutschen Königspfalzen, hg. v. Max-Planck-Institut für
Geschichte, Bd. 2 1984, 39ff.
Altmark (Mark). Die A. ist der seit dem 14.
Jahrhundert als A. bezeichnete, nördliche, bis zur Elbe reichende Teil
(Nordmark) des 965 gedrittelten Herrschaftsgebiets des Markgrafen Gero († 965),
der 1134 an Albrecht den Bären (Askanier) kam. Die Askanier verdrängten die
Burggrafen von Arneburg und die Grafen von Osterburg, Gardelegen und
Hillersleben. 1316 wurde der Südteil um Wolmirstedt an das Erzstift Magdeburg
abgetreten. Nach dem Aussterben der brandenburgischen Askanier (1317/1319) fiel
die restliche A. durch Heirat der Witwe des letzten Markgrafen an Herzog Otto
von Braunschweig, kam aber später weitgehend ans Reich zurück und von dort 1415
an die Burggrafen von Nürnberg/Markgrafen von Brandenburg. Von 1807 bis 1813
war sie Teil des Elbdepartements des Königreichs
Westphalen Frankreichs. 1816 wurde sie als Teil des Regierungsbezirks Magdeburg
Preußens in die Provinz Sachsen eingegliedert. S. Brandenburg, Preußen,
Sachsen-Anhalt.
L.: Wolff 385; Schultze, H., Adelsherrschaft und Landesherrschaft, 1963;
Podehl, W., Burg und Herrschaft in der Mark Brandenburg, 1975; Wohlbrück, S.,
Geschichte der Altmark bis zum Erlöschen der Markgrafen aus ballerstädtischem
Hause, 1975; Zahn, W., Der Drömling, 1986; Tangermünde, die Altmark und das
Reichsrecht, hg. v. Lück, H., 2006.
Altstätten (Reichsstadt). A. südlich des Bodensees wurde bereits 1298 von König Adolf von Nassau an die Abtei Sankt Gallen, 1347 von Kaiser Ludwig dem Bayern an die Grafen von Werdenberg, 1415 von Kaiser Sigmund an die Grafen von Nellenburg und 1417 an Lienhard von Jungingen und Frischhans von Bodman, 1424 an den Grafen von Toggenburg und 1430 an Ulrich und Konrad Paier (Peyerer) verpfändet. Später fiel es an den Kanton Sankt Gallen.
Amberga (Ambergeuue, Ambraga, Ambargan,
Ambergau, Ommergavvi, Amberga, Gau zwischen Nette und Innerste)
L.: Curs, O., Deutschlands Gaue im zehnten Jahrhundert, 1908, 1 (Seesen, Königsdahlum bzw. Dahlum[, Belecke?]); Polenz, P. v.,
Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, II, 15, 24, III, 30, Amberga, Ambraga,
Ambargan, Ommergavvi; Polenz, P. v., Germanisch-deutsche Landschafts- und
Bezirksnamen vom 7. bis 11. Jahrhundert, Teil I B. Alphabetisches Namenbuch, 1.
Lieferung Achilgouwe-Borhtergo, 14 Amberga, Flussgebiet der Nette um Seesen und
Bockenem); Hessler, W., Mitteldeutsche Gaue des frühen und hohen Mittelalters,
1957, 114 (Königsdahlum, Holle, Seesen,
Upstedt).
Ammergau (Ambergeuue, Ambraga, Ambergau,
Ommergavvi, Ammeri, Amberga, Gau zwischen Nette und Innerste) s. Amberga
(Ambergau)
L.: Curs, O., Deutschlands Gaue im zehnten Jahrhundert, 1908, 1 (Seesen, Königsdahlum bzw. Dahlum[, Belecke?]); Polenz, P. v.,
Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, II, 15, 24, III, 30, Amberga, Ambraga,
Ambaragan, Ommergavvi; Hessler, W., Mitteldeutsche Gaue des frühen und hohen
Mittelalters, 1957, 114 (Königsdahlum, Holle,
Seesen, Upstedt).
Amorbach (Abtei) Vermutlich stiftete eine
fränkische Adelsfamilie aus dem Gebiet um Worms und Speyer im 8. Jahrhundert
(734?) das Kloster A. im Odenwald. 849 vermehrte Kaiser Ludwig der Deutsche die
vor allem im südlichen Odenwald gelegenen Güter um Rechte am Bach Mud und am
Wald Wolkmann. Die bis zum 10. Jahrhundert an den König
gelangten Rechte über die Abtei wurden 993 durch Urkundenfälschungen an das
Hochstift Würzburg gezogen. Im 12. Jahrhundert belehnte der König die Herren von Dürn (Durna) mit der Vogtei. 1272
wurde Ulrich von Dürn gezwungen, die Stadt A. an das Erzstift Mainz abzugeben.
1803 wurde die seit 1742 neu gebaute Abtei, die im späten 16. Jahrhundert auch
Mitglied im Kanton Odenwald des Ritterkreises Franken war und um das Jahr 1800
Güter in 100 Orten hatte, säkularisiert und als Entschädigung an die Fürsten
von Leiningen übertragen. 1806 wurde das neue Fürstentum mediatisiert. A. kam
an Baden, Hessen und 1816 an Bayern.
L.: Wolff 80; Riedenauer 128; Amorbach, Beiträge zu Kultur und Geschichte von
Abtei, Stadt und Herrschaft, (in) Neujahrsbll. hg. v. d. Ges.f. fränk. Gesch.
25 (1953); Krebs, R., Amorbach im Odenwald, 1923; Schäfer, A., Untersuchung zur
Rechts- und Wirtschaftsgeschichte der Benediktinerabtei Amorbach bis in die
Zeit nach dem 30jährigen Kriege, Diss. Freiburg 1955 masch.schr.; Die Abtei
Amorbach im Odenwald, hg. v. Oswald, F./Störmer, W., 1984; Andermann, K.,
Klösterliche Grundherrschaft und niederadelige Herrschaftsbildung - das
Beispiel Amorbach, (in) Siedlungsentwicklung und Herrschaftsbildung im Hinteren
Odenwald, 1988.
Andechs (Grafen, Herzöge). Die Grafen von A. (um
1060 Andehsa „Platz, der sich aus dem Strauchwerk der Umgebung abhebt“) am
Ammersee sind ein Zweig der vielleicht von den Rapotonen stammenden und mit
einem Grafen Berthold um 990 an der oberen Isar bei Wolfratshausen erstmals
nachweisbaren Grafen von Dießen, die sich zunächst nach Dießen am Ammersee
(Berthold II. 1025-1060), unter Umwandlung der allodialen Stammburg in ein
Augustinerchorherrenstift aber seit 1132 nach A. benannten (1521 erscheinen aber
noch Grafen von Dießen in der Reichsmatrikel), in dessen Raum altes
Reichslehngut und Reichsvogtei sicher sind. Im 11. Jahrhundert griff das
Geschlecht nach Westen in den Augstgau zwischen Lech und Ammersee aus, gewann
die Isargrafschaft um Wolfratshausen mit den Klöstern Tegernsee und Schäftlarn,
die Grafschaft um den Würmsee (Starnberger See) sowie die Huosigaugrafschaft
der Sigimare. Mit dem Aussterben der jüngeren Markgrafen bzw. Grafen von
Schweinfurt (1058) erlangte Arnold von Dießen über seine Frau Gisela reiche
Güter am oberen Main (Kulmbach, 1135 Errichtung der Plassenburg, Ende des 12.
Jahrhunderts Gründung von Bayreuth, Vogtei der Klöster Banz und Langheim), die
durch die Ehen Bertholds II. mit einer Tochter des Grafen von Weimar-Orlamünde
und Boppos von A. mit Kunigunde von Giech planmäßig erweitert wurden (Giech,
Lichtenfels). Vom Hochstift Brixen erhielten die Grafen am Ende des 11.
Jahrhunderts die Grafschaften Unterinntal (1180 Gründung Innsbrucks) und
Pustertal zu Lehen und hatten die Hochstiftsvogtei und die Vogtei über
Neustift. 1158 erbten sie von den Grafen von Formbach die Grafschaften Neuburg
am Inn, Schärding am Inn und Windberg an der Donau. 1173 übertrugen ihnen die
Staufer für treue Dienste die Markgrafschaft Istrien zu Lehen. 1180/1181 wurden
sie Herzöge von Meranien (am Guarnero um Fiume) (Kroatien und Dalmatien), so
dass sie neben den Welfen zum bedeutendsten süddeutschen Geschlecht aufsteigen
konnten. Von den Kindern Herzog Bertholds heiratete Agnes den König von Frankreich, Gertrud den König von Ungarn, Hedwig den Herzog von Schlesien,
Otto die Erbin der Pfalzgrafschaft Burgund und Heinrich Sophie von
Weichselburg. Mechthild wurde Äbtissin von Kitzingen, Berthold Patriarch von
Aquileja und Ekbert Bischof von Bamberg. 1208 bereits verloren die Grafen von
A. allerdings infolge angeblicher Beteiligung an der Ermordung Philipps von
Schwaben durch Otto von Wittelsbach ihre oberbayerischen Güter mit A. an die
wittelsbachischen Herzöge von Bayern, die Markgrafschaft Istrien an Aquileja
und die Hochstiftsvogtei Brixen an die Grafen von Tirol. Andererseits gewann
Graf Otto I. († 1234) durch Vermählung mit einer Enkelin Kaiser Friedrich I.
Barbarossas die Pfalzgrafschaft von Burgund. 1248 erlosch der Mannesstamm mit
Pfalzgraf Otto II. von Burgund. Das Erbe fiel an die Herzöge von Bayern, die
Grafen von Tirol, (über Graf Ottos II. jüngere Schwester) an die Burggrafen von
Nürnberg (Bayreuth), das Hochstift Bamberg (Lichtenfels) sowie an die Grafen
von Orlamünde und Truhendingen.
L.: Oefele, E., Frhr. v., Geschichte der Grafen von Andechs, 1877; Herlitz, G.,
Geschichte der Herzöge von Meran aus dem Hause Andechs, Diss. phil. Halle 1909;
Stolz, O., Geschichte des Landes Tirol, 1955, Neudruck 1973;Bosl, K.,
Europäischer Adel im 12./13. Jahrhundert. Die internationalen Verflechtungen
des bayerischen Hochadelsgeschlechts der Andechs-Meranier, Zs .f.bay.LG. 30
(1967), 20ff.; Tyroller, F., Die Grafen von Andechs, (in) Bayerische Streifzüge
durch 12 Jahrhunderte, hg. v. Fink, A., 1971, 19ff.; Auer, L., Andechs, LexMA 1
1980, 593f.; Fried, P./Winterholler, H./Mülbe, W. v. d., Die Grafen von
Dießen-Andechs, 1988; Holzfurtner, L., Die Grafschaft der Andechser, 1994;
Katalog der Ausstellung Die Andechs-Meranier, 1998; Hlawitschka,
E./Hlawitschka-Roth, E., Andechser Anfänge, 2000; Frenken, A., Hausmachtpolitik
und Bischofsstuhl, Z. f. bay. LG. 63 (2000), 711; Weller, T., Die
Heiratspolitik, 2004.
Annweiler (Reichsstadt). A. bei Landau wird 1086 erstmals
genannt. Um 1117 gelangte es durch Tausch an die Staufer. Friedrich II. verlieh
1219 das Stadtrecht. 1330 wurde die Reichsstadt an die Pfalz (Kurpfalz)
verpfändet. 1410 ging sie an Pfalz-Zweibrücken über. Von 1792 bis 1814 stand
sie unter der Herrschaft Frankreichs, kam 1815 zu Bayern und 1946 zu
Rheinland-Pfalz.
L.: Wolff 249; Biundo, G., Annweiler, Geschichte einer alten Reichsstadt, 1937;
Landkreis Bergzabern, 1962; Achtermann, W., Annweiler-Queichhambach, FS zur
700-Jahr-Feier im Stadtteil Queichhambach, 1983; Bönnen, G., Die Stadterhebung
Annweilers durch König Friedrich II. im Jahre
1219, Mitteilungen d. Hist. Vereins der Pfalz 86 (1988) ; Escher, M. u. a., Die
urbanen Zentren, 2005, 2, 27.
Aosta (Herzogtum). Das in den Westalpen gelegene,
zunächst von keltisch-ligurischen Salassen bewohnte Aostatal wurde im Jahre 25
v. Chr. von den Römern erobert, die den Ort Aosta gründeten. Über Ostgoten,
Oströmer und Langobarden kam es zum Königreich
Burgund und 1025 an das Grafengeschlecht der Humbertiner, das sich seit 1125
nach Savoyen benannte. 1191 erhielt es eine Freiheitsurkunde, auf Grund deren
A. eine im frühen 16. Jahrhundert vertiefte, bis 1773 währende Autonomie
gewann. Im frühen 19. Jahrhundert bildete das Herzogtum A. eine Art Brücke
zwischen dem Stammland Savoyen und Piemont mit der Hauptstadt Turin. Mit dem
Anfall Savoyens an Frankreich wurde A. 1860 in Italien zum von Turin aus
verwalteten Grenzgebiet. 1926 entstand innerhalb Italiens die Provinz A. mit
einem Präfekten an der Spitze und Autonomie für die teilweise
französischsprachige Bevölkerung.
L.: Tibaldi, T., Storia della valle d’Aosta, Bd. 1ff. 1902ff.; Zanotto, A.,
Histoire de la vallée d’Aoste, 1968; Omezzoli, T., Prefetti e fascismo, 1999.
Aragona (Reichsfürst). 1648 wurde Diego d‘A.,
Hofmeister der spanischen Königin, zum
Reichsfürsten erhoben.
L.: Klein 171.
Arles (Reichsstadt). A. an der unteren Rhone
kam über die keltischen Saluvier und das griechische Massilia an Rom, das unter
Cäsar die Colonia Julia Paterna Arelate Sextanorum gründete. Seit dem 3.
Jahrhundert war es Bischofssitz, 395 wurde es Hauptort Galliens und um 400 Sitz
eines Erzbischofs. 536 fiel der Ort an die Franken und wurde 879 Hauptort des Königreiches Provence. Mit dem im 10. Jahrhundert
hinzutretenden Königreich Burgund kam es - im
Arelat - 1033 an das Reich. Die Bürger von A. schüttelten 1220 die seit 921
bestehende Herrschaft des Erzbischofs ab. Damit wurde A. unter den Staufern
(1237) Reichsstadt. Bereits 1239 endete die Freiheit der Stadtgemeinde. 1251
musste sie sich Graf Karl von Anjou unterwerfen und kam 1481 mit der Grafschaft
Provence an Frankreich.
L.: Benoit, F., Arles, 1928; Benoit, F., Histoire municipale d‘Arles, 1935;
Engelmann, E., Zur städtischen Volksbewegung in Südfrankreich. Kommunefreiheit
und Gesellschaft, Arles 1200-1250, 1959; Kaiser, R., Arles, LexMA 1 1980,
953ff.
Arnstein-Barby (Grafen)(, Barby). Die Burg Barby an der
Elbe bei Magdeburg ist 814 erstmals erwähnt und 961 als Burgward bezeugt. 974
gab Kaiser Otto II. die Burg an das Stift Quedlinburg. DDas engere Gebiet um
Barby wurde spätestens am Ende des 12. Jahrhunderts durch Walther III. von
Arnstein (um 1150-nach 1196), der mit der Askanierin Gertrud von Ballenstedt
verheiratet war, unter Ausnutzung Quedlinburger Vogteirechte erworben. Er
gründete die Linie der Grafen von A. (Barby). Sein Sohn Walther IV. vereinigte
Magdeburger, Nienburger und askanische Lehen. Das engere Herrschaftsgebiet lag
um Barby, Calbe, Mühlingen (Grafschaft Mühlingen) und Schönebeck. Dazu kamen Rosenburg,
Walternienburg (Walter-Nienburg) und Zerbst (1264-1307). 1497 wurde die
Herrschaft durch König Maximilian I. zur
Reichsgrafschaft erhoben. 1540 wurde die Reformation eingeführt. Kurzzeitig
gehörte die Familie dem westfälischen Reichsgrafenkollegium an. 1659 starb die
Familie aus. Sachsen-Weißenfels, Anhalt-Zerbst und Magdeburg teilten sich das
Gebiet. Das Amt Barby fiel als erledigtes Lehen an Sachsen-Weißenfels, das
Arnstein-Barbys (Barbys) Stimme im Reichstag führte, 1746 an Sachsen
(Kursachsen) und 1815 an Preußen. Rosenburg kam als früheres Lehen Magdeburgs
an Brandenburg, die übrigen Güter gelangten als Lehen Sachsens an
Anhalt-Zerbst. 1800 umfasste das Gebiet etwa 2 Quadratmeilen (Stadt Barby und
einige Dörfer). Das Amt Rosenburg gelangte als ehemals magdeburgisches Lehen an
Brandenburg, die Ämter Walternienburg (Walter-Nienburg) und Mühlingen als
sächsische Lehen an Anhalt-Zerbst. 1807 kamen die sächsischen und preußischen
Teile zum Königreich Westphalen, 1815 wieder an
Preußen. Barby gelangte von dort an Sachsen-Anhalt.
L.: Wolff 417f.; Wallner 710 ObersächsRK 26; Stegmann, E., Burg und Schloss
Barby, Magdeburger Geschichtsblätter 66/67 (1931/32), 40ff.; Heinrich, G., Die
Grafen von Arnstein, 1961; Heinrich, G., Barby, LexMA 1 1980, 1448.
Artois (Gau, Grafschaft). Das Gebiet um Arras
zwischen Picardie und Flandern kam 932 von fränkischen, in Arras sitzenden
Grafen an die Grafen von Flandern und 1180/1191 als Mitgift Elisabeths von
Hennegau bei ihrer Verheiratung mit König
Philipp II. August an Frankreich, welches das A. 1237 in verändertem Umfang
zugunsten einer Nebenlinie zur Grafschaft erhob, die es nach dem Rückfall
(1362) 1384/1385 an die Herzöge von Burgund ausgab. 1477 fiel es als
burgundisches Erbe an Habsburg, blieb aber zwischen Frankreich und Habsburg
umstritten. Später wurde es Teil der habsburg-spanischen Niederlande. 1659
musste es teilweise, 1678 vollständig Frankreich überlassen werden.
L.: Wolff 64; Großer Historischer Weltatlas III 2 (1519-56) C3; Dhondt, J., Les
origines de la Flandre et de l‘Artois, Arras 1944; Polenz, P. v., Landschafts-
und Bezirksnamen, 1961, II, 18 Atrebatensis; Lestocquoy, J., Histoire de la
Flandre et de l‘Artois, 2. A. Paris 1966; Histoire des Pays-bas français, hg.
v. Trenard, L., 1972; Moreau, J., Dicitionnaire de géographie historique, 1972
24 ; Fossier, R., Artois, LexMA 1 1980, 1072f.
Aschaffenburg (Stift, Fürstentum, Residenz Erzbischof
von Mainz). A. wird zuerst als alemannische civitas Ascapha (Eschenfluss) des
späten 5. Jahrhunderts erwähnt. Vielleicht über die thüringischen Herzöge,
jedenfalls über die Karolinger gelangte es an die Liudolfinger. Um 957 gründete
dort Herzog Liudolf von Schwaben das Kollegiatstift St. Peter und Alexander.
982 ging A. von Otto von Bayern und Schwaben über Kaiser Otto II. an das
Erzstift Mainz über, das dort später ein Oberamt errichtete. Das Stift war um
1700 im Kanton Odenwald des Ritterkreises Franken immatrikuliert. Nach der
Eroberung Mainzs durch Frankreich 1798 wurde A. Sitz der Regierung des
Erzstifts Mainz. 1803 wurde für Karl Theodor von Dalberg, den letzten Mainzer
Kurfürsten und Reichserzkanzler, das Fürstentum A. geschaffen. Es umfasste mit
rund 1700 Quadratkilometern das alte Oberamt A., die mainzischen Ämter Aufenau,
Lohr, Orb, Stadtprozelten, Klingenberg und das Amt Aura des Hochstifts
Würzburg. 1810 wurde es zu einem Departement des Großherzogtums Frankfurt
gemacht. 1814 ging A. an Österreich und 1814/1816 an Bayern über.
L.: Wolff 80f.; Riedenauer 128; Festschrift 1000 Jahre Stift und Stadt
Aschaffenburg, hg. v. Fischer, W., 1957 (Aschaffenburger Jahrbuch für
Geschichte, Landeskunde und Kunst des Untermaingebietes); Christ, G.,
Aschaffenburg. Grundzüge der Verwaltung des Mainzer Oberstifts und des
Dalbergstaats, 1963, (in) Historischer Atlas von Bayern, Teil Franken 12;
Grimm, A., Aschaffenburger Häuserbuch, 1985; Thiel, M., Aschaffenburger
Urkundenbuch, 1 Die Urkunden des Kollegiatstifts St. Peter und Alexander bis
zum Jahre 1325, 1986; Spies, H., Von Kurmainz zum Königreich
Bayern. Änderungen der territorialen und landesherrlichen Verhältnisse im Raum
Aschaffenburg 1803-1816, Mitteilungen aus dem Stadt- und Stiftsarchiv
Aschaffenburg 2, 1987ff.; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich,
hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 2, 19.
Astfala (Hastfala, Gau Ostfalen [zwischen Oker
und Innerste?]) s. Astfalahun, Ostfalen
L.: Curs, O., Deutschlands Gaue im zehnten Jahrhundert, 1908, 2 (Königsdahlum bzw. Dahlum, Nettlingen, Großlafferde,
Kleinlafferde, Sauingen, Gadenstedt, Schmedenstedt, Hallendorf, Heerte,
Denstorf, Vöhrum, Wendhausen, Adersheim, Leinde, Dörnten, Össelse, Hotteln,
Wirringen, Heisede, Heiningen, Groß Flöthe bzw. Großflöthe, Klein Flöthe bzw.
Kleinflöthe, Ohlum bzw. Ohlhof, Bettingerode, Berßel bzw. Bersse, Aderstedt,
Groß Quenstedt bzw. Großquenstedt, Klein Quenstedt bzw. Kleinquenstedt,
Riestedt, Dittichenrode, Hildesheim); (Hessler, W., Mitteldeutsche Gaue des
frühen und hohen Mittelalters, 1957, 145 [Denstorf, Döhren, Dungelbeck, Einum,
Gadenstedt, Garbolzum, Garmissen, Hallendorf, Harsum, Heiningen, Heisede,
Heerte, Hildesheim, Hotteln, Groß Ilsede bzw. Großilsede, Kemme, Groß Lafferde
bzw. Großlafferde, Leinde, Nettlingen, Össelse, Ohlum, Poppenburg, Ruthe,
Schmedenstedt, Groß Stöckheim bzw. Großstöckheim, Üfingen, Vöhrum, Wendhausen,
Wirringen]; Gysseling, M., Toponymisch Woordenboek, 1960, 775; Polenz, P. v.,
Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, 301, Ostfalen s. Astfalahun; Wagner, G.,
Die Verwaltungsgliederung im karolingischen Reich, 1963, 9).
Aualgouwe s. Auelgau
L.: Curs, O., Deutschlands Gaue im zehnten Jahrhundert, 1908, 2 (Himberg,
Ramersdorf, Oberdollendorf und Niederdollendorf bzw. Dullendorf, Rheinbreitbach
bzw. Rheinbreitenbach, Buisdorf bzw. Zissendorf, Königswinter);
Gysseling, M., Toponymisch Woordenboek, 1960, 81; Polenz, P. v., Landschafts-
und Bezirksnamen, 1961, II, 40, 96 Aualgouwe; Polenz, P. v.,
Germanisch-deutsche Landschafts- und Bezirksnamen vom 7. bis 11. Jahrhundert,
Teil I B. Alphabetisches Namenbuch, 1. Lieferung Achilgouwe-Borhtergo, 39
Aualgouwe; Bauer, T., Die mittelalterlichen Gaue, 2000 (Westhofen, Rheidt,
Sieglar, Siegburg, Wolsdorf?, Eschmar, Buisdorf, Zissendorf, Oberdielfen?,
Niederdielfen?, Botzdorf, Roisdorf, Eckendorf, Geistingen, Geislar, Vilich,
Limperich, Ramersdorf, Rauschendorf, Berghoven, Oberkassel, Bockeroth,
Wellesberg, Oberdollendorf, Oberpleis, Blankenbach, Mattepützchen, Eudenberg, Königswinter, Quirrenbach, Hövel, Rhöndorf,
Rommersdorf?, Himberg, Rheinbreitbach, Flammersfeld?.
Auelgau (Gau [südlich der Sieg um Siegburg,
Aualgouwe)
L.: Curs, O., Deutschlands Gaue im zehnten Jahrhundert, 1908, 2 (Himberg,
Ramersdorf, Oberdollendorf und Niederdollendorf bzw. Dullendorf, Rheinbreitbach
bzw. Rheinbreitenbach, Buisdorf bzw. Zissendorf, Königswinter);
Gysseling, M., Toponymisch Woordenboek, 1960, 81; Polenz, P. v., Landschafts-
und Bezirksnamen, 1961, II, 40, 96 Aualgouwe; Polenz, P. v.,
Germanisch-deutsche Landschafts- und Bezirksnamen vom 7. bis 11. Jahrhundert,
Teil I B. Alphabetisches Namenbuch, 1. Lieferung Achilgouwe-Borhtergo, 39 Aualgouwe;
Bauer, T., Die mittelalterlichen Gaue, 2000 (Westhofen, Rheidt, Sieglar,
Siegburg, Wolsdorf?, Eschmar, Buisdorf, Zissendorf, Oberdielfen?,
Niederdielfen?, Botzdorf, Roisdorf, Eckendorf, Geistingen, Geislar, Vilich,
Limperich, Ramersdorf, Rauschendorf, Berghoven, Oberkassel, Bockeroth,
Wellesberg, Oberdollendorf, Oberpleis, Blankenbach, Mattepützchen, Eudenberg, Königswinter, Quirrenbach, Hövel, Rhöndorf,
Rommersdorf?, Himberg, Rheinbreitbach, Flammersfeld?.
Aufseß (Freiherren, Reichsritter), Aufsess.
1114 erscheinen erstmals edelfreie Herren von A. bei Ebermannstadt in
Oberfranken. Um 1550 gehörten die Freiherren von A. zum Kanton Odenwald des
Ritterkreises Franken. Daneben waren sie seit dem frühen 16. Jahrhundert (mit Königsfeld, Freienfels, Weiher [Weyher], Neidenstein,
Kainach, Stechendorf, Truppach, Mengersdorf und Obernsees) Mitglied im Kanton
Gebirg des Ritterkreis Franken. Außerdem gehörten sie am Ende des 18.
Jahrhunderts dem Kanton Baunach an. S. Bayern.
L.: Stieber; Roth von Schreckenstein 2, 593; Pfeiffer 197, 210; Riedenauer 122;
Stetten 32; Rahrbach 8; Neumaier 31.
Augsburg (Hochstift, Residenz). Das Bistum A.
wird, obwohl sichere Quellenbelege fehlen, für das 4. Jahrhundert als bestehend
angenommen. Es war der Kirchenprovinz Mailand (bis 539) und dann Aquileja
zugeordnet und könnte 450 nach Säben (bzw. später Brixen) verlegt worden sein.
Unter den Merowingern (709) könnte es neu gegründet (Bischof Wicterp 738,
Bischof Rozilo 745) und (spätestens 829) der Kirchenprovinz Mainz angegliedert
worden sein. Um 800 ging in ihm das 733-748 für seinen bayerischen Teil
gegründete Bistum Neuburg-Staffelsee auf. Es reichte von der Iller bis zu Ilm
und Walchensee sowie im Norden bis nach Feuchtwangen. Die an sich nicht
geringen, aber zerstreuten Güter des Hochstifts lagen vor allem im Oberallgäu
zwischen Iller und Lech. 1258 kam Dillingen hinzu und wurde zu seinem
Mittelpunkt bestimmt (seit Anfang des 15. Jh.s Residenz, 1544
theologisch-philosophische Universität). Allmählich löste sich das Hochstift
von der Vogtei, die im 12. Jahrhundert den Herren von Schwabegg (Schwabeck) und
nach 1167 den Staufern zustand und schließlich 1273 König
Rudolf von Habsburg überlassen wurde. Schon seit 1156 ging aber die Herrschaft über
die Stadt A. verloren. 1802/1803 wurde das Hochstift mit 43 Quadratmeilen (2365
Quadratkilometern), 100000 Einwohnern, 16 Pflegeämtern, 1 Rentamt, den Städten
Dillingen und Füssen und 19 Ämtern des Domkapitels sowie 450000 Gulden
jährlichen Einkünften säkularisiert und ging überwiegend in Bayern auf. Das
Bistum wurde 1817 der Kirchenprovinz München-Freising zugeordnet und 1821 im
Verhältnis zu Rottenburg, Brixen und Konstanz neu umschrieben.
L.: Wolff 156; Zeumer 552 II a 13; Wallner 689 SchwäbRK 2; Großer Historischer
Weltatlas II 66 (1378) F5, III 22 (1648) E4, III 38 (1815-1866) D3; Die
Territorien des Reichs 6, 8; Steichele, A./Schröder, A./Zoepfl, A., Das Bistum
Augsburg, Bd. 1-10 1861ff.; Bauerreiss, R., Kirchengeschichte Bayerns, Bd. 1ff.
1949ff., 2. A. 1958ff.; Zoepfl, F., Das Bistum Augsburg und seine Bischöfe,
1955; Fried, P., Augsburg, LexMA 1 1980, 1211ff.; Seiler, J., Das Augsburger
Domkapitel vom Dreißigjährigen Krieg bis zur Säkularisation, 1989; Böhm, C.,
Die Reichsstadt Augsburg, 1997; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen
Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 496, 1, 2, 22.
Augsburg (Reichsstadt, Reichsvogteistadt). Nach
der Eroberung Rätiens durch die Römer bestand zwischen 15 v. Chr. und 14-16 n.
Chr. links der Wertach (in Augsburg-Oberhausen) an der Kreuzung wichtiger
Straßen ein römisches Legionslager. Um 45 n. Chr. wurde auf einem Bergsporn
zwischen Lech und Wertach Augusta Vindelicum als Vorort der römischen Provinz
Rätien gegründet, der nach der Teilung der Provinz Vorort der Provinz Raetia
secunda blieb. Die Christianisierung der Bewohner ist durch eine
frühchristliche Basilika beim Dom und den Märtyrertod der heiligen Afra
bezeugt. Eine gewisse Siedlungskontinuität kann angenommen werden. Bischöfe von
A. werden für das 4. Jahrhundert angenommen und sind seit 738 nachgewiesen. 807
wird der Dom geweiht, 933-973 die 832 Augustburc genannte Siedlung um den Dom
ummauert. 1156 grenzte eine Urkunde Kaiser Friedrich I. Barbarossas die Rechte
des Bischofs und die Rechte der Bürger von einander ab. 1167/1168 ließ sich
Friedrich I. Barbarossa die Hochstiftsvogtei und die Blutgerichtsbarkeit in A.
übertragen. 1250 erhoben sich die Bürger gegen den Bischof. Nach dem Untergang
der Staufer (um 1254) kam die Vogtei 1273 durch König
Rudolf von Habsburg an das Reich. 1276 schuf sich A. ein eigenes Stadtrecht,
das Rudolf von Habsburg bestätigte (Reichsstadt). 1316 sicherte König Ludwig der Bayer, für den A. Partei ergriffen
hat, volle Reichsfreiheit zu. Das zur Reichsstadt gehörige Landgebiet blieb
auffällig klein. 1368 erkämpften sich die Zünfte die Teilnahme am
Stadtregiment. Gewerbe und Fernhandel (Fugger, Welser) begünstigten Augsburgs
Aufstieg zu einer der wichtigsten europäischen Handelsstädte, die um 1500 etwa
18000 Einwohner zählte, 1523/1524 zur Reformation überging und durch den
Dreißigjährigen Krieg schwer geschädigt wurde. 1803 noch als Reichsstadt
erhalten und durch § 27 des Reichsdeputationshauptschlusses vom 25. 2. 1803 mit
den Gütern des Hochstifts und des Reichsstifts Sankt Ulrich und Afra
entschädigt, ging das etwa 1 Quadratmeile große A. 1805/1806 an Bayern über.
L.: Wolff 210; Zeumer 555 III b 2; Wallner 689 SchwäbRK 76; Großer Historischer
Weltatlas II 66 (1378) F5, III 22 (1648) E4, III 38 (1789) D3; Schroeder 93ff.;
Die Territorien des Reichs 6, 8; Berner, E., Zur Verfassungsgeschichte der
Stadt Augsburg, 1879; Meyer, C., Geschichte der Stadt Augsburg, 1907; Eberlein,
H., Augsburg, 1939; Zorn, W., Augsburg. Geschichte einer deutschen Stadt, 1955,
2. A. 1972; Augusta 955-1955, hg. v. Rinn, H., 1955; Schleiermacher, W.,
Augusta Vindelicum, (in) Germania Romana 1, 1960; Batori, I., Die Reichsstadt
Augsburg im 18. Jahrhundert, 1969; Schröder, D., Stadt Augsburg, 1975, (in)
Historischer Atlas von Bayern, Teil Schwaben 10; Warmbrunn, P., Zwei
Konfessionen in einer Stadt. Das Zusammenleben von Katholiken und Protestanten
in den paritätischen Reichsstädten Augsburg, Biberach, Ravensburg und
Dinkelsbühl von 1548-1648, 1983; Geschichte der Stadt Augsburg, hg. v.
Gottlieb, G., 1984; Fried, P., 2000 Jahre Augsburg, (in) Schwalbe,
Hauszeitschrift der BRZ und der BayWA, 1985; Augsburger Stadtlexikon.
Geschichte, Gesellschaft, Kultur, Recht, Wirtschaft, hg. v. Baer, W. u. a.,
1985; Steuer, P., Die Außenverflechtung der Augsburger Oligarchie von 1500 bis
1620, 1988; Fassl, P., Konfession, Wirtschaft und Politik, 1988; Roeck, B.,
Eine Stadt in Krieg und Frieden. Studium zur Geschichte der Reichsstadt
Augsburg zwischen Kalenderstreit und Parität, 1989; Dietrich, R., Die
Integration Augsburgs, 1993; Augsburg in der frühen Neuzeit, hg. v. Brüning,
J., 1995; Böhm, C., Die Reichsstadt Augsburg, 1997; Möller, F., Bürgerliche
Herrschaft in Augsburg, 1998; Schorer, R., Die Strafgerichtsbarkeit in der
Reichsstadt Augsburg 1156-1548, 2000; Roeck, B., Geschichte Augsburgs, 2005;
Adelige Damenstifte Oberschwabens, hg. v. Schiersner, D., 2011.
Augsburg, Sankt Ulrich und Afra (Reichsstift).
Die Märtyrerin Afra lebte in A. und wurde wohl 304 als Christin dort
hingerichtet und auf dem römischen Friedhof bei der heutigen St. Ulrichs- und
Afra-Basilika bestattet. Ihre Verehrung in A. ist seit dem 8. Jahrhundert
vielfach bezeugt. Bereits König Pippin bedachte
St. Afra mit reichen Gütern. Jedenfalls um 800 bestand beim Grab der heiligen
Afra ein Kloster. Vermutlich war der Bischof von Augsburg anfangs zugleich Abt
des Kanonikerstiftes St. Afra, bis dieses 1012/1013 von Bischof Bruno durch ein
Benediktinerkloster ersetzt wurde, für das dann zusätzlich Bischof Udalrich
(Ulrich) (923-973) namengebend wurde. 1156 wurde das Kloster unter den Schutz
des Papstes, 1323 von Kaiser Ludwig dem Bayern unter den Schutz des Kaisers
gestellt. 1577 erhielt das Stift von Kaiser Rudolf II. Reichsunmittelbarkeit
und Reichsstandschaft, was vom Hochstift Augsburg erst nach jahrzehntelangen
Prozessen 1643 gegen eine Entschädigung anerkannt wurde. Nach diesem Urteil
wurde das Stift weiterhin von der Reichsstadt Augsburg bedrängt. Der Abt
gehörte im Reichstag zu den rheinischen Reichsprälaten, war aber im
schwäbischen Reichskreis nicht vertreten. Von der Mitte des 18. Jahrhunderts an
war das Stift stark verschuldet. Seine weit gestreuten Güter kamen 1802/1803
bei seiner Aufhebung an die Reichsstadt Augsburg und an Bayern, 1805/1806 mit
Augsburg ganz an Bayern.
L.: Wolff 228; Zeumer 552 II a 37, 6; Wallner 690 SchwäbRK 103; Hartig, M., Das
Benediktiner-Reichsstift Sankt Ulrich und Afra in Augsburg, 1923; Zoepfl, F.,
Die heilige Afra von Augsburg, Bavaria Sancta 1, 1970, 51ff.; Die Ausgrabungen
in St. Ulrich und Afra in Augsburg 1961-68, hg. v. Werner, J., Bd. 1f. 1977;
Liebhart, W., Die Reichsabtei Sankt Ulrich und Afra in Augsburg: Studien zu
Besitz und Herrschaft (1006-1803), 1982; Müntefering, R., Die Traditionen des
Klosters St. Ulrich und Afra in Augsburg, 1985; Seiler, J., Die Abtei St. Ulrich
und Afra in Augsburg, Münchener Theologische Zs. 46 (1995), 37.
Auhausen (Kloster) an der Wörnitz, wo im beginnenden 12. Jahrhundert von den Herren von A. bzw. Lobdeburc in Thüringen ein päpstliches Eigenkloster des Benediktinerordens gegründet wurde, wurde 1297 von König Adolf (von Nassau) an den Bischof von Würzburg verpfändet. 1534 wurde das Kloster von den Markgrafen von Ansbach als den Schutzvögten eingezogen. 1797 vorübergehend an Oettingen vertauscht, kam A. 1806 an Bayern.
Aulendorf (Herrschaft). A. an der Schussen
erscheint erstmals 935. 1381 gehörte es den Herren von Königsegg,
denen Kaiser Friedrich III. die Hochgerichtsbarkeit verlieh. 1629 wurde es
Residenz der (reichsunmittelbaren und dem schwäbischen Reichskreis zugehörigen)
Reichsgrafen Königsegg. 1806 fiel es an
Württemberg, über das es 1951/1952 an Baden-Württemberg gelangte.
L.: Wolff 201; Wallner 688 SchwäbRK45.
Babenberger (Geschlecht). Die älteren B. sind ein in
der Mitte des 11. Jahrhunderts nach der Burg Babenberg (Bamberg) benanntes, in
Ostfranken (Volkfeld) und zeitweise der sorbischen Mark begütertes
Adelsgeschlecht, das wegen seiner Leitnamen auch als Popponen bezeichnet wird
(Poppo I. 819-840 [im Grabfeld], Poppo II. 880-892), im Kampf um die Vormacht
in Franken den rheinfränkischen Konradinern 906 unterlag und um 945 letztmals
bezeugt wird. Zu seinen Vorfahren zählen vielleicht die Rupertiner.
Verwandtschaft mit den Liudolfingern und Hennebergern ist anzunehmen, für
Abkunft der jüngeren B. sprechen Güter im Grabfeld und Namenstraditionen. Als
erster jüngerer B. wird 976 ein marchio Liutpaldus als Markgraf der bayerischen
Mark an der Donau (Ostmark) urkundlich erwähnt, dessen Name auf das bayerische
Herzogsgeschlecht des 10. Jahrhunderts deutet. Sein Bruder Berthold († 980)
verwaltete im königlichen Auftrag den
bayerischen Nordgau mit Bamberg, doch starb die von ihm gegründete Linie der
Grafen bzw. Markgrafen von Schweinfurt 1057 mit Otto von Schweinfurt, der
Herzog in Schwaben war, aus, wobei die Güter an verschiedene Familien kamen
(Markgrafen von Meißen, Bretislav von Mähren, Andechs, Habsberg-Kastl,
Potenstein bzw. Pottenstein). Liutpolds Mark erstreckte sich beiderseits der
Donau zwischen Enns und Tulln und wurde bald nach 1000 bis zur Leitha
erweitert. Insbesondere unter dem mit der Salierin Agnes verheirateten Leopold
III. wurde die babenbergische Herrschaft mit reichem Königsgut
weiter ausgebaut. 1156 erhielten die B. als Ausgleich für den Verlust des
Leopold IV. von seinem königlichen Halbbruder
Konrad III. anvertrauten Herzogtums Bayern (1139-1156) im sog. Privilegium
minus die Erhebung der Mark (Ostmark, österreichische Markgrafschaft) zum
territorialen Herzogtum. 1180 gewann das Geschlecht beim Sturz Heinrichs des
Löwen das Gebiet zwischen Haselgraben und der Großen Mühl und vielleicht Teile
des Traungaues. 1192 erfolgte nach dem Gewinn von Teilen Oberösterreichs auf
Grund Erbvertrags von 1186 der Erwerb des Herzogtums Steiermark. 1229 wurden
Andechser Güter in Krain erworben. Das Erbe des 1246 im Mannesstamm erloschenen
Geschlechts traten nach den Wirren des Interregnums, in denen Österreich über
Margarete von Babenberg an König Ottokar II. von
Böhmen gelangt war, 1282 die Grafen von Habsburg an.
L.: Juritsch, G., Geschichte der Babenberger und ihrer Länder, 1894;
Guttenberg, E., Frhr. v., Territorienbildung am Obermain, 1927, Neudruck 1966;
Urkundenbuch zur Geschichte der Babenberger in Österreich, bearb. v. Fichtenau,
H./Zöllner, E., Bd. 1-4,1 1950ff.; Geldner, F., Zur Genealogie der ”alten
Babenberger”, Hist. Jb. 84 (1964), 257f.; Geldner, F., Neue Beiträge zur
Geschichte der alten Babenberger, 1971; Babenberger-Forschungen, hg. v. Weltin,
M., 1976; Das babenbergische Österreich, hg. v. Zöllner, E., 1978; Borgolte,
M./Scheibelreiter, G., Babenberger, LexMA 1 1980, 1321; Lechner, K., Die
Babenberger, 4. A. 1985; Faußner, H., Zur Frühzeit der Babenberger in Bayern
und Herkunft der Wittelsbacher, 1990; Weller, T., Die Heiratspolitik, 2004;
Scheibelreiter, G., Die Babenberger, 2010.
Badanachgau (Gau [nördlich der Tauber?, um
Ochsenfurt und Gaukönigshofen], Badanacgeuui,
Bathinicgowe, Badeingowe
L.: Curs, O., Deutschlands Gaue im zehnten Jahrhundert, 1908, 2
(Gaubüttelbrunn, Gaukönigshofen); Polenz, P. v.,
Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, II, 24, 26, III, 30, 33, IV, 8
(Badanahgouwe); Polenz, P. v., Germanisch-deutsche Landschafts- und
Bezirksnamen vom 7. bis 11. Jahrhundert, Teil I B. Alphabetisches Namenbuch, 1.
Lieferung Achilgouwe-Borhtergo, 47 Badanachgouwe; Niemeyer, W., Der pagus des
frühen Mittelalters in Hessen, 1968, 119 (Badanachgau).
Baden (Markgrafschaft, Kurfürstentum,
Großherzogtum, Land, Landesteil, Residenz). Das römische Aquae Aureliae
(220/221 Civitas Aurelia Aquensis) im Oostal wurde im 3. Jahrhundert von den
Alemannen zerstört. Erst 987 erscheint dann wieder ein B., das zum
Stammesherzogtum Schwaben gehört. Die Familie der Markgrafen von B. wird
erkennbar mit Markgraf Hermann (1040-1074), einem Sohn Herzog Bertholds I. von
Zähringen und einem Enkel Herzog Hermanns IV. von Schwaben, eines nahen
Verwandten der Salier. Seine Güter im Nordschwarzwald hat er offenbar als Erbe
der Grafen von Calw erlangt. Der Markgrafentitel leitet sich von der Mark
Verona des Herzogtums Kärnten ab, in der Hermann I. vor 1072 als Markgraf
erscheint. Nach der von Markgraf Hermann I. erheirateten Burg B. (Baden-Baden)
nannte sich erstmals 1112 unter Fortführung des Markgrafentitels Hermanns
gleichnamiger Sohn Hermann II. (†1130). Er hatte die Grafschaften im Breisgau
und in der Ortenau inne und erlangte durch Heirat Güter um Backnang (um 1100).
Sein Sohn Hermann III. war vermutlich mit einer Tochter König Konrads III. verheiratet und erlangte 1153 das ehemalige Königsgut Besigheim. Hermann V. erbte 1219 Pforzheim
und erwarb Durlach und Ettlingen sowie Pfandschaften über Lauffen, Sinsheim und
Eppingen. Mit dem Aussterben der Staufer (um 1254) rückte die Familie im
heutigen Mittelbaden in deren Stellung ein, die auf Lehnsgut des Klosters
Weißenburg im Elsass beruhte. Die Güter der 1190 von der Hauptlinie der
Markgrafen von B. (mit der Ortenau um Offenburg) abgespalteten Linie der
Markgrafen von Hachberg (Hochberg im Breisgau) und ihrer 1297 gebildeten
Nebenlinie Sausenberg kamen 1415 durch Kauf (Hachberg) bzw. 1503 durch Erbrecht
(Sausenberg) wieder an die Hauptlinie zurück, die zudem im 14. und 15.
Jahrhundert weitere Güter gewann (Sponheim, Lahr und Mahlberg [Lahr-Mahlberg]
zur Hälfte, 1387 die Grafschaft Eberstein zur Hälfte), im Raum um Stuttgart (u.
a. 1504/1595 Besigheim, Mundelsheim) aber den Grafen von Württemberg weichen
musste, so dass B. ein fast ausschließlich oberrheinisches Herrschaftsgebiet
wurde, das hinter Habsburg und Württemberg zurückstand. 1515 erhielt Bernhard
III. von B. die luxemburgischen und sponheimischen Güter (Baden-Baden), Ernst
die breisgauischen Güter (Hachberg bzw. Hochberg, Sausenberg, Rötteln,
Badenweiler, sog. Markgräflerland [Baden-Durlach]) und Philipp die restlichen
Güter. Dazu kamen 1535 aus dem Anteil Philipps Stadt und Schloss Baden, das
Gebiet südlich des Flusses Alb, die Herrschaft Beinheim und die Vogtei über
Herrenalb und Frauenalb für Bernhard III. sowie Pforzheim, Durlach, Altensteig,
Liebenzell und das Gebiet nördlich der Alb für Ernst, so dass sich (von
1515/1535 bis 1771) eine obere Markgrafschaft Baden-Baden und eine untere
Markgrafschaft Baden-Durlach (Residenz in Pforzheim, seit 1724 in Karlsruhe)
gegenüberstanden. Baden-Durlach wurde 1556 evangelisch, Baden-Baden nach 1555
(später aber rekatholisiert). Von 1594 bis 1622 besetzte Baden-Durlach
Baden-Baden. Baden-Durlach trat zwecks Aufbringung der bei der Besetzung
entstandenen Kosten Besigheim, Mundelsheim, Altensteig und Liebenzell an
Württemberg ab, erwarb aber Malsch und Langensteinbach. Von 1635 bis 1648 kam
Baden-Durlach vorübergehend an Baden-Baden. 1654 erließ Baden-Durlach ein
Landrecht und eine Landesordnung. 1666/1667 erwarb Baden-Baden Teile der
Grafschaft Eberstein. 1771 beerbte Baden-Durlach, das sich zum Musterstaat des
aufgeklärten Absolutismus entwickelt hatte, Baden-Baden. Um 1785 umfasste B. -
das um 1780 mit Argenschwang und einem Teil Weilers auch Mitglied des Kantons
Niederrheinstrom des Ritterkreises Rhein und außerdem des Kantons Odenwald des
Ritterkreises Franken war - 3500/3600 Quadratkilometer mit etwa 174000/190000
Einwohnern. 1796 verlor es seine linksrheinischen Gebiete an Frankreich (Amt
Rhodt bei Landau [Baden-Durlach], Herrschaft Beinheim im Unterelsass, Amt
Gräfenstein bei Pirmasens, Herrschaften Hesperingen und Rodemachern in
Luxemburg und Teile der Grafschaft Sponheim im Hunsrück). Um 1800 umfasste B.
ein Gebiet von 27 Quadratmeilen. Am 25. 2. 1803 wurde B. durch § 5 des
Reichsdeputationshauptschlusses zum Kurfürstentum erhoben und durch die
rechtsrheinischen Teile der Pfalz (Heidelberg, Mannheim, Ladenburg, Bretten)
und die Hochstifte Konstanz, Basel (teilweise), Straßburg (teilweise), Speyer
(teilweise), die hanau-lichtenbergischen bzw. hessen-darmstädtischen Ämter
Lichtenau und Willstätt, die nassau-usingische Herrschaft Lahr, die
Reichsabteien Petershausen, Gengenbach, Odenheim und Salem (ohne Ostrach), die
Reichsstädte Offenburg, Pfullendorf, Gengenbach, Biberach (1806 an
Württemberg), Zell am Harmersbach, Überlingen, Wimpfen (später an Hessen), das
Reichstal Harmersbach und die Klöster Schwarzach, Frauenalb, Allerheiligen,
Lichtental, Ettenheimmünster, Öhningen und Reichenau sowie kleinere Güter
entschädigt, wodurch sich sein Umfang auf 7200 Quadratkilometer mit 445000
Einwohnern vermehrte (Februar-Mai 1803 13 Organisationsedikte Johann Niklas
Friedrich Brauers). 1805 erwarb es vom Herzog von Modena/Österreich den größten
Teil des Breisgaues, die Ortenau, die Baar mit Villingen, die Stadt Konstanz
und die Kommende Mainau des Deutschen Ordens mit insgesamt 2530
Quadratkilometern und 160000 Einwohnern. Durch den Beitritt zum Rheinbund 1806 wurde
es Großherzogtum und erhielt die Fürstentümer Fürstenberg, Leiningen, Krautheim
(Salm-Krautheim), die Landgrafschaft Klettgau, die Reichsgrafschaft Bonndorf,
das Johanniterpriorat Heitersheim, die südlich des Mains gelegenen Teile der
Fürstentümer Wertheim und die eingeschlossenen Güter der Reichsritterschaft.
1806 wurden einige Gebietsänderungen mit Württemberg vereinbart. 1810 erhielt
B. die seit 1805 württembergische Landgrafschaft Nellenburg und obere
Grafschaft Hohenberg gegen Randgebiete im Schwarzwald (an Württemberg) und
Amorbach (an Hessen-Darmstadt). Damit umfasste es etwa 15000 Quadratkilometer
mit ungefähr 975000 Einwohnern. Zum 1. 1. 1810 übernahm B. den Code Napoléon in
der Form des Badischen Landrechts, der die Geltung des baden-badischen Landrechts
von 1588, des baden-durlachischen Landrechts von 1654, des kurpfälzischen
Landrechts von 1610, der Solmser Gerichts- und Landesordnung von 1571, des
Mainzer Landrechts von 1755, zahlreicher vorderösterreichischer Verordnungen
und der Statuten Gengenbachs, Offenburgs, Pfullendorfs, Überlingens und Zells
am Harmersbach auf seinem Gebiet beendete. 1818 erhielt es eine Verfassung
(konstitutionelle Monarchie). Zugleich musste es an Bayern das Amt Steinfeld
(bis 1810 Rothenfels [Rotenfels]) im Mainkreis und Tauberkreis und Teile
Leiningens abtreten, erhielt aber von Österreich das Fürstentum von der Leyen.
1819 konnte es die Herrschaft Geroldseck (Hohengeroldseck) erwerben. 1830 wurde
der Abkömmling Leopold des Großherzogs Karl Friedrich von B. mit Luise Geyer
von Geyersberg (seit 1796 Reichsgräfin von Hochberg) Großherzog in B., das
allmählich zum liberalen „Musterländle“ wurde. 1870 trat B. in den
Norddeutschen Bund bzw. das Deutsche Reich ein. Am 22. 11. 1918 dankte
Großherzog Friedrich II. ab. Im März 1933 übernahmen die Nationalsozialisten
die Regierung. 1945 wurde B. in das amerikanisch besetzte Nordbaden (wie
Nordwürttemberg Teil Württemberg-Badens) mit Stuttgart als Hauptstadt und das
französisch besetzte Südbaden (B.) mit Freiburg als Hauptstadt geteilt,
1951/1952 ging es im neuen Baden-Württemberg auf.
L.: Wolff 163; Winkelmann-Holzapfel 141; Riedenauer 128; Die Territorien des
Reichs 5, 124; Beschreibung des Oberamtes Besigheim, hg. v. kgl. stat.-top.
Bureau, 1853, Neudruck 1962; Heyck, E., Geschichte der Herzöge von Zähringen,
1891; Regesten der Markgrafen von Baden und Hachberg, bearb. v. Fester,
R./Witte, H., 1892ff.; Fester, R., Markgraf Bernhard I. und die Anfänge des
badischen Territorialstaates, 1896; Krieger, A., Topographisches Wörterbuch des
Großherzogtums Baden, 1903-1905; Curtaz, L., Die Autonomie der
standesherrlichen Familien Badens in ihrer geschichtlichen Entwicklung und nach
geltendem Recht, Diss. jur. Heidelberg 1908; Gothein, E., Die badischen
Markgrafschaften im 16. Jahrhundert, 1910; Krieger, A., Badische Geschichte,
1921; Lautenschlager, F./Schulz, W., Bibliographie der badischen Geschichte,
Bd. 1ff. 1929ff.; Gärtner, K., Heimatatlas der Südwestmark Baden, 1937; Hölzle,
E., Der deutsche Südwesten am Ende des alten Reiches, 1938; Baden im 19. und
20. Jahrhundert, 1948; Haebler, R., Badische Geschichte. Die alemannischen und
pfälzisch-fränkischen Landschaften am Oberrhein in ihrer politischen,
wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung, 1951, Neudruck 1987; Arndt, E.,
Vom markgräflichen Patrimonialstaat zum großherzoglichen Verfassungsstaat
Baden, ZGO N.F. 62 (1953); Merkel, R., Studien zur Territorialgeschichte der
badischen Markgrafschaft in der Zeit vom Interregnum bis zum Tode Markgraf
Bernhards I. (1250-1431), Diss. phil. Freiburg 1953; Sütterlin, B., Geschichte
Badens, 1967, 2. A. 1968; Jänichen, H./Schröder, K., 150 Jahre amtliche
Landesbeschreibung in Baden-Württemberg, Zeitschrift für württembergische
Landesgeschichte 33 (1974); Straub, A., Das badische Oberland im 18. Jahrhundert,
1977; Stiefel, K., Baden 1648-1952, Bd. 1, 2 1978; Wunder, G., Zur Geschichte
der älteren Markgrafen von Baden, Württembergisch-Franken 1978, 13ff.;
Schwarzmaier, H., Baden, LexMA 1 1980, 1337f.; Das Großherzogtum Baden zwischen
Revolution und Restauration 1849-1851, hg. v. Real, W., 1983; Das Land
Baden-Württemberg. Amtliche Beschreibung nach Kreisen und Gemeinden, hg. v. der
staatlichen Archivverwaltung Baden-Württemberg, Bd. 1ff. 1983; Müller, H., Das
Großherzogtum Baden und die deutsche Zolleinigung 1819-1835/36, 1984; Sauer,
P., Napoleons Adler über Württemberg, Baden und Hohenzollern, 1987; Wunder, G.,
Die ältesten Markgrafen von Baden, ZGO 135 (1987); Schwarzmaier, H., Von der
Fürsten Tailung. Die Entstehung der Unteilbarkeit fürstlicher Territorien und
die badischen Teilungen des 15. und 16. Jahrhunderts, Bll. f. dt. LG. 126
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Furtwängler, M., Die Standesherren in Baden, 1996; Repertorium der
Policeyordnungen der frühen Neuzeit, hg. v. Härter, K./Stolleis, M., Bd. 3
1999; Schlinker, S., Fürstenamt und Rezeption, 1999, 208; Schnabel, T.
Geschichte von Baden und Württemberg 1900-1952, 2001; … so geht hervor’ ein
neue Zeit, hg. v. Kohnle, A. u. a, 2003; Andermann, K., Die Markgrafen von
Baden und der Adel im südlichen Ufgau und in der nördlichen Ortenau, ZGO 151
(2003), 93; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W. u. a., 2003, 1, 1, 37, 748; Engehausen, F., Kleine Geschichte
des Großherzogtums Baden 1806-1918, 2005; Schwarzmaier, H., Baden, 2005;
Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 500, 2, 41; Kohnle, A., Kleine
Geschichte der Markgrafschaft Baden, 2006; Die Protokolle der Regierung von
Baden, Bd. 1 bearb. v. Hochstuhl, K., 2006; 1806 – Souveränität für Baden und
Württemberg. Beginn der Modernisierung?, hg. v. Schindling, A. u. a., 2007;
Weber-Krebs, F., Die Markgrafen von Baden im Herzogtum Luxemburg (1487-1797),
2007; Laufs, A., Das Eigentum an badischen Kulturgütern aus der Zeit der
Monarchie, 2008; Weber, R., Kleine Geschichte der Länder Baden und Württemberg
1918-1945, 2008.
Baindt (Reichsabtei). 1227 sammelten sich
Frauen in Seefelden, 1231 in Mengen, dann in Boos bei Saulgau. Ihnen stellte
Papst Gregor IX. am 20. 6. 1236 eine Gründungsurkunde für eine
Zisterzienserinnenabtei aus. 1240/1241 verlegte der Schenk und Landvogt Konrad
von Winterstetten die Abtei nach B. Kaiser Friedrich II. gewährte ihr den
Schutz des Reiches (21. 8. 1240, März 1241). Die Abtei unterstand der
geistlichen Aufsicht Salems und hatte kein eigenes Herrschaftsgebiet. 1803
wurde die reichsunmittelbare Abtei mit Sitz im schwäbischen Prälatenkollegium
des Reichstags säkularisiert und fiel an den Grafen von Aspremont
(Aspremont-Linden). 1806 kam sie an Württemberg und damit B. 1951/1952 an
Baden-Württemberg.
L.: Wolff 194; Zeumer 552 II a 36, 21; Wallner 690 SchwäbRK 102; Großer
Historischer Weltatlas III 38 (1789) C4; Erzberger, M., Die Säkularisation in
Württemberg 1802-1810, 1902; Schützbach, B., Chronik und Heimatbuch der Gemeinde
Baindt - Hortus Floridus, 1981; Reden-Dohna, A. v., Reichsstandschaft und
Klosterherrschaft. Die schwäbischen Reichsprälaten im Zeitalter des Barock,
1982; Woll, G., Das Zisterzienserinnenkloster Baindt, Tübingen 1983
(Magisterarbeit); Riechert, U., Oberschwäbische Reichsklöster im
Beziehungsgeflecht mit Königtum, Adel und
Städten, 1986; Baindt: hortus floridus. Festschrift zur 750-Jahrfeier, hg. v.
Beck, O., 1990.
Baldenwil (Reichsdorf), Baldwile. Am 26. 2. 1409
bestätigte König Ruprecht dem Eberhard von
Ramschwag unter anderem die freien Leute zu B. (bei Herisau in der Schweiz).
L.: Hugo 473.
Bamberg (Hochstift, Residenz). Das schon in der
Hallstattzeit und wieder seit dem 8. Jahrhundert besiedelte B., in dem 741/742
eine Missionskirche gegründet wurde, wird seit Beginn des 10. Jahrhunderts als
Castrum Bavenberg, Babenberg - auf dem Domberg - benannt (902 castrum
Babenberh). Es war in karolingischer Zeit und nach dem Untergang der nach ihm
benannten, im Volkfeld begüterten Babenberger 906 Königsgut,
kam von Kaiser Otto II. 973 an Herzog Heinrich den Zänker von Bayern, von
dessen Sohn Heinrich II. und seiner Gemahlin Kunigunde, die es als Morgengabe
erhalten hatte, 1007 an die in B. seit 1002 errichtete Kirche, die 1007 zur
Bischofskirche der Slawenmission erhoben wurde. Das neue, bald dem Papst
unmittelbar unterstellte Bistum wurde kaiserliches Stift und erhielt vor allem
Würzburger und Eichstätter Gebiete (Fürth, Hersbruck, Erlangen, Vilseck,
Forchheim [1062], Höchstadt [1157], Reichenhall). Die Zahl der Pfarreien
vermehrte sich von etwa 30 bei der Gründung im Laufe des Mittelalters auf mehr
als 200, doch blieb das Bistum, eingeengt von Würzburg (Banz, Ebrach),
Eichstätt (Nürnberg) und Regensburg (Egerland), insgesamt klein. Die Grundlage
des Hochstifts bildeten reiche Gaben König
Heinrichs II. im Volkfeldgau und Radenzgau (u. a. Theres aus dem 906 von den
älteren Babenbergern an das Reich gelangten Gut), in Bayern und (vor allem zur
Sicherung von Alpenübergängen in) Kärnten, sowie auch der Steiermark,
Oberösterreich und Tirol (Villach mit Tarvis und Pontafel, Wolfsberg und
Bleiberg, Sankt Veit an der Glan, Rottenmann, Gleink, Kirchdorf, Schlierbach,
Spital am Pyhrn, Windischgarsten, Attersee, Frankenburg, Kammer, Kogl, Sankt
Georgen im Attergau, Friedburg, Mattighofen, Weilbach, Ebbs, Kitzbühel, Gais,
Neuhaus, Sankt Georgen in Taufers sowie Wiesing, Antiesenhofen, Aschach,
Wiesenberg, Erding, Wien - unter - St. Veit, Hainburg, Attegau – Hausruck,
Geboldskirchen, Allhaming, Haag, Sankt Georg am Ybbsfeld, Sankt Martin im
Lungau, Kuenburg, Wasserleonburg, Villach – Kanaltal, Feldkirchen, Lavanttal,
Griffen, Mahrenberg., die danach noch abgerundet werden konnten) und später
auch im Westen des Reiches. Trotz etwa der Verluste von Gütern im Nordgau
(Hersbruck, Velden, Auerbach) gelang es den Bischöfen, begünstigt durch das
Aussterben der Grafen von Schweinfurt, der Grafen von Abenberg, der die Vogtei
innehabenden Grafen von Andechs (1248 Lichtenfels) und der Herren von
Schlüsselberg bis zum Ende des 14. Jahrhunderts durch Erbschaft und Kauf ihre
weltliche Herrschaft auf etwa die Hälfte des Bistums auszudehnen, wobei sie
sich auch auf mehrere Grafschaften und seit 1248 auf das kaiserliche
Landgericht B. stützen konnten. 1435 setzten sich die Bischöfe im Kampf um die
Stadt B. gegen die Bürger durch. 1507 entstand die Bamberger
Halsgerichtsordnung, die zum Vorbild für die Constitutio Criminalis Carolina
von 1532 wurde. In der Reformation verlor das Bistum zwei Drittel aller
Pfarreien, wurde aber teilweise rekatholisiert. 1631 wurde es durch Gustav
Adolf von Schweden erobert und dem Herzogtum Franken zugeteilt, 1648 aber
wiederhergestellt. 1647 erhielt es eine Hochschule, die 1735/1772
Volluniversität wurde (bis 1803). 1759 kamen die Kärntner Güter durch Kauf an
Österreich. Am 9. 11. 1769 erlässt der Bischof ein Landrecht (nur Teil 1 Civil-
oder sogenannte bürgerliche Sachen betreffend). Um 1800 war B. Mitglied der
Kantone Gebirg, Steigerwald und Baunach des Ritterkreises Franken. 1803 fiel
das Fürstbistum mit etwa 65 Quadratmeilen bzw. 3580 Quadratkilometern Fläche,
220000 Einwohnern und 1,5 Millionen Gulden Einkünften an Bayern. 1817 wurde
eine neue Kirchenprovinz B. mit den Bistümern Würzburg, Eichstätt und Speyer
als Suffraganen geschaffen.
L.: Wolff 97; Zeumer 552 II a 6; Riedenauer 128; Die Territorien des Reichs 4,
146; Zöpfl, H., Das alte Bamberger Recht, 1839; Looshorn, J., Die Geschichte
des Bistums Bamberg Bd. 1ff. 1886ff., Neudruck 1967; Knochenhauer, T./Chroust,
A., Chroniken der Stadt Bamberg, 1907ff.; Wretschko, A. v., Skizzen zur
bambergischen Zentralverwaltung in Kärnten, FS Zeumer 1909; Guttenberg, E.,
Frhr. v., Die Territorienbildung am Obermain, 1927, Neudruck 1966; Guttenberg,
E. Frhr. v., Die Regesten der Bischöfe von Bamberg, 1932ff.; Hofmann, M., Die
Außenbehörden des Hochstifts Bamberg und der Markgrafschaft Bayreuth, Jb. für
fränk. Landesforschung 3, 4 (1937, 1938); Neukamm, W., Territorium und Staat
der Bischöfe von Bamberg, 84. Bericht d. Hist. Ver. Bamberg (1949);
Heinhold-Fichtner, K., Die Bamberger Oberämter Kronach und Teuschnitz, 1951,
Schr. des Inst. für fränk. Landesforschung, Hist. Reihe Bd. 3; Mayer, T., Die
Anfänge des Bistums Bamberg, FS Stengel, E., 1952; Kist, J., Fürst- und
Erzbistum Bamberg, 3. A. 1962; Henberg, E. Frhr. v./Wendehorst, A., Das Bistum
Bamberg, Bd. 1ff. Germania Sacra II, 1, 1, Neudruck 1963; Schimmelpfennig, B.,
Bamberg im Mittelalter, 1964; Guttenberg, E. Frhr. v./Wendehorst, A., Das
Bistum Bamberg 2, Germania Sacra II, 1, 2, 1966; Ragger, M., Die Organisation
der bambergischen Verwaltung in Kärnten, Diss. phil. Wien 1969 (masch.schr.);
Weiss, H., Bamberg, 1974, (in) Historischer Atlas von Bayern, Teil Franken
Reihe I, 21; Berbig, H., Das kaiserliche Hochstift Bamberg und das Heilige
Römische Reich vom westfälischen Frieden bis zur Säkularisation, Bd 1f. 1976;
Caspary, H., Staat, Finanzen, Wirtschaft und Heerwesen im Hochstift Bamberg
(1672-1693), 1976; Schwarz, K./Geldner, F., Bamberg, LexMA 1 1980, 1394ff.;
Bibliographie zur Geschichte von Stadt und Hochstift Bamberg 1945-1975, hg. v.
Grimm, C., Bd. 1ff. 1985; Nöth, S., Urbare und Wirtschaftsordnungen des
Domstifts Bamberg, T. 2 Die Grundherrschaft des Domstifts Bamberg im späteren
Mittelalter, 1986; Rössler, W., Landkreis Bamberg, 1988; Zimmermann, G., Das
Hochstift Bamberg und seine Anrainer. Grundzüge der Territorialstruktur im
westlichen Oberfranken, (in) Weltbild und Kartographie im Hochstift Bamberg,
1988; Das Bistum Bamberg in Geschichte und Gegenwart, 1992; Urban, J.,
Pfarreien, Klöster und Stifte, 1994; Register zu Johann Looshorns Geschichte
des Bistums Bamberg, 1998; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich,
hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 498, 1, 2, 31; Kropf, E., Spurensuche.
Bamberger Rechte und Einflüsse in Österreich, Italien, Slowenien und der
Schweiz, 2004; Pflefka, S., Das Bistum Bamberg, Franken und das Reich in der
Stauferzeit, 2005; Das Bistum Bamberg um 1007, hg. v. Urban, J., 2006;
Missionierung und Christianisierung im Regnitz- und Obermaingebiet, hg. v.
Bergmann, R. u. a., 2007; Bradford Smith, W., Reformation and the German
Territorial State Upper Franconia 1300-1630, 2008.
Bar (Grafen, Herzöge, Residenz). Das Gebiet
an der oberen Maas stand seit etwa 959 unter der Herrschaft der Herzöge von Lothringen
(Oberlothringen). Um 960 errichtete Herzog Friedrich I. an der Grenze
Lothringens zur Champagne die Burg Barrum Ducis (Bar-le-Duc). Die umliegenden
Güter fielen beim Tod Herzog Friedrichs II. 1033 über eine Tochter an die
späteren Grafen von B. Zu ihren Gütern gehörten Bar-le-Duc, Gondrecourt, die
Vogtei über Saint-Mihiel (Saint Mihiel), Amance, Mousson an der Mosel sowie
Briey mit Diedenhofen (Thionville), das später an Luxemburg kam. Nachdem 1284
Frankreich die Champagne erlangt hatte, musste Graf Heinrich III. 1301 die
Güter links der Maas mit B. dem König von
Frankreich zu Lehen auftragen. Am 13. 3. 1354, an dem Luxemburg Herzogtum
wurde, fasste Karl IV. die beim Reich verbliebenen Gebiete der Grafschaft zur
Markgrafschaft Pont-à-Mousson zusammen, womit die Grafen von B. als Herren der
Stadt Pont-à-Mousson Reichsfürsten wurden. Noch im gleichen Jahr nahmen sie den
Herzogstitel an. 1415 fiel das Herzogtum an Ludwig, Bischof von Verdun, der
seinen Großneffen René d'Anjou adoptierte, so dass B. 1420 mit Lothringen
vereinigt wurde. Mit dem Reich war das Herzogtum B. nur nominell verbunden. In
Verfassung und Sprache neigte es Frankreich zu, von dem es 1634 besetzt wurde.
1659 wurde es Lehen Frankreichs. Am 5. 10. 1735 kam es (für den Verzicht auf Polen)
an Stanislaus Leszczynski, 1738 tatsächlich und 1766 auch formell an
Frankreich.
L.: Wolff 303; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) C4, II 78 (1450) F4,
III 22 (1648) B4; Servais, V., Annales historiques du Barrois de 1352 à 1411,
Bd. 1, 2 1865ff.; Grosdidier de Matons, M., Le Comté de Bar, 1921; Grosdidier
de Matons, M., Catalogue des actes de Bar de 1022 à 1239, 1922; Bichelonne, F.,
Le comté de Bar après le traité de Bruges, Diss. masch.schr. 1962 (Ec. de
Chartes); Actes des comtes de Bar, I, 1033-1190, hg. v. Parisse, M., 1972
(masch.); Thomas, H., Zwischen Regnum und Imperium. Die Fürstentümer Bar und
Lothringen zur Zeit Kaiser Karls IV., 1973; Poull, G., La maison de Bar, Bd. 1
(bis 1239), 1977; Thomas, H./Parisse, M., Bar, LexMA 1 1980, 1427f. ;
Schlinker, S., Fürstenamt und Rezeption, 1999, 156 (Pont-á-Mousson und Bar);
Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W. u.
a., 2003, 1, 1, 43; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 458, 2, 43.
Barmstedt (Amt). Nach B. bei Pinneberg nannten
sich im 12. Jahrhundert Herren von B. (Barmstede). Das Dorf gehörte zu dem Teil
der Herrschaft Pinneberg, der nach dem Aussterben der Grafen von Schaumburg
(Schauenburg) 1640 an den Herzog von Gottorp (Gottorf) fiel. Dieser verkaufte
1649 das Amt B. an den königlichen Statthalter
Christian Rantzau, der 1650 zum Reichsgrafen erhoben wurde. 1726 zog der König von Dänemark das Amt ein. 1865 kam B. zu
Preußen, 1946 zu Schleswig-Holstein. S. Rantzau, Schleswig-Holstein.
L.: Wolff 455; Barmstedt. Stadt und Kirchspiel. Eine geschichtliche Schau, hg.
v. Dössel, H., Teil 1ff. 1936ff.
Barr, Barre (Reichsdorf, Herrschaft). B. am
Ostfuß der Vogesen war ursprünglich Reichsgut. Am 6. 6. 1409 erlaubte König Ruprecht seinem Sohn, dem Pfalzgrafen Ludwig bei
Rhein, das Reichsdorf (Barre) - sowie Heiligenstein, Gertweiler (Gertwiler),
Goxweiler (Goxwiler), Oberburgheim und Niederburgheim - als Reichspfandschaft
innezuhaben. 1472 kam die daraus gebildete Herrschaft an die Pfalz, 1568 durch
Kauf an die Reichsstadt Straßburg. 1790 endete sie innerhalb Frankreichs.
L.: Hugo 470; Wolff 295; Hölzle, Beiwort 91; Crämer, M., Verfassung und
Verwaltung Straßburgs 1521-1681, 1931; Wunder, G., Das Straßburger Landgebiet,
1967.
Basel (Fürstbistum, Hochstift, Residenz). B.
wird erstmals durch Ammianus Marcellinus zum Jahre 374 bezeugt, ist aber sowohl
urnenfelderzeitlich wie auch keltisch und römisch (ca. 15 v. Chr.) besiedelt.
Im 5. Jahrhundert erscheinen die ersten alemannischen, im 6. Jahrhundert die ersten
fränkischen Gräber. Um die Mitte des 8. Jahrhunderts setzt mit Bischof Wala
eine einigermaßen durchgehende Liste von in B. residierenden Bischöfen ein,
deren Bistum dem Erzbistum Besançon untersteht und vielleicht am Anfang des 7.
Jahrhunderts von (Basel-)Augst (Augusta Rauracorum) nach B. übertragen wurde.
1033 wurde B. durch Eingliederung des Königreichs
Hochburgund, dem es seit 912 angehörte, in das Reich reichsunmittelbar. Die
weltliche Herrschaft der Bischöfe wurde vor allem durch die Schenkung Moutier-Grandvals
(Münster-Granfelden) seitens Rudolfs III. von Burgund (999/1000) begründet.
Dazu kamen verschiedenartige Rechte und Güter (Grafschaft Härkingen bzw.
Herkingen 1080, Herrschaft Rappoltstein im Elsass 1163), die aber teilweise
rasch wieder vorloren gingen (z. B. Vogtei über die Stadt). Im 13. Jahrhundert
wurden die Herrschaften und Vogteien Birseck (Reichslehen), Asuel, Ajoi (=
Elsgau), Sornegau, Saint-Ursanne (Saint Ursanne), Moutier-Grandval, Biel, La
Neuveville, Montagne de Diesse (Montagne de Disse, Tessenberg), Erguel und die
Grafschaften Homberg und Pfirt (bis 1324) erworben bzw. gesichert, im 14./15.
Jahrhundert die Herrschaften Chauvilier (Chauvelin), Hartmannsweiler, Buchegg
und Franquemont. Seit dem 13. Jahrhundert begann sich allerdings gleichzeitig
die Stadt aus der Herrschaft der bischöflichen Stadtherren, die seit 1395 meist
in Pruntrut oder Delsberg residierten, in B. selbst aber noch 1460 eine neue
Universität gründeten, zu lösen und eine eigene Herrschaft aufzubauen
(endgültige Ablösung der Ansprüche 1585). Der südliche Jura geriet seit der
Mitte des 14. Jahrhunderts allmählich unter den Einfluss der Eidgenossenschaft.
1528 verbot die Reichsstadt B. den Katholizismus und zog die hochstiftischen
Güter im Sornegau, Buchsgau, Sisgau und Frickgau an sich. Der Bischof verlegte
seinen Sitz bleibend nach Pruntrut (Porrentruy) und verband sich 1577 mit den
katholischen Kantonen der Eidgenossenschaft. Zum Hochstift gehörten schließlich
Biel, Neuenstadt und die Herrschaften Erguel, Ilfingen (Illfingen), Tessenberg,
Delsberg (Reichslehen), Pruntrut, Zwingen, Birseck (Reichslehen), Pfeffingen
(Reichslehen), Schliengen (Reichslehen) und Freibergen (Freienberge)
(Reichslehen) mit 20 Quadratmeilen und 60000 Einwohnern. 1792 besetzen
Revolutionstruppen Frankreichs die zum Reich gehörigen Teile Basels,
verwandelten sie in eine Raurakische Republik und gliederten sie am 23. 3. 1793
Frankreich ein (Departement du Mont Terrible). 1793 wurden die eidgenössischen
Teile Basels annektiert. Der kleine rechtsrheinische Teil des Hochstifts kam
1803 an Baden. Der Wiener Kongress (1815) bestätigte im Übrigen die
Zugehörigkeit zur Schweiz (Kantone Bern [als Ausgleich für die
Verselbständigung des Aargaus und der Waadt], Basel [Birseck] und Neuenburg)
und zu Frankreich.
L.: Wolff 237, 539; Zeumer 552 II a 21; Wallner 695 OberrheinRK 8; Zeumer
552ff. II a 21; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) D5, II 72 (bis 1797)
C1, III 38 (1789) C5; Trouillat, J., Monuments de l'ancien évêché de Bâle, Bd.
1ff. 1825ff.; Vautrey, L., Histoire des évêques de Bâle, Bd. 1f. 1884ff.; Rohr,
H., Die Entstehung der weltlichen Gewalt der Bischöfe von Basel, 1915; Gaus,
K., Geschichte der Landschaft Basel und des Kantons Basel, 1932; Hieronymus,
K., Das Hochstift Basel im ausgehenden Mittelalter, 1938; Mayer-Edenhauser, T.,
Zur Territorialbildung der Bischöfe von Basel, ZGO N.F. 52 (1939); Seith, G.,
Die rechtsrheinischen Gebiete des Bistums Basel und ihr Übergang an Baden,
Diss. jur. Freiburg 1950; Fellmann, R., Basel in römischer Zeit, 1955; Bühler,
M., Gewohnheitsrecht und Landesherrschaft im ehemaligen Fürstbistum Basel,
1972; Marchal, G. u. a., Basel, LexMA 1 1980, 1505ff.; Kümmell, J., Bäuerliche
Gesellschaft und städtische Herrschaft im Spätmittelalter. Zum Verhältnis von
Stadt und Land im Fall Basel/Waldenburg 1300-1535, 1983; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 503, 1, 2, 39;
Gröbli, F., Bibliographie von Basel, 2005; Meyer, W., Da verfiele Basel
überall, 2006.
Báthory (Reichsfürst). Das siebenbürgische
Fürstengeschlecht B. erscheint um 1250 erstmals. Zwischen den Türken und den Königen von Ungarn errang es eine verhältnismäßig
große Selbständigkeit. Durch Vertrag von 1595 wurden Fürst Sigismund B. aus
Siebenbürgen und seine Nachkommen zu Reichsfürsten erhoben. 1613 starb das
Fürstengeschlecht aus.
L.: Klein 176; Bogyay, T. v., Báthory, LexMA 1 1980, 1550.
Bauerbach (Reichsdorf). B. bei Bretten ist 778/779
erstmals als Gut Lorschs genannt (Burbach). Von Lorsch ging es an das Kloster
Hirsau über. Vermutlich über die Staufer kam die Vogtei über den Ort an das
Reich. 1305 gab König Albrecht I. B. an Zeisolf
von Magenheim. Am 18. 7. 1330 verpfändete Kaiser Ludwig der Bayer dem Albrecht
Hofwart von Kirchheim die Vogtei. Die Magenheim traten ihre Rechte an die
Hofwarte ab, die B. zeitweise weiterverpfändeten. Seit 1463 übernahm die Pfalz
die Schirmhoheit und ließ sich darin auch durch den Verkauf des Ortes samt
Vogtei durch Hirsau an das Domkapitel in Speyer (1511) nicht beeinträchtigen.
1803 kam B. an Baden und damit 1951/1952 zu Baden-Württemberg.
L.: Hugo 452, 460; Bickel, O./Bickel, B., Bauerbach. Vom Reichsdorf zum
Brettener Stadtteil, 1978.
Bautzen (Land). Das von dem altsorbischen
Personennamen Budych abgeleitete B. war seit Beginn der slawischen Besiedlung
Hauptort des Stammesgebiets der Milcanen. Nach längeren Kämpfen konnte König Konrad II. das Gebiet um B. gewinnen. 1081 kam
es als Reichslehen an den Herzog von Böhmen. Dort verblieb es mit Ausnahme
kürzerer Zwischenzeiten (1113-1115, 1143-1156 [Markgrafen von Meißen],
1262-1319 [Askanier], 1469-1490) bis 1635 und wuchs seit dem 15. Jahrhundert
mit den Ländern Görlitz und Zittau zur Oberlausitz zusammen.
L.: Wolff 470; Ludat, H., An Elbe und Oder um das Jahr 1000, 1971; Ludat, H.,
Bautzen, LexMA 1 1980, 1692f.; Schrammek, R., Verkehrs- und Baugeschichte der
Stadt Bautzen, 1984.
Bayern (Herzogtum, Kurfürstentum, Königreich, Freistaat). Die B. (Baiern) werden erstmals
um die Mitte des 6. Jahrhunderts bei Jordanes (Getica c. 55 Baibari) erwähnt.
Sie setzen sich vor allem aus Germanen böhmischer, westlicher und östlicher
Herkunft sowie Romanen zusammen, wobei - vielleicht den Alemannen besonderes
Gewicht zukommt, aber - die aus Böhmen stammenden Einwanderer namengebend
wurden (Boio-varii, Baju-warii) und der neue Stamm im Gebiet der römischen
Provinz Noricum ripense und im Flachland der Raetia secunda im Wesentlichen zu
Beginn des 6. Jahrhunderts entstand. An seiner Spitze stehen die seit dem Tode
Theoderichs des Großen (526) von dem Merowingerkönig
Theudebald eingesetzten und von den Franken abhängigen (fränkischen?,
burgundischen?) Agilolfinger (Garibald I. 550-590, Sitz in Regensburg), von
denen nach dem Aufbau eines Königreichs (regnum)
Tassilo III. 788 von Karl dem Großen abgesetzt wurde. Der Siedlungsraum reichte
vom Lech bis zur Enns und von Premberg(/Burglengenfeld)/Nabburg bis zu den
Alpen (Bozen). Das Recht des zu Beginn des 8. Jahrhunderts christianisierten
Stamms wurde in der Lex Baiwariorum aufgezeichnet (vor 743). Am Ende der
Karolingerzeit erscheint erneut ein Herzog der bis zur Raab und bis Friaul,
Istrien und Dalmatien ausgreifenden B. (rex in regno Teutonicorum Arnulf
907-937, Sohn des Markgrafen Liutpold, Luitpold). Kaiser Otto I. entsetzte 947
die Familie der Liutpoldinger (Luitpoldinger) des Herzogtums und übertrug es
mit Friaul seinem mit der Liutpoldingerin (Luitpoldingerin) Judith
verheirateten Bruder Heinrich. Unter dessen Sohn Heinrich (II.) dem Zänker
erhielt B. seine größte Ausdehnung (952 Markgrafschaft Verona, Marken Krain und
Istrien bis 976). Kaiser Otto II. setzte aber Heinrich den Zänker 976 ab und
trennte die bayerische Ostmark, den Nordgau und Kärnten mit den italienischen
Marken von B., das Heinrich 985 wieder erhielt, ab. Unter den Saliern wurde B.
meist an Familienmitglieder gegeben, von 1070 bis 1139 an die Welfen (1070 Welf
I., 1101 Welf II., 1120 Heinrich der Schwarze, 1126 Heinrich der Stolze, der
zugleich Sachsen erbte), 1139 an die Babenberger und von 1156 bis 1180 unter
Abtrennung der den Babenbergern verbleibenden Mark an der Donau (Ostmark,
Herzogtum Österreich) erneut an die Welfen (Heinrich den Löwen). 1180 gelangte
mit der Absetzung Heinrichs des Löwen das noch um Oberösterreich, Traungau und
Steiermark verkleinerte bayerische Herzogtum an Otto von Wittelsbach, einen
Nachkommen der seit der Mitte des 11. Jahrhunderts urkundlich nachweisbaren
Grafen von Scheyern(-Wittelsbach), die seit etwa 1120 das bayerische Pfalzgrafenamt
innehatten. Die mit der Belehnung durch das Herzogtum B. neu begründete
Dynastie der Wittelsbacher, die eine straffe Verwaltung in B. ausbildete (34
Landgerichte bzw. Pflegämter), wurde rasch in Auseinandersetzungen mit den
bayerischen Großen verstrickt. Stadt und Hochstift Regensburg lösten sich
ebenso wie das Erzstift Salzburg vom Herzogtum. Landesfürsten wurden auch die
Bischöfe von Bamberg, Brixen, Freising und Passau sowie die Grafen von Tirol,
das die Herzoginwitwe Margarethe 1363 an Herzog Rudolf IV. von Österreich
übergeben hatte, und die Landgrafen von Leuchtenberg. Umgekehrt erhielt der
Herzog 1208 die Bestätigung der Erblichkeit des Herzogtums und die Reichslehen
des Pfalzgrafen Otto VIII. und des Andechser Grafen Heinrich von Istrien, 1214
die Belehnung mit der Pfalzgrafschaft bei Rhein und etwa gleichzeitig weitere
Güter (u. a. Aibling). 1240 erlangte er die vordem freisingische Stadt München.
1242 beerbte er die Grafen von Bogen, 1248 die Grafen von Andechs und die
älteren Grafen von Ortenburg und vertrieb den letzten Grafen von Wasserburg.
1254/1255 wurde B. dann in einen kleineren westlichen Teil („Oberbayern“, zu
dem der Nordgau und die Pfalzgrafschaft bei Rhein sowie die Kurwürde kamen,)
und einen größeren östlichen Teil („Niederbayern“ zwischen Reichenhall, Cham,
Freising und Landshut) geteilt. 1268 erhielt es das konradinische Erbe in der
Oberpfalz und am Lech (Landsberg), was besonders Oberbayern (Amberg,
Hohenstein, Vilseck [Vogtei], Auerbach, Plech, Hersbruck, Neuhaus, Neumarkt in
der Oberpfalz, Berngau, Donauwörth, Mering, Schwabegg, Schongau) und nur in
geringem Ausmaß auch Niederbayern (Floß, Parkstein, Weiden, Adelburg
[Adelnburg]) zugute kam. 1289 verlor B. die Kurwürde an Böhmen. 1294 wurde die
Pfalz von Oberbayern gelöst. 1314 wurde Ludwig IV. (von Oberbayern) zum
deutschen König gewählt (1328 Kaiser). Er
verlieh 1323 seinem Sohn Ludwig V. die durch das Aussterben der Askanier
erledigte Mark Brandenburg. 1340 erlosch die 1331 dreigeteilte niederbayerische
Linie. Ihre Güter fielen an Oberbayern, für das Kaiser Ludwig 1335/1346 ein
Landrecht erließ, zurück. Schon 1329 hatte Ludwig selbst im Hausvertrag von
Pavia den Söhnen seines Bruders die Pfalz (Rheinpfalz) und einen Teil des
Nordgaus, die Oberpfalz, abgetreten (einschließlich der Kurwürde). Gegen
Ludwigs des B. Pläne teilten dann seine sechs Söhne 1349/1351/1353 B. und
weitere hinzuerworbene Güter (1346-1433 Grafschaften Holland, Seeland,
Friesland, Hennegau, außerdem Tirol [1342-1363]) auf. Ludwig V.
(Bayern-München) erhielt Oberbayern mit Tirol, Ludwig VI. und Otto V. gemeinsam
die Mark Brandenburg, Stephan II. fast ganz Niederbayern, Wilhelm I. und
Albrecht I. das Gebiet um Straubing (Bayern-Straubing) sowie die Niederlande.
Hiervon fiel 1363 Oberbayern an Stephan II. von Niederbayern, der aber 1369
Tirol, das die Herzoginwitwe Margarethe (1363) an Herzog Rudolf IV. von
Österreich übergeben hatte, an Habsburg abtreten musste. Brandenburg musste
1373 an Karl IV. abgegeben werden. 1392 wurde B. zum drittenmal geteilt
(Teilherzogtümer Bayern-München, Bayern-Landshut und Bayern-Ingolstadt). Herzog
Johann II. erhielt den südwestlichen Teil Oberbayerns und den südlichen Nordgau
(Bayern-München), Herzog Friedrich Niederbayern (Bayern-Landshut), Herzog
Stephan III. Streubesitz an der oberen Donau und im Alpenvorland
(Bayern-Ingolstadt). 1425 erlosch die in der zweiten Teilung 1349ff.
entstandene Straubinger Linie im Mannesstamm. Nach dem Pressburger Schied von
1429 fiel das 1425 rasch vom Kaiser an Habsburg verliehene Straubinger Land zur
Hälfte an die beiden Münchener Herzöge (Bayern-München) und zu je einem Viertel
an Bayern-Landshut und Bayern-Ingolstadt. 1433 musste die Herrschaft über die
Niederlande an den Herzog von Burgund abgetreten werden. 1445/1447 starb mit
Ludwig dem Buckligen die Linie Bayern-Ingolstadt aus. Ihre Güter fielen an
Heinrich XVI. von Bayern-Landshut, der nunmehr zwei Drittel Bayerns beherrschte
und dessen Nachfolger Ludwig der Reiche 1472 die Universität Ingolstadt
gründete. 1450 trat Herzog Ludwig IX. von Bayern-Landshut im Erdinger Vertrag
seinem Münchener Vetter einen kleinen Teil des Erbes ab. Gleichzeitig gewann
Bayern-Landshut die Herrschaften Heidenheim, Heideck, Wemding und Weißenhorn.
1485 zog Albrecht IV. von Bayern-München die Grafschaft Abensberg ein. Von 1487
bis 1492 unterstellte sich die verschuldete Reichsstadt Regensburg seiner
Landeshoheit. Am 1. 12. 1503 starb die Linie Bayern-Landshut mit Georg dem
Reichen in männlicher Linie aus. Zwischen dem mit der Georgstochter Elisabeth
verheirateten Ruprecht von der Pfalz und Albrecht IV. von Bayern-München kam es
zum Erbfolgekrieg, da Georg Elisabeth zur Erbin eingesetzt hatte, obwohl nach
dem Teilungsvertrag von 1392 und dem Erdinger Vertrag von 1450 beim Aussterben
der Linie Bayern-Landshut Bayern-München das Erbe erhalten sollte. Gegen das
Versprechen von Gebietsabtretungen erhielt Albrecht IV. die Unterstützung König Maximilians. Im Kölner Schied König Maximilians vom 30. 6. 1505 wurde das Landshuter
Erbe dann dem Münchener Gebiet zugefügt und damit die Einheit Bayerns
wiederhergestellt. Albrecht IV. musste aber 1505 verstreute Gebiete zwischen
Fichtelgebirge und oberer Donau (Neuburg, Hilpoltstein, Heideck,
Burglengenfeld, Sulzbach) zur Bildung des für die Kinder Ruprechts geschaffenen
Fürstentums der „Jungen Pfalz“ (Pfalz-Neuburg) sowie andere Güter an den Kaiser
(Gerichte Kufstein, Rattenberg, Kitzbühel, das Zillertal sowie Kirchberg und
Weißenhorn,), an die Reichsstadt Nürnberg (Altdorf, Hersbruck) und an
Württemberg (Heidenheim) abtreten. 1506 wurde ein Primogeniturgesetz in Kraft
gesetzt, das die Einheit des Landes sichern sollte. Dieses so gefestigte Land
erhielt 1516 eine Landesordnung, 1518 ein reformiertes Landrecht, 1520 eine
Gerichtsordnung und 1616 durch Herzog Maximilian (1597-1651) erneut ein Landrecht.
1623 gewann der Herzog den Kurfürstenstand, 1607 Donauwörth, 1616 Mindelheim
und 1628 die Oberpfalz. Maximilian II. Emanuel wurde 1691 Statthalter der
spanischen Niederlande, verlor aber von 1704 bis 1714 B. an Österreich. Karl
VII. Albrecht erwarb 1734 und 1740 die Herrschaften Hohenwaldeck, Wartenberg,
Sulzbürg und Pyrbaum und erhielt 1742 die Kaiserkrone. Unter Maximilian III.
Joseph öffnete sich B. der Aufklärung. 1758 stiftete er auf Betreiben Ickstatts
und Loris die Akademie der Wissenschaften in München. Zugleich wurde durch
Ickstatt die völlig zersplitterte Staatsverwaltung neu organisiert und durch
Kreittmayr das bayerische Recht kompiliert bzw. kodifiziert (Codex Juris
Bavarici Criminalis 7. 10. 1751, Codex Juris Bavarici Judiciarii (1753), Codex
Maximilianeus Bavaricus Civilis 2. 1. 1756). 1777 starben die bayerischen
Wittelsbacher aus und wurden durch die wittelsbach-pfälzischen Kurfürsten (Karl
Theodor) beerbt, so dass - abgesehen von Pfalz-Zweibrücken(-Birkenfeld) -
erstmals seit 1329 die getrennten wittelsbachischen Lande (einschließlich
Pfalz, Jülich, Berg, Pfalz-Neuburg, Pfalz-Sulzbach) wieder vereinigt wurden.
1779 ging das bayerische Innviertel an Österreich verloren, 1797/1801 das
linksrheinische Gebiet an Frankreich. Beim Tod des kinderlosen Karl Theodor
gelangte Maximilian IV. Josef von der Linie Pfalz-Zweibrücken-Birkenfeld an die
Herrschaft und vereinigte so die gesamten wittelsbachischen Lande. Maximilian
IV. Joseph (1799-1825), seit 1806 König
Maximilian I., und sein Minister Freiherr Maximilian Joseph von Montgelas
(1799-1817) schufen dann den modernen Staat B. 1801 umfasste das Herzogtum B.
mit den Reichsgrafschaften Valley, Hals bei Passau, Cham und Hohenschwangau
sowie der Reichspflege Donauwörth (Wörth) 590 Quadratmeilen mit 880000
Einwohnern. 1803 gewann B. durch § 2 des Reichsdeputationshauptschlusses als
Entschädigung für die linksrheinischen Güter (Pfalz [Rheinpfalz],
Pfalz-Zweibrücken, Pfalz-Simmern, Jülich, Pfalz-Lautern, Pfalz-Veldenz,
Bergen-op-Zoom [Bergen op Zoom], Ravenstein) in Franken die Hochstifte Würzburg
und Bamberg sowie die Reichsstädte Rothenburg, Weißenburg, Windsheim und
Schweinfurt, die Abteien Waldsassen und Ebrach, die Reichsdörfer Gochsheim und
Sennfeld sowie aus dem Hochstift Eichstätt die Ämter Sandsee, Wernfels-Spalt,
Abenberg, Arberg-Ornbau und Wahrberg (/Vahrnberg)-Herrieden, in Schwaben das
Hochstift Augsburg, eine Reihe von Klöstern (Kempten, Irsee, Wengen, Söflingen,
Elchingen, Ursberg, Roggenburg, Wettenhausen, Ottobeuren, Kaisheim, Sankt Ulrich
und Afra in Augsburg) und die Reichsstädte Dinkelsbühl, Kaufbeuren, Kempten,
Memmingen, Nördlingen, Ulm, Bopfingen, Buchhorn, Wangen, Leutkirch sowie vor
allem in Altbayern selbst die Hochstifte Freising und Passau diesseits von Inn
und Ilz. Die rechtsrheinische Pfalz kam aber an Baden. 1805 erlangte B. in den
Verträgen von Brünn und Pressburg die Reichsstadt Augsburg, die Markgrafschaft
Burgau, habsburgische Güter in Oberschwaben, Vorarlberg, Passau, Eichstätt und
Tirol mit Brixen und Trient (im Austausch gegen Würzburg). Am 1. 1. 1806 stieg
es zum Königreich auf. Nach dem Beitritt zum
Rheinbund am 12. 7. 1806 gewann es Ansbach (im Austausch gegen Berg) und
zahlreiche kleine Herrschaften, die Reichsstadt Nürnberg sowie Gebiete des
Deutschen Ordens. 1809/1810 erlangte es auf Kosten Österreichs das Innviertel
und das Hausruckviertel, Salzburg und Berchtesgaden, außerdem Bayreuth und
Regensburg, musste aber Südtirol an Italien und einen Teil Mainfrankens an das
Großherzogtum Würzburg abgeben. Ein Vertrag mit Württemberg ließ im Westen die
Iller zur Grenze werden und Ulm an Württemberg übergehen. 1808 wurde eine
Konstitution erlassen. 1815/1816 (14. 4. 1816) musste B. Tirol, Vorarlberg,
Salzburg, das Innviertel und das Hausruckviertel an Österreich zurückgeben,
erhielt aber seinerseits das Maingebiet von Würzburg bis Aschaffenburg und dazu
die linksrheinische Pfalz zurück. Das 1805/1806 erlangte Vils im Außerfern
wurde 1816 gegen Marktredwitz an Österreich gegeben. Die verschiedenen
verbliebenen, zwischen 1803 und 1816 die Länder von etwa 230 ehemaligen
Reichsständen aufnehmenden Gebiete wurden unter dem leitenden Minister
Montgelas zu einer straff verwalteten Einheit vereinigt, die am 10. 6. 1815 als
drittgrößter Staat widerstrebend dem Deutschen Bund beitrat, 1808 eine
Konstitution bzw. am 26. 5. 1818 eine Verfassung und 1813 ein einheitliches
modernes Strafrecht (Kriminalgesetzbuch) erhielt und die Universitäten Bamberg,
Altdorf, Dillingen, Innsbruck und Salzburg aufhob. Alleiniger Mittelpunkt wurde
München, das 1826 auch die 1800 schon von Ingolstadt nach Landshut verlegte
Universität gewann. 1837 wurde das Land neu in sieben Regierungsbezirke
(Schwaben, Oberbayern, Niederbayern, Oberpfalz, Oberfranken, Mittelfranken
Unterfranken) gegliedert, zu denen noch die Pfalz als achter Regierungsbezirk
trat. Durch preußisches Gesetz vom 24. 12. 1866 wurde das bisherige bayerische
Bezirksamt Gersfeld, das aus Orten der früheren Herrschaft Gersfeld und der
ehemals fuldischen Ämter Weyhers, Bieberstein und Oberamt Fulda bestand, und
der bisher bayerische Landgerichtsbezirk Orb mit Orten, die 1815 aus dem
Großherzogtum Frankfurt an B. gelangt waren, mit Preußen vereinigt. Am 20./23.
11. 1870 schloss B. als letzter süddeutscher Staat in Versailles den Vertrag
über den Eintritt in das Deutsche Reich ab, bei dem es nach der Verfassung von
1871 als Reservatrechte eigene Diplomatie, Post, Eisenbahn, Bier- und
Branntweinsteuer sowie beschränkte Wehrhoheit behielt. Im November 1918 rief
der Führer der Unabhängigen Sozialdemokratie Eisner in B. die Republik aus. König Ludwig III. ging außer Landes, verweigerte aber
jede Abdankung. Gleichwohl wandelte sich das Königreich
zum Freistaat (Verfassung vom 12./19. 8. 1919). Auf Grund der neuen Verfassung
verlor B. im Deutschen Reich fast alle Sonderrechte. Ein Teil der Pfalz Bayerns
kam zum Saargebiet. Am 1. 7. 1920 wurde Sachsen-Coburg mit B. vereinigt. Am 9.
3. 1933 wurde die Regierung des Ministerpräsidenten Held (Bayerische
Volkspartei) durch die Nationalsozialisten verdrängt. 1934 verlor B. seine
Eigenstaatlichkeit und wurde bis 1945 Gebietskörperschaft des Reiches. 1945 kam
es zur amerikanischen Besatzungszone, doch wurden Lindau und die Pfalz der
französischen Besatzungszone zugeteilt. Umgekehrt kam das zuvor thüringische
Ostheim zu B. Die Pfalz wurde von (dem wiederbegründeten) B. getrennt und 1946
dem Land Rheinland-Pfalz eingegliedert. Lindau kam 1956 zu B. zurück. Am 1. 12.
1946 erhielt B. eine neue Verfassung. 1949 lehnte der Landtag Bayerns das
Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland wegen unzureichender
Berücksichtigung bayerischer Sonderrechte ab, doch wurde B. Land der
Bundesrepublik Deutschland. S. Pfalz, Wittelsbach.
L.: Wolff 134; Zeumer 553 II b1, II b 61, 6; Wallner 711 BayRK 1; Großer
Historischer Weltatlas II 34 (1138-1254) G4, II 78 (bis 1450) G4, II 22 (1648)
F4, III 38 (1789) D3; Die Territorien des Reichs 1, 56; Monumenta Boica, ed.
Academia Scientiarum Boica, Bd. 1ff. 1763ff.; Buchner, A., Geschichte von
Bayern, 1820-1855; Quellen und Erörterungen zur bayerischen und deutschen
Geschichte, hg. v. d. hist. Komm. bei der bay. Akad. d. Wiss. Bd. 1ff. 1856ff.;
Riezler, S. v., Geschichte Bayerns, 1878ff., z. T. 2. A. 1927ff., Neudruck
1964; Rosenthal, E., Geschichte des Gerichtswesens und der
Verwaltungsorganisation Bayerns, Bd. 1, 2 1889ff., Neudruck 1968; Götz, W.,
Geographisch-historisches Handbuch von Bayern, Bd. 1-2, 1895ff.; Doeberl, M.,
Entwicklungsgeschichte Bayerns, Bd. 1 1906, 3. A. 1916, Bd. 2 2. A. 1928, Bd. 3
1931; Ortsbuch von Bayern 1932, hg. v. Reichspostzentralamt, 1932, mit Nachtrag
von 1933; Spindler, M., Die Anfänge des bayerischen Landesfürstentums, 1937;
Kornrumpf, M., Atlas Bayerische Ostmark, 1939; Keyser, E./Stoob, H., Deutsches
Städtebuch 1939-1974, Bd. 5; Bauerreiß, R., Kirchengeschichte Bayerns, Bd. 1-7,
1949ff. z. T. 3. A.; Historischer Atlas von Bayern, hg. von der Kommission für
bayerische Landesgeschichte, 1950ff. (Verzeichnis der bis 1980 erschienenen
Hefte in Zs. f. bay. LG. 43 (1980), 799ff.); Hiereth, S., Die bayerische
Gerichts- und Verwaltungsorganisation vom 13. bis 19. Jahrhundert, 1950; Simon,
M., Evangelische Kirchengeschichte Bayerns, 2. A. 1952; Rall, H., Kurbayern in
der letzten Epoche der alten Reichsverfassung 1745-1801, 1952; Historisches
Ortsnamenbuch von Bayern, hg. von der Kommission für bayerische
Landesgeschichte, 1952ff.; Zimmermann, W., Bayern und das Reich 1918-23, 1953;
Reindel, K., Die bayerischen Luitpoldinger, 1953; Historisches
Gemeindeverzeichnis von Bayern, Beiträge zur Statistik Bayerns 192 (1954);
Schwend, K., Bayern zwischen Monarchie und Diktatur 1918-33, 1954;Schmidt,
W./Reng, A., Straubinger Atlas, Straubinger Hefte 8 (1958); Bosl, K.,
Bayerische Geschichte, 7. A. 1990; Hubensteiner, B., Bayerische Geschichte, 10.
A. 1985; Historischer Atlas von Bayerisch-Schwaben, hg. v. Zorn, W., 2. A.
1985ff.; Polenz, P. v., Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, I, 12, II, 22, 51,
52, 91, 94, III, 18, 19, 26, 27, Peiera, Volksname, Peigirolant, Landname,
Baivarii, Baoioaria, Beiaro riche, Beireland; Werner, H., Die Herkunft der
Bajuwaren und der „östlich-merowingische“ Reihengräberkreis, FS Wagner, F.,
1962; Fried, P., Herrschaftsgeschichte der altbayerischen Landgerichte Dachau
und Kranzberg im Hoch- und Spätmittelalter sowie in der frühen Neuzeit, 1962;
Hubensteiner, B., Bayern, (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1;
Finsterwalder, R., Zur Entwicklung der bayerischen Kartographie von ihren
Anfängen bis zum Beginn der amtlichen Landesaufnahme, 1967; Apian, P., 24
baierische Landtafeln von 1568, hg. v. Fauser, A./Stetten, G., 1968; Handbuch
der bayerischen Geschichte, hg. v. Spindler, M., Bd. 1ff. 1968ff., 2. A.
1981ff., z. T. 3. A. 1995ff.; Bayerischer Geschichtsatlas, hg. v. Spindler, M.,
1969; Buzas, L./Junginger, F., Bavaria Latina. Lexikon der lateinischen geographischen
Namen in Bayern, 1971; Weis, E., Montgelas, Bd. 1f. 1971f.; Altbayern im
Frühmittelalter bis 1180, hg. v. Ay, K., 1974; Rall, H., Zeittafeln zur
Geschichte Bayerns, 1974; Riedenauer, E., Das allgemeine Ortsregister zum
Historischen Atlas von Bayern, Z. f. bay. LG. 39 (1976); Schwaben von
1268-1803, bearb. v. Blickle, P./Blickle, R., 1979; Wittelsbach und Bayern, hg.
v. Glaser, H., Bd. 1ff. 1980; Fried, P., Vorstufen der Territorienbildung in
den hochmittelalterlichen Adelsherrschaften Bayerns, (in) FS Kraus, A., 1982,
33ff.; Demel, W., Der bayerische Staatsabsolutismus 1806/08 bis 1817, 1983,
Schriftenreihe zur bayerischen Landesgeschichte 76; Handbuch der bayerischen
Ämter, Gemeinden und Gerichte 1799-1980, hg. v. Volkert, W., 1983; Land und
Reich, Stamm und Nation. Probleme und Perspektiven bayerischer Geschichte, FS
Spindler, M., 1984; Die Bayern und ihre Nachbarn, hg. v. Wolfram, H. u. a.,
1985; Hausberger, K./Hubensteiner, B., Bayerische Kirchengeschichte, 1985;
Reitzenstein, W. Frhr. v., Lexikon bayerischer Ortsnamen. Herkunft und
Bedeutung, 2. A. 1991; Zorn, W., Bayerns Geschichte im 20. Jahrhunderts, 1986;
Ay, K., Land und Fürst im alten Bayern, 16.-18. Jahrhundert, 1988; Bosl, K.,
Die bayerische Stadt in Mittelalter und Neuzeit. Altbayern, Franken, Schwaben,
1988; Bosls Bayerische Biographie, 1980ff., Ergbd. 1000 Persönlichkeiten aus 15
Jahrhunderten, hg. v. Bosl, K., 1988; Neuanfang in Bayern, 1945-1949. Politik
und Gesellschaft in der Nachkriegszeit, hg. v. Benz, W., 1988; Handbuch der
bayerischen Geschichte, Bd. 2 Das alte Bayern, hg. v. Kraus, A., 2. A. 1988;
Volkert, W., Die bayerischen Kreise. Namen und Einteilung zwischen 1808 und
1838, (in) FS Bosl, K., Bd. 2, 1988; Lieberich, H., Die bayerischen Landstände
1313-1807, Einleitung und Verzeichnisse, 1988; Wolff, H., Cartographia
Bavaricae. Bayern im Bild der Karte, 1988; Riepertinger, R., Typologie der
Unruhen im Herzogtum Bayern 1525, Zs. f. bay. LG. 51 (1988); Hartmann, P.,
Bayerns Weg in die Gegenwart. Vom Stammesherzogtum zum Freistaat heute, 2. A.
1992; Franz, E. u. a., Gerichtsorganisation in Baden-Württemberg, Bayern und
Hessen im 19. und 20. Jahrhundert, 1989; Kremer, R., Die Auseinandersetzungen
um das Herzogtum Bayern-Ingolstadt 1438-1450, 1989; Liebhart, W., Bayern zur
Zeit König Ludwigs, Bll. f. dt. LG. 123 (1987),
185ff.; Störmer, W:, Die oberbayerischen Residenzen der Herzöge von Bayern,
Bll. f. dt. LG. 123 (1987), 1ff.; Ziegler, W., Die niederbayerischen Residenzen
im Spätmittelalter, Bll. f. dt. LG. 123 (1987), 25ff.; Götschmann, D.,
Altbayern vor 1806, 1979-1986 (Sammelbericht), Bll. f. dt. LG. 123 (1987),
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Agilolfinger, 1991; Typen der Ethnogenese unter besonderer Berücksichtigung der
Bayern, hg. v. Wolfram, H./Pohl, W., 1993; Kraus, A., Geschichte Bayerns, 3. A.
2004; Tremel, M., Geschichte des modernen Bayern, 1994; Wolfram, H., Salzburg,
Bayern, Österreich, 1996; Regierungsakte des Kurfürstentums und Königreichs Bayern, hg. v. Schimke, M., 1996; Prinz,
M., Die Geschichte Bayerns, 1997; Handbuch der bayerischen Kirchengeschichte,
hg. v. Brandmüller, W., 1998; Seitz, J., Die landständische Verordnung in
Bayern, 1998; Repertorium der Policeyordnungen der frühen Neuzeit, hg. v.
Härter, K./Stolleis, M., Bd. 3 1999; Kremer, R., Die Auseinandersetzungen um
das Herzogtum Bayern-Ingolstadt 1438-1450, 2000; Volkert, W., Geschichte
Bayerns, 2001; Bayern im Bund, hg. v. Schlemmer, H. u. a., 2001ff.; Franz, M.,
Die Landesordnungen von 1516/1520, 2003; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 752; Krey, H.,
Herrschaftskrisen und Landeseinheit, 2005; Kummer, K., Landstände und
Landschaftsverordnung unter Maximilian I. von Bayern (1598-1651), 2005; Körner,
H., Geschichte des Königreichs Bayern, 2006;
Handbuch der historischen Stätten, Bayern, 3. A., hg. v. Körner, H. u. a.,
2006; Die Protokolle des bayerischen Staatsrats 1799 bis 1817, bearb. v.
Stauber, R., Bd. 1f. 2006ff.; Deutsches Verfassungsrecht 1806-1918, hg. v.
Kotulla, M., Bd. 2, 2007 (z. B. 1042 Besitzergreifungspatent zur Vollziehung
des mit der Krone Württemberg abgeschlossenen Grenzvertrags vom 2. November
1810); Grundlagen der modernenbayerischen Geschichte, hg. v. Willoweit, D.,
2007; Paulus, C., Das Pfalzgrafenamt in Bayern im frühen und hohen Mittelalter,
2007.
Bayern-München (Herzogtum) ist das bei der dritten
Teilung Bayerns 1392 für Herzog Johann II. gebildete Teilherzogtum mit dem
südwestlichen Teil Oberbayerns und dem südlichen Nordgau. Es erhielt nach dem
Pressburger Schied von 1429 die Hälfte Bayern-Straubings. Im Vertrag von Erding
von 1450 erlangte es von Bayern-Landshut einen kleinen Teil Bayern-Ingolstadts.
1485 zog Herzog Albrecht IV. die Grafschaft Abensberg ein. Von 1487 bis 1492
unterstellte sich die verschuldete Reichsstadt Regensburg seiner Herrschaft. Im
Landshuter Erbfolgekrieg von 1503/1505 gewann Albrecht IV. gegen die Zusage von
Gebietsabtretungen die Unterstützung König
Maximilians. Im Schied von Köln vom 30. 6. 1505 wurde Bayern-Landshut
Bayern-München zugesprochen, so dass Bayern (in Bayern-München) wieder
vereinigt war. S. Bayern, Oberbayern
L.: Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) F4/5.
Beier von Boppard (Reichsritter). Von 1234 bis
1236 war Conrad Beyer Reichsschultheiß der Reichsstadt Boppard. 1331 bestellte
der Erzbischof von Trier die Beier, die verschiedentlich auch den Bischofsthron
zu Metz einnahmen, zu erblichen Burggrafen des zu Boppard gelegenen sog. Königshauses. 1464 gewann die jüngere Linie über
weibliche Erbfolge Anteile an der Ganerbschaft Schornsheim, die sie bis zu
ihrem Aussterben 1507 behielt. Im 18. Jahrhundert zählten die B. zum
Ritterkreis Rhein.
L.: Roth von Schreckenstein 2, 594; Zimmermann 64.
Bellheim (Reichshof). B. bei Germersheim wird 776
in einer Lorscher Urkunde erwähnt. Es gehörte dem Reich und befand sich in der
Mitte des 13. Jahrhunderts als Lehen in der Hand des Ritters Hugo genannt
Havener. In einer Urkunde König Albrechts vom
11. 1. 1303 für das Kloster Hördt (Herd) wurde es als „villa nostra“
bezeichnet. Später kam es vermutlich durch Verpfändung an die Markgrafen von
Baden und von diesen 1363 an die Pfalzgrafen bei Rhein (Pfalz). S. Bayern,
Rheinland-Pfalz.
L.: Hugo 463; Biundo, G., Bellheim im Wandel der Zeiten, 1930.
Bellinzona, mal. Bellenz (Herrschaft). B. am Tessin
geht vermutlich auf ein römisches Kastell des 4. Jahrhunderts zurück. Über
Ostgoten, Langobarden, Franken und die Könige
von Italien kam es an die Bischöfe von Como. 1192 wurde B. von den Staufern der
Stadtkommune Como unterstellt. 1350 fiel es an Mailand. 1419 wurde es an Uri
verkauft, 1422 von den Herzögen von Mailand erobert. 1503 musste es nach
kampfloser Besetzung (1501) an Uri, Schwyz und Nidwalden abgetreten werden, die
dort eine Landvogtei einrichteten und 1798 B. bzw. 1803 Tessin die
Selbständigkeit zugestanden.
L.: Wolff 530; Großer Historischer Weltatlas II 72 (bis 1797) F4; Bonzanigo,
A., Squarci di storia bellinzonese dagli inizi dell'indipendenza cantonale,
Bellinzona 1967; Meyer, W., Bellinzona, LexMA 1 1980, 1849.
Belluno (Stadtstaat). Dem antiken B. am Piave
folgte ein langobardischer Herzogssitz. Dieser war später Mittelpunkt der
Grafschaft B. der Bischöfe von B. Im 12./13. Jahrhundert löste sich die Stadt
von der Herrschaft der Bischöfe und schloss sich dem lombardischen Städtebund
an. 1404 kam sie an Venedig, 1797 an Österreich, 1805 an das Königreich Italien Frankreichs, 1815 an das Königreich Lombardo-Venetien Österreichs und 1866 an
Italien.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 48 (1300) E1, II 66 (1378) E/F1.
Berchtesgaden (Fürstpropstei, Residenz). Zwischen 1102
und 1105 gründeten Irmgard und Berengar von Sulzbach die Zelle B. Sie wurde
1120 erneuert und war seit 1142 päpstliches Eigenkloster. Friedrich I. Barbarossa
verlieh ihr 1156 Forstfreiheit und Schürffreiheit nach Salz und Metall (und
damit Landeshoheit bzw. Reichsunmittelbarkeit). Heinrich VI. bestätigte ihr
1194 das Bergregal, Rudolf von Habsburg 1290 die Reichsunmittelbarkeit und
Adolf von Nassau 1294 den Blutbann. 1380 erhielt der Propst von König Wenzel B. als Reichslehen, doch wurde B. wegen
hoher Verschuldung von 1393 bis 1404/1407 in das Erzstift Salzburg
inkorporiert. Seit 1558/1559 war der Propst Reichsfürst mit Sitz und Stimme im
Reichsfürstenrat. Von 1594 bis 1723 waren Wittelsbacher Fürstpröpste von B.
1803 wurde B., dem außer Stift und Markt B. der Marktflecken Schellenberg
(Marktschellenberg), die Pfarrei Ramsau, die acht Gnodschaften (=
Genossenschaften) Schönau, Ramsau, Bischofswiesen (Bischofwies], Gern,
Scheffau, Au, Salzberg (Berg], Ettenberg (Ottenberg]) und bedeutende mittelbare
Herrschaften in Österreich, Bayern und Salzburg gehörten, mit insgesamt 14
Quadratmeilen und 18000 Einwohnern säkularisiert und kam an Erzherzog Ferdinand
von Toskana, 1805 an Österreich und 1809/1810/1816 an Bayern.
L.: Wolff 145; Zeumer 552ff. II a 31; Wallner 712 BayRK 8; Großer Historischer
Weltatlas II 66 (1378) G5, III 38 (1789) E3; Albrecht, D., Fürstpropstei
Berchtesgaden, 1954; Martin, F., Berchtesgaden. Die Fürstpropstei der
regulierten Chorherren 1923, 2. A. 1970; Dopsch, H., Berchtesgaden, LexMA 1
1980, 1932; Geschichte von Berchtesgaden, hg. v. Brugger, W. u. a., Bd. 1f.
1991ff.; Kissling, P., „Gute Policey“ im Berchtesgadener Land, 1999; Höfe und
Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 643,
1, 2, 46.
Bergamo (Stadtstaat). Das antike Bergomum war
später Mittelpunkt eines langobardischen Herzogtums und einer fränkischen
Grafschaft. Im 12. Jahrhundert (1108 Konsuln) löste sich die Stadt aus der
Herrschaft der Bischöfe und schloss sich dem lombardischen Städtebund an. 1333
kam B. an Mailand, 1428 an Venedig, 1805 zum Königreich
Italien Frankreichs, 1814/1815 an das Königreich
Lombardo-Venetien Österreichs und 1866 an Italien.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 34 (1138-1254); Chardon, M., Bergamo, (in)
Méditerranée 8 (1967); Jarnut, J., Bergamo 568-1098, 1979; Jarnut, J./Soldi
Rondini, G., Bergamo, LexMA 1 1980, 1945f.
Berge (Reichskloster). Das südlich der Magdeburger
Domburg gelegene Kloster wurde 966 gegründet und vom König
ausgestattet. Bereits vor 1005 wurde es aber dem Erzstift Magdeburg übertragen.
L.: Holstein, H., Urkundenbuch des Klosters Berge bei Magdeburg, 1879; Roemer,
C., Das Kloster Berge bei Magdeburg und seine Dörfer 968-1565, 1970.
Bergheim (Herrschaft). Beim Tod des Grafen
Wilhelm III. von Jülich (1219) erhielt sein zweiter Sohn Walram die aus
pfalzgräflichen Lehen und Alloden zusammengesetzte Herrschaft B. Nach 1233
errichtete er die Burg B. um das fränkische, 1028 erstmals erwähnte Dorf B.
(altes Königsgut?) an der Erft und vergrößerte
die Herrschaft um beträchtliche Teile der Erbschaft der 1246 ausgestorbenen
Grafen von Are-Hochstaden. Nach dem Aussterben der Linie fiel die Herrschaft um
1312 wieder an die Hauptlinie zurück.
L.: Wolff 322; Der Landkreis Bergheim (Erft), hg. v. Köhler, H., 1954; 150
Jahre Landkreis Bergheim, 1966; Kreis Bergheim, hg. v. Ohm, A./Verbeck, A., Bd.
1, 1971; Droege, G., Bergheim, LexMA 1 1980, 1956f.
Bergrheinfeld (Ganerbschaft). Nachdem ursprünglich der
König, das Kloster Fulda, dann die Markgrafen
von Schweinfurt und als ihr Erbe Bischof Eberhard von Eichstätt (1098-1112) in
B. bei Schweinfurt begütert waren, erscheint anfangs des 16. Jahrhunderts B.
als ritterschaftliche Ganerbschaft der Herren von Schaumberg (Schaumburg), von
Thüngen und Grumbach. 1631 fiel das Bergrheinfelder Lehen an das Hochstift
Eichstätt heim, das 1664 seine Rechte an das Juliusspital Würzburg veräußerte.
Dieses erwarb dort weitere Güter des Hochstifts Würzburg und des Domkapitels.
S. Bayern.
L.: Geschichtlicher Atlas von Hessen, Inhaltsübersicht 33.
Bergzabern (Herrschaft, Residenz
[Pfalz-Zweibrücken]). Im Schnittpunkt des Erlenbachtales und der Straße
Landau-Weißenburg lag das römische Tabernae Montanae. Wohl im 12. Jahrhundert
wurde das als Siedlung im 10. Jahrhundert in einem Güterverzeichnis des
Klosters Weißenburg (Zaberna) bzw. 1180 erstmals erwähnte B. um eine Wasserburg
der Grafen von Saarbrücken bzw. Zweibrücken gegründet. Um 1182 kam es bei einer
Teilung zwischen Heinrich und Simon von Saarbrücken an den die Linie der Grafen
von Zweibrücken begründenden Grafen Heinrich. 1286 verlieh König Rudolf I. von Habsburg dem Dorf Zaberen das
Stadtrecht von Hagenau. 1373 wurde die Stadt erstmals als Bergzaberen (B.)
bezeichnet. 1385/1393/1394 kam B. nach dem Tod Graf Eberhards II. von den
Grafen an die Pfalz, bei deren Teilung 1410 an das Fürstentum Pfalz-Zweibrücken
bzw. Pfalz-Simmern. Am Ende des 18. Jahrhunderts (1793) fiel es an Frankreich,
1815 nach kurzer Verwaltung durch Österreich an die Pfalz bzw. Bayern
(Rheinkreis, 1837 Pfalz), 1946 an Rheinland-Pfalz.
L.: Wolff 249; Hölzle, Beiwort 21; Maurer, C., Geschichte der Stadt Bergzabern,
1888; Festschrift zum Stadtjubiläum, 1936; Escher, M. u. a., Die urbanen
Zentren, 2005, 2, 63; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg.
v. Paravicini, W., 2003, 1, 2, 48, 651; Volz, G., Kleine Geschichte der Stadt
Bergzabern, 2009.
Bern (Reichsstadt, Kanton). B., dessen Name
wohl dem vorher zähringischen Verona nachgebildet ist, wurde 1160/1191 von
Herzog Berthold V. von Zähringen auf ursprünglich burgundischem, später
deutschem Königsgut gegründet. Nach dem
Aussterben der Herzöge fiel es 1218 an das Reich zurück und erlangte von Rudolf
von Habsburg 1274 die Anerkennung der Reichsunmittelbarkeit (Reichsstadt). Im
14. Jahrhundert erwarb die Stadt Güter im Umland (1323 Thun, 1324 Laupen, 1334
Reichsvogtei über Hasli, außerdem durch Schutzverträge 1265/1323 Interlaken,
1317 Sumiswald, 1329 Buchsee bzw. Münchenbuchsee). 1353 verbündete sie sich in
einem ewigen Bund mit der innerschweizerischen Eidgenossenschaft. Vor allem im
15. Jahrhundert baute sie ihr Gebiet durch Kauf und Eroberung vom Oberland bis
zum Jurasüdfuß zum größten Stadtstaat nördlich der Alpen aus (1377 Aarberg,
1382/1384 Burgdorf und Thun, 1388 Nidau und Büren, 1400 Frutigen, 1406
Landgrafschaft Burgund, 1413 Bipp bzw. Oberbipp, 1415 Aargau, 1535/1536 von
Savoyen die Waadt [1564 Verzicht auf Gex und Thonon], insgesamt 100000 Untertanen
bei 5000 Einwohnern). 1528 führte B. die Reformation ein. Sein Gebiet umfasste
schließlich mit 13000 Quadratkilometern rund ein Drittel der heutigen Schweiz.
1798 verlor es Waadt, Aargau und Oberland an die Helvetische Republik, wurde
aber deren Hauptstadt. 1814/1815 erhielt B. als Entschädigung für die
Verselbständigung des Aargaus und der Waadt große Teile des Hochstifts Basel.
Seit 1848 ist die Stadt B. Hauptstadt der Schweiz.
L.: Wolff 519f.; Großer Historischer Weltatlas II 72 (bis 1797) C3; Die Rechtsquellen
des Kantons Bern, Bd. 1ff. 1902ff.; Rennefahrt, H., Grundzüge der bernischen
Rechtsgeschichte, Bd. 1ff. 1928; Strahm, H., Studien zur Gründungsgeschichte
der Stadt Bern, 1935; Feller, R., Geschichte Berns, Bd. 1ff. 1946ff.; Gmür, R.,
Der Zehnt im alten Bern, 1954; Planungsatlas Kanton Bern. Historische
Planungsgrundlagen, hg. v. Grosjean, G., 1963; Ortsnamenbuch des Kantons Bern
(Alter Kantonsteil), Bd. 1 Dokumentation und Deutung, T. 1f., hg. v. Zinsli, P.
u. a., 1976ff.; Junker, B., Geschichte des Kantons Bern seit 1798, Bd. 1ff.
1982ff.; Gerber, B., Öffentliches Bauen im mittelalterlichen Bern, 1994;
Pfister, M., Im Strom der Modernisierung, 1995; Gerber, R., Gott ist Burger zu
Bern, 2001; Berns mutige Zeit, hg. v. Schwinges, R., 2003; Studer Immenhauser,
B., Verwaltung zwischen Innovation und Tradition, 2006.
Besançon (freie Reichsstadt), mhd. Bisanz. An
einer wichtigen Straßenkreuzung (Rhone-Rhein, Oberitalien-Nordgallien) ist
schon 58 v. Chr. ein oppidum maximum der Sequaner bezeugt (Vesontio). Seit Ende
des 5. Jahrhunderts gehörte der Ort zum Burgunderreich, 870 wurde er Karl dem
Kahlen zugeteilt. Seit etwa 900 unterstand er den Königen
von Burgund (Hochburgund) bzw. den Grafen von Burgund und kam 1032/1034 an die
deutschen Könige. Unter Friedrich I. Barbarossa,
der die Stadt 1184 zur Reichsstadt erhob, verstärkte sich der deutsche
Einfluss. 1290 gelang es der Stadt, sich im Kampf gegen den Erzbischof die
Reichsunmittelbarkeit bestätigen zu lassen. Erst seit 1493 war B. aber eine
tatsächlich auch von lokalen Gewalten unabhängige Reichsstadt. Später kam es
zum Herzogtum Burgund, dann an Habsburg (, 1653 gegen Frankenthal an Spanien),
1665/1668/1674/1678/1679 durch Eroberung mit der Freigrafschaft Burgund an
Frankreich, das wenig später in B. eine Universität einrichtete.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 78 (1450) F4; Die Territorien des Reichs
6, 198; Niewisch, M., Beiträge zur Geschichte der Erzbischöfe von Besançon,
Diss. phil. Breslau 1936; Hoke, R., Die Freigrafschaft Burgund, Savoyen und die
Reichsstadt Besançon im Verbande des mittelalterlichen deutschen Reiches, ZRG
GA 79 (1962), 106ff.; Fohlen, C., Histoire de Besançon Bd. 1, 2 1964f.; Ammann,
H., Besançon im Mittelalter, SchweizZG 17 (1967), 482ff.; Fiétier, R., La cité
de Besançon, 1978; Kaiser, R., Besançon, LexMA 1 1980, 2052ff.
Beuthen (Herzogtum). In der Mitte des 11.
Jahrhunderts ist in B. eine Burg bezeugt. 1254 wurde dort eine Stadt mit
deutschem Recht gegründet. Nach dem Tod des oberschlesischen Piasten Ladislaus von
Oppeln 1281 wurde sie Sitz eines eigenen Herzogtums B., zu dem 1286 Cosel kam
und das sich 1289 unter Lehnshoheit Böhmens stellte. Nach Aussterben des
Herrscherhauses 1355 wurde Beuthen-Cosel nach einem Erbstreit zwischen Oels und
Teschen geteilt. Beide Landesteile fielen 1475 an König
Matthias Corvinus von Ungarn, 1498 an Oppeln, 1531 mit Jägerndorf pfandweise an
Georg von Brandenburg-Ansbach und 1603 nach dem Aussterben der Ansbacher
Hohenzollern an Preußen. Nach der Ächtung Johann Georgs von Brandenburg
belehnte Kaiser Ferdinand II. 1623 Lazarus Henckel von Donnersmarck mit B. und
Oderberg. 1742 kam die 14 Quadratmeilen große Herrschaft (1697 freie
Standesherrschaft) an Preußen. 1945 fiel B. unter Verwaltung Polens sowie 1990
als politische Folge der deutschen Einheit an Polen.
L.: Wolff 481f.; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) K3; Perlick, A.,
Geschichte der Stadt Beuthen in Oberschlesien, 1927.
Bingenheim (Burg, Herrschaft). 951 kam der Wildbann
zwischen Nidda und Horloff bei Echzell an Fulda. Im 12. Jahrhundert waren die
Herren von Münzenberg, seit 1255 die Falkenstein, seit 1311 die Grafen von
Ziegenhain teilweise damit belehnt. 1423 verkaufte Fulda, das die 1357 erlangte
Verleihung des Stadtrechts von Friedberg für B. nicht ausnützte, die Hälfte der
Burg B., die Mittelpunkt dieses seit 1320 als fuldische Mark bezeichneten
Gebiets war, an die Grafen von Nassau-Saarbrücken. 1435 gelangten die Rechte
der Grafen von Ziegenhain an die Landgrafen von Hessen. 1570 verkaufte
Nassau-Saarbrücken seine Hälfte an Hessen-Marburg. Von 1648 bis 1681 war B.
Residenz der Linie Hessen-Bingenheim. S. Hessen-Bingenheim, Hessen.
L.: Wolff 255; Knaus, H., Die königlichen
Forstprivilegien für die Abtei Fulda, Diss. phil. Gießen 1938.
Bissingen-Nippenburg (Reichsgrafen, Reichsritter). Im 18.
Jahrhundert zählten die Grafen von B. mit der 1789 vom Jesuitenorden erworbenen
Herrschaft Dotternhausen und Roßwangen bzw. Rosswangen zum Kanton Neckar des
Ritterkreises Schwaben.
L.: Roth von Schreckenstein 2, 592; Hölzle, Beiwort 64; Hellstern 201; Archiv
der Grafen von Bissingen und Nippenburg Hohenstein, bearb. v. König, J., 2004.
Blankenburg (Burg, Residenz). B. am Rande des
Thüringer Waldes kam vermutlich 1208 durch Verpfändung seitens König Ottos IV. an die Grafen von Schwarzburg. Dort
fiel es 1231 an Graf Günther VII. und nach Rückkehr zur Hauptlinie (1259) 1274
an Schwarzburg-Blankenburg. S. Schwarzburg-Blankenburg, Thüringen.
L.: Wolff 412¸ Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W., 2003, 1, 2,. 61.
Bleistein (Herrschaft), Pleystein. Die Herrschaft
Pleystein (B.) an der Grenze Bayerns zu Böhmen wurde 1418 von Leuchtenberg an
die Pfalz verkauft. 1623 zog Ferdinand II. als König
von Böhmen die Herrschaft als verwirktes Lehen ein und gab sie an Bayern.
Dieses verkaufte sie 1626 an Pfalz-Neuburg. 1742/1745 kam sie nach dem
Aussterben von Pfalz-Neuburg an die Grafen von Sinzendorf. S. Bayern.
L.: Wolff 141.
Bobbio (Kloster, Reichsabtei). 612 gründete der
heilige Columban an der Stelle eines älteren Petrusoratoriums (als vierte und
letzte) die Abtei San Colombano bei B., die neben Monte Cassino zum
bedeutendsten Skriptorium für die Überlieferung der antiken Literatur wurde
(Palimpsesthandschriften mit griechischen, hebräischen, lateinischen und
gotischen Subtexten, Bibliothekskatalog des 9. Jh.s). Namen von 16 frühen Äbten
und Mönchen deuten auf fränkische, burgundische und vielleicht langobardische
Herkunft. 628 erhielt B. als erstes abendländisches Kloster die Exemtion.
Während des gesamten ersten Jahrhunderts des Bestehens der Abtei ist deutlicher
irischer Einfluss erkennbar, der aber die Einbindung in die italienisch
geprägte Schriftkultur nicht verhinderte. In langobardischer Zeit war B.
vielleicht kein Königskloster, erfuhr aber die Unterstützung
des Königs. Nach einer karolingischen Blütezeit
trat B. trotz Gründung eines Bistums B. (1014) zunehmend zurück, wobei die
Bedrängung durch Piacenza den Verfall beschleunigte. 1803 wurde das Kloster
unter Zerstreuung der ansehnlichen Bibliothek aufgehoben.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 34 c (1138-1254) C2; Cipolla, C./Buzzi,
G., Codice diplomatico di San Colombano di Bobbio, Bd. 1ff. 1918; Brühl, C.,
Studien zu den langobardischen Königsurkunden,
1970; Goez, W., Bobbio, LexMA 2 1983, 295f.; Zironi, A:, Il monasterio
longobardo di Bobbio, 2004; Richter, M., Bobbio in the Early Middle Ages, 2008.
Böhl (Reichsdorf). König
Wilhelm verpfändete am 20. 3. 1252 dem Bischof von Speyer die Dörfer Hassloch
und Böhl (Bohelen) bei Neustadt an der Weinstraße (Hardt). Am 22. 1. 1330
verpfändete Ludwig der Bayer unter anderem beide Dörfer an die Pfalzgrafen bei
Rhein. Dort verblieben sie, so dass sie über Bayern 1946 an Rheinland-Pfalz
kamen.
L.: Hugo 463.
Böhmen (Herzogtum, Königreich).
Der Name B. des seit der Steinzeit besiedelten Gebiets zwischen Böhmerwald,
Erzgebirge, Sudeten und der Böhmisch-Mährischen Höhe geht auf die keltischen
Boier (Bojo-haemum) zurück. Nach der Abwanderung der seit der Zeitenwende dort
ansässigen Germanen drangen im 6. Jahrhundert Slawen in das Gebiet ein. Sie
gerieten später unter fränkischen Einfluss und wurden im 9. Jahrhundert
christianisiert (973 Bistum Prag). Zeitweise stand dann B. unter mährischer (E.
9. Jh.s) bzw. polnischer Herrschaft (1003/1004). Seit dem 10. Jahrhundert
(924-929, 935) gehörte B., in das bald zahlreiche deutsche Siedler kamen, dem
deutschen Reich an (950 Lehnsverhältnis), nahm aber immer eine Sonderstellung
ein, die sich auch darin zeigte, dass der böhmische Fürst, der aus der Dynastie
der seit dem 9. Jahrhundert nachweisbaren Přemysliden (Przemysliden)
(Herzöge von Prag) kam, vereinzelt schon seit Ende des 11. Jahrhunderts (1086)
den Königstitel anstrebte. 1114 ist der
böhmische Herzog erstmals als Inhaber eines Reichserzamtes (Schenk) bezeugt. 1198
erlangte Ottokar I. von Philipp von Schwaben die erbliche Königswürde. Vom Beginn des 13. Jahrhunderts an
steigerten die böhmischen Könige rasch ihre
Macht. Nach dem Erwerb Österreichs (1251), der Steiermark (1251/1260), des
Egerlandes (1266), Kärntens und Krains (1269) griff der mit einer Babenbergerin
(Margarete) verheiratete König Ottokar II.
(1253-1278) nach der Kaiserkrone, unterlag aber 1278 in der Schlacht auf dem
Marchfeld gegen Rudolf von Habsburg und verlor die Erwerbungen an der Donau und
im Alpengebiet. 1306 starben die Přemysliden, die für kurze Zeit auch noch
Ungarn und Polen gewannen, in männlicher Linie aus. Ihnen folgte über die
Přemyslidin Elisabeth die Dynastie der Grafen von Luxemburg (1310-1437).
Unter ihnen kam der größte Teil Oberschlesiens (1327/1329) unter böhmische
Herrschaft. Karl IV. machte B. zum Kernland des Reiches, fasste B., Mähren und
Schlesien sowie 1370(-1646) die beiden Lausitzen als die Länder der böhmischen
Krone zusammen, veranlasste die Erhebung Prags zum Erzbistum (1344), gründete
1348 in Prag die erste Universität nördlich der Alpen und verschaffte in der
Goldenen Bulle von 1356 dem König von B. die
Kurwürde und den Vorrang unter den weltlichen Kurfürsten. Im Gefolge der
hussitischen Bewegung erstarkte unter dem schwachen Nachfolger Wenzel das
tschechische Nationalbewusststein. Außer in den Städten setzte sich die
tschechische Sprache weitgehend durch. Am Ende des Mittelalters beherrschte
faktisch der Hochadel das von Habsburg zunächst vergeblich begehrte Land. 1471
fielen B., 1490 Mähren und Schlesien an die polnischen Jagiellonen (1471-1526)
und wurden mit Polen und (1490) Ungarn vereinigt. In die Kreiseinteilung des
Reiches von 1500 wurden sie nicht mehr einbezogen. 1526 wurde Ferdinand I. von
Habsburg, der Schwager des letzten Königs, in
starker Betonung des Rechts der freien Wahl als böhmischer König angenommen. 1618 kam es zum Aufstand des
evangelischen böhmischen Adels gegen das katholische Haus Habsburg, doch setzte
sich Habsburg schon 1620 militärisch durch und erließ 1627 als Ausdruck eines
strengen Absolutismus die Verneuerte Landesordnung. Die Bindung Böhmens an das
Reich trat zugunsten der engeren Verbindung mit den übrigen habsburgischen
Ländern zurück. 1708 wurde die seit 1519 nicht mehr ausgeübte Stimme Böhmens im
Kurfürstenkolleg wieder zugelassen. Das Gebiet von B. umfasste die Hauptstadt
Prag und die Kreise Bunzlau (Altbunzlau), Königgrätz
(Königingrätz), Bidschow, Chrudim (Chrudin),
Časlau (Czaslau), Kauřim (Kaurzim), Tabor, Budweis, Prachin, Pilsen,
Saaz, Elnbogen, Leitmeritz, Rakonitz (Rackonitz) und Beraun. 1742 musste fast
ganz Schlesien an Preußen abgetreten werden. Im 19. Jahrhundert trat die
nationale Frage wieder in den Vordergrund, wobei habsburgische Reformmaßnahmen
das Wiedererstarken des tschechischen Nationalbewusstseins begünstigten. Unter
dem Einfluss des Historikers Franz Palacky entstand die Forderung nach einer
Neugliederung Österreichs nach Sprachgebieten. 1889/1891 wandte sich die
tschechische Nationalbewegung vom österreichischen Staatsgedanken ab. 1918/1919
ging B. auf Grund der Stärke der tschechischen Bevölkerungssmehrheit (1905 75
Sitze der Tschechen und 55 Sitze der Deutschen im Reichsrat) in der
neugegründeten Tschechoslowakei (Ausrufung am 27. 10. 1918) auf. 1949 wurde die
alte politische Einheit B. innerhalb der Tschechoslowakei aufgelöst. S.
Tschechien bzw. Tschechische Republik.
L.: Wolff 461ff.; Zeumer 552 I 4; Großer Historischer Weltatlas II 34
(1138-1254) G4, II 66 (1378) H3, II 78 (1450) G/H 3/4, III 22 (1648) G4, III 38
(1789) E5; Die Territorien des Reichs 1, 134; Palacky, F., Geschichte Böhmens,
Bd. 1ff. 1836ff.; Bachmann, A., Geschichte Böhmens bis 1526, 1899ff.; Bretholz,
B., Geschichte Böhmens und Mährens, Bd. 1ff. 1912; Peterka, O.,
Rechtsgeschichte der böhmischen Länder, Bd. 1ff. 1923ff.; Uhlirz, K./Uhlirz,
M., Handbuch der Geschichte Österreichs und seiner Nachbarländer Böhmen und
Ungarn, Bd. 1ff. 1924ff., 2. A. 1963; Molisch, P., Der Kampf der Tschechen um
ihren Staat, 1929; Kartographische Denkmäler der Sudetenländer, hg. v. Brandt,
B., Heft 1ff. 1930-1936; Gierach, K./Schwarz, E., Sudetendeutsches
Ortsnamenbuch, 1932-1938; Monumenta cartographica Bohemiae. Karten von
1518-1720, hg. v. Sembera, V./Salomon, B., Prag 1938; Sedlmayer, K.,
Historische Kartenwerke Böhmens, 1942; Die Deutschen in Böhmen und Mähren, hg.
v. Preidel, H., 2. A. 1952; Sudetendeutscher Atlas, hg. v. Meynen, E., 1954;
Krallert, W., Atlas zur Geschichte der deutschen Ostsiedlung, 1958; Atlas
östliches Mitteleuropa, hg. v. Kraus, T./Meynen, E./Mortensen, H./Schlenger,
H., 1959; Wegener, W., Böhmen/Mähren und das Reich im Hochmittelalter, 1959;
Prinz, F., Die Stellung Böhmens im mittelalterlichen deutschen Reich, Z. f.
bay. LG. 28 (1965), 99ff.; Handbuch der Geschichte der böhmischen Länder, hg.
v. Bosl, K., Bd. 1ff., 1966ff.; Ortslexikon der böhmischen Länder 1910-1968,
hg. v. Sturm, H., Lief. 1, Bezirke A-D, 1977; Biographisches Lexikon zur
Geschichte der böhmischen Länder, Bd. 1 A-H, hg. v. Sturm, H., 1979, Bd. 2 I-M,
hg. v. Sturm, H., 1984, Bd. 3 (in einz. Lief.) N-Pe, hg. v. Seibt, F./Lemberg,
H./Slapnicka, H. u. a., 1986; Graus, F., Böhmen, LexMA 2 1983, 335ff.; Prinz,
F., Böhmen im mittelalterlichen Europa: Frühzeit, Hochmittelalter,
Kolonisationsepoche, 1984; Jilek, H., Bibliographie zur Geschichte und
Landeskunde der böhmischen Länder von den Anfängen bis 1948, Publikationen der
Jahre 1850-1975, Bd. 1 Nr. 1-9599, 1986; Hoensch, J., Geschichte Böhmens, 3. A.
1997; Prinz, F., Geschichte Böhmens 1848-1948, 1988; Bernt, A., Die Germanen
und Slawen in Böhmen und Mähren, 1989; Pleticha, H., Franken und Böhmen, 1990;
Deutsche Geschichte im Osten Europas, Böhmen und Mähren, hg. v. Prinz, F.,
1993; Mandelova, H., Europa im späten Mittelalter, 1994; Melville, R., Adel und
Revolution in Böhmen, 1998; Bohemia in History, hg. v. Teich, M., 1998; Höfe
und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003,
1,431; Höblet, L., Böhmen.
Boizenburg (Land, Grafschaft). König Waldemar II. von Dänemark teilte zu Beginn des
13. Jahrhunderts die Grafschaft Ratzeburg auf und gab das Land Wittenburg und
das Land B., das nach einer alten Burg an einem Elbübergang benannt wurde, an
die Grafen von Schwerin. Von 1247 bis 1349 war B. Residenz einer Nebenlinie der
Grafen. 1358 kam es an Mecklenburg und damit von 1949 bis 1990 zur Deutschen
Demokratischen Republik.
L.: Wolff 443; Fabri, J. E., Boizenburg. Abriss einer Geschichte der Stadt
Boizenburg nebst einer Beschreibung derselben von 1154-1789. Neudruck 1924;
Boizenburg. Beiträge zur Geschichte der Stadt, hg. v. Rat der Stadt Boizenburg,
1980.
Bolchen (Herrschaft, Grafschaft). Im 12.
Jahrhundert erscheint B. als Lehnsgut der Herren von Fels (Feltz) von Seiten
der Herren von Finstingen, nach dem sich die Herren von Feltz benannten. Sie
bildeten durch Erwerb von Vogteien und Pfandschaften eine ansehnliche, aber
nicht zusammenhängende Herrschaft. Im 14. Jahrhundert begegnet B. als Burglehen
von Falkenberg (bis 1342), später als Lehen des Herzogs von Luxemburg (nach
1384). Zu Anfang des 15. Jahrhunderts fiel B. über Irmgard von B. an die
Familie von Rodemachern, vor 1462 über Elisabeth von Rodemachern an Friedrich
Graf von Moers. 1492 zog König Maximilian alle
Rodemachernschen Güter wegen Felonie ein. Zwischen 1488 und 1503 kaufte der
Herzog von Lothringen alle Rechte an B. auf. S. Frankreich.
L.: Wolff 305; Guir, F., Histoire de Boulay, 1933; Hermann, H., Bolchen, LexMA
2 1983, 357.
Bönnigheim (Reichsstadt, Ganerbiat, Ganerbschaft, reichsritterschaftliche
Herrschaft). Im Jahre 793 gab die Nonne Hiltpurg B. bei Ludwigsburg an das
Kloster Lorsch. Die Burg B. gehörte 1183 den Staufern. Im 13. Jahrhundert ging
die Lehnsabhängigkeit von Lorsch an das Erzstift Mainz über. Spätestens um 1280
wurde der Ort zur Stadt erhoben, aber bald dem Reich entfremdet. 1288 kaufte
ihn König Rudolf von Habsburg, der ihn seinem
natürlichen Sohn Albrecht von Löwenstein überließ. Von dessen Witwe fiel er
1330 an Friedrich von Sachsenheim. Durch Teilverkäufe kam es zu einer
Ganerbschaft (Ganerbiat) zwischen Sachsenheim, Gemmingen, Neipperg und dem
Erzstift Mainz. Bis 1750 setzte sich das Erzstift Mainz durch. 1785 verkaufte
es das zum Kanton Kocher des Ritterkreises Schwaben zählende B. mit Cleebronn
und Erligheim an Württemberg, über das B. 1951/1952 an Baden-Württemberg kam.
L.: Wolff 510; Geschichtlicher Atlas von Hessen, Inhaltsübersicht 33; Schulz
275; Zipperlen, E./Schelle, D., Bönnigheim. Stadt zwischen Neckar und
Stromberg, 1970.
Boppard (Reichsland, Reichsstadt). In Urkunden
des 7. Jahrhunderts erscheint im Raum B. Königsgut,
das vermutlich auf römisches Staatsland zurückgeht und 814 als fiscus
bezeichnet wird. Später wird der relativ geschlossene Güterkomplex zugunsten
der Hochstifte Hildesheim und Bamberg, der Abteien Burtscheid und Sankt
Pantaleon in Köln, des Quirinusstifts in Neuss (Neuß), der Propstei Hirzenach,
der Klöster Marienberg und Pedernach und Verlehnungen an Reichsministeriale
aufgesplittert. Die Reste des Reichsgutes fielen zwischen 1309 und 1354
pfandweise an das Erzstift Trier und gingen im Kurfürstentum Trier auf. Das an
der Stelle des auf eine keltischen Gründung zurückgehenden römischen Kastells
Bodobriga (2. Hälfte 4. Jh.) liegende B., das im frühen 13. Jahrhundert
Reichsstadt wurde, verlor mit der Verpfändung an das Erzstift Trier 1312 die
Reichsfreiheit, da alle Versuche zur Wiedergewinnung misslangen. 1794 geriet B.
unter Verwaltung Frankreichs. 1815 kam es an Preußen. 1946 wurde es Bestandteil
von Rheinland-Pfalz.
L.: Wolff 83; Boppard am Rhein. Ein Heimatbuch, 1953; Heyen, F., Reichsgut im
Rheinland. Die Geschichte des königlichen Fiskus
Boppard, 1956; Hahn, H., Boppard am Rhein, (in) Berichte zur Deutschen
Landeskunde 33, 1 (1964); Kaiser, R., Boppard, LexMA 2 1983, 444; Boppard, hg.
v. Missling, H., 1998.
Boyneburg, Boineburg, Bomeneburg (Herren, Grafen,
Herrschaft). Vielleicht schon der Sohn Siegfried (1082) Ottos von Northeim,
jedenfalls Ottos Enkel Siegfried III. nannte sich 1123 nach der die
Werralandschaft beherrschenden Burg B. (Boumeneburc) bei Eschwege. Nach seinem
Tod (1144) fiel die Burg an die Grafen von Winzenburg bzw. das Reich und wurde
nach einem Ausbau durch den Abt von Fulda durch Ministeriale verwaltet. 1292
übertrug König Adolf die B. und die Stadt
Eschwege Landgraf Heinrich von Hessen als Reichslehen. Die Reichsministerialen
von B. und die von B.-Honstein, die sich inzwischen eine eigene Herrschaft um
die Burg aufgebaut hatten, trugen ihre Burgsitze bereits um 1370 von Hessen zu
Lehen und nahmen „das Schloss“ 1460 als gemeinsames Lehen von Hessen. Zum
Gericht B. gehörten am Ende des 16. Jahrhunderts die 16 Dörfer
Bischhausen, Datterode, Grandenborn, Hoheneiche, Jestädt, Kirchhosbach,
Motzenrode, Netra, Neuerode, Oetmannshausen, Rechtebach, Reichensachsen, Rittmannshausen,
Röhrda, Thurnhosbach und Wichmannshausen (mit rund 900 Hausgesessenen). Später
kamen zum nunmehrigen Amt Bischhausen auch die von Boyneburg--Honsteinschen
Dörfer Oberdünzebach und Niederdünzebach und Langenhain hinzu, während
Datterode seit 1615 zum Amt Eschwege gehörte. Seit 1660 stand die zum Kanton
Rhön-Werra des Ritterkreises Franken zählende Herrschaft im Kondominat Hessens
und Boyneburgs. Nach dem Aussterben der Linie Boyneburg-Hornstein zog Hessen
deren Lehnsanteil ein, kaufte einen weiteren und fand 1803 die übrigen
Berechtigten ab.
L.: Wolff 254; Reimer, H., Historisches Ortslexikon für Kurhessen, 1926, 40
(Bischhausen); Genealogisches Handbuch des Adels, Bd. 18 Gräfliche Häuser A3,
1958; Eckhardt, K., Eschwege als Brennpunkt, 1964, 151ff.; Lange, K., Der
Herrschaftsbereich der Grafen von Northeim 950-1144, 1969; Schoppmeyer, H.,
Bomeneburg, LexMA 2 1983, 390; Heinemeyer, K., Boyneburg, Die deutschen Königspfalzen 1, 1983 24ff.; Demandt, K. Regesten der
Landgrafen von Hessen, Bd. 2, 1990, Nr. 162 Ziffer 2, 4, 5;Strickhausen, G.,
Die Boyneburg bei Eschwege, 1993; Eckhardt, W., Hess, Jb. Landesgeschichte 51
(2001), 75ff.; Diehl, T., Adelsherrschaft im Werraraum. Das Gericht Boyneburg,
2010.
Bozen (Grafschaft). Bereits Paulus Diaconus
nannte für die Zeit um 680 einen für B. (Bauzanum) zuständigen Grafen. 1027 gab
König Konrad II. die Grafschaft B. an das
Hochstift von Trient, von dem sie bis 1170 an die Grafen von
Greifenstein-Morit, danach an die Grafen von Tirol zu Lehen ging. 1242 wird sie
letztmals genannt. Das erstmals 1048/1068 als Dorf bezeugte B. kam mit Südtirol
1919 an Italien.
L.: Wolff 37; Polenz, P. v., Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, IV, 18; Hye,
F. H., Anfänge und territoriale Entwicklung der Stadt Bozen, Der Schlern 1978;
Riedmann, J., Geschichte Tirols, 3. A. 2001.
Brabant (Großgau, Herzogtum). Der am Ende des 7.
Jahrhunderts erstmals belegte fränkische Gau Bracbantum fiel 870 mit
Lotharingien an das ostfränkische Reich und gehörte seit 959 zum Herzogtum Niederlothringen.
Im 11. Jahrhundert erwarben die Grafen von Löwen die Grafschaft Brüssel und
entrissen 1013 dem Bischof von Lüttich die Lehnsgrafschaft Brunengeruuz bzw.
Bruningerode. 1106 verlieh ihnen Heinrich V. die Würde des Herzogtums
Lothringen und die kaiserliche Mark Antwerpen. Danach gelang der Erwerb
Toxandriens, so dass sie insgesamt die Herrschaft über das Gebiet der
belgischen Provinzen Antwerpen und B. und der holländischen Provinz Nordbrabant
erlangt hatten. Seitdem nannten sie sich Herzöge von B. (1188 dux Brabantiae)
und wurden zu den Reichsfürsten gerechnet. In ihrem Gebiet verlor der Kaiser
seit dem frühen 13. Jahrhundert fast jede Obergewalt. Nachdem schon 1204 die
Maas (Maastricht) erreicht worden war, gewann Herzog Johann I. 1288 durch den
Sieg bei Worringen über die Grafen von Geldern und den Erzbischof von Köln auch
das Herzogtum Limburg zwischen Aachen und Maastricht und die Herrschaft
Herzogenrath sowie die Burgen Wassenberg und Kerpen (zwischen Köln und Düren).
1371 wurden die Herzöge von den Herzögen von Jülich und Geldern vernichtend
geschlagen. Die mit dem Luxemburger Wenzel vermählte Erbtochter Johanna Johanns
III. († 1355) übertrug B., Limburg und Luxemburg 1390/1400/1430 unter
Ausschaltung der Luxemburger an die Herzöge von Burgund. 1477/1482 kam B. über
Maria von Burgund an Habsburg. Brüssel wurde Residenz. Im Achtzigjährigen Krieg
eroberten die holländischen Generalstaaten Nordbrabant und verwalteten es seit
1648 als Generalitätslande, während Südbrabant (Löwen, Brüssel, Antwerpen,
Mecheln) bei den spanischen, seit 1713/1714 österreichischen Niederlanden
verblieb. Von 1794/1801 bis 1814 gehörte das um 600 Quadratmeilen große B. mit
den übrigen Niederlanden zu Frankreich und wurde in drei Departements
eingeteilt. 1815 wurde es Teil der Niederlande, 1830 nach einem Aufstand
Kernland des neuen Königreichs Belgien, dessen
Thronerbe seit 1840 den Titel Herzog von B. führt. Nordbrabant verblieb bei den
Niederlanden.
L.: Wolff 53; Wallner 700 BurgRK 1; Großer Historischer Weltatlas II 34
(1138-1254) E3, II 66 (1378) C3, II 78 (1450) E3; Pirenne, H., Geschichte
Belgiens (bis 1648), Bd. 1ff. 1899ff.; Vanderkindere, L., La formation
territoriale des principautés belges au moyen-áge, Bd. 1ff. 1902; Curs, O.,
Deutschlands Gaue im zehnten Jahrhundert, 1908, 3 ([Breibant, Bragbantinse,
Brabantinse, Brachbant, Bracbantus], Lennik bzw. Lennick, Zellik bzw. Zellick,
Krombrugge bzw. Crumbrugge); Knetsch, K., Das Haus Brabant. Genealogie der
Herzöge von Brabant und Landgrafen von Hessen, Bd. 1-13 1918ff.; Ganshof, F.,
Brabant, Rheinland und Reich im 12., 13. und 14. Jahrhundert, 1938 ;
Martens, M., L’administration du domaine ducal en Brabant, 1954 ;
Gysseling, M., Toponymisch Woordenboek, 1960, 179 ; Polenz, P. v.,
Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, II, 23, 75, 77, 96, III, 31, 32, 33
Brakbant I; Moreau, J., Dictionnaire de géographie historique, 1972, 60;
Uytterbrouck, A., Le governement du duché de Brabant au bas Moyen Age,
1975 ; Mohr, W., Geschichte des Herzogtums Lothringen, Bd. 1ff. 1974ff.;
Thomas, H./Houtte, J. van, Brabant, LexMA 2 1983, 529ff.; Nonn, U., Pagus und
Comitatus in Niederlothringen, 1983, 110; Nikolay, W., Die Ausbildung der
ständischen Verfassung in Geldern und Brabant während des 13. und 14.
Jahrhunderts, 1985 ; Godding, P., Le Conseil de Brabant sous le règne de
Philippe le Bon (1430-1467), 1999 ; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W. u. a., 2003, 1, 1, 45, 764;
Weller, T., Die Heiratspolitik, 2004; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005,
1, 437; Tigelaar, J., Brabants historie ontvouwd, 2006.
Brakel, Brackel (Reichshof bzw. Reichsdorf). B.
bei Dortmund wird 980 erstmals genannt. Die curiae (Reichshöfe) Dortmund,
Elmenhorst, B. und Westhofen verpfändete König
Albrecht am 20. 1. 1300 an den Grafen von der Mark . Über Preußen gelangte B.
1946 an Nordrhein-Westfalen.
L.: Hugo 469.
Brakel (reichsunmittelbare Stadt?). B. an der
Nethe östlich von Paderborn wird 836 erstmals erwähnt. Im 13. Jahrhundert
hatten zunächst die Herren von B. als Vögte des Stifts Heerse die Herrschaft
inne. Später gelangten Anteile an der Stadtherrschaft an die Asseburg und die
Grafen von Everstein. Zwischen 1289 und 1384 gewann das Hochstift Paderborn
durch Kauf und Heimfall die Herrschaft. Seit 1431 wurde B. vom Reich als
Reichsstadt tituliert und zu Reichssteuern herangezogen. Die Stadt konnte aber
im Ergebnis den Anspruch auf Reichsunmittelbarkeit nicht durchsetzen. 1803 kam
sie an Preußen, 1807 zum Königreich Westphalen,
1815 wieder zu Preußen und 1946 zu Nordrhein-Westfalen.
L.: Reichsmatrikel 1521; Wolff 326; Brakel 829-1229-1979, hg. v. d. Stadt
Brakel, 1979.
Brandenburg (Hochstift, Residenz). Am Übergang
wichtiger Fernstraßen über die Havel entstand nach Abzug der germanischen
Semnonen in Gebiete westlich der Saale nach einer älteren Siedlung des 6.
Jahrhunderts im 7. Jahrhundert eine slawische Burg, die vielleicht mit der zu
789 erwähnten civitas Dragowiti identisch ist. Am 1. 10. 948 gründete bei ihr König Otto I. das bis 968 Mainz, dann Magdeburg unterstellte
Bistum B. mit dem Gebiet zwischen Elbe, Schwarzer Elster, Oder und Ostsee. Von
983 bis 1150/1157 war B. wieder slawisch, fiel dann aber an den Askanier
Albrecht den Bären. 1161/1165 wurde von Leitzkau aus das Bistum B. erneut
errichtet, wenn auch in erheblich verkleinertem Umfang. Die Bischöfe verfügten
nur über wenige Güter, die sie von den vier Ämtern Ziesar, Brandenburg, Ketzin
und Teltow aus verwalten ließen. Der Aufbau einer eigenen Landesherrschaft
gelang nur in Ansätzen. Dennoch war das Bistum, das unter Kaiser Karl IV. nach
1373 faktisch zur Landsässigkeit gezwungen wurde, rechtlich reichunmittelbar.
Nach der Reformation (1539) wurde das Bistum 1544 der Mark Brandenburg
einverleibt und 1598 formell aufgelöst. Das Kapitel bestand als evangelisches
Stift fort.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) G2; Codex diplomaticus
Brandenburgensis, hg. v. Riedel, A., I, VII 1848, I, IX, 1ff. 1849; Curschmann,
F., Die Diözese Brandenburg, 1906; Jablonski, L., Geschichte des
fürstbischöflichen Delegaturbezirks Brandenburg und Pommern, 1929; Das Bistum
Brandenburg. Teil 1 hg. v. Abb, G./Wentz, G., 1929, Teil 2 hg. v. Bünger,
F./Wentz, G., 1941, Neudruck 1963, Germania Sacra; Kahl, H., Slawen und
Deutsche in der brandenburgischen Geschichte des 12. Jahrhunderts, Bd. 1, 2
1964; Grebe, K., Die Brandenburg (Havel) – Stammeszentrum und Fürstensitz der
Heveller, Ausgrabungen 21 (1976), 156ff.; Ribbe, W., Brandenburg, LexMA 2 1983,
551ff.; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W.,
2003, 1, 506, 1, 2, 68; Das Domstift Brandenburg und seine Archivbestände,
bearb. v. Schößler, W., 2005.
Brandenburg (Mark, Markgrafschaft, Kurfürstentum,
Provinz, Land, Bundesland, Residenz). Das zunächst von Semnonen, Langobarden
und Burgundern bewohnte Gebiet der späteren Mark B. wurde nach dem Abzug der
Germanen in der Völkerwanderung von Slawen (Liutizen, Heveller, Wilzen, Ukrer
(Uker), Obotriten) besetzt. 927 schlug König
Heinrich I. die Slawen an der Elbe, eroberte 928/929 die deutsch Brennaburg
bezeichnete slawische Burg an der Havel, die vielleicht schon auf eine
slawische Siedlung des 6. Jahrhunderts zurückgeht und bildete 931 die Mark
Nordsachsen (Nordmark). Im Slawenaufstand von 983 ging das Gebiet wieder
verloren. 1134 belehnte Kaiser Lothar von Süpplingenburg den Askanier Albrecht
den Bären mit den deutsch verbliebenen Teilen der Altmark. Albrecht eroberte
die Prignitz, erbte 1150 das Havelland hinzu und erscheint erstmals (in einer
Urkunde vom 3. Oktober) 1157 in bewusster Erinnerung an die Markgrafschaft
Geros von Nordsachsen als Markgraf von Brandenburg, das er wegen seiner
günstigen Lage am Übergang wichtiger Fernstraßen über die Havel anstelle von
Stendal zum festen Sitz erhob und zum Vorort dieser neuen Mark ausbaute, wobei
der königliche Burggraf auf der Brandenburger
Dominsel rasch ausgeschaltet wurde. Nach dem Tod Albrechts wurde die Mark B.
von den askanischen Stammlanden am Harz getrennt. Albrechts Sohn Otto I. gewann
1181 die Lehnshoheit über Mecklenburg und Pommern. Johann I., der 1252 erstmals
als Kurfürst fungierte, und Otto III. († 1266/1267) erwarben Stargard, die
Uckermark, Barnim, Teltow, Lebus und Zehden (Neumark), die Mark Landsberg und
die Oberlausitz (1255) und wehrten Ansprüche des Erzbischofs von Magdeburg ab.
Andererseits wurde das Geschlecht bei ihrem Tod 1267 in zwei gemeinsam
regierende Linien mit Regierungssitzen in Stendal und Salzwedel gespalten, bis
es unter Waldemar wieder vereinigt wurde. Mit seinem Tod erlosch 1319 der
brandenburgische Zweig der Askanier, der als Reichskämmerer von der Ausbildung
des Kurfürstenkollegiums an zu den Kurfürsten gezählt hatte. Nach dem
Aussterben der Askanier zog König Ludwig der
Bayer aus dem Hause Wittelsbach die Mark B. 1320 in an den Grenzen
verkleinertem Umfang als erledigtes Lehen ein, übertrug sie 1323 seinem
achtjährigen Sohn Ludwig und ließ durch Beauftragte die wittelsbachischen
Formen der Verwaltung einführen. Unter dieser wenig effektiven Herrschaft wurde
1356 B. als Kurfürstentum anerkannt. 1373 zog allerdings Kaiser Karl IV. nach
langjährigen Auseinandersetzungen die Mark B. im Vertragsweg gegen 200000
Goldgulden an das Haus Luxemburg (Residenz Tangermünde) und ließ 1375/1376 im
Landbuch die verbliebenen Rechte und Aufgaben registrieren. Nach seinem Tod kam
es zur Teilung der Mark (Kurmark d. h. Altmark und Gebiete zwischen Elbe und
Oder an Siegmund, Neumark an den jüngsten Sohn Johann von Görlitz, 1386
ebenfalls an Siegmund), zu großen Adelsunruhen und zahlreichen Veräußerungen
(1388 Verpfändung, 1397 Veräußerung der Kurmark an Jobst von Mähren, 1402
Veräußerung der Neumark an den Deutschen Orden). Am 8. 7. 1411 setzte König Sigmund auf Bitten der brandenburgischen Stände
seinen Feldherren und Rat, den Burggrafen Friedrich VI. von Nürnberg zum
Verweser über die nach dem Tod Jobsts wieder angefallene Mark ein. Am 30. 4.
1413 übertrug er ihm für 400000 Gulden das Kurfürstentum und am 18. 8. 1417
belehnte er ihn mit der Mark. Als über B., Altmark und Teile der Uckermark
herrschender Kurfürst Friedrich I. brach der Burggraf die Macht des Adels. Sein
Sohn Kurfürst Friedrich II. erzwang die Unterwerfung der Städte (u. a. Berlin
1447/1448), festigte allmählich die Herrschaft wieder, erlangte 1447 das
Besetzungsrecht für die Bistümer B., Havelberg und Lebus, kaufte 1450 Wernigerode
und gewann die Uckermark und Prignitz zurück. 1455 wurde die Neumark
zurückgekauft. Außerdem wurden die Herrschaften Cottbus (1445) und Peitz in der
Niederlausitz (1488) erworben. In der sog. dispositio Achillea des Markgrafen
Albrecht Achilles von 1473 wurde die Erbfolge im Sinne der Unteilbarkeit der
märkischen Lande geregelt und die Abtrennung der Mark von den fränkischen
Gütern, die den zweiten und dritten Söhnen zufielen (Ansbach, Bayreuth),
gefördert. 1482 wurden im Glogauer Erbfolgestreit große Teile des Herzogtums
Crossen gewonnen (Crossen, Züllichau, Sommerfeld, Bobersberg). Kurfürst Johann
Cicero, der als erster Hohenzoller ständig in der Mark residierte, kaufte 1486
die Herrschaft Zossen, gewann die Lehnsherrschaft über Pommern und unterwarf die
altmärkischen Städte. Zwischen 1499 und 1535 wurde Roppen eingezogen. 1506
wurde die Universität Frankfurt an der Oder gegründet, 1516 das Kammergericht
in Berlin eingerichtet. Die sog. Constitutio Joachimica bildete die Grundlage
einer einheitlichen Rechtsprechung in B. 1524 wurde die Grafschaft Ruppin als
erledigtes Lehen eingezogen und 1529 das vertraglich erworbene Erbfolgerecht in
Pommern gesichert, das sich 1637/1648 realisierte. 1535 kam es zur Teilung des
Landes in die Kurmark (Joachim II.) und die Neumark, die bis 1571 an Hans von
Küstrin kam. Hiervon bestand die 444 Quadratmeilen umfassende Kurmark aus der
Altmark, Mittelmark, Prignitz oder Vormark und der Uckermark. Die Altmark
umfasste ein Gebiet von 82 Quadratmeilen (die Kreise Stendal, Tangermünde und
Arneburg, Seehausen, Arendsee, Salzwedel-Gardelegen). Die Mittelmark mit einem
Flächeninhalt von 250 Quadratmeilen, die bis ins 15. Jahrhundert zunächst
Neumark hieß, enthielt die Landschaft Havelland (mit der Stadt Brandenburg, den
Städten und Ämtern Potsdam, Spandau, Nauen, den Ämtern Königshorst,
Fahrland und Fehrbellin, den Städten Rathenow und Pritzerbe, den Ländchen
Rhinow und Friesack), die Kreise Glien-Löwenberg, Ruppin, Oberbarnim und
Niederbarnim, Teltow, Lebus, Zauche, Beeskow-Storkow (letzterer erst im Jahr
1575 von der Lausitz erworben) und die Herrschaft Teupitz
(Wusterhausen-Teupitz). Die 61 Quadratmeilen große Prignitz oder Vormark wurde
aus den Kreisen Berleberg, Pritzwalk, Wittstock, Kyritz, Havelberg, Plattenburg
und Lenzen gebildet. Die Uckermark, 68 Quadratmeilen groß, setzte sich aus dem
uckermärkischen und dem stolpischen Kreis zusammen. Die 220 Quadratmeilen große
Neumark bestand aus der eigentlichen Neumark nördlich der Warthe mit den
Kreisen (Ämtern) Soldin, Königsberg, Landsberg,
Friedeberg, Arnswalde, Dramburg, dem 30 Quadratmeilen umfassenden Herzogtum
Crossen und den Herrschaften Cottbus und Peitz. Bald nach 1535 begann die
Einführung der Reformation, in deren Gefolge der größte Teil der Kirchengüter
(Havelberg, Lehnin, Chorin) in landesherrliche Domänen umgewandelt und die
Bistümer B., Havelberg und Lebus eingezogen wurden. 1537 konnten folgenreiche
Erbverbrüderungen mit den Herzögen von Liegnitz, Brieg und Wohlau abgeschlossen
werden. 1569 wurde B. von Polen mit dem Herzogtum Preußen belehnt. Johann Georg
(1571-1598) gelang es, das gesamte brandenburgische Gebiet wieder zu vereinigen
und die böhmischen Lehen Beeskow und Storkow zu erwerben. 1603 überließ Joachim
Friedrich die gerade angefallenen fränkischen Fürstentümer Ansbach und Bayreuth
seinen Brüdern. In B. schuf er Weihnachten 1604 den Geheimen Rat als oberste
Verwaltungsbehörde. 1614 erfolgte im Jülich-Klevischen Erbfolgestreit mit
Pfalz-Neuburg der Erwerb von Kleve, Mark, Ravensberg und Ravenstein, 1618/1619
der endgültige erbweise Erwerb des Herzogtums Preußen. Friedrich Wilhelm der
große Kurfürst (1640-1688) gewann 1648 Hinterpommern, die Bistümer Halberstadt
mit Hohnstein und Mansfeld (1680), Kammin (Cammin) und Minden sowie die
Anwartschaft auf das Erzbistum Magdeburg (Anfall 1680), erhielt 1657 Lauenburg,
Bütow und Draheim als Lehen Polens, kaufte 1686 Schwiebus, erwarb 1691
Tauroggen und Serrey und begründete den brandenburg-preußischen Staat im
modernen Sinn, der das ältere B. vom neuen Preußen scheidet. Kurfürst Friedrich
III. von B., der 1694 die Universität Halle gründete, führte seit 1701 den
Titel König in Preußen. Das 1800 664
Quadratmeilen große B. (Prignitz, Uckermark, Mittelmark, mit Niederlausitz und
ohne Altmark [zur Provinz Sachsen] und nordöstliche Teile der Neumark) mit
980000 Einwohnern war von 1815 bis 1945 eine preußische Provinz, aus der 1920
Groß-Berlin ausgesondert wurde. 1938 gelangten die Kreise Friedeberg und
Arnswalde zu Pommern, wofür die Mark B. von der aufgelösten Provinz Grenzmark Posen-Westpreußen
die Kreise Schwerin, Meseritz und Bomst (teilweise) erhielt. 1945 kam B.
westlich der Oder zur sowjetischen Besatzungszone (Provinz Mark Brandenburg),
östlich der Oder unter Polens Verwaltung. Seit 1947 war B., das nach Wahlen im
Jahre 1946 im Jahre 1947 eine Verfassung erhielt, Land (Mark Brandenburg) in
der sowjetischen Besatzungszone, seit 1949 Gliedstaat der Deutschen
Demokratischen Republik. (Am 23. 7.) 1952 bzw. 1958 ging es in den Bezirken
Potsdam, Frankfurt an der Oder und Cottbus der Deutschen Demokratischen
Republik auf (str.). Mit dem Beitritt der Deutschen Demokratischen Republik zur
Bundesrepublik Deutschland entstand das Land Brandenburg (ohne Berlin) am 3.
10. 1990 (mit der Hauptstadt Potsdam) wieder (ohne die Kreise Hoyerswerda
[Sachsen], Jessen [Sachsen-Anhalt] und Weißwasser [Sachsen], aber mit den
Kreisen Perleberg [Westprignitz], Prenzlau [Uckermark] und Templin
[Uckermark]). Es ist das fünftgrößte Land der Bundesrepublik und zählt rund 2
600 000 Einwohner. Der Versuch einer Vereinigung mit Berlin scheiterte am 5. 5.
1996 an einer Volksabstimmung. S. Berlin.
L.: Wolff 382; Zeumer 552 I 7; Wallner 708 ObersächsRK 1; Großer Historischer
Weltatlas II 34 (1138-1254) G3, II 66 (1378) G2, II 78 (1450) G3, III 22 (1648)
F2, III 38 (1789) E1; Faden, E., Brandenburg, (in) Geschichte der deutschen
Länder, Bd. 1; Die Territorien des Reichs 2, 34; Mylius, C. O., Corpus
constitutionum Marchicarum Bd. 1ff. Berlin u. Halle 1737ff.; Bekmann,
J./Bekmann, L., Historische Beschreibung der Chur und Mark Brandenburg, Bd. 1f.
1751ff., Neudruck 2004; Codex diplomaticus Brandenburgensis, hg. v. Gercken, P.
W., Teil I-VII 1769; Codex diplomaticus Brandenburgensis continuatus, ed.
Raumer, G. W. v., Teil I, II 1831ff.; (Novus) Codex diplomaticus Brandenburgensis,
hg. v. Riedel, A., 1838ff.; Voigt, E., Historischer Atlas der Mark Brandenburg,
1846; Fidicin, E., Die Territorien der Mark Brandenburg, Bd. 1ff. 1857ff.;
Stölzel, A., Brandenburg-preußische Rechtsverwaltung und Rechtsverfassung, Bd.
1f. 1888; Landeskunde der Provinz Brandenburg, hg. v. Friedel, E./Mielke, R.,
Bd. 1ff. 1909ff.; Regesten der Markgrafen von Brandenburg aus dem askanischen
Hause, hg. v. Krabbo, H./Winter, G., 1910ff.; Holtze, F., Geschichte der Mark
Brandenburg, 1912; Tümpel, L., Die Entstehung des brandenburg-preußischen
Einheitsstaates, 1915; Hintze, O., Die Hohenzollern und ihr Werk, 3. A. 1916;
Schulze, B., Brandenburgische Landesteilungen 1258-1317, 1928; Historischer
Atlas der Provinz Brandenburg, hg. v. der hist. Kommission für die Provinz
Brandenburg und die Reichshauptstadt Berlin, 1929ff., N. F. 1962ff.; Schulze,
B., Die Reform der Verwaltungsbezirke in Brandenburg und Pommern 1809-1818,
1931; Hanke, M./Degener, H., Geschichte der amtlichen Kartographie
Brandenburg-Preußens bis zum Ausgang der Friderizianischen Zeit, 1935; Das
Handbuch der Mark Brandenburg, hg. v. Schultze, J., 1940; Atlas östliches
Mitteleuropa, hg. v. Kraus, T./Meynen, E./Mortensen, H./Schlenger, H., 1959;
Die Mark Brandenburg, hg. v. Schultze, J., Bd. 1ff. 1961, 2. A. 1989, 3. A.
2004, 4. A. 2010; Historischer Handatlas von Brandenburg und Berlin, hg. v.
Quirin, H., 1962ff.; Historisches Ortslexikon für die Mark Brandenburg, bearb.
v. Enders, L., 1962ff., Veröffentl. des Brandenburgischen Landeshauptarchivs,
Teil 11 Orts- und Personenregister, 1995; Schulze, H., Adelsherrschaft und
Landesherrschaft, 1963; Preußens Epochen und Probleme seiner Geschichte, hg. v.
Dietrich, R., 1964ff.; Bratring, F. A., Statistisch-topographische Beschreibung
der gesamten Mark Brandenburg. Neuausgabe bearb. v. Büsch, O./Heinrich, G.,
1968; Berlin und die Provinz Brandenburg im 19. und 20. Jahrhundert, hg. v.
Herzfeld, H., 1968; Grassmann, A., Preußen und Habsburg im 16. Jahrhundert,
1968; Scharfe, W., Topographische Aufnahmen in Brandenburg 1816-1821, Jb. f.
Gesch. Mittel- und Ostdeutschlands 18 (1969); Schreckenbach, H., Bibliographie
zur Geschichte der Mark Brandenburg, Bd. 1ff. 1970ff.; Brandenburgische
Jahrhunderte. Festgabe Schultze, J., hg. v. Heinrich G./Vogel, W., 1971; Scharfe,
W., Abriss der Kartographie Brandenburgs 1771-1821, 1972, Veröff. der Hist.
Kommission zu Berlin Bd. 35; Schmidt, E., Die Mark Brandenburg unter den
Askaniern 1134-1320, 1973; Bohm, E., Teltow und Barnim. Untersuchungen zur
Verfassungsgeschichte und Landesgliederung brandenburgischer Landschaften im
Mittelalter, 1978, Mitteldeutsche Forschungen Bd. 83; Neue Forschungen zur
Brandenburg-Preußischen Geschichte, hg. v. Benninghoven, F./Löwenthal-Hensel,
C., 1979; Dralle, L./Ribbe, W., Brandenburg, LexMA 2 1983, 554ff.; Ständetum
und Staatsbildung in Brandenburg-Preußen, hg. v. Baumgart, P., 1983;
Schindling, A., Kurbrandenburg im System des Reiches während der zweiten Hälfte
des 17. Jahrhundert, (in) Preußen, Europa und das Reich 1987; Mittenzwei, I., Brandenburg-Preußen
1648-1789. Das Zeitalter des Absolutismus in Text und Bild 1988 (1987);
Hansische Stadtgeschichte – Brandenburgische Landesgeschichte, hg. v. Engel,
E., 1989; Ahrens, K., Residenz und Herrschaft, 1990; Brandenburgische
Geschichte, hg. v. Materna, I., 1994; Assing, H., Brandenburg, Anhalt und
Thüringen im Mittelalter, 1997; 1050 Jahre Brandenburg, hg. v. Domstift, 1998;
Repertorium der Policeyordnungen der frühen Neuzeit, hg. v. Härter,
K./Stolleis, M., Bd. 2 1998; Bahl, P., Der Hof des großen Kurfürsten, 2000;
Partenheimer, L., Albrecht der Bär, 2001; Neugebauer, W., Zentralprovinz im
Absolutismus, 2001; Schiller, R., Vom Rittergut zum Großgrundbesitz, 2003; Höfe
und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W. u. a., 2003,
1, 1, 117, 454, 773, 1, 2, 64; Membra unius capitis, hg. v. Kaiser, M. u. a.,
2005; Nolte, C., Familie, Hof und Herrschaft, 2005; Brandenburg an der Havel
und Umgebung, hg. v. Kinder, S. u. a., 2006; Partenheimer, L., Die Entstehung
der Mark Brandenburg, 2007; Griesa, S., Die Mark Brandenburg im 14.
Jahrhundert, Jb. f. brandenb. LG. 57 (2006), 32; Wie die Mark entstand, hg. v.
Müller, J. u. a., 2009.
Braun von der Heidt zu Königheim (Königkheim) s. Heydt
Braunschweig-Lüneburg (Herzogtum, Fürstentum). Um die
Jahrtausendwende wurde an der Kreuzung der Straßen Hildesheim-Magdeburg und
Goslar-Lüneburg die Burg Dankwarderode (Tanquarderoth 1134) errichtet. In
Anlehnung an sie entstand auf älterem Siedlungsboden Braunschweig (1031 Brunesguik).
Dieses bildete bald einen Vorort im Stammesherzogtum Sachsen, das 1106 an
Lothar von Süpplingenburg fiel, der durch Vermählung mit der Erbtochter des
Grafen von Northeim, Richenza, die Erbgüter der Brunonen um Wolfenbüttel und
Braunschweig erlangt hatte und sie über seine Tochter Gertrud an die Welfen
weiterleitete. Nach dem Sturz Heinrichs des Löwen (1180) wurde das verbliebene
Eigengut unter den Söhnen 1202/1203 geteilt (erste Teilung). Heinrich († 1218),
Pfalzgraf bei Rhein, erhielt den westlichen Teil (Lüneburg von Hannover bis
Göttingen und Dithmarschen), Wilhelm († 1215) den östlichen Teil (Lüneburg), König Otto IV. († 1218) Braunschweig bis zum
Unterharz. Otto verstarb 1218 kinderlos. Heinrichs Erbe kam von seinen Töchtern
an Kaiser Friedrich II. Dieser erhob am 21. 8. 1235 nach der Übertragung der
welfischen Eigengüter an das Reich B. als Reichslehen des Gesamthauses zum
Herzogtum. Für dieses erwarb Herzog Otto das Kind († 1252), der Sohn Herzog
Wilhelms, 1246 von der Landgrafschaft Thüringen das Werratal und Münden
(Hannoversch-Münden) zurück und verband die aus dem billungischen Erbe um
Lüneburg, aus dem brunonischen Erbe um Braunschweig und aus dem northeimischen
Erbe zwischen Harz und oberer Leine gekommenen Güter zu einer Einheit. Verloren
gingen allerdings 1236 die Grafschaft Stade und 1264 das Amt Gieselwerder.
1267/1269 wurde das Land von seinen Söhnen geteilt (zweite Teilung). Albrecht
der Lange († 1279) wurde Herzog im Landesteil Braunschweig (Altes Haus
Braunschweig, Gebiete um Braunschweig-Wolfenbüttel, Einbeck-Grubenhagen und
Göttingen-Oberwald), Johann († 1277) Herzog im Landesteil Lüneburg (Altes Haus
Lüneburg). Gemeinsam blieb die Stadt Braunschweig. Von dieser Teilung an
standen mit Ausnahme der Jahre 1400 bis 1409 mindestens immer die beiden Häuser
Braunschweig und Lüneburg, zeitweilig sogar vier oder fünf Linien
nebeneinander. Dabei wurden nach Hameln (1261) noch Teile der Grafschaft Dassel
(1269/1272), Güter im nördlichen Harz und um Calenberg gewonnen, 1352 das
Untereichsfeld um Duderstadt aber verloren. Das Fürstentum Lüneburg wurde unter
Otto dem Strengen 1303/1321 um die Grafschaften Dannenberg, Lüchow und Wölpe
erweitert. 1369 starb die Linie mit Herzog Wilhelm aus. Es kam zum Lüneburger
Erbfolgekrieg, an dessen Ende Lüneburg in der Auseinandersetzung mit den
Askaniern an die Herzöge von Braunschweig-Wolfenbüttel fiel. Das Fürstentum
Braunschweig, das seit 1279 der Vormundschaft Ottos des Strengen von
(Braunschweig-)Lüneburg unterstand, wurde schon 1285/1286 unter den Söhnen
Heinrich I. († 1322), Albrecht II. († 1318) und Wilhelm (†1292) weiter
aufgeteilt in die Linien Grubenhagen (bis 1596), Göttingen (mit Münden bis
1463) und Braunschweig (dritte Teilung). Hiervon starb Wilhelm 1292 und seine
Güter kamen an die Linie Göttingen. Diese teilte sich 1345 in die Linien
Göttingen (Ernst I. † 1367) und Braunschweig(/Wolfenbüttel) (Magnus I. † 1369)
(fünfte Teilung). Von diesen erhielt die Braunschweig/Wolfenbütteler Linie 1388
nach dem Lüneburger Erbfolgekrieg das Lüneburger Erbe Herzog Wilhelms. Sie
führte aber neben dem Fürstentum Lüneburg das Fürstentum
Braunschweig(/Wolfenbüttel) in einer Nebenlinie (Friedrich) bis 1400 fort
(sechste Teilung), so dass Grubenhagen, Göttingen, Braunschweig-Wolfenbüttel
und Lüneburg nebeneinander standen. Nach der Ermordung Herzog Friedrichs von
Braunschweig im Jahre 1400 erbten die Herzöge von Lüneburg das Fürstentum
Braunschweig-Wolfenbüttel. 1409 teilten sie erneut in Braunschweig und Lüneburg
(mittleres Haus Lüneburg bis 1592 [siebente Teilung, achte Teilung]), wobei sie
das braunschweigische Fürstentum (mittleres Haus Braunschweig bis 1634) um das
Land zwischen Deister und Leine (Calenberg) vergrößerten (Revision der Teilung
1428). 1432 entstanden durch Teilung die Fürstentümer Braunschweig und
Calenberg (neunte Teilung), von denen Calenberg 1447/1494 die Grafschaft
Wunstorf erlangte und 1442/1463 durch Kauf das Fürstentum Göttingen (mit
Münden) und 1473 durch Erbfolge das Fürstentum Braunschweig erwarb, 1481 und
1483 aber wieder teilte (zehnte, elfte Teilung). 1495 wurde das Fürstentum
Braunschweig-Calenburg-Göttingen wieder geteilt (zwölfte Teilung). Herzog
Heinrich erhielt Braunschweig, für das die neue Residenz Wolfenbüttel
namengebend wurde. Herzog Erich I. bekam Calenberg-Göttingen. Beide teilten
sich das in der Hildesheimer Stiftsfehde von 1519 bis 1523 eroberte Gebiet des
Hochstifts Hildesheim (Hunnesrück [Hunsrück], Grohnde,Aerzen [Ärzen],
Lauenstein, Gronau, Hallerburg, Poppenburg, Ruthe, Koldingen, Hameln [zur
Hälfte], Bodenwerder, Dassel, Elze, Sparstedt an
Braunschweig-Calenberg-Göttingen, Winzenburg, Wohldenburg [Woldenberg],
Steinbrück, Lutter, Woldenstein, Schladen, Liebenburg, Wiedelah, Vienenburg,
Westerhof, Alfeld, Bockenem, Lamspringe und Salzgitter an
Braunschweig-Wolfenbüttel). Um die Mitte des 16. Jahrhunderts traten die
welfischen Herzöge der Reformation bei. Herzog Julius von
Braunschweig-Wolfenbüttel gründete 1576 die Universität Helmstedt. Er erbte
1584 das Fürstentum Calenberg-Göttingen und erlangte 1596 (bis 1617) das Fürstentum
Grubenhagen. 1582 erwarb er die Reichsgrafschaft Hoya, 1599 die
Reichsgrafschaft Regenstein mit Blankenburg und Hartingen im Harz. Kurz nach
dieser Vereinigung der südlichen welfischen Lande starb 1634 die Wolfenbütteler
Linie des mittleren Hauses Braunschweig aus. Ihr Land fiel an Lüneburg. Statt
zur Bildung eines einheitlichen Landes kam es aber 1635 zu einer erneuten
Gründung eines Neuen Hauses Braunschweig durch die Linie Dannenberg des
Herzogtums Lüneburg. Sie erhielt das Fürstentum Wolfenbüttel (ohne Calenberg
und Grubenhagen) samt Regenstein und gegen Hitzacker, Dannenburg, Lüchow und
Scharnebeck noch Walkenried im Harz. Getrennt durch die Hochstifte Hildesheim
und Halberstadt bestand es aus den Distrikten Wolfenbüttel, Schöningen, Harz und
Weser und den Städten Braunschweig, Wolfenbüttel, Schöppenstedt, Helmstedt,
Schöningen, Königslutter, Gandersheim, Seesen,
Holzminden und Stadtoldendorf und residierte ab 1753 wieder in Braunschweig.
Das Lüneburger Gebiet (Neues Haus Lüneburg, Residenz seit 1636 in Hannover) mit
Calenberg, Göttingen und Grubenhagen und 1665 um die Grafschaft Diepholz
erweitert wurde 1692 zum Herzogtum/Kurfürstentum Hannover erhoben
(Kurbraunschweig). 1705 wurde an Hannover das Fürstentum Lüneburg mit der
Grafschaft Hoya angegliedert. 1714 wurde Kurfürst Georg Ludwig von Hannover König von England. Von 1807 bis 1813 gehörte
Braunschweig zum Königreich Westphalen. Am 6.
11. 1813 entstand es ungefähr in den Grenzen des Fürstentums Wolfenbüttel neu,
nannte sich aber Herzogtum Braunschweig. 1815 trat es dem Deutschen Bund bei
und erhielt 1820 eine Verfassung, die 1829 von Herzog Karl aufgehoben, 1832
aber erneuert wurde. 1867 trat das Herzogtum Braunschweig dem norddeutschen
Bund, 1871 dem Deutschen Reich bei. 1884 erlosch das Haus Braunschweig. Da das
erbberechtigte Haus Hannover, das 1866 Hannover an Preußen verloren hatte, die
Reichsverfassung nicht anerkannte, bestand bis 1906 eine Regentschaft durch
Prinz Albrecht von Preußen und bis 1913 durch Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg.
Der seit 1913 nach Anerkennung der Reichsverfassung regierende Herzog Ernst
August dankte 1918 ab. Auf eine kurzlebige Räterrepublik folgten ab Dezember
1918 sozialdemokratische bzw. bürgerliche Regierungen des Freistaates
Braunschweig, der sich am 6. 1. 1922 eine Verfassung gab. 1930 trat die
Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei in die Regierung ein. 1940 wurde
der Kreis Holzminden gegen Goslar ausgetauscht (Preußen). 1945 wurde
Braunschweig wiederhergestellt. Durch die Zonengrenzziehung wurde der größte
Teil des Kreises Blankenburg (1990 Sachsen-Anhalt) und Calvörde der
sowjetischen Besatzungszone zugeteilt. Im Übrigen ging Braunschweig am 1. 11.
1946 durch Anordnung der britischen Militärregierung (mit Ausnahme der durch
die Zonengrenze abgetrennten Gebiete) im Land Niedersachsen auf. S. a.
Braunschweig-Wolfenbüttel.
L.: Wolff 432; Zeumer 552 I 8; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) F4,
III 22 (1648) E3; Die Territorien des Reichs 3, 8; Havemann, W., Geschichte der
Lande Braunschweig und Lüneburg, Bd. 1ff. 1853ff.; Sudendorf, H., Urkundenbuch
zur Geschichte der Herzöge von Braunschweig und Lüneburg (bis 1407), Bd. 1-11
1859ff.; Max, G., Geschichte des Fürstentums Grubenhagen, 1862; Heinemann, O.
v., Geschichte von Braunschweig und Hannover, Bd. 1ff. 1882ff.; Krieg, M., Die
Entstehung und Entwicklung der Amtsbezirke im ehemaligen Fürstentum Lüneburg,
1922; Hüttebräuker, L., Das Erbe Heinrichs des Löwen. Die territoriale
Grundlage des Herzogtums Braunschweig-Lüneburg, 1927; Pröve, H., Dorf und Gut
im alten Herzogtum Lüneburg, 1929; Schnath, G., Die Gebietsentwicklung
Niedersachsens, 1929; Beckurts, B., Grundriss der Braunschweiger Geschichte, 3.
A. 1931; Schnath, G., Geschichtlicher Handatlas Niedersachsens, 1939; Karte des
Landes Braunschweig im 18. Jahrhundert, bearb. v. Kleinau, H. u. a., 1956;
Patze, H., Die welfischen Territorien im 14. Jahrhundert, VuF 14, 1971;
Kleinau, H., Überblick über die Gesamtentwicklung des Landes Braunschweig,
Braunschweig. Jb. 53 (1972); Boshof, E., Die Entstehung des Herzogtums
Braunschweig-Lüneburg, (in) Heinrich der Löwe, hg. v. Moormann, D., 1980;
Weitkamp, S., Bibliographie zur braunschweigischen Landesgeschichte,
Braunschweigisches Jb. 67f. (1986f.); Pischke, G., Die Landesteilungen der
Welfen, 1987; Schlinker, S., Fürstenamt und Rezeption, 1999, 70; Brück, A., Die
Polizeiordnung Herzog Christians von Braunschweig-Lüneburg vom 6. Oktober 1618,
2003.
Braunschweig-Wolfenbüttel (Fürstentum, Herzogtum). Wolfenbüttel an
der Oker im nördlichen Harzvorland wird 1118 erstmals erwähnt, ist aber
vermutlich erheblich älter (10./11. Jh.). Die Burg Wolfenbüttel unterstand
zunächst den Herren von Asseburg (Gunzelin von Wolfenbüttel), die am Ende des
12. und Anfang des 13. Jahrhunderts zwischen Peine, Elm und Asse eine
Herrschaft errichteten, und wurde nach der Zerstörung der Herrschaft durch die
Welfen (1255) 1283 von diesen wieder aufgebaut. Seit dem Ende des 13.
Jahrhunderts war es Sitz verschiedener aufeinanderfolgender Linien des Hauses
Braunschweig, seit 1432 Hauptsitz der Herzöge von B. Nach der Teilung von 1495
wurde durch Herzog Heinrich den Älteren († 1514) das eigentliche Fürstentum B.,
dessen Name zwischen Braunschweig und Wolfenbüttel wechselte, begründet. Dieses
erlangte 1523 Teile des Hochstifts Hildesheim, führte die Reformation ein,
erbte 1584 Braunschweig-Calenberg sowie von 1596 bis 1617
Braunschweig-Grubenhagen und gewann 1568 die Verwaltung des Hochstifts
Halberstadt sowie 1593/1599 die Güter der Grafschaften Hohnstein und
Blankenburg-Regenstein, so dass es von Hoya bis Halberstadt herrschte. Nach
Aussterben der Wolfenbütteler Linie (1634) kam es in drei getrennten Teilen
(Braunschweig, Wolfenbüttel und Helmstedt, Gandersheim und Holzminden,
Blankenburg, insgesamt zwei Siebtel der welfischen Güter) 1635 an die Linie
Lüneburg-Dannenberg (Neues Haus Braunschweig). 1636 fiel Dannenberg an, 1651
Blankenburg und Regenstein, 1671 Braunschweig, doch musste 1643 der Anteil des
Großen Stiftes an das Hochstift Hildesheim zurückgegeben werden. Von 1735 bis 1884
kam B. an die 1666 begründete Nebenlinie Braunschweig-Bevern. 1753/1754 wurde
die zu europäischer Bedeutung aufgestiegene Residenz von Wolfenbüttel nach
Braunschweig verlegt. Am Ende des 18. Jahrhunderts gehörte B. zur weltlichen
Bank des Reichsfürstenrates des Reichstags. Durch den
Reichsdeputationshauptschluss vom 25. 2. 1803 erhielt es die Abteien
Gandersheim und Helmstedt. 1807 kam es zum Königreich
Westphalen und wurde 1813 wiederhergestellt. Im 19. Jahrhundert setzte sich die
Bezeichnung Herzogtum Braunschweig für Wolfenbüttel durch. Am 1. 11. 1946 ging
Braunschweig in Niedersachsen auf.
L.: Wolff 438; Zeumer 553 II b 19; Wallner 706 NiedersächsRK 8; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) F2, III 21 (1618-1648) E2, III 22 (1648)
D/E2/3, III 38 (1789) C/D1/2; Bauer 1, 139; Germer, H., Die Landgebietspolitik
der Stadt Braunschweig bis zum Ausgang des 15. Jahrhunderts, 1935; Spiess, W.,
Die Heerstraßen auf Braunschweig um 1550, 1937; Barner, W., Heimatatlas des
Kreises Alfeld für Schule und Haus, 1953; Karte des Landes Braunschweig im 18.
Jahrhundert, hg. v. Kleinau, H./Penners, T./Vorthmann, A., 1956; Historischer
Atlas der Stadt Braunschweig, bearb. v. Vermessungsamt der Stadt, 1958ff.;
Kühlhorn, E., Ortsnamenlexikon für Südniedersachsen, 1964; Karpa, O.,
Wolfenbüttel, 2. A. 1965; Kleinau, H., Land Braunschweig, (in) Geschichtliches
Ortsverzeichnis von Niedersachsen, 3 Teile 1967; Thöne, F., Wolfenbüttel, Geist
und Glanz einer alten Residenz 1963, 2. A. 1968; Beiträge zur Geschichte der
Stadt Wolfenbüttel, hg. v. König, J., 1970;
Kraatz, H., Die Generallandesvermessung des Landes Braunschweig von 1746-1784,
1975; Pischke, G., Die Landesteilungen der Welfen, 1987; Casemir, K./Ohainski,
U., Das territorium der Wolfenbütteler Herzöge um 1616, 1996; Medefind, H., Die
Kopfsteuerbeschreibung des Fürstentums Braunschweig-Wolfenbüttel von 1678,
2001; Das Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel im Jahr 1574, hg. v. Ohainski,
U. u. a., 2012.
Breisach (Reichsstadt). In B. an einem wichtigen
Rheinübergang am Kaiserstuhl sind frühgeschichtliche Siedlungsspuren, ein
Stützpunkt Ariovists (mons Brisiacus) und ein spätrömisches Kastell (369)
nachgewiesen. 938/939 wird ein castrum (Burg) bzw. castellum genannt, das 1002
in die Hand der Bischöfe von Basel kam. Im 12. Jahrhundert gründeten die
inzwischen ebenfalls berechtigten Staufer und die Bischöfe von Basel gemeinsam
eine Stadt, die Heinrich VI. 1185 privilegierte. Die Lehen der Herzöge von
Zähringen fielen 1218 bei deren Aussterben an die Staufer zurück. (Graf) Rudolf
von Habsburg entriss 1262 B. dem Hochstift Basel und gewährte der Stadt als König 1275 neues Recht (Reichsstadt). Kaiser Ludwig
der Bayer verpfändete sie 1331/1335 an Habsburg. 1469 ging die Pfandschaft an
Burgund, 1474 wieder an Habsburg. 1639/1648 kam B. an Frankreich, 1697/1700 an
Österreich. Von 1703 bis 1714, von 1744 bis 1748 und von 1801 bis 1805 war es
wieder bei Frankreich. 1805 gelangte es an Baden und damit 1951/1952 an
Baden-Württemberg.
L.: Wolff 41; Rosmann, P./Ens, T., Geschichte der Stadt Breisach, 1861;
Poinsignon, G., Die Urkunden des Stadtarchivs zu Breisach, Mitt. d. bad. hist.
Kommission 11 (1889), 1ff.; Beyerle, F., Das älteste Breisacher Stadtrecht, ZRG
GA 39 (1918), 318ff.; Schmidlin, J., Breisacher Geschichte, 1936; Haselier, G.,
Geschichte der Stadt Breisach am Rhein, Bd. 1 1969, Bd. 3 1985; Schwineköper,
B., Eine neue Geschichte Breisachs, Zs. d. Breisgau-Gesch. Vereins
(Schauinsland) 94/95 (1976/1977), 363; Schmid, K., Breisach, LexMA 2 1983,
600f. ; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 2, 89
Breisgau (Gau, Grafschaft, Landgrafschaft,
Landvogtei). Der aus dem Keltischen kommende Name der Landschaft zwischen
Oberrhein und Schwarzwald wird um 400 erstmals genannt (7. Jh. Brisachgowe).
Die karolingische Grafschaft des alemannisch besiedelten Breisgaues ist seit
dem 11. Jahrhundert in den Händen der Zähringer belegt. 1064 ging sie an die
verwandten Markgrafen von Baden, 1190 an deren Teillinie der Markgrafen von
Hachberg. Nach dem Untergang der Staufer erlangten die Grafen von Habsburg
einen Teil der Güter. 1269 fielen ihnen weitere Teile durch das Erlöschen der
Grafen von Kiburg (Kyburg) zu, die 1218 einen Teil der Güter der Herzöge von
Zähringen geerbt hatten. Während der südliche Teil des Breisgaus bei den
Markgrafen verblieb (Markgräfler Land) und am Beginn der Neuzeit aus dem B.
ausschied, wurde der nördliche „niedere“ B. als Landgrafschaft 1318 an die
Grafen von Freiburg (Urach-Freiburg) verpfändet und kam durch Erwerb der
Landgrafschaft und der Schirmherrschaft über Freiburg 1368 von den Grafen von
Freiburg überwiegend an Habsburg, das 1331 Breisach und Neuenburg sowie 1365
Kirnberg (Kürnberg) mit Kenzingen gewonnen hatte. Von 1469 bis 1474 wurde der
B. von dem Habsburger Sigmund von Tirol an Burgund verpfändet. 1478 ließ sich
Habsburg mit der Landgrafschaft im Breisgau belehnen. Seit dieser Zeit hatte
der B. (mit Freiburg, Breisach, Villingen, Neuenburg, Burkheim [Burgheim],
Waldkirch, Fricktal und Grafschaft Hauenstein) eigene Verwaltung (in Ensisheim)
und Landstände. Im Frieden von Lunéville des Jahres 1801 bzw. dem
Reichsdeputationshauptschluss vom 25. 2. 1803 fiel er an den Herzog von Modena,
1803 als Erbe an Österreich-Este, 1805 an Baden und Württemberg. 1810 trat
Württemberg seinen Anteil an Baden ab. Das Fricktal (Herrschaften Rheinfelden
und Laufenburg) kam 1801 an Frankreich, 1802 an die Helvetische Republik und
1815 an die Schweiz. Der übrige B. fiel 1951/1952 mit Baden an
Baden-Württemberg.
L.: Wolff 40; Wallner 713 ÖsterreichRK 1; Großer Historischer Weltatlas II 66
(1378) D5, III 22 (1648) C5, III 38 (1789) B4; Fehr, H., Die Entstehung der
Landeshoheit im Breisgau, 1904; Windelband, W., Der Anfall des Breisgaus an
Baden, 1907; Curs, O., Deutschlands Gaue im zehnten Jahrhundert, 1908, 3
([Brisehguue, Prisekeuue, Prisecgeuue, Brisiggouue, Brisachgowe, Prisagouue,
Brisikgowe, Brisikgouui, Brysichkowe, Brisihgowi, Prisgauue, Prisegouue,
Brisiggowe, Brisichgowe, Prisichgowe, in Mittelbaden,] Sulzburg, Waldkirch, Königschaffhausen bzw. Königsschaffhausen,
Riegel, Endingen, Wendlingen, Kenzingen, Teningen bzw. Theningen, Bahlingen,
Burkheim bzw. Burgheim, Oberrotweil bzw. Rottweil, Betzenhausen, Oberbergen,
Vogtsburg, Kirchzarten, Liel, Tutschfelden, Oberbirken, Unterbirken, Haslach,
Bellingen bzw. Bad Bellingen, Opfingen, Kirchen, Malterdingen, Ihringen, Wyhl
bzw. Wyl, Richtlingen, Mauracherhof, Neuershausen, Buggingen); Der Breisgau,
hg. v. Busse, H. u. a., 2. A. 1941; Stolz, O., Geschichtliche Beschreibung der
ober- und vorderösterreichischen Länder, 1945; Bader, K., Der deutsche
Südwesten in seiner territorialstaatlichen Entwicklung, 1950, Neudruck 1978;
Creutzburg, N. u. a., Freiburg und der Breisgau, 1954; Polenz, P. v.,
Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, I, 1, 8, II, 16, 30, 31, 32, III, 31, IV,
8, S. 263, Brisihgouwe, pagus Brisiaguensis, pagus Brisacensis, finis
Prisegauginsis, Brisigavi; Moreau, J., Dictionnaire de géographie historique,
1972, 66 Brisgau; Vorderösterreich. Eine geschichtliche Landeskunde, hg. v.
Metz, F., 3. A. 1978; Wogau, K. v., Die landständische Verfassung des
vorderösterreichischen Breisgaues 1679-1752, 1973; Zotz, T., Der Breisgau und
das alemannische Herzogtum, 1974; Kageneck, A. Graf v., Das Ende der
vorderösterreichischen Herrschaft im Breisgau, 1981; Zotz, T., Breisgau, LexMA
2 1983, 601f.; Borgolte, M., Geschichte der Grafschaften Alemanniens in
fränkischer Zeit, 1984, 56, 111 (Binzen, Rümmingen, Steinenstadt, Tumringen,
Wollbach, Haltingen, Eimeldingen) ; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren,
2005, 1, 531.
Breitenstein (Herrschaft). Vermutlich im 12.
Jahrhundert wurde die Burg B. (Altenbreitenstein) nördlich von
Sulzbach-Rosenberg erbaut. In der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts wird
Hermann von B. genannt, der Reichslehen innehatte. 1356 unterwarfen sich die
Herren von B. mit ihrer bis dahin unabhängigen Herrschaft Kaiser Karl IV. bzw.
den Königen von Böhmen und erhielten 1361 die
Hälfte von Königstein. 1373 kam die Hälfte der
Herrschaft von Karl IV. an die Herzöge von Bayern. 1571 bejahte Kaiser
Maximilian II. die Unterstellung unter Bayern. 1623/1627/1666 fiel die
verschuldete Herrschaft mit dem Aussterben derer von B. ganz an Pfalz-Sulzbach
und mit der Pfalz an Bayern.
L.: Schwemmer, W., Die ehemalige Herrschaft Breitenstein-Königstein, 1937.
Breitschwert von Buchenbach (Reichsritter),
Breitschwerdt von und zu Buchenbach. Die Familie war 1486 von König Maximilian I. in den Adelsstand erhoben worden.
Johann Leonhardt B. war 1663 Mitglied im Kanton Neckar des Ritterkreises
Schwaben. Von 1659 bis 1711 zählten die B. wegen Buchenbach zum Kanton Kocher.
L.: Roth von Schreckenstein 2, 592; Hellstern 201; Schulz 259.
Bremen (Erzstift, Herzogtum, Residenz). Das
787/789 für den Angelsachsen Willehad gegründete, 804/845 gefestigte, zunächst
dem Erzbistum Köln unterstellte Bistum B. wurde 845/847/848/864 als Ersatz für
das zerstörte Hamburg zum Erzbistum erhoben, das sich die Missionierung des
skandinavischen Nordens zum Ziel setzte, die 947 eingerichteten nordischen
Suffraganbistümer (Schleswig, Ripen, Aarhus) aber 1104 an das neugegründete
Erzbistum Lund verlor. Die weltliche Herrschaft der Erzbischöfe reichte
zunächst von Dithmarschen bis zur Grafschaft Wildeshausen (1270), beschränkte
sich dann aber auf das Gebiet zwischen Weser und Elbemündung (2. H. 11. Jh.
alle Grafschaften des südelbischen Teils des Bistums, 1144/1236 Anfall der
Grafschaft Stade nach dem Tode des letzten Grafen von Stade 1144), in dem 1234
Stedingen, 1306 Kehdingen und 1524 Wursten erlangt wurden. Die Versuche, die
seit dem 13. Jahrhundert verlorene Herrschaft über die Stadt Bremen zu
erringen, scheiterten zwischen 1363 und 1395. Gegen den Widerstand der letzten
katholischen Erzbischöfe Christoph († 1558) und Georg († 1566) setzte sich seit
1535 die Reformation durch. 1621/1632 wurde das Hochstift von Dänemark bzw. Schweden
besetzt. Im Westfälischen Frieden von 1648 wurde es wie Verden als Herzogtum
(Bremen-Verden mit Sitz in Stade) Schweden zugesprochen. 1712 ging es durch
Eroberung an Dänemark, das es 1715 an Hannover verkaufte, dem es Schweden
1719/1720 abtrat. 1803 wurde das Herzogtum mit 94 Quadratmeilen und rund 180000
Einwohnern von Frankreich besetzt, am 14. 2. 1810 dem Königreich
Westphalen und am 10. 12. 1810 Frankreich einverleibt. 1815 kam es zu Hannover
und mit diesem 1866 an Preußen. 1946 gelangte das Gebiet an Niedersachsen.
L.: Wolff 430; Zeumer 553 II b 6; Wallner 707 NiedersächsRK 3; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) E2, III 22 (1648) D2, III 38 (1789) C1; Die
Territorien des Reichs 3, 44; Dehio, G., Geschichte des Erzbistums Bremen bis
zum Ausgang der Missionszeit, Bd. 1, 2, 1877; Doerries, H., Studien zur älteren
bremischen Kartographie, Bremische Jb. 31, 32 (1928-29); May, O./Möhlmann, G.,
Die Regesten der Erzbischöfe von Bremen, Bd. 1, 2 (bis 1327) 1929ff.; Möhlmann,
G., Der Güterbesitz des Bremer Domkapitels, Diss. phil. Göttingen 1933;
Glaeske, G., Die Erzbischöfe von Hamburg-Bremen als Reichsfürsten, 1962;
Schomburg, D., Land Bremen, (in) Geschichtliches Ortsverzeichnis von
Niedersachsen, 1964; Fiedler, B., Die Verwaltung der Herzogtümer Bremen und
Verden in der Schwedenzeit 1652-1712, 1987; Drecktrah, V., Die Gerichtsbarkeit
in den Herzogtümern Bremen und Verden, 2002; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 476, 1, 2, 73.
Bremen (freie Reichsstadt, Republik, Land,
Bundesland). B. (and. „an den Rändern“) wird erstmals 781/782 genannt. Seit
787/789 entstand auf einem Dünenhügel zwischen Weser und Balge der Dom des
Bischofssitzes B. (845/847 Erzbistum). 937 übertrug König
Otto I. die königliche Grundherrschaft an den
Erzbischof von B. und gewährte 965 Marktrecht. Von 1186 an erlangten die Bürger
vom König und vom Erzbischof verschiedene
Privilegien. Unter dem 1225 zuerst erwähnten Rat erkämpfte sich die Stadt
Unabhängigkeit vom erzbischöflichen Stadtherren. Von 1303 bis 1308 zeichnete
sie unter Anlehnung an den Sachsenspiegel ihr Recht auf. Als Mitglied der Hanse
(seit 1358) erlebte sie um 1400 eine wirtschaftliche Blütezeit. In der
”Eintracht” von 1433 und der ”Neuen Eintracht” kam es zur Festigung des
patrizischen Stadtregimentes, das zunehmend die Stellung einer freien Stadt mit
unmittelbarer Bindung an das Reich anstrebte. 1436 kam nach dem Aussterben der
Ritter von Oumund deren Herrschaft Blumenthal gegen Geldzahlungen von den Erben
an B. 1522 wurde die Reformation eingeführt, die bald calvinistische Züge
annahm. 1541/1666 wurde die Reichsfreiheit errungen und 1741 gefestigt, doch
ging Blumenthal mit 9 Dörfern an Hannover über und kam erst 1939 von Preußen
wieder an Bremen zurück. Im 18. Jahrhundert erlebte B. infolge des
Amerikahandels eine neue Blüte, behielt dann durch § 27 des
Reichsdeputationshauptschlusses vom 25. 2. 1803 Bestand und konnte sogar sein
Gebiet vergrößern (u. a. Domimmunität). Seit 1806 bezeichnete sich B. als Freie
Hansestadt B. Von 1810 bis 1813 war es als Teil Frankreichs (10. 12. 1810)
Hauptstadt des französischen Weserdepartements (Departements Wesermündungen).
1815 wurde es Mitglied des Deutschen Bundes. 1827 erwarb es das hannoversche
Gebiet von Bremerhaven. 1849 gab es sich eine demokratische, 1854 eine
konservative Verfassung. 1866 wurde es Mitglied des Norddeutschen Bundes, 1871
Bundesstaat des Deutschen Reiches. Nach der Novemberrevolution 1918 und einer
kurzen Sozialistischen Repulik B. (10. 1. 1919 - 4. 2. 1919) gab sich B. am 18.
5. 1920 eine demokratische Verfassung. Im Dritten Reich unterstand B. mit rund
256 Quadratkilometern und 340000 Einwohnern gemeinsam mit Oldenburg einem
Reichsstatthalter. 1939 erhielt es preußische Gemeinden eingegliedert
(Blumenthal, Grohn, Hemelingen), 1945 den restlichen Landkreis B. Gleichzeitig
wurde 1939 die Stadt Bremerhaven (ohne das Hafengebiet) aus Bremen
ausgegliedert und der 1924 aus Geestemünde (Geestmünde) und Lehe gebildeten
Stadt Wesermünde in Preußen zugeteilt. In diesem Umfang gehörte B. seit Mai
1945 zur amerikanischen Besatzungszone. Am 23. 1. 1947 wurde rückwirkend zum 1.
1. 1947 das Land B. proklamiert. Am 7. 2. 1947 wurde Wesermünde mit dem
Hafengebiet Bremerhaven vereinigt und als Stadt Bremerhaven dem Land B. zugeteilt,
das 1949 Bestandtteil der Bundesrepublik Deutschland wurde.
L.: Wolff 460; Zeumer 554 III a 8; Wallner 707 NiedersächsRK 23; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) E2, II 78 (1450) F3, III 22 (1648) D2, III
38 (1789) C1; Schnath, G./Lübbing, H./Engel, F., Niedersachsen, (in) Geschichte
der deutschen Länder, Bd. 1; Kellenbenz, H., Die Hanse und die Städte Lübeck,
Hamburg und Bremen, (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Die
Territorien des Reichs 3, 44; Schroeder 89ff.; Bauer 1, 141; Bremisches Urkundenbuch,
hg. v. Ehmck, D./Bippen, W. v., Bd. 1ff. 1873ff.; Bippen, W. v., Geschichte der
Stadt Bremen, Bd. 1ff. 1892ff.; Lehe, E. v., Grenzen und Ämter im Herzogtum
Bremen, 1926; Gildemeister, J./Heineken, C., Das Gebiet der freien Hansestadt
Bremen in 28 Kartenblättern nach den Originalaufnahmen, 1928; Doerries, H.,
Studien zur älteren bremischen Kartographie, Bremische Jb. 31, 32 (1928-29);
Die mittelalterlichen Geschichtsquellen der Stadt Bremen, hg. v. Eckhardt, K.
A., 1931; Allmers, C., Geschichte der bremischen Herrschaft Bederkesa, 1933;
Buchenau, F., Die Freie Hansestadt Bremen und ihr Gebiet, 4. A. 1934; Deutsches
Städtebuch, hg. v. Keyser, E./Stoob, H., Band 3 Teilband 1 1939ff.; Kasten, H.,
Freie Hansestadt Bremen 1564-1947, 1947; Haase, C., Untersuchungen zur
Geschichte des Bremer Stadtrechts im Mittelalter, 1953; Schwarzwälder, H.,
Entstehung und Anfänge der Stadt Bremen, 1955; Bessel, G., Bremen. Geschichte
einer deutschen Stadt, 3. A. 1955; Spitta, T., Kommentar zur Bremer Verfassung
von 1947, 1960; Schomburg, D., Geschichtliches Ortsverzeichnis des Landes
Bremen, 1964; Die Chroniken der niedersächsischen Städte - Bremen, bearb. v.
Meinert, H., 1968; Wilmanns, M., Die Landgebietspolitik der Stadt Bremen um
1400, 1973; Schwarzwälder, H., Geschichte der Freien Hansestadt Bremen, Bd.
1ff. 1975ff.; Meyer, H., Die vier Gohe um Bremen, Diss. phil. Hamburg, 1977;
Heineken, C., Geschichte der Freien Hansestadt Bremen von der Mitte des 18.
Jahrhunderts bis zur Franzosenzeit, 1983; Hoffmann, H., Bremen, Bremerhaven und
das nördliche Niedersachsen, 1986; Schwarzwälder, H., Reise in Bremens
Vergangenheit, 1989; Tügel, G., Die Senate der Hansestädte Hamburg und Bremen,
1989; Schwarzwälder, H., Das große Bremen-Lexikon, 2000; Schulz, A.,
Vormundschaft und Protektion, 2001; 700 Jahre Bremer Recht 1303-2003, hg. v.
Elmhäuser, K. u. a., 2003; Elmshäuser, K., Geschichte Bremens, 2007.
Brescia (Stadtstaat). Das zunächst keltische
Brixia am Ausgang des Trompiatales stand seit 218 v. Chr. unter römischem Einfluss.
Vom 6. bis 8. Jahrhundert war es Mittelpunkt eines langobardischen Herzogtums.
Im 12. Jahrhundert wurde es Mitglied des lombardischen Städtebundes (1120
concio, 1127 consules). Nach häufigem Herrschaftswechsel seit 1258 fiel es 1426
an Venedig, 1797 an die zisalpinische Republik und an das Königreich Italien Frankreichs, 1815 an das
Lombardo-Venetianische Königreich Österreichs.
Seit 1859 gehörte es zum Königreich
Sardinien(-Piemont) bzw. 1861 Italien.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 48 (1300) D2; Storia di Brescia, hg. v.
Treccani degli Alfieri, G., Bd. 1ff. 1961ff.; Soldi Rondinini, G., Brescia, Lex
MA 2 1983, 608ff.
Breslau (Fürstbistum, Residenz). Kurz nach 990
wurde in B. an der oberen Oder ein Bistum eingerichtet, das im Jahre 1000 als
Suffraganbistum Gnesens erwähnt wird. 1155/1245 umfasste seine Diözese ganz
Schlesien (ohne Glatz und Lausitz). Der Bischof gehörte nicht zu den
Reichsfürsten und war seit Anfang des 14. Jahrhunderts mit seinen sehr reichen
Gütern (1290 Bistum Neiße von Heinrich IV. von Breslau, 1344 Grottkau von den
Herzögen von Brieg) von den luxemburgischen Königen
von Böhmen abhängig. 1810/1811 wurden die Güter unter der Herrschaft Preußens
säkularisiert. S. Polen.
L.: Pfitzner, J., Besiedlungs-, Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte des
Breslauer Bistumslandes, Bd. 1 1926; Seppelt, F., Geschichte des Bistums
Breslau, 1929; 950 Jahre Bistum Breslau, 1951; Marschall, W., Geschichte des
Bistums Breslau, 1980; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg.
v. Paravicini, W., 2003, 1, 506, 1, 2, 76.
Breslau (Herzogtum, Residenz der Piasten). Nach
älteren Siedlungsspuren erscheint an einer wichtigen Straßenkreuzung an der
oberen Oder im 8./9. Jahrhundert eine slawische Burg, die nach dem slawischen Personennamen
Vratislav benannt ist. Kurz nach 990 wird dort ein Bistum eingerichtet. 1214
finden sich deutsche Siedler, 1261 erhält B. (vielleicht zum zweitenmal)
deutsches Recht. Bei der Teilung der niederschlesischen Piasten von 1248/1254
erlangte Heinrich III. Breslau, seine Brüder Glogau und Liegnitz. 1280 wurde
sein Sohn Heinrich IV. von König Rudolf von
Habsburg als Reichsfürst belehnt. 1290 setzte sich nach dem Tod Heinrichs IV.
Heinrich V. von Liegnitz durch, musste aber Schweidnitz und Münsterberg an
Jauer und Oels an Glogau abgeben. 1311 kam B. bei der Teilung von Liegnitz an
Heinrich VI., umfasste aber im Wesentlichen nur noch die Städte und Weichbilder
B., Neumarkt und Namslau. 1327 übertrug Heinrich VI. es mit Wirkung von 1335 an
den König von Böhmen. Zwischen 1346 und 1356
erhielt es auf der Grundlage des Sachsenspiegels ein Landrecht. Von 1469 bis
1490 unterstand es dem König von Ungarn, um
danach wieder zu Böhmen zurückzukehren. 1526 fiel es mit Böhmen an Habsburg
bzw. Österreich. 1702 erhielt es von dort eine Universität. Das Herzogtum hatte
einen Flächeninhalt von 42 Quadratmeilen und war in die Kreise B., Namslau und
Neumarkt-Kanth eingeteilt. 1742 kam es an Preußen. Seit 1945 stand B. unter
Verwaltung Polens, an das es 1990 als politische Folge der deutschen Einheit
gelangte.
L.: Wolff 474; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) J3; Breslauer
Urkundenbuch, bearb. v. Korn, G., 1870; Markgraf, H., Geschichte Breslaus in
kurzer Übersicht, 2. A. 1913; Stein, R., Der Rat und die Ratsgeschlechter des
alten Breslau, 1963; Menzel, J., Breslau, LexMA 2 1983, 610ff.; Brunzel, K.,
Breslauer Lebensbilder aus drei Jahrhunderten, 1990; Rabe, C., Alma mater
Leopoldina, 1999; Encyklopedia Wroclawia (Enzyklopädie Breslaus), hg. v.
Harasimowicz, J., 2000; Quellenbuch zur Geschichte der Universität Bresau 1702
bis 1811, hg. v. Conrads, N., 2002; Eschenloer, P., Geschichte der Stadt
Breslau, 2003; Thum, G., Die fremde Stadt, 2003; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 2, 79.
Breuberg (Herrschaft). B. an der unteren Mümling
wurde im 12. Jahrhundert als Vogteiburg der Abtei Fulda gegründet. Vögte waren
bis 1323 die im späten 12. Jahrhundert erscheinenden, dem Stande nach
reichsministerialischen Herren von B. Bei ihrem Aussterben 1323 folgten
allmählich die Grafen von Wertheim, die 1497 die Alleinherrschaft bei
fuldischer Lehnshoheit erreichten. Bei ihrem Aussterben 1556 fiel das Erbe mit
den drei Zenten Höchst, Lützelbach und Kirch-Brombach (Kirchbromberg) und dem Gericht
Neustadt je zur Hälfte an die Grafen von Erbach und von Stolberg-Königstein bzw. am Anfang des 17. Jahrhunderts die
Grafen von Löwenstein. Das nur in den Nutzungen geteilte Kondominium, aus dem
1790 die Grafen von Löwenstein-Wertheim-Virneburg zum fränkischen Kreis
steuerten, kam 1806 an das Großherzogtum Hessen-Darmstadt und damit 1945 zu
Hessen.
L.: Wolff 121, 123; Wallner 692 FränkRK 10, 11; Hölzle, Beiwort 50; Weber,
H./Röder, A., Burg Breuberg, 1951; Wackerfuß, W., Kultur-, Wirtschafts- und Sozialgeschichte
des Odenwaldes, 1991; Das Zinsbuch der Herrschaft Breuberg von 1426, bearb. v.
Wackerfuß, W., 2004.
Brixen (Hochstift, Residenz). Seit 559/575 ist
ein Bischof von Säben für das Eisacktal nördlich von Klausen, das Pustertal,
das Wipptal und das Inntal vom Reschen bis zum Ziller nachgewiesen, der 798 dem
Erzbischof von Salzburg unterstellt wurde. Er erhielt 892 von Kaiser Arnulf den
Reichsforst Pustertal und 901 von König Ludwig
dem Kind den Hof Prichsna (B., 828 locus Pressene), an den seit etwa 960 der
Sitz des Bistums verlegt wurde. Unter den Ottonen erlangten die Bischöfe den
später wieder verlorenen Hof Villach und die Herrschaft Bled (Veldes) in Krain.
König Konrad II. übertrug 1027 die
Grafschaftsrechte im Eisacktal und Inntal (Norital, Unterinntal), Kaiser
Heinrich IV. 1091 die Grafschaft Pustertal. Landesherrliche Gewalt entwickelten
die Bischöfe in und um B., im Pustertal sowie um Veldes, während im Übrigen
Bistum die Hochstiftsvögte die Herrschaft ausübten (Grafen von Morit, dann die Grafen
von Andechs, um 1210 die Grafen von Tirol). Mit der Übergabe Tirols an Habsburg
(1363) verlor das Bistum gegenüber dem Tiroler Landesfürsten an Bedeutung (seit
1363 Tirol ”konföderiert”) und behielt nur wenige Güter um Brixen und Bruneck.
Das Pustertal kam über Bayern, Tirol und Görz 1500 an Österreich. 1803 wurde
das 17 Quadratmeilen (900 Quadratkilometer) große Hochstift mit 26000-30000
Einwohnern (Brixen mit Stadtgericht und Hofgericht, Klausen mit den Gerichten
Feldthurns, Latzfons, Verdings, Bruneck mit Stadtgericht und Amtsgericht,
Herrschaft Buchenstein, Gerichte Thurn an der Gader, Antholz, Anras,
Niedervintl, Salern mit Schlanders, Pfeffersberg, Lüsen, Albeins, Tiers und
Fassa, Herrschaft Veldes in Krain, Amt Teugn bei Regensburg und einige Küchenmayerhöfe)
säkularisiert, Österreich einverleibt und zu Tirol geschlagen. 1919 wurde B.
mit Südtirol an Italien angeschlossen.
L.: Wolff 48; Zeumer 552 II a 20; Wallner 714 ÖsterreichRK 3; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) F5, II 78 (1450) G4, III 22 (1648) E5, III
38 (1789) D4; Die Territorien des Reichs 1, 86; Sinnacher, F., Beyträge zur
Geschichte der bischöflichen Kirche Säben und Brixen, Bd. 1-9 1821ff.;
Tinkhauser, G., Topographisch-historisch-statistische Beschreibung der Diözese
Brixen, Bd. 1ff. 1861ff.; Redlich, O., Die Traditionsbücher des Hochstifts
Brixen, 1888; Huter, F., Säben, Ursprung der bischöflichen Kirche Brixen. Der
Schlern 51 (1927), 6ff.; Santifaller, L., Die Urkunden der Brixner
Hochstiftsarchive 845-1295, 1929; Granichstädten-Czerva, R., Brixen.
Reichsfürstentum und Hofstaat, 1948; Hochholzer, H., Das geschichtliche
Raumgefüge der Kulturlandschaft Oberitaliens, 1956; Sparber, A.,
Kirchengeschichte Tirols, 1957; Rinaudo, C., Atlante storico, 1959; Sparber,
A., Die Brixner Fürstbischöfe im Mittelalter, 1968; Dörrer, F., Der Tiroler
Anteil des Erzbistums Salzburg, 1969; Riedmann, J., Brixen, LexMA 2 1983,
704f.; Riedmann, J., Geschichte Tirols, 3. A. 2001; Riedmann, J., Säben-Brixen
als bairisches Bistum, 1992; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen
Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 514, 1, 2, 83; Brixen, hg. v. Fuchs, B.
u. a., 2004.
Brunengeruuz (Grafschaft innerhalb des Großgaus
Hasbanien), Brunigerode
L.: Curs, O. Deutschlands Gaue im zehnten Jahrhundert. Nach den Königsurkunden. Diss. phil. Göttingen 1908, 4;
Gysseling, M., Toponymisch Woordenboek, 1960, 197; Polenz, P. v., Landschafts-
und Bezirksnamen, 1961, IV, 19, Brunengeruuz, Brunengurt; Nonn, U., Pagus und
comitatus in Niederlothringen, 1983, 235.
Brünn (Reichsstadt, Residenz der Grafen von
Luxemburg). B. (alttschechisch brn, Ton, Lehm?) an der Mündung der Zittawa in
die Schwarzawa wird 1091 erstmals erwähnt. Die Burg war Vorort eines mährischen
Teilfürstentums bzw. Mährens. 1243 erhielt B. eigenes Recht. Unter König Rudolf von Habsburg wurde es zur Reichsstadt
erhoben, doch hat sich dies faktisch nicht ausgewirkt. S. Tschechoslowakei.
L.: Wolff 467; Rössler, E., Die Stadtrechte von Brünn aus dem 13. und 14.
Jahrhundert, 1852, Neudruck 1963; Bretholz, B., Geschichte der Stadt Brünn, Bd.
1 1911; Hlavacek, I., Brünn, LexMA 2 1983, 762ff.; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 2, 87.
Buchau (Reichsstift, Residenz). Um 770 gründete
eine fränkische (?) Adlige (Adelinde, Gemahlin Graf Warins) auf einer Insel im
Federsee das Damenstift B. 819 erhielt es von Kaiser Ludwig dem Frommen Güter.
857 war es Eigenkloster Ludwigs des Deutschen, der es seiner Tochter Irmengard
übertrug. 902 wurde es durch Adelindis, der Tochter des Grafen des Eritgaus neu
gegründet. Es galt im Spätmittelalter als reichsunmittelbar. Seit 1347 hatte
die Äbtissin fürstlichen Rang. Seit 1264 hatte B. niemals mehr als 10
Stiftsdamen. Das vor 1415 in einen Säkularstift umgewandelte Kloster erwarb durch
Erweiterung seines Stiftungsgutes und nach 1625 durch Heimfall der
Lehnsherrschaft Straßberg ein kleines Herrschaftsgebiet, zu dem Dürnau (1387)
und Kappel (1391), Grodt (1427/1645-1788, dann an die Grafen von Königsegg-Aulendorf), Kanzach (1442), Betzenweiler
(1510), Streitberg (1700), die Herrschaft Oggelsbeuren mit Rupertshofen und
Ellighofen (1695), das Amt Bierstetten (1788), Moosburg (1792) und einige Ämter
zu Mengen und Saulgau gehörten. Nach 1648 wurde es geschwächt. Es hatte Sitz
auf dem Reichstag und dem schwäbischen Kreistag. 1803 fiel es, 2 Quadratmeilen
groß, an Thurn und Taxis und wurde unter seiner Auflösung mit der Reichsstadt
B. zu einem Oberamt zusammengeschlossen, das 1806 an Württemberg und damit
1951/1952 zu Baden-Württemberg kam. Straßberg gelangte an
Hohenzollern-Sigmaringen und damit über Württemberg-Hohenzollern 1951/1952 zu
Baden-Württemberg.
L.: Wolff 169; Zeumer 553 II a 37, 11, II b 61, 2; Wallner 688 SchwäbRK 53;
Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) E4, III 38 (1789) C3; Schöttle, J.,
Geschichte von Stadt und Stift Buchau, 1884; Erzberger, M., Die Säkularisation
in Württemberg 1802-1810, 1902; Beschreibung des Oberamtes Riedlingen, 2. A.
1928; Hölzle, E., Der deutsche Südwesten am Ende des alten Reiches, 1938;
Baumann, T., Buchau am Federsee, 1955; Theil, B., Das Damenstift Buchau am
Federsee zwischen Kirche und Reich im 17. und 18. Jahrhundert, Bll. f. dt. LG.
125 (1989), 189ff.; Theil, B., Das (freiweltliche) Damenstift Buchau, 1994;
Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W.,
2003, 1, 704, 1, 2, 94; Die Urkunden des Stifts Buchau. Regesten 819-1500, hg.
v. Seigel, R. u. a., 2009 (1041 Regesten); Adelige Damenstifte Oberschwabens,
hg. v. Schiersner, D., 2011.
Büchenbach (Mark, Buochinebach südwestlich
Erlangens [oder südlich Fürths?])
L.: Curs, O. Deutschlands Gaue im zehnten Jahrhundert. Nach den Königsurkunden. Diss. phil. Göttingen 1908, 4
(Büchenbach).
Buchengau (Pochonia, Buchonia, Gau um Fulda)
L.: Curs, O. Deutschlands Gaue im zehnten Jahrhundert. Nach den Königsurkunden. Diss. phil. Göttingen 1908, 4 (Fulda);
Gysseling, M., Toponymisch Woordenboek, 1960, 154 Boconia; Polenz, P. v.,
Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, I, 12, II, 22, 74, 76 Buohhunna, Buchonia,
Boconia, Gebietsname.
Buchhorn (Reichsstadt) (seit 1811
Friedrichshafen). B. am Bodensee wird erstmals 838 erwähnt. Seit 1032/1040
erscheinen als Zweig der sog. Udalrichinger Grafen von B. Nach ihrem Aussterben
1089 fielen ihre Güter an die Welfen, 1189/1191 an die Staufer. Der von diesen
zur Stadt ausgebaute Ort wird 1241 im Reichssteuerverzeichnis genannt und ist
am Ende der staufischen Herrschaft in der Mitte des 13. Jahrhunderts
Reichsstadt (nach 1254, 1275/1299). König Rudolf
von Habsburg verpfändete diese an die Grafen von Werdenberg, doch konnte B.
nach 1323 die Reichsfreiheit wieder erlangen. 1472 erwarb B. vom Hochstift
Konstanz die Herrschaft Baumgarten-Eriskirch. 1802/1803 fiel B. mit rund 40
Quadratkilometern und etwa 1800 Einwohnern an Bayern, 1810 an Württemberg. 1811
entstand aus der Vereinigung von B. und Hofen das nach König
Friedrich von Württemberg benannte Friedrichshafen, das 1951/1952 zu
Baden-Württemberg kam.
L.: Wolff 224; Zeumer 555 III b 34; Wallner 690 SchwäbRK 90; Großer
Historischer Weltatlas III 22 (1648) D5; Schroeder 226ff.; Knapp, E., Die
älteste Buchhorner Urkunde, Württ. Vjh. für Landesgesch. 19 (1910), 155ff.;
Müller, K., Die oberschwäbischen Reichsstädte, 1912, 216ff.;
Oberamtsbeschreibung Tettnang, 1915; Hutter, O., Buchhorn-Friedrichshafen,
1939; Messerschmid, M., Buchhorn unter bayerischer Verwaltung, Schr. d. Vereins
f. Gesch. des Bodensees und seiner Umgebung 80 (1962), 52ff.; Der Kreis
Tettnang und die Stadt Friedrichshafen, hg. v. Theiss, K./Baumhauer, M., 1969;
Schmid, K., Buchhorn, LexMA 2 1983, 836.
Büdingen (Herren, Grafen). In B. bestanden in
fränkischer Zeit ein Königshof und danach im 12.
Jahrhundert (1180/1190) eine Wasserburg der erstmals 1131 als Verwalter des
mehr als 10000 Hektar umfassenden Reichswaldes zwischen Kinzig, Salz, Nidder
und dem ehemaligen Limes genannten Familie der edelfreien Herren von B. In der
Mitte des 13. Jahrhunderts (um 1245)/1327 ging es nach dem Aussterben der
Herren von B. an die vielleicht stammesgleichen Grafen von Isenburg über, die
bis 1376 den gesamten Reichswald, 1377 Wächtersbach, 1420/1433 aus der
Erbschaft der Falkensteiner unter anderem die Hälfte von Offenbach erhielten,
die Burg Birstein und die Vogtei Reichenbach von Fulda kauften und 1442 den
Reichsgrafentitel erlangten. 1517/1521 wurde das geschlossene isenburgische
Territorium vom Vogelsberg bis über den Main geteilt. B. war von 1517 bis 1806
mit Unterbrechungen Sitz der Linie Isenburg-Büdingen. 1684 erfolgte dabei
erneut eine Aufteilung in die Linien Birstein (Isenburg-Birstein) und B.
(Isenburg-Büdingen) B.(Isenburg-Büdingen) teilte sich 1687 in B.
(Isenburg-Büdingen-Büdingen) (bis 1941), Wächtersbach
(Isenburg-Büdingen-Wächtersbach), Meerholz (Isenburg-Büdingen-Meerholz) (bis
1929) und Marienborn (Isenburg-Marienborn) (bis 1725). 1806 fiel es an
Isenburg-Birstein (Isenburg-Offenbach-Birstein), das 1812 den Büdinger
Reichswald allodifizierte, 1816 an Hessen-Darmstadt. 1945 kam B. zu Hessen. S.
Isenburg-Büdingen (Isenburg-Büdingen-Büdingen), Isenburg-Büdingen-Meerholz,
Isenburg-Büdingen-Wächtersbach.
L.: Wolff 277; Simon, H., Geschichte des reichsständischen Hauses Ysenburg und
Büdingen, Bd. 1ff. 1864ff.; Nieß, P., Büdingen, 1951; Philippi, H.,
Territorialgeschichte der Grafschaft Büdingen, 1954; Demandt, K., Die Herren
von Büdingen und das Reich in staufischer Zeit, Hess. Jb. f. LG. 5 (1955), 49;
Kreis Büdingen. Wesen und Werden, 1956; Fahlbusch, F., Büdingen, LexMA 2 1983,
904; Bilder erzählen aus der Vergangenheit, hg. v. Heuson, H., 1988; Decker,
K./Großmann, G., Schloss Büdingen, 1999.
Burgau (Markgrafschaft). Im Gebiet zwischen
Donau, Lech, Wertach, Schwabegg und Leipheim-Weißenhorn sind im 12. Jahrhundert
die mit den Staufern verwandten Grafen von Berg (ab 1132/1160) begütert. Sie
übernahmen nach dem Aussterben der Markgrafen von Ronsberg 1212/1213 deren
Titel und übertrugen ihn auf den 1147 erstmals erwähnten B. Nach dem Erlöschen
des burgauischen Zweiges der Grafen von Berg zog König
Albrecht I. 1301 die aus Adelsgut und Reichsgut locker zusammengefügte
Markgrafschaft 1301 als Reichslehen ein. Danach gelangte B. an Habsburg, das
vor allem in den Orten B., Günzburg, Scheppach und Hochwang grundherrliche und
niedergerichtliche Rechte, im Übrigen Geleit, Zoll, Forst und Hochgericht
hatte. Im 14. und 15. Jahrhundert war B. an die Westernach, Ellerbach und
Knöringen, 1450 an Bayern-Landshut, 1485 an das Hochstift Augsburg und von 1486
bis 1492 an Bayern verpfändet. 1492 löste König
Maximilian den B. mit Hilfe der Fugger, der Reichsstädte Augsburg und Ulm sowie
der ”Insassen” aus. Von 1498 bis 1559 war der B. an Augsburg verpfändet.
Zwischen 1564 und 1665 war er der Tiroler Nebenlinie des Hauses Habsburg
zugeordnet, kam dann aber an die Hauptlinie. Der Landvogt residierte in
Günzburg. 1805 trat Österreich den B. an Bayern ab.
L.: Wolff 42; Wallner 713 ÖsterreichRK 1; Großer Historischer Weltatlas II 66
(1378) F4; Sartori, J. v., Staatsgeschichte der Markgrafschaft Burgau, 1788;
Kolleffel, J. L., Schwäbische Städte und Dörfer um 1750. Geographische und
topographische Beschreibung der Markgrafschaft Burgau 1749-1753, hg. v. Pfand,
R., 1976ff.; Nebinger, G., Entstehung und Entwicklung der Markgrafschaft
Burgau, (in) Vorderösterreich. Eine geschichtliche Landeskunde, hg. v. Metz, 3.
A. 1978, 753ff.; Schulz, A., Burgau. Das Bild einer schwäbischen Stadt, 1983;
Wüst, W., Die Markgrafschaft Burgau, 1988, (in) Heimatverein für den Landkreis
Augsburg, Jber. 1985/1986; Schiersner, D., Politik, Konfession und
Kommunikation, 2005.
Burgheim (Reichsdörfer Oberburgheim,
Niederburgheim). Ludwig der Bayer verpfändete am 29. 1. 1343 dem Viztum Rudolf
von Andlau (Andeld) die Reichsdörfer Gertweiler und B. bei Schlettstadt im
Elsass. Am 6. 6. 1409 erlaubte König Ruprecht
seinem Sohn, dem Pfalzgrafen Ludwig bei Rhein, die von demselben eingelösten Reichsdörfer
Gertweiler und B. nebst mehreren anderen als Reichspfandschaften zu besitzen.
L.: Hugo 470, 472.
Burgund (Königreich,
Herzogtum, Freigrafschaft). Der Name B. für die Landschaft zwischen Saône und oberer
Loire geht auf die ostgermanischen Burgunder zurück, die zwischen 400 bzw. 413
und 436 um Mainz und Worms und nach 443 um Genf, Lyon und das Rhonegebiet ein
eigenes, strukturell in sich recht verschiedenes Reich gegründet hatten, das
534 von den Franken zerstört wurde. B. bezeichnet danach zunächst das
fränkische Teilreich B. um Orléans und Chalon-sur-Saône, später das Reich des
Sohnes Karl (855-863) Kaiser Lothars I. (Niederburgund d. h. Provence und Dukat
Vienne/Lyon). 879 wählten die geistlichen Großen des Gebiets den Grafen Boso (†
887) von Vienne, den Schwager Karls des Kahlen, zum König
von B. (spätere Franche-Comté, Chalon [Chalons], Mâcon, Vienne, Lyon,
Languedoc, Teile Savoyens, Provence). Hauptstadt war Arles, weswegen das Reich,
das Boso 885 von Kaiser Karl dem Dicken zu Lehen nahm, auch regnum Arelatense,
Arelat genannt wurde. 888 riss der Welfe Graf Rudolf das Gebiet der späteren
Franche-Comté und Teile der späteren Schweiz als Königreich
(Hochburgund) an sich, während Bosos Bruder Richard das Gebiet der späteren
Bourgogne westlich der Saône (Mâcon, Chalon [Chalons], Autun, Nevers, Auxerre,
Sens, Troyes, Langres) als Herzogtum B. an sich zog, so dass Bosos Sohn nur den
südlichen Rest behielt. 934 übertrug Graf Hugo von Provence dieses inzwischen
erlangte Gebiet als Ausgleich für Italien an den Welfen Rudolf II., womit zwei
Drittel Burgunds wiedervereinigt waren, während das Herzogtum B. dadurch, dass
Richards Sohn Rudolf 923 König von Frankreich
wurde, seitdem an Frankreich kam. 1016 sprach Rudolf III. von B. das Land
Kaiser Heinrich II. als Erbe zu. Nach seinem Tod setzte Kaiser Konrad II. 1032
die Erbansprüche auf das Königreich B. durch,
doch war die Macht des Königs gegenüber Adel und
Kirche von Anfang an gering, so dass dieses Gebiet nur unter Kaiser Friedrich
I. Barbarossa, der sich 1156 mit Beatrix von B., der Erbtochter der Grafen von
B. verheiratete und 1169 Hochburgund zwischen oberer Saône und Jura zur
reichsunmittelbaren Pfalzgrafschaft oder Freigrafschaft (seit 1350 Franche-Comté)
mit Dole als Hauptort erhob, und Karl IV., der 1378 den französischen
Thronfolger als Reichsvikar im Arelat ernannte, enger an das Reich gebunden
werden konnte und bis zum Ausgang des Mittelalters teilweise an die Schweiz,
Savoyen und Mömpelgard und im Übrigen (Lyon, Dauphiné, Provence, Avignon,
Arles) an Frankreich verlorenging, für das vom 11. Jahrhundert an drei Linien
der westfränkischen Kapetinger/Robertiner das Herzogtum innegehabt hatten. Nach
dem Aussterben der zweiten kapetingischen Seitenlinie 1361 kam das Herzogtum B.
im Jahre 1363 als Lehen Frankreichs an den jüngsten Sohn Johanns II. von
Frankreich, Philipp den Kühnen. Philipp erwarb durch seine 1369 mit Margareta
von Flandern (d. J.) geschlossene Ehe 1384 Flandern, Artois und die weiterhin als
Reichslehen zum deutschen Reich gehörende Freigrafschaft B., die über die
Herzöge von Andechs-Meranien (1208-1248), die Grafen von Chalon (1248-1295) und
die Könige von Frankreich (1295) an Margareta
von Flandern (d. Ä.) gekommen war, Rethel, Nevers, Salins und Mecheln sowie
1390 durch Kauf die Grafschaft Charolles (Charolais). Sein Enkel Philipp der
Gute eroberte die Grafschaft Boulogne und erwarb 1428 Namur durch Kauf, 1430
Brabant und Limburg durch Erbschaft sowie 1433 Hennegau, Holland und Seeland durch
Gewalt. Im Frieden von Arras erhielt er 1435 die Gebiete von Mâcon, Auxerre und
einen Teil der Picardie. Dazu kamen 1443 noch das Herzogtum Luxemburg und
Chiny. 1477 fiel sein Sohn Karl der Kühne, der 1473 Geldern und Zütphen
gewonnen und mit dem Friedrich III. die Schaffung eines Königreichs B. erörtert hatte, im Kampf gegen den Herzog von
Lothringen. 1491 starb mit Johann von Nevers auch die Nebenlinie im Mannesstamm
aus. Über die 1477 mit Maximilian von Habsburg vermählte Tochter Karls des
Kühnen Maria († 1482) gelangte das Herzogtum B. mit der Freigrafschaft B. an
das Haus Habsburg. Habsburg behauptete das burgundische Erbe (Niederlande) bis
auf die Bourgogne (Herzogtum B.), die Picardie und Boulogne, die an Frankreich
fielen, das seinerseits im Frieden von Madrid 1526 auf die Lehnshoheit über
Flandern und Artois verzichtete. 1548 vereinte Kaiser Karl V. die verbliebenen
burgundischen Länder zum schon 1512/1521 angestrebten burgundischen
Reichskreis, der später fast ausschließlich aus Ländern (einer Vielzahl von
Ländern und Herrschaften) eines einzigen Landesherren (Habsburg als Herzog von
Burgund) bestand (1556 Spanien, 1713 Erzherzog von Österreich bzw. König von Böhmen [ausgenommen die 1713 als Ersatz für
Oranien an Preußen gelangten Teile des Oberquartieres Geldern]). Die
Freigrafschaft B. wurde nach mehrfacher Besetzung durch Frankreich 1678
endgültig an Frankreich abgetreten. S. Niederlande, Belgien, Burgundischer
Reichskreis.
L.: Zeumer 552 III a 2, 37, 3; Großer Historischer Weltatlas II 34 (1138-1254)
F4, II 66 (1378) C5, II 78 (1450) F4; Die Territorien des Reichs 6, 198; Petit,
E., Histoire des ducs de Bourgogne de la race capétienne, Bd. 1ff. 1885ff.;
Berthaut, H., La carte de France 1750-1898, 1899; Cartellieri, O., Geschichte
der Herzöge von Burgund, 1910; Hofmeister, A., Deutschland und Burgund im
frühen Mittelalter, 1914; Febvre, L., Histoire de la Franche Comté, 7. A. 1922; Préchin, E., Histoire
de la Franche-Comté, 1947; Meyer, W., Burgund, 2. A. 1965; Richard, J.,
Histoire de la Bourgogne, 1957; Calmette, J., Le grands ducs de Bourgogne, 3. A. 1959; Kaughan, R., Philip the Bold.
The formation of the Burgundian State, 1962; Hoke, R., Die Freigrafschaft
Burgund, Savoyen und die Reichsstadt Besançon im Verbande des mittelalterlichen
deutschen Reiches, ZRG GA 79 (1962), 106ff.; Bittmann, K., Ludwig XI. und Karl
der Kühne, Bd. 1ff. 1964ff.; Boehm, L., Geschichte Burgunds, 1971, 2. A. 1979;
Moreau, J., Dictionnaire de géographie historique, 1972, 58 Bourgogne, 122
Franche-Comté; Duranthon, M., La carte de France, son histoire 1678-1974, 1978;
Werner, K. u. a., Burgund, LexMA 2 1983, 1062ff.; Calmette, J., Die großen
Herzöge von Burgund, 1987; Schlinker, S., Fürstenamt und Rezeption, 1999, 37;
Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W. u.
a., 2003, 1, 1, 49, 789; Ehm, P., Burgund und das Reich, 2002; Kaiser, R., Die
Burgunder, 2004; Gresser, P./Richard, J., La gruerie du comté de Bourgogne aux
XIVe et XVe siècles, 2004; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 470
(Herzogtum), 472 (Grafschaft); Kamp, H., Burgund, 2007; Rauzier, J., La
Bourgogne au XIVe siècle, 2009; La Franche-Comté et les anciens Pays-Bas, hg.
v. Delobette, L. u. a., 2010.
Bursibant (Gau [am Mittelauf der Ems?])
L.: Curs, O. Deutschlands Gaue im zehnten Jahrhundert. Nach den Königsurkunden. Diss. phil. Göttingen 1908, 4
(Altenrheine); Polenz, P. v., Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, II, 39, 75,
77, 96, Bursibant.
Buseck (Ganerbschaft, Reichsritter). Das die
Orte Alten-Buseck (Altenbuseck), Großen-Buseck (Großenbuseck), Rödgen,
Reiskirchen, Beuern, Bersrod, Oppenrod, Burkhardsfelden und Albach umfassende
Busecker Tal östlich von Gießen wird erstmals am 2. 10. 1340 genannt.
Wahrscheinlich war es zunächst konradinisches Reichslehngut, kam dann an die
Grafen von Gleiberg, von diesen an die Grafen von Cleeberg bzw. Kleeberg und
durch deren Erbtochter Gertrud an die Grafen von Peilstein, ehe es 1218 an das
Reich zurückfiel. Vermutlich unmittelbar danach wurden die
reichsministerialischen Familien von Buseck und Trohe vom Reich gemeinsam mit
dem Gericht - und wohl dem Tal - zu B. belehnt. Im Jahre 1265 erwarb der
Landgraf von Hessen die Grafschaft Gießen und war von da an am Erwerb des
Busecker Tales interessiert. 1398 belehnte König
Wenzel den Landgrafen mit dem Buseckertal (Busecker Tal), widerrief die
Belehnung aber noch im gleichen Jahr. 1480 anerkannten die Ganerben des
Busecker Tales den Landgrafen als Landesherren. Seit etwa 1544 waren die
Ganerben des Busecker Tals (Trohe, Merle bzw. Mörlau, Schwalbach, Buseck,
Schenk zu Schweinsberg), die sich zwischenzeitlich in vielfache lehnsrechtliche
Abhängigkeiten zu Hessen begeben hatten, Mitglieder des Kantons Wetterau der
Reichsritterschaft, seit 1550 des Kantons Odenwald des Ritterkreises Franken (bis
etwa 1700) und seit der Gefangennahme Landgraf Philipps des Großmütigen des
Kantons Mittelrheinstrom des Ritterkreises Rhein. 1561 bestätigte Kaiser
Ferdinand I. die Reichsunmittelbarkeit des Tales. 1576 unterwarfen sich die
Ritter dem Landgrafen (von Hessen-Marburg) als Landesherrn, erst 1724/1725
jedoch gewann Hessen auf Grund des Gutachtens des 1702 angerufenen
Reichshofrats endgültig die Lehnshoheit über das am Ende des 18. Jahrhunderts
etwa 800 Personen umfassende Busecker Tal (Buseckertal), wobei die Ganerben die
Lehnsoberhoheit des Reiches und ausgedehnte Gerichtsrechte wahren konnten.
L.: Wolff 255; Roth von Schreckenstein 2, 594; Riedenauer 122; Rahrbach 33;
Neumaier 79, 162; Lindenstruth, W., Der Streit um das Busecker Tal, Mitteil. d.
oberrhein. Geschichtsvereins N.F. 18 (1910), 85ff., 19 (1911), 67ff.;
Geschichtlicher Atlas von Hessen, Inhaltsübersicht 33; Stetten 32; Becker, C.,
Die Busecker Ritterschaft zwischen Territorium und Reich, Magisterarbeit Gießen
1975 (ungedruckt); Jendorff, A., Condsominium, 2010.
Cambrai (freie Reichsstadt), mhd. Kamerich. C.
war bereits in frühfränkischer Zeit Vorort eines Teilkönigtums.
Im Jahre 1077 erzwangen die Einwohner vom Bischof erste Rechte, die später
erweitert wurden. Im Hochmittelalter wurde es Reichsstadt. 1543 kam C. an
Habsburg. 1679 fiel die Reichsstadt C. an Frankreich.
L.: Wolff 65; Reinecke, S., Geschichte der Stadt Cambrai, 1896; Fossier, R.,
Cambrai, LexMA 2 1983, 1407ff.
Carolath (Fürstentum). Die Herrschaft C. und
Beuthen in Schlesien gehörte im 16. Jahrhundert den Glaubitz, die sie an die
Freiherren von Schöneich verkauften. 1697 wurde die Herrschaft von Kaiser
Leopold I. zur freien Standesherrschaft, 1741 von König
Friedrich II. von Preußen zum Fürstentum erhoben. Dieses umfasste 4,5 Quadratmeilen
mit C. und Beuthen und war dem Kreis Freistadt des Fürstentums Glogau
zugeteilt. S. Niederschlesien, Polen.
L.: Wolff 487.
Carpi (Stadtkommune). C. in der Poebene
nördlich von Modena fiel 1115 von Mathilde von Tuszien an den Papst. 1530 kam
es durch Kaiser Karl V. an die Este und wurde 1535 zum Fürstentum erhoben. Mit
dem Herzogtum Modena der Este ging es 1797 in der zisalpinischen Republik und
1805 im napoleonischen Königreich Italien
Frankreichs auf. 1814 kam es an Franz IV. von Österreich-Este. 1860 fiel es an
Sardinien (1861 Italien).
L.: Großer Historischer Weltatlas II 48 (1300) D2.
Catubria (Kadoberthal) s. Cadore
L.: Curs, O., Deutschlands Gaue im zehnten Jahrhundert. Nach den Königsurkunden, Diss. phil. Göttingen 1908, 4.
Cham (Mark, Markgrafen). Die Cham-Furter
Senke war in agilolfingischer Zeit Herzogsland und wurde 788 nach dem Sturz des
Herzogs durch König Karl den Großen Königsland. Seit ottonischer Zeit wurde um die 976
genannte, auf Königsland errichtete Burg Camma
eine Grenzsicherungsorganisation errichtet. Die danach geschaffene, 1055
erstmals genannte Mark C. (Böhmische Mark) um die Burg fiel 1204 nach dem
Aussterben der Markgrafen (Rapotonen, Diepoldinger) an das Haus Wittelsbach
(Bayern). 1255 gelangte C. bei der Teilung Bayerns an Niederbayern und wurde
1352 an die Pfalzgrafen verpfändet. 1621/1625/1648 kam es wieder an Bayern, bei
dem es bis auf die Jahre 1708-1714 (Pfalz) verblieb.
L.: Wolff 137; Wallner 711 BayRK 1; Brunner, J., Geschichte der Stadt Cham,
1919; Piendl, M., Das Landgericht Cham, 1955, (in) Historischer Atlas von
Bayern, Teil Altbayern 8; Polenz, P. v., Landschafts- und Bezirksnamen, 1961,
IV, 3, 4, 7, 9, Chamba, Champie marcha; Schmid, A., Cham, LexMA 2 1983, 1670;
Bosl, K., Cham. Die Geschichte der Stadt und ihres Umlandes in 1200 Jahren,
1989; Haering, S., Die Mark Cham, (in) Beiträge zur Geschichte im Landkreis
Cham 11 (1994), 5.
Chemnitz (Reichskloster, Residenz). Vermutlich
1136 wurde von Kaiser Lothar von Süpplingenburg an der C. (slaw. „Steinbach“)
im erzgebirgischen Königsforst an einer
wichtigen Straßenkreuzung ein Benediktinerkloster gegründet. König Konrad III. verlieh ihm 1143 für den Ort
Marktrecht. Die sich hieraus entwickelnde Stadt wurde zum Mittelpunkt des Pleißenlandes.
Das Kloster erwarb umfangreiche Güter (1375 Kauf der Herrschaft Rabenstein von
Waldenburg). Der Abt galt als einziger Abt Sachsens als Reichsfürst. 1538
verlor das Kloster seine Reichsunmittelbarkeit und kam an Sachsen.
L.: Wolff 379; Ermisch, H., Geschichte des Benediktinerklosters zu Chemnitz,
1879; Schlesinger, K., Die Anfänge der Stadt Chemnitz, 1952; Blaschke, K.,
Chemnitz, LexMA 2 1983, 1792f.¸; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen
Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 648, 1, 2, 109.
Chiemsee (Hochstift). Die Inseln des zum
Personennamen Chiemo zu stellenden Chiemsees waren schon spätsteinzeitlich
besiedelt. Vor 770 wurde auf Herrenchiemsee ein Männerkloster gegründet, das König Karl der Große 788 an den Bischof von Metz und König Arnulf 891 an den Erzbischof von Salzburg gab.
Auf Frauenchiemsee wurde (vor) 782 ein Frauenkloster gestiftet, das Kaiser Otto
I. 969 dem Erzbischof von Salzburg übertrug. Nach der Zerstörung durch die
Ungarn im 10. Jahrhundert wurde 1130 auf Herrenchiemsee ein
Augustinerchorherrenstift neu begründet. 1216 (Beurkundung des Vollzugs am 30.
12. 1217) errichtete Erzbischof Eberhard von Salzburg mit Erlaubnis Kaiser
Friedrichs II. hieraus ein Bistum C. mit dem 1130 entstandenen
Regularkanonikerstift Herrenchiemsee als Bischofskirche, das nur zehn
Altpfarreien umfasste. Zum Hochstift C. gehörte das Amt Sachrang (1216), die
Pfarrei Sankt Johann in Tirol sowie Güter außerhalb des Bistumssprengels. 1305
verlegte der Fürstbischof seinen Sitz nach Salzburg. 1803/1805/1807/1817/1818
wurde das Hochstift/Bistum innerhalb Bayerns aufgehoben.
L.: Geiss, E., Geschichte des Benediktinernonnenklosters Frauenwörth,
Deutingers Beiträge 1 (1850), 271ff.; Seidenschnur, W., Die Salzburger
Eigenbistümer in ihrer reichs-, kirchen- und landesrechtlichen Stellung, ZRG KA
40 (1919), 177ff.; Schwaiger, G., Die altbayerischen Bistümer Freising, Passau
und Regensburg zwischen Säkularisation und Konkordat, 1959; Wallner, E., Das
Bistum Chiemsee im Mittelalter (1215-1508), 1967; Moy, J. Graf v., Das Bistum
Chiemsee, Mitt. d. Ges. für Salzburger LK 122 (1982), 1ff.; Störmer,
W./Wallner, E., Chiemsee, LexMA 2 1983, 1812ff.; Kloster Frauencheimsee
782-2003, hg. v. Brugger, W. u. a., 2003; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 522;
Herrencheimsee, hg. v. Brugger, W. u. a., 2011; Adelige Damenstifte
Oberschwabens, hg. v. Schiersner, D., 2011.
Chiny (Grafschaft). Erster bekannter Graf von
C. bei Luxemburg war wohl Otto von Warcq (vor 970-1000). Seine Nachkommen
fügten Güter des Königs und der Ardennengrafen
(Ivois, Margut, Jamoigne [Jamogne], Etalle, Longlier, Mellier, Orgeo) zusammen.
Seit dem 12. Jahrhundert trugen sie ihre Güter den Grafen von Bar zu Lehen auf.
Über die Erbtochter Johanna kam die Grafschaft an die Grafen von Loon (Looz),
die sich seit 1226 auch Grafen von C. nannten. 1340 verkaufte der Graf von Loon
die Kastellaneien Ivois, Virton und La Ferte (Laferté) an die Grafen von
Luxemburg. 1342 ging die Lehnshoheit von Bar auf Luxemburg über. Am 16. 6. 1364
trat Graf Arnulf die Grafschaft C. an Luxemburg ab.
L.: Wolff 57;
Bertholet, J., Histoire ecclésiastique et civile du duché de Luxembourg et
comté de Chiny, Bd. 1-8 1741ff.; Laret-Kayer, A., Entre Bar et Luxembourg: le
comté de Chiny a origines à 1300. Thèse
masch. Brüssel 1981.
Chur (Hochstift, Residenz). Der Ursprung von
C. (zu kelt. kora, korja, Stamm, Sippe) in Graubünden liegt in vorrömischer
Zeit. Nach 310 war C. Sitz des Präses der Provinz Raetia prima. Um 300 entstand
ein Römerkastell (Curia Raetorum), vermutlich seit dem 4. Jahrhundert war der
Ort Sitz eines 451 erstmals sicher erwähnten Bischofs (Asinio). Sein Sprengel
gehörte bis zur Zuteilung an das ostfränkische Reich 843 zur Kirchenprovinz
Mailand, dann bis 1803 zur Kirchenprovinz Mainz. Er umfasste den rätischen Teil
des heutigen Kantons Sankt Gallen, den nördlichsten Teil von Glarus, fast ganz
Graubünden, den Vinschgau bis Meran, Liechtenstein und Vorarlberg (Anfang des
9. Jahrhunderts etwa 230 Kirchen und Klöster). Die Bischöfe übten bis zur
Trennung von Bistum und Grafschaft durch König/Kaiser
Karl den Großen (799/806/807) auch die weltlichen Herrschaftsrechte des
Gebiets, dessen Recht im 8. Jahrhundert in der Lex Romana Curiensis
aufgezeichnet wurde, aus. Im 10./11. Jahrhundert wurden sie ihnen vom König erneut zugeteilt. 955 erhielt der Bischof den
halben Ort C., 958 das Münzrecht und 1055 die Reichsvogtei mit dem Blutbann.
Seit dem 12. Jahrhundert umfasste die Herrschaft des Bischofs C., die
Talschaften „Vier Dörfer“, Bergell, Oberhalbstein, Oberengadin, Domleschg und
Münstertal sowie die niedere Gerichtsbarkeit im Unterengadin und im Vinschgau.
Im 15. Jahrhundert wurden die bischöflichen Rechte durch Landesherren und vor
allem die freiheitliche Entwicklung der Drei Bünde wieder eingeengt und im
Gefolge der Reformation 1526 durch Graubünden aufgehoben. Zwischen 12991489 und
1526 verlor der Bischof auch schrittweise die Herrschaft über die
(Reichs-)Stadt C. Dessen ungeachtet blieb er weiter, auch noch über 1648
hinaus, als Fürstbischof Mitglied des Reichsfürstenrates.
L.: Wolff 533; Zeumer 552 II a 26; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378)
E5; Planta, Verfassungsgeschichte der Stadt Chur im Mittelalter, 1878; Mayer,
J., Geschichte des Bistums Chur, Bd. 1f. 1907ff.; Casparis, H., Der Bischof von
Chur als Grundherr im Mittelalter, 1910; Bündner Geschichte, 1945; Bistum Chur
1500 Jahre, 1950; Pieth, F., Helvetia Sacra, Bd. I, 1 1972, 449ff.;
Affentranger, U., Die Bischöfe von Chur in der Zeit von 1122 bis 1250, Diss. Salzburg
1975; Sennhausen, H./Meyer-Marthaler, E., Chur, LexMA 2 1981, 2058; Studien zur
Geschichte des Bistums Chur, hg. v. Durst, M., 2002; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 522, 1, 2, 113;
Marquardt, B., Die alte Eidgenossenschaft und das Heilige römische Reich, 2007.
Chur (Reichsstadt, Reichsvogteistadt). Der
Ursprung von C. (zu kelt. kora, korja, Stamm, Sippe) in Graubünden liegt in
vorrömischer Zeit. Um 300 entstand dort ein Römerkastell (Curia Raetorum). Der
Ort war nach 310 Vorort der Provinz Raetia prima. 614 wurde er erstmals als
civitas bezeichnet. 831 erhielt der Bischof von C. einen Immunitätsbrief, 951
Steuerrechte, 952 den Zoll von C., 958 Münze und halbe civitas und 960 den Königshof. Die Stadt erwuchs unter der Herrschaft des
Bischofs. Seit 1299 befand sie sich in ständigem Streit mit dem Bischof um die
Selbständigkeit und löste sich allmählich aus der Herrschaft. 1489 erwarb sie
mit der Reichsvogtei, die der Bischof 1299 vom König
erlangt hatte, die Stellung einer freien Reichsstadt bzw. verhielt sich
jedenfalls dementsprechend. 1498 verbündete sie sich als zugewandter Ort mit
der Eidgenossenschaft der Schweiz. Mit dem Übertritt zur Reformation im Jahre
1526 löste sie sich völlig von der bischöflichen Herrschaft.
L.: Wolff 533; Planta, P. C., Verfassungsgeschichte der Stadt Chur im
Mittelalter, 1878; Bernhard, H., Chur, 1937; Kellias, H., Zur Entstehung der
Churer Stadtverfassung, 1949; Simonett, C., Geschichte der Stadt Chur, Bd. 1
1976; Ludwig, A., Die deutsche Urkundensprache Churs im 13. und 14.
Jahrhundert, 1989.
Coburg (Stadt, Residenz, Fürstentum). Die Veste
C. liegt auf ursprünglichem Königsgut, das seit
1012 in der Hand der rheinischen Ezzonen erkennbar ist. 1056 erhielt Erzbischof
Anno II. von Köln von Königin Richenza mit
Präkarievertrag die C. und übertrug sie an das Kloster Saalfeld. Danach gehörte
C. den Grafen von Andechs. Von ihnen gelangte es um 1230/1248 an die Grafen von
Henneberg, die auf der Veste ihren Sitz aufschlugen und den Ort um 1240 zur
Stadt erhoben, die 1331 das Stadrecht von Schweinfurt erhielt. 1347/1353 fiel
es an die Wettiner/Markgrafen von Meißen, die es zu einem Vorort ausbauten und
nach 1543 zur Residenz machten. Von 1572 (1596) bis 1633/1638 residierte dort die
Linie Sachsen-Coburg-Eisenach bzw. Sachsen-Coburg, 1680/1681-1699
Sachsen-Coburg, 1735-1826 Sachsen-Coburg-Saalfeld, 1826-1918 Sachsen-Coburg und
Gotha. Am Ende des 18. Jahrhunderts umfasste das Fürstentum, das sich in der
Hand der Herzöge von Sachsen-Meiningen (die Städte und Ämter Schalkau,
Sonneberg, Neuhaus, Salzungen und das Amt Altenstein), Sachsen-Coburg-Saalfeld
(Stadt und Amt Coburg und die Gerichtsbezirke Gestungshausen, Unterlauter
(Lauter), Rodach, Neustadt an der Heide und Steinheid) und Sachsen-Hildburghausen
(Städte und Ämter Hildburghausen, Eisfeld, Heldburg, Königsberg
und die Klosterämter Veilsdorf [Weilsdorf] und Sonnefeld [Sonnenfeld]) befand,
ein Gebiet von 23 Quadratmeilen mit 75000 Einwohnern. 1918 trennte sich C. von
Gotha und schloss sich 1920 nach Volksentscheid an Bayern an. S.
Sachsen-Coburg, Sachsen-Coburg und Gotha, Sachsen-Coburg-Eisenach,
Sachsen-Coburg-Saalfeld.
L.: Wolff 396f.; Wallner 709 ObersächsRK 12 a-c; Föhl, W., Geschichte der Veste
Coburg, 1954; Festgabe zum 900. Gedenkjahr der ersten Erwähnung der Ur-Coburg
und ihres Umlandes; Coburg mitten im Reich, hg. v. Schilling, F., Bd. 1, 2
1956, 1961; Hoech, F., Coburg. Eine fränkische Stadt, 2. A. 1965; Erdmann, J.,
Coburg, Bayern und das Reich 1918-1923, 1969; Lorenz, W., Urkundenstudien zur
Frühgeschichte der Coburg, Jb. d. Coburger Landesstiftung 1970, 317ff.; Das
älteste Coburger Stadtbuch, bearb. v. Andrian-Werburg, K. v., 1977; Wendehorst,
A., Coburg, LexMA 2 1983, 2195f.; Coburg 1353, 2003; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen
Reich, hg. v. Paravicini, W. u. a., 2003, 1, 2, 115.
Colmar, Kolmar (Reichsstadt). C. im Oberelsass
am Schnittpunkt wichtiger Straßen wird zuerst 823 als fiscus (Königshof) Columbarium erwähnt. 1226 wurde es Reichsstadt
(civitas). 1354 trat C. dem elsässischen Zehnstädtebund bei. 1672 bemächtigte
sich Frankreich seiner und ließ die starken Befestigungen schleifen. Seitdem
teilt es politisch das Schicksal des umliegenden Elsass. 1714 erwarb die Stadt
die Herrschaft Hohlandsburg (Hohlandsberg) mit Logelnheim.
L.: Wolff 298; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) D4, III 22 (1648) C4;
Hund, A., Colmar vor und während seiner Entwicklung zur Reichsstadt, 1899;
Pfleger, L., Colmarer Stadtrechte, 1938, Oberrhein. Stadtrechte 3; Sittler, L.,
Colmar, 1951; Sittler, L., La Décapole alsacienne des origines à la fin du
Moyen Age, 1955; Sittler, L., Colmar, LexMA 3 1986, 46ff; Escher, M. u. a., Die
urbanen Zentren, 2005, 2, 126.
Comburg, Komburg (Abtei). Die Benediktinerabtei
C. bei Schwäbisch Hall am Kocher wurde 1079 an Stelle einer gräflichen Burg
gegründet. Von den Gründern kam die Vogtei an die Staufer. Von 1265 bis 1317
war das Kloster ohne Vogt. Danach gab der König
die Vogtei an die Stadt Schwäbisch Hall. Vom 14. bis zum 16. Jahrhundert verlor
die zeitweise völlig darniederliegende Abtei einen großen Teil ihrer
beträchtlichen Güter. 1488 wurde sie weltliches Chorherrenstift, das 1521 in
der Reichsmatrikel aufgeführt wird, und kam 1541 unter die Hoheit des Bischofs
von Würzburg. Das Ritterstift, das ein Gebiet von 1,5 Quadratmeilen mit 3700
Einwohnern hatte, fiel 1802 an Württemberg. Zu seinen Gütern gehörten die
Dörfer Steinbach, Großallmerspann und Hausen an der Rot, das Amt Gebsattel bei
Rothenburg ob der Tauber, Lehnsgüter in Ingersheim, Enslingen und Reinsberg,
Vasallenlehen und Rittermannslehen in Michelbach, im Hardter Holz oberhalb des
Weilers Klingen bei Steinbach (Vorderholz ob Klingen), Anteile an Schloss
Bartenau (Bardenau) in Künzelsau, die Obermühle in Jagstheim, ein Anteil an
Nagelsberg, Morsbach (Moosbach) und Künzelsau, Heimbach, Tüngental
(Thüngental), Blindheim, Untermünkheim, Arnsdorf (Arndorf) und Neunkirchen, 295
Erblehen, in 70 Orten die Zehntrechte sowie 30-40000 Morgen Waldungen. Mit
Teilen von Enslingen und von Künzelsau war es um 1800 Mitglied des Kantons
Odenwald des Ritterkreises Franken.
L.: Wolff 101; Winkelmann-Holzapfel 155; Riedenauer 129; Erzberger, M., Die
Säkularisation in Württemberg von 1802 bis 1810, 1902; Lamey, B., Die Comburg
in Geschichte und Gegenwart, 2. A. 1956; Krüger, E., Comburg. Ein Gang durch
Geschichte und Kunst, 1967; Germania Benedictina 5 1975, 351ff.; Jooss, R.,
Kloster Komburg im Mittelalter. Studien zur Verfassungs-, Besitz- und
Sozialgeschichte einer fränkischen Benediktinerabtei, 2. A. 1987; Schraut, E.,
Die Comburg, 1989; Eberl, I., Komburg, LexMA 5 1990, 1275f.
Corvey (gefürstete Reichsabtei, Bistum,
Fürstentum, Residenz). 815/816 gründeten die Vettern Kaiser Karls des Großen
Adalhard und Wala in Hethis (Hethi) in Sachsen bei Neuhaus im Solling als
Propstei des westfränkischen Klosters Corbie an der Somme ein Kloster, das
Kaiser Ludwig der Fromme 822 an seinen endgültigen Ort (Nova Corbeia, C., am
Übergang des Hellweges über die Weser) verlegte. Durch Privilegien und
Schenkungen (826 Eresburg, 834 Meppen) stark gefördert errang es rasch eine
führende Rolle bei der Vermittlung der fränkischen Kultur in das neugewonnene
Sachsen und besaß im 12. Jahrhundert 60 Kirchen zwischen Siegen, Halberstadt
und Bremen. Im Hochmittelalter büßte es diesen Rang freilich wieder ein und
verlor sein Herrschaftsgebiet bis auf einen kleinen Rest im unmittelbaren
Umland. 1792/1794 wurde C. zum Fürstbistum erhoben, 1803 säkularisiert. Das
weltliche Fürstentum mit Höxter und 16 Dörfern (5 Quadratmeilen bzw. 275
Quadratkilometer mit 10000 Einwohnern) kam an den Erbprinzen von Nassau-Oranien
(Oranien-Nassau), 1807 an das Königreich
Westphalen und 1815 an Preußen. Aus dem Domanialgut entstand 1820/1822 das
Mediatfürstentum C., das 1834 von Hessen-Rotenburg an die Fürsten von
Hohenlohe-Schillingsfürst (seit 1840 Herzöge von Ratibor, Fürsten von C.) kam.
1946 fiel C. an Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 332f.; Zeumer 552 II a 35; Wallner WestfälRK 27; Großer Historischer
Weltatlas II 66 (1378) E3, III 22 (1648), III 38 (1789) B3; Richtering,
H./Kittel, E., Westfalen-Lippe, (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1;
Abhandlungen zur Corveyer Geschichtsschreibung, hg. v. Philippi, F., 1906ff.;
Thiele, K., Beiträge zur Geschichte der Reichsabtei Corvey, 1928; Rave, W.,
Corvey, 1958; Kunst und Kultur im Weserraum 800-1600. Ausstellung des Landes
Nordrhein-Westfalen, Corvey 1966, Bd. 1ff.; Kaminsky, H., Studien zur
Geschichte der Abtei Corvey in der Salierzeit, Diss. phil. Köln 1968; Kaminsky,
H., Studien zur Reichsabtei Corvey in der Salierzeit, 1972; Föllinger, G.,
Corvey - Von der Reichsabtei zum Fürstbistum, 1978; Die alten Mönchslisten und
die Traditionen von Corvey Teil 1, neu hg. v. Honselmann, K., 1982; Prinz, J.,
Die Corveyer Annalen, 1982; Der Liber vitae der Abtei Corvey, hg. v. Schmid,
K./Wollasch, J., 1983; Kaminsky, H./Fahlbusch, F., Corvey, LexMA 3 1986,
295ff.; Metz, W., Corveyer Studien. Die älteren Corveyer Traditionen und ihre
Personen, Archiv f. Diplomatik 34, (1988); Annalium Corbeiensium continuatio
saeculi XII, bearb. v. Schmale-Ott, I., 1989; Wiesemeyer, H., Corvey, 1990;
Schütte, L., Die alten Mönchslisten und die Traditionen von Corvey, 1992;
Krüger, K., Studien zur Corveyer Gründungsüberlieferung, 2001; Höfe und
Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 648,
1, 2, 119.
Cosel, Kosel (Herrschaft, Herzogtum), poln.
Kozle. C. an der Oder war im 12. Jahrhundert eine Grenzburg der Piasten gegen
Mähren. 1281 wurde das Herzogtum C. aus Oppeln verselbständigt und kam 1286 an
Beuthen, dessen Träger 1327 dem König von Böhmen
huldigte. Von 1312 bis 1355 war C. Residenz eines Herzogtums. 1355 kam es an
Oels. Von 1451 bis 1471 war es wieder selbständig, fiel 1472 an Münsterberg,
1475 an König Matthias Corvinus von Ungarn, 1490
an Oppeln und 1532 an Österreich. 1742 kam es an Preußen. Seit 1945 stand C.
unter der Verwaltung Polens, an das es 1990 als politische Folge der deutschen
Einheit gelangte.
L.: Wolff 480; Weltzel, A., Geschichte der Stadt, Herrschaft und ehemaligen
Festung Cosel, 2. A. 1888.
Crailsheim (Reichsstadt?). C. an einer Jagstfurt
wurde wohl im sechsten Jahrhundert gegründet. Wichtige Rechte gehörten im 12.
Jahrhundert den Herren von Lohr, nach deren Aussterben den Herren von
Oettingen, nach deren Ächtung 1310 dem Reich (?) und lehnsweise den verwandten
Herren von Hohenlohe. Von 1323 bis 1336 verpfändete König
Ludwig der Bayer C. mit Burgstall Lohr und Dorf Honhardt an die Hohenlohe. 1323
war der Ort Stadt. 1387 verpfändeten die Hohenlohe C. an benachbarte
Reichsstädte, 1388 und 1390 an die Landgrafen von Leuchtenberg, die das Pfand
1399 als verfallen an die Burggrafen von Nürnberg verkauften. Über die
Markgrafen von Ansbach kam C. 1791 an Preußen, 1806 an Bayern, 1810 an
Württemberg und damit 1951/1952 an Baden-Württemberg. 1945 wurde es stark
zerstört.
L.: Wolff 108; Heimatbuch Crailsheim, hg. v. Schumm, J./Hummel, F., 1928;
Dienel, W., Crailsheim, 1967/1968; Schneider, W., Die Wirtschaftsgeschichte der
Stadt Crailsheim, 1990.
Culm, Kulm (Bistum). Bei der kirchlichen
Einteilung Preußens durch den päpstlichen Legaten Wilhelm von Modena wurde dem
Kulmerland (Land C., Kulm) 1243 das Bistum C. (Kulm) zur Seite gestellt, dessen
Sitz später in Löbau war. 1245/1255 kam es zum Erzbistum Riga, wurde 1264 dem
Deutschen Orden mit gewissen Vorbehalten inkorporiert und gelangte 1466 zu
Gnesen. 1601 wurde der Anteil Polens an Pomesanien hinzugefügt. 1772/1793 fiel
das Bistum an Preußen.
L.: Urkundenbuch des Bistums Culm, hg. v. Woelky, C., 1885ff.; Schmauch, H.,
Die Besetzung der Bistümer im Deutschordensstaat (bis 1410), Diss. Königsberg 1919; Lückerath, C., Kulm, LexMA 5 1991,
1562ff.; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini,
W., 2003, 1, 551.
Dachstetten (Reichsdorf), Oberdachstetten. Am 24. 9. 1300 verpfändete König Albrecht dem Albrecht von Hohenlohe zur Sicherung von 200 Mark Burglehen die Dörfer Westheim, Urfersheim und D.
Dalberg (Herren, Reichsritter, Freiherren,
Herrschaft). Seit 1132 ist in D. bei Kreuznach eine begüterte Edelherrenfamilie
(von Stein, von Weierbach) nachweisbar. Sie übertrug ihre um die etwa 1170
erbaute Burg errichtete reichsunmittelbare Herrschaft (mit D., Wallhausen,
Sommerloch, Spabrücken, Schlierschied [wüst] Aschborn [Eschborn], Oberhub,
Unterhub, Münchwald und Wald-Erbach [Walderbach]) mit ihrem Namen
1315/1318/1325 erbweise an die seit dem 12. Jahrhundert nachweisbaren
verwandten Kämmerer von Worms. 1367 erlangten die Pfalzgrafen durch die Öffnung
der D. Einfluss auf die mit Lehnsrechten des Hochstifts Speyer belastete
Herrschaft. Die D. gehörten zum Ritterkreis Rhein der Reichsritterschaft und
wurden 1653/1654 in den Reichsfreiherrenstand erhoben. Die Familie zerfiel in
zahlreiche Zweige (Dalberg zu Dalberg bzw. Dalberg-Dalberg bis 1848, Dalberg zu
Herrnsheim bzw. Dalberg-Herrnsheim bis 1833). Um 1790 waren die D. zu D. mit
Aschborner Hof bzw. Aschborn, D., Münchwald, Oberhub, Schlierschied (wüst),
Sommerloch, Spabrücken, Unterhub, Wallhausen und der Hälfte von Wald-Erbach
(Walderbach) Mitglied des Kantons Niederrheinstrom des Ritterkreises Rhein
sowie außerdem im Kanton Rhön-Werra (von etwa 1650 bis 1806) und im Kanton
Baunach (von etwa 1700 bis 1806) des Ritterkreises Franken immatrikuliert. Die
D. zu Herrnsheim zählten mit Mandel zum Kanton Niederrheinstrom und mit
Essingen, Herrnsheim samt Abenheim und Kropsburg zum Kanton Oberrheinstrom des
Ritterkreises Rhein. Die D. zu Heßloch (Haßloch) rechneten um 1790 mit einem
Zehntel der Ganerbschaft Bechtolsheim, einem Achtel der Ganerbschaft
Mommenheim, Gabsheim und Heßloch (Haßloch) samt Hospitalhof ebenfalls zum
Kanton Oberrheinstrom. Die Linie Dalberg-Heßloch (Dalberg-Haßloch) war seit
1810 als Grafen von Ostein in Böhmen begütert. Karl Theodor von Dalberg (8. 2.
1744-10. 2. 1817) war seit Juli 1802 der letzte Kurfürst von Mainz (1803
Fürstentum Regensburg mit Fürstentum Aschaffenburg und Wetzlar) und von Juni
1810 bis 1813 Großherzog von Frankfurt (ohne Regensburg, aber mit Fulda und
Hanau).
L.: Wolff 515; Seyler 358; Hölzle, Beiwort 58; Winkelmann-Holzapfel 144;
Riedenauer 123; Rahrbach 41, 43; Fabricius, N., Die Herrschaften des unteren
Nahegebietes, 1914; Bilz, B., Die Großherzogtümer Würzburg und Frankfurt, 1968;
Battenberg, F., Dalberger Urkunden. Regesten zu den Urkunden der Kämmerer von
Worms gen. von Dalberg und der Freiherren von Dalberg 1165-1823, Bd. 1ff.
1981ff.; Färber, K., Der Übergang des Dalbergischen Fürstentums Regensburg an
das Königreich Bayern - zum 175jährigen
Jubiläum, 1985, Verh. d. hist. Vereins f. Oberpfalz und Regensburg 125; Carl
von Dalberg, hg. v. Spies, H., 1994; Carl von Dalberg, hg. v. Hausberger, K.,
1995.
Dalmatien (Landschaft, Königreich).
Das im ersten vorchristlichen Jahrhundert erstmals belegte, vielleicht von
illyrischen Delmatern abzuleitende D. bezeichnete ursprünglich das Gebiet
zwischen Cetina und Neretva, später das Gebiet zwischen Kvarner und Drinmündung
an der Adria. Um die Zeitenwende wurde diese Gegend als Provinz D. dem
römischen Reich eingegliedert. Seit dem Ende des 6. Jahrhunderts wurde es
innerhalb des byzantinischen Reiches zunehmend von Slawen besetzt. 1420 kam es
an das seit dem 11. Jahrhundert an ihm interessierte Venedig. 1797 fiel es an
Österreich, 1805 an das napoleonische Königreich
Italien, 1809 an die illyrischen Provinzen Frankreichs und 1814 wieder an
Österreich. 1816 wurde es Königreich
Österreichs. 1920 kam es bis auf einige Italien zugesprochene Reste an
Jugoslawien.
L.: Pisani, P., Les possessions vénétiennes de Dalmatie, Le Mans 1890; Pisani,
P., La Dalmatie dé 1797 à 1815, 1893; Voinovitch, C. de, Histoire de Dalmatie,
Bd. 1f. 2. A. 1934; Wilkes, J., Dalmatia, 1969; Rapanic, Z., Dalmatien, LexMA
3, 1984, 444ff.; Wakounig, M., Dalmatien und Friaul, 1990; Schlinker, S.,
Fürstenamt und Rezeption, 1999, 30; Clewing, C., Staatlichkeit und nationale
Identitätsbildung, 2000.
Dänemark s. Dithmarschen, Holstein, Lauenburg,
Schleswig, Schaumburg, Schauenburg.
L.: Schäfer, D., Dänische Annalen und Chroniken von der Mitte des 13. bis zum
Ende des 15. Jahrhunderts, 1872; Schäfer, D., Die Hansestädte und König Waldemar von Dänemark, 1879; Die Herzogthümer
Schleswig-Holstein und das Königreich Dänemark,
hg. v. Droysen, J., Neudruck 1989; Brandt, A. v., Die Hanse und die
norddeutschen Mächte im Mittelalter, 1962; Mohrmann, W., Der Landfriede im
Ostseeraum während des späten Mittelalters, 1972; Petersohn, J., Der südliche
Ostseeraum im kirchlich-politischen Kräftespiel des Reiches, Polens und
Dänemarks vom 10.-13. Jahrhundert; Historische Stätten Dänemark, hg. v. Klose,
O., 1982; Tamm, D., Retsvidenskaben in Danmark, 1992; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 793; Repertorium
der Policeyordnungen der frühen Neuzeit Band 9 Dänemark und Schleswig-Holstein,
hg. v. Tamm, D., 2008.
Dann (Reichsdorf, Thann). Am 1. 5. 1287
erlaubte König Rudolf von Habsburg Otto von
Ochsenstein, die den Geroldseck verpfändeten Reichsdörfer Koßweiler (Botzweiler
[?]), Romansweiler (Rumolsweiler [?]) und D. im Elsass einzulösen. Mit dem
Elsass kam D. zu Frankreich.
L.: Hugo 473, 472.
Dauphiné (Fürstentum). Die zum Königreich Burgund gehörige Grafschaft Vienne zwischen
Alpen und Rhone wurde seit Burgunds Angliederung an das Reich im Jahre 1032 als
Reichslehen angesehen. Der angelsächsisch geprägte Leitname des
Grafengeschlechts Dolphinus ergab die französische Bezeichnung D. für die
Grafschaft, die von 1029 bis 1349 als eigenständiges Fürstentum bestand. 1349
übergab der letzte Graf Humbert II. († 1355) die Grafschaft an Frankreich.
Damit verlor das Reich das Gebiet, obgleich es zunächst weiter eine formelle
Oberhoheit beanspruchte.
L.: Fournier, P., Le royaume d'Arles et de Vienne, 1891; Grieser, R., Das
Arelat in der europäischen Politik, 1925; Moreau, J., Dictionnaire de géographie
historique, 1972, 100; Giordanengo, G., Dauphiné, LexMA Bd. 3 1984, 586f.;
Lemonde, A., Le temps des libertés en Dauphineè, 2002.
Deggendorf (Grafen). An einem wichtigen
Donauübergang bestand schon früh ein nach dem Personennamen Tekko benannter
Herzogshof, der 788 Königsgut wurde. Im 10.
Jahrhundert gab Herzogin Judith von Bayern den Hof an das Stift Niedermünster
in Regensburg. Im 11. Jahrhundert legten daneben die Babenberger eine Siedlung
an und übertrugen den Ort einer adligen Familie, die sich später Grafen von D.
nannte. Diese verloren 1220 ihre Güter. Im Streit zwischen den 1242
ausgestorbenen Grafen von Bogen, den 1246 ausgestorbenen Babenbergern und den
Herzögen von Bayern gewannen diese die Güter. 1255 kam D. zu Niederbayern. Von
1331 bis 1333 war es Sitz einer Linie Bayern-Deggendorf.
L.: Wolff 137; Festschrift zum 1200jährigen Jubiläum der unmittelbaren Stadt
Deggendorf, 1950.
Densigau (Gau westlich der mittleren Leine,Teil
Ostfalens). S. Wenzengau.
L.: Curs, O., Deutschlands Gaue im zehnten Jahrhundert, 1908, 23 (Lutter am
Barenberg, Königsdahlum bzw. Dahlum?); Hessler,
W., Mitteldeutsche Gaue des frühen und hohen Mittelalters, 1957, 118 (Jerstedt)
; Gysseling, M., Toponymisch Woordenboek, 1960, 1060 Wentsgoi; Polenz, P. v.,
Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, II, 33, 40, Wentsiga, Venzigavvi,
Wentsgoi, Densiga.
Dettingen (Reichsdorf?). D. an der Erms erscheint
erstmals im 11. Jahrhundert (1090 Tetingen). Es war Sitz der Grafen von Achalm,
von denen vielleicht die Grafen von Urach abstammen. Neben den Grafen von
Achalm, die 1090 die Hälfte des Dorfes an die verwandten Grafen von Grüningen
abgaben, war dort auch das Kloster Zwiefalten begütert. Über die Grafen von
Urach kam D. vor 1265 an Württemberg. König
Albrecht erteilte am 17. 1. 1303 dem Kloster Zwiefalten das Recht, den
Reichsvogt zu Achalm, Kohlberg (Colberg), D. (Detlingen), Neuhausen und
Pfullingen unter bestimmten Umständen abzusetzen. Über Württemberg gelangte D.
1951/1952 an Baden-Württemberg.
L.: Dacheröden 130; Hugo 474.
Deutscher Bund (Staatenbund). Zum Deutschen Bund
(8. 6. 1815-23./24. 8. 1866) zählten folgende (zunächst 38) überwiegend mit dem
Untergang des Heiligen römischen Reiches am 6. 8. 1806 selbständig gewordene
deutsche Staaten: Kaiserreich: Österreich (mit den zuvor zum Heiligen römischen
Reich gehörigen Gebieten); Königreiche: Preußen
(mit den zuvor zum Heiligen römischen Reich gehörigen Gebieten), Bayern,
Sachsen, Hannover (bis 1837 in Personalunion mit Großbritannien), Württemberg;
Kurfürstentum: Hessen(-Kassel); Großherzogtümer: Baden, Hessen(-Darmstadt),
Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-Strelitz, Oldenburg,
Sachsen-Weimar(-Eisenach), Luxemburg (in Personalunion mit Niederlande);
Herzogtümer: Holstein und Lauenburg (bis 1864 in Personalunion mit Dänemark),
Nassau, Braunschweig, Sachsen-Gotha (bzw. Sachsen-Gotha-Altenburg, 1825
erloschen), Sachsen-Coburg (bzw. Sachsen-Coburg-Saalfeld, seit 1826
Sachsen-Coburg und Gotha [Sachsen-Coburg-Gotha]), Sachsen-Meiningen (seit 1826
mit Saalfeld und Hildburghausen), Sachsen-Hildburghausen (bis 1826),
Sachsen-Altenburg (seit 1826, aus Sachsen-Hildburghausen), Anhalt-Dessau (seit
1863 Anhalt), Anhalt-Köthen (1847 erloschen), Anhalt-Bernburg (1863 erloschen),
Limburg (1839 aufgenommen, in Personalunion mit Niederlande); Landgrafschaft:
Hessen-Homburg (1817 aufgenommen); Fürstentümer: Waldeck, Lippe(-Detmold),
Schaumburg-Lippe, Schwarzburg-Rudolstadt, Schwarzburg-Sondershausen, Reuß
ältere Linie, Reuß jüngere Linie, Hohenzollern-Hechingen (1849 an Preußen),
Hohenzollern-Sigmaringen (1849 an Preußen), Liechtenstein; Freie Städte:
Lübeck, Bremen, Hamburg, Frankfurt. 1817 wurde die Landgrafschaft
Hessen-Homburg als 39. Mitglied aufgenommen. 1825 starb Sachsen-Gotha-Altenburg
aus, wobei 1826 Sachsen-Gotha an Sachsen-Coburg-Saalfeld kam, das Saalfeld an
Sachsen-Meinigen abgab und zu Sachsen-Coburg-Gotha wurde, und Altenburg an
Hildburghausen gelangte, das zu Sachsen-Altenburg wurde und Hildburghausen an
Sachsen-Meiningen abgab. 1839 wurde das in Personalunion mit Niederlande
stehende Herzogtum Limburg zum Ausgleich für wallonische, nach der belgischen
Revolution in Belgien eingegliederte Teile Luxemburgs aufgenommen, wobei das
Großherzogtum Luxemburg im Deutschen Bund verblieb. 1847 fiel Anhalt-Köthen als
Erbe an Anhalt-Dessau und Anhalt-Bernburg. Von 1848 bis 1851 wurde das ganze
Gebiet Preußens (mit Ostpreußen, Westpreußen und Posen) vorübergehend Teil des
Deutschen Bundes. 1849 kamen Hohenzollern-Hechingen und
Hohenzollern-Sigmaringen durch Abdankung zu Preußen. 1863 fiel Anhalt-Bernburg
als Erbe an Anhalt-Dessau (Anhalt): 1864 kam Schleswig (aus Dänemark) in den
Deutschen Bund, wobei Schleswig-Holstein von Preußen und Österreich gemeinsam
verwaltet wurde.
L.: Deutscher Bund und deutsche Frage, hg. v. Rumpler, H., 1990; Müller, J.,
Deutscher Bund und deutsche Nation 1848-1866, 2005.
Deutscher Orden, Deutscher Ritterorden, (Orden,
Reichsfürst [Deutschmeister seit 1494 Reichsfürst, Hochmeister nicht belehnbar,
aber den Reichsfürsten gleichgestellt]). Eine im dritten Kreuzzug 1190 von
Lübecker und Bremer Bürgern vor Akkon gebildete Spitalbruderschaft, die nach
eigenem Anspruch aus einem deutschen, 1143 vom Papst der Oberhoheit des
Johanniterordens unterstellten deutschen Hospital in Jerusalem hervorgegangen
sein soll, wurde am 5. 3. 1199 (1198) nach dem Vorbild des Templerordens wie
des Johanniterordens zu einem geistlichen Ritterorden (homines imperii) mit
Sitz in Montfort bei Akkon umgeformt. 1211 wurde der Orden in Siebenbürgen
(Burzenland) gegen die heidnischen Kumanen eingesetzt. 1216 erhielt er von
Kaiser Friedrich II. Ellingen an der schwäbischen Rezat, das später Sitz der
Ballei Franken wurde (1796 an Preußen, 1806 an Bayern). 1225/1226 rief ihn
Herzog Konrad von Masowien mit dem Versprechen des (Culmer Landes, Kulmer
Landes bzw.), Kulmerlands gegen die heidnischen baltischen Pruzzen zu Hilfe. Im
März 1226 gab Kaiser Friedrich II. dem Hochmeister des Ordens für dieses
Ordensland reichsfürstliche Rechte und begriff ihn in die Herrschaft des
Reiches ein, ohne den nicht lehnsfähigen geistlichen Ordensobersten in die
Lehnsverfassung des Reiches einzubeziehen. 1230 überließ Herzog Konrad dem
Orden das Kulmer Land (Kulmerland). 1231 wurde das Gebiet der Pruzzen erobert,
1243 die Bistümer Kulm (Culm), Pomesanien, Samland und Ermland errichtet. 1290
wurde die Grenze gegen Litauen erreicht. Infolge der weiteren Erwerbung Danzigs
und Pommerellens (1309), Kurlands, Nordestlands (1346), der Besetzung Gotlands
(1398) und der Pfandnahme der Neumark (1402) erreichte der Orden, dessen
Hochmeister nach dem Fall Akkons 1291 seinen Sitz nach Venedig, 1309 nach
Marienburg in Westpreußen und 1457 nach Königsberg
verlegte, anfangs des 15. Jahrhunderts seine größte Ausdehnung. Zugleich gewann
er vor allem in den alten salisch-staufischen Königslandschaften
des Reiches zahlreiche Häuser, Hospitäler und Pfarreien, auf deren Grundlage
ihm allmählich der Aufbau von allerdings nur selten geschlossenen Herrschaften
um mehrere Mittelpunkte gelang, wobei organisatorisch zwischen den Hochmeister
bzw. Landmeister einerseits und die einzelnen Ordenshäuser (Komtureien,
Kommenden) andererseits die (wieder in Komtureien und Ämter untergliederten)
Balleien eingefügt wurden. Nach der vernichtenden Niederlage des Ordens gegen
den seit 1386 übermächtigen feindlichen König
von Polen (und Litauen) bei Tannenberg (1410) musste der Hochmeister 1466 nach
dem Verlust Westpreußens (Pommerellen, Kulm, Ermland mit Danzig, Elbing,
Marienburg [1457]) im zweiten Thorner Frieden die Schirmherrschaft des Königs von Polen anerkennen. Der Deutschmeister, der
über 12 Balleien deutschen Gebiets verfügte (Thüringen, Österreich, Hessen
[Marburg], Franken [Mergentheim], Koblenz, Elsass-Schwaben-Burgund, Bozen [an
der Etsch], Utrecht [bis 1637], Altenbiesen [bei Maastricht], Lothringen,
Sachsen, Westfalen), wurde 1494 als Reichsfürst mit den Regalien belehnt.
1527/1530 erhielt er, nachdem der Hochmeister am 8. 4. 1525 das inzwischen
protestantisch gewordene Preußen (trotz Nichtanerkennung durch Kaiser und
Papst) als Herzogtum von Polen zu Lehen genommen hatte, die Administration des
Hochmeistertums in Preußen und damit vor allem den Anspruch auf das alte
Ordensland. 1525/1526 verlegte er seinen Sitz von Horneck am Neckar nach (Bad)
Mergentheim, das Mittelpunkt der Güter an Tauber, Neckar und in Franken wurde
(insgesamt rund 2200 Quadratkilometer mit 100000 Einwohnern). Das
Deutschmeistertum des Ordens gehörte mit Mergentheim und den zwei Komtureien
Virnsberg und Ellingen der Ballei Franken (10 Quadratmeilen mit 32000
Einwohnern [u. a. 1250 Gundelsheim und Horneck, 1506 Hohenfels]) dem
fränkischen Reichskreis, mit der Ballei Koblenz, die trotz reicher Güter kein
eigenes Gebiet besaß und durch den Komtur der Ballei vertreten wurde, dem kurrheinischen
Reichskreis an. Wegen der Hälfte von Berlichingen und wegen Teilen von
Gollachostheim zählte der Deutsche Orden zum Kanton Odenwald des Ritterkreises
Franken, wegen Teilen von Volkershausen zum Kanton Rhön-Werra. Außerdem war er
um 1800 in den Kantonen Altmühl, Baunach und Steigerwald immatrikuliert. 1803
blieb der Orden bestehen und erhielt durch § 26 des
Reichsdeputationshauptschlusses für den Verlust seiner drei linksrheinischen
Balleien als Entschädigung die mittelbaren Stifter, Abteien und Klöster in
Vorarlberg, in dem österreichischen Schwaben (Schwäbisch-Österreich) und
überhaupt alle Mediatklöster der Augsburger und Konstanzer Diözesen in
Schwaben, über die nicht disponiert worden war, mit Ausnahme der im Breisgau
gelegenen. 1805 schuf das Haus Habsburg das Fürstentum Mergentheim als
österreichische Sekundogenitur. 1809 wurde dieses durch Napoléon zugunsten der
Rheinbundstaaten (Württemberg) beseitigt. Der Orden behielt nur noch die in
Österreich liegenden mittelbaren Balleien Österreich und Bozen (Etsch). In
Österreich wurde der Deutsche Orden 1834 durch Franz I. unter Erzherzögen als
Hoch- und Deutschmeistern wiederbelebt. 1845 erhielt auf Grund eines Vertrages
zwischen dem Deutschen Orden, der freien Stadt Frankfurt am Main und Österreich
das Deutschordenshaus in Sachsenhausen (bei Frankfurt) durch die Fiktion der
Zugehörigkeit zur diplomatischen Mission Österreichs völkerrechtliche
Privilegien. 2000 wurde der 65. Hochmeister des zu dieser Zeit rund 1000
Mitglieder zählenden Ordens gewählt. S. Fränkischer Reichskreis.
L.: Wolff 111; Zeumer 552 II a 5; Wallner 692 FränkRK 12; Großer Historischer
Weltatlas III 39 (1803) D3; Riedenauer 129; Winkelmann-Holzapfel 145f.;
Forstreuter, K., Deutschordensland Preußen, (in) Geschichte der deutschen Länder,
Bd. 1; Die Territorien des Reichs 6, 224; Voigt, J., Geschichte Preußens von
den ältesten Zeiten bis zum Untergang der Herrschaft des Deutschen Ordens, Bd.
1ff. 1827ff.; Voigt, J., Geschichte des Deutschen Ritterordens in seinen 12
Balleien in Deutschland, 1857; Scriptores rerum Prussicarum (Die
Geschichtsquellen der preußischen Vorzeit bis zum Untergang der
Ordensherrschaft), hg. v. Hirsch, T. u. a., Bd. 1ff. 1861ff., Neudruck 1965;
Preußisches Urkundenbuch, hg. v. Philippi, F. u. a., Bd. 1ff. 1882ff., Neudruck
1960; Perlbach, M., Die Statuten des Deutschen Ordens, 1890; Pettenegg, E. Graf
v., Die Privilegien des Deutschen Ritter-Ordens, 1895; Prutz, H., Die
geistlichen Ritterorden, 1908; Krollmann, C., Politische Geschichte des
Deutschen Ordens in Preußen, 1932; Maschke, E., Der deutsche Ordensstaat, 1935,
3. A. 1943; Haaf, R. ten, Kurze Bibliographie zur Geschichte des Deutschen
Ordens, 1949; Haaf, R. ten, Deutschordensstaat und Deutschordensballeien, 2. A.
1965; Forstreuter, K., Vom Ordensstaat zum Fürstentum, 1951; Quellen zur
Geschichte des Deutschen Ordens, hg. v. Hubatsch, W., 1954; Tumler, M., Der
deutsche Orden, 1955; Grill, R., Die Deutschordens-Landkommende Ellingen, Diss.
phil. Erlangen 1958; Zimmermann, H., Der Deutsche Orden in Siebenbürgen, 1957,
2. A: 2011; Hofmann, H., Der Staat des Deutschmeisters, 1962; Stengel, E.,
Abhandlungen und Untersuchungen zur Geschichte des Kaisergedankens, 1965; Acht
Jahrhunderte Deutscher Orden, hg. v. Wieser, K., 1967; Forstreuter, K., Der
Deutsche Orden am Mittelmeer, 1967; Militzer, K., Die Entstehung der
Deutschordensballeien im Deutschen Reich, 1970; Favreau, M., Studien zur
Frühgeschichte des Deutschen Ordens, 1974; Lampe, K., Bibliographie des
Deutschen Ordens bis 1954, bearb. v. Wieser, K., 1975; Von Akkon nach Wien.
Studien zur Deutschordensgeschichte, FS Tumler, M., hg. v. Arnold, U., 1978;
Wippermann, W., Der Ordensstaat als Ideologie, 1979; Die geistlichen
Ritterorden Europas, hg. v. Fleckenstein, J./Hellmann, M., 1980; Tumler,
M./Arnold, U., Der Deutsche Orden, 1981; Boockmann, H., Der Deutsche Orden,
1981; Boockmann, H., Die Vorwerke des Deutschen Ordens in Preußen, (in) Die
Grundherrschaft im späten Mittelalter, hg. v. Patze, H., Bd. 1 1983;
Diefenbacher, M., Territorienbildung des Deutschen Ordens am unteren Neckar im
15. und 16. Jahrhundert, 1985; Beiträge zur Geschichte des Deutschen Ordens,
hg. v. Arnold, U., 1986; Tumler, M./Arnold, U., Der Deutsche Orden. Von seinem
Ursprung bis zur Gegenwart, 4. A. 1986; Neitmann, K., Die Staatsverträge des Deutschen
Ordens in Preußen 1230-1449, Studien zur Diplomatie eines spätmittelalterlichen
deutschen Territorialstaates, 1986; Arnold, U., Deutschsprachige Literatur zur
Geschichte des Deutschen Ordens 1980-1985. Ein Bericht, 1987, Zs. f. hist.
Forschung 14; Seiler, A., Der Deutsche Orden. Geschichte und Ideologie, 1988;
Boockmann, H., Der Deutsche Orden, 12 Kapitel aus seiner Geschichte, 3. A.
1989; Grzegorz, M., Die territorialen Erwerbungen des Deutschen Ordens in
Pommerellen vor 1308, Zs. f. Ostforschung 38 (1989); 800 Jahre Deutscher Orden,
1990; Diefenbach, M., Der Deutsche Orden in Bayern, 1990; Beiträge zur
Geschichte des Deutschen Ordens, 2 1993; Die Hochmeister des Deutschen Ordens
1190-1994, hg. v. Arnold, U., 1998; Militzer, K., Von Akkon zur Marienburg,
1999; Biskup, M./Labuda, G., Die Geschichte des Deutschen Ordens in Preußen,
2000; Klebes, B., Der Deutsche Orden in der Region Mergentheim im Mittelalter,
2002; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini,
W., 2003, 1, 727; Demel, B., Der Deutsche Orden im Spiegel seiner Besitzungen
und Beziehungen in Europa, 2004; Die Domkapitel des Deutschen Ordens in Preußen
und Livland, hg. v. Biskup, R. u. a., 2004; Militzer, K., Die Geschichte des
Deutschen Ordens, 2005; Demel, B., Unbekannte Aspekte der Geschichte des
Deutschen Ordens, 2006.
Deventer (Reichsstadt, Residenz des Bischofs von
Utrecht). D. an der Ijissel erscheint anlässlich einer Kirchengründung Lebuins
kurz vor 776. 952 gab König Otto I. seine von
den Karolingern ererbten Güter in D. an das Mauritiuskloster in Magdeburg, 1046
König Heinrich III. Münzregal und Grafschaft an
den Bischof von Utrecht. 1123 erließ der Kaiser den Bewohnern Hauszinse an das
Lebuinsstift. Später war D. Reichsstadt und Mitglied der Hanse. 1528 kam es vom
Hochstift Utrecht an Kaiser Karl V. 1591 wurde es den spanischen Habsburgern
durch die Generalstaaten der Niederlande entrissen.
L.: Wolff 75; Landwehr, G., Die Verpfändung der deutschen Reichsstädte im
Mittelalter, 1967, 201; Koch, A., Die Anfänge der Stadt Deventer, WF 10 (1975),
167; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W.
u. a., 2003, 1, 2, 141.
Dexheim (Reichsdorf?). D. (Thechidesheim) links
des Rheins bei Oppenheim wird erstmals 774 anlässlich der Übertragung von
Gütern durch König Karl den Großen an Lorsch und
889 (Dechidestein) anlässlich der Schenkung der Kirche durch König Arnulf an das Kloster Fulda erwähnt. Als
Reichsgut begegnet es dann wieder 1259. Am 16. 1. 1315 verpfändete König Ludwig der Bayer D. neben anderen Orten an das
Erzstift Mainz, am 25. 12. 1356 Kaiser Karl IV. zur Hälfte an die Stadt Mainz
und am 12. 2. 1375 an den Pfalzgrafen bei Rhein. Die Könige
Wenzel und Ruprecht bestätigten die Verpfändung an die Pfalz. Über Hessen kam
der 1689 zerstörte Ort 1946 zu Rheinland-Pfalz.
L.: Hugo 464, 466.
Die (Grafen). Nach D. in der Dauphiné
nannten sich seit dem 11. Jahrhundert Grafen. Graf Wilhelm von D. unterstützte
als Vasall König Heinrichs IV. 1073 den Bischof
von D. gegen den Legaten Gregors VII. Am Ende des 12. Jahrhunderts verschwanden
die Grafen. Ihre Güter kamen zumeist an die Artaud de Montauban.
L.: Roman, J., Les derniers comtes de Die et la famille Artaud de Montauban,
Bull. de la Soc. d'archéologie et de statistique de la Drôme 20 (1886).
Die (Hochstift). 325 erscheint erstmals ein
Bischof der gallorömischen civitas Dea Augusta Voconciorum. Im Streit um die
Metropolitanzugehörigkeit zwischen Vienne und Arles entschied Papst Calixt II.
am 15. 2. 1120 zugunsten von Vienne. Am 30. 7. 1178 bestätigte Kaiser Friedrich
I. Barbarossa den Bestand des Bistums und seinen Rang im Königreich Arelat. Um die Mitte des 15. Jahrhunderts
wurde die weltliche Herrschaft des Bischofs von D., der seit 1275 zugleich
Bischof von Valence war, durch den Dauphin Ludwig II. empfindlich beschränkt.
S. Dauphiné.
L.: Bligny, B., L'Eglise et les ordres religieux dans le royaume de Bourgogne
aux XIe et XIIe siècle, 1960.
Diedenhofen (Reichsgut ?), frz. Thionville. In D. an
der Mosel nördlich von Metz erscheint nach älteren Siedlungsspuren 751 eine Königspfalz (Theodonis villa). 930 wurde die Kirche
von D. an das Kloster Sankt Maximin zu Trier gegeben. Dessen Vögte waren die
Grafen von Luxemburg, die auch die umliegende Grafschaft innehatten. Sie
eigneten sich das Königsgut an. Immerhin kam,
nachdem das deutsche Königtum an die Grafen von
Luxemburg gefallen war, D. zur Reichskammer. 1441/1461 gelangte es an Burgund,
1477 an Habsburg, später an Frankreich.
L.: Wolff 58; Joset, C., Les villes au pays de Luxembourg, 1940; Escher, M. u.
a., Die urbanen Zentren, 2005, 2, 142.
Dierbach, Direnbach (Reichsdorf). König Wenzel verpfändete am 22. 1. 1379 an den
Pfalzgrafen bei Rhein unter anderem das Dorf D. bei Bergzabern, nachdem dieser
es aus der Pfandschaft der Grafen von Leiningen gelöst hatte. Über die Pfalz
und Bayern kam D. 1946 zu Rheinland-Pfalz.
L.: Hugo 464.
Dilsberg (Grafen). 1208 ist die Burg D. am Neckar
bei Heidelberg als Sitz der Grafen des Elsenzgaues (Grafen von Lauffen) belegt.
Um 1220 fiel sie über eine Erbtochter an die Herren von Dürn (Walldürn), die
sich Grafen von D. nannten. 1286 wurde sie an König
Rudolf von Habsburg verkauft, etwa um 1330 an die Pfalzgrafen bei Rhein
veräußert. 1803 fiel sie an Baden. Damit gelangte D. 1951/1952 zu
Baden-Württemberg.
L.: Bernhard, J., Die Bergfeste Dilsberg, 1961; Lenz, R., Kellerei und Unteramt
Dilsberg. Entwicklung einer regionalen Verwaltungsinstanz im Rahmen der
kurpfälzischen Territorialpolitik am unteren Neckar, 1989.
Dithmarschen (Gau, nahezu freie Bauernrepublik). Das
Gebiet zwischen Elbe, Eider und Wattenmeer der Nordsee war im Frühmittelalter
ein in vier Siedlungsräume gegliederter sächsischer Gau, der unter König bzw. Kaiser Karl dem Großen christianisiert
wurde. Im 11. Jahrhundert (1062) kam das nach dem Personennamen Dietmar
benannte, in ottonischer Zeit weitgehend sich selbst überlassene Gebiet
(Thedmarsgoi) durch König Heinrich IV. unter die
Herrschaft des Erzstifts Bremen. 1147 wurde es von Heinrich dem Löwen
unterworfen, 1180 fiel es wieder an Bremen. Vom 13. Jahrhundert an errangen die
durch die Kultivierung des Marschbodens wohlhabend gewordenen
Bauerngeschlechter eine weitgehende Selbständigkeit mit eigener politischer
Organisation (1448 Achtundvierziger als Vertreter der Kirchspiele, 50 Schlüter
[Schließer] und 300 Geschworene zusammen als die Vollmacht, die jeweils zuletzt
in Heide zusammenkam) und eigenem Landrecht (1321/1447, gedruckt 1487).
1473/1474 erhielten die Könige von Dänemark und
Herzöge von Holstein D. gegen den Widerspruch der Achtundvierziger von Kaiser
Friedrich III. als Lehen, wurden aber 1500 vom dithmarsischen Volksheer
geschlagen. 1532 wurde die Reformation eingeführt. 1559 konnten der König von Dänemark und die Herzöge von
Holstein-Gottorp (Gottorf) das Land unterwerfen. 1580/1581 wurde die nördliche
Hälfte (Norderdithmarschen mit Heide) an Holstein-Gottorp (Gottorf) gegeben
(herzoglicher Anteil), kam aber 1773 unter die Oberherrschaft Dänemarks, das
bereits die südliche Hälfte (Süderdithmarschen, königlicher
Anteil) erhalten hatte. 1866 fiel es mit Schleswig und Holstein an Preußen und
kam 1946 zu Schleswig-Holstein.
L.: Wolff 445f.; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) E1; Adolfi gen.
Neocorus, J., Chronik des Landes Dithmarschen, hg. v. Dahlmann, F., Bd. 1f.
1827, 1904, Neudruck 1927; Michelsen, A., Urkundenbuch zur Geschichte des
Landes Dithmarschen, 1834; Michelsen, A., Sammlung altdithmarscher
Rechtsquellen, 1842; Chalybaeus, R., Geschichte Dithmarschens bis zur Eroberung
des Landes im Jahre 1559, 1888; Marten, G./Mäckelmann, K., Dithmarschen,
Geschichte und Landeskunde, 1927; Carstens, W., Bündnispolitik und
Verfassungsentwicklung in Dithmarschen, Zs. d. Ges. für schleswig-holstein.
Geschichte 66 (1938); Klüver, W., Dithmarschen und Schleswig-Holstein im Wandel
der Geschichte, 1951; Stoob, H., Die Dithmarscher Geschlechterverbände, 1951;
Stoob, H., Geschichte Dithmarschens im Regentenzeitalter, 1959; Polenz, P. v.,
Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, II, 15, 34, 41, 49, 95, 96, III, 10, 31,
33, Thiadmariska, Thiadmaresgaho, Tedmarsgoi, Ditmarticorum terra, Ditmarcos,
Dietmaringenses, ‚Dithmarschen‘; Hadel, W. v., Die Eingliederung des Landes
Dithmarschen in den Verband der Herzogtümer Schleswig und Holstein, 1963;
Kamphausen, A. u. a., Dithmarschen. Geschichte und Bild einer Landschaft, 1968;
Eggers, P., Das Prozessrecht nach dem Dithmarscher Landrecht von 1567 und seine
Entwicklung bis zum Ende der Gottorfer Herrschaft 1773, 1986; Sax, P., Werke
zur Geschichte Nordfrieslands und Dithmarschens, Bd. 7 Ergbd. Register und Ergänzungen,
1987.
Donaustauf (Herrschaft, Residenz des Bischofs von
Regensburg), mhd. Tumbstauf. Die Burg D. (894/930 Stufo) lag im königlichen Forst Sulzbach, den König Konrad I. 914 dem Hochstift Regensburg gab. Dieses
konnte die sich um D. bildende Herrschaft gegen Bayern behaupten, musste sie
aber 1355 an Kaiser Karl IV. verpfänden. Seitdem kam es zu mehrfachem
Herrschaftswechsel (Reichsstadt Regensburg, Hochstift Regensburg, Bayern), bis
das zum bayerischen Reichskreis zählende D. 1715 endgültig von Bayern an das
Hochstift kam. Mit ihm fiel es 1803 an den Staat Karl Theodors von Dalberg,
1810 bei Schaffung des Großherzogtums Frankfurt aber an Bayern.
L.: Wolff 142; Wallner 712 BayRK 10; Janner, F., Geschichte der Bischöfe von
Regensburg, 1883ff.; Schratz, W., Geschichte der Walhalla und des Marktes
Donaustauf, 1926; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W. u. a., 2003, 1, 2, 148.
Donauwörth (Reichspflege). Zur staufischen Vogtei
D. gehörte als Reichspflege D. ein mit Hochgerichtsbarkeit verbundener Bezirk
südlich der Donau. Die Pflege kam aus dem Erbe der Staufer an die Herzöge von
Pfalz und Oberbayern, musste aber als Reichsgut an König
Rudolf von Habsburg herausgegeben werden. 1608 vollstreckte Bayern die
Reichsacht gegen die Reichsstadt Donauwörth und erzwang für die
Vollstreckungskosten die Verpfändung.
L.: Dacheröden 133; Wolff 136; Wallner 711 BayRK 1; Wöhrl, J., Die Reichspflege
Donauwörth, 1928f; Pfister, D., Donauwörth, 2008.
Donauwörth (Reichsstadt). D. wurde vermutlich nach
900 von den Grafen von Dillingen gegründet. 1030 wird D. (Weride) anlässlich
der Bestätigung und Erweiterung der Verleihung des Markt-, Münz- und Zollrechts
an die Herren von Werde (Mangolde) durch König
bzw. Kaiser Otto III. erstmals genannt. Nach deren Aussterben fiel es zwischen
1147 und 1156 an das Reich heim. Von 1156 bis 1183 unterstand es den Grafen von
Wittelsbach. 1191 wurde es von den Staufern als Reichsgut eingezogen und Sitz
einer staufischen Vogtei. Nach längeren Auseinandersetzungen mit Bayern wurde
D. 1301 Reichsstadt (meist Schwäbisch Wörth genannt). Von 1376 bis 1434 war es
an Bayern verpfändet, das 1462 auf alle Ansprüche verzichtete. In der
Reformationszeit wurde es mehrheitlich protestantisch. Da die protestantische
Bevölkerung von den Regeln des Augsburger Religionsfriedens von 1555 durch
Störung katholischer Prozessionen abwich, wurde 1607 über sie die Reichsacht
verhängt, die 1608 durch Besetzung von Bayern vollstreckt wurde. Im Dreißigjährigen
Krieg war es hart umkämpft, blieb aber auf Dauer bayerisch und katholisch, da
die 1705 erfolgte Wiederherstellung der Reichsunmittelbarkeit durch Kaiser
Joseph I. bereits 1714 wieder aufgehoben wurde.
L.: Wolff 136; Stieve, F., Der Ursprung des 30-jährigen Krieges, Bd. 1 1875;
Stenger, H., Verfassung und Verwaltung der Reichsstadt Donauwörth (1193-1607),
1909; Grohsmann, L./Zelzer, M., Geschichte der Stadt Donauwörth, Bd. 1f.
1958ff.; Landkreis Donauwörth. Werden und Wesen eines Landkreises, 1966.
Dorpat (Hochstift, Residenz), russ. Jurev,
estn. Tartu. Am 21. 7. 1224 wurde für Estland am rechten Ufer des Embach als
Nachfolger des Bischofs von Estland mit Sitz in Leal das Bistum D. in einer schon
für die Mitte des ersten nachchristlichen Jahrtausends nachgewiesenen
estnischen Burg, die 1224 von den Deutschen erobert worden war, begründet. Es
war zunächst dem Erzbischof von Lund, seit 1245 dem Erzbischof von Riga
unterstellt. Das Territorium wurde zwischen Bischof und Deutschem Orden
aufgeteilt. Am 6. 11. 1225 wurde der Bischof durch König
Heinrich (VII.) mit dem Bistumsgebiet belehnt und zum Reichsfürsten erhoben.
Seit 1525 drang die Reformation durch. Mit der Verschleppung des letzten
Bischofs 1558 nach Russland erlosch das Bistum.
L.: Gernet, A. v., Verfassungsgeschichte des Bistums Dorpat bis zur Ausbildung
der Landstände, 1896; Koch, F., Livland und das Reich bis 1225, 1943; Rauch, G.
v., Stadt und Bistum Dorpat zum Ende der Ordenszeit, ZOF 24 (1975); Höfe und
Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 524,
1, 2, 150.
Dörrenbach (Reichsdorf), Dierbach. (992 gab König Otto III. Dörrenbach bei Bergzabern an die Abtei
Selz. Am 22. 1. 1379 verpfändete König Wenzel
dem Kurfürsten Ruprecht von der Pfalz unter anderem verschiedene Dörfer bei
Bergzabern. Die Pfalz verpfändete den Ort an Leiningen. Mit der Herrschaft
Guttenberg war D. in den Händen von Leiningen und Pfalz, meist aber
Zweibrücken. Von 1684 bis 1814 unterstand es Frankreich.) S. Bayern,
Rheinland-Pfalz, Dierbach.
L.: Hugo 464.
Dortmund (Reichshof, Reichsstadt). Zwischen 881
und 884 wird an einer wichtigen Straßenkreuzung des Rhein und Weser
verbindenden Hellwegs der vielleicht in Anlehnung an einen karolingischen Königshof und späteren Grafenhof entstandene Ort
Throtmanni, Trutmundi, Trutmania, erwähnt. 990 besaß er Marktrecht. Bereits
1152 war er vielleicht befestigt (lat. Tremonia). Seit 1226 ist D. als einzige
westfälische Reichsstadt bezeugt. Sie wurde Mitglied der Hanse und unter
Überflügelung Soests Vorort des gemeinen Kaufmanns von Westfalen. Sie erwarb,
nachdem die Familie der Grafen von D. 1316 in männlicher Linie erloschen war,
1343 und 1504 jeweils eine Hälfte der umliegenden Grafschaft mit 1,5
Quadratmeilen bzw. 77 Quadratkilometern und 80 Dörfern, geriet 1388/1389 aber
(nach 1248 wie 1301 erfolgten Verpfändungen an das Erzstift Köln und die Grafen
von der Mark) in Auseinandersetzungen mit dem Erzbischof von Köln und den
Grafen von der Mark (Große Dortmunder Fehde), durch die sie wirtschaftlich
erheblich geschwächt wurde. 1514 bestätigte Kaiser Maximilian I. die
Reichsunmittelbarkeit. Von 1523 bis 1570 drang die Reformation ein. 1567 ging
Brackel (Brakel) an Kleve-Mark verloren. 1803 kam das 2,3 Quadratmeilen große
zum niederrheinisch-westfälischen Reichskreis zählende D. mit 6.000 Einwohnern
an Nassau bzw. Nassau-Oranien (Nassau-Oranien-Fulda), 1808 zum Großherzogtum
Berg (Sitz des Präfekten des Ruhrdepartements), 1815 zu Preußen (Provinz Westfalen),
das schon lange den Erwerb angestrebt hatte, und damit 1946 zu
Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 371; Zeumer 552ff. III a 12; Wallner 704 WestfälRK 38; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) D3, II 78 (1450) F3, III 22 (1648) C3, III
38 (1789) B2; Richtering, H./Kittel, E., Westfalen-Lippe, (in) Geschichte der
deutschen Länder, Bd. 1; Mallinckrodt, A., Versuch über die Verfassung der
kayserlichen und des Heiligen Römischen Reiches freyer Stadt Dortmund, Bd. 1f.
1795; Dortmunder Urkundenbuch, bearb. v. Rübel, K., Geschichte der Grafschaft
und der freien Reichsstadt Dortmund, Bd. 1 1917; Heimatatlas für Dortmund, hg.
v. Frommberger, A., 1961; Winterfeld, L. v., Geschichte der freien Reichs- und
Hansestadt Dortmund, 7. A. 1981; Mämpel, A., Bergbau in Dortmund, 1963;
Dortmund. Westfälische Großstadt im Revier. Bilder aus und über Dortmund,
Westfalen und das Ruhrgebiet 1947-67, bearb. v. Bieber, H./Hüser, F., 2. A.
1968; Dortmund. 1100 Jahre Stadtgeschichte, hg. v. Luntowski, G./Reimann, N.,
1982; Reimann, N., In burgo Tremonia. Pfalz und Reichsstadt Dortmund in der
Stauferzeit, Bll. f. dt. LG. 120 (1984); Thier, D., Melius Hereditati, 1987;
Zeit-Räume, bearb. v. Schilp, T., 1989; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren,
2005, 2, 158; Stadtführer Dortmund im Mittelalter, hg. v. Schilp, T./Welzel,
B., 2. A. 2006; Dortmund und die Hanse, hg. v. Schilp, T. u. a., 2012.
Duderstadt (Stadt). Das 927/929 als Königshof erwähnte D. im Untereichsfeld kam 974 an das
Stift Quedlinburg. Im 12. Jahrhundert geriet es unter den Einfluss Heinrichs
des Löwen, kam 1236 als Lehen an die Landgrafen von Thüringen und 1247 bei
deren Aussterben an die Welfen. Seit 1368 erwarb die Landstadt, die um 1400
etwa 4000 Einwohner hatte, allmählich 16 Dörfer. Über Hannover und Preußen gelangte
D. 1946 zu Niedersachsen.
L.: Wolff 80; Urkundenbuch der Stadt Duderstadt bis zum Jahre 1500, hg. v.
Jaeger, J., 1885; Lerch, C., Duderstädter Chronik von der Vorzeit bis zum Jahre
1973, 1979; Wiegand, G., Bibliographie des Eichsfeldes, Teil 3 1980, 313ff.
Duisburg (Reichsstadt). 883/884 wird D., das auch
mit dem vormerowingischen Dispargum verknüpft wird und dessen Name zum
Personennamen Thio gestellt wird, als einem römischen Militärposten auf dem
Burgberg folgende fränkische Königspfalz bei
Regino von Prüm erwähnt. Im 12. Jahrhundert entwickelte es sich allmählich zur
Stadt (regia villa, 1129?). Eine Verlagerung des Rheins kurz nach 1200 ließ den
wirtschaftlichen Aufschwung abbrechen. 1290 wurde D. von König Rudolf von Habsburg an das Herzogtum Kleve
verpfändet und kam mit diesem zusammen 1614 an Preußen. Von 1543 an setzte sich
die Reformation durch, 1655 wurde durch den Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm
von Brandenburg eine bis 1818 als klevische Landesuniversität bestehende
Universität gegründet. 1946 fiel D. an Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 316; Averdunk, H., Geschichte der Stadt Duisburg bis zum Jahre 1666,
1894; Averdunk, H./Ring, W., Geschichte der Stadt Duisburg, 2. A. 1949; Ring,
W., Heimatchronik der Stadt Duisburg, 1954; Domke, H., Duisburg, 1960; Bätz,
H./Steeger, H., Heimatatlas Duisburg, 1968; Roden, G. v., Geschichte der Stadt
Duisburg, Bd. 1 1970; Milz, J./Pietsch, H., Duisburg im Mittelalter, 1986;
Bergmann, W. u. a., Urkundenbuch der Stadt Duisburg, Bd. 1 904-1350, 1989;
Born, G./Kropatschek, F., Die alte Universität Duisburg, 1992; Jägers, R.,
Duisburg im 18. Jahrhundert, 2001; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005,
2, 167; Milz, J., Neue Erkenntnisse zur Geschichte Duisburgs, 2008.
Dunningen (reichsunmittelbares Dorf). Im Jahre 786 gab Graf Gerold Güter in D. bei Rottweil an Sankt Gallen. Um 900 ist Königsgut nachweisbar. Das im Spätmittelalter reichsunmittelbare Dorf stellte sich 1435 unter den Schutz der Reichsstadt Rottweil, mit der es 1802 an Württemberg und damit 1951/1952 zu Baden-Württemberg kam.
Düren (Reichsstadt). D. wird 748 (villa Duria)
erstmals erwähnt. Es war karolingischer Königshof,
der zur Pfalz ausgebaut wurde und aus dem Güter an Stablo (814), das Aachener
Münster (888) und das Hochstift Verdun (1057) kamen. Im frühen 13. Jahrhundert
entwickelte es sich zur Stadt (Reichsstadt). Sie wurde 1242/1246 an die Grafen
von Jülich verpfändet, wurde aber noch längere Zeit zu Reichstagen eingeladen.
1614 kam D. an Pfalz-Neuburg, 1790/1801 an Frankreich, 1815 an Preußen und 1946
an Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 322; Schoop, A., Rechts- und Wirtschaftsgeschichte der Stadt Düren
bis 1794, 1920; Geschichte der Stadt Düren, 1923; Grotelüschen, W., Die Städte
am Nordostrand der Eifel, 1933; Der Landkreis Düren, bearb. v. Küster, K.,
1967; Kessler, A., Von Karl dem Großen bis Napoleon Bonaparte. Grundzüge einer
Geschichte des Dürener Landes, 1968; Kaemmerer, W., Urkundenbuch der Stadt
Düren, I 1-2, 1971ff.; Flach, D., Zur Geschichte des Dürener Reichsgutes, (in)
Dürener Geschichtsbll. 71 (1982) ; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005,
2, 163.
Ebenweiler (Herrschaft). Die Herrschaft E. ist eine Erwerbung der Grafen von Königsegg, die am Ende des 18. Jahrhunderts der Linie Königsegg und Aulendorf zustand. 1806 fiel Königsegg an Württemberg und kam damit 1951/1952 zu Baden-Württemberg.
Eberbach (Reichsstadt). Auf altem Siedlungsland
am unteren Neckar, das 988/1011/1012 vom König
an das Hochstift Worms kam, errichteten die Bischöfe die Burg E. 1227 musste
der Bischof die Burg gegen eine Geldentschädigung an König
Heinrich VII. zu Lehen geben. Gleich danach errichteten die Staufer die Stadt
E. Sie wurde nach dem Untergang der Staufer (um 1255) Reichsstadt und hatte das
Stadtrecht von Wimpfen. Seit der Wende vom 13. zum 14. Jahrhundert wurde sie
wiederholt verpfändet und kam 1330 als Pfand an die Pfalz, 1410 an
Pfalz-Mosbach und 1499 wieder an die Kurpfalz. 1803 fiel sie an Leiningen und
1806 an Baden und damit 1951/1952 an Baden-Württemberg.
L.: Weiß, J., Geschichte der Stadt Eberbach am Neckar, 2. A. 1927; Vetter, R.,
Alt-Eberbach 1800-1975, 1981; Schwarzmaier, H., Geschichte der Stadt Eberbach
am Neckar bis zur Einführung der Reformation (1556), 1986.
Eger (Reichsstadt), tschech. Cheb. Das Gebiet
an der E. (Egerland) kam nach der allmählichen Eindeutschung des nach dem Abzug
der Germanen im Frühmittelalter slawisch besiedelten Raumes vor 1167 an die
Staufer, die neben dem 1061 erstmals erwähnten Dorf E. die Stadt E. gründeten.
1277 wurde E. Reichsstadt. 1322 verpfändete König
Ludwig der Bayer nach mehreren früheren Verpfändungen E. mit dem Egerland an
Böhmen. 1353 übernahm Karl IV. als König von
Böhmen das Pfand. Die Pfandschaft wurde bis 1806 nicht eingelöst. Mit dem
Egerland wurde dann E. Böhmen staatsrechtlich eingegliedert. 1918 kam es an die
Tschechoslowakei. S. Tschechien.
L.: Wolff 465; Schürer, O., Geschichte der Burg und Pfalz Eger, 1934; Sturm,
H., Eger, Geschichte einer Reichsstadt, 1951.
Egerland (Reichsland). Eger an der Eger wird 1061
erstmals erwähnt. Die historische Landschaft E. ist der nördliche Teil des
mittelalterlichen Banngebiets auf dem bayerischen Nordgau mit Fichtelgebirge
und Egerer Becken. Im frühen 12. Jahrhundert wurde es von der bayerischen
Besiedelung erfasst (Bau einer Burg durch den Diepoldinger Markgrafen Diepold
III. von Vohburg) und erscheint seit 1135 als Region Eger. Sie wurde nach 1146
und vor 1167 auf Grund der Heirat Kaiser Friedrichs I. Barbarossa mit Adela von
Vohburg dem Reich unmittelbar unterstellt und von Friedrich I. Barbarossa zu
einer straff organisierten Herrschaft mit dem Vorort Eger ausgebaut (provincia
Egrensis, 1261 Egerlant). Nach dem Sturz der Staufer (um 1254) wurde das bis
1266 reichsunmittelbare Land aufgeteilt. Der Süden wurde vom Kloster Waldsassen
zum Stiftland (Stiftsland) zusammengefasst, das 1411 unter den Schutz, in der
Mitte des 16. Jahrhunderts unter die Landeshoheit der Pfalz und 1628 unter die
Landeshoheit Bayerns kam. Den Westen zogen die Burggrafen von Nürnberg an sich
und bildeten vom 15. Jahrhundert an um Wunsiedel die sechs Ämter auf dem Gebirg
(Sechsämterland), die mit der Markgrafschaft Bayreuth 1810 an Bayern kamen. Im
Norden fielen Teile an das meißnische Vogtland, wobei die Reichsherrschaft Asch
entstand. Den Rest erwarb Böhmen, das den Erwerb aber 1276 dem Reich
zurückgeben musste. 1322 gewann Johann von Luxemburg dieses Gebiet als
Gegenleistung für die böhmische Stimme bei der Wahl Ludwigs des Bayern zum König (neben 20000 Mark Silber) als Reichspfandschaft
Eger. Diese wurde bis 1806 nicht eingelöst und erst in diesem Zeitpunkt
staatsrechtlich Böhmen eingegliedert. 1945 wurde die fast rein deutsche
Bevölkerung aus der 1918 enstandenen Tschechoslowakei weitgehend ausgewiesen.
S. Tschechien.
L.: Wolff 465; Gradl, H., Geschichte des Egerlandes bis 1437, 1893; Bergmann,
A., Das heutige Egerland, 1957; Käubler, R., Das Alter der deutschen Besiedlung
des Egerlandes, 1958; Sturm, H., Handbuch der Geschichte der böhmischen Länder,
Bd. 2 1967f.; Sturm, H., Districtus Egranus, Historischer Atlas von Bayern,
Altbayern 2,2 1981; Pscheidt, E., Eger. Ehemals eine freie Reichsstadt,
Ausstellungskatalog o. J. (1984); Ambronn, K./Hlavácek, I., Eger, LexMA 3 1986,
1604ff.
Eichsfeld (Gau [im Quellgebiet der Leine],
Landschaft, Fürstentum). Das zwischen oberer Leine und Harz gelegene E. wird
als Gau nördlich und westlich von Mühlhausen 897 erstmals genannt. Vom 11.
Jahrhundert an gewann das Erzstift Mainz auf der Grundlage der Mission um
Heiligenstadt im Obereichsfeld umfangreiche Güter (Hanstein 1209,
Gleichenstein-Dingelstädt 1294, Bischofstein 1329/1440, Greifenstein 1420,
Scharfenstein 1294, Harburg 1130/1137, Worbis 1342/1375, Bodenstein 1573,
Westernhagen 14. Jahrhundert, Gerode 1124/1431). Das nordwestlich von
Duderstadt gelegene Untereichsfeld war zunächst liudolfingisches Hausgut und
ottonisches Reichsgut, kam im 10. Jahrhundert an das Stift Quedlinburg und fiel
1247 an Braunschweig-Lüneburg. Dessen Linie Grubenhagen verpfändete es
1342/1358 mit Duderstadt und Gieboldehausen, 1434 mit Lindau an das Erzstift
Mainz. 1802/1803 kam das zunächst protestantisch gewordene, am Ende des 16.
Jahrhunderts rekatholisierte E. als Fürstentum an Preußen. Von 1806/1807 bis
1813 war es Teil des Königreiches Westphalen
(Harzdepartement). 1813 gelangte das E. an Preußen, 1815 das Obereichsfeld zur
Provinz Sachsen und damit von 1945/1949 bis 1990 zur sowjetischen
Besatzungszone bzw. der Deutschen Demokratischen Republik. Das Untereichsfeld
wurde von Preußen an Hannover abgetreten, kam mit diesem aber 1866 an Preußen
zurück und gehört damit seit 1946 zu Niedersachsen. S. Kurrheinischer
Reichskreis.
L.: Wolff 80; Wallner 699 KurrheinRK 1; Großer Historischer Weltatlas II 66
(1378) F3; Wolf, J., Politische Geschichte des Eichsfelds 1792, neu bearb. v.
Löffler, K., 1921; Curs, O., Deutschlands Gaue im zehnten Jahrhundert, 1908, 6
(Geisleden); Aus der Geschichte der Goldenen Mark, bearb. v. Otto, B., Teil 1
1949; Hessler, W., Mitteldeutsche Gaue des frühen und hohen Mittelalters, 1957,
120 (Ammern, Dachrieden, Diedorf, Geisleden, Görmar, Lengefeld); Polenz, P. v.,
Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, I, 9, II, 58, 61, 62, III, 30; Riese, W.,
Das Eichsfeld. Entwicklungsprobleme einer Landschaft, 1977; Fahlbusch, F. B.,
Eichsfeld, LexMA 3 1986, 1670f.
Eichstätt (Hochstift, Residenz). Um 741/745
gründete Bonifatius das Bistum E. an der Altmühl, setzte den Angelsachsen
Willibald als Bischof ein und unterstellte das von der Donau bis zu den
späteren Orten Nürnberg, Erlangen und Sulzbach reichende Bistum der Erzdiözese Mainz.
Erste Güter wurden von einem gewissen Suidger gegeben. 888 kam die Abtei
Herrieden an der oberen Altmühl hinzu. Durch die Gründung des Bistums Bamberg
(1007) verlor es Gebiete im Norden zwischen Schwabach, Pegnitz und Regnitz,
durch die Reformation Nürnberg, Weißenburg, Ansbach und das Oberstift Öttingen
(Oettingen). Das Gebiet des Hochstifts, das um 1800 im Kanton Altmühl des
Ritterkreises Franken immatrikuliert war, war verhältnismäßig klein und
zersplittert (Oberstift mit Herrieden, Ornbau, Sandsee, Wernfels-Spalt
[1304/1305], Pleinfeld; Unterstift mit Eichstätt, Greding [11. Jh.],
Beilngries, Hirschberg) und wurde mit rund 20 Quadratmeilen und 62000
Einwohnern 1802 säkularisiert und von Bayern annektiert, nachdem schon 1794
Preußen die Enklaven in Franken eingezogen hatte. Von 1802/1803 bis 1805 wurde
es zum größten Teil des Unterstifts als Sekundogenitur Österreichs dem
Großherzogtum Toskana zugeteilt, während der Rest an Bayern kam. 1805 fiel auch
der größere Teil an das Königreich Bayern. Teile
des Oberstifts kamen 1803 an Preußen (Ansbach), 1806 ebenfalls an Bayern. Von
1817 bis 1832/1834/1855 errichtete Bayern aus einem Teil des Hochstifts das
Herzogtum Leuchtenberg als freie Standesherrschaft für Eugène de Beauharnais,
Herzog von Leuchtenberg.
L.: Wolff 105; Zeumer 552 II a 9; Wallner 692 FränkRK 8; Großer Historischer
Weltatlas II 66 (1378) F4, III 22 (1648) E4, III 38 (1789) D3; Riedenauer 129;
Die Territorien des Reichs 4, 166; Heidingsfelder, F., Die Regesten der
Bischöfe von Eichstätt 741-1324, 1915ff.; Sax, J. v./Bleicher, J., Die Bischöfe
und Reichsfürsten von Eichstätt, Bd. 1, 2 (2. A.) 1927; Buchner, F., Das Bistum
Eichstätt, historisch-statistische Beschreibung, Bd. 1, 2 1937ff.; Bauerreiß,
R., Kirchengeschichte Bayerns, Bd. 1 1949; Hirschmann, G., Eichstätt, 1959,
(in) Historischer Atlas von Bayern 1, 6; Handbuch der bayerischen Geschichte,
hg. v. Spindler, M., Bd. 3, 1 1971; Sage, W./Wendehorst, A., Eichstätt, LexMA 3
1986, 1671ff.; Röttel, K., Das Hochstift Eichstätt, 1987; Schuh, R., Territorienbildung
im oberen Altmühlraum. Grundlagen und Entwicklung der eichstättischen
Herrschaft im 13. und 14. Jh., Zs. f. bay. LG. 50 (1987); Weinfurter, S., Die
Grundlagen der geistlichen Landesherrschaft in Eichstätt um 1300, Bll. f. dt.
LG. 123 (1987), 137; Schindling, A., Das Hochstift Eichstätt im Reich der
frühen Neuzeit. Katholisches Reichskirchen-Fürstentum im Schatten Bayerns,
1988, Sammelblätter Hist. Verein Eichstätt 80; Buchholz-Johanek, I., Geistliche
Richter und geistliches Gericht im spätmittelalterlichen Bistum Eichstätt,
1988; Flachenecker, H., Eine geistliche Stadt, 1988; Lengenfelder, B., Die
Diözese Eichstätt zwischen Aufklärung und Restauration, 1990; Braun, H., Das
Domkapitel zu Eichstätt, 1991; Arnold, B., Count and Bishop, 1991; Beiträge zur
Eichstätter Geschichte, hg. v. Flachenecker, H./Littger, K., 1999; Höfe und
Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 526,
1, 2, 161; Zürcher, P., Die Bischofswahlen im Fürstbistum Eichstätt von 1636
bis 1790, 2009.
Eiderstedt (Landschaft). Die heute 30 Kilometer
lange und 340 Quadratmeilen große Halbinsel E. an der Nordsee gewann im
Frühmittelalter eine verhältnismäßig große Selbständigkeit, die sie noch 1252
gegenüber dem König von Dänemark zu wahren
verstand. Später musste das Land sich unter den Schutz der Herzöge von Gottorp
(Gottorf) begeben. 1426 zeichnete es in der 1572 durch den Herzog bestätigten
„Krone der rechten Wahrheit“ sein Recht auf. Auch unter den Herzögen von
Schleswig bzw. den Königen von Dänemark, behielt
es unter einem Staller (Statthalter) weitgehende Selbstverwaltung. 1866 kam es
mit Schleswig zu Preußen, 1946 zu Schleswig-Holstein.
L.: Fischer, O., Eiderstedt, 1956; Fiedler, W., Halbinsel Eiderstedt, 2. A.
1967; Jessen-Klingenberg, M., Eiderstedt 1713-1864. Landschaft und
Landesherrschaft in königlich-absolutistischer
Zeit, 1967; Löw, I., Die Eiderstedter Landrechte von 1426 bis 1591, 2003;
Eiderstedt, hg. v. Porada, H. u. a., 2013.
Einsiedeln (Reichsabtei, Residenz). Um die Zelle des
861 ermordeten Einsiedlers Meinrad wurde zu Beginn des 10. Jahrhunderts eine
Klausnergemeinde gegründet, die 934 Benediktinerabtei wurde. 947 stattete König Otto I. das Kloster mit Immunität und freier
Abtwahl aus (Reichsabtei). Seit dem Anfang des 12. Jahrhunderts stand (Maria)
E. im Streit mit Schwyz um seine südlichen Güter (Marchenstreit). 1283 kam die
Vogtei an Habsburg, 1286/1294/1424 an Schwyz, das 1350 die streitigen Güter
gewann. Damit unterfiel die Abtei der Herrschaft von Schwyz.
L.: Wolff 522; Ringholz, O., Geschichte des fürstlichen Benediktinerstifts
Einsiedeln, Bd. 1 1904; Kläui, P., Untersuchungen zur Gütergeschichte des
Klosters Einsiedeln vom 10. bis zum 14. Jahrhundert, Festgabe H. Nabholz, 1934,
78ff.; Kälin, W., Einsiedeln, 1958; Corolla Heremitana. Neue Beiträge zur Kunst
und Geschichte Einsiedelns und der Innerschweiz, hg. v. Schmid, A., 1964;
Keller, H., Kloster Einsiedeln im ottonischen Schwaben, 1964; Gilomen-Schenkel,
E., Einsiedeln, LexMA 3 1986, 1743f.; Böck, H., Einsiedeln, 1989; Höfe und
Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 652,
1, 2, 164; Marquardt, B., Die alte Eidgenossenschaft und das Heilige römische
Reich, 2007.
Elmenhorst (Reichshof, Reichsdorf). Vermutlich
schon 1248 verpfändete König Wilhelm von Holland
den Reichshof E. bei Recklinghausen an das Erzstift Köln, was Rudolf von
Habsburg, Adolf von Nassau 1292 und Albrecht I. 1298 bestätigten. Am 20. 1.
1300 verpfändete König Albrecht dem Grafen
Eberhard von der Mark für 1400 Mark die Reichshöfe Dortmund, E., Brackel
(Brakel) und Westhofen. Allerdings gelang es den Grafen von der Mark nicht, den
Hofesverband zu einer geschlossenen Herrschaft auszubauen, vielmehr mussten die
Herzöge von Jülich als ihre Erben 1561/1565 die Zuordnung zu Köln bzw. Dortmund
anerkennen. Über Preußen kam E. 1946 an Nordrhein-Westfalen.
L.: Hugo 470.
Elsass (Gau?, Landschaft, Landgrafschaft), frz.
Alsace. Das etwa 190 Kilometer lange und 50 Kilometer breite, rund 8280
Quadratkilometer umfassende, zunächst keltisch besiedelte E. (ahd. ali-saz,
Fremdsitz) zwischen Oberrhein und Vogesen (Wasgenwald), das nur von 640 bis
740, von 1680 bis 1789, von 1871 bis 1918 und ab 1973 eine politische Einheit
bildet(e), wurde 58 v. Chr. von Cäsar erobert (82/90 n. Chr. Germania superior,
Obergermanien). Von 260 n. Chr. an wurde es allmählich von Alemannen besetzt,
die 496 den Franken unterlagen. Zum Jahre 610 (um 613) erscheint bei Fredegar
der Name Alesaciones. Bis 740 war das Gebiet zeitweise eigenes fränkisches
Herzogtum der Etichonen (Herzog Eticho 673), das nach der Wiedereingliederung
des alemannischen ostrheinischen Herzogtums in das Frankenreich nicht wieder
besetzt wurde. E. wird in die Grafschaften Nordgau und Sundgau geteilt. 843 kam
E. zu Lotharingien, 870 zum ostfränkischen Reich. 925 wurde es Teil des
Herzogtums Schwaben. Von der Mitte des 11. Jahrhunderts an wurde es zunächst
ein Kerngebiet der königlichen Herrschaft, kam
1079 an Friedrich von Staufen, zerfiel aber nach dem Untergang der Staufer um
1254 in zahlreiche einzelne Herrschaften. Der 1273 zum König
gewählte Rudolf von Habsburg richtete zur Wiedergewinnung und Verwaltung des
Reichsgutes unter anderem die Reichslandvogteien Oberelsass und Unterelsass
(Niederelsass) ein, die noch zu seinen Lebzeiten (vor 1291) in Hagenau
zusammengelegt wurden. Die Landgrafschaft im Oberelsass (Sundgau), die seit
1135/1268 den Grafen von Habsburg zustand, ließ Habsburg zum wichtigsten
weltlichen Landesherren werden. Ausgangspunkt waren dabei Güter um Ottmarsheim,
zu denen 1130 Güter um Landser und Ensisheim kamen, sowie die Vogtei über
Murbach. 1224 erwarb Habsburg die Herrschaft Rothenberg bzw. Rotenberg
(Rougemont), 1283 die Herrschaft Dattenried (Delle) von den Grafen von
Mömpelgard, 1324 durch die Heirat mit der Erbtochter der Grafen von Pfirt die
Grafschaft Pfirt mit den Herrschaften Altkirch, Pfirt, Blumenberg (Florimont),
Thann und Sennheim, 1347 die Herrschaft Rosenfels (Rosemont), 1350/1361 die
Herrschaft Belfort. 1354 schlossen sich die zehn elässischen Reichsstädte zum
Zehnstädtebund (Dekapolis) zusammen. Die Landgrafschaft im Unterelsass
(Niederelsass), dem früheren Nordgau, die zuerst von den Grafen von Hünenburg,
dann von den Grafen von Werd ausgeübt wurde, kam 1359/1362 an das Hochstift
Straßburg. 1469 verpfändete die Tiroler Linie Habsburgs ihre elsässischen
Gebiete an Burgund, doch wurden die burgundischen Herrscher 1475 vertrieben und
fiel Burgund seinerseits über Maria von Burgund an Habsburg zurück, das 1504
die Reichslandvogtei (in Hagenau) von der Pfalz zurückgewinnen konnte. Bei der
Einteilung in Reichskreise kam das habsburgische Oberelsass zum
österreichischen Reichskreis, das Unterelsass zum oberrheinischen Reichskreis.
Wichtige Herren neben Habsburg waren die Pfalz (Grafschaft Rappoltstein,
Herrschaft Rappoltsweiler), Württemberg (Grafschaft Horburg, Herrschaft
Reichenweier) sowie die Reichsgrafen von Hanau-Lichtenberg, Leiningen und Salm.
1648/1684/1697 wurden der Sundgau Habsburgs und die Vogtei über die zehn in der
Reformation protestantisch gewordenen, 1674 besetzten Reichsstädte Weißenburg,
Hagenau, Rosheim, Oberehnheim, Schlettstadt, Kaysersberg, Türkheim, Colmar
(Kolmar), Münster, Landau und Straßburg an Frankreich abgetreten. 1681 wurde
Straßburg von Frankreich besetzt und bis 1697 verleibte sich Frankreich den
größten Teil des restlichen E. ein. Der Conseil Souverain d'Alsace trat als
oberste Behörde Frankreichs an die Stelle der Regierung Österreichs in
Ensisheim. Gleichwohl blieb das E. bis 1789/1790, als die Provinz E. durch die
Départements Haut-Rhin und Bas-Rhin ersetzt wurde und Frankreich die deutschen
Reichsgesetze offiziell aufhob und die Reichsgrafschaften und
Reichsherrschaften annektierte, deutschsprachig und geistig-kulturell (mit
wachsendem Abstand) dem Reich verbunden. Danach wurde es vor allem durch
Napoleon, dessen Regelungen bis 1982 Bestand behielten, zunehmend in Frankreich
integriert, wobei ein einflussreicher frankophoner Bevölkerungsteil einem
konservativem deutschsprachigen Bevölkerungsteil gegenübertrat. Nach 1918 trieb
die Verwaltung Frankreichs 110000 Menschen unter Beschlanahme ihres Vermögens
aus dem Lande. Zu Beginn des zweiten Weltkriegs wurde ein Drittel der
Bevölkerung nach Südwestfrankreich evakuiert, wovon zwei Drittel 1940 in das
von Deutschland besetzte Land zurückkehrten. Am Ende des 20. Jh.s spricht
weniger als ein Drittel der Schüler noch Elsässisch und die deutsche Sprache
verschwindet aus dem öffentlichen Leben. S. a. Elsass-Lothringen.
L.: Wolff 293ff.; Großer Historischer Weltatlas II 34 (1138-1254) F4; Stoffel,
G., Topographisches Wörterbuch des Oberelsass, 2. A. 1876; Clauss, J.,
Historisch-topographisches Wörterbuch des Elsass, Lief. 1-15 (A-St) 1895ff.;
Die alten Territorien des Elsass nach dem Stand vom 1. Januar 1648, 1896
(Statistische Mitteilungen über Elsass-Lothringen, Heft 27); Jacob, K., Die
Erwerbung des Elsass durch Frankreich im Westfälischen Frieden, 1897; Jacob,
K., Das Reichsland Elsass-Lothringen, Bd. 1ff. 1898ff.; Die alten Territorien
des Bezirks Lothringen nach dem Stande vom 1. Januar 1648, Teil 1 1898 (
Statistische Mitteilungen über Elsass-Lothringen, Heft 28); Berthaut,
H./Berthaut, A., La carte de France 1750-1848, 1899; Becker, J., Geschichte der
Reichslandvogtei im Elsass 1273-1648, 1905; Müller, F., Die elsässischen
Landstände, 1907; Curs, O., Deutschlands Gaue im zehnten Jahrhundert, 1908, 6
(Alsatia, Alsaciensis, Helisaze, Elisadiun, Colmar, Hüttenheim, Selz,
Sermersheim, Lupstein, Schweighausen, Wittersheim, Reichshofen, Altdorf bzw.
Altorf, Brumath, Ebersheim, Andlau, Schlettstadt, Künheim bzw. Kühnheim,
Winzenheim, Morschweiler, Balzenheim, Hindisheim, Illkirch bzw. Illenkirchen,
Offenheim, Hessenheim bzw. Heßheim, Ostheim, Feldkirch[, nicht Badelsbach bzw.
Bohlsbach in Baden]); Vildhaut, H., Politische Strömungen und Parteien im
Elsass von 1871 bis 1911, 1911; Schott, K., Die Entwicklung der Kartographie
des Elsasses, Mitt. d. Ges. für Erdkunde und Kolonialwesen zu Straßburg, 1913;
Wackernagel, R., Geschichte des Elsass, 1919; Elsass-Lothringen-Atlas, 1935;
Büttner, H., Geschichte des Elsass, Bd. 1 1939; Marichal, P., Dictionnaire
topographique du département des Vosges, comprenant les noms de lieu anciens et
modernes, Paris 1941; Fallex, M., L'Alsace, la Lorraine et les Trois-Evêchés,
du début du 18. siècle à 1789, Paris 1941; Gysseling, M., Toponymisch
Woordenboek, 1960, 313; Polenz, P. v., Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, I,
9, II, 9, 13, 21, 22, 23, 41, III, 11, 14, 16, 30, Elisazun, Elisaz, Alisatia,
pagus Alisacensis, Helisaze, Hillisazaas, Illisacia, Alesaciones, Alisanzgouwe,
Elisgaugium, Elsass; Himly, F., Atlas des villes médievales d'Alsace, 1970;
Moreau, J., Dictionnaire de géographie historique, 1972, 11 Alsace;Histoire de
l’Alsace, hg. v. Rapp, F., Bd. 1ff. 1976ff.; Paroisses et communes de France.
Dictionnaire d'histoire administrative et demographique: Kintz, J., Bas-Rhin,
1977; Duranthon, M., La carte de France, son Histoire 1678-1979, 1978; Dreyfus,
F., Histoire de l'Alsace, 1979; Seidel, K., Das Oberelsass vor dem Übergang an
Frankreich. Landesherrschaft, Landstände und fürstliche Verwaltung in
Alt-Vorderösterreich (1602-1638), 1980; Dollinger, P., Histoire de l'Alsace, 4.
A. 1984; Encyclopédie de l’Alsace, Bd. 1ff. 1982ff.; Dollinger, P., Elsass,
LexMA 3 1986, 1852ff.; Hiery, H., Reichstagswahlen im Reichsland, 1986; Vogler,
B., Das Elsass zur Zeit des französischen Ancien Régime (1648-1789),
Alemannisches Jb. 1987/88 (1988); Ebert, K., Das Elsass, 1989; Das Elsass und
Tirol, hg. v. Thurnher, E., 1994; Seiler, T., Die frühstaufische
Territorialpolitik im Elsass, 1995; Das Elsass, hg. v. Erbe, M., 2002; Escher,
M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 528 (Unterelsass), 530 (Oberelsass);
Hummer, H., Politics and Power in Early Medieval Europe, 2005; Bornert, R., Les
monastères d’Alsace, Bd. 1ff. 2009; Igersheim, F., L’Alsace et ses historiens
1680-1914, 2006; Vogler, B., Geschichte des Elsass, 2012.
Elten (Stift, Damenstift, Frauenstift,
Reichsstift, Residenz). 967 gründete Graf Wichmann von Hamaland auf den
Eltenberg bei E. am Niederrhein, auf dem 944 erstmals eine Burg erwähnt wird,
ein adliges Damenstift. Dieses wurde 968 von Kaiser Otto I. bestätigt und
erhielt 973 von Kaiser Otto II. königlichen
Schutz. Bald ging es an das Reich über. 1473 überließ der Herzog von Burgund
den Herzögen von Kleve die Vogtei über E. und seine umfangreichen Güter (1469
Hektar). 1802 wurde E. von Preußen in Besitz genommen. 1806/1807 kam es an das
Großherzogtum Berg, 1815 erneut an Preußen, 1946 zu Nordrhein-Westfalen. Am 23.
4. 1949 wurde es mit etwa 20 weiteren deutschen Gemeinden (rund 70
Quadratkilometer mit etwa 10000 Bewohnern) bis zu einer endgültigen
Friedensregelung mit dem Deutschen Reich vorläufig dem Hoheitsgebiet der
Niederlande zugeschlagen, am 1. 8. 1963 aber wieder zurückgeführt. Der Ort E.
wurde 1975 in Emmerich eingemeindet.
L.: Wolff 494f.; Großer Historischer Weltatlas III 38 (1789) B2; Gies, L.,
Elten, 1958; Köbler, G., Gericht und Recht in der Provinz Westfalen
(1815-1945), FS Schmelzeisen, G., 1980, 177; Binding, G., Hochelten, LexMA 5
1990, 57; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W., 2003, 1, 706, 1, 2, 176.
Engelberg (Abtei). In einem Talkessel der
Unterwaldener Alpen gründete 1120 Konrad von Sellenbüren (Selenbüren) das
Benediktinerkloster E. Ab 1124 stand es unter päpstlichem und kaiserlichem
Schutz. Aus der Ausstattung in Streulage wurde rasch ein geschlossenes Gebiet
im Engelbergertal zwischen Grafenort und Stierenbachfall. Zu Beginn des 13.
Jahrhunderts übertrug der Abt die Vogtei dem König.
Der Abt war Inhaber der hohen und niederen Gerichtsbarkeit in der nächsten
Umgebung des Klosters. Nach 1415 entfiel der kaiserliche Schutz und die Abtei
wurde nicht selten durch die Vogtei der Eidgenossenschaft der Schweiz bedrängt.
Nach dem Umsturz von 1798 kam E. zum Kanton Waldstätte, 1803 zu Nidwalden, 1815
zu Obwalden.
L.: Wolff 531; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) E5, II 72 b (bis
1797) E3; Güterbock, F., Engelbergs Gründung und erste Blüte, 1120-1223, 1946;
Reznicek, F. v., Das Buch von Engelberg, 1964; Hunkeler, L., Benediktinerstift
Engelberg, 3. A. 1968; Heer, G., Aus Vergangenheit von Kloster und Tal
Engelberg, 1975; Abendländische Mystik im Mittelalter, hg. v. Ruh, K., 1986;
Gilomen-Schenkel, E., Engelberg, LexMA 3 1986, 1914.
Eppstein (Herren). In E. im Taunus wurde im
10./11. Jahrhundert eine 1122 erstmals erwähnte, seit 1124 zur Hälfte dem
Erzstift Mainz gehörige Reichsburg erbaut, mit der 1183/1190 die in der Mitte
des 12. Jahrhunderts erstmals belegten Edelherren von Hainhausen bei
Seligenstadt belehnt wurden, die sich von nun an Herren von E. nannten und in
enger Beziehung zum Erzstift Mainz standen, für das die Herren von E. im 13.
Jahrhundert vier Erzbischöfe stellten. Ihre Herrschaft (1418 Königstein) setzte sich aus Eigen und Lehen vorwiegend
des Reiches und des Erzstifts Mainz zusammen und reichte vom Odenwald bis zur
Lahn. 1264 gelangten beim Aussterben einer Linie Teile der Güter an die
verschwägerten Grafen von Katzenelnbogen und die Grafen von Nassau. 1433
erfolgte eine Teilung in die Linien Eppstein-Münzenberg und Eppstein-Königstein. 1492 wurde der Westteil der Herrschaft
Eppstein-Münzenberg an die Landgrafen von Hessen verkauft. Das Erbe des 1505
die Grafenwürde erlangenden, 1535 in den Hauptlinien Münzenberg und Königstein erloschenen, zum oberrheinischen
Reichskreis zählenden Hauses fiel an Stolberg und 1581 an Mainz. 1803 kam E. an
Nassau-Usingen (Nassau), 1866 an Preußen und 1945 an Hessen.
L.: Wolff 256, 275; Wallner 695 OberrheinRK 2; Pietsch, W., Die Entwicklung des
Territoriums der Herren von Eppstein im 12. und 13. Jahrhundert, Hess. Jb. f.
LG. 12 (1962), 15ff.; Berichte zur deutschen Landeskunde 37, 1 (1966); Picard,
E., Eppstein im Taunus. Geschichte der Burg, der Herren und der Stadt, 1968;
Gerlich, A., Eppstein, LexMA 3 1986, 2092; Schäfer, R., Die Herren von
Eppstein, 2000.
Erbach (Herrschaft, Grafschaft,
Reichsgrafschaft). E. im Odenwald wird erstmals zu 1148 (Eberhard von Ertbach)
erwähnt. Etwa gleichzeitig wird in einer Lorscher Handschrift von 1165/1170 ein
rheinfränkisches, möglicherweise auf die Reichsministerialen von
Hagen-Arnsburg-Münzenberg zurückführbares Ministerialengeschlecht sichtbar, das
Vogteirechte (?) der Reichsabtei Lorsch wahrnahm bzw. als villici Güter Lorschs
in der Mark Michelstadt verwaltete und um 1218/1220 das Schenkenamt König Heinrichs (VII.) innehatte. 1223 überantwortete
der König sie an die Pfalzgrafen bei Rhein.
Vermutlich zwecks Verhinderung des Aufstiegs in die Reichsministerialität
erhielt es um 1226 oder um die Mitte des 13. Jh.s das Erbschenkenamt der
Pfalzgrafen bei Rhein. Im späten 12. oder frühen 13. Jahrhundert entstand dann
in E. eine Burg, die als Lehen der Pfalz im Besitz der Schenken zu E. war. Die
Herrschaft E. beruhte im Übrigen weitgehend auf Gütern des 1232 an das Erzstift
Mainz fallenden Klosters Lorsch im östlichen Odenwald um Michelstadt, dazu
Beerfelden (Lehen der Pfalz) und Reichelsheim. Um 1270 entstanden durch Teilung
die Linien Erbach-Erbach (bis 1503), Erbach-Michelstadt und Erbach-Fürstenau
(bis 1534). Bis 1307/1311 musste das Geschlecht alle Güter der Pfalz zu Lehen
auftragen. Eine Aufteilung der Nutzung in die Linien Erbach und Reichenberg mit
der Nebenlinie Michelstadt war nur vorübergehend von Bedeutung, da die Güter
1503 bzw. 1531 in der Linie Reichenberg wiedervereinigt wurden. 1422 (Reichstag
von Nürnberg) wurde die Reichsstandschaft erlangt. Die im 15. Jahrhundert
erworbene Herrschaft Bickenbach wurde 1704 wieder verkauft und dafür Rothenberg
erworben. 1531 wurde die Gerichtsexemtion, 1541 das Münzrecht gewonnen. 1529
wurde das Landrecht der Grafschaft aufgezeichnet, 1532 wurden die Schenken von
E. zu Reichsgrafen. Etwa gleichzeitig wurde die Reformation eingeführt. 1556
erlangten die Grafen durch Heirat wichtige Güter aus dem Erbe der Grafen von
Wertheim (u. a. Breuberg). Georg Albrechts († 1647) Söhne teilten die Nutzung
unter den Hauptlinien Erbach-Erbach und Erbach-Fürstenau. Nachdem Erbach-Erbach
1721 erloschen war, teilte sich die Familie 1717/1719/1748 in die Linien
Erbach-Erbach und Erbach-Fürstenau und die von dieser abgespaltete Linie
Erbach-Schönberg. 1801 gehörte die Reichsgrafschaft samt Herrschaft Breuberg
mit 10,5 Quadratmeilen und 24000 Einwohnern dem fränkischen Reichskreis an.
1804 übernahm die Linie Erbach-Erbach durch Adoption Namen und Gut der
aussterbenden Grafen von Wartenberg-Rot (Wartenberg-Roth). 1806 kam E. mit 526
Quadratkilometern und rund 33000 Einwohnern an Hessen-Darmstadt, das 1560
erworbene Amt Wildenstein an Bayern. Die Reichsgrafschaft Wartenberg-Rot
(Wartenberg-Roth) wurde an Württemberg veräußert und gelangte damit 1951/1952
zu Baden-Württemberg.
L.: Wolff 123; Zeumer 552 II b 62, 3; Wallner 692 FränkRK 11; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) E4, III 22 (1648) D4, III 38 (1789) C3;
Simon, G., Die Geschichte der Dynasten und Grafen zu Erbach, 1858; Mornewag,
K., Stammtafeln des mediatisierten Hauses Erbach, 2. A. 1908; Müller, C.,
Geschichte des Hauses Erbach-Erbach von 1818 bis zur Gegenwart, 1955;
Kleberger, E., Territorialgeschichte des hinteren Odenwaldes, 1958, Neudruck
1987; Erbach im Odenwald, 1959; Landkreis Erbach im Odenwald, hg. v. Mushake,
A., 1960; Berichte zur deutschen Landeskunde 37, 1 (1966); Fahlbusch, F.,
Erbach, LexMA 3 1986, 2100; Das Landrecht oder die eigentümlichen bürgerlichen
Rechte und Sitten der Grafschaft Erbach, hg. v. Beck, F., 1989; Steinmetz, T.,
Die Schenken von Erbach, 2000; Scholz, S., Die Schenken von Erbach, Archiv f.
hess. Gesch. N. F. 62 (2004), 27ff.; Grafen und Herren in Südwestdeutschland,
hg. v. Andermann, K u. a., 2006; Steiger, U., Die Schenken und Herren von
Erbach, 2007.
Erbach-Schönberg (Grafen). Das 1303 erstmals bezeugte Schloss Schönberg an der Bergstraße war seit 1717/1718 Sitz der von der Linie Erbach-Fürstenau ausgehenden Grafen bzw. Fürsten von E. 1792 gehörten sie zum fränkischen Reichsgrafenkollegium. Zu ihren Gütern zählten die Ämter Breuberg, König und Schönberg.
Erfurt (Reichsstadt). Das Gebiet von E. in
Thüringen war schon in vorgeschichtlicher Zeit besiedelt. Um 706 wurde von
Weißenburg im Elsass aus auf dem Petersberg ein Kloster (Peterskloster)
angelegt. 741 errichtete Bonifatius auf dem Domhügel an der Furt der Straße
Frankfurt-Breslau über die Gera (Erpha ?) das Bistum E. (742 Erphesfurt,
Bischof Willibald ?), das 746 oder 752 zugunsten des Erzbistums Mainz
aufgehoben wurde, woraus zugleich eine Verbindung Erfurts zum Erzstift Mainz
erwuchs. 802 erscheint eine Pfalz. Der Zeitpunkt des Übergangs der königlichen Rechte an den Erzbischof von Mainz ist
unklar (vor 1021/1031?). Um 1066 und 1167 wurde der Ort ummauert. Seit Anfang
des 13. Jahrhunderts übernahm der 1217 (consiliarii, 1239 consilium) erstmals
genannte Rat Rechte der gemeinsamen königlichen
und mainzischen Vögte (1299 Blutgerichtsbarkeit von den Grafen von Gleichen,
1315 Verpfändung der Grafschaft an der schmalen Gera durch Sachsen, 1485 an
Sachsen zurück). Seit dem Ende des 13. Jahrhunderts erwarb E. ein großes,
teilweise aus Reichslehen bestehendes Landgebiet mit rund 900 Quadratkilometern
(Kapellendorf, Sömmerda, Tonndorf, Mühlberg, Vippach bzw. Schlossvippach,
Großvargula) und mehr als 80 Dörfern und Burgen. Der Rat strebte, zeitweise
nicht ohne Erfolg, Reichsunmittelbarkeit an (zwischen 1279 und 1290
quasiautonome Stadt). Am 16. 9. 1379 gestattete Papst Clemens VII. die Gründung
einer 1392 eröffneten Universität (1501 Luther), die bis 1812 Bestand hatte.
1493 zählte E. 18680 Einwohner. 1592 gab das Erzstift Mainz seine Rechte an
Mühlberg und Tonna an Sachsen. 1664 setzte es sich mit Gewalt wieder in den
Besitz der etwa 13500 Einwohner zählenden Stadt. 1802/1803 wurde E. mit 25
Städten, 3 Flecken und 72 Dörfern sowie 46000 Einwohnern an Preußen abgetreten,
bildete aber vom 16. 10. 1806 bis 1813 eine Napoleon reservierte Domäne. 1815
fiel E. an Preußen zurück, wobei die Ämter Schloss Vippach, Azmannsdorf
(Atzmannsdorf) und Tonndorf an Sachsen-Weimar abgegeben wurden. Am 1. 4. 1944
wurde der Reichsstatthalter in Thüringen mit der Wahrnehmung der Aufgaben und
Befugnisse des Oberpräsidenten in der staatlichen Verwaltung des
Regierungsbezirks Erfurt beauftragt (und zugleich der Kreis Schmalkalden der
preußischen Provinz Hessen-Nassau einbezogen) (RGBl. 1944 I, 111). Nach der
Kapitulation am 8. 5. 1945 kam E. an Thüringen, das von 1952/1958 bis 1990 in
der Deutschen Demokratischen Republik aufging (str.). Das Bistum E. wurde
1992/1994 Suffragan von Paderborn.
L.: Wolff 80; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) F3, II 78 (1450) G3;
Horn, W., Erfurts Stadtverfassung und Stadtwirtschaft, Bd. 1 1903; Becker,
K./Haetge, E., Die Stadt Erfurt, Bd. 1ff. 1929ff.; Beyer, C./Biereye, J.,
Geschichte der Stadt Erfurt, 1935; Schultze, J., Die Stadt E., (Manuskript,)
1948; Beiträge zur Geschichte der Stadt Erfurt, hg. v. Wiegand, F./Gutsche, W.,
Bd. 1 1955; Schlesinger, W., Städtische Frühformen zwischen Rhein und Elbe,
(in) Studien zu den Anfängen des europäischen Städtewesens, 1958, 297ff.;
Wiegand, F., Erfurt 1964; Piltz, G./Hege, F., Erfurt. Stadt am Kreuzweg, 1955;
Kleineidam, E., Universitas studii Erfordensis, 1964, Teil 1 2. A. 1985; Die
deutschen Königspfalzen, hg. v.
Max-Planck-Institut für Geschichte Bd. 2 1984, 103ff.; Lorenz, S., Studium
generale Erfordense, Habilschr. Stuttgart 1985; Boehm, L., Erfurt, LexMA 3
1986, 2131ff.; Weiß, U., Die frommen Bürger von Erfurt, 1988; Geschichte der
Stadt Erfurt, hg. v. Gutsche, W., 1989; Erfurt 742-1992. Stadtgeschichte,
Universitätsgeschichte, hg. v. Weiß, U., 1992; Märker, A., Geschichte der
Universität Erfurt, 1993; Erfurt – Geschichte und Gegenwart, hg. v. Weiß, U.,
1995; Wolf, S., Erfurt im 13. Jahrhundert, 2005.
Ermland (Hochstift, Fürstbistum). Das dem
altpreußischen Gau Warmien entsprechende E. in Ostpreußen erstreckt sich
dreieckig vom Frischen Haff nach Südosten bis zur Masurischen Seenplatte. Das
am 28./29. 7. 1243 gegründete Bistum Warmien/E. reichte darüber hinaus vom
Pregel im Osten bis zur Drausensee im Westen. Ein Drittel des Bistums
(Braunsberg, Heilsberg, Rößel, Allenstein) kam 1251 durch Vertrag mit dem
Deutschen Orden, von dem die Bischöfe bis 1464 in weltlichen Angelegenheiten
abhängig waren, unter die Herrschaft des Bischofs (in Braunsberg, später
Heilsberg) und des Domkapitels (in dem kleinen Frauenburg). Das Bistum selbst
unterstand von 1245 bis 1566 dem Erzbistum Riga. Seit 1478/1479 musste jeder
Bischof dem König von Polen einen Treueid
leisten. Im zweiten Thorner Frieden von 1466 und endgültig 1479 fiel das E.
unter die Herrschaft Polens, 1772 gelangte es an Preußen. Dass das Ermland bei
dem Übertritt des letzten Hochmeisters des Deutschen Ordens zum Protestantismus
katholisch blieb, beruhte darauf, dass der Bischof nicht im Deutschen Orden
inkorporiert war, also - anders als die anderen drei Bischöfe von Culm,
Pomesanien und Samland - dem Hochmeister in dieser Frage keinen Gehorsam
schuldete. Bis 1918 war das Bistum E. exemt, danach Suffragan von Breslau. 1945
wurden von den acht Domherren sechs erschossen oder nach Russland verschleppt,
der Bischof von Kardinal Hlond aus dem Bistum gelockt.Seit 1945 stand E. unter
der Verwaltung Polens, an das es 1990 als politische Folge der deutschen
Einheit kam. Das Bistum wurde zum Erzbistum mit Sitz in Allenstein (Olsztyn)
erhoben.
L.: Die Territorien des Reichs 2, 206; Monumenta historiae Warmiensis, Bd. 1ff.
1861ff.; Röhrich, V., Geschichte des Fürstbistums Ermland, 1925; Perk, H.,
Verfassungs- und Rechtsgeschichte des Fürstbistums Ermland, 1931; Schmauch, H.,
Das staatsrechtliche Verhältnis des Ermlandes zu Polen, Altpreuß. Forsch. 11
(1934), 153; Schumacher, B., Geschichte Ost- und Westpreußens, 7. A. 1987;
Unser Ermlandbuch, 1967; Poschmann, B., Ermland, LexMA 3 1986, 2159; Höfe und
Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 530.
Ervendorf, Erbendorf (Reichsdorf). Am 8. 9. 1281
verpfändete König Rudolf von Habsburg
E.(Erbendorf) für 300 Mark an den Burggrafen von Nürnberg. Am 15. 5. 1300
bestätigte König Albrecht die Verpfändung. S.
Bayern.
L.: Hugo 456.
Erzenberg (Schwarzenberg, Schwertzenberg). König Ruprecht bestätigte am 26. 2. 1409 dem Eberhard
von Ramschwag die Reichspfandschaft der freien Leute zu Schwartzenberg (S.). S.
Schwertzenberg, Erzenberg (bei Schwellbrunn in der Schweiz).
L.: Hugo 474, 473.
Eschwege (Reichsstadt). E. an der Werra wird
973/974 (Eskiniwach) als Königshof erstmals
erwähnt. Die im Anschluss an das vermutlich bald nach 1000 von Kaiser Ottos
III. Schwester Sophie gegründete Stift entstandene Stadt war bis 1249/1250
Reichsstadt in Thüringen. 1264 kam sie an die Landgrafen von Hessen, die sie
dem Reich zu Lehen auftrugen und auf die Belehnung mit E. und die Reichsburg
Boyneburg ihre Erhebung zu Reichsfürsten gründeten, war aber bis 1433/1436
umstritten (1385 Thüringen, Mainz). Von 1627 bis 1834 gehörte E. zur
Rotenburger Quart Hessen-Kassels. Von 1866 bis 1945 war es Teil Preußens und
kam danach zu Hessen.
L.: Wolff 254; Schmincke, J., Geschichte der Stadt Eschwege. Mit Berichtigung
und Ergänzungen neu hg. v. Stendell, E., 1922/1923; Bruchmann, K., Der Kreis
Eschwege. Territorialgeschichte der Landschaft an der mittleren Werra, 1931;
Eckhardt, W., Eschwege 1769, 1959; Eckhardt, K., Eschwege als Brennpunkt
thüringisch-hessischer Geschichte, 1964; Heinemeyer, K., Der Königshof Eschwege in der Germar-Mark. Untersuchungen
zur Geschichte des Königsgutes im
hessisch-thüringischen Grenzgebiet, 1970; Die deutschen Königspfalzen, hg. v. Max-Planck-Institut für Geschichte, Bd. 1
1984, 98ff.; Hofmeister, K., Die Arbeiterbewegung in Eschwege (1885-1920),
1987; Heinemeyer, K., Eschwege, LexMA 4 1989, 11.
Eschwege (Reichsstift). Ein Königshof E. wird erstmals 973/974 erwähnt. Er wurde
wahrscheinlich dem bald nach 1000 von Kaiser Ottos III. Schwester Sophie
gegründeten Kanonissenstift St. Cyriax übertragen. Dieses kam 1039 von der
Stifterin an das Stift Gandersheim, 1075 durch König
Heinrich IV. an das Hochstift Speyer und 1213 durch Tausch wieder an das Reich.
1527 wurde es in Hessen säkularisiert.
L.: Schmincke, J., Geschichte der Stadt Eschwege. Mit Berichtigung und
Ergänzungen neu hg. v. Stendell, E., 1922/1923; Bruchmann, K., Der Kreis
Eschwege. Territorialgeschichte der Landschaft an der mittleren Werra, 1931;
Eckhardt, W., Eschwege 1769, 1959; Eckhardt, K., Eschwege als Brennpunkt
thüringisch-hessischer Geschichte, 1964; Heinemeyer, K., Der Königshof Eschwege in der Germar-Mark. Untersuchungen
zur Geschichte des Königsgutes im
hessisch-thüringischen Grenzgebiet, 1970; Die deutschen Königspfalzen, hg. v. Max-Planck-Institut für Geschichte, Bd. 1
1984, 98ff.; Löwenstein, U., Ein Drittel vom Viertel - Hessen-Eschwege in der
Quart, Zs. d. Ver. f. hess. Geschichte und Landeskunde 94 (1989); Heinemeyer, K.,
Eschwege, LexMA 4 1989, 11.
Eschweiler (Edelherren). E. bei Aachen wird 828/830
erstmals als zur Pfalz Aachen gehöriger Königshof
Ascivilaris genannt. Es kam später an das Domstift Köln und war Sitz einer Familie
von Edelherren. 1420 fiel es durch Verkauf an das Herzogtum Jülich. Über
Preußen kam E. 1946 zu Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 322; Kaemmerer, W., Eschweiler in seiner Geschichte, Bd. 1, 2 1964ff.
Essen (Reichsabtei, gefürstete Abtei, Residenz).
E. wird anlässlich der Errichtung des adligen Damenstifts Maria, Cosmas und
Damian auf einem ehemaligen Königshof durch
(Bischof) Altfrid (von Hildesheim) um 846 (?) (860 ?) erstmals erwähnt
(Asnidi). Gefördert durch die Ottonen schuf sich das seit 874/947 zur
Reichsabtei gewordene Stift, dessen Vögte nacheinander die Grafen von Berg, die
Grafen von der Mark (1288), die Herzöge von Jülich-Kleve-Berg und seit
1609/1648 die Markgrafen von Brandenburg waren, eine kleine Herrschaft zwischen
Emscher und Ruhr (seit etwa 1300 Mittelpunkt in Borbeck). Zu ihr gehörte die
Stadt Essen, deren Bestrebungen um Reichsunmittelbarkeit 1399 und endgültig
1670 zunichtegemacht wurden. Insgesamt hatte E., dessen Äbtissin 1228 als
Reichsfürstin bezeichnet wurde, rund 3000 Bauernhöfe um E., im Vest
Recklinghausen, am Hellweg um Breisig und bei Godesberg. Durch einen
Erbvogteivertrag mit den Herzögen von Kleve-Mark (1495) wurde E. politisch von
diesen abhängig. 1802/1803 kam die 3 Quadratmeilen große Abtei nach der Säkularisation
an Preußen, gehörte aber von 1806/1807 bis 1813 zum Großherzogtum Berg. 1946
fiel E. an Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 335; Zeumer 553 II a 37, 10; Wallner 704 WestfälRK 33; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) D3, III 22 (1648) C3, III 38 (1789) B2;
Beiträge zur Geschichte von Stadt und Stift Essen, Jg. 1, 1881ff.; Hoederath,
H., Die Landeshoheit der Fürstäbtissinnen von Essen, Beiträge zur Geschichte
von Stadt und Stift Essen 43 (1926); Schulteis, K., 5 Karten zur Geschichte von
Altenessen und seiner Umgebung, 1928; Hübinger, P., 1100 Jahre Stift und Stadt
Essen, Beiträge zur Geschichte von Stadt und Stift Essen 68 (1952); Zimmermann,
W., Das Münster zu Essen, 1956; Weigel, H., Studien zur Verfassung des
Frauenstifts Essen, 1960; Küppers, L./Mikat, P., Der Essener Münsterschatz,
1966; Historischer Atlas der Stadt Essen, hg. v. Bronczek, W., 1966; Brand, J.,
Geschichte der ehemaligen Stifter Essen und Werden während der Übergangszeit
von 1806-1813 unter besonderer Berücksichtigung der großherzoglich-bergischen
Justiz und Verwaltung, 1971; Bettecken, W., Stift und Stadt Essen, 1988;
Schoppmeyer, H., Essen, LexMA 4 1989, 22; 1150 Jahre Stift und Stadt Essen,
2002; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini,
W., 2003, 1, 708, 1, 2, 183; Gründerjahre, hg. v. Borsdorf, U. u. a., 2005;
Essener Urkundenbuch. Regesten der Urkunden des Frauenstifts Essen im
Mittelalter, Bd. 1 bearb. v. Schilp, T., 2010 (697 Regesten, 13 Volltexte).
Estland (Landschaft, Republik). Das von den finno-ugrischen
Esten besiedelte E. am Finnischen und Rigaischen Meerbusen wurde von 1207 bis
1227 vom Schwertbrüderorden und Dänemark erobert. Der König
von Dänemark verkaufte seinen Anteil 1346 für 19000 Silbermark an den Deutschen
Orden. 1561 suchte die Ritterschaft Schutz vor russischen Einfällen unter der
Herrschaft Schwedens, das 1580 die Rückeroberung begann und 1584 die vier
Landschaften Harrien, Wierland, Jerwen und Wieck (Wiek) zum Herzogtum E.
(Esthen) erhob. 1710 eroberte Russland die Provinz E. 1721 kam E. als Provinz
(Gouvernement) an Russland. Die am 24. 2. 1918 ausgerufene baltische Republik
E. (Gouvernement E. und das von Esten bewohnte Nordlivland) wurde am 6. 8. 1940
der Sowjetunion eingegliedert. Am 16. 11. 1989 verkündete E. seine Souveränität.
Am 6. 9. 1991 erkannte der neue sowjetische Staatsrat die Unabhängigkei
Estlands an.
L.: Kraus, H., Grundriss der Geschichte des estnischen Volkes, 1935; Wittram,
R., Baltische Geschichte. Die Ostseelande Livland, Estland, Kurland 1180-1918,
1954; Kaelas, A., Das sowjetisch besetzte Estland, 1958; Rauch, G. v.,
Geschichte der baltischen Staaten, 1970; Von den baltischen Provinzen zu den
baltischen Staaten, Beiträge zur Entstehungsgeschichte der Republiken Estland
und Lettland 1918-1920, hg. v. Hehn, J. v./Rimscha, H. v./Weiss, H., 1977;
Blumfeldt, E./Loone, N., Bibliotheca Estoniae historica, 1987; Mühlen, H. v.
zur, Esten, Estland, LexMA 4 1989, 32ff.
Falkenstein (Herrschaft, Ganerbschaft). Nach der
erstmals 1330 erwähnten, anstelle der Burg Nürings errichteten Burg
Neu-Falkenstein wurde die Herrschaft F. im Taunus benannt, die nach dem
Aussterben der Reichsministerialen von Münzenberg (1255) an die Linie F. der
reichsministerialischen Herren von Bolanden fiel. Die Herren von F. saßen nicht
auf der Burg, die sich bald zu einer Ganerbenburg entwickelte. 1271 spaltete
sich die Familie in die Linien Butzbach und Lich. Kurz nach 1350 gingen in
Auseinandersetzungen mit den Grafen von Hanau um das Münzenberger Erbe Güter
verloren. Die Burg befand sich 1350 im Besitz der Herren von Sponheim, die sie
an die Grafen von Hohenlohe vererbten. Im späten 14. Jahrhundert (1385) kam die
Herrschaft über die Erbtochter unter die Lehnshoheit der Grafen von
Nassau-Weilburg, die den Ganerben, den Herren von Kronberg und den Hattstein,
ihre ererbten Teile neu verlehnten. 1418 erlosch das Geschlecht F. Die Güter Königstein, Neufalkenstein, Vilbel, Dreieichenhain,
Anteile an der Burg Kalsmunt bei Wetzlar, Butzbach, Lich, Münzenberg, Hungen
kamen an die Grafen von Solms und die Herren von Eppstein. 1773 fiel die Burg
F., die 1679 an die Herren von Bettendorf gelangt war, als erledigtes Lehen an
Nassau zurück. Über Nassau kam F. 1866 an Preußen und 1945 an Hessen.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) E3; Uhlhorn, F., Geschichte der
Grafen von Solms im Mittelalter, 1931; Demandt, K., Geschichte des Landes
Hessen, 2. A. 1972, Neudruck 1980; Hasselbach, W., Burg Falkenstein im Taunus,
1962; Löffler, A., Die Herren und Grafen von Falkenstein, 1994.
Farfa (Reichsabtei). Die um 700 von dem
fränkischen Mönch Thomas zwischen Rom und Rieti gegründete, rasch sehr
begüterte Abtei erhielt 775 die Immunität. 967 festigte Kaiser Otto I. die
Bindung an den deutschen König. Letztmals
erfolgreich machte Kaiser Friedrich I. Reichsrechte geltend. Danach ging F. als
päpstliches Eigenkloster im Kirchenstaat auf.
L.: Zielinski,
H., Farfa, LexMA 4 1989, 295ff.; Stroll, M., The Medieval Abbey of Farfa, 1997;
Farfa, hg. v. Dondarini, R., 2006.
Feltre (Stadtkommune). Das auf das antike
Feltria zurückgehende F. an einem Nebenfluss des Piave wurde vom 10. bis 13.
Jahrhundert von seinen Bischöfen beherrscht. 1440 fiel es an Venedig, 1797 an
Österreich, 1805 an das napoleonische Königreich
Italien, 1814 wieder an Österreich und 1859/1860 schließlich an Sardinien (1861
Italien).
L.: Großer Historischer Weltatlas II 48 E2; Silvestri, G., Feltre, (in) Le Vie
d'Italia 60 (1954).
Feuchtwangen (Reichsabtei). Das wahrscheinlich im 8.
Jahrhundert von einem Grundherren gegründete und dann an Karl den Großen
gegebene Benediktinerkloster F. (fiuhtin-wang) bei Ansbach wird 817 erstmals
erwähnt. Es wurde zur Reichsabtei, erscheint aber ab 1197 nur noch als ein
Kollegiatstift. Die Vogtei verlieh der Bischof von Augsburg im Namen des Königs, unter anderem an die Grafen von Oettingen.
1376 verpfändete Kaiser Karl IV. Stift und Vogtei an die Burggrafen von
Nürnberg. 1563 wurde das Stift aufgehoben.
L.: Schaudig, W., Geschichte der Stadt und des ehemaligen Stiftes Feuchtwangen,
1927; Ramisch, H., Landkreis Feuchtwangen, 1964.
Finale, Finale Ligure (Herrschaft). F. an der
Riviera di Ponente ist 1190/1193 Herrschaftsgebiet der Familie Del Carretto.
Die Eigenständigkeit wurde von Genua bestritten. 1598 wurde die Herrschaft von
Sforza Andrea del Carretto an Spanien verkauft. 1713 wurde F. vom Reich, an das
es gelangt war, für 3 Millionen Gulden an Genua verkauft, das 1815 mit dem Königreich Sardinien (1861 Italien) vereinigt wurde.
L.: Lessico
universale Italiano, Bd. 7 Rom 1971, S. 713f.; Enciclopedia Italiana, Bd. 15 1932,
S. 384-386; Edelmayer, F., Maximilian II., Philipp II. und Reichsitalien. Die Auseinandersetzung um das Reichslehen
Finale in Ligurien, 1988.
Flandern (Grafschaft). Der im frühen 8.
Jahrhundert erstmals belegte Name F. (Flachland) bezeichnete vom 9. Jahrhundert
an eine Grafschaft zwischen Schelde, Canche und Nordsee. 843 kam das Gebiet zum
westfränkischen Reich. Die Grafschaft war französisches Lehen der Familie der
Balduine (Kronflandern bzw. Kron-Flandern), von denen Balduin I. Schwiegersohn
Karls des Kahlen war, und reichte im Osten bis Gent und Kortrijk, an der
Nordseeküste bis Boulogne. Unter Arnulf I. (918-965) kam Artois hinzu. 1056
belehnte Kaiser Heinrich III. Graf Balduin V. mit dem nördlichen Land der vier
Ambachten und der Landschaft Aalst östlich der Schelde (Reichsflandern bzw.
Reichs-Flandern), wovon das Mündungsgebiet der Schelde und die Mark Antwerpen
behauptet wurden. 1107 gewannen die Grafen die Schutzherrschaft über das
Hochstift Cambrai. 1191 ging F. über die Erbtochter an einen Grafen des
Hennegaus über. Der Versuch des französischen Königs,
F. nach 1214 fester an sich zu binden, scheiterte 1302 (Niederlage von
Kortrijk). 1262 erlangten die Grafen von F. die Grafschaft Namur. 1384/1385 kam
F. mit Artois nach dem Aussterben der hennegauischen Grafen bzw. des seit 1278
regierenden Hauses Dampierre über die Erbtochter an das Herzogtum Burgund und
1477 mit Burgund über Maria von Burgund an Habsburg, wobei Artois zwischen
Habsburg und Frankreich umstritten blieb. 1556 wurde F. der spanischen Linie
Habsburgs zugeteilt. Der Norden fiel 1648 an die Republik der Vereinigten
Niederlande (Generalstaaten, (Staatsflandern: Das freie Land von Sluis mit den
Städten Sluis, Aardenburg und Oostburg (Dostburg), dem Amt Aardenburg, einem
Teil der Grafschaft Middelburg und dem Amt Oostburg (Dostburg), der Insel
Cadzand (Razand), Stadt und Amt Ysendyk (Ijzendijke) und der Stadt Biervliet
und das Hulsteramt). Artois und andere flandrische Gebiete kamen 1659/1668/1678
an Frankreich (das Quartier des Freilandes mit den Städten und Kastellaneien
Grevelingen [Gravelingen], Bourbourg und Bergues, das Quartier Cassel mit der
Stadt und Kastellanei Cassel und der Kastellanei Bailleul und das Quartier oder
Land l'Isle oder Lille mit der Stadt und Kastellanei Lille und den Ämtern
Orchies und Douai [Donay]). 1714 gelangte das verbliebene F. mit einem Teil der
spanischen Erbschaft an Österreich, 1794 an Frankreich, 1814 an die Niederlande
und 1830 überwiegend an Belgien.
L.: Wolff 58f.; Wallner 701 BurgRK 1; Großer Historischer Weltatlas II 66
(1378) B3; Vanderkindere, L., La formation territoriale des principautés
belges, Bd. 1f. 2. A. 1902; Curs, O., Deutschlands Gaue im zehnten Jahrhundert,
1908, 7 (Veltem); Sproemberg, H., Die Entstehung der Grafschaft Flandern, 1935,
Neudruck 1965; Geschiedenis van Vlaanderen, hg. v. Roosbroeck, R. van, Bd. 1ff.
1936ff.; Flandria nostra, redig. v. Broeckx, J. u. a. Bd. 1ff. 1957ff.;
Gysseling, M., Toponymisch Woordenboek, 1960; Polenz, P. v., Landschafts- und
Bezirksnamen, 1961, III, 1, 3, 27, Flandrun, Flamingun, Bevölkerungsname;
Domke, H., Flandern, das burgundische Erbe, 1964; Roosbroeck, R. van,
Geschichte Flanderns, 1968; Moreau, J., Dictionnaire de géographie historique,
1972, 117; Allgemene Geschiedenis der Nederlanden (neue Ausgabe), Bd. 1ff.
1980ff.; Berings, G., Flandern, LexMA 4 1989, 514ff.; Nicholas, D., Medieval
Flanders, 1992; Mohr, W., Die Vorgeschichte der Grafschaft Flandern, 1994.
Flochberg (Burg, Herrschaft). Die Burg der 1138
erstmals erwähnten Herren von F. war 1145 castrum regis. 1330 verlehnte Kaiser
Ludwig der Bayer die zerstörte Burg an die Grafen von Oettingen. 1347
verpfändete König Karl IV. F. an die Grafen.
1806 kam es mit Oettingen an Bayern, 1810 an Württemberg und damit 1951/1952 zu
Baden-Württemberg. S. Oettingen-Flochberg.
L.: Wolff 177; Der Ostalbkreis, 1978.
Florenz (Stadt, Stadtkommune, Herzogtum), ital.
Firenze. Nach prähistorischen und etruskischen Vorläufern entstand vermutlich
im zweiten vorchristlichen Jahrhundert das römische Florentia am Arno, das um
200 n. Chr. vielleicht 10000 Einwohner hatte. Im 4. Jahrhundert wurde es Sitz
eines Bischofs, in langobardischer Zeit Sitz eines Herzogs und unter den
Ottonen Sitz eines Grafen. Noch vor 1115 setzte der Kampf um die
Selbständigkeit ein. 1125 unterwarf F. Fiesole. 1138 sind consules (Konsuln)
nachweisbar. Im 13. und 14. Jahrhundert wurde die Stadt mit ihrer bedeutenden
Tuchherstellung führende Macht im mittleren Italien und zählte 1348 etwa 120000
Einwohner. Ihre Währung (Florentiner) gewann als Gulden (abgekürzt fl.)
Bedeutung weit über Florenz hinaus. 1406 wurde Pisa erobert, 1421 Livorno
erworben. 1434 kam die Familie Medici an die Macht, die 1531 von Kaiser Karl V.
zu Herzögen erhoben wurde. 1737 fiel das Herzogtum an Österreich, 1801 als Hauptstadt
an das Königreich Etrurien Frankreichs, von 1808
bis 1814 an Frankreich, von 1814 bis 1859 an Österreich und schließlich an
Sardninien bzw. 1861 an das Königreich Italien,
dessen Hauptstadt es von 1865 bis 1879 war.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 48 (1300) D3, II 78 (1450) G5; Davidsohn,
R., Geschichte von Florenz, Bd. 1ff. 1896ff., Neudruck 1969; Caggese, R., Firenze dalla decadenza
di Roma al Risorgimento, Bd. 1ff. 1912ff.;
Panella, A., Storia di Firenze, 1949; Nardi, J., Istorie della città di
Firenze, 1958; Lopes Pegna, M., Firenze dalle origini al medioevo, 1962;
Bargellini, P., La splendida storia di Firenze, 1966; Grote, A., Florenz,
Gestalt und Geschichte eines Gemeinwesens, 2. A. 1968; Raith, W., Florenz vor
der Renaissance. Der Weg einer Stadt aus dem Mittelalter, 1976; Hale, J., Die
Medici und Florenz, 1979; Brucker, G., Firenze 1138-1737, 1983; Firenze e la
Toscana dei Medici nell’Europa, hg. v. Garfagnini, G., 1983; Panella, A.,
Storia di Firenze, 1984; Luzzati, M., Firenze e la Toscana nel Medievo, 1986;
Cardini, F., Florenz, LexMA 4 1989, 554ff.; Bouboullé, G., Florenz, 1989;
Brucker, G., Florenz in der Renaissance, 1990; Reinhardt, V., Florenz zur Zeit
der Renaissance, 1990; Cohn, S., Creating the Florentine State, 1999; Zumhagen,
O., Religiöse Konflikte und kommunale Entwicklung, 2001; La Roncière, C.,
Firenze e le sue campagne nel Trecento, 2005; Najemy, J., A History of Florence
1200-1575, 2006; Klapisch-Zuber, C., Retour à la cité. Les magnats de Florence 1340-1440, 2006;
Ciapelli, G., Fisco e società a Firenze nel Rinascimento, 2009; Gualtieri, P.,
Il Commune die Firenze tra Due e Trecento, 2009.
Franken (Herzogtum). Nach dem Zerfall des
karolingischen Reiches konnte sich in dem Gebiet zwischen Neckar und Eder,
Thüringerwald und Rhein ein fränkisches Stammesherzogtum, wie sich dies
angeboten hätte, nicht ausbilden. 939 wurde das Land unmittelbar dem König unterstellt. Im 12. Jahrhundert entstanden im
Westen zahlreiche kleinere Herrschaften (Pfalz, Nassau, Hessen, Katzenelnbogen,
Hanau, Mainz, Worms, Speyer), so dass der Name F. rasch verschwand. Im Osten
beanspruchte der Bischof von Würzburg seit Anfang des 12. Jahrhunderts
herzogliche Rechte. Auf Grund gefälschter Urkunden wurden sie ihm von Kaiser
Friedrich I. 1168 bestätigt. In der Folge festigte sich für dieses östliche
Gebiet der Name F., obwohl der Bischof von Würzburg die Herzogsgewalt nicht
über das Hochstift hinaus auf Bamberg, Fulda, Henneberg, Castell, Nürnberg und
Hohenlohe auszudehnen vermochte. Erst in der Errichtung des fränkischen
Reichskreises wurde dieses östliche F. lose vereint. 1633 wurden die Hochstifte
Würzburg und Bamberg als Herzogtum F. an Herzog Bernhard von Weimar als Lehen
Schwedens gegeben, aber bereits 1634 wieder verselbständigt. 1803/1806 kamen die
fränkischen Herrschaften überwiegend an Bayern, das 1837 drei Regierungsbezirke
als Unterfranken (Würzburg), Oberfranken (Bayreuth) und Mittelfranken (Ansbach)
benannte.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 34 (1138-1254) F4; Zimmermann, G.,
Franken, (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Stein, F., Geschichte
Frankens, Bd. 1f. 1885f., Neudruck 1966; Wittmann, L., Landkarten von Franken
aus der Zeit von 1490-1700, 4. Lief. 1940-42, 1952; Historischer Atlas von
Bayern, hg. v. d. hist. Komm. f. bayer. Landesgeschichte, Teil Franken, Reihe I
1952ff., Reihe II 1954ff.; Hofmann, H., Franken am Ende des alten Reichs
(1792), 1954/6; Hofmann, H., Franken seit dem Ende des alten Reiches
(1790-1945), (in) Historischer Atlas von Bayern, Teil Franken, Reihe II, 1, 1a,
1955/6; Franken, hg. v. Scherzer, C., 1959ff.; Brod, W., Frankens älteste
Landkarte. Ein Werk Sebastians von Rotenhan, Mainfränk. Jb. 11 (1959);
Bonacker, W., Grundriss der fränkischen Kartographie des 16. und 17.
Jahrhunderts, Mainfränk. Hefte 33 (1959); Spindler, M., Franken 1500-1818, (in)
Handbuch der bayerischen Geschichte Bd. 3, 1 3. A. 1997; Polenz, P. v.,
Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, II, 22, 30, 27, 51, 52, 77, 94; Moraw, P.,
Franken als königsnahe Landschaft im späten
Mittelalter, Bll. f. dt. LG. 122 (1976), 123ff.; Wendehorst, A., Die geistliche
Grundherrschaft im mittelalterlichen Franken, (in) Die Grundherrschaft im
späten Mittelalter, Bd. 1-2, hg. v. Patze, H., 1983; Fried, P., Die Entstehung
der Landesherrschaft in Altbayern, Franken und Schwaben im Lichte der
historischen Atlasforschung, (in) Land und Reich, Stamm und Nation, FS M.
Spindler, 1984; Friedrich der Große, Franken und das Reich, hg. v. Duchhardt,
H., 1986; Fränkische Reichsstädte, hg. v. Buhl, W., 1987; Wendehorst, A.,
Franken, LexMA 4 1989, 728ff.; Pleticha, H., Franken und Böhmen, 1990; Guth,
K., Konfessionsgeschichte in Franken 1555-1955, 1990; Lubich, G., Auf dem Weg
zur „Güldenen Freiheit“, 1996; Franken von der Völkerwanderungszeit bis 1268,
bearb. v. Störmer, W., 1999; Merz, J., Fürst und Herrschaft. Der Herzog von
Franken und seine Nachbarn 1470-1519, 2000; Tittmann, A., Der ehemalige
Landkreis Hassfurt, 2003; Franken im Mittelalter, hg. v. Merz, J. u. a., 2004;
Nachdenken über fränkische Geschichte, hg. v. Schneider, E., 2005; Petersohn,
J., Franken im Mittelalter, 2008; Blessing, W., Kleine Geschichte Frankens,
2008.
Frankfurt (Reichsstadt, Großherzogtum, freie
Stadt). Im verkehrsgünstig gelegenen Stadtgebiet von F. am Main fanden sich Siedlungsreste
aller seit der jüngeren Steinzeit im Rhein-Maingebiet nachgewiesenen Kulturen.
In römischer Zeit bestand unter anderem die Siedlung Nida zwischen Heddernheim
und Praunheim, die vielleicht eine keltische Siedlung fortsetzte. Der Name F.
wird dann erstmals 794 erwähnt (Franconofurt). Aus der damit bezeichneten
karolingischen Pfalz nördlich des Mains entwickelte sich bis zum 12.
Jahrhundert eine Marktsiedlung, zu der umfangreiches Königsgut
gehörte (z. B. die Dreieich südlich des Maines), in der eine Herbstmesse
stattfand und die um die Mitte des 12. Jahrhunderts ummauert wurde (1189
Schultheiß, 1194 Schöffen [iudicii]. Schon 856 und 887 und häufig seit dem 12.
Jahrhundert war F., das bis 1378 etwa 300mal vom König
aufgesucht wurde, Ort von Königswahlen (zwischen
1147 und 1356 15 von 20 Wahlen, zwischen 1356 und 1806 alle Wahlen bis auf 5),
seit 1563 auch Ort der Krönung. Das Recht der Stadt F., deren älteste
überlieferte gerichtliche Entscheidung aus dem Jahre 1222 stammt, war
vorbildlich für das Umland (Friedberg, Gelnhausen, Hanau, Limburg, Wetzlar),
wurde aber erst 1297 (Weistum über Pfahlbürger für Weilburg) aufgezeichnet.
Seit 1300 entwickelte sich der Ort zu einem zentralen europäischen
Handelsplatz, dem 1330 eine Frühjahrsmesse verliehen wurde. Seit 1372 war F.
Reichsstadt. Das Herrschaftsgebiet der Stadt blieb aber klein (zwölf Dörfer,
fünf Burgen bzw. Burganteile einschließlich der betreffenden Herrschaften, ein
befestigter Hof und der Stadtwald, wovon auf Dauer aber nur 13 dieser 19 Güter
verblieben). Die Einwohnerzahl betrug 1400 etwa 10000, 1475 etwa 15000. 1509
und 1578 wurde das Frankfurter Recht durch eine romanisierende Reformation
erneuert. 1535 schloss sich F. dem lutherischen Bekenntnis an. 1726/1732 wurde
die Stadtverfassung durch Kaiser Karl VI. neugeordnet. 1792 und 1796 wurde F.
von Frankreich besetzt. Nach § 27 des Reichsdeputationshauptschlusses vom 25.
2. 1803 blieb F. Reichsstadt und wurde für den Verlust seines Anteils an Soden
und Sulzbach entschädigt. Durch Art. 22 der Rheinbundakte (1806) wurden F. und
sein 100 Quadratkilometer umfassendes Gebiet dem Fürstprimas Karl Theodor von
Dalberg (1755-1817), dem letzten Kurfürsten von Mainz und Reichserzkanzler, der
einen aus den Territorien von Regensburg, Aschaffenburg und Wetzlar gebildeten
Staat geschaffen hatte, zugesprochen. Mit dem Fürstentum Fulda ohne Herbstein
und dem Fürstentum Hanau ohne die Ämter Babenhausen, Dorheim, Heuchelheim,
Münzenberg, Ortenberg und Rodheim wurde es mit 95 Quadratmeilen und 302000
Einwohnern am 10./16./19. 2. 1810 unter Verzicht Dalbergs auf Regensburg zum
Großherzogtum F. (mit den Departements F., Hanau, Aschaffenburg, Fulda sowie
der Hauptstadt F.) unter Dalberg vereinigt. Der Thronfolger sollte Napoleons
Stiefsohn Eugene de Beauharnais sein. Am 16. 8. 1810 wurde eine Verfassung
erlassen, 1811 der Code Napoléon eingeführt. Am 28. 10.1813 dankte Dalberg ab.
Das Großherzogtum wurde am bzw. ab 6. 11. 1813 zusammen mit dem Fürstentum
Isenburg und der Niedergrafschaft Katzenelnbogen in ein Generalgouvernement
übergeleitet. Am 14. 12. 1813 wurde F. dank der Vermittlung des Freiherrn vom
Stein eine freie Stadt, die sich eine neue Verfassung gab, und danach Sitz der
Bundesversammlung des Deutschen Bundes (Constitutions-Ergänzungs-Acte vom 19.
7. 1816). Auf dem Wiener Kongress 1815 wurde das Großherzogtum F. aufgelöst.
Fulda (teilweise) und Wetzlar kamen an Preußen, das Fulda 1816 an das
Kurfürstentum Hessen-Kassel überließ, Hanau an das Kurfüstentum Hessen-Kassel,
Aschaffenburg an Bayern. 1848 war F. Sitz der Nationalversammlung. 1856 erhielt
es eine neue Verfassung. Am 18. 7. 1866 wurde es von Preußen besetzt und am 17.
8./22. 9./3. 10. 1866 mit 78000 Einwohnern und einschließlich der Dörfer
Bonames, Bornheim, Hausen, Oberrad, Niederrad und einem Anteil an Niederursel
mit Preußen vereinigt. 1914 gründete die Frankfurter Bürgerschaft eine
Universität. Im zweiten Weltkrieg wurde die Innenstadt fast völlig zerstört. Am
19. 9. 1945 kam F. an Großhessen, das sich seit 1. 12. 1945 Land Hessen nannte.
Hier wurde es zu einem führenden europäischen Bankenplatz und Messeort (u. a.
Buchmesse).
L.: Wolff 291; Zeumer 554 III a 6; Wallner 699 OberrheinRK 47; Großer
Historischer Weltatlas II 34 (1138-1254) F3, II 66 (1378) E3, II 78 (1450) F3,
III 22 (1648) D3, III 38 (1789) B3; Demandt, K., Die Mittelrheinlande, (in)
Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Die Territorien des Reichs 4, 40;
Schroeder 93ff.; Codex diplomaticus Moenofrancofurtanus. Urkundenbuch der
Reichsstadt Frankfurt, hg. v. Böhmer, J. 1836, neubearb. v. Lau, F., 1901ff.;
Thomas, J., Der Oberhof zu Frankfurt am Main, hg. v. Euler, L., 1841; Kriegk,
F., Geschichte von Frankfurt am Main in ausgewählten Darstellungen, 1871;
Darmstädter, P., Das Großherzogtum Frankfurt, 1901; Horne, A., Geschichte von
Frankfurt am Main, 4. A. 1902; Schwemer, R., Geschichte der Freien Stadt
Frankfurt am Main 1814-1866, Bd. 1ff. 1910ff.; Dietz, A., Frankfurter
Handelsgeschichte, Bd. 1ff. 1910ff.; Bothe, F., Geschichte der Stadt Frankfurt
am Main, 3. A. 1929, Neudruck 1966; Kracauer, I., Geschichte der Juden in
Frankfurt am Main 1150-1824, Bd. 1f. 1925ff.; Coing, H., Die Rezeption des
römischen Rechts in Frankfurt am Main, 1939; Hertel, W., Karl Theodor von
Dalberg zwischen Reich und Rheinbund, Diss. phil. Mainz 1952; Die Bürgerbücher
der Reichsstadt Frankfurt am Main 1311-1400, bearb. v. Andernacht, D./Stamm,
O., 1955; Kissel, O., Neuere Territorial- und Rechtsgeschichte des Landes
Hessen, 1961; Demandt, K., Schrifttum zur Geschichte und Landeskunde von
Hessen, Bd. 1 1965, 771ff.; Berichte zur deutschen Landeskunde 37, 2 (1966);
Bilz, W., Die Großherzogtümer Würzburg und Frankfurt, Diss. phil. Würzburg
1968; Schalles-Fischer, M., Pfalz und Fiskus Frankfurt, 1969; Kropat, W.,
Frankfurt zwischen Provinzialismus und Nationalismus. Die Eingliederung der
”Freien Stadt” in den preußischen Staat (1866-1871), 1971; Schneidmüller, B.,
Städtische Territorialpolitik und spätmittelalterliche Feudalgesellschaft am
Beispiel von Frankfurt am Main, Bll.f.dt. LG. 118 (1982), 115ff.; Heitzenröder,
W., Reichsstädte und Kirche in der Wetterau, 1982; Koch, R., Grundlagen
bürgerlicher Herrschaft. Verfassungs- und sozialgeschichtliche Studien zur
bürgerlichen Gesellschaft in Frankfurt/Main (1612-1866), 1983; Reformacion der
Stadt Franckenfort am Meine des heiligen Romischen Richs Cammer anno 1509, hg.
v. Köbler, G., 1984; Die deutschen Königspfalzen,
Bd. 1 Hessen, 1985, 131ff.; Klötzer, W., Frankfurt ehemals, gestern und heute.
Eine Stadt im Wandel, 3. A. 1985; Koch, R., Grundzüge der Frankfurter
Verfassungsgeschichte bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts, (in) Wahl und Krönung
in Frankfurt am Main, 1986; Bund, K., Findbuch zum Bestand Ratswahlen und
Ämterbestellungen in der Reichs- und Freien Stadt Frankfurt am Main,
(1193)-1887, 1989; Gimbel, R., Die Reichsstadt Frankfurt am Main, 1990;
Schwind, F., Frankfurt, LexMA 4 1989, 735ff.; Frankfurt am Main, hg. v. d.
Frankfurter historischen Kommission, 1991; Frankfurt am Main 1200, hg. v. Gall,
L., 1994; Regierungsakten des Primatialstaates und des Großherzogtums Frankfurt,
hg. v. Rob, K., 1995; Fischer, A., Kommunale Leistungsverwaltung im 19.
Jahrhundert, 1995; Roth, R., Stadt und Bürgertum in Frankfurt am Main, 1996;
Weber, M., Verfassung und Reform in Vormärz und Revolutionszeit, Diss. jur.
Frankfurt am Main 1996; Holtfrerich, C., Finanzplatz Frankfurt, 1999; Dzeja,
S., Die Geschichte der eigenen Stadt, 2003; Escher, M. u. a., Die urbanen
Zentren, 2005, 2, 200; Wintergerst, M., Franconofurt, 2007; Adel in Hessen, hg.
v. Conze, E. u. a., 2010.
Frankreich ist der aus den karolingischen Teilungen
(843/887) des in der Völkerwanderungszeit entstandenen fränkischen Reichs im
10. Jahrhundert erwachsende Staat westlich Deutschlands, der im
Hochmittelalter, unter König Ludwig XIV. und
unter Napoleon Bonaparte kulturell und politisch führend in Europa wird. Nach
1945 macht er den Oberrhein zur Sprachgrenze. Seit 1951/1952 verbündet er sich
mit der Bundesrepublik Deutschland, den Niederlanden, Belgien, Luxemburg und
Italien zur die deutsche Rüstungsindustrie kontrollierenden Gemeinschaft für
Kohle und Stahl (Montanunion), der eine europäische Atomunion und eine
europäische Wirtschaftsgemeinschaft folgen. 1993 erwächst hieraus die
Europäische Union mit (1995) 15 bzw. (2004) 25 bzw. (2007) 27 Mitgliedstaaten.
S. u. a. Andlau (Reichsabtei), Arenberg, Artois, Bar, Berg, Besançon, Bitsch,
Bremen, Burgund, Cambrai, Dauphiné, Elsass, Flandern, Freiburg im Breisgau,
Geldern, Germersheim, Hamburg, Hanau-Lichtenberg, Hannover, Homburg,
Kaiserslautern, Lauenburg, Lautern, Leiningen, Lothringen, Lübeck, Lützelstein,
Luxemburg, Metz, Mömpelgard, Murbach (Reichsabtei), Namur, Niederlande,
Oldenburg, Pfalz, Prüm (Reichsabtei), Provence, Rheingrafen, Saarbrücken, Salm,
Salm-Salm, Salm-Kyrburg, Savoyen, Simmern, Speyer, Sponheim, Straßburg, Toul,
Trier, Veldenz, Verdun, Westphalen, Zweibrücken.
L.: Sieburg, H., Grundzüge der französischen Geschichte, 1966; Sieburg, H.,
Geschichte Frankreichs, 4. A. 1989; Koeller, H./Töpfer, B., Frankreich. Ein
historischer Abriss, 3. A. Teil 1.2 1976; Bertier de Sauvigny, G. de, Die
Geschichte der Franzosen (Histoire de France), deutsche Übers. v. Sontheimer,
K., 1980; Mueller, B., Précis d'histoire de France. Abriss der französischen
Geschichte, 2. A. 1981; Sauvigny, G. de Bertier de, Die Geschichte der Franzosen,
1986; Schreiber, H., Frankreichs große Jahrhunderte, 1986; Ehlers, J.,
Geschichte Frankreichs im Mittelalter, 1987; Frankreich-Ploetz. Französische
Geschichte zum Nachschlagen, bearb. v. Loth, W., 2. A. 1988; Contamine, P.,
Frankreich, LexMA 4 1989, 747ff.; Grüner, S./Wirsching, A., Frankreich, 2003;
Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 469.
Freckenfeld (Reichsdorf). Am 22. 1. 1379 verpfändete
König Wenzel dem Kurfürsten Ruprecht von der Pfalz
u. a. das Dorf F. bei Karlsruhe, das Ruprecht aus der Verpfändung an Graf Emich
von Leiningen eingelöst hatte. Über Bayern kam F. 1946 zu Rheinland-Pfalz.
L.: Hugo 465.
Freising (Hochstift, Residenz). Auf dem Boden des
heutigen F. bestand vermutlich schon eine römische Siedlung. Um 700 erbauten
die agilolfingischen Herzöge auf dem Domhügel links der Isar eine 744 erstmals
erwähnte Burg (castrum Frigisinga zu dem Personennamen Frigis). 724 rief Herzog
Grimoald den heiligen Korbinian († 725) nach F., der dort die Anfänge des 1020
erneuerten Klosters Weihenstephan begründete. Um 738/739 errichtete der heilige
Bonifatius das Bistum F. (Bischof Erimbert), welches das obere Isargebiet
(Landshut, Inn, Ammersee, Werdenfels) umfasste und zunächst Mainz, seit 798
Salzburg unterstellt war. Vermutlich hat gegen 765 Bischof Arbeo von F. das
lateinisch-lateinische Synonymenlexikon mit dem Anfangswort Abrogans ins
Althochdeutsche übertragen lassen (erstes erhaltenes althochdeutsches Buch).
Das zum späteren bayerischen Reichskreis gehörige Hochstift hatte
grundherrschaftliche, unter Vogtei der Grafen von Wittelsbach stehende Güter in
Bayern, Tirol (Pustertal), Österreich, Steiermark, Kärnten und Krain, erlangte
im Ringen mit den Herzögen von Bayern die Landesherrschaft (1220
Reichsunmittelbarkeit) aber nur für das Kerngebiet um F. (F., Grafschaften
Ismaning [um 1294], Werdenfels mit Garmisch, Herrschaft Burgrain). 1156 entriss
Heinrich der Löwe dem Hochstift die Zollstelle in Oberföhring (Föhring)
zugunsten Münchens. Die 973 erlangte Grafschaft Cadore im Osten der Dolomiten
wurde 1510 von Venedig annektiert. Seit dem 13. Jahrhundert zählten die
Bischöfe zu den Reichsfürsten. 1802/1803 fielen die Güter an Bayern (mit
Reichsgrafschaft Ismaning, Werdenfels [einschließlich Reichsgrafschaft
Partenkirchen-Mittenwald] und der Herrschaft Burgrain bei Wasserburg, 15
Quadratmeilen, 11919 Einwohner).
L.: Wolff 138; Zeumer 552 II a 16; Wallner 712 BayRK 7; Großer Historischer
Weltatlas II 66 (1378) F4, III 22 (1648) F4; III 38 (1789) D3; Meichelbeck, C.,
Historia Frisingensis, Bd. 1f. 1724ff.; Deutinger, M. v., Beiträge zur
Geschichte, Topographie und Statistik des Erzbistums München und Freising, Bd.
1-13 1850ff.; Mayer, A./Westermayer, G., Statistische Beschreibung des
Erzbistums München-Freising, Bd. 1ff. 1874ff.; Bitterauf, T., Die Traditionen
des Hochstifts Freising, Bd. 1f. 1905ff.; Ammer, A., Der weltliche Grundbesitz
des Hochstiftes Freising, (in) FG zum zwölfhundertjährigen Jubiläum des
heiligen Korbinian, hg. v. Schlecht, J., 1924, 299ff.; Kriechbaum, E., Zur
Kulturgeographie des Freisinger Landes, Dt. Archiv f. Landes- u. Volksforschung
6 (1942), 310; Albrecht, D., Hochstift Freising. Die Grafschaft Werdenfels,
(in) Historischer Atlas von Bayern, Teil Altbayern, 1955; Alckens, A.,
Freising, Geschichte einer altbayerischen Bischofsstadt, 1964; Stahleder, H.,
Hochstift Freising, Freising, Ismaning, Burgrain, (in) Historischer Atlas von
Bayern, Teil Altbayern, 1974; Beitrag zur Geschichte, Topographie und Statistik
des Erzbistums München und Freising, hg. v. Verein für Diözesangeschichte
München und Freising, 1988; Maß, J., Das Bistum Freising im Mittelalter, 1988;
Das Bistum Freising in der Neuzeit, hg. v. Schwaiger, G., 1989; Das Erzbistum
München und Freising im 19. und 20. Jahrhundert, hg. v. Schwaiger, G., 1989;
Stahleder, H., Freising, LexMA 4 1989, 903ff.; Freising, hg. v. Fahr, F., 1989;
Festschrift aus Anlass der Einweihung des Ämtergebäudes für das Amtsgericht und
das Vermessungsamt am Domberg in Freising, hg. v. Gössl, H, 1989; Hagen, D.,
Herrschaftsbildung zwischen Königtum und Adel,
1995; Bauer, R., Monachium Frisingense, Oberbayerisches Archiv 126 (2002), 1;
http://www.bayerische-landesbibliothek-online.de/hsta-freisingertraditionen/
(Cozroh-Codex); Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W., 2003, 1, 535, 1, 2, 194.
Freistadt (Herrschaft). 1142 gab König Konrad dem Kloster Garsten 400 Hufen zwischen
der Aist und der Jaunitz im nördlichen Oberösterreich. Hier entstand das 1241
erstmals genannte F. an der Feldaist. Die zugehörige Herrschaft wurde von
Habsburg meist zu Pfand vergeben (1290-1358 an Wallsee, 1620-1644 an die Grafen
von Meggau). 1644 kam sie über die Slawata an die Kolowrat, 1700 an die Grafen
Harrach und danach durch Heirat an die Fürsten Kinsky. 1750 zählte sie 844
Untertanen.
L.: Wolff 27; Grüll, G., Kurze Geschichte von Freistadt, Bd. 1 1949; Hageneder,
O., Das Land ob der Enns und die Herrschaft Freistadt im späten Mittelalter,
Jb. d. oberösterreich. Musealvereins 127 I (Linz 1982); Marckgott, G.,
Freistadt, LexMA 4 1989, 906.
Fritzlar (Fürstentum). 723 gründete Bonifatius in
F. ein Kloster. Im 11. Jahrhundert ging F., wo seit dem 10. Jahrhundert ein Königshof bestand, von den Konradinern an das Erzstift
Mainz. 1803 fiel es durch § 7 I des Reichsdeputationshauptschlusses als
neugebildetes Fürstentum mit den Ämtern Amöneburg, F., Naumburg und Neustadt an
Hessen-Kassel und damit 1866 an Preußen und 1945 an Hessen.
L.: Wolff 80; Kissel, O., Neuere Territorrial- und Rechtsgeschichte des Landes
Hessen, 1961; Schwind, F., Fritzlar, LexMA 4 1989, 981f.
Fugger (Grafen, Reichsgrafen, Reichsfürsten).
1367 erscheint der Webermeister Hans Fugger aus Graben bei Schwabmünchen in
Augsburg. Seine Nachkommen wurden bereits in der nächsten Generation ratsfähig.
Während die von Andreas Fugger († 1457) begründete Linie F. vom Reh rasch in
Bankrott geriet, erlangte die von Jakob Fugger begründete Linie F. von der
Lilie durch die Fuggersche Handelsgesellschaft (Jakob Fugger der Ältere † 1469),
das Kupfermonopol (Jakob Fugger der Reiche 1459-1525) und auch den Ablasshandel
Weltgeltung. Seit 1504 waren die rasch zu den Bankiers der Päpste und der
Habsburger aufsteigenden F. adlig, seit 1511 Grafen und seit 1514/1525/1530
Reichsgrafen. 1507 verpfändete König Maximilian
I. der Familie die Grafschaft Kirchberg und die Stadt Weißenhorn, 1514
Biberbach in Burgau sowie 1536 die sog. Reichspflege. 1533 erwarben die F. die
Herrschaft Oberndorf, 1537 Babenhausen und Glött, 1551 Kirchheim, 1580
Nordendorf, 1595 Wellenburg, 1597 Welden und 1682 die Herrschaft Hausen (bis
1756). Nach dem Tod Georg Fuggers († 1506) gründeten seine beiden Söhne Raimund
(† 1525) und Anton († 1560), der König der
Kaufleute, der bei seinem Tode 6 Millionen Goldkronen bares Vermögen hinerließ,
zwei Linien. Von Raimund stammen zwei Äste ab, von denen sich der eine in Pfirt
(bis 1846), Sulmetingen (bis 1738) und Adelshofen (bis 1795), der andere in
Weißenhorn (früh erloschen) und Kirchberg teilte. Von den Söhnen Anton Fuggers
leiten sich die Linien Markus (mit Nordendorf, bis 1671), Johann und Jakob ab.
Die Johann-Fuggerische Linie teilte sich in einen Ast, der die Herrschaft
Nordendorf der Markusschen Linie erbte und deswegen - fälschlich - als
Markus-Fuggerischer Ast bezeichnet wurde (mit der Herrschaft Nordendorf, den
Dörfern Ehingen, Lauterbrunn [Lauterbronn], Duttenstein [Dutenstein], Demmingen
[Diemingen], Wagenhofen [Wangerhof]), in den kirchheimischen Ast (mit
Kirchheim, Eppishausen [Eppichhausen], Türkenfeld und Schmiechen [Schmüchen]),
den mickhausischen (mückenhausischen) Ast (mit Mickhausen [Mückenhausen] und
Schwindegg) und den glöttischen Ast (mit Glött, Hilgartsberg [Hilgartschberg],
Oberndorf und Ellgau [Elgau]). Die Jakob-Fuggerische Linie zerfiel in den Zweig
Babenhausen (mit Babenhausen und Boos) und den Zweig Wasserburg bzw. Wellenburg
(mit Wellenburg, Gablingen [Gaiblingen], Biberbach und Rettenbach an der Günz).
Im 18. Jahrhundert bestanden danach vor allem F. zu Nordendorf, Kirchheim,
Mickhausen (Mückenhausen), Wasserburg oder Wellenburg, Glött, Babenhausen und
Boos. Der Zweig Fugger von Babenhausen wurde 1803 in den Reichsfürstenstand
erhoben (Reichsfürstentum Babenhausen). Die Fugger-Babenhausen und Fugger-Glött
wurden 1805/1806 in Bayern mediatisiert, die Fugger-Nordendorf und
Fugger-Kirchberg-Weißenhorn in Württemberg. Von 1560 bis 1805 zählten die F.
wegen der 1551 erworbenen Herrschaften Niederalfingen und Stettenfels (bis
1747) zum Kanton Kocher des Ritterkreises Schwaben.
L.: Wolff 203; Zeumer 553 II b 61, 12; Großer Historischer Weltatlas III 22
(1648) E4, III 38 (1789) D3; Schulz 261; Ehrenberg, R., Das Zeitalter der
Fugger, Bd. 1f. 3. A. 1922; Studien zur Fuggergeschichte, hg. v. Strieder, J.,
Bd. 1-8 1907ff.; Stauber, A., Das Haus Fugger von seinen Anfängen bis zur
Gegenwart, 1960; Pölnitz, G. Frhr. v., Die Fugger, 2. A. 1960, Neudruck 1990;
Unger, E. E., Die Fugger in Hall in Tirol, 1967; Fried, P., Die Fugger in der
Herrschaftsgeschichte Schwabens, 1976; Nebinger, G./Rieber, A., Genealogie des
Hauses Fugger von der Lilie, 1978; Kellenbenz, H., Fugger, LexMA 4 1989,
1010f.; Mandrou, R., Die Fugger als Grundbesitzer in Schwaben, (1969, deutsch)
1997; Häberlein, M., Die Fugger, 2006.
Fulda (Abtei, Reichsabtei, Hochstift,
Fürstentum, Residenz). Das Kloster F. (zu ahd. feld?, aha) an der Fulda wurde
am 12. 3. 744 durch Bonifatius' Schüler Sturmi (Sturmius) auf altem, durch
Einfälle der Sachsen um 700 aber verödetem Siedlungsgebiet, das Bonifatius sich
743 von dem merowingischen Hausmeier Karlmann aus Königsgut
hatte übertragen lassen, als Benediktinerabtei gegründet. 751 wurde es
unmittelbar dem Papst unterstellt, 765 von König
Pippin zur Reichsabtei erhoben und 774 von König
Karl dem Großen mit der Immunität versehen. Im 9. Jahrhundert wurde F. einer
der wichtigsten deutschen Schreiborte (Hildebrandslied, Muspilli, Tatian),
durch dessen Bibliothek wichtige Texte überliefert wurden. 968 erhielten die
Äbte den päpstlichen Primat vor allen Äbten Germaniens und Galliens und 1170
den Titel Reichsfürsten. Der im 9. Jahrhundert von den Alpen bis zur Nordsee
reichende Streubesitz, der für das 12. Jahrhundert noch auf 15000 Hufen bzw.
450000 Morgen geschätzt wurde, schrumpfte (z. B. durch den Verlust von Breuberg
im Odenwald) bis zum 13. Jahrhundert auf eine kleine Herrschaft in der Rhön und
über Brückenau bis Hammelburg in Franken, die aber als geschlossenes Gebiet an
Umfang immer noch die Herrschaftsgebiete anderer Abteien des Reiches übertraf.
Im 15. Jahrhundert gingen die Fuldische Mark und Gersfeld verloren. 1487 musste
fast das gesamte Stiftsgebiet an Mainz und Hessen verpfändet werden. Bei der
Reichskreiseinteilung kam F. zum oberrheinischen Reichskreis. 1626 wurde das
Kloster innerlich erneuert. Von 1632 bis 1634 war es Wilhelm V. von
Hessen-Kassel als Fürst von Buchen übertragen. 1648 verlor F. das letzte
Drittel von Vacha an Hessen-Kassel. Am 5. 10. 1752 wurde für das Stiftsland ein
selbständiges Fürstbistum (1829 als Bistum neu errichtet) eingerichtet. Um 1790
zählte F. wegen Burghaun, Großenmoor, Marbachshöfe (Marbachshof) und
Mahlertshof (Mahlertshöfe), Rothenkirchen, Steinbach, Dalherda, Eichenzell,
Welkers, Geroda, Langenschwarz, Hechelmannskirchen, Köhlersmoor, Schlotzau,
Lütter mit Altenfeld und Hettenhausen, Mansbach, Glaam, Oberbreitzbach,
Wenigentaft, Poppenhausen, Eichenwinden, Farnlieden (Farnliede), Gackenhof,
Hohensteg, Kohlstöcken, Remerz (Remerts), Rodholz, Sieblos, Steinwand,
Tränkhof, Schmalnau, Weyhers, Zillbach und Sannerz mit Weiperz zum Kanton
Rhön-Werra des Ritterkreises Franken. 1802 wurde F. mit 33/37 Quadratmeilen und
90000 Einwohnern säkularisiert und wenig später die 1723/1734 gegründete
Universität aufgehoben. 1803 fiel das Fürstbistum an Nassau-Oranien, 1806 an
Frankreich, 1810 an das Großherzogtum Frankfurt und 1813 unter die Verwaltung Österreichs.
1815 kam es teilweise an Preußen, das es 1816 als Großherzogtum an
Hessen-Kassel überließ, 1866 mit diesem wieder an Preußen, das zugleich von
Bayern die Ämter Gersfeld, Hilders und Weyhers erhielt, 1945 zu Groß-Hessen
bzw. zu dem Land Hessen. Die südlichen Gebiete gelangten 1815 an Bayern, die
östlichen an sächsisch/thüringische Länder, Johannisberg (Johannesberg) im
Rheingau an den Fürsten Metternich. Das Bistum F. wurde 1992/1994 Suffragan von
Paderborn.
L.: Wolff 238; Zeumer 552 II a 27; Wallner 695 OberrheinRK 4; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) E3, III 22 (1648) D3, III 38 (1789) B3;
Riedenauer 129; Die Territorien des Reichs 4, 128; Winkelmann-Holzapfel
149;Kalkoff, P., Die Reichsabtei Fulda am Vorabend der Reformation, Archiv f.
Reformationsgeschichte 22 (1925); Werner-Hasselbach, T., Die älteren
Güterverzeichnisse der Reichsabtei Fulda, 1942; Lübeck, K., Die Fuldaer Äbte
und die Fürstäbte des Mittelalters, 1952; Hilpisch, S., Die Bischöfe von Fulda,
1957; Hoffmann, A., Studien zur Entstehung und Entwicklung des Territoriums der
Reichsabtei Fulda und seiner Ämter, 1958; Stengel, E., Urkundenbuch des
Klosters Fulda, 1958; Stengel, E., Die Reichsabtei Fulda in der deutschen
Geschichte, 1948, 1960; Kissel, O., Neuere Territorial- und Rechtsgeschichte
des Landes Hessen, 1961; Der Landkreis Fulda, hg. v. Stieler, E., 1971; Die
Klostergemeinschaft von Fulda im früheren Mittelalter, hg. v. Schmid, K., Bd.
1ff. 1978; Teuner, R., Die fuldische Ritterschaft 1510-1656, 1982; Hussong, K.,
Studien zur Geschichte der Reichsabtei Fulda bis zur Jahrtausendwende, Arch. f.
Diplomatik 31 (1985), 1ff., 32 (1986), 129ff.; Jäger, B., Das geistliche
Fürstentum Fulda in der frühen Neuzeit, 1986; Raab, H., Das Fürstbistum Fulda
(1752-1802/03), 1989, Archiv. f. mittelrheinische Kirchengeschichte 41;
Rathsack, M., Die Fuldaer Fälschungen, 1989; Hahn, H., Kleine Fulda-Chronik,
1989; Leinweber, J., Die Fuldaer Äbte und Bischöfe, 1989; Weidinger, U.,
Untersuchung zur Grundherrschaft des Klosters Fulda in der Karolingerzeit, (in)
Strukturen der Grundherrschaft im frühen Mittelalter, 1989; Sandmann, M.,
Fulda, LexMA 4 1989, 1020ff.; Fulda im alten Reich, hg. v. Jäger, B., 1994;
Fulda in seiner Geschichte, 1995; Geuenich, D., Die Stellung der Abtei Fulda,
Fuldaer Geschichtsblätter 7 (1995); Meyer zu Ermgassen, H., Der Codex
Eberhardi, Bd. 1ff. 1995ff.; Kloster Fulda, hg. v. Schrimpf, G., 1996; Witzel,
W., Die fuldischen Ministerialen, 1998; Früh, M., Die Lehnsgerichtsbarkeit der
Abtei Fulda, Hess. Jb. f. LG. 49 (1999), 39; Theisen, F., Mittelalterliches
Stiftungsrecht, 2002; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg.
v. Paravicini, W., 2003, 1, 657, 1, 2, 198; Adel in Hessen, hg. v. Conze, E. u.
a., 2010.
Fürstenberg (Grafen, Fürsten, Fürstentum). Die Grafen
und Fürsten von F. leiteten sich von einer fränkischen Grafenfamilie in
Innerschwaben ab, die seit 1070 als Grafen von Urach bezeugt ist. 1218 erbten
sie über Agnes von Zähringen die Güter der Herzöge von Zähringen um Freiburg im
Breisgau sowie in der Baar bzw. im östlichen Schwarzwald (Haslach, Steinach,
Biberach im Kinzigtal) und nannten sich zunächst nach Freiburg und seit etwa
1250 nach der zähringischen, 1175 erstmals erwähnten Burg Fürstenberg
(fürdersten Berg) bei Neudingen in der Nähe von Donaueschingen. Weiter
erhielten sie Lehen der Bischöfe von Straßburg. 1265 mussten sie aus dem
Zähringer Erbe die Grafschaft Urach Württemberg überlassen. Heinrich I. von F.
gewann 1278 Villingen, die Feste F. und die Herrschaft Dornstetten und erhielt
1283 als Vetter König Rudolfs von Habsburg durch
königliche Belehnung die Landgrafschaft Baar.
Von 1286 bis 1386 teilte sich eine jüngere Linie mit Residenz in Haslach im
Kinzigtal ab. Nach 1408 spaltete sich von der Linie Baar die ältere Linie
Kinzigtal ab (bis 1490). 1305 ging Bräunlingen, 1325/1326 Villingen, später
außerdem Freiburg an Habsburg, 1320 Dornstetten an Württemberg verloren, doch
wurde 1488 Eschingen bzw. Donaueschingen gewonnen. Der Verlust von Reichslehen
im Renchtal sowie der Herrschaft Dornstetten wurde durch den Erwerb der
Herrschaft Wolfach ausgeglichen. 1509 reichte die Grafschaft F., die zeitweise
durch mehrere Linientrennungen aufgespalten war, dann aber wieder zusammenkam,
vom Feldberg bis zum Kniebis und von der Donau (Möhringen) bis zum Schönenberg.
Durch Heirat fiel 1534 aus werdenbergischem Erbe die Landgrafschaft
Heiligenberg an, 1627 von den Grafen von Helfenstein die Herrschaften
Wildenstein, Messkirch, Gundelfingen und Neufra, 1636 ein Anteil an Wiesensteig
sowie 1639 die Landgrafschaft Stühlingen mit der Herrschaft Hewen (Hohenhewen),
so dass sich die Güter innerhalb von hundert Jahren insgesamt vervierfachten.
Nach dem Tod Graf Friedrichs II. († 1559) entstanden aus der Baarer Linie die
jüngere Kinzigtaler Linie, von der sich 1614 eine Messkircher und eine
Stühlinger Linie abspalteten und eine Heiligenberger Linie (bis 1716). 1664
wurde die (1716 ausgestorbene und von der Linie Messkirch beerbte) Linie
Heiligenberg in den Reichsfürstenstand erhoben (1667 Sitz und Stimme in der Reichsfürstenbank),
1716 das ganze Haus. 1744 wurden die Güter nach Aussterben der Messkircher
Linie durch die Stühlinger Linie in dem Fürstentum F. mit Residenz in
Donaueschingen zusammengefasst. Am Ende des 18. Jahrhunderts hatten die Fürsten
zu F. weiter die Herrschaften Hausen, Wartenberg, Prechtal, Romberg, Lenzkirch,
Schenkenzell, Waldsberg, Schlatt am Randen, Aulfingen und Hausen vor Wald, die
Stadt Hüfingen, die Obervogteiämter Blumberg, Engen, Haslach, Löffingen,
Möhringen, Neufra, Neustadt, Stühlingen und Trochtelfingen und die Oberämter
Heiligenberg, Hüfingen, Jungnau, Messkirch und Wolfach. Wegen Waldsberg und
Stetten zählten die Fürsten, die bereits 1488 als Grafen Mitglieder der
Rittergesellschaft Sankt Jörgenschild, Teil im Hegau und am Bodensee gewesen
waren, zum Kanton Hegau und wegen Kluftern und Efrizweiler zum Bezirk
(Quartier) Allgäu-Bodensee des Ritterkreises Schwaben. 1804 erlosch die
fürstliche Hauptlinie. Titel und Gut kamen an eine österreichisch-böhmische
Nebenlinie. 1806 wurde F. mit 20000 Quadratkilometern und 100000 Einwohnern
unter Baden, Württemberg und Hohenzollern-Sigmaringen aufgeteilt. Auf 1945
verlorenen böhmischen Nebengütern und in Österreich waren im 19. Jahrhundert
neue Seitenlinien entstanden.
L.: Wolff 171; Zeumer 553 II b 55, 61, 1; Großer Historischer Weltatlas II 66
(1378) E5, III 22 (1648) D5, III 38 (1789) C4; Ruch Anhang 3, 77, 82;
Fürstenbergisches Urkundenbuch, hg. v. Riezler, S./Baumann, F., Bd. 1ff.
1877ff.; Riezler, S., Geschichte des fürstlichen Hauses Fürstenberg bis 1509,
1883; Tumbült, G., Das Fürstentum Fürstenberg von seinen Anfängen bis zur
Mediatisierung im Jahre 1806, 1908; Hölzle, E., Der deutsche Südwesten am Ende
des alten Reiches, 1938; Link, R., Verwaltung und Rechtspflege im Fürstentum
Fürstenberg in den letzten Jahrzehnten vor der Mediatisierung (1744-1806),
Diss. phil. Freiburg, 1942; Bader, K., Der deutsche Südwesten in seiner
territorialgeschichtlichen Entwicklung, 2. unv. A. 1978; Vetter, A., Geschichte
der Stadt Fürstenberg, 1960; Bader, K., Landes- und Gerichtsordnungen im Gebiet
des Fürstentums Fürstenberg (15.-17. Jahrhundert), FS G. Schmelzeisen, 1980, 9;
Eltz, E., Die Modernisierung einer Standesherrschaft, 1980; Asch, R.,
Verwaltung und Beamtentum der gräflich-fürstenbergischen Territorien vom
Ausgang des Mittelalters bis zum schwedischen Krieg (1490-1632), 1986; Eberl,
I., Fürstenberg, LexMA 4 1989, 1037; Die Fürstenberger, 1994; Mauerer, E.,
Südwestdeutscher Reichsadel im 17. und 18. Jahrhundert, 2001.
Gägelhof, Gaigelmar, Gettelmare (freie Leute). Am
26. 2. 1409 bestätigte König Ruprecht dem
Eberhard von Ramschwag als Reichspfandschaften den Zoll zu Lindau, den Hof zu
Kriessern, die freien Leute zu Gägelhof (Gaigelmar, Gettelmare) bei
Schwellbrunn (in der Schweiz), Erzenberg (Schwertzenberg), Baldenwil
(Baldwile), Neunegg (Unegcze), Schwänberg (Swenberg) und Uzwil (Uezwile) (in
der Schweiz).
L.: Hugo 473.
Galizien (Landschaft, Fürstentum, Königreich). Während das Karpatenvorland westlich des
San mit Krakau um 1000 an Polen kam, bildeten sich im Gebiet östlich des San
die Fürstentümer Halitsch (((Halics) und Wladimir (Lodomerien). Davon gewann
Halitsch/Galizien Anschluss an die Entwicklung Böhmens, Polens und Ungarns. Bei
der ersten polnischen Teilung 1772 erhielt Österreich Rotrussland und Teile
Podoliens mit Zamosc, Brody, Lemberg, Tarnopol und Halitsch (Halics) sowie die
Herzogtümer Zator und Auschwitz. Dieses 1280 Quadratmeilen mit 1,2 Millionen
Einwohnern umfassende Gebiet wurde als Königreich
G. und Lodomerien bezeichnet. 1784 wurde nach der Errichtung eines eigenen
Gubernium für G. samt Lodomerien in Lemberg eine Universität geschaffen. 1795
kam bei der dritten polnischen Teilung Kleinpolen mit Krakau, Wieliczka, Rawka,
Sandomir, Radom und Maciejowice (Maziejowice) (insgesamt 46000 Quadratkilometer
mit 1,5 Millionen Einwohnern) als Westgalizien hinzu. 1809 musste dieses
Westgalizien mit Zamosc an das Großherzogtum Warschau, der östliche Teil
Galiziens an Russland abgetreten werden. 1815 kam dieser Teil an Österreich
zurück, während die übrigen 1809 verlorenen Gebiete an Polen fielen. 1846 wurde
der 1815 gebildete Freistaat Krakau einverleibt. 1918 schloss sich der
westliche, 1772 an Österreich gelangte Teil Galiziens (mit Krakau, Tarnów und
Przemyśl) Westgalizien Polen an. Das östliche Galizien mit Lemberg wurde
1919 gewaltsam Polen eingegliedert, 1939 an die Sowjetukraine angeschlossen.
L.: Kratter, F., Briefe über den itzigen Zustand von Galizien, 1786; Traunpaur,
Chevalier d'Orphanie A. H., Dreyßig Briefe über Galizien, 1787; Stupnicki, H.,
Das Königreich Galizien und Lodomerien, 1853;
Ortsrepertorium des Königreiches Galizien und
Lodomerien, 1874; Brawer, A., Galizien, wie es an Österreich kam, 1910;
Seefeldt, F., Quellenbuch zur deutschen Ansiedlung in Galizien unter Kaiser Joseph
II., 1935; Schneider, L., Das Kolonisationswerk Josephs II. in Galizien, 1939;
Rosdolski, R., Untertan und Staat in Galizien, 1992; Mark, R., Galizien, 1994;
Röskau-Rydel, I., Galizien, Bukowina, Moldau, 1999; Bachmann, K., Ein Herd der
Feindschaft gegen Russland, 2001.
Gans von Putlitz (Herren). Putlitz an der
oberen Stepenitz wurde 948 von König Otto I. dem
Bistum Havelberg übertragen. 983 wurde es wieder slawisch. Vermutlich 1147
eroberten die ministerialischen Herren von P. (Gans Edle zu P.) einen Teil der
Prignitz (P., Perleberg, Wittenberge, Lenzen, Pritzwalk, Grabow). Sie übten
hier landesherrliche Rechte aus. Sie mussten aber die Lehnshoheit der Bischöfe
von Havelberg bzw. Grafen von Schwerin (Putlitz) und der Markgrafen von
Brandenburg (Wittenberge) anerkennen. Grabow und Lenzen kamen an die Grafen von
Schwerin, Pritzwalk an die Markgrafen von Brandenburg. Später wurde auch
Perleberg nach Aussterben der dortigen Linie als erledigtes Lehen eingezogen.
S. Brandenburg.
L.: Wolff 386; Wiese, H., Chronik der Stadt Putlitz, ungedruckt; Schultze, J.,
Die Prignitz, 1956.
Gebsattel (Reichsdorf). Vielleicht kurz vor 1100
entstand anlässlich der Gründung des Klosters Comburg (Komburg) durch die
Grafen von Rothenburg an einer Furt über die Tauber der Witwensitz G. Im August
1251 verpfändete König Konrad IV. G. zusammen
mit Rothenburg an Graf Gottfried von Hohenlohe. Später gelangte G. zu Bayern.
L.: Hugo 456.
Gedern (Burg, Herrschaft). G. bei Büdingen kam
780 an Lorsch. Die von den Herren von Büdingen stammenden Herren von Ortenberg
errichteten dort eine Burg. Von ihnen fiel G. an die Herren von Breuberg, die
1316 die Hälfte des Ortes dem Erzstift Trier zu Lehen auftrugen. 1323 gingen
ihre Rechte an die Trimberg, 1376 an die Eppstein-Königstein
und 1535 an die Grafen von Stolberg über. Diese führten die Reformation ein.
Seit 1677 war G. Sitz einer eigenen, 1742 gefürsteten Linie Stolberg-Gedern,
die 1804 von Stolberg-Wernigerode beerbt wurde. 1806 fiel G. an
Hessen-Darmstadt, dann an Isenburg und 1816 wieder an Hessen-Darmstadt und
damit 1945 an Hessen.
L.: Wolff 275; Thomée, H., Chronik der Stadt Gedern, 1956.
Geldern (Grafschaft, Herzogtum, Residenz). Am
Ende des 11. Jahrhunderts (Gerhard Flamens 1033-1057, Graf Gerhard 1061-1067,
nach Lieven Gerhard I. † nach 1033, Gerhardus Flamens † 1082, Gerhard I. von
Wassenberg-Geldern um 1060-um 1129) erscheinen im Raum des Herzogtums
Niederlothringen als Nachkommen der Konradiner die Grafen von G. (1085-1118
auch von Wassenberg bei Erkelenz) mit Sitz in der Burg G. (1096 de Gelre) an
der Niers. Sie hatten Vogteien in G., Erkelenz und Roermond sowie Eigengut
östlich der unteren Maas (Obergeldern). Um 1120 erheiratete Graf Gerhard II.
über Irmgard von Zutphen die durch die Grafschaft Kleve hiervon getrennte Grafschaft
Zutphen an der Yssel/Ijssel und die Herrschaft Arnheim. Später erlangten die
Grafen die Vogtei des Utrechter Marienstifts. 1247 erzwangen sie gegenüber König Wilhelm von Holland die Verpfändung der
Reichsvogtei Nimwegen mit der Reichsstadt Nimwegen (Nijmwegen) (sog. Nimwegener
Reich) und Emmerich, so dass die Grafen ein bedeutendes Herrschaftsgebiet
zwischen Maas und Roer bis zur Zuidersee hatten. Nach der im Kampf um das
schwiegerväterliche Herzogtum Limburg gegen Brabant 1288 erlittenen Niederlage
von Worringen wurden die Grafen von den Ständen abhängig. 1339 erhielt Graf
Reinald II. den Herzogstitel. 1371 starb das Geschlecht im Mannesstamm aus. Im
geldrischen Erbfolgekrieg (1371-1379) fiel G. (1377/1379) an die durch Heirat
verbundenen Grafen bzw. Herzöge von Jülich, wurde nach dem Erlöschen
Jülich-Gelderns im Mannesstamm im Erbwege 1423 unter den von den Ständen
gewählten Grafen von Egmont/Egmond aber wieder selbständig. 1472 verpfändete
Arnold von Egmond das Herzogtum an Karl den Kühnen von Burgund, der es 1473
eroberte, vom Kaiser belehnt wurde und Teile Gelderns an Kleve (u. a. Goch
[1614 Preußen]) gab. Mit Burgund fiel G. nach dem Aussterben der 1492 wieder
selbständig gewordenen Grafen von Geldern (1538) mit den vier Quartieren
Arnheim, Roermond, Zutphen und Nimwegen letztlich an Habsburg, das G. 1543 nach
zeitweiliger Lösung (seit 1538 unter Jülich-Kleve-Berg) den habsburgischen
Niederlanden im burgundischen Reichskreis einverleibte und 1548 dem
burgundischen Reichskreis zuteilte. 1578/1579 löste sich unter dem Statthalter
Johann von Nassau der größte Teil Gelderns (Nimwegen, Zutphen, Arnheim) von
Habsburg und schloss sich den Generalstaaten als Provinz Gelderland an
(Utrechter Union). Der südliche Teil (Oberquartier G. südlich von Kleve um G. und
Venlo, Obergeldern) fiel nach dem 1702 erfolgten Aussterben der Prinzen von
Oranien (König Wilhelm III. von England) als
Ersatz für Oranien) 1713 im Frieden von Utrecht an Preußen (G., Straelen,
Wachtendonck bzw. Wachtendonk, Kessel, Kriekenbeck [Kriekenbeek]). 1715
erwarben die Generalstaaten noch Venlo, Stevensweert und Montfoort (Montfort),
1719 nahm Pfalz-Neuburg Erkelenz, so dass bei den österreichischen Niederlanden
nur Roermond und die Herrschaften Daelenbroeck (Dalenbroek), Swalmen, Wessem
und Elmpt verblieben. Der österreichische Teil wurde 1801, der preußische Teil
1795/1801 an Frankreich abgetreten. 1815 kam der österreichische Teil an die
Niederlande. Der preußische Teil ging bis auf einige Stücke, die an die
Niederlande fielen (Kessel, alles Land eine halbe Meile landeinwärts vom
Maasufer), 1946 in Nordrhein-Westfalen auf.
L.: Wolff 66; Wallner 701 BurgRK 1; Großer Historischer Weltatlas II 6 (1378)
C2, II 78 (1450) F3, III 38 (1789) B2; Nettesheim, L., Geschichte von Stadt und
Amt Geldern, 1863, Neudruck 2. A. 1963; Sloet v. de Beele, L., Oorkondenboek
der graafschappen Gelre en Zutfen, Teil 1ff. 1872ff.; Heidrich, P., Der
geldrische Erbfolgestreit 1537-43, 1896; Gouda Quint, P./Gouda Quint, S.,
Bibliographie van Gelderland, Bd. 1ff. 1910ff.; Holthausen, H., Verwaltung und
Stände des Herzogtums Geldern preußischen Anteils im 18. Jahrhundert, Diss.
phil. Bonn 1916; Heimatbuch des Landkreises Geldern, 1964; Ebe-John, E.,
Geldern, eine niederrheinische Festung, 1966; Jappe Alberts, W., Geschiedenis
van Gelderland, 1966; Der Landkreis Geldern, hg. v. Ebbert, F., 1967; Nikolay,
W., Die Ausbildung der ständischen Verfassung in Geldern und Brabant während
des 13. und 14. Jahrhunderts, 1985; Frankewitz, S., Die geldrischen Ämter
Geldern, Goch und Straelen im späten Mittelalter, 1986; Hövelmann, G., Geldern
- Preußens Maasprovinz (1713-1794), Rhein. Vjbll. 50 (1986); Schiffer, P., Die
Grafen von Geldern im Hochmittelalter (1085-1229), 1988; Venner, G., Die
Grafschaft Geldern vor und nach Worringen, Bll. f. dt. LG. 124 (1988), 267ff.;
Herborn, W., Geldern, LexMA 4 1989, 1198 ff; Nijsten, G., Het hof van Gelre,
Diss. phil. Nimwegen 1992; Schlinker, S., Fürstenamt und Rezeption, 1999, 130;
Gelre - Geldern - Gelderland, hg. v. Stinner, J. u. a., 2001; Höfe und
Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W. u. a., 2003,
1, 1, 71, 793, 1, 2, 207; Nijsten, G., In the Shadow of Burgundy, 2004; Escher,
M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 401, 2, 217; Geldern, hg. v.
Landschaftsverband Rheinland, 2006; Lieven, J., Adel, Herrschaft und Memoria,
2008.
Gemen, Gehmen (Herrschaft). Mit dem Königshof bei G. nahe Borken stattete Königin Mathilde (in Engern um 895-Quedlinburg 968)
das Stift Nordhausen aus. Edelherren von G. werden 1092 erstmals genannt. Um
ihre um 1250 dem Herzog von Kleve aufgetragene Burg entstand eine kleine
Herrschaft. 1492 starb das Geschlecht, das als Lehen Kleves auch die Vogtei
über das Stift Vreden innegehabt hatte und weitere zwischenzeitlich erworbene
Güter (Bredevoort, Pfandschaft an Recklinghausen) nicht hatte halten können,
aus. Es folgten in weiblicher Linie die Grafen von Holstein-Schaumburg, nach
1635 die Grafen von Limburg-Styrum. Ihnen gelang vor allem gegen das Hochstift
Münster die Durchsetzung der Reichsunmittelbarkeit (1700) und die Aufnahme in
das westfälische Reichsgrafenkollegium. 1733 erbten sie die südlich gelegene
Herrschaft Raesfeld. 1784 umfasste die 1560 protestantisch gewordene Herrschaft
Burg und Ort G. sowie zwei Bauerschaften mit insgesamt 0,5 Quadratmeilen. Sie
gehörte zum niederrheinisch-westfälischen Reichskreis, ihre Inhaber zu den
westfälischen Reichsgrafen. 1801 kam sie an die Reichsfreiherren von
Boyneburg-Bömelberg. Am 12. 7. 1806 fiel sie mediatisiert an die Fürsten von
Salm-Kyrburg. Am 13. 12. 1810 erfolgte der Anschluss an Frankreich, 1815 an
Preußen. 1822 wurde G. von der Familie Landsberg-Velen erworben. 1946 kam G. zu
Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 364; Zeumer 554 II b 63, 23; Wallner 705 WestfälRK 54; Großer
Historischer Weltatlas III 38 (1789) B2; Landsberg-Velen, F. Graf v.,
Geschichte der Herrschaft Gemen, 1884; Köbler, G., Gericht und Recht in der
Provinz Westfalen (1815-1945), FS Schmelzeisen, G., 1980, 171.
Generalstaaten (Provinzen). G. waren seit etwa 1506 die
von Herzog Philipp dem Guten von Burgund seit 1464 nach französischem Vorbild
an wechselnde Orte berufenen allgemeinen Landesvertretungen und davon
abgeleitet später die nördlichen Provinzen der Niederlande, die sich während
des niederländischen Aufstandes auf Betreiben des Statthalters Johann VI. von
Nassau am 23. 1. 1579 zur Utrechter Union zusammenschlossen und am 26. 7. 1581
von Spanien lossagten. 1609 wurden Spanien durch militärische Eroberung weitere
große Teile Flanderns, Brabants und Gelderns entrissen. Seit 1648 wurden die G.
ohne förmliche Loslösung vom Deutschen Reich als souverän angesehen. Am 26. 1.
1795 wurde mit Unterstützung Frankreichs die Batavische Republik ausgerufen,
die Maastricht, Venlo, Staatsflandern und Limburg an Frankreich abtreten
musste. 1806 wurden die G. auf Geheiß Napoleons in das Königreich
Holland seines Bruders Ludwig umgewandelt. 1810 wurde dieses Königreich Holland mit Frankreich vereinigt. 1815
wurden die Niederlande wieder selbständig.
L.: Geschiedenis van Nederland, hg. v. Brugmanns, H., Bd. 1ff. 1935ff.; Geyl,
P., Geschiedenis van de niederlandse stam, Bd. 1f. 2. A. 1948f.; 500 Jaren
Staten-Generaal, 1964.
Genf (Hochstift). Gegen 400 erscheint in dem
ehemaligen Hauptort der keltischen Allobroger am Ausfluss der Rhone aus dem von
ihr gebildeten See ein seit 450 zur Erzdiözese Vienne gehöriger Bischof von G.,
dessen Diözese sich bis zum Mont Cenis, Großen Sankt Bernhard und Waadtland
erstreckte. Von 443 bis 461 war an seinem Sitz der Hauptort des Reiches der
Burgunder. 534 geriet das Gebiet unter die Herrschaft der Franken. Beim Zerfall
des karolingischen Reiches kam G. 887 zum Königreich
Burgund und damit 1032 an das deutsche Reich. Der Bischof galt als Reichsfürst.
1156 gelangte die Vogtei über das Hochstift von den Grafen von G. durch
Friedrich I. Barbarossa an die Herzöge von Zähringen, welche die Rechte des
Bischofs minderten. Seit dem 13. Jahrhundert wirkten die Grafen von Savoyen in
gleicher Richtung. 1365 erhob Kaiser Karl IV. die Grafen zu Reichsvikaren und
leitete damit die völlige Lösung des Hochstifts vom Reich ein. Nachdem der
Bischof, weil er die Herrschaft über die seit 1526 mit Bern und Freiburg
verbündete Stadt an Savoyen übertragen wollte, 1533 zum Wechsel nach Annecy
gezwungen worden war, verlor das Bistum bzw. Hochstift seinen Sitz im
Reichsfürstenrat.
L.: Wolff 538; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) D5; Geisendorf, P.,
Bibliographie raisonée de l'histoire de Genève, Paris 1967; Binz, L., Le
diocèse de Genève, 1980; Le diocèse de Genève-Annecy, hg. v. Baud, H., 1985;
Histoire de Genève, hg. v. Guichonnet, P., 3. A. 1986; Santschi, C., Genf,
LexMA 4 1989, 1228ff.; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg.
v. Paravicini, W., 2003, 1, 537, 1, 2, 211.
Genua (Stadtkommune, Republik). G. am
südlichen Steilabfall der ligurischen Alpen war schon im Altertum ein
bedeutendes Handelszentrum. Seit 218 v. Chr. stand es unter römischem Einfluss
und behielt die zu unbestimmtem Zeitpunkt erlangte römische Munizipalverfassung
bis zur Völkerwanderungszeit bei. Über Ostgoten, Byzantiner (554) und
Langobarden (641) kam es an die Franken, die es zum Mittelpunkt einer
Grafschaft erhoben. Seit dem 10. Jahrhundert erlangte G. (958 Privileg für die
habitatores in civitate Ianuensi) eine eigene, seit etwa 1100 von drei oder
mehr Konsuln als Compagna ausgeübte Verwaltung, die Friedrich I. Barbarossa
beließ. Zusammen mit Pisa gewann die durch Handel reich gewordene Stadt
Sardinien und Korsika und setzte sich 1284 auch gegen Pisa und 1298 gegen
Venedig durch. Gleichzeitig wurde G. durch heftige innere Auseinandersetzungen
der Familien der Doria, Fieschi, Grimaldi und Spinola erschüttert. 1380
unterlag es bei Chioggia gegen Venedig. Von 1396 bis 1409 stand es unter der
Herrschaft Frankreichs, von 1421 bis 1436 unter der Herrschaft Mailands und von
1458 bis 1461 wieder unter der Herrschaft Frankreichs. Nach dem Fall
Konstantinopels 1453 gingen alle östlichen Niederlassungen verloren (1471
Trapezunt, 1475 Kaffa [Caffa], 1566 Chios). Mehrfach geriet die Stadt unter die
Herrschaft Mailands und Frankreichs. 1768 trat Genua Korsika an Frankreich ab.
Am 6. 6. 1797 wurde Genua von Frankreich als Ligurische Republik eingerichtet,
1805 nach einem Volksentscheid von Frankreich annektiert. 1815 wurde G. mit dem
Königreich Sardinien vereint, das 1861 im Königreich Italien aufging.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 48 (um 1300) C2; Storia di Genova dalle
origini al tempo nostro, Bd. 1ff. 1941f.; Cozzani, E., Genova, 1961; Le ville
genovosi, hg. v. De Negri, E. u. a., 1967; Costantini, C., La repubblica di
Genova nell'età moderna, 1978; Piergiovanni, V., Lezioni di storia giuridica
genovese, 1983; Petti Balbi, G., Genua, LexMA 4 1989, 1251ff.; Kurowski, F.,
Genua aber war mächtiger, 1990; Schweppenstette, F., Die Politik der Erinnerung,
2003.
Germersheim (Reichsstadt). Vermutlich stand an der
Mündung der Queich in den Rhein bei Speyer in römischer Zeit das Kastell vicus
Iulius. G. selbst wird erstmals 1055 genannt. Es war königliche
Zollstätte und Burg. 1276 verlieh ihm König Rudolf
von Habsburg das Recht der Reichsstadt Speyer und damit die Stellung einer
Reichsstadt. 1330 verpfändete Kaiser Ludwig der Bayer G. an die Pfalz. 1792
wurde es von Frankreich besetzt und kam zum Departement Donnersberg. Von 1814
bis 1816 stand es unter Verwaltung Österreichs und Bayerns, 1816 fiel es an
Bayern, 1946 an Rheinland-Pfalz.
L.: Wolff 90; Probst, J., Geschichte der Stadt und Festung Germersheim, 1898;
Reinert, F., Streifzug durch die Geschichte der Rheinstadt Germersheim, 1955;
Hehr, E., (in) Berichte zur deutschen Landeskunde 33, 1 (1964) ; Escher, M. u.
a., Die urbanen Zentren, 2005, 2, 224.
Gernrode (Reichsabtei). 959 gründete Markgraf
Gero in seiner am Rande des Harzes gelegenen Burg G. das Kanonissenstift Sankt
Cyriakus. König Otto I. nahm die reich
ausgestattete Abtei G. 961 in den königlichen
Schutz auf. Allmählich wurde sie Mittelpunkt einer kleinen Herrschaft, zu der
auch der Ort G. gehörte, der 1539/1549 Stadtrecht erhielt. Bis 1544 schrumpfte
die Herrschaft auf G. und fünf Dörfer zusammen. Stiftsvögte waren seit Mitte
des 12. Jahrhunderts die Askanier bzw. Fürsten von Anhalt. Die Abtei behielt
auch nach der etwa 1525 erfolgten Umwandlung in ein evangelisches Damenstift
ihre Reichsstandschaft und ihre Zugehörigkeit zum obersächsischen Reichskreis.
1610/1614 wurde das um 2 Quadratmeilen große Stift durch die Fürsten von Anhalt
aufgehoben. Über Anhalt gelangte G. 1945 zu Sachsen-Anhalt.
L.: Wolff 408f.; Zeumer 553 II a 37, 14; Wallner 710 ObersächsRK 25; Schulze,
H. u. a., Das Stift Gernrode, 1965; Beumann, H., Gernrode, LexMA 4 1989, 1348.
Gertweiler (Reichsdorf). Am 29. 1. 1343 verpfändete
Ludwig der Bayer die Reichsdörfer G. und Burgheim bei Schlettstadt im Elsass an
den Viztum Rudolf von Andlau (Andeld) für 100 Mark Silber. Am 6. 6. 1409
erlaubte König Ruprecht seinem Sohn, dem
Pfalzgrafen Ludwig bei Rhein, unter anderem, diese von Pfalzgraf Ludwig
eingelösten Reichsdörfer als Reichspfandschaft zu besitzen.
L.: Hugo 470.
Geseke (Stift). Um die Mitte des 10.
Jahrhunderts wurde auf dem am Hellweg gelegenen Königshof
des 833 erstmals erwähnten Dorfes G. ein 952 von König
Otto I. bestätigtes Kanonissenstift gegründet, das 1823 aufgehoben wurde (Tod
der letzten Äbtissin 1829) und über Preußen 1946 zu Nordrhein-Westfalen
gelangte.
L.: Wolff 86; Pohlmeier, K., 1000 Jahre Geseke 952-1952, 1952; Escher, M. u.
a., Die urbanen Zentren, 2005, 2, 228; Löer, U., Das adlige Kanonissenstift St.
Cyriakus zu Geseke, 2007.
Geudertheim (Reichsdorf), Gondertheim. Am 14. 11.
1409 erlaubte König Ruprecht dem Barthold von
Wickersheim (Wickertsheim), Schultheißen zu Hagenau, das halbe Dorf G. bei
Hagenau vom Ritter Hans Ulrich von Müllenheim (Müllheim) für 60 Mark zu lösen.
S. Elsass.
L.: Hugo 470.
Glarus (Kanton). Das ursprünglich rätisch, seit
dem 6. Jahrhundert alemannisch besiedelte Tal der Linth kam vermutlich im 9.
Jahrhundert an das Kloster Säckingen, dessen Schutzpatron, der heilige
Fridolin, es christianisiert haben soll. Im späten 13. Jahrhundert wurde es
durch die den Grafen von Lenzburg (bis 1173), Otto von Burgund und den Grafen
von Kiburg (Kyburg) 1264 folgenden habsburgischen Vögte (Habsburg) bedroht.
Deshalb verband sich die erstmals 1289 fassbare Talschaft 1323 mit Schwyz und
1352 mit den Eidgenossen der Schweiz und erlangte durch den eidgenössischen
Sieg bei Näfels 1388 die Unabhängigkeit. 1395 kaufte der Ort G. sämtliche
Rechte von Säckingen, 1415 erlangte er vom König
die Reichsunmittelbarkeit sowie den Blutbann. Daneben beteiligte sich G. an der
Eroberung des Aargaus, bekam Anteil an den sog. gemeinen Herrschaften, nahm
1436 zusammen mit Schwyz Toggenburg ins Landrecht auf und sicherte sich die
Pfandschaft über Uznach und Gaster. 1473 wurde G. vollberechtigtes Mitglied der
Eidgenossenschaft. 1517 kaufte es die Herrschaft Werdenberg und die Herrschaft
Wartau (Untertanenlande). 1528 trat es überwiegend zur Reformation über. 1798
wurde G. mit den gemeinen Herrschaften, den Untertanenlanden, dem Rheintal und
dem Oberen Toggenburg als Kanton Linth Teil der Helvetischen Republik.
1803/1815 wurde das ehemalige Glarner Gebiet als Kanton anerkannt. 1836 gab es
sich eine am 22. 5. 1887 abgeänderte Verfassung mit Landsgemeinde, Landrat,
Landammann und Obergericht.
L.: Wolff 523f.; Spälti, H., Geschichte der Stadt Glarus, 1911; Thürer, G.,
Kultur des alten Landes Glarus, 1936; Stucki, F., Beiträge zur Geschichte des
Landes Glarus, 1936; Winteler, J., Geschichte des Landes Glarus, Bd. 1f.
1952ff.; Die Rechtsquellen des Kantons Glarus, hg. v. Stucki, F., 1984;
Steinmüller, J., Glarus um 1800, 1989; Hauser, W., Die Entwicklung der
Zivilrechtspflege des Kantons Glarus, 1989; Tremp, E., Glarus, LexMA 4 1989,
1476f.
Glatz (Grafschaft). G. an der Neiße in
Schlesien ist als Burg Böhmens an der Grenze zu Polen erstmals 981 (Cladsko)
bezeugt. Seit dem 12. Jahrhundert wurde G. deutsch besiedelt (1223 deutsche
Namensform G.) und erhielt Magdeburger Recht. Es war Mittelpunkt der Grafschaft
G. (G., Habelschwerdt, Neurode), die ursprünglich zu Böhmen gehörte, nach der
Niederlage König Ottokars II. von Böhmen 1278
aber längere Zeit böhmisches Lehen schlesischer Fürsten wurde (1278-1290,
1327-1335 Breslau, 1336-1341 Münsterberg, 1351 Glogau-Sagan, E. 14. Jh.
Troppau-Ratibor). 1440-1454 waren G. und Münsterberg in Händen der Kruschina
von Leuchtenburg (Lichtenberg), 1454-1501 der Podiebrad, 1501-1534 der Grafen
von Hardegg (Hardeck). 1554/1560 kam die 1636 Quadratkilometer große Grafschaft
G. wieder an Böhmen bzw. Habsburg, das sie aber 1742 an Preußen abtreten
musste. Die Grafschaft war in die Distrikte G., Landeck, Habelschwerdt, Hummel,
Wünschelburg und Neurode geteilt. Seit 1945 war G. unter Verwaltung Polens, an
das es 1990 als politische Folge der deutschen Einheit gelangte.
L.: Wolff 490; Kutzen, J., Die Grafschaft Glatz, 1873; Geschichtsquellen der
Grafschaft Glatz, hg. v. Volkmer, F. u. a., Bd. 1ff. 1883ff.; Ludwig, F., Die
Grafschaft Glatz in Wort und Bild, 1897; Klemenz, P., Die Literatur der Landes-
und Volkskunde der Grafschaft Glatz, 2. A. 1924; Fogger, J., Das Glatzer Land
und Volk in der Geschichte, 1956/1958; Geschichte Schlesiens, hg. v. d. hist.
Komm. f. Schlesien, Bd. 1, Von der Urzeit bis zum Jahre 1526, 1961; Bernatzky,
A., Landeskunde der Grafschaft Glatz, 1988.
Glogau (Fürstentum, Herzogtum, Residenz des
Herzogs von Glogau der Piasten). G. in Niederschlesien erscheint 1010 als
polnische Herzogsburg. Seit dem 12. Jahrhundert strömten deutsche Siedler zu.
1251 gründete dort Herzog Konrad I. von Niederschlesien anlässlich einer
Erbteilung (1248/1252) eine neue Linie der Piasten.1253 erhielt die Stadt G.
Magdeburger Recht. 1273/1274 teilten Herzog Konrads I. drei Söhne das Gebiet
und nannten sich Herzöge von Sagan, Steinau und G. Herzog Heinrich III. von G.
(† 1309) konnte seine Herrschaft über fast ganz Polen ausdehnen. 1312/1322
wurden Wohlau und Oels abgetrennt. 1331 kam G., wie die meisten schlesischen
Fürstentümer seit 1329, unter die Lehnshoheit Böhmens, das einen Teil des
Gebiets besetzte. 1368 wurde das Herzogtum G. erneut geteilt. Eine Hälfte fiel
an die Herzöge von Sagan, die andere an den König
von Böhmen (und Kaiser Karl IV.) und von diesem 1383 an die Herzöge von
Teschen, 1476 nach dem Aussterben der Glogauer Hauptlinie an König Matthias Corvinus von Ungarn. 1482 wurde Crossen
(Krossen) mit Bobersberg, Züllichau und Sommerfeld an Brandenburg verkauft.
Matthias Corvinus' nichtehelicher Sohn Johann Corvinus vereinigte beide Teile
Glogaus wieder und vergab sie als Lehen an Prinz Johann Albert (1492-1498) und König Sigismund von Polen (1498-1506). Seit 1506 war
G. kein selbständiges Herzogtum mehr, kam 1508 von Polen an Böhmen zurück und
fiel 1526 mit diesem an Habsburg. 1632-1634 trug Wallenstein nochmals den Titel
eines Herzogs von G. 1742 ging G., das einen Flächeninhalt von 83 Quadratmeilen
aufwies und in die Kreise G., Freystadt (Freistadt), Guhrau, Sprottau, Grünberg
(Grüneberg) und Schwiebus gegliedert war, an Preußen über. 1945 kam es unter
die Verwaltung Polens sowie 1990 als politische Folge der deutschen Einheit an
Polen.
L.: Wolff 485f.; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) H3; Stamm- und
Übersichtstafeln der schlesischen Fürsten, hg. v. Wutke, K., 1911; Blaschke,
J., Geschichte der Stadt Glogau und des Glogauer Landes, 1913; Geschichte
Schlesiens, hg. v. d. hist. Komm. f. Schlesien, Bd. 1 1961; Bein, W., Glogau in
alten Ansichten, 1998; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg.
v. Paravicini, W. u. a., 2003, 1, 2, 215.
Glücksburg (Burg). An der Stelle des 1210
gegründeten Rudeklosters ließ Herzog Johann der Jüngere, der Sonderburg,
Aerösköbing (Aeroeskoebing), Norburg, Plön und Ahrensbök sowie später die
Klöster Rudekloster und Reinfeld sowie weitere Güter erhalten hatte, 1582 das
Schloss G. erbauen. Sein Sohn Philipp machte G. zur Hauptstadt des ihm vererbten
Herzogtums Schleswig-Holstein(-Sonderburg)-Glücksburg, das beim Aussterben der
Linie 1779 vom König von Dänemark als Herzog von
Schleswig-Holstein übernommen wurde. S. Holstein-Glücksburg,
Schleswig-Holstein.
L.: Kruse, H., Aus der Vergangenheit Glücksburgs, 1925.
Glückstadt (Hafen, Herrschaft). 1616/1617 gründete König Christian von Dänemark an der Einmündung der
Stör in die Elbe den Hafen G., der Tönning, Altona und Hamburg ersetzen sollte.
Seit 1649 war G. Sitz der Verwaltung Dänemarks in Schleswig-Holstein. 1866 kam
es zu Preußen, 1946 zu Schleswig-Holstein. S. Holstein-Glückstadt.
L.: Wolff 445.
Gochsheim (Reichsdorf). Das vielleicht im 6.
Jahrhundert entstandene G. bei Schweinfurt wird 796 erstmals genannt. Am 23.
11. 1234 behielt sich König Heinrich die Rechte
seiner Vorfahren u. a. in G. vor. Ferdinand I. erteilte der Reichsstadt
Schweinfurt die Schutz- und Schirmgerechtigkeit über die Reichsdörfer G. und
Sennfeld, die Schweinfurt 1572 an das Hochstift Würzburg abtrat. 1575 wurde der
Bischof durch Vertrag als Reichsvogt, Schutzherr und Schirmherr anerkannt. Die
1637 vom Kaiser bestätigte Würzburger Landesherrschaft wurde 1649 wieder
beseitigt. 1802 kam G. an Bayern.
L.: Wolff 505f.; Hugo 457; Segnitz, S., Geschichte und Statistik der beiden Reichsdörfer
Gochsheim und Sennfeld, 1802; Weber, F., Geschichte der fränkischen
Reichsdörfer Gochsheim und Sennfeld, 1913; Zeilein, F., Das freie Reichsdorf
Gochsheim, (in) Reichsstädte in Franken 1, 1987.
Godramstein (Reichsdorf, Reichsstadt?). G. bei Landau
erscheint erstmals 767 in einer Urkunde für Lorsch (Godmarstaine). Durch eine Königsurkunde von 900 erhielt die Abtei Hornbach
Güter. 1285 verlieh König Rudolf von Habsburg
dem Ort die Freiheiten Speyers. Am 10. 3. 1287 verordnete er, dass die Erhebung
von G. bei Landau zu einer Reichsstadt den Rechten des Klosters Hornbach nicht
schaden solle. Kaiser Karl IV. schlug am 25. 10. 1361 auf die an die
Pfalzgrafen verpfändeten Reichsdörfer Billigheim, G., Steinweiler, Erlenbach
(Erlebach), Klingen, Rohrbach und Impflingen sowie die übrigen
Reichspfandschaften des Pfalzgrafen 4000 Gulden mit der Bedingung, dass keines
ohne das andere eingelöst werden solle. Am Ende des 18. Jahrhunderts ging die
Beziehung zum Reich zugunsten der Pfalz, die im 14. Jahrhundert die Landvogtei
im Speyergau erlangt hatte, gänzlich verloren. Über Bayern gelangte G. 1946 zu
Rheinland-Pfalz.
L.: Hugo 463, 465; Hagen, J., Grundzüge der Geschichte von Godramstein, 1941.
Görlitz (Herzogtum). An der Kreuzung der Straßen
Stettin-Frankfurt an der Oder-Prag und Leipzig-Breslau wird 1071 die wendische
villa G. an der Neiße anlässlich der Vergabung seitens des Königs an den Bischof von Meißen erstmals erwähnt.
1126 erscheint eine Burg, 1210/1220 die Stadt G., die 1259 an Brandenburg
(Askanier) kam, 1268 Sitz eines eigenen Landes wurde und innerhalb der
Oberlausitz 1303 Magdeburger Recht bestätigt erhielt. Von 1319 bis 1329 gehörte
G. zum Herzogtum Jauer, danach zu Böhmen. Von 1377 bis 1396 war G. Residenz des
eigenen Herzogtums G. des dritten Sohnes Kaiser Karls IV. 1635/1648 fiel G. an
Sachsen, 1815 an Preußen, 1945 in die sowjetische Besatzungszone und damit von
1949 bis 1990 in die Deutsche Demokratische Republik, 1990 in der
Bundesrepublik Deutschland an Sachsen.
L.: Wolff 470; Jecht, R., Geschichte der Stadt Görlitz, 1922ff.; Lemper, E.,
Görlitz, 1959, 4. A. 1980; Heyde, W./Piltz, G., Görlitz, 2. A. 1972; Blaschke,
K., Görlitz, LexMA 4 1989, 1560f.; Anders, I./Wolfrum, P., Görlitz, 1998;
Jajesniak-Quast, D./Stoklosa, K., Geteilte Städte an Oder und Neiße, 2000;
Görlitz – Ansichten eines Denkmals, 2000.
Goschütz (freie Herrschaft). Die aus ursprünglich
zum Fürstentum Oels gehörigen Gütern gebildete freie Standesherrschaft G. in
Niederschlesien gelangte 1717 als Niederherrschaft an die Langenau und von
diesen 1727 an die Grafen von Reichenbach. 1741 erhob sie König Friedrich II. von Preußen zu einer freien
Standesherrschaft. Sie umfasste mit den Städten G. und Festenberg 1,75
Quadratmeilen. Über Preußen gelangte G. zu Polen.
L.: Wolff 479.
Goslar (Reichsstadt). G. am Harz an der Straße
vom Rhein zur mittleren Elbe wird 922 erstmals erwähnt, reicht aber vielleicht
noch in karolingische Zeit (karolingisches Lager von 802). 965/968 begann der
Silberbergbau auf dem nahen Rammelsberg. Um 1005/1015 verlegte Heinrich II. die
vorher in Werla an der Oker befindliche Pfalz nach G., das in der Salierzeit
beliebter Aufenthaltsort deutscher Herrscher und bis ins 13. Jahrhundert Stätte
vieler Reichstage war. Etwa 1073 wurde die Reichsvogtei G. zur Verwaltung des
umliegenden Reichsgutes geschaffen, die von 1152 bis 1168 an Heinrich den Löwen
gelangte. 1219 verlieh Kaiser Friedrich II. der Stadt einen umfangreichen
Freiheitsbrief. 1290/1340 errang, beginnend mit dem Erwerb der Vogtei, G. die
Stellung einer Reichsstadt (Reichsunmittelbarkeit). Im 14. Jahrhundert, in
dessen Mitte das Stadtrecht in den goslarischen Statuten aufgezeichnet wurde,
gelang die Gewinnung der Pfandschaft am Rammelsberg. Mit dem Einlösen der
Pfandschaft Rammelsberg durch Braunschweig-Wolfenbüttel 1526/1552 setzte ein
wirtschaftlicher Niedergang der 1528 protestantisch gewordenen Stadt ein.
1802/1803 kam G. mit 8500 Einwohnern an Preußen, 1807 zum Königreich Westphalen, 1814 an Hannover, danach an
Preußen, 1816 wieder an Hannover, 1866 mit Hannover an Preußen und 1941 an
Braunschweig. Am 1. 11. 1946 ging Braunschweig in Niedersachsen auf.
L.: Wolff 456f.; Zeumer 554 III a 7; Wallner 707 NiedersächsRK 27; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378), III 22 (1648) E3, III 38 (1789) D2; Urkundenbuch
der Stadt Goslar, hg. v. Bode, G./Hölscher, U., Bd. 1ff. 1893ff.; Frölich, K.,
Gerichtsverfassung von Goslar im Mittelalter, 1910; Hoelscher, U., Die
Kaiserpfalz Goslar, 1927; Frölich, K., Verfassung und Verwaltung der Stadt
Goslar im späten Mittelalter, 1921; Wiederhold, W., Goslar als Königsstadt und Bergstadt, 1922; Bruchmann, K.,
Goslar, 1952; Goslar, hg. v. Hillebrand, W., 2. A. 1965; Ebel, W., Das
Stadtrecht von Goslar, 1968; Wilke, S., Das Goslarer Reichsgebiet und seine
Beziehungen zu den territorialen Nachbargewalten, 1970; Schuler, P., Goslar,
LexMA 4 1989, 1568ff.; Graf, S., Das Niederkirchenwesen der Reichsstadt Goslar,
1998; Goslar im Mittelalter, hg. v. Engelke, H., 2003; Kelichhaus, S., Goslar
um 1600, 2003.
Goslar, Sankt Simon und Judas
(reichsunmittelbares Stift). In Goslar gründete Kaiser Heinrich III. 1040 als Königskapelle (capella regis) das Domstift Sankt Simon
und Judas. Nach der Reformation war es reichsunmittelbares, evangelisches
Stift. G. fiel 1803 an Preußen, das es 1816 an Hannover abgab.
L.: Wolff 456; Nöldeke, E., Verfassungsgeschichte des kaiserlichen Exemtstifts
SS. Simon und Judae zu Goslar, 1904; Schuler, P., Goslar, LexMA 4 1989,
1568ff.; Lohse, T., Das Goslarer Pfazstift St. Simon und Judas, Harz-Zs. 54/55
(2002/2003), 85.
Göß (, Göss) (Reichsabtei). Nach älteren
Siedlungsspuren erscheint 904 die villa Costiza an der Mur. Sie gehörte zu
einer königlichen Gabe an die Pfalzgrafen von
Bayern (Aribonen), von denen Pfalzgräfin Adela mit der Gründung eines Stifts
begann. 1020 übergab ihr Sohn Aribo, Erzbischof von Mainz, das Stift G. an
Kaiser Heinrich III. und schuf so für verhältnismäßig kurze Zeit die einzige
Reichsabtei in den später habsburgischen Länder. Schon in der 2. Hälfte des 12.
Jahrhunderts kam die Klostervogtei über das zur Benediktinerabtei gewordene
Stift aber als landesfürstliches Lehen an die steirischen Ministerialen von
Stubenberg. 1782 wurde die Abtei aufgehoben. Von 1783 bis 1804 war sie Sitz des
Bistums Leoben.
L.: Wichner, J., Geschichte des Nonnenklosters Göss, 1892; Pelican, B.,
Geschichte des Benediktinerstifts Göss, 1924; Ebner, H., Die Besitzgeschichte
des Nonnenstiftes Göß, Diss. Graz 1950; Bracher, K., Stift Göss, 1966; Ebner,
H., Göß, LexMA 4 1989, 1570.
Gotha (Herren, Residenz des Landgrafen von
Thüringen). G. in Thüringen gehörte vermutlich zum alten thüringischen, von den
Franken übernommenen Königsgut. 775 (Gothaha)
gab es Karl der Große an das Stift Hersfeld. 1109 erscheinen Herren von G., die
Burgmannen der ludowingischen Landgrafen von Thüringen gewesen sein dürften.
1247 kam G. an die Markgrafen von Meißen, galt von 1287 bis ins 15. Jahrhundert
als Lehen Mainz´ und fiel 1640 an die ernestinische Linie des Hauses Wettin
(Sachsen). 1640 wurde es Residenz des Fürstentums Sachsen-Gotha. Das Gebiet des
Fürstentums umfasste Stadt und Amt Gotha, die Ämter Tenneberg, Reinhardsbrunn,
Georgenthal, Schwarzwald oder Zella, Wachsenburg, Volkenroda und Tonna, die
obere Herrschaft Kranichfeld und den unter gothaischer Oberhoheit stehenden
Teil der Grafschaft Gleichen (1681-1825 Sachsen-Gotha-Altenburg, 1826-1918
Sachsen-Coburg-Gotha). Es zählte zum obersächsischen Reichskreis. 1920 kam G.
zu Thüringen und damit von 1945/1949 bis 1990 zur sowjetischen Besatzungszone
bzw. zur Deutschen Demokratischen Republik. S. Sachsen-Gotha,
Sachsen-Gotha-Altenburg, Sachsen-Coburg und Gotha (Sachsen-Coburg-Gotha)
L.: Wolff 397f.; Beck, A., Geschichte der Stadt Gotha, 1870; Strenge, K.
v./Devrient, E., Stadtrechte von Eisenach, Gotha und Waltershausen, 1909;
Gotha. Das Buch einer deutschen Stadt, hg. v. Schmidt, K., Bd. 1f. 1927ff.;
Schmidt, K., Gotha im heimatkundlichen Schrifttum, 1939; Uhlig, L., Gotha.
Stadt und Umland. Ihr Struktur- und Funktionswandel, Diss. Leipzig 1967;
Steguweit, W., Geschichte der Münzstätte Gotha vom 12. bis zum 19. Jahrhundert,
1987; Raschke, H., Residenzstadt Gotha 1640-1918, 1990; Klinger, A., Der
Gothaer Fürstenstaat, 2002; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich,
hg. v. Paravicini, W. u. a., 2003, 1, 2, 218.
Gottorp, Gottorf (Burg, Herzöge [,Herzogtum],
Residenz des Bischofs von Schleswig bzw. Herzogs von Schleswig bzw.
Schleswig-Holstein-Gottorp). Zwischen 1161 und 1268 entstand im innersten
Wasserwinkel der Schlei die Wasserburg G. der Bischöfe von Schleswig. Vor 1268
kam sie an Herzog Erik Abelson, 1340 an die Grafen von Schauenburg
(Schaumburg), 1459 an den König von Dänemark.
Unter Herzog Adolf von Holstein-Gottorp (Schleswig-Holstein-Gottorf,
Holstein-Gottorf) begann seit etwa 1565 die selbständige Entwicklung eines eigenen
Herzogtums. Seit 1713 war das Schloss G. Sitz des Statthalters des Königs von Dänemark. S. Holstein-Gottorp(-Oldenburg)
bzw. Holstein-Gottorf.
L.: Brandt, O., Geschichte Schleswig-Holsteins, 5. A. 1957; Brandt, O./Klüver,
W., Geschichte Schleswig-Holsteins, 8. A. 1981; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W. u. a., 2003, 1, 2, 223.
Goxweiler (Reichsdorf). Am 6. 6. 1409 erlaubte König Ruprecht seinem Sohn, dem Pfalzgrafen Ludwig bei
Rhein, die von demselben eingelösten Reichsdörfer Barr, Heiligenstein,
Gertweiler, G. und (Ober- und Nieder-)Burgheim (Oberburgheim und
Niederburgheim) als Reichspfandschaften zu besitzen.
L.: Hugo 471.
Greiffenstein (Herrschaft). Die Burg G. bei
Greiffenberg in Schlesien war Mittelpunkt der Herrschaft G. Sie wurde 1392/1395
von König Wenzel IV., an den sie mit
Schweidnitz-Jauer und Böhmen gelangt war, an Seyfried von Raußendorf gegeben
und befand sich seit 1399/1419 in der Hand der Herren von Schaffgotsch.
L.: Winkler, B. v., Greiffenstein, Geschichte der Burg und Herrschaft, 3. A.
bearb. v. Herbig, A., o. J. (1923).
Grettstadt (Reichsdorf). Nach einer undatierten
Urkunde König Ruprechts hatte das Reich im
Spätmittelalter Gefälle in G. bei Schweinfurt. G. kam später zu Bayern.
L.: Hugo 458.
Griesbach (Reichsdorf), Grundesbach. Am 7. 1. 1409
bevollmächtigte König Ruprecht seinen Sohn, den
Herzog Ludwig, hinsichtlich der im Münstertal im Elsass gelegenen Reichsdörfer
Griesbach (Grundesbach) und Günsbach (Grussersbach), die von Johann Ulrich vom
Huse und anderen in Besitz genommen worden waren, vor Gericht zu klagen und
eine Untersuchung vornehmen zu lassen.
L.: Hugo 471.
934 schenkte König
Heinrich I. dem Grafen Siegfried, einem Bruder des Markgrafen Gero, den Königshof Groningen östlich der Bode (bei
Oschersleben). 936 stiftete Graf Siegfried das dem heiligen Vitus geweihte
Kloster G. (Klostergröningen). Im 13. gelangte das Kloster an den Bischof von
Halberstadt. Im 19. Jh. verfielen die Gebäude.
L.: Fleckenstein, J., Die Gründung des Klosters Walsrode im Horizont ihrer
Zeit, (in) 1000 Jahre Kloster Walsrode, 29; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W. u. a., 2003, 1, 2,235.
Gronsfeld, Gronsveld (reichsunmittelbare
Herrschaft, Grafschaft). Südwestlich von Maastricht bildete sich seit dem 11.
Jahrhundert im Herzogtum Limburg um G. eine Herrschaft aus. Von ihr löste sich
zu Anfang des 14. Jahrhunderts die Herrschaft Richold ab. 1498 wurde G. durch König Maximilian zur Baronie erhoben. Zwischen 1576
und 1588 wurde das lediglich aus zwei Kirchdörfern zusammengesetzte Gebiet eine
zum niederrheinisch-westfälischen Reichskreis und zum westfälischen
Reichsgrafenkollegium zählende Grafschaft. Von den Herren von G. kam es an die
Bronkhorst-Batenburg (Bronckhorst-Batenburg) und 1719 an die Grafen von
Törring-Jettenbach. 1794 wurde es von Frankreich besetzt. 1815/1839 gelangte G.
zur Provinz Limburg (Südlimburg) der Niederlande.
L.: Wolff 359; Zeumer 554 II b 63, 16; Wallner 705 WestfälRK 50.
Guastalla (Stadtkommune, Stadtstaat, Signorie,
Grafschaft, Herzogtum). G. am Po wird im 8. Jahrhundert erstmals erwähnt (864
curtis Wardistalla). Seit Anfang des 11. Jahrhunderts unterstand es den
Canossa. Danach wurde es Streitobjekt verschiedener Stadtstaaten (Cremona,
Piacenza). Seit 1307 stand es den Correggio und seit 1335 den Visconti zu. 1406
wurde es mit dem umliegenden Gebiet als Lehen der Visconti Signorie der Torelli
und 1428 Grafschaft. 1539 kam es durch Verkauf an die Familie Gonzaga. 1621
wurde G. Herzogtum. 1729 wurde es nach dem Aussterben der Herrscherfamilie
eingezogen. 1746 fiel es an Österreich und wurde 1748 dem gegen Neapel und
Sizilien an Österreich gelangten und an Karls III. Bruder Philipp überlassenen
Herzogtum Parma und Piacenza einverleibt. 1805 wurde es an Napoleons Schwester
Pauline Borghese gegeben, fiel aber wenig später an das Königreich Italien bzw. Parma. 1815 kam es mit Parma und Piacenza
an die Gemahlin Napoleons, 1848 an das Herzogtum Modena und 1860 an das Königreich Sardinien bzw. 1861 Italien.
L.: Großer Historischer Weltatlas III, 12 D2; Aff'ò, J., Istoria della città e
ducato di Guastalla, o. J. (1785ff.); Il tempo dei Gonzaga, 1985; Bocchi, F.,
Guastalla, LexMA 4 1989, 1761f.
Günsbach (Reichsdorf), Grussersbach. Am 7. 1. 1409
bevollmächtigte König Ruprecht seinen Sohn, den
Herzog Ludwig, hinsichtlich der im Münstertal im Elsass gelegenen Reichsdörfer
Griesbach (Grundesbach) und G. (Grussersbach), die von Johann Ulrich von Huse
und anderen in Besitz genommen worden waren, vor Gericht zu klagen und eine
Untersuchung vornehmen zu lassen.
L.: Hugo 471.
Günzburg (Herrschaft). An der Stelle von G. an
der Günz stand 77/78 n. Chr. ein römisches Kastell, zu dem eine zivile Siedlung
hinzutrat. In karolingischer Zeit lag dort vermutlich Königsgut.
1274 verpfändete der Bischof von Augsburg G. dem Markgrafen von Burgau.
1805/1806 gelangte G. an Bayern. Die davon verschiedene Herrschaft Obergünzburg
gehörte am Ende des 18. Jahrhunderts über die Fürstabtei Kempten zum
schwäbischen Reichskreis
L.: Wolff 43; Edlhard, F., Chronik der unmittelbaren Stadt Günzburg an der
Donau, 1894.
Habsburg (Grafen, Residenz). Nach der um 1020 vom
ihnen verwandten (oder verschwägerten) Bischof Werner von Straßburg und
Förderer von Muri errichteten Burg H. (Habichtsburg) an der Aare im heutigen
schweizerischen Kanton Aargau nannten sich erstmals 1090 (urkundlich 1108 comes
de Hauichburch) seit 952 (Guntramus dives) nachweisbare Grafen (Eberhardiner),
die vielleicht von den Herzögen des Elsass, den Etichonen, abstammen und mit
den Welfen verwandt waren. Sie waren im Elsass, am Oberrhein (Grafschaft
Klettgau) und zwischen Aare und Reuß begütert. Durch Beerbung anderer
schwäbischer Geschlechter vermehrten sie ihre Güter weiter. Seit Kaiser
Heinrich V. (1125) hatten sie die Grafschaft im oberen Elsass inne, seit 1170
auch die Grafschaften im Zürichgau und später im Aargau, Frickgau und Thurgau,
so dass sie bereits in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts das wichtigste
südwestdeutsche und eines der bedeutendsten süddeutschen Geschlechter waren.
Zwischen 1232 und 1238 spaltete sich die 1408/1415 erloschene Linie
Habsburg-Laufenburg von der Hauptlinie, welche die meisten Eigengüter im
Elsass, die Grafenrechte im Aargau und Zürichgau und die Landgrafschaft im
Oberelsass behielt, ab. Seit dieser Zeit verlor die dabei an die ältere Linie
gelangte Burg H. ihre Bedeutung. Nach dem Interregnum wurde Graf Rudolf von
Habsburg, für den Kaiser Friedrich II. Pate geworden war, 1273 zum deutschen König gewählt. Er beerbte die Grafen von Kiburg
(Kyburg) bei Zürich, besiegte 1278 den König von
Böhmen, Ottokar II., und belehnte 1282 seine beiden Söhne mit den Herzogtümern
Österreich und Steiermark. 1306 gewann sein Sohn Rudolf Böhmen, das jedoch 1308
an das Haus Luxemburg überging. Im zähen Ringen mit den 1438 aussterbenden
Luxemburgern und den Wittelsbachern wurden 1335 Kärnten und Krain, 1363 Tirol,
1368 Freiburg im Breisgau und 1382/1383 Triest gewonnen. Seit 1359 wurde auf
Grund gefälschter Urkunden (sog. privilegium maius) der Titel eines
(Pfalz-)Erzherzogs in Anspruch genommen. 1379 teilte sich das Geschlecht unter
den Brüdern Rudolfs IV. in die albertinische Linie (Albertiner) in
Niederösterreich und Oberösterreich und die leopoldinische Linie (Leopoldiner)
in Innerösterreich (Steiermark, Kärnten, Krain, Istrien, Görz, Tirol,
Vorderösterreich), 1409/1411 die Leopoldiner Linie in eine jüngere steirische
und eine Tiroler Linie (Tirol, Vorderösterreich). Aus der albertinischen Linie
erwarb Albrecht V. durch seine Ehe mit Elisabeth von Luxemburg 1437 Böhmen und
Ungarn, die 1457 aber wieder verlorengingen. 1438 wurde Albrecht V., der
Schwiegersohn König Sigmunds, als Albrecht II. König. Sein Nachfolger Friedrich III. aus der
steirischen leopoldinischen Linie gewann erneut und auf Dauer für H. die
deutsche Krone. Außerdem erwarb er zu den ererbten Ländern Steiermark, Kärnten
und Krain 1457 nach dem Tod seines Neffen Ladislaus Postumus Niederösterreich
und 1463 nach dem Tod seines Bruders Oberösterreich. Zugleich wurde 1453 der
Vorsitz der nicht zu den Kurfürsten gezählten Habsburger im Rat der übrigen
Reichsfürsten anerkannt. 1490 trat Friedrichs III. kinderloser Vetter Siegmund
Tirol und Vorderösterreich an Maximilian I., den einzigen Sohn Friedrichs III.,
ab, so dass dieser nach dem Aussterben der Albertiner Linie und der Tiroler
Linie wieder die Gebiete aller Linien vereinigte. Hinzu kamen die durch die
Heirat (1477) mit Maria von Burgund († 1482) angefallenen Lande der Herzöge von
Burgund sowie 1500 Görz und 1505 nach dem bayerischen (Landshuter)
Erbfolgekrieg die Landvogtei Hagenau (von der Pfalz), die schwäbische
Herrschaft Weißenhorn sowie Kufstein, Rattenberg und Kitzbühel (von Bayern),
doch waren im 14. und 15. Jahrhundert der Tiroler Linie die althabsburgischen
Güter in der Schweiz verlorengegangen (1415 Aargau, 1450 Zürich, 1460 Thurgau).
Maximilians Sohn Philipp der Schöne († 1506) heiratete die Thronerbin Spaniens
(Johanna von Spanien), so dass Maximilians Enkel Karl V. nach dem Tod seines
Vaters Philipp die ehemals burgundischen Niederlande, nach dem Tod seines
mütterlichen Großvaters, Ferdinand des Katholischen von Spanien, 1516 Spanien
mit Neapel/Sizilien und den in Amerika neu gewonnenen Kolonien sowie 1519 die
österreichischen Lande erben konnte. Diese überließ er 1521/1522/1526 seinem
jüngeren Bruder Ferdinand, so dass sich das Haus H. in eine Linie Spanien und
eine Linie Österreich (ohne Niederlande, Freigrafschaft Burgund und Mailand)
teilte. Ferdinand eroberte als Schwager des letzten Königs
von Ungarn und Böhmen 1526 Böhmen (mit Schlesien) und Ungarn und wurde damit
Begründer der österreichisch-ungarischen Donaumonarchie. 1564 teilte sich das
Haus Österreich (Maximilian II. erhielt Niederösterreich und Oberösterreich,
Böhmen und Ungarn, Ferdinand Tirol und Vorderösterreich, Karl Innerösterreich
mit Steiermark, Kärnten und Krain), wurde aber 1598/1619 unter Ferdinand II.
(1619-1637) von der jüngeren steirischen Linie wieder vereinigt, da die von
Maximilian II. gegründete Linie ausstarb und die Nachkommen Ferdinands aus morganatischer
Ehe stammten. 1623 kamen Tirol und die Vorlande an Ferdinands Bruder Leopold
Wilhelm und dessen Nachkommen, doch starb diese Linie bereits 1665 im
Mannesstamm aus und kam Tirol 1705 zurück. 1700/1701 starben die Habsburger in
Spanien aus. Von Leopolds I. beiden Söhnen verstarb Joseph I. 1711, so dass der
verbleibende Karl VI. von Rechts wegen auch die spanischen Güter erlangen
konnte, durch den spanischen Erbfolgekrieg (1701-1714) im Ergebnis aber auf den
Erwerb der meisten spanischen Nebenländer (Neapel-Sizilien, Mailand, um die
Generalstaaten geschmälerte spanische Niederlande) beschränkt wurde. Als
letzter Habsburger im Mannesstamm regelte Karl VI. 1713 in der Pragmatischen
Sanktion die Thronfolge nach dem Aussterben im Mannesstamm und legte die
Unteilbarkeit der Güter fest. Weiter gelang ihm 1718 die endgültige Bannung der
seit dem 15. Jahrhundert entstandenen Türkengefahr, doch musste er Sizilien,
das soeben durch Heirat gewonnene Lothringen (faktisch) sowie Serbien und die
Walachei (1736-1739) aufgeben. Seine Tochter Maria Theresia (1740-1780) verlor
in den schlesischen Kriegen (1740/1742, 1744, 1756/1763) Schlesien bis zur Oppa
und die Grafschaft Glatz an Preußen. Wegen ihrer Heirat mit Franz Stephan von
Lothringen wurde die Dynastie von nun an als Haus Habsburg-Lothringen
bezeichnet. Aus der kinderreichen Ehe stammten Joseph II., Leopold II. und
Ferdinand, der Gründer des Hauses Österreich-Este (Modena, bis 1859/1875).
Joseph II. vollendete im Geiste der Aufklärung die schon von Maria Theresia
begonnene Umformung der Erblande zu einem modernen absolutistischen und
zentralistischen Staat und erreichte zudem Landgewinne aus dem 1778/1779
ausgefochtenen bayerischen Erbfolgekrieg und der ersten Teilung Polens.
Leopolds II. Sohn Franz II. war letzter Kaiser des Heiligen Römischen Reiches
(deutscher Nation). Am 11. 8. 1804 nahm er als Reaktion auf die Selbsternennung
Napoleons zum Kaiser der Franzosen den Titel Kaiser von Österreich an. Am 6. 8.
1806 verzichtete er infolge der Bildung des Rheinbunds auf den deutschen
Kaiserthron. Die schweren Territorialverluste von 1801/1805/1809 wurden
1814/1815 wieder ausgeglichen. In Italien begründeten die Habsburg-Lothringer
Sekundogenituren und Tertiogenituren (Toskana, Modena), die im Zuge der
Einigung Italiens 1860 abgesetzt wurden. 1859 verlor Österreich auch die
Lombardei und 1866 Venetien an Italien. Als Folge des ersten Weltkrieges
verzichtete Kaiser Karl I. am 11. 11. 1918 auf jeden Anteil an den
Staatsgeschäften, ohne abzudanken. Die dadurch entstehende, im Wesentlichen auf
deutschsprachige Gebiete beschränkte Republik (Deutschösterreich bzw.)
Österreich hob durch Gesetz vom 3. 4. 1919 alle Herrscherrechte des Hauses
Habsburg-Lothringen auf. In Ungarn verloren die Habsburger durch Gesetz vom 6.
11. 1921 den Thron.
L.: Haselier, G., Die Oberrheinlande, (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd.
1; Monumenta Habsburgica, Bd. 1ff. 1854ff.; Schulte, A., Geschichte der
Habsburger in den ersten drei Jahrhunderten, 1887; Luschin v. Ebengreuth, A.,
Österreichische Reichsgeschichte, Bd. 1f. 1895; Tezner, F., Der österreichische
Kaisertitel, seine Geschichte und seine politische Bedeutung, (Grünhuts)
Zeitschrift für das Privat- und öffentliche Recht der Gegenwart 25 (1898),
351ff.; Koehler, C., Stammtafel des Hauses Habsburg und Habsburg-Lothringen,
1900; Turba, G., Geschichte des Thronfolgerechts in allen habsburgischen
Ländern, 1903; Regesta Habsburgica. Bd. 1,1ff. Die Regesten der Grafen von
Habsburg bis 1281, bearb. v. Steinacker, H., 1905ff.; Kahler, E. v., Das Geschlecht
Habsburg, 1919; Ammann, H., Die Habsburger und die Schweiz, 1931; Feine, H.,
Die Territorialbildung der Habsburger im deutschen Südwesten, ZRG GA 67 (1950),
176; Wandruszka, A., Das Haus Habsburg. Die Geschichte einer österreichischen
Dynastie, 2. A. 1968; Hellbling, E. C., Österreichische Verfassungs- und
Verwaltungsgeschichte, Wien 1956; Hantsch, H., Die Geschichte Österreichs, Bd.
1 4. A. 1959, Bd. 2 2. A. 1953; Zöllner, E., Geschichte Österreichs, 8. A.
1990; Uhlirz, K./Uhlirz, M., Handbuch der Geschichte Österreich-Ungarns, 2. A.
1963; Benedikt, H., Kaiseradler über dem Appennin, 1964; Randa, A., Österreich
in Übersee, 1966; Stadtmüller, G., Geschichte der habsburgischen Macht, 1966;
Vorderösterreich, hg. v. Metz, F., 3. A. 1978; Wandruszka, A., Das Haus
Habsburg, 1978; Wachter, D., Aufstieg der Habsburger. Das Reich und Europa im
13./14. Jahrhundert, 1982; Rieger, E., Das Urkundenwesen der Grafen von Kiburg
und Habsburg, 1984; Brauneder, W., Österreichische Verfassungsgeschichte, 10.
A. 2005; Hödl, G., Habsburg und Österreich 1273-1493, 1988; Die Habsburger, Ein
biographisches Lexikon, hg. v. Hamann, G., 1988; Herm, G., Der Aufstieg des
Hauses Habsburg, 1988; Evans, R., Das Werden der Habsburgermonarchie 1550-1700,
1989; Scheibelreiter, G., Habsburger, LexMA 4 1989, 1815f.; Kann, R.,
Geschichte des Habsburgerreiches, 1990; Krieger, K., Die Habsburger im
Mittelalter, 1994; Bérenger, J., Die Geschichte des Habsburgerreiches, 1995;
Die Habsburger im deutschen Südwesten, hg. v. Quarthal, F. u. a., 1999; Nuss,
P., Les Habsbourg en Alsace, 2002; Sauter, A., Fürstliche
Herrschaftsrepräsentation, 2003; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen
Reich, hg. v. Paravicini, W. u. a., 2003, 1, 1, 85, 1, 2, 245; Escher, M. u.
a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 503; Meier, B., Ein Königshaus
aus der Schweiz, 2008; Die Habsburger zwischen Aare und Bodensee, hg. v.
Niederhäuser, P., 2010.
Hagenau (Landvogtei, Reichslandvogtei). Um die
Burg H. im Unterelsass lag umfangreiches Königsgut
(Hagenauer Forst). Unter den Staufern wurde das mit staufischen Gütern
verschmolzene Königsgut von der zur Pfalz
erweiterten Burg verwaltet. In staufischer Nachfolge bestellten die Grafen von
Habsburg seit 1280 einen Reichslandvogt als königlichen
Verwalter der zehn elsässischen Reichsstädte, der Reichslandvogtei Kaysersberg
und des Hagenauer Forstes. Seit 1341 wurde die Reichslandvogtei verpfändet
(Bayern, Pfalz, Habsburg, Luxemburg, Mähren), seit 1408/1413 an die Pfalz. 1504
musste die Pfalz H. nach dem bayerischen (Landshuter) Erbfolgekrieg an Habsburg
abtreten, das sie von 1530 bis 1558 erneut an die Pfalz verpfändete. Das Gebiet
der Landvogtei umfasste etwa 35 Dörfer. Nach 1633/1634 richtete Frankreich eine
französische Verwaltung ein, die 1648 bestätigt wurde. Ludwig XIV. verlieh H.
1659 dem Kardinal und 1661 dem Herzog von Mazarin, dann dem Hause Chatillon und
nach dessen Aussterben dem Herzog von Choiseul. 1678/1697 kam die Landeshoheit
rechtlich an Frankreich.
L.: Wolff 294f.; Becker, J., Die Reichsdörfer der Landvogtei und Pflege
Hagenau, ZGO N.F. 14 (1899), 207; Becker, J., Geschichte der Reichslandvogtei
im Elsass, 1905.
Hagenau (Reichsstadt). H. im Unterelsass
entstand um 1035 um eine Burg des Grafen Hugo IV. von Egisheim im Hagenauer
Forst. Seit 1153 bestand eine Pfalz, in der bis 1208 die Reichskleinodien
aufbewahrt wurden. Kaiser Friedrich I. Barbarossa erteilte dem Ort 1164
Stadtrecht. 1260 wurde die Stadt Reichsstadt. Diese umfasste noch 3 Dörfer. Im
14. Jahrhundert war sie Hauptort des elsässischen Städtebundes und Sitz der aus
dem Königshof in Schweighausen hervorgegangenen
kaiserlichen Landvogtei. Ihre Einwohnerzahl betrug etwa 3000. 1648 fiel H. an
Frankreich.
L.: Wolff 295; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) D4; Guerber, V.,
Histoire politique et religieuse de Haguenau, 1876; Schrieder, E.,
Verfassungsgeschichte von Hagenau im Mittelalter, 1909; Schlag, G., Die
Kaiserpfalz Hagenau. (in) Oberrhein. Kunst 10 (1942), 14; Gromer, G., Über die
Entwicklung des engeren Stadtgebiets der ehemaligen Reichsstadt Hagenau, (in)
Oberrhein. Kunst 10 (1942); Burg, A., Haguenau, 1950; Schuler, P., Hagenau,
LexMA 4 1989, 1838; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 2, 242.
Hagenbach (Reichsstadt). H. bei Germersheim wird
erstmals in einer Urkunde König Ludwigs des Deutschen
erwähnt. Später stand die Vogtei über das Reichsgut dem Kloster Weißenburg im
Elsass zu. 1281 erteilte König Rudolf von
Habsburg Stadtrechte. 1353 überließ Kaiser Karl IV. Burg, Stadt, Kellerei und
Vogtei der Pfalz. 1358 wurde H. der Landvogtei H. zugeteilt. Die Vogtei
Weißenburgs kam 1361/1384 an die Pfalz. 1768 trat die Pfalz das 1674 von
Frankreich besetzte Amt H. an Zweibrücken ab. Dieses erhielt 1774 von
Frankreich zur Sicherung seiner Rechte einen offenen Brief. 1815 kam H. zu
Bayern und 1946 zu Rheinland-Pfalz.
L.: Wolff 90; Landwehr, G., Die Verpfändung der deutschen Reichsstädte, 1967,
101.
Halberstadt (Hochstift, Fürstentum, Residenz). Karl
der Große errichtete ein von Bischof Hildegrim von Châlons-sur-Marne geleitetes
Missionsbistum für das südliche Sachsenland, das bis 818/820 seinen Sitz in
Seligenstadt, dem heutigen Osterwieck, hatte. An seine Stelle trat (vor 814 ?
oder um) 827 das Bistum H., das dem Erzbistum Mainz unterstellt wurde. Durch
die Errichtung des Erzbistums Magdeburg wie des Bistums Merseburg verlor es
seine östlichen Gebiete. 989 erwarb es Markt, Zoll und Bann des Ortes H. Von
Heinrich III. erhielt es umfangreiche Grafenrechte (1052 Grafschaft im
Harzgau), die es aber nur im engen Umkreis von H. zur Errichtung eines Herrschaftsgebiets
(bis Osterwieck, Oschersleben, Ermsleben [1332] und Aschersleben [1322]) nutzen
konnte. Von 1479 bis 1566 war es mit Magdeburg verbunden, wobei es 1541 zur
Reformation übertrat. Danach fielen die Grafschaften Hohnstein und Regenstein
heim. 1648 wurde das Bistum aufgehoben und das Hochstift als Fürstentum an
Brandenburg übertragen. Das Fürstentum umfasste den halberstädtischen Kreis
(mit der Stadt H., den Ämtern H., Gröningen, Kloster Gröningen und Schlanstedt,
der Grafschaft Regenstein und acht adligen Gerichten), den ascherslebenschen
Kreis (mit der Stadt Aschersleben, den Gerichten Gatersleben, Hausneindorf,
Ermsleben und Konradsburg, dem Domkapitelsamt Schneidlingen und den Ämtern
Winningen [Wieningen] und Falkenstein [Freckenstein]), den oschersleben-weferlingenschen
Kreis (mit den Ämtern Oschersleben, Krottorf (im Kreis Börde), Emmeringen und
Weferlingen), den osterwieck-hornburgischen Kreis (mit der Stadt Osterwieck,
dem Domkapitelamt Zilly und den Ämtern Hornburg, Wülperode, Stötterlingen und
Dardesheim) und die Herrschaft Derenburg. 1807 kam H., das mit der
Reichsgrafschaft Regenstein zusammen 31 Quadratmeilen umfasste, zum Königreich Westphalen, 1815 zur preußischen Provinz
Sachsen und 1945 zu Sachsen-Anhalt.
L.: Wolff 440f.; Zeumer 553 II b 20; Wallner 706 NiedersächsRK 12; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) F3, III 22 (1648) E5, III 38 (1789) D2;
Gringmuth-Dallmer, H., Magdeburg-Wittenberg, (in) Geschichte der deutschen
Länder, Bd. 1; Urkundenbuch des Hochstifts Halberstadt, hg. v. Schmidt, G., Bd.
1ff. 1883ff.; Brackmann, A., Geschichte des Halberstädter Domkapitels, 1898;
Fritsch, J., Die Besetzung des Halberstädter Bistums, 1913; Schmidt-Ewald, W.,
Die Entstehung des weltlichen Territoriums der Bischöfe von Halberstadt, 1916; Müller,
E., Die Entstehungsgeschichte der sächsischen Bistümer unter Karl dem Großen,
1938; Bogumil, K., Das Bistum Halberstadt im 12. Jahrhundert, 1972; Schrader,
F., Ringen, Untergang und Überleben der katholischen Klöster in den Hochstiften
Magdeburg und Halberstadt von der Reformation bis zum Westfälischen Frieden,
1977; Militzer, K./Przybilla, P., Stadtentstehung, Bürgertum und Rat.
Halberstadt und Quedlinburg bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts, 1980; Maseberg,
G., Halberstadt zur Zeit der Befreiungskriege, 1988; Bogumil, K., Halberstadt,
LexMA 1989, 1870ff. ; Repertorium der Policeyordnungen der frühen Neuzeit, hg.
v. Härter, K./Stolleis, M., Bd. 2 1998: Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 538, 1, 2, 246.
Hals (Grafschaft). Nach der Burg H. an der
Ilz benannte sich ein seit 1112 urkundlich bezeugtes Geschlecht, dessen
Reichslehen 1190 an die Herren von Kamm (Cambe) übergingen, die sich die Halser
nannten. 1207 wurde das Reichslehen den Bischöfen von Passau zugesprochen. 1279
erhob König Rudolf von Habsburg die Halser zu
Grafen. Sie vererbten 1375 ihre Güter an die Landgrafen von Leuchtenberg, die
H. 1485 an die Aichberg verkauften. Nach deren Aussterben kam es 1511 an Hans
von Degenberg (Hans den Degenberger), der die zum bayerischen Reichskreis
zählende Grafschaft 1517 an die Herzöge von Bayern verkaufte.
L.: Wolff 136; Wallner 711 BayRK 1; Brunner, L., Die Grafen von Hals, 1857;
Wagner, W., Das älteste Salbuch der Grafschaft Hals, 2003.
Hamburg (freie Reichsstadt, freie Stadt, Land,
Bundesland). H. erscheint erstmals anlässlich des karolingischen Vorstoßes in
das nordelbingische Sachsen. Nach Ausgrabungen der Jahre 2005f. könnte die
Hammaburg im 8. Jahrhundert auf dem späteren Domplatz zwischen Elbe und
Mönckebergstraße am Übergang von der Marsch zur Geest mit einem Durchmesser von
50 Metern errichtet worden sein. Vermutlich ordnete schon Kaiser Karl der Große
804 die Anlegung eines Königshofes und 811 nahe
der Mündung der Alster in die Elbe die Errichtung einer Taufkirche (in Holz)
an. Um 825 ließ Kaiser Ludwig der Fromme das Kastell Hammaburg (auf dem
heutigen Domplatz?) erbauen. 831 wurde H. Bischofssitz, 834 Erzbischofssitz des
heiligen Ansgar. 845/847 wurde der Sitz des Erzbistums nach verschiedenen Brandschatzungen
durch die Wikinger von H. nach Bremen verlegt. Im 11. Jh. wurde ein Dom aus
Stein errichtet. Unter den Grafen von Schauenburg (Schaumburg), die 1111 durch
Herzog Lothar von Süpplingenburg bzw. Sachsen mit der Grafschaft Holstein und
der Grafschaft Stormarn belehnt wurden, erfolgte der Ausbau zu einem wichtigen
Handelsplatz. Am 7. 5. 1189 erhielt die seit 1188 von Wirad von Boizenburg als
Leiter einer Siedlergruppe planmäßig errichtete, 1216 mit der Altstadt
vereinigte Neustadt H. um St. Nikolai Handelsrechte, Zollrechte und
Schifffahrtsrechte durch Kaiser Friedrich I. Barbarossa bestätigt. Etwa zur
gleichen Zeit erscheint in H. erstmals ein Rat. 1228 übertrug der Erzbischof
von Bremen seine Rechte an der Altstadt auf den Grafen von Schaumburg
(Schauenburg). Unter seiner Herrschaft entwickelte sich H. rasch zu einem
großen Ausfuhrhafen und zeichnete 1270 sein Stadtrecht im sog. Ordeelbook auf.
Um 1300 war bei einer Einwohnerzahl von etwa 5000 Personen weitgehende
Unabhängigkeit vom gräflichen Stadtherren, der 1292 der Stadt das Recht der
eigenen Rechtssetzung (kore) verliehen hatte, erreicht. Im 14. Jahrhundert
errang die Stadt besonderen Ruhm im Kampf gegen die Seeräuberei auf der Nordsee
(1400 Hinrichtung Klaus Störtebekers) und wurde als eines der ersten Mitglieder
der Hanse zu deren wichtigstem Umschlagplatz zwischen Nordsee und Ostseeraum
(um 1430 etwa 16000 Einwohner). 1392 gelang zunächst pfandweise der Erwerb der
Vogtei über die Stadt. 1375 wurde im Zuge einer selbständigen planmäßigen Territorialpolitik
die Moorburg und 1393 die Feste Ritzebüttel (Cuxhaven) mit der Insel Neuwerk
erlangt. 1420 musste Herzog Emil von Sachsen-Lauenburg Bergedorf und die
Vierlande an H. und Lübeck abgeben, die das Gebiet bis 1868, als es H. durch
Vertrag allein übernahm, gemeinsam verwalteten. Unter Kaiser Sigmund wurde die
Stadt erstmals als reichsunmittelbar bezeichnet. Seit 1460, als die Könige von Dänemark an die Stelle der Grafen von
Schauenburg traten, galt sie als Reichsstadt. 1510 wurde sie auf dem Reichstag
zu Augsburg für eine Reichsstadt im niedersächsischen Reichskreis erklärt. 1618
bestätigte das Reichskammergericht Hamburgs Selbständigkeit und 1768 erkannte
auch der König von Dänemark H. als kaiserliche
Reichsstadt an. 1528/1529 wurde in H. die Reformation eingeführt. Zugleich kam
es zu einem neuen wirtschaftlichen Aufschwung. 1603 wurde das schon 1497 in
einer Bilderhandschrift neu gefasste Recht unter Verwendung der Reformation der
Stadt Nürnberg und verschiedener anderer Quellen reformiert. Im Schutze einer
starken Befestigung blieb die Stadt vom Dreißigjährigen Krieg weitgehend
verschont. Seit 1770 hatte H. Sitz und Stimme im Städtekolleg des Reichstags. §
27 des Reichsdeputationshauptschlusses erhielt sie 1803 als Reichsstadt. Die
Besetzung durch Dänemark (1801-1806) und durch Frankreich (1806) und die
Kontinentalsperre führten zu einem gewichtigen Rückschlag für die sich seit
1806 als freie Hansestadt bezeichnende Stadt, die wenig später ihren Dom
abriss. Von 1810 bis 1814 war die Stadt als Hauptstadt des Elbe-Departements in
das französische Reich eingegliedert. 1813/1814 verstand sich H. als
selbständiger Einzelstaat. 1815 trat es als Freie und Hanse-Stadt dem Deutschen
Bund bei. Am 28. 9. 1860 gab es sich – nach älteren Rezessen zwischen Rat und
Bürgerschaft von 1410, 1529 und 1712 und einem gescheiterten Verfassungsversuch
vom 11. 7. 1849 – eine Verfassung mit Senat und Bürgerschaft. 1867 trat es dem
Norddeutschen Bund bei und übertrug 1868 die Wehrhoheit auf Preußen, doch erst
1881/1888 wurde es Mitglied im deutschen Zollverein. 1871 schloss es sich dem
Deutschen Reich an. 1919 gründete H. eine Universität. 1921 erhielt es eine
neue Verfassung. 1933 wurde die Bürgerschaft aufgelöst und wurde ein
Reichsstatthalter eingesetzt. Am 16. 1./9. 12. 1937 wurden die preußischen
Städte Altona mit Blankenese, Wandsbek und Harburg-Wilhelmsburg sowie 27
Landgemeinden im Austausch gegen Cuxhaven (mit der Insel Neuwerk), Geesthacht
und einige kleinere Orte eingegliedert. Nach dem Gesetz über die Verfassung und
Verwaltung der Hansestadt H. stellte diese einen staatlichen Verwaltungsbezirk
mit einer Einheitsgemeinde als Selbstverwaltungskörperschaft dar. Am 3. 5. 1945
wurde H. von Großbritannien besetzt und der britischen Besatzungszone
zugeteilt. Am 6. 6. 1952 erhielt die seit 1949 der Bundesrepublik Deutschland
zugehörige Freie und Hansestadt Hamburg (Stadtstaat) eine neue Verfassung. 1969
erlangte H. durch Vertrag mit Niedersachsen zur Schaffung eines Vorhafens
wieder einen Teil des Elbemündungsgebiets mit der Insel Neuwerk.
L.: Wolff 458; Zeumer 554 III a 9; Wallner 707 NiedersächsRK 18; Großer
Historischer Weltatlas II 78 (1450) F/G3, III 22 (1648) E2, III 38 (1789) C/D1;
Kellenbenz, H., Die Hanse und die Städte Lübeck, Hamburg und Bremen, (in)
Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Schroeder 89ff.; Bauer 1, 177; Die
Territorien des Reichs 6, 114; Anderson, C., Hamburgisches Privatrecht, Teil
1ff. 1782ff.; Hamburgisches Urkundenbuch, Bd. 1 (786-1300), hg. v. Lappenberg,
J., 1842, Bd. 2 (1301-1336), hg. v. Stadtarchiv Hamburg, Bd. 3 (Register zu Bd.
2), bearb. v. Nirrnheim, H., 1953, Bd. 4 (1337-1350), bearb. v. Reetz, J.,
1967; Lappenberg, J., Die ältesten Stadt-, Schiff- und Landrechte Hamburgs,
1845; Westphalen, N., Hamburgs Verfassung und Verwaltung in ihrer allmählichen
Entwicklung bis auf die neueste Zeit, Bd. 1f. 2. A. 1846; Baumeister, H., Das
Privatrecht der freien und Hansestadt Hamburg, Bd. 1f. 1856; Stubbe, E.,
Verfassung und Verwaltung der hamburgischen Marschgemeinden, Diss. jur. Hamburg
1922; Baasch, E., Geschichte Hamburgs 1814-1918, Bd. 1f. 1924f.; Wölfle, K.,
Hamburger Geschichtsatlas, 1926; Schöffel, J., Kirchengeschichte Hamburgs, Bd.
1 1929; Reincke, H., Hamburgs Geschichte, 1933; Reincke, H., Das Amt
Ritzebüttel, Diss. phil. Hamburg 1935; Bolland, G., Hamburg, 1938; Bücherkunde
zur hamburgischen Geschichte, hg. v. Möller, K./Tecke, A. Teil 1,2 1939, 1956;
Studt, B., Hamburg 1951; Reincke, H., Forschungen und Skizzen zur hamburgischen
Geschichte, 1951 (mit Karte der mittelalterlichen Stadtentwicklung); Drexelius,
W./Weber, R., Die Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg vom 6. 6. 1952,
1953; Bolland, J., Das hamburgische Ordeelbook von 1270 und sein Verfasser, ZRG
GA 72 (1956), 83ff.; Ipsen, H., Hamburgs Verfassung und Verwaltung von Weimar
bis Bonn, 1956; Johansen, P., Grundzüge der geschichtlichen Entwicklung der
Freien und Hansestadt Hamburg, 2. A. 1967; Bolland, J., Die Hamburger
Bürgerschaft in alter und neuer Zeit, 1959; Hamburgische Burspraken 1346 bis
1594, bearb. v. Bolland, J., 1960; Die Bilderhandschrift des Hamburger
Stadtrechts 1497, erl. v. Reincke, H., 1968; Grundmann, G., Hamburg gestern und
heute, 1972; Hamburg, Geschichte der Stadt und ihrer Bewohner, 1888-1980, hg.
v. Jochmann, W., Bd. 1f. 1982ff.; Hanf, M., Hamburgs Weg in die praktische
Unabhängigkeit vom schauenburgischen Landesherrn, 1986; Postel, R., Die
Reformation in Hamburg, 1986; Stadt und Hafen, hg. v. Ellermeyer, J., 1986;
Hamburg im Zeitalter der Aufklärung, hg. v. Stephan, J./Winter, H., 1989; Das
alte Hamburg (1500-1848/49), hg. v. Herzig, A., 1989; Seegrün, W.,
Hamburg-Bremen, LexMA 4 1989, 1885ff.; Stadtgeschichte Hamburg, red. v.
Schöller, A., 1990; Postel, R., Hamburg-Bremen 1974-1989 (Sammelbericht), Bll.
f. dt. LG. 126 (1990), 625ff.; Klessmann, E., Geschichte der Stadt Hamburg, 7.
A. 1994; Die Stadt im westlichen Ostseeraum, Bd. 1 1995, 93; Hamburg-Lexikon,
hg. v. Kopitzsch, F. u. a., 1998; Krieger, M., Geschichte Hamburgs, 2006.
Hannover (Fürstentum, Herzogtum, Kurfürstentum, Königreich, Provinz, Land, Residenz). Am Übergang der
Straße von Hildesheim nach Bremen über die Leine entstand vor 1100 die um 1150
erwähnte Siedlung (vicus) Honovere, die durch Heinrich den Löwen so gefördert
wurde, dass sie 1189 als civitas (Stadt?) bezeichnet werden konnte. Seit
1235/1241 gehörte sie durch Erwerb von den Grafen von Roden den Herzögen von
Braunschweig-Lüneburg. Ansatzpunkt für das Land H. wurde dann die mittlere
Linie des Hauses Braunschweig-Lüneburg. Ihr unterstanden unter dem Namen
Braunschweig-Celle Lüneburg und Celle mit H. und Harburg. 1582 erwarb sie die
Reichsgrafschaft Hoya, 1585 die Reichsgrafschaft Diepholz. 1617 sprach Kaiser
Matthias das Herzogtum Grubenhagen Braunschweig-Wolfenbüttels zu. Nach dem
Aussterben Braunschweig-Wolfenbüttels (1634) fielen Wolfenbüttel sowie die
Reichsgrafschaft Regenstein und Blankenburg an die durch August von
Braunschweig-Lüneburg († 1666) begründete Linie. Die Herzogtümer Calenberg und
Göttingen sowie die Güter der 1642 ausgestorbenen Linie Harburg kamen 1635/1636
an seine Neffen Friedrich († 1648) und Georg († 1641), welche die Stadt H.
zwangen, Hofstaat und Soldaten aufzunehmen. 1648 erhielten die Lüneburger das
Kloster Walkenried, das sie gegen Dannenberg an Braunschweig gaben. 1636
verlegte Herzog Georg seine Residenz nach H. Herzog Ernst August (Regent seit
1679, † 1698) erwarb 1689 das Herzogtum Sachsen-Lauenburg und erreichte
1692/1708 die Erhebung zum Kurfürsten (Kurbraunschweig, später Kurhannover).
Sein Sohn erlangte 1700 die Herrschaft Wildeshausen und vereinigte nach dem
Tode seines Onkels und Schwiegervaters Georg Wilhelm von Braunschweig-Celle
(1705) alle nichtbraunschweigischen Güter der Welfen (Calenberg-Göttingen,
Grubenhagen, Lüneburg). 1714 begann auf Grund einer Sukzessionsakte von 1701 -
Herzog Ernst Augusts Gemahlin Sophie von der Pfalz war Enkelin des englischen Königs Jakob I. - eine bis 1837 währende Personalunion
mit England/Großbritannien. 1720 wurden durch Kauf die Herzogtümer Verden und Bremen
von Schweden erworben, 1731 das Land Hadeln und 1741 das Amt Blumenthal und das
Gericht Neuenkirchen gegen Abtretung Vegesacks an die Reichsstadt Bremen. Damit
war insgesamt ein Herrschaftsgebiet von rund 700 Quadratmeilen mit 750000
Einwohnern geschaffen, für das der Kurfürst sechs Stimmen im Reichsfürstenrat
(Calenberg, Celle, Grubenhagen, Bremen, Verden, Sachsen-Lauenburg) und drei
Stimmen im westfälischen Reichsgrafenkollegium (Hoya, Diepholz, Spiegelberg [,
Hallermunt an Graf Platen überlassen]) sowie 5 Stimmen im niedersächsischen
Reichskreis (Celle, Grubenhagen, Calenberg, Sachsen-Lauenburg, Bremen), 3
Stimmen im niederrheinisch-westfälischen Reichskreis (Hoya, Diepholz,
Spiegelberg) und 1 Stimme im obersächsischen Reichskreis (Walkenried) hatte.
1737 gründete H. die Landesuniversität Göttingen. 1752 gewann es die
Pfandherrschaft über die Reichsgrafschaft Bentheim. Dazu kam die
Schirmherrschaft über die Stadt Hildesheim, die Reichsstadt Goslar und die
Reichsabtei Corvey. 1801/1802 war H. von Preußen besetzt. 1803 erhielt es durch
§ 4 des Reichsdeputationshauptschlusses für seine Ansprüche auf die Grafschaft
Sayn-Altenkirchen Hildesheim, Corvey und Höxter sowie für seine Rechte und
Zuständigkeiten in den Städten Hamburg und Bremen und die Abtretung des Amtes
Wildeshausen das Hochstift Osnabrück, wurde aber durch Erwerbungen Preußens in
Westfalen von diesem umklammert. Von 1803 bis 1813 war es von Frankreich
besetzt (Regierung zuerst in Lauenburg, dann in Schwerin im Exil), 1806 für
wenige Monate Preußen einverleibt. Von 1807 bis 1813 gehörte der südliche Teil
Hannovers mit Göttingen, Grubenhagen und Clausthal zum Königreich
Westphalen, vom 10. 12. 1810 bis 1813 der nördliche Teil unmittelbar zu
Frankreich. Seit dem 12. 10. 1814 war H. ein Königreich,
das 1815 um Osnabrück, Emsland, Lingen, Meppen, Ostfriesland (im Tausch mit
Preußen gegen Lauenburg), Hildesheim, Goslar und das Untereichsfeld vergrößert
und um Lauenburg verkleinert wurde. 1819 wurde eine Verfassung eingeführt, die
1833 durch ein neues Staatsgrundgesetz ersetzt wurde (bis 1837, hannoverscher
Verfassungskonflikt), das seinerseits 1840/1848 reformiert wurde. Am 20. 9./3.
10. 1866 wurde H. von Preußen annektiert. Am 1. 10. 1867 wurde die preußische
Verfassung eingeführt. Der preußischen Provinz wurde 1922 die Grafschaft
Pyrmont Waldecks und 1932 gegen Abtretung des Kreises Ilfeld an die Provinz
Sachsen der Kreis Grafschaft Schaumburg zugeteilt. Am 23. 8. 1946 wurde das
Land H. wiedererrichtet, ging aber am 1. 11. 1946 in Niedersachsen auf, dessen
Hauptstadt die Stadt H. wurde.
L.: Wolff 436; Zeumer 554 II b 63, 10-12 (England); Großer Historischer
Weltatlas III 38 (1789) C1; Schnath, G./Lübbing, H./Engel, F., Niedersachsen,
(in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Bauer 1, 227; Havemann, W.,
Geschichte der Lande Braunschweig und Lüneburg, Bd. 1ff. 1853ff.; Oppermann,
H., Zur Geschichte Hannovers 1832-1860, Bd. 1f. 2. A. 1968; Heinemann, O. v.,
Geschichte von Braunschweig und Hannover, Bd. 1f. 1884ff.; Hassell, W. v.,
Geschichte des Königreiches Hannover, Bd. 1ff.
1898ff.; Meier, E. v., Hannoversche Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte
1680-1860, Bd. 1f. 1898ff.; Loewe, V., Bibliothek der hannoverschen und
braunschweigischen Geschichte, 1908; Tecklenburg, A./Dageförde, K., Geschichte
der Provinz Hannover, 3. A. 1921; Topographische Landesaufnahme des
Kurfürstentums Hannover 1764-1786, Begleitwort v. Wagner, H., 1924; Wolters,
G., Das Amt Friedland und das Gericht Leineberg, 1927; Schnath, G., Die
kurhannoverische Landesaufnahme 1764-86, Hannov. Magazin 7, 1931; Schnath, G.,
Die kurhannoverische Landesaufnahme des 18. Jh. und ihre Kartenwerke, Mitt. des
Reichsamts für Landesaufnahme 1933-1934; Busch, F., Bibliothek der
niedersächsischen Geschichte 1908-32, 1938; Schnath, G., Geschichte Hannovers
im Zeitalter der neunten Kur und der englischen Sukzession 1674-1714, Bd. 1ff.
1938-1982; Schnath, G., Geschichtlicher Handatlas Niedersachsens, 1939;
Mundhenke, D., Das Patrimonialgericht Adelebsen, 1941; Niedersächsischer
Städteatlas, Abt. 2 1933-1935, 1953; Die Kurhannoversche Landesaufnahme des 18.
Jahrhunderts, bearb. v. Engel, F., 1959; Schnath, G., Niedersachsen und
Hannover, 4. A. 1964; Kühlhorn, E., Ortsnamenlexikon für Südniedersachsen,
1964; Busch, S., Hannover, Wolfenbüttel und Celle. Stadtgründungen und
-erweiterungen in drei welfischen Residenzen vom 16. bis 18. Jahrhundert, 1969;
Hellfaier, D./Last, M., Historisch bezeugte Orte in Niedersachsen bis zur
Jahrtausendwende, 1976; Barmeyer, H., Hannovers Eingliederung in den
preußischen Staat: Annexion und administrative Integration, 1983; Dann, U.,
Hannover und England 1740-1760, 1986; Press, V., Kurhannover im System des
alten Reichs 1692-1803, 1986; Zimmermann, H., Hannover. Geschichte unserer
Stadt, 1986; Müller, S., Stadt, Kirche und Reformation, 1987; Müller, S.,
Hannover im 18. Jahrhundert, 1987; Hannover und sein Umland, hg. v. Hauptmeyer,
C., 1994; Hannovers Übergang vom Königreich zur
preußischen Provinz, hg. v. Sabelleck, R., 1995; Rechtsquellen aus den
hannoverschen Landen, hg. v. Oberschelp, R., 1999; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 2, 250; Roolfs,
C., Der hannoversche Hof von 1814 bis 1866, 2005; Thompson, A., Britain,
Hanover and the Protestant Interest 1688-1756, 2006; Kempf, S., Wahlen zur
Ständeversammlung im Königreich Hannover
1848-1866, 2007.
Harburg (Reichsstadt/Reichsdorf). H. an der
Wörnitz wird als Burg erstmals 1093 erwähnt. 1150 war es in den Händen der
Staufer. Die unter der Burg gelegene Siedlung wurde vor 1250 Markt. Am 7. 10.
1251 verpfändete König Konrad IV. die Städte H.
und Dinkelsbühl, die Burg Gosheim (Sorheim) und die Vogtei des Klosters
Mönchsroth (Rot) sowie den Zehnten zu Aufkirchen an den Grafen von Oettingen.
1295 wurden Burg und Ort vom Reich erneut an die Grafen von Oettingen
verpfändet, die von 1493 bis 1549 dort residierten. In einer Bestätigung König Ruprechts vom 24. 2. 1407 wird H. Markt genannt.
1731 kam H. an Oettingen-Wallerstein. 1806 fiel es an Bayern.
L.: Hugo 452; Wolff 177; Rieser Kirchenbuch, 1954.
Hardegg (reichsunmittelbare Grafschaft). Die im
12. Jahrhundert errichtete Burg H. an der Thaya in Niederösterreich war Sitz
der Grafen von H., die sich vor 1187 Grafen von Plain (bei Salzburg bzw.
Reichenhall) nannten. 1278 verlieh König Rudolf
von Habsburg die dem Reich 1260 durch Aussterben des Mannesstammes
heimgefallene Grafschaft an den dritten Gemahl der Witwe des letzten Grafen
Berthold von Rabenswald (Rabenswalde). 1481 fiel die bedeutende, seit dem Ende
des 15. Jahrhunderts reichsunmittelbare Grafschaft (mit Hardegg, Pulkau und
Retz [1280]) durch Erbvertrag und Verzicht an Kaiser Friedrich III. und damit
an Österreich. Dort kam H. 1495 ohne Retz an die Prüschenk, die gleichzeitig zu
Reichsgrafen von H. erhoben wurden.
L.: Wolff 26; Jordan, R./Helmreich, J., Hardegg, 1964; Hardegg und seine
Geschichte, 1976; Weltin, M., Böhmische Mark, Reichsgrafschaft Hardegg und die
Gründung der Stadt Retz, Retzer Heimatbuch Bd. 1 2. A. 1984, 7ff.; Das Urbar
des Grafen Burkhard III. von Maidburg-Hardegg aus dem Jahre 1363, hg.v.
Zehetmayer, R., 2001; Zehetmayr, R., Urkunde und Adel, 2010.
Hassloch (Reichsdorf). H. bei Neustadt an der
Weinstraße wird 773 erstmals erwähnt. Wie Böhl und Iggelheim war es Reichsdorf
und bildete mit diesen zusammen die Pflege H. Am 20. 3. 1252 verpfändete König Wilhelm dem Bischof von Speyer die Dörfer H. und
Böhl. Am 22. 1. 1330 verpfändete Kaiser Ludwig der Bayer den Pfalzgrafen Rudolf
und Ruprecht neben fünf Reichsstädten die Dörfer H. und Böhl. 1379 kamen drei
Viertel der Pflege H. als Mannlehen der Pfalz an die Grafen von Leiningen. Nach
langjährigen Streitigkeiten erhielt 1517 in einem Vergleich die Pfalz die
Oberherrlichkeit über die Pflege, gab diese aber an Leiningen zu Lehen. 1815
kam H. zu Bayern, 1945 zu Rheinland-Pfalz.
L.: Hugo 464f., Wolff 465; Wenz, G., Beiträge zur Geschichte der Pflege
Hassloch, 2. A. 1925; Karst, T., Das kurpfälzische Oberamt Neustadt an der
Haardt, 1960.
Hatzfeld, Hatzfeldt (Herren, Reichsgrafen, Reichsfürsten,
Reichsritter). Nach der 1282 erwähnten Burg H. an der oberen Eder benannte sich
eine seit 1138/1145 nachweisbare edelfreie Familie (Hepisvelt). Zu Anfang des
14. Jahrhunderts teilte sie sich in zwei Hauptlinien. Sie musste 1311 ihre Burg
an Hessen zu Lehen auftragen, erwarb aber um 1380/1430 die reichsunmittelbare
Herrschaft Wildenburg bei Altenkirchen sowie 1387 Bringhausen und 1503 Eifa.
Die Herrschaft H. kam nach dem Aussterben einer Linie 1570, 1588 und 1772 an
die Landgrafen von Hessen. 1635/1640 wurde die Familie H. in den
Reichsgrafenstand erhoben. 1641 erlangte sie aus der Konfiskationsmasse des
Grafen Schaffgotsch die freie Standesherrschaft Trachenberg (Drachenberg) in
Niederschlesien(, die 1741 Fürstentum wurde). Dazu kamen weitere Güter (1639
Belehnung mit den Teilen Mainz‘ der Grafschaft Gleichen [1794 an Mainz zurück],
1641 Herrschaften Haltenbergstetten [vom Hochstift Würzburg, 1794 dorthin
zurück], Rosenberg, Waldmannshofen, Pfand der Herrschaft Laudenbach bei
Weikersheim). Außerdem gehörte zu den Ländereien der Fürsten die niedere
Herrschaft Kranichfeld und die Herrschaft Blankenhain im obersächsischen
Reichskreis. Mit Haltenbergstetten, Eichhof, Ermershausen, Eulenhof, Neubronn,
Niederstetten, Oberndorf, Rinderfeld, Streichental, Wermutshausen und dem 1637
erworbenen, 1806 an Bayern und 1810 an Württemberg fallenden Waldmannshofen
zählten die H. im 17. und 18. Jahrhundert zum Kanton Odenwald des Ritterkreises
Franken (außerdem um 1700 zum Kanton Rhön-Werra), mit dem Kirchspiel Friesenhagen
und mit den Schlössern Wildenburg und Krottorf (bei Friesenhagen)sowie Wissen
rechts der Sieg, Schönstein und Merten in der Linie Hatzfeld-Wildenburg
(Hatzfeld-Wildenberg) zum Kanton Mittelrheinstrom des Ritterkreises Rhein.
Durch König Friedrich den Großen von Preußen
wurde der Linie Hatzfeld-Trachenberg der Fürstenstand verliehen. Bei ihrem
Aussterben (1794) wurde sie von Graf Franz Ludwig von
Hatzfeld-Werther-Schönstein beerbt, dem 1803 der preußische Fürstenstand
bestätigt wurde. Die von ihm begründete Linie Hatzfeld-Trachenberg erhielt 1900
den Titel eines Herzogs von Trachenberg. Der Linie Hatzfeld-Wildenburg wurde
1870 die preußische Fürstenwürde verliehen.
L.: Wolff 398ff.; Großer Historischer Weltatlas III 38 (1789) D2; Roth von
Schreckenstein 2, 595; Hölzle, Beiwort 56; Winkelmann-Holzapfel 152; Stetten
183; Riedenauer 124; Neumaier 149, 173; Genealogischer Kalender 1753, 547;
Genealogisches Handbuch des Adels. Fürstliche Häuser, Bd. 1 1951, 485ff.;
Gensicke, H., Landesgeschichte des Westerwaldes, 2. A. 1987; Kloft, J.,
Inventar des Urkundenarchivs der Fürsten von Hatzfeld, 1975; Friedhoff, J., Die
Familie von Hatzfeldt, 2004.
Havelberg (Hochstift, Residenz). An der günstigen
Lage kurz vor der Einmündung der Havel in die Elbe bestand wohl bereits früh
ein slawischer Stammesmittelpunkt, an dem vielleicht 929 eine Höhenburg
angelegt wurde. (947 oder) 948 gründete König
Otto I. in H. ein Missionsbistum, das zunächst dem Erzbistum Mainz, 968 dem
Erzbistum Magdeburg unterstellt und nach der Zerstörung 983 erst im 12.
Jahrhundert, nach der Wiedereroberung des Gebiets durch den Askanier Albrecht
den Bären (1136/1137), wiederbegründet wurde (1147/1150). Es erlangte
umfangreiche Güter (Plattenburg, Putlitz, Wilsnack, Wittstock) und war zunächst
reichsunmittelbar, geriet aber vom 14. Jahrhundert an zunehmend in Abhängigkeit
von den Markgrafen von Brandenburg, wurde im 15. Jahrhundert landsässig und
blieb bis zu seiner Aufhebung 1571 unter der Landeshoheit Brandenburgs. Das
evangelisch gewordene Domkapitel bestand bis 1819.
L.: Wolff 387; Heckel, J., Die evangelischen Dom- und Kollegiatstifter
Preußens, 1924; Historischer Atlas der Provinz Brandenburg, Kirchenkarten Nr. 1
und 2, hg. v. Wentz, G., 1929ff.; Wentz, G., Das Bistum Havelberg, 1933;
Schultze, J., Die Prignitz, 1956; Mitteldeutsche Bistümer im Spätmittelalter,
hg. v. Schmidt, R., 1988; Escher, P., Havelberg, LexMA 4 1989, 1980f.; Höfe und
Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 543,
1, 2, 258.
Heggbach, Hegbach, Hepbach (reichsunmittelbare
Abtei). In H. (Hecchibach) bei Biberach wurde vermutlich in Anlehnung an eine
ursprünglich adlige, dann über König Heinrich
(VII.) an die Linzgauzisterze und von dort an einen zunächst bei Maselheim
angesiedelten Konvent von Beginen gelangte Eigenkirche vor 1231 ein
Zisterzienserinnenkloster gegründet. Es erlangte 1429 die niedere
Gerichtsbarkeit für sein Gebiet und war seit dem späten Mittelalter, weil es
nie einen Vogt hatte, reichsunmittelbar. In geistlicher Hinsicht unterstand es
der Oberaufsicht des Abtes von Salem. Die Herrschaft des zum schwäbischen
Reichskreis zählenden Klosters umfasste die fünf Dörfer Baustetten, Bronnen,
Maselheim, Mietingen und Sulmingen, insgesamt ein Gebiet von 1,5 Quadratmeilen
bzw. 80 Quadratkilometern mit 3000 Einwohnern. Durch § 24 des
Reichsdeputationshauptschlusses vom 25. 2. 1803 kam es (bis 1873) an die Grafen
Waldbott von Bassenheim bzw. (von) Waldbott-Bassenheim, die Dörfer Mietingen,
Sulmingen sowie der Zehnt von Baltringen an die Grafen von Plettenberg, 1806 an
Württemberg. Bibliothek und Archiv wurden 1820 nach Buxheim gebracht. 1875/1884
ersteigerten die Franziskanerinnen von Reute (Reutte) das Klostergelände. Über
Württemberg kam H. 1951/1952 zu Baden-Württemberg.
L.: Gumpelzhaimer 67; Wolff 192; Zeumer 552 II a 36, 18; Wallner 689 SchwäbRK
67; Großer Historischer Weltatlas III 38 (1789) C3; Erzberger, M., Die
Säkularisation in Württemberg 1802-1810, 1902; Mayer, F., Geschichte des
vormaligen Reichsstifts und Gotteshauses Heggbach, 1917, Neudruck 1981; Beck,
O., Die Reichsabtei Heggbach, 1980; 750 Jahre Kloster Heggbach (1231-1981), hg.
v. Haas, L., 1981; Rheden-Dohna, A. v., Reichsstandschaft und
Klosterherrschaft. Die schwäbischen Reichsprälaten im Zeitalter des Barock,
1982.
Heidenheim (Herrschaft). Neben älteren Siedlungen
bestand in H. an der Brenz ein erstmals zwischen 750 und 802 anlässlich einer
Schenkung an Fulda erwähntes, auf alemannischem Herzogsgut errichtetes Dorf. In
der Mitte des 12. Jahrhunderts stand das meiste Gut in H. den Hellenstein zu,
von denen Degenhard von Kaiser Friedrich I. Barbarossa zum procurator des Königsgutes in Schwaben bestellt wurde. König Rudolf von Habsburg zog das ehemals staufische
Gut an das Reich. 1302 wurde es an die Helfenstein verpfändet, welche die
Höhenburg Hellenstein zum Mittelpunkt der Herrschaft Hellenstein machten, die
1448 als Herrschaft H. an Württemberg und 1450 von dort an Bayern-Landshut
veräußert wurde. 1504 kam die zum schwäbischen Reichskreis zählende Herrschaft
nach dem Erbfolgekrieg um Bayern-Landshut wieder an Württemberg, wo sie
abgesehen von 1635/1648 (Bayern) verblieb. 1951/1952 gelangte damit H. zu
Baden-Württemberg.
L.: Wolff 161; Wallner 684 SchwäbRK 1; 600 Jahre Stadt Heidenheim/Brenz
1356-1956, 1956; Heimatbuch des Kreises Heidenheim, 2. A. 1963; Heidenheim an
der Brenz, bearb. v. Schneider, F., 1970; Bühler, H., Heidenheim im
Mittelalter, 1975; Akermann, M., Schloss Hellenstein über Heidenheim, 1978.
Heidingsfeld (Reichsdorf, Reichsstadt). H.
(Heitingsveldono) bei Würzburg wird 779 in der Würzburger Markbeschreibung
erstmals genannt. Um 849 ist dort zu Lehen ausgegebenes Königsgut nachweisbar, das an Fulda und von dort als Lehen an die
Grafen von Rothenburg und damit an die Staufer kam. Am 18. 11. 1297 verkündigte
König Adolf den Männern in H. und Lützelfeld
(Lutzelenvelt), dass er sie an den Bischof von Würzburg verpfändet habe. Im 14.
Jahrhundert war der Ort durch Einlösung der Pfandschaft seitens (Kaiser) Karls
IV. bei Böhmen und erhielt 1368 das Stadtrecht von Sulzbach. Von 1431 bis 1488
war H. bei Nürnberg und seit dem Anfang des 16. Jahrhunderts bzw. endgültig
seit 1628 bei dem Hochstift Würzburg, mit dem er später an Bayern gelangte.
1930 wurde H. in Würzburg eingemeindet.
L.: Dacheröden 232; Hugo 458; Wolff 100; Mathes, W. S., Heidingsfeld, Diss.
phil. Würzburg 1956; Die Geschichte der Stadt Heidingsfeld, hg. v. Leng, R.,
2005.
Heilbronn (Reichsstadt). H. am Neckar erscheint
nach älteren Siedlungsspuren als fränkisches Königsgut,
dessen Kirche und Zehnt dem 742 gegründeten Bistum Würzburg übertragen wurden
(822 Heilibrunna). Um die Mitte des 11. Jahrhunderts unterstand es den Grafen
von Calw, die es 1146 an Hirsau gaben. Später war es zwischen den Herren von
Dürn, dem Hochstift Würzburg und den Staufern umstritten. Spätestens im 13.
Jahrhundert kam es an die Staufer. 1215/1225 wurde es oppidum genannt. Das
erste erhaltene Stadtrecht stammt von 1281. Vielleicht schon seit dem
Interregnum (1254-1273), jedenfalls seit dem 14. Jahrhundert (1322 Blutbann,
1334 Nichtevokationsprivileg, 1360 Erwerb des Schultheißenamtes, 1464 Erwerb
der Vogtei) war es Reichsstadt. Zu ihr gehörten das Reichsdorf Böckingen sowie
drei weitere Dörfer. Um 1790 war H. im Kanton Odenwald des Ritterkreises
Franken immatrikuliert. 1802 fiel das zum schwäbischen Reichskreis zählende H.
mit Böckingen, Flein, Frankenbach, Neckargartach und Lautenbacher Hof
(Lauterbacher Hof), insgesamt 1 Quadratmeile bzw. rund 55 Quadratkilometer
Gebiet, und rund 9400 Einwohnern an Württemberg, über das es 1951/1952 zu
Baden-Württemberg kam.
L.: Wolff 215; Zeumer 555 III b 12; Wallner 689 SchwäbRK 77; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) E4, III 22 (1648) D4, III 38 (1789) C3;
Riedenauer 129; Schroeder 346ff.; Jäger, K., Geschichte der Stadt Heilbronn und
ihrer ehemaligen Gebiete, 1828; Knapp, T., Über die vier Dörfer der Reichsstadt
Heilbronn, (in) Erinnerungsschrift des herzogl. Karls-Gymnasiums in Heilbronn,
1894; Beschreibung des Oberamtes Heilbronn, Bd. 1f. 1901ff.; Urkundenbuch der
Stadt Heilbronn, Bd. 1ff. 1904ff.; Gauss, W., Heilbronn, die Stadt am heiligen
Brunnen, 1956; Hempe, L., Die Stadtgemeinde Heilbronn, 1959; Weingärtner, K.,
Studien zur Geschichtsschreibung der Reichsstadt Heilbronn am Neckar, 1962;
Hellwig, H., Der Raum um Heilbronn, 1970; Stadt- und Landkreis Heilbronn, 1973;
Aus der Heilbronner Geschichtsschreibung, hg. v. Schrenk, C., 1988; Schuler,
P., Heilbronn, LexMA 4 1989, 2013f.; Jäschke, K., Heilbronn, 1991; Schrenk, C.,
Von Helibrunna nach Heilbronn, 1998.
Heiligenstein (Reichsdorf). Am 16. 4. 1276 verpfändete
König Rudolf von Habsburg das Dorf H. zwischen
Straßburg und Schlettstadt dem Eberhard von Landsberg für 100 Mark. Am 5. 12.
1339 erlaubte Kaiser Ludwig der Bayer dem Johann von Ecketich die Einlösung. Am
2. 1. 1357 verpfändete Kaiser Karl IV. dem Edlen von Landsberg das Dorf für 150
Mark Silber. Am 6. 6. 1409 erlaubte König
Ruprecht von der Pfalz seinem Sohn, das eingelöste Reichsdorf als
Reichspfandschaft zu besitzen. S. Elsass.
L.: Hugo 471.
Helmarshausen (Reichsabtei). H. an der Diemel bei
Hofgeismar ist vor 944 (Helmerateshusa) als Königshof
bezeugt. Zu Ende des 10. Jahrhunderts entstand vermutlich durch Graf Eckhard
von Reinhausen ein Benediktinerkloster, das vor 997 zur Reichsabtei mit
Freiheit wie Corvey erhoben wurde. 1017 gab Kaiser Heinrich II. H. an den
Bischof von Paderborn. 1220 übernahm das Erzstift Köln den Schutz der Abtei
gegen Paderborn. Von 1479 bis 1597/1617 kam H. durch Unterstellung an Hessen.
Die Reichsabtei wurde 1536 aufgehoben. 1597 verzichtete Paderborn nach langem
Rechtsstreit auf seine Rechte. Später gelangte H. an Preußen (Provinz
Hessen-Nassau).
L.: Wolff 254; Pfaff, F., Die Abtei Helmarshausen, Zs. d. Ver. f. hess. Gesch.
u. Landeskunde 44 (1910), 188ff., 45 (1911); Heinemeyer, W., Ältere Urkunden
und ältere Geschichte der Abtei Helmarshausen, Arch. f. Diplomatik 9/10
(1963/1964); Fahlbusch, F., Helmarshausen, LexMA 4 1989, 2123f.; Helmarshausen,
hg. v. Baumgärnter, I., 2003.
Henneberg (Grafschaft). Seit dem Ende des 11.
Jahrhunderts (Juli 1096) nannte sich ein aus dem Grabfeld stammendes, in enger
Verbindung zur Abtei Fulda stehendes und 1037 (Poppo I. † 1078) erstmals
urkundlich bezeugtes Geschlecht, das zwischen Thüringer Wald, Rhön und
Hassbergen begütert war, nach der Burg H. (Hainberg, mit Laubwald bedeckter
Berg) im Grabfeld zehn Kilometer südwestlich Meiningens. Es trat nach schweren
Niederlagen durch die Bischöfe von Würzburg, deren Reichsvögte, Burggrafen
(1091) und Marschälle das Geschlecht stellte, in deren Lehnsdienst ein. 1230
verlor es das Burggrafenamt von Würzburg sowie Meiningen, Mellrichstadt und
Stockheim und wurde mit dem Kern seiner Herrschaft nach Thüringen abgedrängt,
1310 aber in den gefürsteten Grafenstand erhoben. Im thüringischen
Erbfolgestreit erhielt es 1249 für seine Ansprüche Schmalkalden („neue
Herrschaft“, die 1291 in weiblicher Linie vorübergehend an Brandenburg fiel).
1274 erfolgte eine Teilung in die drei Linien Henneberg-Schleusingen (bis 1583,
1310 Fürstengenossen), Henneberg-Aschach (bis 1549, 1486 in den
Reichsfürstenstand erhoben) und Henneberg-Hartenberg(-Römhild) (bis 1378/1379,
Güter durch Verkauf an Henneberg-Aschach). Die sog. „neue Herrschaft“ (Coburg,
Sonneberg), die Heinrich VIII. über Jutta von Brandenburg zurückgewonnen hatte,
ging 1353 über drei Erbtöchter als Frauenlehen größtenteils an das Haus Wettin
(Sachsen), teilweise (um Königshofen) an
Würzburg verloren. 1542 wurde Meiningen im Tauschwege vom Hochstift Würzburg
erworben. Wilhelm V. schloss 1554 infolge Verschuldung eine Erbverbrüderung mit
dem Haus Wettin (Meißen, Sachsen). Nach dem Tode des letzten Grafen (1583)
verwalteten auf Grund der Erbverbrüderung von 1554 die beiden wettinischen
Linien (Sachsen) die Güter gemeinsam bis 1660. Bei der Teilung fiel der
Hauptteil an das ernestinische Sachsen-Meiningen (bis 1920), der Rest an (das
albertinische) Sachsen (Kursachsen). Die Herrschaft Schmalkalden musste
Hessen-Kassel überlassen werden. Am Ende des 18. Jahrhunderts war die
ursprünglich 28 Quadratmeilen große, zum fränkischen Reichskreis zählende
Herrschaft H. mit etwa 74000 Einwohnern wie folgt aufgeteilt: Sachsen hatte ein
Gebiet von 8,5 Quadratmeilen mit 22000 Einwohnern (die Ämter Schleusingen,
Suhl, Kühndorf, Benshausen und die Kammergüter und Vorwerke Veßra und Rohr [Rohra]),
Sachsen-Weimar-Eisenach 5,3 Quadratmeilen mit 15000 Einwohnern (die Ämter
Ilmenau, Lichtenberg oder Ostheim und Kaltennordheim), Sachsen-Meiningen 10
Qadratmeilen mit 26000 Einwohnern (Stadt Meiningen und die Ämter Meiningen und
Untermaßfeld (Maßfeld), Wasungen, Sand, Frauenbreitungen und Römhild),
Sachsen-Coburg-Saalfeld 2,7 Quadratmeilen mit 7600 Einwohnern,
Sachsen-Gotha-Altenburg 0,6 Quadratmeilen mit 1800 Einwohnern (das Amt Themar)
und Sachsen-Hildburghausen 0,75 Quadratmeilen mit 1800 Einwohnern (das Amt
Behrungen). Der kursächsische Teil kam 1815, der hessische 1866 an Preußen.
Sachsen-Meiningen ging 1920 in Thüringen auf.
L.: Wolff 114; Zeumer 553 II b 39; Wallner 691 FränkRK 6 a-f, 16, 21; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) F3, III 22 (1648) D2; Schultes, J. A., Die
Geschichte des gräflichen Hauses Henneberg, Teil 1f. 1788ff.; Hennebergisches
Urkundenbuch, hg. v. Schöppach, K./Brückner, G., Teil 1ff. 1842ff.; Füsslein,
W., Berthold VII. Graf von Henneberg, 1905, Neudruck 1984; Zickgraf, E., Die
gefürstete Grafschaft Henneberg-Schleusingen, Geschichte des Territoriums und
seiner Organisation, 1944; Hess, U., Die Verwaltung der gefürsteten Grafschaft
Henneberg, Diss. phil. Würzburg 1944 (ungedruckt); Henning, E./Jochums, G.,
Bibliographie zur Hennebergischen Geschichte 1976; Wendehorst, A., Henneberg,
LexMA 4 1989, 2130; Wölfling, G., Geschichte des Henneberger Landes zwischen
Grabfeld, Rennsteig und Rhön, 1992; Mötsch, J./Witter, K., Die ältesten
Lehnsbücher der Grafen von Henneberg, 1996; Wagner, H., Entwurf einer
Genealogie der Grafen von Henneberg, Jb. d. hennebergisch-fränk.
Geschichtsvereins 11 (1996), 33; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen
Reich, hg. v. Paravicini, W. u. a., 2003, 1, 1, 96, 798; Regesten des Archivs
der Grafen von Henneberg-Römhild, hg. v. Mötsch, J., 2006.
Hennegau (Gau bzw. Grafschaft), frz. Hainaut. Der
erstmals 750 (Hainoavio) genannte, karolingische, nach dem Flüsschen Haine
benannte, den Süden des damaligen Bistums Cambrai östlich der oberen und mittleren
Schelde umfassende Gau H. fiel mit den Reichsteilungen des 9. Jahrhunderts an
Lothringen. In spätkarolingischer Zeit war der H. eine Grafschaft um Mons,
welche die in weiblicher Linie von Kaiser Lothar I. abstammenden Reginare
innehatten, die von 911 bis 939/944 Herzöge von Niederlothringen waren und sich
nach 998 in Bergen (Mons) eine Residenz schufen. 1051 fiel der H. nach dem
Aussterben der Reginare (1030) über die Gräfin Richilde an die Grafen von
Flandern und wurde von 1070 bis 1191 von einer Nebenlinie der Balduine
beherrscht. 1188 belehnte Kaiser Friedrich I. Barbarossa die Grafen mit der
Grafschaft Namur. 1191 wurde die Grafschaft durch die Heirat Graf Balduins V.
von H. mit Margarete von Flandern, der Schwester Philipps von Elsass, wieder
mit Flandern verbunden. Nach dem Tode der Töchter Johanna (1205-1244) und
Margarethe von Flandern (1244-1280) kam es zu Erbstreitigkeiten zwischen den
Häusern Avesnes (Graf Johann von Avesnes war illegitimer Enkel Margarethes) und
Dampierre. H. fiel an Avesnes, das 1299 auch die Grafschaft Holland erhielt und
1323 Seeland besetzte. Über Kaiser Ludwig des Bayern Gemahlin und Johann von
Avesnes' Enkelin Margarethe fielen die Grafschaft H. und Holland 1346 an das
Haus Wittelsbach (Bayern) und von diesem durch Verzicht der Urenkelin Ludwigs
des Bayern 1433 an die Herzöge von Burgund. Seit 1477 gehörten sie auf Grund
der Heirat des Habsburgers Maximilian mit Maria von Burgund zu Habsburg, dessen
spanische Linie (Spanien) von 1555 bis 1701/1713 und dessen österreichische
Linie (Österreich) von 1713 bis 1792/1794 herrschte. 1678 wurde allerdings der
südliche Teil an Frankreich abgetreten. Vergrößert um Teile der Provinzen
Brabant und Lüttich sowie um Stadt und Land Tournai wurde der übrige Teil 1794
zum französisch beherrschten Département Jemappes, das als H. 1815 an das Königreich der Vereinigten Niederlande und 1830 an
Belgien kam.
L.: Wolff 61; Wallner 701 BurgRK 1; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378)
B3, II 78 (1450) E3; Gislebert von Mons: Chronicon Hanoniense (1068-1195), hg.
v. Arndt, W. 1869, hg. v. Vanderkindere, L., 1904; Vanderkindere, L., Histoire
de la formation territoriale des principautés belges au moyen-âge, Bd. 1f.
1902f.; Curs, O., Deutschlands Gaue im zehnten Jahrhundert, 1908, 9 (Haginao,
Heinia, Heinau, Gau um Valenciennesw, Wambaix, Douchy-les-Mines bzw. Douchy,
Buvrinnes, Haine-Saint-Pierre bzw. Hayna); Dony, E., Histoire du Hainaut de
1433 á nos jours, 1925; Gysseling, M., Toponymisch Woordenboek, 1960, 436
Hainaut; Polenz, P. v., Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, II, 17, 21, 22,
24, 41, 45, 47, III, 32, Hainau, Heinegouwe, Heinia, Haginao, pagus Hainensis,
pagus Hainoensis, Hennegau; Hainaut d'hier et d'aujourd'hui, l 1962; Bruwier,
M., Le passé économique du Hainaut, (in) Le Hainaut français et belge, 1969,
71ff.; Moreau, J., Dictionnaire de géographie historique, 1972, 139 Hainaut;
Mohr, W., Geschichte des Herzogtums Lothringen, Bd. 1ff. 1974ff.; Cauchies, J.,
La législation princière pour le comté de Hainaut (1427-1506), 1982; Nonn, U., Pagus
und Comitatus in Niederlothringen, 1983, 121; Cauchies, J., Hennegau, LexMA 4
1989, 2131ff.
Herbrechtingen (Reichsstift). 774 gab König Karl der Große das auf altem Siedlungsland
errichtete H. (Hagrebertingas) an die dort durch Fulrad von Saint-Denis (Saint
Denis) gegründete Kirche. Im frühen 10. Jahrhundert zog Herzog Burchard von
Schwaben das daraus erwachsene Stift als Erbgut seiner Gemahlin Reginlind an
sich. Kaiser Friedrich II. übertrug die Vogtei über das nunmehrige
Augustinerchorherrenstift an die Herren von Wolfach, die sie 1227 an die Grafen
von Dillingen verkauften. 1258 bemächtigte sich Graf Ulrich von Helfenstein als
Schwiegersohn des letzten Grafen von Dillingen des Stiftes und zog es zur
Grafschaft Helfenstein bzw. Herrschaft Heidenheim. 1531/1536 wurde die
Reformation eingeführt. 1648 kam das Stift endgültig an Württemberg und H.
1951/1952 zu Baden-Württemberg.
L.: 1200 Jahre Herbrechtingen, 1974.
Herford (Reichsstadt). Die im Anschluss an das
adlige, reichsunmittelbare Frauenstift H. entstandene Siedlung besaß seit etwa
1170 oder 1180 Stadtrecht. Die Reichsunmittelbarkeit der ab 1520 evangelisch
gewordenen Stadt wurde 1631 durch Urteil des Reichskammergerichts bestätigt,
obwohl der Ort 1547 durch Urteil des Reichskammergerichts Jülich-Berg
unterstellt worden war. Seit 1647/1652 stand die Stadt aber unter der Hoheit
Brandenburgs bzw. Preußens, das H. als Erbe von Jülich-Berg-Ravensberg 1647 bis
1650 und 1652 endgültig besetzte. 1810/1811 kam H. zum Königreich
Westphalen, 1815 wieder zu Preußen und 1946 zu Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 320; Korte, F., Die staatsrechtliche Stellung von Stift und Stadt
Herford vom 14.-17. Jahrhundert, Jahresberichte d. hist. Ver. f. Gfsch.
Ravensberg 58, 1ff.; Pape, R., Über die Anfänge Herfords, Diss. phil. Kiel
1955; Pape, R., Herford im Bild, 1964; Freie und Hansestadt Herford, hg. v.
Herforder Verein f. Heimatkunde, Bd. 1ff. 1982ff.; 1200 Jahre Herford - Spuren
der Geschichte, hg. v. Schuler, T./Helmert-Corvey, T., 1989; Rechtsbuch der
Stadt Herford. Vollständige Faksimile-Ausgabe im Orginal-Format der
illuminierten Handschrift aus dem 14. Jahrhundert, hg. v. Helmert-Corvey, T.,
1989.
Herrenalb (Reichsabtei) (seit 1971 Bad Herrenalb).
1149 gründete Graf Berthold III. von Eberstein das Zisterzienserkloster Alba
bzw. H. bei Calw. Es erwarb rasch bedeutende Güter, die es zu einem
geschlossenen Gebiet von etwa 340 Quadratkilometern mit mehr als 40 Orten
ausbaute. Früh wurde es reichsunmittelbare Abtei. Vögte waren im 13.
Jahrhundert nach den Grafen von Eberstein die Markgrafen von Baden, seit 1338
durch königliche Verleihung die Grafen von
Württemberg. 1497 ging im Streit zwischen Baden und Württemberg die
Reichsunmittelbarkeit zugunsten Württembergs verloren. 1535 wurde die Abtei von
Württemberg durch Einführung der Reformation aufgehoben und wurden die Güter
von Württemberg übernommen. Mit diesem gelangte H. 1951/1952 zu
Baden-Württemberg.
L.: Wolff 162; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) E4; Seilacher, K.,
Herrenalb. Geschichte des Klosters, 1952; Pflüger, H., Schutzverhältnisse und
Landesherrschaft der Reichsabtei Herrenalb bis 1497, 1958; Kottmann, A.,
Herrenalb, 1966; Mattejiet, U., Herrenalb, LexMA 4 1989, 2180; Bad Herrenalb,
hg. v. d. Stadt Bad Herrenalb, 1990; 850 Jahre Kloster Herrenalb, hg. v.
Rückert, P. u. a., 2001
Hersfeld (Reichsabtei, Fürstentum, Residenz).
Nach 769 gründete Erzbischof Lull von Mainz an der Einmündung von Haune und
Geis in die Fulda und an der Straße von Frankfurt in den Osten auf eigenem
Boden die Benediktinerabtei H. (Haireulfisfelt), der bereits eine Einsiedelei
(cella) Sturmis von 736 vorausgegangen war. Sie wurde 775 durch Schutzprivileg König Karl des Großen Reichsabtei. Sie war vor allem
in Thüringen und Sachsen begütert (u. a. Niederaula) und zeichnete die ersten
Erwerbungen im sog. Breviarium Lulli des 9. Jahrhunderts auf. Ihre Bibliothek
bewahrte eine 1470 in Italien gedruckte Handschrift der Germania des Tacitus
auf. 968 wurde H. von Mainz getrennt. Kaiser Heinrich II. gab ihm Forstrechte
und Wildbannrechte. 1073 ging der mit dem Erzstift Mainz geführte Streit um die
Zehnten in Thüringen verloren. Etwa in dieser Zeit verfasste der Mönch Lambert
von Hersfeld († 1082) seine Annales. Im 13. Jahrhundert gewann die Abtei ein
kleines Herrschaftsgebiet, das sie gegen ihre Vögte, die Landgrafen von
Thüringen und seit 1247 die Landgrafen von Hessen, erfolgreich verteidigte. Die
schweren Kämpfe der Stadt H. gegen die Abtei im 14. und 15. Jahrhundert führten
1432 durch Abt Albrecht zur Schutzherrschaft Hessens über Stadt und Abtei. Seit
1606 hatte Hessen einen Administrator in H. 1648 kam die zum oberrheinischen
Reichskreis zählende Reichsabtei als Fürstentum zur Landgrafschaft
Hessen-Kassel. Um 1800 umfasste sie ein Gebiet von 7 Quadratmeilen (nämlich die
Stadt H., das Dechaneigericht und Amt Hersfeld, die Ämter Niederaula, Obergeis
[Obergeisa], Hauneck, Landeck und Frauensee, das Amt oder Buchenauische
Lehngericht Schildschlag, die Gerichte und ehemaligen Propsteien Johannesberg
[Johannisberg] an der Haune und Petersberg und die Vogtei Kreuzberg). Mit
Hessen-Kassel gelangte H. 1866 zu Preußen und 1945 zu Hessen.
L.: Gumpelzhaimer 1776, 113; Wolff 259; Zeumer 553 II b 43 (Hirschfeld);
Wallner 696 OberrheinRK 18; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) E3, III
22 (1648) D3, III 38 (1789) B3; Hafner, P., Die Reichsabtei Hersfeld, 2. A.
1936; Ziegler, E., Das Territorium der Reichsabtei Hersfeld von seinen Anfängen
bis 1821, 1939; Neuhaus, W., Geschichte von H. von den Anfängen bis zur
Gegenwart, 2. A. 1954; Struwe, T., Hersfeld, LexMA 4 1989, 2182f.; Höfe und
Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 664,
1, 2, 268.
Hersfeld (Reichsstadt) (Bad Hersfeld). Bei der
769 gegründeten Abtei H. entwickelte sich im Laufe der Zeit eine Siedlung, die
1170 besonders genannt ist. Sie wurde von König
Wilhelm (1249-1252) als Reichsstadt anerkannt, unterstand aber seit 1256 wieder
der Abtei, mit der sie nach schweren Kämpfen im 13. und 14. Jahrhundert 1648 an
die Landgrafschaft Hessen-Kassel und damit 1866 an Preußen und 1945 an Hessen
fiel.
L.: Butte, H., Stift und Stadt Hersfeld im 14. Jahrhundert, 1911; Neuhaus, W.,
Geschichte von Hersfeld von den Anfängen bis zur Gegenwart, 2. A. 1954; 1250
Jahre Bad Hersfeld, red. v. Rauche, B., 1986; Struve, T., Hersfeld, LexMA 4
1989, 2182f.; Witzel, J., Hersfeld 1525 bis 1726, 1994.
Herxheim (Herren). Auf älterem Siedlungsland wird
in den 70er Jahren des 8. Jahrhunderts in Urkunden Weißenburgs und Lorschs H.
bei Landau erwähnt. 1057 gab König Heinrich IV.
sein Gut in H. an das Hochstift Speyer. Nach der Burg H. nannten sich dann seit
dem letzten Viertel des 13. Jahrhunderts Herren von H., denen vom 15. bis 18.
Jahrhundert die reich begüterten Ritter Holzapfel von H. folgten, die als Vögte
des Hochstifts in Madenburg und Lauterburg amteten. S. Holzapfel von H.
L.: Deutsch, A., Aus der Geschichte der Gemeinde Herxheim, 1934.
Hessen (Grafschaft, Landgrafschaft, Land,
Bundesland). In unsicherem Zusammenhang mit dem zwischen Lahn, Main, Werra,
Fulda und Eder bezeugten germanischen Stamm der (fränkischen?) Chatten
erscheint im 8. Jahrhundert für einen kleinen Stamm an der unteren Fulda der
Name Hessi (738). Unabhängig hiervon geriet dieser Raum seit dem 4. Jahrhundert
in den Einflussbereich der Franken, die seit dem 6. Jahrhundert in das von
ihnen bald dicht besiedelte Rhein-Main-Gebiet eindrangen und anschließend unter
Übernahme und Ausbau der Festungen Glauburg, Amöneburg, Christenberg und
Büraburg nach Nordosten gegen die Sachsen vorstießen. Durch Bonifatius wurde
das Gebiet seit der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts christianisiert (723
Fällung der Donareiche bei Hofgeismar). Die drei wichtigsten Klöster Fritzlar,
Hersfeld und Fulda wurden noch im 8. Jahrhundert Reichsabteien. Das den
Rupertinern um die Mitte des 9. Jahrhunderts folgende Grafenhaus der Popponen
oder Konradiner stand so fest in karolingischer Tradition, dass es nach
erfolgreicher Auseinandersetzung mit den Babenbergern beim Aussterben der
Karolinger 911 mit Konrad I. für kurze Zeit zur Königswürde
gelangte. Unter den sächsischen Ottonen wurde das Gebiet durch Grafen
verschiedener Herkunft im Auftrag des Königs
verwaltet und die konradinische Stellung vermindert. Unter den Saliern hatten
die aus dem schwäbisch-alemannischen Raum kommenden Grafen Werner, die als
Bannerträger des Reichsheeres eine hohe Reichsstellung einnahmen, die
Grafschaft inne (1024-1121). Seit Anfang des 12. Jahrhunderts trat der
Erzbischof von Mainz mit immer größeren Erwerbungen hervor, brachte Amöneburg,
Fritzlar und Hofgeismar an sich und war Lehnsherr der Grafschaft H. 1121
übernahmen als Erben der Grafen Werner die Gisonen (Grafen von Gudensberg),
1122 über die gisonische Erbtochter Hedwig die Ludowinger die Grafschaft. 1130
wurden die Ludowinger Landgrafen von Thüringen und behandelten H. (Gebiet um
Gudensberg südwestlich von Kassel und Maden, dem Sitz des Hauptgerichts der
Grafschaft H., im Gegensatz zum Gebiet um Marburg, das zunächst Land an der
Lahn hieß,) als Nebenland, so dass im Norden allmählich eine Reihe
verhältnismäßig selbständiger Herrschaften und Grafschaften entstehen konnte
(Ziegenhain, Waldeck, Wittgenstein, Nassau, Diez, Runkel, Limburg,
Katzenelnbogen, Eppstein), während im Rhein-Main-Gebiet die Staufer eine
unmittelbare Reichsherrschaft aufzubauen versuchten, die nach dem Interregnum
(1254-1273) in zahlreiche Kleinherrschaften zerfiel (u. a. Hanau, Solms,
Büdingen). 1247 starben die ludowingischen Landgrafen von Thüringen mit
Landgraf Heinrich Raspe im Mannesstamm aus. Landgräfin Sophie (Tochter Landgraf
Ludwigs von Thüringen, Gemahlin Heinrichs von Lothringen und Brabant, Nichte
Landgraf Heinrich Raspes) vermochte im thüringisch-hessischen Erbfolgekrieg
(1247-1264) mit dem Hause Wettin (Markgrafen von Meißen) und gegen den
Widerstand des Erzbischofs von Mainz H. als eigene Landgrafschaft mit Sitz in
Kassel von Thüringen zu lösen und mit den Werrastädten Eschwege und
Witzenhausen für ihren 1244 geborenen Sohn Heinrich das Kind zu behaupten, der
1265 zu den bisherigen Gütern zwischen Wolfhagen, Zierenberg, Eschwege, Wanfried,
Alsfeld, Grünberg, Frankenberg und Biedenkopf einen Teil der Grafschaft
Gleiberg mit Gießen von den Pfalzgrafen von Tübingen erwarb und sich
seinerseits in langen Kämpfen gegen den Erzbischof von Mainz durchsetzte. Am
11. 5. 1292 wurden die Landgrafen von H. durch König
Adolf von Nassau auf Grund der Eschweger Güter in den Reichsfürstenstand
erhoben. Nach zahlreichen kleineren Erwerbungen im 13. Jahrhundert (1294
Schartenberg, 1297 Grebenstein) und im 14. Jahrhundert (1305 Trendelburg, 1306
Wanfried, 1330 (Hofgeismar) Geismar, 1350 Kirchhain, 1350 Spangenberg, 1358
Romrod, 1365 Tannenberg) erlitt der Aufstieg Hessens, das 1308 bis 1311
kurzfristig in Oberhessen und Niederhessen geteilt war, im 14. Jahrhundert
durch andauernde Kämpfe mit dem Adel einen schweren Rückschlag, dem es durch
die von Kaiser Karl IV. bestätigte Erbverbrüderung mit den Markgrafen von
Meißen (Kursachsen) vom 9. 6. 1373 begegnete, durch welche die ganze
Landgrafschaft reichslehnbares Fürstentum wurde. Zugleich wurden die H. durchsetzenden
Gebiete der Grafen von Dassel, Bilstein, Everstein und Itter und der Herren von
Treffurt allmählich aufgesogen. Unter Landgraf Ludwig I. (1413-1458) gelang es
1439, die Erbvereinigung mit der Grafschaft Wittgenstein zu vollziehen, die
Grafschaften Waldeck (1431/1438), Lippe (1449) und Rietberg in Westfalen (1456)
zu hessischen Lehen zu machen, die Herrschaft Schöneberg zu erwerben sowie die
Grafschaft Ziegenhain an der mittleren Schwalm und der oberen Nidda, die
zwischen den hessischen Gütern (Oberhessen um Marburg, Niederhessen um Kassel)
gelegen hatte, zu erwerben (1437/1450). Nach der Mainzer Stiftsfehde von 1461
bis 1463 musste der Erzbischof von Mainz die mainzischen Güter (Hofgeismar,
Schöneberg, Gieselwerder, Battenberg, Kellerberg, Rosenthal (Rosental), Mellnau
(Melnau), halb Wetter) an H. verpfänden und 1583 außer Amöneburg-Neustadt und
Fritzlar-Naumburg aufgeben. 1432 geriet die Reichsabtei Hersfeld, 1438 Fritzlar
und 1434 Corvey unter hessische Schutzherrschaft. Bis ins 16. Jahrhundert kamen
auch Fulda und Arnsburg unter kaiserliche Vormundschaft. 1479 fiel durch Heirat
die Grafschaft Katzenelnbogen an, durch die H. den Rhein (Rheinfels, Sankt
Goar, Braubach) und den Main (Rüsselsheim, Darmstadt) erreichte. Die 1458
erfolgte Teilung Hessens in Hessen-Marburg und Hessen-Kassel, während der das
große hessische Landgesetz von 1497 (Hessen-Marburg) und 1500 (Hessen-Kassel)
aufgezeichnet wurde, war nur vorübergehend (bis 1500). 1524 trat Philipp der
Großmütige zum Luthertum über, 1526 wurde die Reformation eingeführt, 1527 die
Universität Marburg als erste protestantische Universität gegründet und wurden
zugleich die hessischen Klöster säkularisiert. Nach dem Tode Philipps des
Großmütigen (1567) wurde allerdings H. unter seine vier Söhne aufgeteilt.
Wilhelm IV. erhielt Hessen-Kassel mit rund 88 Quadratmeilen (etwa die Hälfte
Hessens), Ludwig IV. Hessen-Marburg (etwa ein Viertel Hessens), Philipp der
Jüngere mit ca. 1300 Quadratkilometern und 20000 Einwohnern Hessen-Rheinfels
und Georg I. Hessen-Darmstadt (etwa je ein Achtel Hessens). Philipp der Jüngere
starb 1583 erbenlos. Seine Güter wurden unter Hessen-Kassel (Niedergrafschaft
Katzenelnbogen), Hessen-Marburg (Lissberg, Ulrichstein, Itter) und
Hessen-Darmstadt (Schotten, Stornfels, Homburg vor der Höhe) aufgeteilt. 1604
starb Ludwig IV. von Hessen-Marburg. Von seinen Gütern fiel nach langjährigen
Auseinandersetzungen 1648/1650 die nördliche Hälfte mit Marburg an
Hessen-Kassel, die südliche an Hessen-Darmstadt. Hessen-Kassel erhielt den
Vorrang im Reichstag. Hessen-Darmstadt, das 1607 die Landesuniversiät Gießen
gründete und von dem sich von 1609 bis 1643 Hessen-Butzbach und 1622 das 1866
erloschene Hessen-Homburg abzweigten, erwarb 1736 die Grafschaft
Hanau-Lichtenberg, überzog aber durch prunkvolle Hofhaltung bei weitem seine
Mittel. 1803 erreichte es im Reichsdeputationshauptschluss zum Ausgleich des
Verlustes von Hanau-Lichtenberg (40 Quadratmeilen mit 100000 Einwohnern) Teile
des Erzstiftes Mainz und der Pfalz, das zum Erzstift Köln gehörige Herzogtum
Westfalen (Brilon, Arnsberg, bis 1815) sowie Friedberg (insgesamt 100
Quadratmeilen mit 218000 Einwohnern), so dass das Land nunmehr 175
Quadratmeilen mit 520000 Einwohnern umfasste. Von Baden tauschte es Wimpfen
ein. 1806 fielen die Grafschaft Erbach und reichsritterschaftliche Gebiete an
das in die Provinzen Starkenburg, Oberhessen und Westfalen gegliederte Land.
Der Beitritt zum Rheinbund brachte 1806 die Erhebung zum Großherzogtum. 1815
erhielt Hessen-Darmstadt für die Abgabe Westfalens an Preußen das Fürstentum
Isenburg-Birstein (Offenbach), Worms, Alzey und Bingen, 1816 die Festung Mainz.
Insgesamt umfasste das Land damit 152,75 Quadratmeilen mit 720000 Einwohnern.
Seit 1816 nannte sich der Landesherr Großherzog von H. und bei Rhein. 1866 musste
Hessen-Darmstadt das seit 1622 einer Nebenlinie zugehörige Hessen-Homburg sowie
die Kreise Biedenkopf und Vöhl an Preußen abtreten und sich dem Norddeutschen
Bund anschließen. 1871 wurde es Bundesstaat des Deutschen Reiches. Von 1918 bis
1945 war Hessen-Darmstadt unter dem Namen Volksstaat H. ein Freistaat, in dem
1933 die Nationalsozialisten die Macht übernahmen. Das unter dem Sohn Wilhelms
IV., Moritz, 1604 calvinistisch gewordene Hessen-Kassel, von dem sich
Hessen-Rotenburg, Hessen-Eschwege (bis 1655), Hessen-Philippsthal (1686-1713)
und Hessen-Barchfeld abzweigten, erwarb 1647/1648 die Grafschaft Schaumburg,
1648 Hersfeld sowie 1736 die Grafschaft Hanau-Münzenberg. Durch den
Reichsdeputationshauptschluss von 1803 erlangte es außer der Kurfürstenwürde (Kurhessen)
nur einzelne mainzische Güter. 1807 wurde es mit 145 Quadratmeilen und 393000
Einwohnern von Frankreich besetzt und weitgehend dem Königreich
Westphalen einverleibt. 1813/1815 wurde es wiederhergestellt und erhielt für
die Niedergrafschaft Katzenelnbogen das Hochstift Fulda und 1816 Teile
Isenburgs. Den Titel Kurfürst behielt der Landesherr trotz Untergangs des
Heiligen römischen Reiches und der dazu gehörigen Kaiserwahl bei. Am 1. 8. 1866
wurde Hessen-Kassel infolge seines Übertrittes auf österreichische Seite von
Preußen annektiert (Regierungsbezirk Kassel der Provinz Hessen-Nassau). Am 19.
9. 1945 wurden die preußischen Provinzen Nassau (Hessen-Nassau) und Kurhessen
(ohne die Kreise Sankt Goarshausen, Unterlahn [Unterlahnkreis], Unterwesterwald
[Unterwesterwaldkreis] und Oberwesterwald [Oberwesterwaldkreis], die zu
Rheinland-Pfalz kamen,) auf eigenen Wunsch durch Proklamation der
amerikanischen Militärregierung mit den rechtsrheinischen Teilen des
Volksstaates H. zu Großhessen vereinigt. Großhessen wurde am 1. 12. 1946 in
Land H. umbenannt. Die Familie der Landgrafen von Hessen erlosch 1875 im Zweig
Hessen-Kassel und 1968 im Zweig Hessen-Darmstadt, lebt aber in den Linien
Hessen-Rumpenheim und Battenberg/Mountbatten fort.
L.: Wolff 251ff.; Großer Historischer Weltatlas II 34 (1138-1254) F3, II 66
(1378) E3, II 78 (1450) F3; Demandt, K., Die Mittelrheinlande, (in) Geschichte
der deutschen Länder, Bd. 1; Die Territorien des Reichs 4, 254; Sammlung
fürstlicher Landesordnungen, Bd. 1ff. 1767ff.; Wenck, H., Hessische
Landesgeschichte, Bd. 1ff. 1783ff.; Rommel, C. v., Geschichte von Hessen, Bd.
1-10 1820ff.; Landau, G., Die hessischen Ritterburgen und ihre Besitzer, Bd.
1ff. 1832ff., Neudruck 2000; Rehm, F., Handbuch der Geschichte beider Hessen,
1842ff.; Baur, L., Urkunden aus dem großherzoglich hessischen Haus- und
Staatsarchiv, Bd. 1ff. 1846ff.; Ewald, L., Historische Übersicht der
Territorialveränderungen der Landgrafschaft Hessen und des Großherzogtums
Hessen, 1872; Knetsch, K., Das Haus Brabant, Genealogie der Herzöge von Brabant
und der Landgrafen von Hessen, Teil 1f. Bd. 1ff. 1918ff.; Karte vom
Großherzogtum Hessen 1823-1850.-Niveaukarte vom Kurfürstentum Hessen
1840-1861,-Karte vom Kurfürstentum Hessen, 1840-1855, neu hg. v. Hess.
Landesvermessungsamt, o. J.; Diehl, W., Hassia Sacra, Bd. 1-11 1921ff.;
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hg. v. Stengel, E., 1927, Schriften des Landsamts für gesch. Landeskunde 5
(1927), Einleitung neugedruckt bei Stengel, E., Abhandlungen und Untersuchungen
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Alt-Hessens im Mittelalter samt einem Umriss der neuzeitlichen Entwicklung,
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Eichsfelde bis zum Ende des 14. Jahrhunderts, 1930; Wollheim, S., Staatsstraßen
und Verkaufspolitik in Kurhessen von 1815 bis 1840, 1931; Gundlach, F., Die
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geschichtlichen Landeskunde von Hessen, Bd. 1ff. 1965ff.; Demandt, B., Die
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Lennarz, U., Die Territorialgeschichte des hessischen Hinterlandes, 1973;
Crusius, E., Der Kreis Alsfeld, 1975; Ruppel, H./Müller, K., Historisches
Ortsverzeichnis für das Gebiet des ehemaligen Großherzogtums und Volksstaats
Hessen, 1976; Weiss, Ulrich, Die Gerichtsverfassung in Oberhessen bis zum Ende
des 16. Jahrhunderts, 1978; Demandt, K., Der Personenstaat der Landgrafschaft
Hessen im Mittelalter, 1981; Krüger, K., Finanzstaat Hessen 1500-1567.
Staatsbildung im Übergang vom Domänenstaat zum Steuerstaat, 1981; Die
Geschichte Hessens, hg. v. Schultz, U., 1983; Hessisches Gemeinde-Lexikon,
1983; Hessen im Frühmittelalter, hg. v. Roth, H./Wamers, E., 1984;
Geschichtlicher Atlas von Hessen. Text- und Erläuterungsband, hg. v. Schwind,
F., 1984; Lilge, H., Hessen in Geschichte und Gegenwart, 1986; Das Werden des
Landes Hessen, hg. v. Heinemeyer, W., 1987; Hessischer Flurnamenatlas, hg. v.
Ramge, H., 1987; Wolff, F./Engel, W., Hessen im Bild alter Landkarten, 1988;
Franz, E. u. a., Gerichtsorganistaion in Baden-Württemberg, Bayern und Hessen
im 19. und 20. Jahrhundert., 1989; Demandt, K., Regesten der Landgrafen von
Hessen, 1989; Hessische Landtagsabschiede, Bd. 1ff. 1989ff.; Eckhardt, W.,
Appellation in den zweiherrischen Gebieten Oberhessens im 16. Jahrhundert,
Hess. Jb. f. LG. 42 (1992), 117ff.; Hessisches Gemeinde-Lexikon. Stather, E.,
Die hessischen Städte, Gemeinden und Landkreise in Kurzporträts, 1993; Handbuch
der hessischen Geschichte 4 Hessen im Deutschen Bund und im neuen Deutschen
Reich (1806) 1815 bis 1945, Seier, H. u. a., Lieferung 1ff. 1998ff.; Handbuch
der hessischen Geschichte 4 Hessen im Deutschen bund und im neuen Deutschen
Reich (1806) 1815 bis 1945 Teilband 2 Berding, H., Die hessischen Staaten bis
1945, 2003; Schlinker, S., Fürstenamt und Rezeption, 1999, )2; Wegner, K.,
Kurhessens Beitrag für das heutige Hessen, 1999; Hessen, hg. v. Heidenreich, B.
u. a., 2000; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W. u. a., 2003, 1, 1, 108, 807; Franz, E., Das Haus Hessen, 2005;
Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 434; Hesse, C., Amtsträger der
Fürsten im spätmittelalterlichen Reich, 2005; Adel in Hessen, hg. v. Conze, E.
u.a.,2010; Handbuch der hessischen Geschichte, Bd. 1 hg. v. Speitkamp, W.,
2010; .Zusammenschlüsse und Neubildungen deutscher Länder im 19. und 20.
Jahrhundert, hg. v. Kretzschmar, R. u. a., 2013, 255ff.
Hessen-Darmstadt (Landgrafschaft, Großherzogtum).
Darmstadt geht vermutlich auf ein karolingisches Jagdhaus im geschlossenen
Reichsgut um Frankfurt zurück und erscheint im 11. Jahrhundert als Darmundestat
in der Grafschaft Bessungen des Hochstifts Würzburg. 1256 belehnte das
Hochstift die Grafen von Katzenelnbogen mit der Grafschaft. 1479 fiel
Katzenelnbogen nach dem Aussterben der Grafen an Hessen. 1567 wurde Darmstadt
bei der Erbteilung nach Philipp dem Großmütigen unter Georg I. Residenz der
lutherischen Linie Hessen-Darmstadt der Landgrafen von Hessen, die mit rund
1300 Quadratkilometern und 20000 Einwohnern etwa ein Achtel Hessens geerbt
hatte. H. gewann erbweise 1583 von Hessen-Rheinfels Schotten, Stornfels und
Homburg vor der Höhe, kaufte 1600 Mörfelden und erbte 1604 die südliche Hälfte
Hessen-Marburgs (mit Gießen), die ihr nach heftigsten Auseinandersetzungen mit
Hessen-Kassel endgültig aber erst 1648/1650 zugesprochen wurde. 1607 gründete
H. die lutherische Landesuniversität Gießen. Von 1609 bis 1643 zweigte sich
Hessen-Butzbach, 1622 das 1866 erloschene Hessen-Homburg ab. 1736 erwarb H. die
Grafschaft Hanau-Lichtenberg (mit Pirmasens), überzog aber durch prunkvolle
Hofhaltung bei weitem seine Mittel. Um 1806 zählte es zum Kanton Odenwald des
Ritterkreises Franken. Durch § 7 des Reichsdeputationshauptschlusses vom 25. 2.
1803 gewann H. zum Ausgleich für die Grafschaft Hanau-Lichtenberg und die
Aufhebung von Rechten über Wetzlar und Frankfurt sowie für die Abtretung der
Ämter Lichtenau und Willstädt an Baden und von Katzenelnbogen, Braubach, Ems,
Cleeberg bzw. Kleeberg, Eppstein und des Dorfes Weiperfelden an Nassau-Usingen
das zum Erzstift Köln gehörige Herzogtum Westfalen (Brilon, Arnsberg, bis 1815)
mit Volkmarsen, die mainzischen Ämter Gernsheim, Bensheim, Heppenheim, Lorsch,
Fürth im Odenwald, Steinheim, Alzenau, Vilbel, Rockenberg, Hassloch, Astheim,
Hirschhorn, die mainzischen Güter Mönchhof, Gundhof und Klaraberg (Klarenberg),
die pfälzischen Ämter Lindenfels, Umstadt, Otzberg, Alzey (teilweise) und
Oppenheim (teilweise), den Rest des Hochstifts Worms, die Abteien Seligenstadt
und Marienschloss bei Rockenburg, die Propstei Wimpfen und die Reichsstadt
Friedberg (insgesamt 100 Quadratmeilen mit 218000 Einwohnern), so dass das (in
die Provinzen Starkenburg, Oberhessen und Westfalen gegliederte) Land nunmehr
175 Quadratmeilen mit 520000 Einwohnern umfasste. Von Baden tauschte es (die
Reichsstadt) Wimpfen ein. 1806 fielen die Grafschaft Erbach und reichsritterschaftliche
Gebiete an. Außerdem umfasste das bisherige Gebiet Hessen-Darmstadts die
Oberämter Gießen (mit den Städten Gießen und Staufenberg, den Gerichten Lollar,
Heuchelheim und Steinbach) und Nidda, die Ämter und Städte Allendorf, Grünberg,
Homberg/Ohm, Alsfeld, Grebenau, Lauterbach, Ulrichstein, Schotten, Rosbach
(Roßbach), Butzbach, Königsberg, Biedenkopf und
Battenberg, die Ämter Burg-Gemünden (Burggemünden), Stornfels, Bingenheim,
Petterweil (Peterweil), Cleeberg, Hüttenberg, Blankenstein, Itter und
Breidenbacher Grund (Grund Breidenbach), einige adlige Besitzungen (die Zent
Lauterbach, die Gerichte Engelrod und Ober-Ohmen [Oberohm], den rabenauischen
oder Londorfer Grund, das Busecker Tal (Buseckertal) mit 9 Dörfern und das
Gericht [Gebiet] Frohnhausen mit 2 Dörfern). 1806 wurde die Landgrafschaft
anlässlich des Beitrittes zum Rheinbund zum Großherzogtum erhoben. Außerdem
mediatisierte sie bis 1815 Hessen-Homburg. 1815 erhielt Hessen-Darmstadt für
die Abgabe Westfalens an Preußen das Fürstentum Isenburg-Birstein (Offenbach),
Worms, Alzey und Bingen, 1816 die Festung Mainz. Pirmasens kam an Bayern.
Insgesamt umfasste das Land damit 152,75 Quadratkilometer mit 720000
Einwohnern. Seit 1816 nannte sich der Landesherr von H. Großherzog von Hessen
und bei Rhein. 1866 musste H. das seit 1622 einer Nebenlinie zugehörige, 1866
zurückgefallene Hessen-Homburg sowie die Kreise Biedenkopf und Vöhl an Preußen
abtreten und mit Preußen eine Militärkonvention eingehen, die faktisch den
Verlust der politischen und militärischen Selbständigkeit bedeutete. Außerdem
musste es sich dem Norddeutschen Bund anschließen. 1871 wurde es Bundesstaat
des Deutschen Reiches. Von 1918 bis 1945 folgte dem Großherzogtum der
Volksstaat Hessen, in dem 1933 die Nationalsozialistische Deutsche
Arbeiterpartei die Macht übernahm und der mit seinen rechtsrheinischen Gebieten
am 19. 9. 1945 in Großhessen aufging, das sich seinerseits seit 1. 12. 1946
Land Hessen nannte. 1968 erlosch die Linie Darmstadt der ehemaligen Landgrafen
von Hessen.
L.: Wolff 255; Zeumer 553 II b 28; Wallner 695 OberrheinRK 2; Großer
Historischer Weltatlas III 22 (1648) D3, III 38 (1789) C2; Hof- und
Staatshandbuch des Großherzogtums Hessen, 1835ff.; Hattemer, K.,
Entwicklungsgeschichte Darmstadts, 1913; Blass, G., Das Stadtbild von Darmstadt
und seine Entwicklung, 1927; Müller, A., Aus Darmstadts Vergangenheit, 3. A.
1939; Das Rhein-Maingebiet vor 150 Jahren, 1787, entworfen v. Strecker, K., hg.
v. Wagner, W., 1939; Kissel, O., Neuere Territorial- und Rechtsgeschichte des
Landes Hessen, 1961; Nahrgang, K., Stadt- und Landkreis Offenbach am Main,
1963; Schmidt, K., Darmstädter Bürgerbuch, 1964; Demandt, K., Geschichte des
Landes Hessen, 2. A. 1972, Neudruck 1980; Kromphardt, D., Hessen-Darmstadt in
der Rheinbundzeit, Magisterarbeit Geschichtswissenschaft Gießen 1979; Knodt,
M., Die Regenten von Hessen-Darmstadt, 1989; Schulz A., Herrschaft durch
Verwaltung, 1991; Lange, T., Hessen-Darmstadts Beitrag, 1993.
Hessen-Kassel (Landgrafschaft, Kurfürstentum
Kurhessen). Kassel erscheint als Chassalla, Chassella (zu lat. castellum)
erstmals 913 und ist vermutlich wenig früher von den Konradinern gegründet
worden. König Heinrich II. schenkte 1008 den Königshof seiner Gemahlin Kunigunde, die damit das Kloster
Kaufungen ausstattete. Noch 1154 wurde Kassel als Reichsgut bezeichnet. Bald
danach unterstand es den Landgrafen von Thüringen. 1189 wurde Kassel civitas
genannt. 1277 wurde es Sitz der Landgrafen von Hessen, die in Kassel eine neue
Burg errichteten. 1373 wurden Altstadt, Unterneustadt und Freiheit vereinigt.
In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts war Kassel Sitz der Landgrafschaft
H. (1458-1500), die wieder in Hessen aufging. Seit dem Anfang des 16.
Jahrhunderts war es Verwaltungsmittelpunkt Hessens. Bei der Erbteilung nach
Landgraf Philipp dem Großmütigen 1567 erhielt Wilhelm IV. etwa die Hälfte
Hessens mit Kassel als Residenz. 1571 gewann er die Herrschaft Plesse, 1582 die
Hoyaer Ämter Uchte und Freudenberg. 1583 erwarb H. von Hessen-Rheinfels die
Niedergrafschaft Katzenelnbogen. 1604 wurde Landgraf Moritz unter dem Einfluss
Graf Johanns von Nassau-Dillenburg calvinistisch. Deswegen kam es beim Tode
Ludwigs IV. von Hessen-Marburg 1604 zum hessischen Erbfolgestreit, in dessen
Folge unter anderem in Gießen eine lutherische Universität als Nachfolgerin des
calvinistisch gewordenen Marburg gegründet wurde. Im Ergebnis behielt
Hessen-Kassel 1648/1650 den nördlichen Teil Hessen-Marburgs mit Marburg und
erlangte endgültig Hersfeld. Zuvor hatte es 1640 die Grafschaft Schaumburg
erworben. 1736 fiel ihm die Grafschaft Hanau-Münzenberg an (u. a. mit Nauheim).
1800 umfasste es ein Gebiet von etwa 170 Quadratmeilen. Mit Völkershausen,
Martinroda, Willmanns, Wölferbütt und Altengronau gehörte Hessen-Kassel dem
Kanton Rhön-Werra des Ritterkreises Franken, mit dem Lindentaler Hof dem Kanton
Mittelrheinstrom des Ritterkreises Rhein an. Außerdem war es um 1806 Mitglied
im Kanton Odenwald. Durch § 7 des Reichsdeputationshauptschlusses vom 25. 2.
1803 erlangte es für Sankt Goar und Rheinfels sowie seine Ansprüche auf Corvey
außer der Kurwürde nur einzelne mainzische Güter (Ämter Fritzlar, Naumburg,
Neustadt und Amöneburg, Kapitel Fritzlar und Amöneburg, die Klöster in diesen
Kapiteln) sowie die (Reichs-)Stadt Gelnhausen und das Reichsdorf Holzhausen
(Burgholzhausen). Danach nannte sich der Landgraf von H. Kurfürst von Hessen.
1806/1807 wurde H., da es nicht dem Rheinbund beigetreten war, von Frankreich
besetzt und dem Königreich Westphalen
(Hauptstadt Kassel) einverleibt. 1813/1815 wurde es wiederhergestellt und
erhielt für die Niedergrafschaft Katzenelnbogen das Großherzogtum Fulda und
Teile Isenburgs. Den Titel Kurfürst behielt der Landesherr (trotz Untergangs
des Heiligen Römischen Reichs und seines Wahlrechts [Kurrechts der Kurfürsten])
bei. 1831 wurde eine Verfassung erlassen. Durch preußisches Gesetz vom 20. 9.
1866 wurde H. wegen der Unterstützung Österreichs in der misslungenen
Bundesexekution des Jahres 1866 gegen Preußen von Preußen annektiert und Teil
der preußischen Provinz Hessen-Nassau wurde (Hauptstadt Kassel). Die damit
preußischen Gebiete gingen am 19. 9. 1945 im Wesentlichen in Großhessen und
damit in Hessen auf. Die Linie Hessen-Kassel erlosch 1875.
L.: Wolff 254; Zeumer 553 II b 27; Wallner 694 OberrheinRK 1; Großer
Historischer Weltatlas III 22 (1648) D3, III 38 (1789) C1; Winkelmann-Holzapfel
152f.; Riedenauer 129; Landau, G., Die hessischen Ritterburgen und ihre
Besitzer, Bd. 1ff. 1832ff., Neudruck 2000; Piderit, F., Geschichte der Haupt-
und Residenzstadt Cassel, 2. A. 1882; Brunner, H., Geschichte der Residenzstadt
Cassel, 1913; Losch, P., Geschichte des Kurfürstentums Hessen 1803-66, 1922;
Anhalt, E., Der Kreis Frankenberg. Geschichte seiner Gerichte, Herrschaften und
Ämter von der Urzeit bis ins 19. Jahrhundert, 1928; Meisenträger, M./Krug, E.,
Territorialgeschichte der Kasseler Landschaft, 1935; Schröder-Petersen, A., Die
Ämter Wolfhagen und Zierenberg. Ihre territoriale Entwicklung bis ins 19.
Jahrhundert, 1936; Stengel, E., Johann Georg Schleensteins Landesaufnahme der
Landgrafschaft Hessen-Kassel, Hessenland 44 (1933), und (in) Stengel, E.,
Abhandlungen und Untersuchungen zur hessischen Geschichte, 1960; Demandt, K.,
Geschichte des Landes Hessen, 1959, 2. A. 1972, Neudruck 1980; Kissel, O., Neuere
Territorial- und Rechtsgeschichte des Landes Hessen, 1961; Speitkamp, W.,
Restauration als Transformation. Untersuchungen zur kurhessischen
Verfassungsgeschichte 1813-1830, 1986; Akten und Dokumente zur kurhessischen
Parlaments- und Verfassungsgeschichte 1848-1866, hg. v. Seier, H., 1987;
Hollenberg, G., Die hessen-kasselischen Landstände im 18. Jahrhundert, 1988,
Hessisches Jb. f. LG. 38 (1988); Grothe, E., Verfassungsgebung und
Verfassungskonflikt, 1996; Wegner, K., Kurhessens Beitrag für das heutige Hessen,
1999; Philippi, H., Die Landgrafschaft Hessen-Kassel 1648-1806, 2007.
Hessenstein (Reichsfürsten). 1772 erhielten Graf
Friedrich Wilhelm, natürlicher Sohn des schwedischen Königs
Friedrich I., Landgraf zu Hessen-Kassel (1676-1751), sowie seine Brüder den
Reichsfürstenrang.
L.: Klein 188.
Hildburghausen (Herrschaft). H. an der Werra dürfte in
fränkischer Zeit gegründet worden sein, erscheint aber erstmals 1234
(Hilteburgehusin), als Graf Otto von Henneberg-Bodenlauben
(Henneberg-Botenlauben) seine Güter in H. an das Hochstift Würzburg übertrug.
Von 1270 bis etwa 1304 gab Würzburg es als Lehen an die Herren von Wildberg.
Danach kam es kurz an die Markgrafen von Brandenburg und dann an die Herrschaft
Coburg, die Berthold VII. von Henneberg-Schleusingen 1316 erwarb. 1353 fiel H.
an die Burggrafen von Nürnberg und 1374 mit Heldburg durch Heirat an die
Landgrafen von Thüringen. Innerhalb des Hauses Wettin kam es 1572 an
Sachsen-Coburg-Eisenach (Sachsen-Coburg) 1638/1640 an Sachsen-Altenburg und von
1672 bis 1680 an Sachsen-Gotha. 1680 wurde es Sitz des (aus H., Heldburg,
Eisfeld, Veilsdorf, Schalkau, seit 1683 Königsberg,
seit 1705 Sonnefeld und seit 1714 Behrungen gebildeten) Herzogtums
Sachsen-Hildburghausen. 1920 gelangte H. an Thüringen. S. Sachsen-Hildburghausen.
L.: Wolff 397; Human, A., Chronik der Stadt Hildburghausen, 1886.
Hildesheim (Hochstift, Residenz). Vermutlich
bestand bereits im 8. Jahrhundert am Übergang des Hellweges über die Innerste
eine Siedlung, die dann nach dem Personennamen Hiltwin benannt wurde. Um 815
gründete Ludwig der Fromme das Bistum H. (Bischof Gunthar), das zur
Kirchenprovinz Mainz gehörte. Im Frühmittelalter gewann es durch königliche Gunst reiche Güter (u. a. an der Mosel, im
Odenwald, an der Bergstraße, Grafschaft im Harzgau). Im Süden des Bistums
erlangten die Bischöfe im 13. Jahrhundert an Leine und Oker die Landeshoheit
(Dassel am Solling, daneben Peine). In der Hildesheimer Stiftsfehde (1519-1523)
verloren sie die meisten Güter an die Herzöge von Braunschweig-Lüneburg.
Während diese Güter protestantisch wurden, behauptete sich im verbliebenen sog.
Kleinen Stift (Stadt H., Ämter Peine und Steuerwald, Domkapitelamt Marienburg,
9 Propsteidörfer, 12 landtagsfähige Güter) mit Ausnahme der Stadt H. und des
Amtes Peine der Katholizismus. 1643 durch Spruch des Reichshofrates wieder auf
den alten Umfang vergrößert, wurde das Hochstift nun meist mit Köln und den
westfälischen Bistümern in die Pfründenkombination des Hauses Wittelsbach
einbezogen. Nach der Säkularisation gehörte es mit 32 Quadratmeilen und 132000
Einwohnern von 1802 bis 1807 zu Preußen, von 1807 bis 1813 zum Königreich Westphalen und seit 1813 zu Hannover. Mit
diesem kam es 1866 an Preußen. Seit 1. 11. 1946 ist das Gebiet Teil des Landes
Niedersachsen. Das Bistum H. kam 1992/1994 zur Erzdiözese Hamburg.
L.: Wolff 447f.; Zeumer 552 II a 14; Wallner 706 NiedersächsRK 11; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) F2, III 22 (1648) E2, III 38 (1789) D1;
Schnath, G./Lübbing, H./Engel, F., Niedersachsen, (in) Geschichte der deutschen
Länder, Bd. 1; Die Territorien des Reichs 3, 8; Bauer 1, 271; Doebner, R.,
Urkundenbuch der Stadt Hildesheim, Bd. 1-8 1881ff.; Janicke, K./Hoogeweg, H.,
Urkundenbuch des Hochstifts Hildesheim und seiner Bischöfe, Bd. 1ff. 1896ff.;
Bertram, A., Geschichte des Bistums Hildesheim, Bd. 1ff. 1899ff.; Müller, O.,
Die Entstehung der Landeshoheit der Bischöfe von Hildesheim, 1908; Gebauer, J.,
Geschichte der Stadt Hildesheim, Bd.1f. 1922ff.; Klewitz, H., Studien zur
territorialen Entwicklung des Bistums Hildesheim, 1932; Seeland, H., Kurzer
Abriss der Geschichte des Bistums Hildesheim, 1948; Gebauer, J., Die Stadt
Hildesheim, 1950; Niedersächsischer Städteatlas Abt. 2, Einzelne Städte, 1953;
Peters, W., Quellen zur Hildesheimer Landesgeschichte, 1964; Jan, H. v.,
Hildesheim, 1967; Das Bistum Hildesheim 1933-1945. Eine Dokumentation, hg. v.
Engfer, H., 1971; Gauß‘sche Landesaufnahme der durch Hannover erworbenen
Gebiete, bearb. v. Engel, F., 1. Fürstentum Hildesheim (Bl. 15), 1977; Die
Bistümer der Kirchenprovinz Mainz. Das Bistum Hildesheim Bd. 3: Die
Hildesheimer Bischöfe von 815-1221, bearb. v. Goetting, H., 1984,; Quellen zur
Geschichte der Stadt Hildesheim im Mittelalter, hg. v. Borck, H., 1986;
Heinemann, E., Im alten Hochstift, 1987; Plümer, I., Hildesheim, LexMA 5 1990,
16ff.; Klingebiel, T., Ein Stand für sich? Lokale Amtsträger in der frühen
Neuzeit, 2002; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W., 2003, 1, 543, 1, 2, 272; Plath, C., Konfessionskampf und fremde
Besatzung, 2005; Die Bistümer der Kirchenprovinz Mainz. Das Bistum Hildesheim
Bd. 4: Die Hildesheimer Bischöfe von 1221 bis 1398, bearb. v. Kruppa, N. u. a.,
2006; Zachlod, C., Die Staatsfinanzen des Hochstifts Hildesheim vom Ende des
siebenjährigen Krieges bis zur Säkularisation, 2007.
Hilpersdorf, Hilgersdorf (Reichsdorf). Nach einer
undatierten Urkunde König Ruprechts hatte das
Reich Gefälle in dem Dorf H. bei Schweinfurt, das mit Geldersheim, Gochsheim,
Sennfeld, Grettstadt (Gretzstadt) und Rottershausen (Ratershausen) zur
Reichsvogtei Schweinfurt gehört hatte. S. Bayern.
L.: Dacheröden 232; Hugo 458, 456.
Hochkönigsburg,
Hohkönigsburg (Herrschaft). Die Burg H. bei
Schlettstadt erscheint 1147 als Gut der Staufer. Im Mittelalter umfasste die
Herrschaft H. die Dörfer Sankt Pilt und Orschweiler (1790 an die Grafen von
Dürckheim bzw. Türkheim) sowie Zoll und Geleit durch das Lebertal und
Weilertal. Mit dem Elsass kam H. an Frankreich.
L.: Ebhardt, B., Die Hohkönigsburg im Elsass,
1908.
Hofstätten, Hofstetten, Hochstetten (Reichsdorf).
Am 22. 1. 1379 verpfändete König Wenzel dem
Ruprecht von der Pfalz unter anderem das Dorf Hoffstetten (Hofstätten bei
Annweiler), das dieser aus der Pfandschaft des Grafen Emich von Leiningen
gelöst hatte.
L.: Hugo 465,464.
Hohenburg (Kloster, königliches
Kloster, Residenz), Sankt Odilienberg-Hohenburg. Das urkundlich seit 783
bezeugte Nonnenkloster H. auf einem die Hochebene beherrschenden 763 Meter
hohen Berg im Elsass (seit dem 17. Jahrhundert Odilienberg) geht vielleicht
(auf die heilige Odilia, eine Tochter des Herzogs Eticho, und damit auf das 8.
Jahrhundert oder) auf Herzog Eticho und damit das Ende des 7. Jh.s zurück. 839
stellte es Kaiser Ludwig der Fromme unter seinen Schutz. Im Hochmittelalter
stand es unter der Vogtei der Staufer. 1246 oder 1249 wurde die Äbtissin
erstmals als Prinzessin tituliert. Das Kloster war sehr begütert, hatte aber
keine eigentliche Territorialherrschaft. In der Reformationszeit verfiel es
weitgehend. 1546 brannten die Konventsgebäude ab. Die Gemeinschaft wurde
aufgelöst. Ihre weltlichen Güter fielen an den Bischof von Straßburg.
L.: Albrecht, D., History von Hohenburg oder Sankt Odilien, 1751; Barth, M.,
Die heilige Odilia, 1938; Moreau, J., Dictionnaire de géographie historique,
1972, 143; Fischer, M., Treize siècles d’histoire au Mont Sainte-Odile, 2001;
Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W.,
2003, 1, 725, 1, 2,547.
Hohenlohe-Ingelfingen (Grafen, Fürsten). Das 1080 erstmals
genannte Ingelfingen bei Künzelsau kam 1287 mit der Burg Lichteneck an die
Grafen von Hohenlohe. Durch Teilung der Linie Hohenlohe-Langenburg entstand
1699 die Nebenlinie H. Von 1701 bis 1805 war Ingelfingen Residenz der zum
fränkischen Reichskreis zählenden Fürsten zu H. Um 1800 umfasste das Gebiet der
H. zusammen mit Hohenlohe-Kirchberg, Hohenlohe-Langenburg und
Hohenlohe-Öhringen etwa 22 Quadratmeilen. In Besitz der Linie H. befanden sich
Ingelfingen, das Amt Schrozberg und das Salinenamt Weißbach (Weisbach). H.
zählte auch zum Kanton Odenwald des Ritterkreises Franken. Durch § 18 des
Reichsdeputationshauptschlusses vom 25. 2. 1803 erhielt der Fürst von H. für
seine Rechte und Ansprüche auf die 7 Dörfer Gaukönigshofen
(Königshofen), Tauberrettersheim (Rettersheim),
Rinderfeld (Reiderfeld), Wermutshausen, Neubronn, Streichental und Oberndorf
das Dorf Nagelsberg. 1805 erbte H. Hohenlohe-Öhringen. Ingelfingen fiel 1806 an
Württemberg und kam damit 1951/1952 zu Baden-Württemberg.
L.: Wallner 692 FränkRK 7 c; Riedenauer 129.
Hohenzollern (Grafen, gefürstete Grafschaft). 1061
erscheinen Burchard und Wezil de Zolorin, seit 1111 Graf Friedrich von Zollern
(Zolre), die sich nach der aus dem 11. Jahrhundert stammenden Burg Zollern
(seit 1350 H., aus lat. [mons] solarius?, Sonnenberg) bei Hechingen nannten und
vielleicht von den Burchardingern, die im 10. Jahrhundert das schwäbische
Herzogtum innehatten, abstammten. Graf Burchard eröffnete um 1170 eine 1486
erloschene Linie Hohenzollern-Hohenberg. Graf Friedrich III. erlangte 1191
durch Heirat mit Sophie von Raabs neben Gütern in Österreich die Burggrafschaft
Nürnberg. Seine Söhne teilten um 1204/1227 die Güter. Konrad erhielt die
Burggrafschaft Nürnberg und begründete die fränkische, später evangelische
Linie, Friedrich erhielt die schwäbischen Stammgüter und begründete die
schwäbische, katholisch bleibende Linie (Hechingen, Haigerloch, Sigmaringen).
Innerhalb der fränkischen Linie heiratete Konrad die Erbtochter der Grafen von
Abenberg und erwarb Friedrich III. († 1297) durch Heirat aus dem Erbe der
Herzöge von Andechs-Meranien Bayreuth und Kulmbach. Friedrich IV. († 1332)
kaufte 1331 Ansbach. Friedrich V. wurde 1363 in den Reichsfürstenstand erhoben.
1364 wurde Schwabach, 1368 Gunzenhausen erworben, um 1400 Wassertrüdingen,
Feuchtwangen, Uffenheim, Crailsheim und Erlangen. 1403 wurden die Güter in die
Gebiete auf dem Gebirg um Kulmbach, Bayreuth und Hof mit dem Vogtland sowie in
die Gebiete unter dem Gebirg um Ansbach geteilt, fielen 1420 aber wieder
zusammen. 1411/1415/1417 wurde außerdem von König
Sigmund das Kurfürstentum Brandenburg erlangt, womit zugleich der Rückzug aus
Nürnberg begann. Kurfürst Albrecht Achilles bestimmte 1473 durch die sog.
dispositio Achillea die fränkischen Fürstentümer zu einer Sekundogenitur
Brandenburgs. 1791 fielen die zwischenzeitlich mehrfach vereinigten und wieder
verselbständigten fränkischen Markgrafschaften Ansbach und Bayreuth durch
Abtretung seitens Markgraf Alexanders, mit dem die fränkischen Nebenlinien 1806
erloschen, an Preußen. Die schwäbische Linie erwarb 1497 durch Tausch gegen
ihre erheiratete Herrschaft Rhäzüns in Graubünden von Österreich die Herrschaft
Haigerloch, 1534 durch Erbschaft von den Grafen von Werdenberg Österreichs
Lehngrafschaften Sigmaringen und Veringen sowie 1552 die Herrschaft Wehrstein.
1576 wurden die Güter zwischen den Linien Hohenzollern-Hechingen (Eitel
Friedrich II.) und Hohenzollern-Sigmaringen (Karl II.) geteilt. Eitel Friedrich
IV. erhielt die alte Grafschaft Zollern (bzw. seit Mitte des 16. Jahrhunderts
H.) mit Hechingen und den Klöstern Rangendingen, Sankt Luzen (Sankt Lutzen) in
Hechingen und Stetten (Hohenzollern-Hechingen), Karl II. die Grafschaft
Sigmaringen mit den Klöstern Hedingen und Inzigkofen sowie die Grafschaft
Veringen, zu denen noch die Herrschaft Haigerloch mit Kloster Gruol und die
Herrschaft Wehrstein kamen (Hohenzollern-Sigmaringen). 1623 erlangten beide
Linien die Reichsfürstenwürde, 1653 Sitz und Stimme im Reichsfürstenkollegium.
1800 umfassten die zum schwäbischen Reichskreis zählenden Grafschaften ein Gebiet
von 4,5 Quadratmeilen mit 12000 Einwohnern. 1803/1806 blieben sie von der
Mediatisierung verschont und erlangten ihrerseits weitere Güter (Hirschlatt,
Glatt, Beuron u. a.). Am 7. 12. 1849 dankten die Fürsten beider Linien
zugunsten Preußens, mit dem seit 1695/1707 Erbverträge bestanden, ab
(preußischer Regierungsbezirk Sigmaringen bzw. hohenzollerische Lande). Die
Linie Hohenzollern-Hechingen starb 1869 aus. Seitdem nannte sich die Linie
Hohenzollern-Sigmaringen Fürsten von H. 1926 erhielten die H. als
Enteignungsentschädigung für alle ihre Güter rund 100000 Hektar Land, 15
Millionen Reichsmark und einige Schlösser. 1945 wurde der preußische
Regierungsbezirk Sigmaringen dem Land Württemberg-Hohenzollern zugeteilt.
1951/1952 kamen die Kreise Hechingen und Sigmaringen mit 1142 Quadratkilometern
und 86000 Einwohnern an Baden-Württemberg. S. Ansbach, Bayreuth, Brandenburg,
Nürnberg, Preußen, Württemberg-Hohenzollern, Baden-Württemberg.
L.: Wolff 167; Zeumer 553 II b 47, 554 II b 61,24; Wallner 687 SchwäbRK 30;
Großer Historischer Weltatlas III 22 (1648) D4, III 38 (1789) C3; Faden, E.,
Brandenburg, (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Monumenta Zollerana,
hg. v. Graf Stillfried, R./Märcker, T., Bd. 1ff. 1852ff.; Cramer, J., Die
Grafschaft Hohenzollern 1400-1850, 1873; Graf Stillfried, R., Stammtafel des
Gesamthauses Hohenzollern, 1879; Schmid, L., Die älteste Geschichte des
Gesamthauses der Hohenzollern, Bd. 1ff. 1884ff.; Hohenzollersche Forschungen,
hg. v. Meyer, C., Bd. 1ff. 1891ff.; Kessler, H., Beschreibung der
Hohenzollernschen Lande, 1893; Quellen und Forschungen zur deutschen,
insbesondere hohenzollernschen Geschichte, 1905ff.; Rogge, B., Fünf
Jahrhunderte Hohenzollernherrschaft in Brandenburg-Preußen, 1915; Hintze, O.,
Die Hohenzollern und ihr Werk, 3. A. 1916, Neudruck 1987; Hodler, F.,
Geschichte des Oberamtes Haigerloch, 1928; Schwammberger, A., Die
Erwerbspolitik der Burggrafen von Nürnberg und Franken, 1932; Eisele, K.,
Studien zur Geschichte der Grafschaft Zollern und ihrer Nachbarn, 1956;
Kallenberg, F., Die Fürstentümer Hohenzollern am Ausgang des alten Reichs,
1962; Bernhardt, W./Seigel, R., Bibliographie der Hohenzollerischen Geschichte,
1975; Seyboth, R., Die Markgrafentümer Ansbach und Bayreuth unter der Regierung
Markgraf Friedrichs des Älteren (1486-1515), 1985; Schuhmann, G., Residenzen
der fränkischen Hohenzollern, Bll. f. dt. LG. 123 (1987) 67ff.; Sauer, P.,
Napoleons Adler über Württemberg, Baden und Hohenzollern, 1987; Mast, P., Die
Hohenzollern in Lebensbildern, 1988; Kiel, R., Die Hauschronik der Grafen
Zollern. Eine Prachthandschrift im Bestand der Kanzleibibliothek Bayreuth,
1988; Bumiller, C., Studien zur Sozialgeschichte der Grafschaft Zollern im
Spätmittelalter, 1990; Massenbach, H. Frhr. v., Die Hohenzollern einst und jetzt,
1990; Wendehorst, A., Hohenzollern, LexMA 5 1990, 83f.; Stamm-Kuhlmann, D., Die
Hohenzollern, 1995; Hohenzollern, hg. v. Kallenberg, F., 1996; Neugebauer, W.,
Die Hohenzollern, Bd. 1ff. 1996ff.; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W. u. a., 2003, 1, 1, 112, 117;
Spälter, O., Frühe Etappen der Zollern auf dem Weg zur Territorialherrschaft in
Franken, 2005.
Hohkönigsburg (Herrschaft) s. Hochkönigsburg
Hohnstein, Hohenstein, Honstein (Grafschaft). Nach
der vielleicht schon vor dem 12. Jahrhundert bei Neustadt bei Nordhausen
errichteten, 1130 erstmals genannten Burg H. nannten sich seit 1182/1188 die
seit 1154 (comes Adalger) nachweisbaren, vielleicht von König Lothar von Süpplingenburg (1125-1137) mit Reichsgut
ausgestatteten, mit den ludowingischen Landgrafen von Thüringen verwandten
Grafen von Ilfeld (dort vor 1190 ein Stift). Sie gewannen rasch umfangreiche
Güter zwischen Wipper und Oberharz, verloren aber den Osten des Gebiets, als
sich um 1200 (1201) die Linie der Grafen von Stolberg abzweigte. Die vielleicht
schon von König Lothar III. von Süpplingenburg
eingerichtete Grafschaft H. erwarb zwischen 1238 und 1267 stückweise als Lehen
Halberstadts die Grafschaft Klettenberg mit der Vogtei über Kloster Walkenried,
1268 Sömmerda und im 14. Jahrhundert die Grafschaft Lohra. Die 1289 abgetrennte
Linie Sondershausen drang nach Thüringen vor und wurde 1356 von den Grafen von
Schwarzburg beerbt. Eine weitere Teilung erfolgte 1315. Ein Zweig erhielt 1481
die Herrschaft Schwedt an der Oder als Lehen, starb aber 1609 aus. Die
Hauptlinie Klettenberg starb nach verschiedenen Teilungen 1593/1633 aus. Von
den Gütern ging die nach 1253 erlangte Reichsvogtei über Nordhausen an
Sachsen-Weimar, andere Teile an Braunschweig sowie vor allem an das Hochstift
Halberstadt und damit 1648 an Brandenburg, das sie von 1653 bis 1702 an die
Grafen von Sayn-Wittgenstein-Wittgenstein (Sayn-Wittgenstein) gab. Um 1800
umfasste die zum obersächsischen Reichskreis zählende Grafschaft ein Gebiet von
5 bzw. 7 Quadratmeilen, die sich wie folgt aufteilten: Um 1 bzw. 2
Quadratmeilen gehörten dem König von
Großbritannien, 3 Quadratmeilen den Grafen Stolberg-Stolberg und 1 bzw. 2
Quadratmeilen den Grafen Stolberg-Wernigerode. Das über Braunschweig an
Hannover gelangte Gebiet fiel 1866 an Preußen. S. Sachsen-Anhalt.
L.: Wolff 422ff.; Wallner 711 ObersächsRK 22, 27, 28; Großer Historischer
Weltatlas II 66 (1378) F3, III 22 (1648) E3, III 38 (1789) D2;
Gringmuth-Dallmer, H., Magdeburg-Wittenberg, (in) Geschichte der deutschen
Länder, Bd. 1; Meyer, K., Die Grafen von Hohnstein, Zs. d. Harzvereins 28
(1895); Meyer, K., Die Burg Hohnstein, 1897; Reichardt, R., Die Grafschaft
Hohenstein im 16. und 17. Jahrhundert, 1900; Mascher, K., Reichsgut und Komitat
am Südharz im Hochmittelalter, 1957; Blaschke, K., Hohnstein, LexMA 5 1990, 86;
Casemir, K./Ohainski, U., Das Territorium der Wolfenbütteler Herzöge um 1616,
1996.
Holland (Grafschaft). Seit dem 10. Jahrhundert
sind im zunächst friesischen, seit 689 fränkischen Gebiet der Maasmündungen um
Dordrecht die friesischen Grafen von H. (Holtland, seit 1101 Bezeichnung der
Grafschaft) bezeugt. Gefördert von den deutschen Königen
begannen die Grafen um 1000 ihre gegen die Herzöge von Niederlothringen und die
Bischöfe von Utrecht gerichtete Erweiterungspolitik. Hauptort der Grafschaft
wurde Leiden, später ‚’s-Gravenhage (Den Haag). 1289 konnte Nordholland
angegliedert werden. Beim Aussterben des Geschlechts (1299) fielen die Güter
(Amsterdam, Rotterdam, Delft, Leiden, Alkmaar) an die verwandten Grafen von
Hennegau, die Seeland (Maasinseln und Scheldeinseln) hinzugewannen, von dort
über Kaiser Ludwig des Bayern Gemahlin Margarethe 1345 an das Haus Wittelsbach
(Straubing-Holland), von dort durch Abtretung nach langem Widerstand 1433 an
die Herzöge von Burgund, 1477 über Maria von Burgund schließlich an Habsburg.
1579 entstand nach dem niederländischen Aufstand gegen Habsburg/Spanien die
Vereinigte Republik der Niederlande, die dann vielfach auch als H. bezeichnet
wurde. Während der ganzen Zeit der Generalstaaten war H. führend. 1796 wurde es
Mittelpunkt der Batavischen Republik und gab von 1806 bis 1810 dem von Napoleon
für seinen Bruder errichteten Königreich H. den
Namen. 1810 wurde das Gebiet Teil Frankreichs, 1815 Teil des Königreiches der Vereinigten Niederlande.
L.: Wolff 69; Großer Historischer Weltatlas II 34 (1138-1254) E3, II 66 (1378)
C2, II 78 (1450) E3; Oppermann, O., Untersuchungen zur nordniederländischen
Geschichte, 1921f.; Blok, P., Geschiedenis van het Nederlandsche Volk, Bd. 1ff.
3. A. 1923ff.; Geschiedkundiger Atlas van Nederland, hg. v. Beekmann, A.,
1913-1938; Reese, W., Die Niederlande und das deutsche Reich, 1941; Deventer,
J. van, De Kaarten van de nederlandsche provincien in de zestiende eeuw, hg. v.
Hoff, B. van t', 1941; Gosses, I., De vorming van het graafschap Holland, 1946;
De Genealogie der graven van Holland, 1954; Heger, E., Alfabetische
Plaatsnamenlijst van Nederland, 1958; Gysseling, M., Toponymisch Woordenboek,
1960, 504; Koeman, C., Collections and maps and atlases in the Netherlands:
their history and present state, 1961; Polenz, P. v., Landschafts- und
Bezirksnamen, 1961, II, 48, 52, 55, 72, 74, 96, III), 23, 32, Holtland,
Hollandri, Hollandrenses Bevölkerungsname; Pannekoek, A. u. a., Atlas of the
Netherlands, 1963ff.; Koch, A./Kruisheer, J., Oorkondenboek van Holland end
Zeeland tot 1299, 1970ff.; Algemene Geschiedenis der Nederlanden, Bd. 1ff.
1949ff., Neue Ausgabe 1980ff.; Cordfunke, Gravinnen van Holland, 1987; De
Hollandse stad in de dertiende eeuw, hg. v. Cordfunke u. a., 1988; De
Nederlanden in de late middeleeuwen, hg. v. Boer, D. de/Marsilje, J., 1987;
Blok, D./Blockmans, W., Holland, LexMA 5 1990, 90f.; Price, L., Holland, 1994;
Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 398.
Holstein (Gau, Herzogtum). H. erscheint um 800
als nördlicher Teil des Stammesgebiets der Sachsen (Nordalbingien). Es setzte
sich zusammen aus Dithmarschen im Westen, Stormarn im Süden, H. (Holsten,
Holsaten = Waldsassen) im Norden und Wagrien im Osten. Es wurde von Karl dem
Großen mit Hilfe der slawischen Abodriten unterworfen, denen er dafür Wagrien
überließ. Die holsteinischen Gebiete waren im allgemeinen ein Teil des
Herzogtums Sachsen, doch gehörte Dithmarschen zur Grafschaft Stade, später zum
Erzbistum Bremen (Hamburg-Bremen). Herzog Lothar von Süpplingenburg ernannte
1110/1111 Adolf von Schauenburg (Schaumburg) zum Grafen von H. und Stormarn.
Adolf II. eroberte Wagrien. Adolf III. erlangte nach dem Sturz seines
Lehnsherren Heinrich des Löwen (1180) auch die Herrschaft über Dithmarschen,
verlor die Güter aber 1201/1214 an Dänemark. Adolf IV. gelang die
Wiedereroberung mit dem Sieg von Bornhöved (1227). Dithmarschen fiel allerdings
an das Erzstift Bremen zurück. Nach 1261 teilte sich die Familie in mehrere
Linien (1272/1273, 1294/1297). Die Schauenburger (Schaumburger) Linie, welche
die Stammgrafschaft Schaumburg und die Herrschaft Pinneberg innehatte, erlosch
1640. Die Rendsburger Linie vereinigte nach und nach die übrigen Güter (1316
Holstein-Segeberg, 1390 Holstein-Plön), erwarb Schleswig zeitweise faktisch,
1375/1386 nach dem Aussterben des dänisch-schleswigschen Herzogshauses als
Lehen Dänemarks. Seitdem blieben Schleswig und H. in fester staatsrechtlicher
Verbindung. Als 1459 die Linie ausstarb, kamen Schleswig und H. auf Grund des
Vertrages von Ripen (1460) in Personalunion an das Haus Oldenburg, das 1448 den
Thron in Dänemark bestiegen hatte. 1474 wurde H. mit Stormarn, Wagrien und
Dithmarschen, das endgültig aber erst 1559 einverleibt wurde, durch Kaiser
Friedrich III. zum reichsunmittelbaren Herzogtum erhoben (und damit von Sachsen
bzw. Sachsen-Lauenburg bzw. seit 1434 den Bischöfen von Lübeck gelöst). Eine
Teilung von 1490 schuf einen königlichen
Segeberger Anteil und einen herzoglichen Gottorper (Gottorfer) Anteil. 1524
wurde Friedrich zum König von Dänemark
(Friedrich I.) gekrönt und wurden damit Schleswig und H. wieder vereint. (Die
neben dem Herzogtum H. bestehende Grafschaft H. wurde nach dem Aussterben der
Grafen von Holstein und Stormarn 1640 an den König
von Dänemark verkauft). Am Ende des 18. Jahrhunderts bestanden auf dem Gebiet
Holsteins die Herzogtümer Holstein-Glückstadt und Holstein-Gottorp
(Holstein-Gottorf). Der Wiener Kongress des Jahres 1815 erklärte H. zum
Mitglied des Deutschen Bundes. S. Schleswig-Holstein.
L.: Wolff 444ff.; Wallner 706 NiedersächsRK 6, 7; Großer Historischer Weltatlas
II 34 (1138-1254) F3, II 78 (1450) F3, III 38 (1789) C1; Geerz, F., Geschichte
der geographischen Vermessungen und der Landkarten Nordalbingiens vom Ende des
15. Jahrhunderts bis zum Jahre 1859, 1859; Schott, C., Beiträge zur Landeskunde
von Schleswig-Holstein, 1953; Polenz, P. v., Landschafts- und Bezirksnamen,
1961, I, 9, II, 39, 40, 49, 72, III, 11, 14, 24, 33, Holcetae, Holzeten,
Holsati, Holtsatia, Holzatenses, Holstenland, ‚Holstein‘; Dankwerth, C., Die
Landkarten von Joh. Meyer, Husum, aus der Neuen Landesbeschreibung der zwei
Herzogtümer Schleswig und Holstein 1652, neu hg. v. Domeiner, K./Haack, M.,
1963; Wieden, H. bei der, Schaumburgische Genealogie, 1966; Kahlfuss, H.,
Landesaufnahme und Flurvermessung in den Herzogtümern Schleswig, Holstein,
Lauenburg vor 1864, 1969; Brandt, O./Klüver, W., Geschichte
Schleswig-Holsteins, 8. A. 1981; Kramer, K., Volksleben in Holstein
(1550-1800), 1987; Opitz, E., Schleswig-Holstein, 1988; Hoffmann, E., Holstein,
LexMA 5 1990, 100ff.; Geschichte Schleswig-Holsteins, hg. v. Lange, U., 1996;
Schlinker, S., Fürstenamt und Rezeption, 1999, 180; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 812; Die Fürsten
des Landes. Herzöge und Grafen von Schleswig, Holstein und Lauenburg, hg. v.
Rasmussen, C. u. a., 2008; Eick, S., Die Kanzlei und das Urkundenwesen der
Grafen von Holstein-Schaumburg zwischen 1189 und 1209, 2008; Risch, H., Der
holsteinische Adel im Hochmittelalter, 2010.
Holstein-Segeberg (Grafen). Auf einem Kalkberg an der
Trave wurde durch (Kaiser) Lothar von Süpplingenburg eine Burg angelegt
(Sigeburg). Um 1273 kam die Burg an die Kieler Linie der Grafen von Schauenburg
(Schaumburg) und wurde Mittelpunkt eines besonderen Segeberger Landesteils.
1316 fiel dieser an Holstein-Rendsburg zurück. Später gehörte Segeberg zum königlichen Anteil an Holstein.
L.: Rieken, A., Das Amt Segeberg, Diss. phil. 1963.
Homburg (Herrschaft, Reichsherrschaft). Vor 1259
erlangte Gottfried von Sayn durch Heirat Juttas von Isenberg (Isenburg) Güter
im Oberbergischen, die er durch die Burg H. bei Marienberghausen sicherte. 1276
übertrug er sie als Eigengut an König Rudolf von
Habsburg und erhielt sie als Lehen zurück. 1385 wurde die Vogtei Wiehl
hinzuerworben. 1361 gewann Sayn durch Heirat die Grafschaft Wittgenstein. Den
Grafen von Sayn-Wittgenstein gelang auf Dauer die Behauptung der Herrschaft,
obwohl diese von Gütern Bergs eingeschlossen war. 1635 wurde H. für ein
Jahrhundert Sitz einer Seitenlinie Sayn-Wittgenstein-Berleburgs. 1815 kam es an
Preußen, 1946 an Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 285, 499f.; Großer Historischer Weltatlas III 38 (1789) B2; Heckmann,
K., Geschichte der ehemaligen Reichsherrschaft Homburg an der Mark, 1938.
Hoppetenzell (Herrschaft). H. bei Stockach wurde (vor
777) von einem Adalung an Fulrad von Saint Denis (Saint-Denis) gegeben. 866
bestätigte König Ludwig der Deutsche die
Übertragung. Später stand innerhalb Schwäbisch-Österreichs die Herrschaft H.
der Johanniterkommende Überlingen zu. 1803 kam H. an Baden und 1951/1952 an
Baden-Württemberg.
L.: Hölzle, Beiwort 4.
Horbach (Reichsdorf). Am 22. 1. 1379 verpfändete
König Wenzel unter anderem dem Kurfürsten Ruprecht
von der Pfalz das Dorf H. bei Bergzabern, das Ruprecht aus der Pfandschaft des
Grafen Emich von Leiningen gelöst hatte. Über Bayern kam H. 1946 zu
Rheinland-Pfalz.
L.: Hugo 465, 464.
Hornbach (Kloster). Um (737 bzw.) 740 gründete
der heilige Pirmin auf altem Königsland des
fränkischen Adligen Warnharius aus der Familie der Widonen das Kloster H. bei
Zweibrücken. Über die Widonen kam es an die Salier. 1087 gab Kaiser Heinrich
IV. das Kloster dem Hochstift Speyer. Vögte wurden am Anfang des 12. Jahrhunderts
die Grafen von Saarbrücken, dann 1182/1188 als ihre Nachfolger die jede
Weiterentwicklung des Klosters früh unterbindenden Grafen von Zweibrücken, seit
1394 die Kurfürsten von der Pfalz, 1410 die Herzöge von Pfalz-Zweibrücken, die
es 1558 aufhoben. Über Bayern kam H. 1946 zu Rheinland-Pfalz.
L.: Wolff 249; Neubauer, A., Regesten des ehemaligen Benediktinerklosters
Hornbach, 1904; Drumm, E., Geschichte der Stadt Hornbach, 1952; Hermann, H.,
Hornbach, LexMA 5 1990, 126f.; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 2,
271.
Hoßkirch (Reichsdorf). H. zwischen Saulgau und
Pfullendorf erscheint 1083 als Sitz der Edelfreien von H., die im 12.
Jahrhundert den Ort dem Kloster Weingarten gaben. Sie erloschen noch im 12.
Jahrhundert. Danach unterstand H. den Herren von Fronhofen als königlichen Vögten. 1286 kam die Vogtei an die Herren
von Königsegg. Am 18. 10. 1403 bestätigte König Ruprecht den Gebrüdern Hans, Ulrich, Albrecht
und Eck von Königsegg die Reichspfandschaft H.
1527/1535 erlangten die Königsegg die Grundherrschaft,
1806 fiel H. an Württemberg und kam damit 1951/1952 zu Baden-Württemberg.
L.: Hugo 453; Der Kreis Saulgau, 1971; Der Kreis Ravensburg, 1976.
Huckarde-Dorstfeld (Herrschaft). König Ludwig der Deutsche (806-876) übergab den Hof Huckarde (heute in Dortmund) dem Stift Essen. Zusammen mit dem Nachbardorf Dorstfeld bildete Huckarde dann eine vom übrigen Stiftsgebiet abgesonderte besondere Herrschaft des Stiftes, deren Vogtei 1288 den Grafen von der Mark übertragen wurde und zuletzt Preußen zustand. Mit Essen fiel die Herrschaft 1802/1803 an Preußen. Nach zwischenzeitlicher Zugehörigkeit zum Großherzogtum Berg (1808-1813/1815) wurde H. 1929 nach Dortmund eingemeindet und fiel bei der Aufteilung Preußens 1946 an Nordrhein-Westfalen.
Hultschin (Ländchen), Hultschiner Ländchen,
tschech. Hlučinsko. Kurz vor 1278 gründete König
Ottokar II. von Böhmen den Ort Hultschin in Nordmähren. Das umliegende Gebiet
zwischen Oppa, Oder und Zinna war seit der Trennung von Mähren am Ende des 14.
Jahrhunderts keine selbständige Einheit sondern nur Teil verschiedener
schlesischer Fürstentümer (Troppau). Mit diesen gelangte es an Habsburg. 1742
kam es von Österreich an Preußen. 1919/1920 fiel das Hultschiner Ländchen mit
315,8 Quadratkilometern und (1910) 48446 Einwohnern ohne Volksbefragung an die
Tschechoslowakei (Versailler Vertrag vom 28. 6. 1919, Besetzung 4. 2. 1920).
Von 1938 bis 1945 gehörte es nochmals zu Deutschland.
L.: Wolff 481; Bollacher, E., Das Hultschiner Ländchen im Versailler
Friedensvertrag, 1930; Schellin, G., Das Hultschiner Ländchen. Eine
Landeskunde, Diss. phil. Königsberg 1933.
Hummel (Herrschaft). Nach einer älteren
Befestigung des 11. Jahrhunderts wurde im 13. Jahrhundert an der Straße von
Prag nach Glatz und Breslau auf dem Hummel eine Burg errichtet. Sie bildete den
Mittelpunkt einer böhmischen Herrschaft, die im 14. Jahrhundert den Pannwitz
gehörte. Danach fiel sie an Dietrich von Janowitz (1392-1411), Heinrich von
Lazan (1411-1414), Boczek von Kunstadt/von Podiebrad (1415-1454) sowie Georg
von Podiebrad (1454-1477), den späteren König
von Böhmen. Durch dessen Sohn Herzog Heinrich von Münsterberg kam die
Herrschaft H. 1477 zur Grafschaft Glatz, die 1742 an Schlesien fiel. Seit 1559
wurde die Herrschaft durch Verkauf einzelner Dörfer allmählich aufgelöst. Seit
1945 war das Gebiet unter der Verwaltung Polens, an das es 1990 als Folge der
deutschen Einheit gelangte.
L.: Wolff 491; Albert, D., Die Geschichte der Herrschaft Hummel und ihrer
Nachbargebiete, Teil 1 (bis 1477), 1932.
Iggelheim (Reichsdorf). Am 22. 1. 1379 verpfändete
König Wenzel dem Kurfürsten Ruprecht von der
Pfalz unter anderem das Reichsdorf I. bei Hassloch, das dieser aus der
Pfandschaft des Grafen Emich von Leiningen gelöst hatte. I. kam seitdem zur
sog. Pflege Hassloch, über welche die Pfalz die Oberherrlichkeit hatte, die sie
aber an Leiningen weiterverlieh. Über Bayern gelangte I. 1946 zu
Rheinland-Pfalz.
L.: Hugo 466; Karst, T., Das kurpfälzische Oberamt Neustadt an der Haardt,
1960.
Ilfeld (Kloster). Seit 1154 erscheint eine
vielleicht von (Kaiser) Lothar von Süpplingenburg (1125-1137) mit Reichsgut
ausgestattete Adelsfamilie, die sich nach der Burg I. bei Nordhausen nannte.
1190 gründete sie dort ein Stift, das 1247 in Appenrode, Auleben, Girbuchsrode,
Niederspier, Wasserthalleben (Thalleben), Otterstedt, Westerengel,
Niedersachswerfen (Sachswerfen), Baldenrode, Woffleben (Wolffleben), Espe,
Kirchengel und Oberilfeld begütert war. 1252 erklärte König
Wilhelm von Holland, I. sei von den Grafen von Hohnstein, die auch die Vogtei
hatten, auf Reichsboden gegründet worden. Über Hohnstein und Preußen (1866
Provinz Hannover, 1932 Provinz Sachsen) gelangte I. 1946 zur Provinz
Sachsen-Anhalt bzw. 1947 zum Land Sachsen-Anhalt. Der südliche Teil des Landkreises
I. fiel zum 1. 10. 1932 an den Landkreis Grafschaft Hohenstein.
L.: Wolff 424; Meyer, K., Kloster Ilfeld, 1897; Köhler, C., Ilfelder Regesten,
Bd. 1 1932; Mascher, K., Reichsgut und Komitat am Südharz im Hochmittelalter,
1957.
Illyrien (Königreich,
Provinz). I. ist im Altertum das von den Illyrern bewohnte Gebiet der östlichen
Adriaküste, das von 230 v. Chr. an allmählich dem römischen Reich eingegliedert
wurde (167 v. Chr. Teil der Provinz Gallia cisalpina). Im 4. nachchristlichen
Jahrhundert war I. einer der vier römischen Reichssprengel. 395 kam das Gebiet
zur westlichen Reichshälfte, fiel 537 aber an Byzanz. Im Mittelalter gehörte
das Gebiet zu verschiedenen Herrschaften, von denen Österreich allmählich
bestimmend wurde. 1809 musste Österreich Westkärnten, Krain, Görz, Triest,
Istrien, Fiume, Dalmatien und Kroatien an Napoleon I. abtreten, der diese
Gebiete als illyrische Provinzen Frankreich einverleibte. 1814 fielen sie an
Österreich zurück, das aus Kärnten, Krain, Görz, Triest und Istrien 1816 ein Königreich I. bildete, das 1849 in die Kronländer
Kärnten, Krain und Küstenland aufgelöst wurde. 1918 kam das Gebiet weitgehend
zu Jugoslawien und nach 1991/1995 an Slowenien und Kroatien.
L.: Großer Historischer Weltatlas III 40 c (1806-1812) D/E5, II 46 (1815) G/H4.
Immenstadt (Reichsgrafschaft). I. zu Füßen der Burg
Rothenfels im Allgäu kam von den Staufern als Lehen an die Herren von
Schellenberg. 1332 erwarben die Grafen von Montfort die Herrschaft Rothenfels
mit dem Mittelpunkt Immendorf (Imdorf). 1565 kam Rothenfels durch Kauf an die
Freiherren von Königsegg. Seit 1629 war I. (so
seit 1618) Reichsgrafschaft. 1804 fiel es an Österreich, 1805 an Bayern.
L.: Wolff 201; Baumann, F., Geschichte des Allgäus, Bd. 1ff. 1883ff.;
Heimatbuch der Stadt Immenstadt (1360-1960), 1960.
Ingelheim (Reichsdorf). In I. am Rhein bei Bingen
bestanden schon in römischer Zeit verschiedene Siedlungen. In Niederingelheim
errichtete König Karl der Große vermutlich
774-787 eine Pfalz. Sie war Mittelpunkt des Ingelheimer Reiches. Am 16. 1. 1315
verpfändete König Ludwig der Bayer unter anderem
die beiden Dörfer I. an den Erzbischof von Mainz. Am 25. 12. 1356 verpfändete
Kaiser Karl IV. I. an die Stadt Mainz. Am 12. 2. 1375 verpfändete er sie an
Ruprecht von der Pfalz. König Wenzel bestätigte
dies am 7. 7. 1376 und erhöhte die Pfandsumme am 10. 8. 1378. Am 23. 8. 1402
verpfändete König Ruprecht I. (bzw. das
Ingelheimer Reich mit Ober-Ingelheim [Oberingelheim], Nieder-Ingelheim
[Niederingelheim)], Groß-Winternheim, Bubenheim, Elsheim, Wackernheim,
Sauerschwabenheim und Frei-Weinheim [Freiweinheim]) seinem ältesten Sohn Ludwig
von der Pfalz. Eine Auslösung des wegen seines mehr als 70 Orte
einschließenden, im 17. Jahrhundert von der Pfalz aufgehobenen Oberhofes
bekannten Ortes erfolgte nicht mehr. 1815 kam I. zu Hessen-Darmstadt, 1946 zu
Rheinland-Pfalz.
L.: Hugo 466f., Wolff 91; Erler, A., Die älteren Urteile des Ingelheimer
Oberhofes, Bd. 1ff. 1952ff.; Ingelheim am Rhein, hg. v. Böhner u. a., 1965;
Gudian, G., Ingelheimer Recht im 15. Jahrhundert, 1968; Schmitz, H., Pfalz und
Fiskus Ingelheim, 1974; Erler, A., Das Augustiner-Chorherrenstift in der Königspfalz zu Ingelheim am Rhein, 1986; Gerlich, A.,
Ingelheim, LexMA 5 1990, 414f. ; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005,
2, 278.
Isenburg-Limburg (Grafen). Die Grafen von
Isenburg-Limburg sind eine nach Limburg an der Lahn benannte, 1232
erscheinende, 1407 erlöschende Linie der Grafen von Isenburg, der die Ehefrau König Adolf von Nassaus entstammt.
L.: Decker, K., LexMA 5 (1991), 763
Isny (Reichsstadt). Bei dem 1096 gestifteten
Benediktinerkloster I. im Allgäu gründeten die Grafen von Veringen-Altshausen
1171 einen Markt. Dieser wurde 1257 an die Truchsessen von Waldburg verpfändet
und 1281 durch König Rudolf von Habsburg mit dem
Stadtrecht Lindaus begabt. 1306 wurde I. zusammen mit der Herrschaft Trauchburg
an die Truchsessen von Waldburg verkauft. 1365 errang die Stadt durch Loskauf
von den Truchsessen von Waldburg die Reichsunmittelbarkeit. I. zählte zum
schwäbischen Reichskreis. 1803 kam I. mit 2000 Einwohnern und einem Gebiet von
0,5 bzw. 0,7 Quadratmeilen zusammen mit der Abtei I. als Grafschaft I. an die
Reichsgrafen von Quadt (Quadt-Wickrath), 1806 an Württemberg und damit
1951/1952 zu Baden-Württemberg.
L.: Wolff 221; Zeumer 555 III b 25; Wallner 689 SchwäbRK 87; Großer
Historischer Weltatlas III 22 (1648) E5, III 38 (1789) D4; Schroeder 434ff.;
Müller, K., Die oberschwäbischen Reichsstädte, 1912; Kammerer, I., Isnyer
Regesten, 1953; Kammerer, I., Isny im Allgäu, Bilder aus der Geschichte einer
Reichsstadt, 1955; Eisele, K., Stadt- und Stiftsgebiet Isny in den Jahren
1803-10, Ulm und Oberschwaben 38 (1967); Speth, H., Die Reichsstadt Isny am
Ende des alten Reiches (1775-1806), 1973; Hauptmeyer, C., Verfassung und Herrschaft
in Isny, 1976; Greiffenhagen, S., Politische Kultur Isnys im Allgäu, 1988.
Istrien (Markgrafschaft). 177 v. Chr. eroberten
die Römer das Gebiet von I. und teilten es den Provinzen Italia und Illyricum
zu. 539 kam das Gebiet an Oststrom, 788 an das fränkische Reich. 952 fügte es König Otto I. als Teil Friauls Bayern hinzu, löste es
aber 976 als Herzogtum zusammen mit Kärnten wieder. Seit dem 11. Jahrhundert
wurde zu I. das Gebiet um den Kvarner gerechnet (sog. Meranien). 1058
unterstand I. mit Krain dem Markgrafen Ulrich von Weimar-Orlamünde. 1077 gab König Heinrich IV. die Markgrafschaft I. an Aquileja,
das I. erst 1209 tatsächlich von den seit 1173 als Markgrafen herrschenden
Grafen von Andechs-Meranien erlangte und bis 1412/1430 an Venedig verlor. Das
von der Markgrafschaft gelöste Inneristrien kam als Grafschaft I. über die
Grafen von Görz 1374/1381 an Österreich, die anderen Gebiete (Küstenland) 1797
(1805 an Italien, von 1809 bis 1815 an Frankreich). Der österreichische Anteil
an I. umfasste die im Jahre 1500 durch das Aussterben der Grafen von Görz an
Österreich gefallene Grafschaft Mitterburg mit den Städten Mitterburg (Pisino),
Biben (Pedena), Galignano, Berschetz, Lovrana und einigen Märkten und Klöstern
und die im Jahre 1400 an Österreich gekommene Herrschaft Castua. 1816 gelangte
er als ein Teil des Deutschen Bundes an das Königreich
Illyrien Österreichs und war seit 1849 Teil des Kronlandes
Görz-Gradisca-Istrien (Görz-Gradiska-Istrien). 1918/1920 kam I. an Italien,
1945/1947 an Jugoslawien und 1991/1995 an Slowenien und Kroatien. In der
Gegenwart versteht man unter I. die Halbinsel südlich einer Linie vom Golf von
Triest bis zum Kvarner.
L.: Wolff 32; Wallner 713 ÖsterreichRK 1; Großer Historischer Weltatlas II 34
G4; Lenel, W., Venezianisch-istrische Studien, 1911; Vergottini, G. de,
Lineamenti storici della costituzione politica dell' Istria durante il medio
evo, 1924f.; Pirchegger, H., Überblick über die territoriale Entwicklung
Istriens, (in) Erläuterungen zum historischen Atlas der österreichischen
Alpenländer, 1, 4, 1, 1927, 488ff.; Ferluga, J., Istrien, LexMA 5 1990, 792ff.
Italien (Halbinsel, Königreich).
Der 768 von König Karl dem Großen den
Langobarden abgewonnene Teil Italiens, den König
bzw. Kaiser Otto der Große 951/962 wieder an das deutsche Reich zog und in dem
sich seit dem 11. Jahrhundert nach Selbständigkeit strebende Kommunen
entwickelten, zerfiel seit dem hohen Mittelalter in zahlreiche Reichslehen (10
größere Herzogtümer und 250 kleine Lehen). Nach dem Scheitern der Idee eines
einheitlichen Imperiums unter der Herrschaft der Staufer stand I. für drei
Jahrhunderte im Zeichen verhältnismäßig selbständiger Mittelstaaten mit teils
fürstlicher oder quasifürstlicher Spitze (Visconti, Este, Gonzaga), teils
republikanischer Gestaltung (Venedig, Genua, Lucca, Siena), denen der
Kirchenstaat und das Königreich (beider)
Sizilien (mit Neapel) im Süden gegenüberstanden. Als dem Heiligen Römischen
Reich angehörige Teile Italiens galten vor allem: Fürstentum Carrara,
Fürstentum Castiglione, Fürstentum Comacchio, Fürstentum Correggio, Fürstentum
Doria, Herzogtum Ferrara, Herzogtum Finale, Herzogtum Florenz (Toscana),
Herzogtum Genua (leugnete Reichszugehörigkeit wurde aber zu Reichssteuern
herangezogen), Herzogtum Guastalla, Lucca (leugnete die Reichszugehörigkeit,
wurde aber zu Reichssteuern herangezogen), Herzogtum Mailand (Modena-Reggio),
Herzogtum Mantua, Herzogtum Massa, Herzogtum Mirandola, Herzogtum Modena,
Herzogtum Monaco, Herzogtum Montferrat, Neapel, Herzogtum Novellara, Herzogtum
Parma, Herzogtum Piacenza, Savoyen (Savoyen-Piemont, Reichsstand, der nicht
mehr zu den Reichstagen erschien, weil er sich für souverän hielt), Sizilien,
Soramo, Herzogtum Spinola, Toscana/Toskana sowie Venedig. Mit dem Zug
Frankreichs gegen die auf die Anjou gefolgte aragonesische Seitenlinie in
Neapel (1494) wurde I., in dem es in der Neuzeit 137 Bistümer gab, zum
Streitobjekt zwischen Frankreich und Spanien/Habsburg, in dem Spanien/Habsburg
die Vorherrschaft gewann. Nach dem Aussterben der spanischen Habsburger (1700)
erhielt nach dem spanischen Erbfolgestreit (1701-1713/1714) die spanische Linie
der französischen Bourbonen den Süden (Neapel, Sizilien), Österreich den Norden
(Mailand). Infolge des Aussterbens einheimischer Dynastien fielen Toskana und
Mantua an Österreich, Parma-Piacenza dagegen an Frankreich. Die verbleibenden
Herzöge von Savoyen-Piemont gewannen 1713 den Königstitel
mit Sizilien, das sie 1720 gegen Sardinien tauschten (Königreich
Sardinien). 1731 bestanden 13 lombardische Reichslehen (u. a. Mailand, Mantua,
Montferrat, Mirandola, Gonzagische Fürstentümer), 19 ligurische Reichslehen (u.
a. Gebiete der Doria), 20 bononesische Reichslehen (u. a. Modena, Ferrara,
Gebiete der Spinola und der Doria), 10 toskanische Reichslehen (u. a. Florenz,
Piombino, Soramo, Comacchio) und 11 tirnisanische Reichlehen (u. a. Fürsten von
Massa, Malaspina). Zwischen 1734 und 1737 brach die Reichsitalienpolitik
zusammen (vgl. Calice, Veppo, Avulla, Spigno, Novi, Gavi, Palladio, Val di
Taro, Albano bzw. Albanum, Pavia, Angleria, Castro, Malgrate, Siena). Seit 1796
drang wiederum Frankreich in I. ein und errichtete verschiedene Republiken, die
später teils Frankreich eingegliedert wurden (Doria, Ferrara, Finale, Lucca,
Mirandola, Neapel, Novellara, Spinola, Soramo), teils in französisch
beherrschte Königreiche umgewandelt wurden. 1815
wurden Österreich (Lombardo-Venetien, Toskana, Modena) und die Bourbonen
(Neapel-Sizilien, Lucca, 1847 Parma-Piacenza) wieder nach I. zurückgeführt.
Piemont-Savoyen gewann Genua. Als Folge des erwachenden Nationalgefühls und des
sog. risorgimento kam es 1859 zum sardinisch-piemontesisch-französischen
Feldzug gegen Österreich, das 1859 die Lombardei räumen musste. 1860 wurden
Toskana, Modena, Parma und die Romagna an Sardinien (Sardinien-Piemont,
Piemont) angeschlossen, das seinerseits Savoyen an Frankreich abgeben musste.
Danach wurden die Bourbonen aus Neapel-Sizilien vertrieben. Auch die Marken und
Umbrien wurden Sardinien (Sardinien-Piemont, Piemont) angegliedert. Viktor
Emanuel II. nahm 1861 den Titel eines Königs von
I. an. 1866 wurde Venetien (Österreichs) gewonnen und 1860/1870 der
Kirchenstaat bis auf geringe Reste eingezogen. Am 23. Mai 1915 erklärte I.
seinem Verbündeten Österreich-Ungarn den Krieg und gewann danach Südtirol. S.
a. Lombardei.
L.: Aretin, Das alte Reich 2, 92ff.; Punti essenziali toccanti la Commissione
Imperiale in Italia im Akt Plenipotenz 3 des Haus-, Hof- und Staatsarchivs
Wien; Moser, J., Compendium juris publici moderni imperii Romani oder Grundriß
der heutigen Staatsverfassung des Römischen Kayserthums, 1729; Overmann, A.,
Die Besitzungen der Großgräfin Mathilde von Tuscien nebst Regesten ihrer
Urkunden, 1892 (Diss.); Croce, B., Storia dell‘età barocca in Italia, 1929;
Goez, W., Italien im Mittelalter, Bd. 1f. 1942; Pieri, P., Il Rinascimento e la
crisi militare italiana, 1952; Landogna, F., Storia d‘Italia, 1957; Waley, D.,
Die italienischen Stadtstaaten, 1960; Storia d‘Italia, ed. Valeri, N. F., 2. A.
Bd. 1ff. 1965ff.; Kramer H., Geschichte Italiens, Bd. 1f. 1968; Volpe, Storia
d‘Italia, Bd. 1f. 1968ff.; Haverkamp, A., Herrschaftsformen der Frühstaufer in
Reichsitalien, 1970f.; Storia d'Italia, Bd. 1ff. 197ff.; Keller, H.,
Adelsherrschaft und städtische Gesellschaft in Oberitalien (9.-12.
Jahrhundert), 1979; Schumann, R., Geschichte Italiens, 1983; Goez, W.,
Grundzüge der Geschichte Italiens in Mittelalter und Renaissance, 1984;
Fellner, F., Die österreichische Geschichtsforschung über Italien, 1985;
Italien-Ploetz. Italienische Geschichte zum Nachschlagen, bearb. v.
Schwarzkopf, J., 1986; Haverkamp, A., Italien im hohen und späten Mittelalter,
1056-1454, Handbuch der europäischen Geschichte, 2. A. 1987; Lill, R.,
Geschichte Italiens in der Neuzeit, 4. A. 1988; Seidlmayer, M., Geschichte
Italiens, 2. A. 1989; Haverkamp, A., Italien, LexMA 5 1990, 705ff.; Die großen
Familien Italiens, hg. v. Reinhardt, V., 1992; Indice biografico italiano, hg.
v. Nappo, T., Bd. 2ff. 1993; Chielloni, C. u. a., Italien, 3. A. 1995; Italien-Lexikon,
hg. v. Brütting, R., 1995; Die deutsche und italienische Rechtskultur, hg. v.
Mazzacane, A. u. a., 1995; Chittolini, G., Città, comunità e feudi regali,
1996; Pauler, R., Die deutschen Könige und
Italien, 1997; Jones, P., The Italian city-State, 1997; Reinhardt, V.,
Geschichte Italiens, 2003; Italy in the Central Middle Ages 1000-1300, hg. v.
Abulafia, D., 2004; Weber, C., Episcopus et princeps- italienische Bischöfe als
Fürsten, Grafen und Barone vom 17. bis zum 20. Jahrhundert, 2010.
Ivrea (Stadt, Markgrafschaft). I. am Austritt
der Dora Baltea aus dem Aostatal wurde 100 v. Chr. als römische Kolonie
Eporedia gegründet. Später war es Sitz eines Herzogs der Langobarden, dann
Mittelpunkt einer Piemont und Ligurien umfassenden Mark eines Markgrafen der
Franken. 1015 ging die Macht an den Bischof über. Im 12. und 13. Jahrhundert
erlangte I. Selbständigkeit und wurde von kaiserlichen Vikaren und
italienischen Potentaten beherrscht. 1238 nahm Kaiser Friedrich II. die Stadt
ein. In der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts kam I. formell zur
Markgrafschaft der Markgrafen von Montferrat. Nach mehrfachem
Herrschaftswechsel fielen Stadt und Markgrafschaft seit dem 14. Jahrhundert
(1313) an die Grafen von Savoyen.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 48a (1815-1866) B2; Hofmeister, A., Marken
und Markgrafschaften im italienischen Königreich,
1906, MIÖG-Ergänzungsbd. 7;
Carandini, F., Vecchia Ivrea, 3. A. 1963; Sergi, G., Ivrea, LexMA 5 1990, 841.
Jägerndorf (Herzogtum, Residenz). J. in
Oberschlesien an der Straße Breslau-Olmütz am Zusammenfluss von Oppa und
Geldoppa wurde am Anfang des 13. Jahrhunderts als Stadt zu deutschem Recht
gegründet. Es gehörte ursprünglich zum Herzogtum Troppau. 1384 fiel es von
Troppau an Oppeln, 1390 an Jodok von Mähren, 1411 an König
Wenzel von Böhmen und 1421 an Ratibor. 1437 spaltete sich J. als eigenes
Herzogtum ab. 1493 kam es nach Absetzung des Fürsten durch König Matthias Corvinus (1474) an die Freiherren von
Schellenberg. 1523 erwarb Markgraf Georg von Ansbach dieses Herzogtum. Nach dem
Tod seines Sohnes Georg Friedrich fiel es an die Markgrafen von Brandenburg,
die es mit Oderberg und Beuthen zusammenfassten. 1617/1621 gingen diese Gebiete
infolge Teilnahme des Herzogs am böhmischen Aufstand an Österreich verloren.
Den nördlichen Teil des Landes konnte König
Friedrich II. 1742 an Preußen zurückgewinnen. Das Herzogtum umfasste ein Gebiet
von 17 Quadratmeilen. 1918/1919 fiel das Gebiet von Österreich an die
Tschechoslowakei, 1993 an Tschechien.
L.: Wolff 481, 488; Biermann, G., Geschichte der Herzogtümer Troppau und
Jägerndorf, 1874; Stamm- und Übersichtstafeln der schlesischen Fürsten, hg. v.
Wutke, K., 1911; Geschichte Schlesiens, hg. v. d. Hist. Komm. f. Schlesien, Bd.
1 1961; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini,
W., 2003, 1, 2, 182; Urbare des Fürstentums Jägerndorf aus der Zeit der
Markgrafen von Brandenburg-Ansbach (1531-1535-1554/78), hg. v. Hanke, S. u. a.,
2010.
Jagstheim (Ganerbschaft), Jaxtheim. Nach der Burg
J. bei Crailsheim nannten sich seit 1443 die Zehe von Bödigheim. Sie starben
1443 aus. Dorfherren waren 1533 Ansbach, Ellrichshausen, Vellberg und
Dinkelsbühl. 1806 kam J. an Württemberg und damit 1951/1952 zu
Baden-Württemberg. S. Jaxtheim.
L.: König, H., Aus der Vergangenheit des Dorfes
Jagstheim, (in) Frankenspiegel 19/20 (1967/1968).
Johanniterorden (Reichsfürst), Johannitermeister.
Vermutlich 1048, jedenfalls vor 1072 gründeten Kaufleute aus Amalfi bereits vor
den Kreuzzügen in Jerusalem ein Spital. Daraus entstand nach der Eroberung
Jerusalems (1099) eine Ordensgemeinschaft, die zunächst in den
Kreuzfahrerstaaten, bald aber auch in allen Teilen Europas Ordenshäuser bzw.
Hospitäler errichtete und in den Kreuzfahrerstaaten Antiochien und Tripolis
auch herrschaftliche Rechte gewann. Die von dem Ordensmeister Raymund von Puy
(1120-1160) 1137 erlassene Ordensregel gab dem geistlichen Orden
ritterschaftliche Züge. An der Spitze des Ordens stand der Großmeister, der von
den acht Großwürdenträgern der acht Zungen des Ordens beraten wurde. Nach dem
Fall Akkons (1291) verlegte der Großmeister seinen Sitz nach Limassol (Limisso)
auf Zypern und wurde Vasall des dortigen Königshauses.
Von 1308 bis 1310 eroberte er Rhodos und dessen Nachbarinseln. 1312 erlangte er
einen Teil der Güter des aufgelösten Templerordens in Frankreich. 1372 ließ
sich die Ballei Brandenburg im Vergleich von Heimbach besondere Rechte
einräumen. 1522/1523 musste nach Siegen der Türken der Sitz von Rhodos verlegt
werden (u. a. Viterbo). 1530 übertrug Kaiser Karl V. als König von Sizilien dem Orden Malta und seine
Nachbarinseln sowie Tripolis gegen einen symbolischen Tribut aber ohne
Heerfolgepflicht zu Lehen. Seitdem wurde der Orden auch Malteserorden genannt.
Nach der Reformation traten die Mitglieder der Ballei Brandenburg zum
evangelischen Glauben über. 1548 erhielt der J. bzw. der Johannitermeister in
Deutschland, der seit 1187 als Großprior an der Spitze der deutschen Zunge des
Ordens stand und seit 1428 (endgültig 1505) seinen Sitz in Heitersheim hatte,
Sitz und Stimme auf der geistlichen Bank des Reichsfürstenrates des Reichstags.
Deutsche Kommenden bestanden u. a. in Dätzingen und Rohrdorf, Schwäbisch Hall
(Hall) und Affaltrach, Heitersheim, Hemmendorf und Rexingen, Kleinerdlingen
(Kleinnördlingen), Leuggern, (Neuburg,) Rothenburg, Überlingen, Villingen,
Würzburg und Biebelried. 1781 wurde der Orden mit dem Antoniterorden vereinigt.
1789 verlor er seine Güter in Frankreich, 1798 auch Malta (an Frankreich). Um
1800 zählte der J. zum Kanton Steigerwald des Ritterkreises Franken. Durch § 27
des Reichsdeputationshauptschlusses vom 25. 2. 1803 erhielt der J. bzw.
Malteserorden für den Verlust seiner linksrheinischen Güter die Grafschaft
Bonndorf, die Abteien Sankt Blasien, Sankt Trudpert, Schuttern, Sankt Peter,
Tennenbach und alle Stifter, Abteien und Klöster im Breisgau. 1806 erlosch auch
das Großpriorat in Heitersheim, nachdem das Fürstentum Heitersheim schon früher
allmählich tatsächlich unter die Landeshoheit Österreichs sowie 1805/1806 an
Baden gelangt war. 1852 wurde die Ballei Brandenburg vom König von Preußen in ihren Rechten wiederhergestellt.
1999 hatte der evangelische Teil des Johanniterordens rund 3400 Mitglieder.
L.: Zeumer 552 II a 30; Riedenauer 129; Geschichte des Malteserordens nach
Vertot, bearb. v. Niethammer, Bd. 1ff. 1792; Falkenstein, K., Geschichte des
Johanniterordens, 1867; Pflugk-Harttung, J. v., Die Anfänge des
Johanniterordens in Deutschland, 1899; Rödel, W., Das Großprioriat Deutschland
des Johanniterordens, Diss. phil. Mainz 1966; Engel, C., Histoire de L’Ordre de
Malte, 1968; Waldstein-Wartenberg, B. Graf v., Rechtsgeschichte des
Malteserordens, 1969; Der Johanniter-Orden. Der Malteser-Orden, hg. v. Wienand,
A., 3. A. 1988; Barz, W., Georg Schilling von Cannstatt. Ein deutscher
Johanniter auf Malta, (in) Der Johanniterorden in Baden-Württemberg 69 (1984),
5; Riley-Smith, J., Johanniter, LexMA 5 1990, 613ff.; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 739
(Johannitermeister); Die Johanniter, die Templer, der Deutsche Orden, die
Lazariter und Lazariterinnen, die Pauliner und die Serviten in der Schweiz,
bearb. v. Andenmatten, B. u. a., 2006
Jugoslawien (Königreich,
Volksrepublik). Im 5./6. oder 7. Jahrhundert wanderten die slawischen Serben
auf die Balkanhalbinsel ein. Sie wurden im 9. Jahrhundert christianisiert,
gerieten aber unter den Einfluss Bulgariens bzw. Ostroms. Um 1180 erkämpften
sie ein unabhängiges Fürstentum. Dieses fiel 1389/1459 an die Türken. 1830
entstand ein im Zuge von Freiheitsbestrebungen autonomes Erbfürstentum Serbien
unter osmanischer Oberhoheit, 1878 ein unabhängiger Staat, der sich 1882 in ein
Königreich umwandelte. Diesem schlossen sich
1918 die nordöstlich davon gelegenen Gebiete des Kaiserreichs
Österreich-Ungarn, die auch Italien als Preis für seinen Eintritt in den Ersten
Weltkrieg auf Seiten der Alliierten begehrte, an. Daraus entstand das Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen, das sich
1929 in Jugoslawien umbenannte. Am 29. 11. 1945 wurde es Republik, am 31. 1.
1946 Föderative Volksrepublik. Am 10. 2. 1947 wurde sein Gebiet um Teile
Italiens in Istrien und Dalmatien vergrößert, 1954/1975 erhielt es die Zone B
um Triest. Zum 26. 6. 1991 lösten sich Kroatien und Slowenien durch Erklärung
vom serbisch beherrschten J., später auch Bosnien-Herzegowina und Mazedonien
(Makedonien), so dass nur noch Serbien und Montenegro in J. verblieben. 1999
wurden die albanischen Bewohner des Amselfelds (Kosovo) von Serben vertrieben,
aber durch Kriegseinsatz des Nordatlantischen Verteidigungsbündnisses
zurückgeführt. Am 4. 2. 2003 wurde die Bundesrepublik J. aufgelöst und der
Staat Serbien-Montenegro begründet, der sich 2006 in Serbien sowie Montenegro
auflöste. 2008 trennte sich auch Kosovo mit westlicher Unterstützung von
Serbien. S. Dalmatien, Friaul, Görz, Gottschee, Herzegowina, Illyrien, Istrien,
Kärnten, Krain, Küstenland, Österreich, Steiermark, Triest.
L.: Als Mitteleuropa zerbrach. Zu den Folgen des Umbruchs in Österreich und
Jugoslawien nach dem Ersten Weltkrieg, hg. v. Karner, S./Schöpfer, G., 1990;
Suppan, A., Zwischen Adria und Karawanken, 1998; Dérens, J./Samary, C.,
Jugoslawien von A bis Z, 2001; Calic, M., Geschichte Jugoslawiens im 20.
Jahrhundert, 2010.
Kadobertal, Kadoberthal (Catubria) s. Cadore.
L.: Curs, O., Deutschlands Gaue im zehnten Jahrhundert. Nach den Königsurkunden, Diss. phil. Göttingen 1908, 4.
Kaichen (Grafschaft, Freigericht). K. bei
Friedberg in Hessen war seit dem 13. Jahrhundert Mittelpunkt der zwischen Vogelsberg
und Taunus gelegenen Grafschaft K. (1293 comitia in Kouchene). Zu dem unter der
Linde in Kaichen tagenden Freigericht gehörten 18 Orte (Rodenbach, Altenstadt,
Oberau, Rommelhausen, Heldenbergen, Büdesheim, Rendel, [Groß-Karben bzw.
Großkarben,] Klein-Karben [Kleinkarben], K., Burg-Gräfenrode [Burggräfenrode],
Okarben, Kloppenheim und Ilbenstadt sowie vier Wüstungen, die Burgen Assenheim,
Höchst, Dorfelden und das Kloster Naumburg). Seit 1467 gelangte es allmählich
unter die Herrschaft der Burggrafschaft Friedberg und damit 1806 an
Hessen-Darmstadt und 1945 an Hessen.
L.: Mader, F., Sichere Nachrichten von der Reichsburg Friedberg und der
dazugehörigen Grafschaft, Bd. 1ff. 1766ff.; Wolff 504; Thudichum, F.,
Geschichte des freien Gerichts Kaichen, 1858; Hardt-Friederichs, F., Das königliche Freigerich Kaichen, 1975.
Kaiserslautern (Reichsstadt). An der Straße vom Rhein
nach Lothringen erscheint 882 der fränkische Königshof
Luthra an der Lauter. Das Reichsgut um diesen Ort kam 985 an die salischen Grafen
des Wormsgaues (Herzog Otto von Kärnten) und von diesen später an die Staufer.
Kaiser Friedrich I. Barbarossa baute den Königshof
zur Pfalz aus. 1237 erscheint die Bezeichnung Lutra imperialis (K., 1322
Kayserlutern). 1276 wurde K. zur Reichsstadt erhoben. Mehrfach verpfändet kam
es 1375 als Pfand an die Pfalz. Unter Pfalzgraf Johann Casimir (1576-1592)
wurde es Residenz des Fürstentums Pfalz-Lautern (Lautern). 1797 wurde es von
Frankreich besetzt. 1816 fiel es an Bayern, 1945 an Rheinland-Pfalz.
L.: Wolff 245; Schlag, G., Die deutschen Kaiserpfalzen, 1940; Kaiserslautern
1276-1951, Festschrift zur 675jährigen Stadterhebung, hg. v. Münch, O., 1951;
Münch, O., Kaiserslautern, Barbarossastadt im Herzen des Pfälzer Waldes, 1957;
Berichte zur Deutschen Landeskunde 33, 1, 1964; Landkreis Kaiserslautern,
bearb. v. Reh, K. u. a., 1968; Schaab, M., Geschichte der Kurpfalz, Bd. 1 1988;
Gerlich, A., Kaiserslautern, LexMA 5 1990, 860; Urkundenbuch der Stadt
Kaiserslautern, hg. v. Dolch, M. u. a., Bd. 1ff. 1994ff.; Das Lauterer Gericht
und sein Speyerer Oberhof, hg. v. Dolch, M. u. a., 1996; Ratsprotokolle der
Stadt Kaiserslautern 1566-1571, hg. v. Dolch, M. u. a., 2002; Escher, M. u. a.,
Die urbanen Zentren, 2005, 2, 289; Dolch, M., Reichsburg Kaiserslautern (in) Mitt.
des hist. Ver. der Pfalz 105 (2007), 89.
Kaiserswerth (Reichsstadt). Ursprünglich auf einer
ihm von Hausmeier Pippin überlassenen Rheininsel (wert) Rinhusen bei Düsseldorf
gründete der angelsächsische Missionar Suitbert 695 ein Benediktinerkloster.
Daneben bestand ein fränkischer Königshof, den
Kaiser Heinrich III. zu einer Pfalz ausbaute. Wahrscheinlich 1181 erhielt der
Ort Stadtrecht und wurde im 13. Jahrhundert Reichsstadt. 1235 verlor er durch
Versanden seine Insellage. Seit Ende des 13. Jahrhunderts war K. mehrfach
verpfändet, seit 1424 an das Erzstift Köln. 1772 kam es nach längerem
Rechtstreit an den Herzog von Jülich und damit an die Pfalz. Das Stift wurde
1803 aufgelöst. 1806 fiel K. an das Großherzogtum Berg und 1815 an Preußen.
1946 kam es zu Nordrhein-Westfalen.
L.: Urkundenbuch des Stifts Kaiserswerth, hg. v. Kelleter, H., 1904; Redlich,
O., Die Bedeutung von Stift und Burg Kaiserswerth für Kirche und Reich, Ann. d.
hist. Vereins NdRhein 115 (1929); Heck, K., Geschichte von Kaiserswerth, 1936;
Kaiserswerth, hg. v. Zimmermann, C./Stöcker, H., 2. A. 1981; Struve, T.,
Kaiserswerth, LexMA 5 1990, 860f.; Grossmann, K., Die mittelalterliche
Gerichtsverfassung und Verwaltungsorganisation in Kaiserswerth nach dem
Stadtrecht aus dem 14. Jahrhundert, 1992; Lorenz, S., Kaiserswerth, (in)
Staufische Pfalzen, 1994, 99; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 2,
291.
Kaisheim, Kaisersheim (Reichsstift). 1133 (bzw.
1135) gründeten die Grafen von Lechsgemünd (Lechsgemünd-Graisbach) auf ihrem
Familiengut das Zisterzienserkloster K. (Kegesheim) bei Donauwörth. 1135
bestätigte der König, 1147/1185 der Papst die
Stiftung. Obwohl Kaiser Karl IV. 1363 die Reichsunmittelbarkeit gewährte und
1370 die Vogtfreiheit bekräftigte, konnte die sich zur Festigung ihrer Stellung
auch Kaisersheim nennende Abtei nur nach langem Ringen (1656/1757) die
Reichsunmittelbarkeit gegenüber dem seit 1342 den Grafen von Graisbach (bzw.
Lechsgemünd-Graisbach) folgenden Herzog von Bayern (1505 Pfalz-Neuburg)
durchsetzen. Das Gebiet des Stiftes (3-6 Quadratmeilen Streubesitz mit 9537
Bewohnern) umfasste unter anderem die Pflegeämter Biberachzell mit den
Herrschaften Biberachzell (Biberach Zell), Biberberg und Oberhausen, Lauingen,
Nördlingen und Stotzingen. 1802/1803 kam K. zu Bayern und wurde säkularisiert.
L.: Wolff 186; Zeumer 552ff. II a 36, 7/37, 1; Wallner 687 SchwäbRK 41; Reindl,
L., Geschichte des Klosters Kaisheim, 1926; Huber, K., Die Zisterzienserabtei
Kaisheim, Diss. Erlangen 1928; Hölzle, E., Der deutsche Südwesten am Ende des
alten Reiches, 1938; Hoffmann, H., Die ältesten Urbare des Reichsstiftes
Kaisheim 1319-1352, 1959; Morimond et son Empire, 1994, 175; Maier, B., Kloster
Kaisheim, 1999.
Kandel (Reichsdorf). Am 22. 1. 1379 verpfändete
König Wenzel dem Kurfürsten Ruprecht von der
Pfalz unter anderem das Dorf K., das der Kurfürst aus der Pfandschaft des
Grafen von Leiningen gelöst hatte. Über Bayern gelangte K. 1946 zu
Rheinland-Pfalz.
L.: Hugo 464; Wolff 91.
Kärnten (Herzogtum, Bundesland). K. in einem
Alpenbecken an der mittleren Drau war zunächst keltisch (2. Jh. v. Chr. Noriker
[, dann römisch, 15 v. Chr.], 45 n. Chr. röm. Provinz Noricum), etwa ab 590
nach kurzer langobardischer Herrschaft vorwiegend slawisch besiedelt. Das in
der 2. Hälfte des 7. Jahrhunderts errichtete slawische Reich, dessen Bewohner
in der 2. Hälfte des 8. Jahrhunderts als Carontani/Carantani (Kosmograph von
Ravenna, Carantana d. h. Zollfeld, zwischen Klagenfurt und Sankt Veit, zu kelt.
caranto, Fels) genannt werden, geriet um 740/750 (743/748) unter die Herrschaft
der gegen die Awaren zu Hilfe gerufenen Bayern. 828 traten bayerisch-fränkische
Grafen an die Stelle der slawischen Fürsten und verstärkten den bayerischen
Einfluss noch. 976 trennte Kaiser Otto II. K. (als eigenes Herzogtum?), zu dem
auch die Steiermark und die Marken Verona, Istrien, Friaul und Krain gehörten,
von Bayern ab. Danach kam es überwiegend an landfremde Große, von 1077 bis 1122
an die Eppensteiner. Dabei zerfiel das Herzogtum.Bis etwa 1180
verselbständigten sich die Marken (1035 Karantanische Mark mit Mürztal und
Ennstal, 1040 Krain, Istrien, 1055 Mark an der Mur/Steiermark, 1077 Friaul).
Die aus Rheinfranken stammenden Grafen von Sponheim (Spanheimer) (1122-1269)
nahmen nur eine schwache Stellung ein. 1269 kam K. nach dem Aussterben der
Grafen von Sponheim (Spanheimer) an Böhmen (bis 1276), 1286 an die Grafen von
Tirol, 1335 durch Kaiser Ludwig den Bayern an die Grafen von Habsburg. Sie
fügten 1500 die (Vordere) Grafschaft Görz hinzu, fassten K. mit Steiermark,
Krain, Istrien und Triest zur Ländergruppe Innerösterreich zusammen und setzten
in der Neuzeit im Kampf gegen die Stände ihre Herrschaft durch. 1748 wurden
drei Kreisämter eingerichtet. 1759 löste (Erzherzogin) Maria Theresia die
Rechte des Hochstifts Bamberg in K. (Villach mit Tarvis und Pontafel, Wolfsberg
und Bleiburg u. a.) durch Kauf ab. Von 1809 bis 1814 gehörte Oberkärnten
(Villacher Kreis) zu den illyrischen Provinzen Frankreichs, von 1814 bis 1849
(seit 1816/1825 auch der Klagenfurter Kreis) zum österreichischen Königreich Illyrien. Danach war das Herzogtum K.
Kronland Österreichs. Ohne Abstimmung kamen 1920 das Miestal/Mießtal mit
Unterdrauburg und Seeland an Jugoslawien und das Kanaltal (mit 8350 Bewohnern)
mit Tarvis an Italien. Im Kärntner Becken erklärten sich am 10.10. 1920 59
Prozent der Bevölkerung für Österreich. Bei der Auflösung Jugoslawiens zwischen
1991 und 1995 fielen die jugoslawischen Teile an Slowenien.
L.: Wolff 29; Wallner 713 ÖsterreichRK 1; Großer Historischer Weltatlas II 34
(1138-1254) G4, II 66 (1378) H5, III 22 (1648) F5, III 38 (1789) E4; Lechner,
K., Kärnten, (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Ankershofen, Frhr. G.
v./Tangl, K., Handbuch der Geschichte des Herzogtums Kärnten, Bd.1ff. 1842ff.;
Aelschker, E., Geschichte Kärntens, Bd. 1f. 1885; Monumenta historica ducatus
Carinthiae 811-1414, hg. v. Jaksch, A. v./Wiessner, H., Bd. 1ff. 1896ff.; Curs, O., Deutschlands Gaue im
zehnten Jahrhundert. Nach den Königsurkunden,
Diss. phil. Göttingen 1908, 4 (Karintana, Karintriche, Karinthia);
Erläuterungen zum Historischen Atlas der österreichischen Alpenländer, hg. v.
d. Ak. d. Wiss. Abt. 1,4, 2,8 1914ff.; Wutte, M., Kärntner
Gerichtsbeschreibungen. Vorarbeit zu dem historischen Atlas der
österreichischen Alpenländer, Archiv f. vaterländ. Gesch. u. Topographie 20, 21
(1921); Wutte, M./Paschinger, V./Lex, F., Kärntner Heimatatlas, 1925; Jaksch,
A., Geschichte Kärntens bis 1335, Bd. 1f. 1928ff.; Jaksch, A./Wutte, M.,
Kärnten, (in) Erläuterungen zum historischen Atlas der österreichischen Alpenländer,
1914, 1929; Paschinger, V., Landeskunde von Kärnten 1937; Braumüller, H.,
Geschichte von Kärnten, 1949; Paschinger, V., Kärntner Heimatatlas, Bd.1f.
1951ff.; Maier, A., Kirchengeschichte von Kärnten, Bd. 1ff. 1951ff.; Fresacher,
W./Moro, G. u. a., Kärnten, (in) Erläuterungen zum historischen Atlas der
österreichischen Alpenländer, 1956; Polenz, P. v., Landschafts- und
Bezirksnamen, 1961, II, 51, 94, III, 23, 25, 31, regnum Carentanum,
Charentariche, Karintriche (, Kärnten, Karantanien); Zopp, F., Kärntner
Bibliographie, 1961ff.; Moro, G., Zur politischen Stellung Karantaniens im
fränkischen und deutschen Reich, Südostforschungen 22 (1963), 78ff.; Klaar, Die
Herrschaft der Eppensteiner in Kärnten, 1966; Zöllner, E., Geschichte
Österreichs. Von den Anfängen bis zur Gegenwart, 8. A. 1990; Fräss-Ehrfeld, C.,
Geschichte Kärntens, Bd. 1 Das Mittelalter, 1984; Neumann, W., Bausteine zur
Geschichte Kärntens, 1985; Bertels, K., Carantania. Beobachtungen zur
politisch-geographischen Terminologie und zur Geschichte des Landes und seiner
Bevölkerung im frühen Mittelalter, Carinthia 177 (1987), 87ff.; Wallas, A.,
Stände und Staat in Innerösterreich im 18. Jahrhundert, 1988; Dopsch, H.,
Kärnten, LexMA 5 1990, 1002ff.; Stumfohl, R., Kärntner Bibliographie (1976-1980),
1989, (1981-1985), 1991; Migglautsch, K./Pust, I., Das Kanaltal und seine
Geschichte, 1995; Karantanien – Ostarrichi, hg. v. Moritsch, A., 1997; Kärnten,
hg. v. Rumpler, H., 1998; Gleirscher, P., Karantanien, 2000; Die Kärntner
Volksabstimmung 1920, hg. v. Valentin, H. u. a., 2002.
Kassel (Burg, Stadt, Residenz des Landgrafen
von Hessen). K. an der Fulda (zu lat. castellum Burg, oder „Haus an einer
Mulde“?) erscheint erstmals 913 (Chassella). Im Jahre 1008 gab Kaiser Heinrich
II. den dortigen Königshof an seine Gemahlin
Kunigunde, die ihn zur Ausstattung des Klosters Kaufungen verwendete. Nach
ihrem Tod fiel K. an das Reich zurück, wurde aber von Kaiser Heinrich III. an
Kunigundes Bruder gegeben. Von dort gelangte K. über den Erzbischof von Mainz 1039/1040
tauschweise wieder an Kaufungen. Nachdem zuletzt 1154 in K. Reichsgut erwähnt
wurde, machte Landgraf Heinrich I. von Hessen 1277 den Ort, dem 1239 die
Stadtrechte bestätigt wurden, zum Mittelpunkt der Landgrafschaft Hessen. 1391
endeten die Versuche des Patriziats ergebnislos, größere Unabhängigkeit vom
Stadtherrn zu erlangen. Nach 1567 wurde die etwa 5000 Einwohner zählende Stadt
Sitz bzw. später Hauptstadt der Landgrafen von Hessen-Kassel (1807-1813 zu
Westphalen). Mit Hessen-Kassel kam sie 1866 zu Preußen und 1945 zu Hessen.
L.: Wolff 254; Piderit, F., Geschichte der Haupt- und Residenzstadt Cassel,
1844, 2. A. 1882; Brunner, H., Geschichte der Residenzstadt Cassel, 1913;
Eisenträger, M. u. a., Territorialgeschichte der Kasseler Landschaft, 1935; Cosanne,
A., Kassel, LexMA 5 1990, 1034f.; Kassel im 18. Jahrhundert, hg. v. Wunder, H.
u. a., 2000; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W., 2003, 1, 2, 289.
Kaufbeuren (Reichsstadt). K. an der Wertach
entstand wohl im 8. Jahrhundert als fränkischer Königshof.
1126 wird es erstmals erwähnt. Es zählte bis 1167 zu den Gütern der 1116
erstmals genannten Herren von Beuren, kam dann jedoch an das Kloster
Ottobeuren. Um 1167 unterstand es (als Lehen) den Welfen, ab 1191 den Staufern.
Vor 1230/1240 wurde es zur Stadt (1241 Buren) erhoben. 1286 ist es urkundlich
als Reichsstadt mit dem Recht Überlingens bestätigt (1301 erstmals Kufburun),
1373 erhielt es Zollrechte, 1418 den Blutbann und 1530 das Münzrecht. Seit
1525/1545 drang die Reformation zeitweise ein, doch wurde bis 1699 die Parität
hergestellt. Die Stadt war Mitglied der schwäbischen Städtebank des Reichstags.
Sie gehörte dem schwäbischen Reichskreis an. 1803 kam sie mit 2 Quadratmeilen
(Amt Beuron) Gebiet und 6850 Einwohnern an Bayern.
L.: Wolff 220; Zeumer 555 II b 22; Wallner 688 SchwäbRK 59; Großer Historischer
Weltatlas II 66 (1378) F5, III 22 (1648) E5, III 38 (1789) D4; Schroeder
215ff.; Müller, K., Die oberschwäbischen Reichsstädte, 1912; Dertsch, R., Die
Urkunden der Stadt Kaufbeuren 1240-1500, 1955; Dertsch, R., Stadt- und
Landkreis Kaufbeuren, 1960; Dertsch, R., Kaufbeuren, (in) Historisches
Ortsnamenbuch von Bayern, hg. v. der Kommission für bayer.Landesgeschichte,
1960; Junginger, F., Geschichte der Reichsstadt Kaufbeuren im 17. und 18.
Jahrhundert, 1965; Fahlbusch, F., Kaufbeuren, LexMA 5 1990, 1082; Die Urkunden
der Stadt Kaufbeuren 1501-1551, hg. v. Dieter, S., 1999; Lausser, H.,
Pfründner, Sieche, arme Dürftige, 2009.
Kempten (gefürstete Abtei, Fürststift, Residenz).
K. an der Iller wird erstmals als spätkeltische Siedlung Cambodunum (um Christi
Geburt) von Strabo erwähnt. 15 v. Chr. wurde es von den Römern erobert, die
dort eine Siedlung mit Markt, Tempeln und Thermen errichteten, die ihrerseits
im 3. Jahrhundert von den Alemannen zerstört wurde. 742/743 gründete vielleicht
das Kloster Sankt Gallen in Kempten eine Zelle und 752 ein Benediktinerkloster,
das karolingisches Eigenkloster wurde. 1062 bestätigte König
Heinrich IV. seine durch mehrfache Vergabungen (vor 963 Augsburg, 1026
Schwaben, 1065 Rheinfelden) bedrohte Reichsunmittelbarkeit. 1348 wurde der Abt
als Fürstabt betitelt, 1360 wurde das Kloster von Kaiser Karl IV. zum
Fürststift erhoben, das 1419 exemt wurde. Sein Herrschaftsgebiet entwickelte
sich aus einer dem Kloster durch Kaiser Karl dem Großen im 9. Jahrhundert
verliehenen Immunität, die zwischen 1062 und 1213 zur Grafschaft erhoben wurde.
1213 gingen durch Verleihung König Friedrichs
II. die zuletzt von den Staufern ausgeübten Grafenrechte und Vogteirechte an
den Abt über. Weitere Käufe rundeten im 17. und 18. Jahrhundert das Gebiet ab.
Bis 1803 war dann das Fürststift nach dem Hochstift Augsburg das größte
geistliche Herrschaftsgebiet in Ostschwaben. Es gehörten bei der Säkularisation
(1803) zum Stift die 1728 mit Stadtrecht ausgestattete sogenannte Stiftsstadt
unmittelbar vor den Toren der Reichsstadt K. und die Marktflecken Sulzberg,
Unterthingau (Thingau), Günzburg (Obergünzburg), Ronsberg, Dietmannsried,
Grönenbach, Legau, Altusried und Buchenberg sowie Martinszell (Sankt
Martinszell) und die Herrschaften Wagegg, Westerried, Rothenstein, Kalden
(Calde), Theinselberg-Hetzlinshofen-Herbishofen
(Teisselberg-Hetzlingshofen-Erbishofen), Hohenthann (Hohentann) und Kemnat
(Kemnath) Das Gebiet war in die acht Pflegämter Sulzberg und Wolkenberg,
Unterthingau, Kemnat, Liebenthann oder Günzburg (Obergünzburg), Falken,
Grönenbach, Hohentann oder Lautrach und das Pflegamt diesseits der Iller
gegliedert. Als Exklave unterstand dem Abt auch die Obervogtei Binswangen.
Wegen Lautrach (Lauterach) und Langenegg zählte der Abt zum Kanton Hegau
(Hegau-Allgäu-Bodensee, Bezirk Allgäu-Bodensee) des Ritterkreises Schwaben. Für
einen Teil der Eingesessenen war er gegeüber den Kantonen Hegau und Donau
steuerpflichtig.1803 fiel das Stift mit 18 Quadratmeilen weitgehend
geschlossenem Gebiet und 40000 Einwohnern an Bayern.
L.: Wolff 2158; Zeumer 552 II a 28; Wallner 685 SchwäbRK 7; Großer Historischer
Weltatlas II 66 (1378) F5, III 38 (1789) D4; Ruch Anhang 82; Wagner, F., Die
Römer in Bayern, 4. A. 1928; Rottenkolber, J., Geschichte des hochfürstlichen
Stiftes Kempten, 1933; Hölzle, E., Der deutsche Südwesten am Ende des alten
Reiches, 1938; Weitnauer, A., Kempten 1949; Schwarzmaier, H., Königtum, Adel und Klöster im Gebiet zwischen Iller
und Lech, 1961; Dertsch, R., Stadt- und Landkreis Kempten, 1966; Blickle, P.,
Kempten, 1968: (in) Historischer Atlas von Bayern, Teil Schwaben; Hermann, N.,
Kempten und das Oberallgäu, 2. A. 1984; Geschichte der Stadt Kempten, hg. v.
Dotterweich, V., 1989; Böck, F., Kempten im Umbruch, 1989; Fahlbusch, F.,
Kempten, LexMA 5 1990, 1103; Walter, M., Das Fürststift Kempten, 1995;
Bürgerfleiß und Fürstenglanz, hg. v. Jahn, W. u. a., 1998; Petz, W. Zweimal
Kempten, 1998; Böck, F., Ein Einzelfall? (in) Suevia Sacra, hg. v. Liebhart, W.
u. a., 2001; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W., 2003, 1, 666, 1, 2,292.
Kerpen (Herrschaft, Reichsgrafschaft
[Kerpen-Lommersum]). 871 gab König Ludwig der
Deutsche K. an der Erft zwischen Köln und Euskirchen (villa Kerpinna) an das
Kloster Prüm. 1122 zerstörte der Kölner Erzbischof die dortige Reichsburg. 1282
kam die zugehörige Herrschaft an die Herzöge von Brabant (Bau der Burg K. durch
Johann I. von Brabant), 1404 als Erbschaft an Burgund und von dort über Maria
von Burgund (1477) an Habsburg/Spanien. Um 1587 umfasste sie Kerpen, Mödrath,
Langenich sowie die Gutshöfe Haus und Hof Hahn, Lörsfeld, Dürsfeld, Brüggen bei
Mödrath und die Broichmühle. Bis zum Ende des 17. Jahrhunderts wurde sie wie
Lommersum mehrfach an die Grafen von Jülich und Nassau sowie den Erzbischof von
Köln verpfändet, bis 1704 aber grundsätzlich vom brabantischen Brüssel aus
regiert. 1710 wurde sie durch König Karl VI. aus
der Zugehörigkeit zu Spanien an Pfalz-Neuburg übertragen, das 1614 Jülich und
Berg erlangt hatte. Kurfürst Johann Wilhelm von der Pfalz bzw. Jülich-Berg
überließ die Herrschaften 1710 seinem Minister Graf Schaesberg. (1712 erhob
Kaiser Karl VI. die vereinigten Herrschaften K. und Lommersum [Kerpen-Lommersum]
zu einer Reichsgrafschaft, die 1786 die Reichsunmittelbarkeit erreichte und am
Ende des 18. Jahrhunderts zum niederrheinisch-westfälischen Reichskreis und zum
westfälischen Reichsgrafenkollegium gehörte. 1795 kam sie mit 1,5 Quadratmeilen
Gebiet und 3000 Einwohnern zu Frankreich, 1815 zu Preußen und 1946 ihr Gebiet
zu Nordrhein-Westfalen. Die Grafen von Schaesberg erhielten durch § 24 des
Reichsdeputationshauptschlusses vom 25. 2. 1803 hierfür das Amt
Tannheim/Thannheim der Abtei Ochsenhausen.)
L.: (Wolff 367; Zeumer 552ff. II b 63, 29; Wallner 704 WestfälRK 46;)
Festschrift Sankt Martinus in Kerpen, 1953; Der Landkreis Bergheim (Erft), hg.
v. Köhler, H., 1954; Kreis Bergheim, hg. v. Ohm, A./Verbeek, A., Bd. 1 1971;
Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 2, 303.
Kiburg, Kyburg (Grafen). 1027 ist die Burg K.
südlich von Winterthur erstmals bezeugt. Nach 1030 wurde sie vom König eingezogen. Sie fiel 1065 über die Erbtochter
Adelheid von Winterthur aus dem Geschlecht der Udalrichinger an die Grafen von
Dillingen, die sich seit der Mitte des 12. Jahrhunderts Grafen von K. nannten.
1172/1173 erlangten die Grafen von K. beim Aussterben der Grafen von Lenzburg
die Grafenrechte im Zürichgau. 1180 wurde in einen schwäbisch-dillingischen und
einen schweizerisch-kiburgischen Zweig (schweizerisch-kyburgischen Zweig)
geteilt. Weitere linksrheinisch gelegene Güter kamen 1218 aus dem Erbe der
verschwägerten Herzöge von Zähringen hinzu. Um 1255 wurde geteilt. Beim
Aussterben der Grafen von K. 1264 fiel das Erbe (u. a. Grafenamt im Thurgau,
Reichsvogteien Glarus und Zürich, nach 1273 [Verheiratung der Erbtochter Anna
mit Eberhard von Habsburg-Laufenburg] Güter im Aargau, Zürichgau und den
späteren Waldstätten) an Graf Rudolf von Habsburg. 1419 starb die Habsburger
Linie Kiburg (Neukiburg [Neukyburg], Kiburg-Burgdorf [Kyburg-Burgdorf]) aus.
1452/1460 ging die Grafschaft K. über eine Verpfändung an die Eidgenossenschaft
der Schweiz verloren.
L.: Wolff 519; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) E5; Brun, D.,
Geschichte der Grafen von Kyburg bis 1264, Diss. phil. Zürich 1913;
Dürr-Baumgartner, M., Der Ausgang der Herrschaft Kyburg, 1918/1919; Feldmann,
M., Die Herrschaft der Grafen von Kyburg im Aaregebiet 1218-26, 1926;
Largiader, A., Die Kyburg, 1946; Die Grafen von Kyburg, 1981; Rieger, E., Das
Urkundenwesen der Grafen von Kiburg und Habsburg, 1984, Archiv für Diplomatik
Beiheft 5; Rieger, E., Das Urkundenwesen der Grafen von Kiburg und Habsburg,
hg. v. Härtel, R., 1986; Eberl, I., Kiburg, LexMA 5 1990, 1119; Marquardt, B.,
Die alte Eidgenossenschaft und das Heilige römische Reich, 2007.
Kinderbeuern, Kinderbeuren, Kinheimerburen
(Reichsdorf). Am 11. 11. 1374 erlaubte Kaiser Karl IV. dem Erzbischof von Trier
unter anderem, das zum Kröver Reich an der Mosel gehörige, vielleicht 1274 von König Rudolf von Habsburg den Grafen von Sponheim
verpfändete Dorf Kinheimerburen bei Kröv auszulösen. Diese Erlaubnis wurde
jedoch nicht verwirklicht. Über Preußen (Rheinprovinz) gelangte K. 1946 zu
Rheinland-Pfalz. S. Kröv.
L.: Hugo 462, 461.
Kinheim (Reichsdorf). Am 11. 11. 1374 erlaubte
Kaiser Karl IV. dem Erzbischof von Trier, unter anderem das zum Kröver Reich an
der Mosel gehörige, vielleicht 1274 von König
Rudolf von Habsburg den Grafen von Sponheim verpfändete Dorf K. bei Kröv
auszulösen. Diese Erlaubnis wurde jedoch nicht verwirklicht. Später kam K. an
Preußen und 1946 an Rheinland-Pfalz. S. Kröv.
L.: Hugo 461.
Kirchberg (Burggrafen). In der Zeit König Konrads III. erscheinen auf dem alten Königsgut Kirchberg bei Jena edelfreie Burggrafen. Sie
hatten Güter zwischen Weimar-Apolda und Jena und gründeten 1253 das Kloster
Kapellendorf. Seit 1304 verloren sie ihre älteren Güter und mussten 1398 die
wettinische Landeshoheit (der Markgrafen von Meißen) anerkennen. Im 14.
Jahrhundert gewannen sie durch Heirat Oberkranichfeld und im 15. Jahrhundert
vorübergehend auch Niederkranichfeld (Unterkranichfeld). 1714 erbten die
Burggrafen von K. die Grafschaft Hachenburg der Linie Sayn-Wittgenstein-Sayn.
Ihretwegen gehörten die Burggrafen von K. am Ende des 18. Jahrhunderts dem
westfälischen Reichsgrafenkollegium des Reichsfürstenrates des Reichstags an.
(1799 kam Hachenburg an Nassau-Weilburg, 1866 an Preußen und 1945 an Hessen.)
L.: Zeumer 554 II b 63, 2; Schlesinger, W., Kirchengeschichte Sachsens im
Mittelalter, 1962.
Kirchentellinsfurt (reichsritterschaftlicher Ort). 1007 gab König Heinrich II. K. bei Tübingen an das Hochstift Bamberg. Von dort kam der durch Aufnahme des Ortsnamens Tälisfurt von anderen Kirchheimnamen unterschiedene Ort an die Grafen von Hohenberg und 1381 an Habsburg bzw. Österreich. K. steuerte zum Kanton Neckar des Ritterkreises Schwaben, bis Württemberg 1769 die Rechte ablöste. Über Württemberg gelangte K. 1951/1952 zu Baden-Württemberg. S. Imhoff (Im Hoff) von K.
Kirchheim (am Neckar) (Reichsdorf). Am 8. 1. 976
bestätigte König Otto II. den tauschweisen
Erwerb des Ortes K. durch (Kaiser) Otto I. von Seiten des Hochstifts Chur.
Dieses damit zum Reichsgut gehörige Dorf wurde danach in dem von König Albrecht am 29. 4. 1307 abgeschlossenen
Landfrieden aufgeführt. Um 1400 unterwarf sich das Dorf zum Schutz gegen adlige
Machtansprüche den Grafen von Württemberg. Über dieses gelangte K. 1951/1952 zu
Baden-Württemberg.
L.: Dacheröden 151; Hugo 453; Grünenwald, G., Heimatbuch für Kirchheim am
Neckar, 1949.
Kitzingen (Kloster, Reichsabtei?). Das Kloster K.
(748 Chittzinga) wurde vielleicht schon in vorbonifatianischer Zeit auf
Reichsgut gegründet. 1007 war es eine Abtei königlichen
Rechts, die von König Heinrich II. dem Hochstift
Bamberg gegeben wurde. Die Vogtei übten seit dem elften Jahrhundert die
späteren Grafen von Hohenlohe aus. Im 14. Jahrhundert teilten sich Bischof von
Würzburg und Burggrafen von Nürnberg (später die Markgrafen von Ansbach bzw.
Brandenburg-Ansbach) die Herrschaft. 1521 erscheint K. in der Reichsmatrikel.
1544 wurde die Reformation eingeführt und 1802/1803 kam K. von Würzburg an Bayern.
L.: Wolff 100; Bachmann, L., Kitzinger Stadtgeschichte, 1929; Apud Kizinga
monasterium, hg. v. Walter, H., 1995.
Kobersdorf (Herrschaft). Am Anfang des 13. Jahrhunderts gehörte K. im mittleren Burgenland einem Pousa, Sohn des Botus de genere Szak. Wenig später gelangte es an die Atyinay. 1280 wurde es durch König Ladislaus IV. dem Geschlecht Csák verliehen. Nach 1291 gab es König Andreas III. von Ungarn dem Grafen Lamberg (Lamperg), doch kam es vor 1319 an die Grafen von Mattersdorf, die um 1300 die Burg Forchtenstein errichteten. Von den Forchtenstein erwarb 1447 der Herzog von Österreich die Herrschaft K. und gab sie 1451 an König Friedrich III. weiter. 1491 wurde sie verwaltungsmäßig mit Niederösterreich vereinigt. Allerdings wurde sie von Habsburg/Österreich vielfach verpfändet. Zu ihr gehörten neben K. Stoob, Kalkgruben, Weppersdorf und Oberpetersdorf, später Tschurndorf, Lindgraben und Neudorf. 1626 kam sie an Ungarn zurück, 1704 an die Esterhazy. Mit dem Burgenland gelangte das Gebiet 1919 zu Österreich.
Kohlberg (Reichsdorf?). 1307 verpfändete König Albrecht dem Bernhard von Ellerbach das Dorf
Colberg (K. bei Zell am Harmersbach), das 1456 vom Kloster Zwiefalten ausgelöst
wurde.
L.: Dacheröden 128; Hugo 475.
Köln (Erzstift, Kurfürstentum, Residenz). In
K., das 50/38 v. Chr. als oppidum Ubiorum und 50 n. Chr. als Colonia Claudia
Ara Agrippinensium erscheint, ist erstmals 313/314 ein Bischof (Maternus)
bezeugt. Nach der Eroberung Kölns durch die Franken 459 n. Chr. wurde das
Bistum 794/795 zum Erzbistum (Erzbischof Hildebold) erhoben. Ihm gehörten die
Bistümer Utrecht (bis 1559), Lüttich, Münster, Osnabrück, Minden und
(Hamburg-)Bremen (bis 834/843/864) an. 953 übertrug König
Otto der Große seinem Bruder Brun das Erzbistum (mit der Stadt) sowie das
Herzogtum Lothringen, von dem ein schmaler 100 Kilometer langer und 25
Kilometer breiter linksrheinischer Streifen von Rheinberg bis Rolandseck
(Andernach 1167 aus Reichsgut erhalten, dazu Deutz, Linz, Altenwied, Godesberg)
die Grundlage weltlicher Herrschaft des Erzstifts K. bildete. 1028 erhielt der
Erzbischof das Recht der Salbung und Krönung des deutschen Königs in Aachen, 1031 die Würde des
Reichskanzleramtes in Italien. 1180 erwarb Erzbischof Philipp von Heinsberg,
der sich auf vielleicht 2000 hofrechtlich und dienstrechtlich verpflichtete
Ministeriale stützen konnte, im Zusammenhang mit dem Sturz Heinrichs des Löwen
als Lohn für seine Kaisertreue das Herzogtum Westfalen (und Engern), dessen
Mittelpunkt später die erworbene Grafschaft Arnsberg und dessen Vorort im 15.
Jahrhundert Brilon wurde. Erzbischof Heinrich I. (1225-1238) gewann das Vest
Recklinghausen aus der Erbschaft der dortigen Grafen. Wenig später kamen Güter
um Altenahr, Nürburg und Hardt von Seiten Konrad von Hochstadens hinzu. Im 13.
Jahrhundert wurde der Erzbischof einer der Kurfürsten (Kurköln). 1288 verlor
allerdings Siegfried von Westerburg im limburgischen Erbfolgestreit mit Jülich
und Brabant durch die Niederlage von Worringen die Herrschaft über die Stadt K.
Obwohl dann im 14. Jahrhundert außer der Grafschaft Arnsberg (1368) die
Grafschaft Hülchrath und das Land Linn mit Uerdingen hinzukamen, brachte doch
die Soester Fehde (1444-1449) mit Kleve den weiteren Verlust von Soest und
Xanten sowie tiefgreifende wirtschaftliche Zerrüttung. Die Bemühungen, in der
Reformation das Erzstift in ein protestantisches weltliches Herrschaftsgebiet
umzuwandeln, blieben erfolglos. Seit 1525 wurde Bonn Hauptstadt des Erzstifts
(1663 Gymnasium, 1786 Universität). Unter wittelsbachischen Erzbischöfen (1583-1761)
schloss sich das zum kurrheinischen Reichskreis zählende Erzstift der
antihabsburgischen, frankreichfreundlichen Haltung Bayerns an. Am Ende des 18.
Jahrhunderts umfasste das in das südlich von K. gelegene Oberstift, das
nördlich von K. gelegene Unterstift und das Herzogtum Westfalen geteilte
Erzstift 130 Quadratmeilen mit 230000 Einwohnern. 1801 annektierte Frankreich
den linksrheinischen Teil des Erzstifts und schuf hierfür kirchenrechtlich das
Bistum Aachen. Der rechtsrheinische Teil wurde 1803 säkularisiert und an
Wied-Runkel (Altenwied, Neuerburg [Neuenburg]), Nassau-Usingen, Arenberg
(Recklinghausen) und Hessen-Darmstadt (Westfalen) aufgeteilt. 1806 musste
Nassau Teile an das Großherzogtum Berg abgeben, das auch 1810 von Arenberg das
Vest Recklinghausen erhielt. 1814 kam das Gebiet ohne die nassauischen Teile an
Preußen (Provinz Westfalen), 1946 an Nordrhein-Westfalen bzw. Rheinland-Pfalz.
L.: Wolff 84; Zeumer 552 I 3; Wallner 700 KurrheinRK 3; Großer Historischer
Weltatlas II 34 (1138-1254) F3, II 66 (1378) D3, III 22 (1648) C4, III 38
(1789) D2; Wisplinghoff, E./Dahm, H., Die Rheinlande, (in) Geschichte der
deutschen Länder, Bd. 1; Die Territorien des Reichs 3, 58; Walter, F., Das alte
Erzstift und die Reichsstadt Köln, 1886; Regesten der Erzbischöfe von Köln im
Mittelalter (313-1332), bearb. v. Knipping, R./Kisky, W./Oediger, F., Bd. 1ff.
1901ff.; Fabricius, W., Erläuterungen zum geschichtlichen Atlas der
Rheinprovinzen, Bd. 1 1909; Braubach, M., Kurköln, 1949; Geschichtlicher
Handatlas der deutschen Länder am Rhein, Mittel- und Niederrhein, bearb. v.
Niessen, J., 1950; Droege, G., Verfassung und Wirtschaft in Kurköln unter
Dietrich v. Moers 1414-1436, 1957; Gensicke, H., Landesgeschichte des
Westerwaldes, 2. A. 1987; Handbuch des Erzbistums Köln, hg. v. Erzbischöflichen
Generalvikariat Köln, Bd. 1f. 26. A. 1966; Geschichte des Erzbistums Köln (bis
1189), hg. v. Neuss, W./Oediger, F., Bd. 1 2. A. 1972, Neudruck 1991; Picot,
S., Kurkölnische Territorialpolitik am Rhein unter Friedrich von Saarwerden,
1977; Hegel, E., Das Erzbistum Köln zwischen Barock und Aufklärung (1688-1814),
1979; Janssen, W., Die mensa episcopalis der Kölner Erzbischöfe im
Spätmittelalter, (in) Die Grundherrschaft im späten Mittelalter Bd. 1, hg. v.
Patze, H., 1983; Winterling, A., Der Hof des Kurfürsten von Köln 1688-1794,
1986; Tewes, L., Die Amts- und Pfandpolitik der Erzbischöfe von Köln im
Spätmittelalter, 1987; Die Salier und das Reich, hg. v. Weinfurter, S., 1991 2,
1ff., 267ff.; Seibert, H., Köln, LexMA 5 1991, 1261ff.; Ritzerfeld, U., Das
Kölner Erzstift im 12. Jahrhundert, 1994; Höroldt, U., Studien zur politischen
Stellung des Kölner Domkapitels, 1994; Janssen, W., Das Erzbistum Köln im
späten Mittelalter, 1995ff.; Quellen zur Geschichte der Stadt Köln, hg. v. Deeters,
J. u. a., Bd. 2ff. 1996ff. ; Repertorium der Policeyordnungen der frühen
Neuzeit, hg. v. Härter, K./Stolleis, M., Bd. 1 1997; Prössler, R., Das Erzstift
Köln, 1997; Bauer, T., Lotharingien als politischer Raum, 1997; Fuhrmann, H.,
Das Urkundenwesen der Erzbischöfe von Köln im 13. Jahrhundert, 2000; Janssen,
W., Das Erzbistum Köln im späten Mittelalter 1191-1515, 2003; Höfe und
Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 2,
300; Weise, W., Der Hof der Kölner Erzbischöfe in der Zeit Kaiser Friedrich
Barbarossas, 2004; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 411, 2, 316;
Werres, C., Der Landkreis Köln um 1825, 2007.
Königlich Preußen s. Preußen
Königsbach (reichsritterschaftlicher Ort). K. zwischen
Karlsruhe und Pforzheim erscheint erstmals in einer um 1150 gefälschten Urkunde
des Klosters Reichenau. Die zuerst 1252 belegten Herren von K. waren im 14.
Jahrhundert Vasallen der Markgrafen von Baden. 1399 waren zwei Drittel Königsbachs Lehen Brandenburgs, ein Drittel Lehen
Badens. Seit 1518 hatten die Herren von Venningen sieben Zwölftel als Lehen
Brandenburgs, fünf Zwölftel der Markgraf von Baden. Die Herren von Venningen
verkauften 1650 ihre Zwölftel an Daniel Rollin de Saint André (Daniel Rollin de
Saint-André). Der zum Kanton Kraichgau des Ritterkreises Schwaben steuernde Ort
fiel 1806 an Baden und damit 1951/1952 an Baden-Württemberg.
L.: Wolff 511.
Königsberg (Residenz des Hochmeisters des Deutschen
Ordens bzw. des Herzogs in Preußen)
L.: Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W.,
2003, 1, 2, 303.
Königsbronn (Kloster). Die um 1240 erstmals erwähnte
Burg Herwartstein an der Brenz war Mittelpunkt einer ursprünglich staufischen
Herrschaft. Sie gelangte später an die Grafen von Helfenstein, die sie 1302 an König Albrecht verkauften. Er ließ 1308 dort ein
Kloster gründen, das nach schwierigen Anfängen allmählich ein kleineres
Herrschaftsgebiet erwarb (Oberkochen, Schnaitheim, Albuch, Söhnstetten).
1353/1425 erlangten die Grafen von Helfenstein die Vogtei. 1552/1553 wurde
durch Württemberg die Reformation eingeführt. Die Anspüche Habsburgs wurden
abgegolten. Noch 1776 erscheint K. innerhalb des schwäbischen Reichskreises in
der Reichsmatrikel. Über Württemberg kam der Ort K. 1951/1952 zu
Baden-Württemberg.
L.: Gumpelzhaimer 1776, 62; Wolff 162; Heusel, K., Königsbronn,
Das Kloster und die Eisenwerke, 1937.
Königsbrück (Herrschaft). K. nordöstlich von Dresden
war Mittelpunkt der zur Oberlausitz gehörigen Herrschaft K. S. Sachsen.
L.: Wolff 470.
Königsegg (Grafschaft, Reichsgrafschaft). Nach K.
in Oberschwaben benannten sich seit 1250 Herren von K., die von
welfisch-staufischen Dienstmannen (Herren von Fronhofen) abstammen. 1311
wandelten sie das Lehen an der Burg K. in Eigen um. Zu ihren Stammgütern um K.
und Aulendorf (1381) erwarben sie 1360 Immenstadt, 1440 die 1451 allodifizierte
Herrschaft Staufen und im Jahre 1565 von Montfort-Tettnang die Grafschaft
Rothenfels im Allgäu. 1470 wurden sie Freiherren und schlossen sich 1488 der
Rittergesellschaft Sankt Jörgenschild, Teil im Hegau und am Bodensee an. 1588
teilte sich die zum schwäbischen Reichskreis zählende Familie in die Linien
Aulendorf (Königsegg-Aulendorf) und Rothenfels (Königsegg-Rothenfels). Königsegg-Aulendorf
hatte die alten Hausgüter (Aulendorf, K. und Ebenweiler) und die Neuerwerbungen
Hüttenreute, Hosskirch und Grodt inne und nannte sich zu Königsegg und Aulendorf. Die zweite Linie erhielt
Rothenfels und nannte sich danach Königsegg-Rothenfels.
1629 wurden die K. Reichsgrafen, die zum schwäbischen Reichskreis zählende
Herrschaft K. Reichsgrafschaft. 1804 wurde Rothenfels an Österreich verkauft.
1806 fiel K. an Württemberg und damit 1951/1952 an Baden-Württemberg.
L.: Wolff 201; Zeumer 553 II b 61, 8; Wallner 688 SchwäbRK 45; Hölzle, E., Der
deutsche Südwesten am Ende des alten Reiches, 1938; Mau, H., Die
Rittergesellschaften mit St. Jörgenschild in Schwaben, 1941, 34; Bader, K., Der
deutsche Südwesten in seiner territorialstaatlichen Entwicklung, 2. unv. A.
1978; Heimatbuch der Stadt Immenstadt im Allgäu, 1960; Boxler, H., Die
Geschichte der Reichsgrafen zu Königsegg, 2005.
Königsegg-Aulendorf (Grafen). K. war die 1588 entstandene
Linie der Grafen von Königsegg, welche die alten
Stammgüter um Königsegg und Aulendorf
(Aulendorf, Königsegg, Ebenweiler) und die neuen
Erwerbungen Hüttenreute, Hoßkirch und Grodt hatte. Sie kam mit 3 Quadratmeilen
bzw. 160 Quadratkilometern und 3000 Einwohnern 1806 an Württemberg und damit
das Gebiet 1951/1952 zu Baden-Württemberg.
L.: Wolff 201.
Königsegg-Rothenfels (Grafen, Reichsritter). (Die Burg
Rothenfels [Rotenfels) bei Immenstadt unterstand am Ende des 11. Jahrhunderts
den Grafen von Buchhorn, nach denen sie die Welfen beanspruchten, aber an die
Grafen von Kirchberg herausgeben mussten. 1243 kaufte Kaiser Friedrich II. die
gesamte Albgaugrafschaft und überließ vermutlich den Herren von Schellenberg
Rothenfels als Reichslehen. 1332 kam die Burg an die Grafen von
Montfort-Tettnang, unter denen 1471 Rothenfels zur Grafschaft erhoben wurde.)
Die Grafschaft K. wurde 1565 an die Herren von Königsegg
verkauft, die dort 1588 die Linie K. gründeten. Sie umfasste Rothenfels und die
Herrschaften Staufen und Werdenstein (1785). Herrschaftsmittelpunkt war
Immenstadt. Wegen Stein und Bräunlings (Breunlings) zählten die Grafen zum
Kanton Hegau (Hegau-Allgäu-Bodensee, Bezirk Allgäu-Bodensee) des Ritterkreises
Schwaben. Die Güter der Rothenfelser Linie wurde 1804 gegen Güter in Ungarn an
Österreich gegeben. Durch den Frieden von Pressburg kamen sie an Bayern.
L.: Ruch Anhang 82; Hölzle, E., Der deutsche Südwesten am Ende des alten
Reiches, 1938; Mau, H., Die Rittergesellschaften mit St. Jörgenschild in
Schwaben, 1941, 34; Bader, K., Der deutsche Südwesten in seiner
territorialstaatlichen Entwicklung, 2. unv. A. 1978.
Königsfeld (Kunigffeldt) (Reichsritter). Im 16.
Jahrhundert zählten die K. zum Kanton Gebirg des Ritterkreises Franken.
L.: Pfeiffer 209; Riedenauer 125.
Königsfelden (im Aargau) Residenz des Grafen von
Habsburg)
L.: Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W.,
2003, 1, 2, 305.
Königshain (Herren). Nach K. bei Görlitz nannten sich die zum niederen Adel zählenden Herren von K.
Königshofen (Reichsdorf). Am 25. 11. 1347 erlaubte König Karl IV. der Stadt Straßburg die Auslösung des
verpfändeten, später Straßburg eingegliederten Dorfes Königshofen
bei Straßburg vom bislang Pfandberechtigten. Mit Straßburg gelangte K. zu
Frankreich.
L.: Hugo 472.
Königshofen (Reichsritter). Im frühen 16.
Jahrhundert zählten die K. zum Kanton Baunach des Ritterkreises Franken.
L.: Riedenauer 125.
Königssundern (Gau zwischen Main und Taunus,
Cunigissundra, Kuningessundera)
L.: Curs, O., Deutschlands Gaue im zehnten Jahrhundert, 1908, 4 (Kostheim,
Wallau, Breckenheim, Wicker, Nordenstadt, Lorsbach, Schierstein, Biebrich,
Mosburg bzw. Mosbach, Walluf); Gysseling, M., Toponymisch Woordenboek, 1960,
571; Polenz, P. v., Landschafts- und Bezirksnamen im frühmittelalterlichen
Deutschland, 1961, II, 29, 55, III, 30 Kuningessundera; Niemeyer, W., Der pagus
des frühen Mittelalters in Hessen, 1968, .107; Bauer, T., Die mittelalterlichen
Gaue, 2000 (Bärstadt, Walluf).
Königstein (Grafschaft). 1225 erscheint die
vermutlich von den Staufern errichtete Burg K. im Taunus. Bis 1255 unterstand
sie den Herren von Münzenberg, die K. 1313 zur Stadt erhoben, bis 1418 den
Herren von Falkenstein, danach den Herren von Eppstein, von denen sich 1433 die
Linie Eppstein-Königstein abspaltete. Nach dem
Erlöschen des Hauses 1535 fiel K. in weiblicher Erbfolge an die Grafen von
Stolberg, welche die Reformation einführten. 1581 wurden sie vom Erzstift
Mainz, das K. rekatholisierte, unter der Behauptung der Lehnserledigung aus dem
größten Teil der Herrschaft verdrängt, doch wurde die zum oberrheinischen
Reichskreis zählende, 7 Quadratmeilen umfassende Grafschaft K. noch am Ende des
Heiligen Römischen Reiches als teils stolbergisch, teils mainzisch bezeichnet.
Die Grafschaft umfasste einen kurmainzischen Anteil mit den Städten K. und Oberursel
und den Kellereien Neuenhain, Vilbel, Eppstein und Rockenberg und einen
stolbergischen Anteil mit Schloss und Flecken Gedern und einigen Dörfern (die
fürstlich stolberg-gedernschen Teile), zwei Drittel von Stadt und Schloss
Ortenberg, zwanzig Achtundvierzigstel der Stadt Münzenberg und eine Anzahl
Dörfer (die gräflich stolberg-rosslaischen Teile). 1803 kam K. an
Nassau-Usingen (Nassau) und damit 1866 an Preußen und 1945 an Hessen.
L.: Wolff 274; Wallner 697 OberrheinRK 31, 32 a, b; Königstein
in Vergangenheit und Gegenwart, 1963; Handwerk und Gewerbe in Königstein, 1994; Escher, M. u. a., Die urbanen
Zentren, 2005, 2, 322.
Königswinter (Herrlichkeit). K. erscheint erstmals
893 (Wintre). Im 13. Jahrhundert fiel es an das Erzstift Köln. Die Herrlichkeit
K. gelangte 1803 an Nassau-Usingen, 1806 an das Großherzogtum Berg und 1815 an
Preußen und damit 1946 an Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 87.
Königswusterhausen (Schloss). 1320 erscheint am Übergang
über die versumpfte Notteniederung in Brandenburg neben älteren slawischen
Siedlungen die Burg Wusterhausen (Wosterhusen). Am Ende des 14. Jahrhunderts
gelangte das Schloss von den Markgrafen von Brandenburg als Lehen an die Herren
von Schlieben, am Ende des 15. Jahrhunderts an die Schenken von Landsberg als Herren
der Herrschaft Teupitz (Schenken von Teupitz), in der Mitte des 17.
Jahrhunderts infolge Verschuldung an die Markgrafen von Brandenburg und damit
von 1949 bis 1990 an die Deutsche Demokratische Republik (1990 Brandenburg).
Sie zählte zum obersächsischen Reichskreis. S. Teupitz.
L.: Wolff 388; Wallner 708 ObersächsRK 1; Kindler, K., Chronik von Königswusterhausen, 2. A. 1908; Rocca, F., Geschichte
und Verwaltung der königlichen Familiengüter,
1913; Metsk, F., Der kurmärkisch-wendische Distrikt, 1965.
Konstanz (Reichsvogteistadt). K. war bereits in
der Jungsteinzeit besiedelt. Unter Tiberius (14-37 n. Chr.) wurde an dem
verkehrsgünstig liegenden Ort am Ausfluss des Rheins aus dem Bodensee ein
römischer Stützpunkt angelegt, vermutlich nach 300 ein Kastell, dessen im 6.
Jahrhundert überlieferter Name Constantia war. Vielleicht zwischen 550 und 590
wurde K. Bischofssitz (bis 1821), um 900 erhielt es vom Bischof Marktrecht.
1192 wird in einem Privileg Kaiser Heinrichs VI. die Ablösung der Herrschaft
des Bischofs sichtbar. Im ersten Viertel des 13. Jahrhunderts erscheint der
Rat. (Kaiser) Friedrich II. wandelte die Vogtei über K. in eine Reichsvogtei
um. 1237 wurde K. als Reichsstadt bezeichnet und führte seit 1388 den Bund der
Reichsstädte am Bodensee an. Von 1414 bis 1418 war es Sitz des 16. allgemeinen
Konzils zur Überwindung des abendländischen Schismas. 1417 gelang die
Pfandnahme des Landgerichts im Thurgau aus der Hand König
Sigmunds, doch musste 1460/1499 der Thurgau den Eidgenossen der Schweiz
überlassen werden. 1510/1511 wurde K. zum Abschluss eines Schirmvertrages mit
Habsburg gezwungen. Durch den Schmalkaldischen Krieg verlor die 1526
protestantisch gewordene Stadt, aus welcher der Bischof 1527 nach Meersburg
übersiedelte, die Reichsfreiheit und kam von 1548 bis 1805 unter die Herrschaft
Östereichs, unter der sie wieder katholisch wurde. 1805/1806 fiel sie an Baden
und damit 1951/1952 an Baden-Württemberg.
L.: Wolff 46; Großer Historischer Weltatlas III 38 (1789) C4; Marmor, J.,
Geschichtliche Topographie der Stadt Konstanz, 1860; Konstanzer Häuserbuch, hg.
v. Hirsch, F./Beyerle, K./Maurer, A., Bd. 1f. 1906ff.; Laible, J., Geschichte
der Stadt Konstanz und ihrer nächsten Umgebung, 1921; Hofmann, A. v., Die Stadt
Konstanz, 1922; Rüster, Die Steuerbücher der Stadt Konstanz, Bd. 1ff. 1958ff.;
Feger, O., Konstanz, 1961; Der Landkreis Konstanz. Amtliche Kreisbeschreibung,
Bd. 1 1968ff.; Feger, O., Kleine Geschichte der Stadt Konstanz, 3. A. 1972;
Maurer, H., Konstanzer Stadtgeschichte im Überblick, 1979; Maurer, H., Konstanz
im Mittelalter, Bd. 1f. 1989; Stahter, H., Das römische Konstanz und sein
Umfeld, 1990; Maurer, H., Konstanz, LexMA 5 1991, 1399ff.; Burkhardt,
M./Dobras, W./Zimmermann, W., Konstanz in der frühen Neuzeit, 1991; Burkhardt,
M., Konstanz im 18. Jahrhundert, 1997; Schuster, P., Eine Stadt vor Gericht,
1999; Seuffert, R., Konstanz, 2003; Crivellari, F. u. a., Vom Kaiser zum
Großherzog, 2007; Zang, G., Kleine Geschichte der Stadt Konstanz, 2010.
Koßweiler, Kotzweiler, Lotzweiler? (Reichsdorf). Am
1. 5. 1287 ermächtigte König Rudolf von Habsburg
Otto von Ochsenstein, unter adenerem das Dorf K. im Elsass von den Herren von
Geroldseck auszulösen. Mit dem Elsass kam K. zu Frankreich.
L.: Hugo 470.
Krain (F.) (Herzogtum). Die schon
vorgeschichtlich besiedelte Landschaft zwischen Karawanken, oberer Kulpa,
Ternovaner Wald und Uskokengebirge gehörte seit dem späten ersten
vorchristlichen Jahrhundert zur römischen Provinz Pannonien, später zu Italia
annonaria und Illyricum. Vom späten 6. Jahrhundert an wurde sie nach dem Abzug
der Langobarden von Slowenen besiedelt. Im 7./8. Jahrhundert war sie ein Teil
des slowenischen Landes Carantana (Kärnten). Im 8. Jahrhundert kam sie an
Bayern und wurde unter König Karl dem Großen
einer Grafschaft der neugebildeten Mark Friaul zugeschlagen. 820 taucht dann
für sie der Name Carniola, 973 die Craina marcha (zu krajina, Grenze) mit dem
Hauptort Krainburg auf. 952 kam sie mit Friaul zu Bayern, 976 zu Kärnten. Seit
1077/1093 war sie Lehen der Patriarchen von Aquileja, die aber nur Unterkrain
beherrschten. Begütert waren in K. vor allem die Hochstifte Brixen und
Freising. Im 12. Jahrhundert wurde das 1144 erstmals erwähnte Laibach Vorort
Krains. Von 1173/1180 bis 1209/1228 waren die Grafen von Andechs (nach den
Grafen von Weimar-Orlamünde, Sponheim und Bogen) die eigentlichen Herren von K.
(Oberkrain). Ihr Erbe traten zunächst die Babenberger, die Kärntner Linie der
Grafen von Sponheim (bis 1264), Böhmen (1269-1276), 1282 die Söhne König Rudolfs von Habsburg und von 1282 bis 1335 als
Pfandberechtigte die Grafen von Görz (Meinhardiner) sowie nach deren Aussterben
1335 die Grafen von Habsburg mit Kärnten, 1374 auch Windische Mark (mit
Möttling) und Istrien (Grafschaft Mitterburg) an. 1379 kam K. an die
leopoldinische Linie Habsburgs. 1394 wurde, nachdem schon Herzog Rudolf IV.
sich seit 1364 Herzog von K. genannt hatte, K. zum Herzogtum erhoben. Kaiser
Maximilian verband K. mit Steiermark, Kärnten, Istrien, Görz und Triest zur
Ländergruppe Innerösterreich. Zeitweise litt das zum österreichischen
Reichskreis zählende Land stark unter den Einfällen der Türken. 1803 wurden die
reichsunmittelbaren Gebiete Freisings und Brixens einverleibt. Von 1809 bis
1814 war K. dann Teil der illyrischen Provinzen Frankreichs, fiel danach aber wieder
an Österreich (Königreich Illyrien) zurück. 1849
wurde es österreichisches Kronland. Am 29. 10. 1918 kam der größte Teil mit
Laibach an Jugoslawien, Innerkrain (Hinterland von Triest, Fiume) an Italien.
1947 fiel auch Innerkrain an Jugoslawien und damit 1991 an Slowenien.
L.: Wolff 30; Wallner 713 ÖsterreichRK 1; Großer Historischer Weltatlas II 34
(1138-1254) G4, II 48 (1300) F1/2, II 66 (1378) H6, II 78 (1450) G4, III 22
(1648) G5; Lechner, K., Krain, (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1;
Valvasor, W. v., Die Ehre des Herzogtums Krain, Bd. 1ff. 1869; Dimitz, A.,
Geschichte Krains, Bd. 1ff. Laibach 1874ff.; Schumi, F., Die Herren von Krain
und die Windische Mark, Archiv für Heimatkunde 1 (1882/1883); Mell, A., Die
territoriale Entwicklung Krains vom 10. bis 13. Jahrhundert, 1888; Curs, O.,
Deutschlands Gaue im zehnten Jahrhundert, 1908, 5 (Villach, Veldes); Hauptmann,
L., Krain, (in) Erläuterungen zum Historischen Atlas der Österreichischen
Alpenländer, 1914, 1929; Hauptmann, L., Entstehung und Entwicklung Krains,
1929; Kos, M., Zgodovina Slovencev, Laibach 1955; Vilfan, S., Rechtsgeschichte
der Slowenen bis zum Jahre 1941, 1968; Wolfram, H., Die Geburt Mitteleuropas,
1987; Hödl, G., Krain, LexMA 5 1991, 1465ff.; Schlinker, S., Fürstenamt und Rezeption,
1999, 210; Hösler, J., Von Krain zu Slowenien, 2006.
Kriessern (Reichshof). Am 26. 2. 1409 bestätigte König Ruprecht dem Eberhard von Ramschwag die
Pfandschaft unter anderen des Hofes zu K. bei Hohenems (Ems).
L.: Hugo 473.
Kroatien (Republik). Das Gebiet zwischen Adria
und Drau wurde nach dem Untergang des weströmischen Reiches (476) im 7.
Jahrhundert von Slawen besiedelt. Ein 924 die Königswürde
erlangendes Geschlecht starb 1091 aus. 1102 kam es zur Personalunion Kroatiens mit
Ungarn. 1526/1527 gelangte K. im Gefolge Ungarns an Habsburg bzw. Österreich.
1849 wurde K. mit Slawonien, dem Küstenland und Fiume Kronland. 1867 wurde es
Ungarn unterstellt. 1918 wurde es Teil Jugoslawiens, von dem es sich zum 26. 6.
1991 verselbständigte. Seit 1. Juli 2013 ist es Mitgliedstaat der Europäischen
Union.
L.: Omrcanin, I., Diplomatische und politische Geschichte Kroatiens, 1968;
Gazi, S., A history of Croatia, 1973; Schlinker, S., Fürstenamt und Rezeption,
1999, 30; Sanjek, F., Crkva i krscanstvo u Hrvata, 1988; Steindorff, L.,
Kroatien, 2001.
Kronenburg (Herrschaft). Die 1277 erstmals erwähnte
Burg K. bei Schleiden war Mittelpunkt der Herrschaft K. Seit 1327 gab es eine eigene
Linie von K. Zu ihr kamen die Herrschaften Gladbach, Neuerburg und Esch an der
Sauer. Im 15. Jahrhundert gelangte K. unter die Oberherrschaft Luxemburgs und
fiel in weiblicher Erbfolge an Bolchen-Rodemachern (1414-1467), Virneburg
(1467-1487), Manderscheid-Schleiden (1487-1598), Gerolstein (1603-1697), Königsegg-Rothenfels (1697-1719), bis es an
Manderscheid-Blankenheim verkauft wurde. 1794 wurde es von Frankreich besetzt,
1815 kam es an Preußen und von dort am 23. 8. 1946 an Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 58, 364; Kronenburg, ein Führer durch das alte Kronenburg, 1956;
Olessak, E., Kronenburg, 1956.
Kröv (Reichsdorf), Cröwe. K. an der Mosel war
seit karolingischer Zeit Mittelpunkt eines ausgedehnten Königsgutsbezirks bzw. Reichsgutbezirks (K., Reil [Reitzel],
Kinheim, Kinderbeuern [Kinheimerburen], Bengel, Erden), der im Mittelalter als
Kröver Reich bezeichnet wurde. 1274 verpfändete es König
Rudolf von Habsburg an die Grafen von Sponheim. Am 11. 11. 1374 erlaubte Kaiser
Karl IV. dem Erzbischof von Trier, der 1355 die Vogteirechte erworben hatte,
die Auslösung. Bis ins 18. Jahrhundert war K. zwischen den Grafen von Sponheim
und dem Erzstift Trier umstritten. 1784 erhielt das Erzstift Trier die
Landeshoheit zu einem Drittel. 1815 kam K. an Preußen und 1946 an
Rheinland-Pfalz.
L.: Hugo 461; Wolff 261; Schaaf, E., Zur Herrschaftsstruktur des Kröver
Reiches, Landeskundliche Vjbll. 41 (1995), 181.
Kuenringer (Geschlecht). Die Familie der K., die
vermutlich freier Abkunft ist und vielleicht aus Sachsen stammt, erscheint 1056
(Azzo, serviens des Markgrafen) erstmals in Österreich. Namengebend wurde das
1056 erlangte Königsgut zu Hetzmannswiesen, das
seit etwa 1120 Kuenring (Kühnring bei Eggenburg in Niederösterreich) genannt
wurde. Im 12. Jahrhundert stieg die Macht der Familie infolge von Herrendienst
und Rodungstätigkeit stark an. Heinrich I. wurde 1233 oberster Schenk, Albero
III. 1246/1247 capitaneus Austriae. Im 14. Jahrhundert trat die in einen Zweig
Dürnstein (bis 1355) und einen Zweig Weitra (seit 1217)-Seefeld (seit 1292/1295
bis 1594) geteilte, im 16. Jahrhundert protestantisch gewordene Familie an
Bedeutung zurück.
L.: Friess, G., Die Herren von Kuenring, 1874; Lechner, K., Das Waldviertel,
1937; Lechner, K., Die Babenberger, 1976; Hellbling, E., Die Kuenringer, 1975;
Brunner, K., Die Kuenringer, 1980; Zehetmayr, R., Urkunde und Adel, 2010.
Kuningessundera (Gau) s. Königssundern
(Königssondern)
L.: Curs, O., Deutschlands Gaue im zehnten Jahrhundert, 1908, 4 (Kostheim,
Wallau, Breckenheim, Wicker, Nordenstadt, Lorsbach, Schierstein, Biebrich,
Mosburg bzw. Mosbach, Walluf); Gysseling, M., Toponymisch Woordenboek, 1960,
571; Polenz, P. v., Landschafts- und Bezirksnamen im frühmittelalterlichen
Deutschland, 1961, II, 29, 55, III, 30 Kuningessundera; Niemeyer, W., Der pagus
des frühen Mittelalters in Hessen, 1968, .107; Bauer, T., Die mittelalterlichen
Gaue, 2000 (Bärstadt, Walluf).
Kurland (Hochstift). Das in den Rigaischen
Meerbusen ragende, im Norden von der Düna (Daugava), im Süden von Schamaiten begrenzte
Kurland war zunächst von baltischen Kuren bewohnt. 1234 wurde zur
Christianisierung ein Bistum Selonien-Semgallen mit dem Sitz in Pilten
errichtet. Nach der Aufhebung des Bistums Semgallen wurde 1251 das Bistum K.
(Kurland-Pilten) eingerichtet. Nach der endgültigen Eroberung Kurlands durch
den Deutschen Orden erhielt das Bistum ein Drittel des eroberten Gebiets in
drei voneinander getrennten Teilen (Stift Pilten). Die Reformation ermöglichte
es dem Bischof, 1520 Reichsfürst zu werden. 1558 verkaufte der Bischof das
Hochstift an den König von Dänemark, der es 1598
an Brandenburg verpfändete, das es 1609/1612 wieder an Kurland abtrat. Das
Bistum erlosch.
L.: Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W.,
2003, 1, 554.
Kurlande (Reichslehngebiete der Kurfürsten, Kurfürstenkollegium). S. Trier (Erzstift bis 1803); Mainz (Erzstift bis 1803); Köln (Erzstift bis 1803); Böhmen (Königreich); Sachsen, Sachsen-Wittenberg (Herzogtum); Brandenburg (Markgrafschaft); Pfalz (Pfalzgrafschaft[, bei Rhein]); Bayern (Herzogtum, seit 25. 2. 1623, 1628/1648 bis zur Vereinigung mit der Pfalz 1777); Braunschweig-Lüneburg (Herzogtum, seit 19. 12. 1694, 1708 [Braunschweig-]Hannover); Salzburg[-Berchtesgaden] (Herzogtum, 1803, seit 1805 Großherzogtum Würzburg bzw. Toskana); Baden (Markgrafschaft 1803); Hessen[-Kassel] (Landgrafentum, 1. 5. 1803), Württemberg (Herzogtum 1803), Kurerzkanzler (1803).
Kurmark (Mark, Landschaft, Verwaltungseinheit).
Seit 1356 (Goldene Bulle) wurde für die Gebiete Brandenburgs (Altmark mit
Stendal, Prignitz [Vormark] mit Perleberg, Brandenburg [Mittelmark], Uckermark
mit Prenzlau und die Herrschaften Beeskow und Storkow) der Name K. üblich.
(1807 kam die Altmark an das Königreich
Westphalen.) 1815 wurde die K. ohne Altmark, aber mit der Neumark und von
Sachsen abgetretenen Gebieten zur Provinz Brandenburg Preußens. Von 1949 bis
1990 gehörte das Gebiet zur Deutschen Demokratischen Republik.
L.: Wolff 385.
Kürnberg (Herrschaft), Kirnberg. 1298 nahm Rudolf
von Üsenberg die Herrschaft K. mit dem schon 773 erwähnten Kenzingen von König Albrecht zu Lehen. 1365 kaufte Herzog Rudolf IV.
von Habsburg die Herrschaft, die häufig verpfändet wurde. 1564 zog das Haus
Österreich (Breisgau) sie wieder an sich. 1805 kam das Gebiet an Baden und
damit 1951/1952 zu Baden-Württemberg.
L.: Wolff 41; Hölzle, Beiwort 2.
Küstenland, Litorale (Land, Landschaft,
Verwaltungseinheit). 1564 kam bei einer Neugliederung Österreichs K. neben
Steiermark, Kärnten, Krain, Friaul-Görz und Westkroatien zur Ländergruppe
Innerösterreich. 1809 wurde es den illyrischen Provinzen Frankreichs
zugeschlagen. Nach dem Rückfall an Österreich 1814 wurde unter Abtrennung des Königreichs Dalmatien und Kroatien am 3. 8. 1816 das Königreich Illyrien mit der Hauptstadt Laibach
gebildet. Zu ihm gehörten Kärnten, Krain, Görz mit Gradisca (Gradiska), Friaul
und Istrien mit Trient. Von 1849 bis 1918 wurde nach Auflösung des Königreiches Illyrien aus Görz-Gradisca
(Görz-Gradiska), Istrien und Triest ein Kronland K. mit einem gemeinsamen
kaiserlichen Statthalter in Triest gebildet. Nach 1918/1919 kam es zu Italien,
1947 mit Ausnahme von Triest und Teilen von Görz-Gradisca (Görz-Gradiska) zu
Jugoslawien, bei dessen Auflösung 1991 zu Slowenien und Kroatien.
L.: Wolff 35; Großer Historischer Weltatlas III 22 (1648) F6.
Landau (in der Pfalz) (Reichsstadt). Das
vielleicht in der Mitte des 13. Jahrhunderts nahe einer Burg in den
Queichniederungen gegründete L. in der Pfalz bzw. im Nordelsass wird erstmals
1268 als Gut des Grafen Emich IV. von Leiningen genannt. 1274 erhielt es durch König Rudolf von Habsburg das Stadtrecht von Hagenau.
1290 schied es aus der Herrschaft der Grafen von Leiningen aus und wurde 1291
Reichsstadt. Seit 1317 wurde es mehrfach verpfändet, darunter von 1324 bis 1511
an das Hochstift Speyer. 1511 wurde es durch Kaiser Maximilian I. ausgelöst.
1517 wurde es der Landvogtei Elsass zugewiesen. 1521 wurde es Mitglied des
elsässischen Zehnstädtebundes. 1648/1678/1713 fiel es an Frankreich
(Reichslandvogtei über 10 elsässische Städte, 1688-1691 Umbau zu einer Festung
durch Vauban), 1815 an Österreich. 1816 kam es an Bayern (1830 Bundesfestung),
1946 an Rheinland-Pfalz.
L.: Wolff 296; Großer Historischer Weltatlas III 22 (1648) D4; Lehmann, J.,
Urkundliche Geschichte der freien Reichsstadt und jetzigen Bundesfestung
Landau, 1851; Hagen, J., Urkundliche Geschichte des Landauer Gebietes, Bd. 1
1937; Pemöller, A., (in) Berichte zur Deutschen Landeskunde 33, 1 (1964);
Landkreis Landau, hg. v. Mushake, A., 1964; Staab, F., Quod pro nobis et
imperio, Geschichtliche Landeskunde 42 (1995), 85; Imhoff, A., Wirtschaft und
Gesellschaft in einer Garnisonsstadt, 1996; Escher, M. u. a., Die urbanen
Zentren, 2005, 2, 333.
Landsberg (Mark, Fürstentum, Residenz des
Markgrafen von Meißen). Die Burg L. (1174 Landesberc) am Strengbach an der
Schnittstelle der Straßen Halle-Wittenberg und Leipzig-Magdeburg wurde kurz
nach der Mitte des 12. Jahrhunderts (1170) von Graf (Markgraf) Dietrich von
Meißen in dem 1156 durch Teilung erlangten Gebiet auf einem Felsen, auf dem
sich schon eine große slawische Wallanlage befunden hatte, erbaut. Seit 1174
nannte er sich Graf oder auch Markgraf von L., wobei L. nur einen Teil der
Ostmark (Niederlausitz) umfasste. Nach seinem Tode wollte Kaiser Friedrich I.
Barbarossa die Ostmark mit L. einziehen, doch kaufte sie der Wettiner Dedo V.
1261 gab Markgraf Heinrich der Erleuchtete von Meißen die Mark L. (ein nicht
zusammenhängendes Gebiet zwischen Saale und Mulde, dazu Sangerhausen,
Eckartsberga) ohne königliche Erlaubnis seinem
Sohn Dietrich dem Weisen als eigenes Fürstentum (Reichsfürstentum). Dessen
nördliche Hälfte (nördlich der Elster) wurde 1291 an die brandenburgischen
Askanier verkauft, von denen sie 1347 als Lehen des Hochstifts Magdeburg über
eine Erbtochter an Braunschweig fiel. Von Braunschweig kaufte Markgraf
Friedrich der Ernsthafte von Meißen († 1349) L. nach Streit noch im gleichen
Jahr zurück. Im Hause Wettin (Sachsen) gehörte L. von 1657 bis 1731 zur
albertinischen Nebenlinie Sachsen-Weißenfels. Bis 1815 blieb es bei Sachsen
(Kursachsen), danach gehörte es zur preußischen Provinz Sachsen. S.
Sachsen-Anhalt.
L.: Wolff 378; Posse, O., Die Wettiner, 1897; Giese, W., Die Mark Landsberg bis
zu ihrem Übergang an die brandenburgischen Askanier im Jahre 1291, Thüring.-sächs.
Zs. f. Geschichte 8 (1918), 1ff., 105ff.; Helbig, H., Der Wettinische
Ständestaat, 1980; Blaschke, K., Landsberg, LexMA 5 1991, 1674; Schlinker, S.,
Fürstenamt und Rezeption, 1999, 203.; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 826, 1, 2, 316.
Landstuhl (Herrschaft). L. bei Kaiserslautern wird
als Königsgut Nannenstul zu Anfang des 9.
Jahrhunderts im Reichsurbar Lorschs erstmals erwähnt. Mit der um 1160 erbauten Burg
Nannenstein wurde L. dann Mittelpunkt einer Herrschaft, die als Reichslehen an
verschiedene Inhaber gegeben wurde. Am Ende des 15. Jahrhunderts kam sie an die
Sickingen, die sie bis zum Ende des 18. Jahrhunderts innehatten. In der
Reichsmatrikel von 1776 wird das zum Kanton Oberrheinstrom des Ritterkreises
Rhein zählende L. im schwäbischen Reichskreis genannt. 1815 fiel es an Bayern,
1946 an Rheinland-Pfalz.
L.: Gumpelzhaimer 92; Wolff 516; Knocke, T., Landstuhl in Vergangenheit und
Gegenwart, 1951.
Lauenburg (Herzogtum, Residenz des Herzogs). Das
an der Niederelbe gelegene Land wurde nach dem Abzug der Germanen im
Frühmittelalter von wendischen Polaben besiedelt, im 12. Jahrhundert aber von
den Welfen erobert. 1142 wurde Heinrich von Badwide mit der Grafschaft
Ratzeburg belehnt, die den größten Teil des späteren L. einnahm. Nach dem Sturz
Heinrichs des Löwen 1180 fiel das Gebiet an die Askanier (Bernhard II.), die
1182 die Burg L. erbauten und nach dem Aussterben der Badewider die Grafschaft
Ratzeburg einzogen. Bei der Teilung des askanischen Hauses entstand 1260 das
Herzogtum Sachsen-Lauenburg (L. und Hadeln), das an die ältere Linie fiel. Nach
dem Aussterben der protestantisch gewordenen Askanier (1689) setzte Herzog
Georg Wilhelm von Lüneburg-Celle seinen Erbanspruch auf das zum
niedersächsischen Reichskreis zählende Herzogtum, zu dem auch die Stadt
Ratzeburg ([bis 1. 10. 1937] mit Ausnahme der Dominsel) gehörte, durch. 1705
kam L. mit Celle durch Erbfall an Hannover. 1815 wurde es von Hannover mit Ausnahme
von Hadeln an Preußen abgetreten. Preußen überließ es 1815/1816 gegen
Schwedisch-Vorpommern an Dänemark, das es 1864 zusammen mit Holstein im Wiener
Frieden an Österreich und Preußen abtrat. 1865 wurde es durch die Konvention
von Gastein gegen Entschädigung Österreichs in Personalunion mit Preußen
verbunden. 1866 trat es dem Norddeutschen Bund bei, 1870 in das Deutsche Reich
ein. Am 1. 7. 1876 wurde es als Kreis Herzogtum L. der Provinz
Schleswig-Holstein Preußen eingegliedert und kam damit 1946 zu Schleswig-Holstein.
Der Titel Herzog von L. wurde von Wilhelm II. an Bismarck verliehen. S.
Sachsen-Lauenburg.
L.: Wolff 449f.; Zeumer 552ff. II b 33; Wallner 707 NiedersächsRK 13; Großer
Historischer Weltatlas III 22 (1648) E2, III 38 (1789) E2; Geerz, F.,
Geschichte der geographischen Vermessungen und der Landkarten Nordalbingiens
vom Ende des 15. Jahrhunderts bis zum Jahre 1859, 1859; Lammert, F., Die
älteste Geschichte des Landes Lauenburg, 1933; Hellwig, L., Grundriss der
Lauenburger Geschichte, 3. A. 1927; Prange, W., Siedlungsgeschichte des Landes
Lauenburg im Mittelalter, 1960 (Diss. phil. Kiel); Nissen, N., Festschrift 700
Jahre Lauenburg, 1960; Geschichte Schleswig-Holsteins, Bd. 8: Provinz im Königreich Preußen, hg. v. Hauser, O., 1966; Kahlfuss,
H., Landesaufnahme und Flurvermessung in den Herzogtümern Schleswig, Holstein,
Lauenburg vor 1864, 1969; Stadtchronik zur 725-Jahr-Feier der Stadt
Lauenburg/Elbe, hg. v. Magistrat der Stadt Lauenburg, 1985; Neuschäffer, H.,
Schlösser und Herrenhäuser im Herzogtum Lauenburg, 1987; Ländliche Siedlungs-
und Verfassungsgeschichte des Kreises Herzogtum Lauenburg, hg. v. Jürgensen,
J., 1990; Blaschke, K., Sachsen-Lauenburg, LexMA 7 1995, 1235; Kleinfeld, M.,
Die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt Lauenburg/Elbe, 2000; Höfe und
Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 2,
321; Meding, W. v., Stadt ohne Land am Fluss, 2007; Die Fürsten des Landes.
Herzöge und Grafen von Schleswig, Holstein und Lauenburg, hg. v. Rasmussen, C.
u. a., 2008; Meding, W. v., Lauenburg - zur Geschichte des Ortes, Amtes,
Herzogtums, 2008.
Lauffen (Reichsstadt). Neben einem älteren Dorf
mit karolingischem Königshof auf dem linken Ufer
des Neckar wird eine Burg, nach der sich seit 1127 im Kochergau, im Maulachgau,
im Remstalgau, im Elsenzgau, im Kraichgau (Bretten) und im Enzgau sowie in
Hornberg, Eberbach und Dilsberg begüterte Grafen von L. nannten und 1234 die
Stadt L. rechts des Neckars erwähnt. Nach dem Aussterben der Grafen von L. um
1219, bei dem viele Güter an die Staufer fielen, verpfändete Kaiser Friedrich
II. L. an die Markgrafen von Baden. Im 14. Jahrhundert kam es an Württemberg
und war bis 1808 Amtsstadt. 1951/1952 gelangte L. zu Baden-Württemberg.
L.: Bauer, H., Die Grafen von Lauffen, Württemberg. Franken 7 (1865-1867),
467ff.; Klunzinger, K., Geschichte der Stadt Lauffen, 1846; Die Stadt Lauffen,
1934; Heimatbuch Lauffen, 1956; Jehle, F., Die gemeinsame Stadt, 1979;
Schwarzmaier, H., Geschichte der Stadt Eberbach am Neckar, 1986, 30ff.; Lorenz,
S., Lauffen, LexMA 5 1991, 1756.
Laupen (Reichsstadt). 1310 verpfändete König Heinrich VII. die Reichsstadt L. im
ostjuranischen Burgund an Otto von Grandson (Granson). Später kam L. zum Kanton
Bern.
L.: Wolff 519.
Lavant (Bistum). 1226 gründete der Erzbischof
von Salzburg in Sankt Andrä im schon 860 von König
Ludwig dem Deutschen an das Erzstift Salzburg gelangten unteren Lavanttal in
Kärnten auf Eigengut das kleine Eigenbistum L., das in der Reichsmatrikel von
1521 aufgenommen ist. Seine Ausstattung umfasste 1244 die Pfarren St. Andrä und
Lavamünd sowie 5 anschließende Pfarren in der Steiermark. In der Mitte des 15.
Jahrhunderts erhielt der Bischof den Titel Fürstbischof. 1786 kamen an Stelle
der steirischen Pfarren der Kreis Völkermarkt und der Kreis Cilli mit 94
Pfarren an L. 1857 wurde das Bistum nach Marburg übertragen.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) H5; Kovacic, F., Geschichte der
Lavanter Diözese, Marburg 1928; Maier, A., Kirchengeschichte von Kärnten, Bd.
1ff. 1951ff.; Drexler, H., Beiträge zur Geschichte der Bischöfe von Lavant im
Mittelalter, Diss. Wien 1952; Festschrift 750 Jahre Bistum Lavant (1228-1978),
1978; Dopsch, H., Lavant, LexMA 5 1991, 1770; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 558.
Leiningen (Grafen, Grafschaft, Fürstentum). Seit
dem Ende des 11. Jahrhunderts (1086 Emich I. Graf im Wormsgau) sind fränkische
Grafen nachgewiesen, die sich möglicherweise von einem Ahnherren Amicho (780,
Emichonen) herleiten lassen und im Wormsgau und Nahegau begütert waren
(Landgerichte auf dem Stahlbühl [Stahlbühel] bei Frankenthal, auf dem
Kaldenberg [Kaltenberg] bei Wachenheim an der Pfrimm und auf dem Stamp). Ihre
Hauptburg (Alt-Leiningen) entstand zwischen 1110 und 1120. 1128 wird Graf Emich
II. als erstes gesichertes Mitglied der Grafen von L. genannt. 1204 erlangten
die Grafen die Landvogtei über den Speyergau und die Vogtei über Kloster
Limburg an der Haardt. Als sie 1220 in männlicher Linie ausstarben, fielen die
Güter über die Erbtochter Liutgard (Lukardis) erbweise an den Schwestersohn des
letzten Grafen, an Graf Friedrich von Saarbrücken, der Namen und Wappen der
Grafen von L. annahm und aus den Saarbrücker Gütern die Herrschaft Hardenburg
(Hartenburg) erhielt. Das neue Haus erwarb durch mütterliche Erbschaft
(Mitgift) zu Beginn des 13. Jahrhunderts (1224/1234) die Reichsgrafschaft
Dagsburg in den Vogesen als Lehen des Bischofs von Straßburg, 1242 Ormes und
Rixingen (Rickingen, Rikingen, Réchicourt) sowie 1312 das Amt des Landvogts im
Unterelsass und teilte sich 1317/1318 in eine 1467 erloschene ältere
landgräfliche Linie (Leiningen-Dagsburg, friedrichsche Linie mit Oggersheim,
Gräfenstein [Grevenstein), Madenburg [Magdeburg], Dürkheim [zur Hälfte], Grünstadt
[Grünheim], Herxheim [Hornheim], Freinsheim, Sülzen [Salzen], Tiefenthal,
Lautersheim, Asselheim, Ebertsheim, Boßweiler [Bossweiler], Niefernheim,
Dagsburg und Ormes) und eine jüngere Linie (gottfriedische Linie)
Leiningen-Hardenburg (Leiningen-Dagsburg-Hardenburg) (Herrschaft Hardenburg im
Wormsgau, Guttenburg [Gutenburg], Falkenburg, Guntersblum).-----Der größere
Teil der Güter (Altleiningen zur Hälfte, Neuleiningen zu einem Viertel,
Grünstadt, Asselheim, Sausenheim, Obrigheim, Kirchheim, Tiefenthal, Ebertsheim,
Lautersheim, Boßweiler [Bossweiler], Albsheim, Bissersheim, Hertlingshausen,
Wattenheim, Seckenhausen, Wachenheim an der Pfrimm, Mertesheim [Mertelsheim],
Quirnheim) der älteren Hauptlinie, die 1444 von König
Friedrich III. die Würde eines Landgrafen im Elsass erlangt hatte, gelangte
1467/1468 beim Aussterben der Linie über die Schwester (Margarethe) des letzten
Grafen an die verschwägerten Herren von (Runkel-) Westerburg (und Schaumburg),
die sich darauf Grafen zu Leiningen-Westerburg (und Landgrafen im Elsass)
nannten. Sie mussten zur Durchsetzung ihrer Rechte 23 Orte an die Pfalz
abtreten. Ein kleinerer Teil der Güter mit Dagsburg fiel an Emich VII. aus der
gottfriedischen Linie, die sich seitdem Leiningen-Dagsburg-Hardenburg nannte.
Die Grafen von Leiningen-Westerburg spalteten sich 1695/1705 in die Linien
Leiningen-Westerburg-Altleiningen und Leiningen-Westerburg-Neuleiningen. 1801
gingen alle linksrheinischen Güter an Frankreich verloren.
Leiningen-Westerburg-Altleiningen wurde 1803 mit der Abtei Ilbenstadt in der
Wetterau entschädigt, Leiningen-Westerburg-Neuleiningen mit der Abtei
(Engeltal) Engelthal in der Wetterau. Diese Güter kamen 1806 an die
Großherzogtümer Berg, Hessen-Darmstadt und die Fürstentümer Nassau-Weilburg und
Nassau-Usingen.-----Die jüngere gottfriedische Linie teilte sich 1343 in Linien
zu Leiningen-Rixingen (Rickingen) (Rixingen), das 1506 an Zweibrücken und
später an Leiningen-Westerburg fiel, und Leiningen-Hardenburg. Diese jüngere
Linie Leiningen-Hardenburg erwarb 1466 die Herrschaft Apremont (Aspremont) in
Lothringen, erhielt 1467 erbweise Dagsburg und nannte sich seitdem
Leinigen-Dagsburg-Hardenburg (Leiningen-Dagsburg). Weiter erlangte sie im
15./16. Jahrhundert Weißenburger Lehen mit Grünstadt, die Herrschaft Pfeffingen
mit Kallstadt und Ungstein sowie das Amt Hassloch. 1560 teilte sie sich in die
zwei Zweige Leiningen-Hardenburg-Dagsburg (Leiningen-Dagsburg-Hardenburg)
(Hardenburg, Hausen, Dürkheim, Kallstadt, Ungstein, Pfeffingen, Herxheim,
Leistadt [Leystadt], Weisenheim [Weißenheim], Bobenheim, Battenberg,
Kleinkarlbach, Erpolzheim u. a.) und Leiningen-Dagsburg-Falkenburg (Falkenburg,
Eischweiler (Thaleischweiler), Einöd (Höheinöd), Herschberg, Werschhausen,
Horstal [Horsel], Mühlhausen [Mülhausen], Reinheim, Heidesheim, Kindenheim,
Büdesheim, Guntersblum). Der ältere Zweig Leiningen-Dagsburg-Hardenburg geriet
mit der Grafschaft Dagsburg 1681 unter die Hoheit Frankreichs, verlegte 1725
die Residenz von der Hardenburg nach Dürkheim und wurde 1779 (ohne Virilstimme)
in den Reichsfürstentstand erhoben. 1803 erhielt er durch § 20 des
Reichsdeputationshauptschlusses für seine 1801 verlorenen linksrheinischen
Güter (Fürstentum L., Grafschaft Dagsburg, Herrschaft Weyersheim [Weikersheim],
Ansprüche auf Saarwerden, Lahr und Mahlberg, insgesamt 2,5 Quadratmeilen) die
mainzischen Ämter Miltenberg, Buchen, Seligental, Amorbach und Bischofsheim
(Tauberbischofsheim), die würzburgischen Ämter Grünsfeld, Lauda, Hardheim und
Rippberg/Rückberg sowie die pfälzischen Ämter Boxberg und Mosbach und die
Abteien Gerlachsheim (Würzburg) und Amorbach (Mainz), die zu dem neuen
rechtsrheinischen Fürstentum L. mit der Residenz in Amorbach sowie (25
Quadratmeilen bzw.) 1600 Quadratkilometern Fläche und etwa 85000 bis 90000
Einwohnern zusammengefasst wurden. Unter dessen Landeshoheit bekamen die Grafen
von Leiningen-Dagsburg-Falkenburg-Guntersblum die zuvor mainzische Kellerei
Billigheim, die Grafen von Leiningen-Dagsburg-Falkenburg-Heidesheim die zuvor
mainzische Kellerei Neudenau. Das Fürstentum L. fiel 1806 mit den Grafschaften
Leiningen-Billigheim und Leiningen-Neudenau an Baden. Der Zweig
Leiningen-Dagsburg-Heidesheim-Falkenburg blieb gräflich. Er spaltete sich 1657
in die Zweige Dagsburg (bis 1706), Heidesheim (bis 1766) und Guntersblum (bis 1774,
Anfall Dagsburgs an Leiningen-Dagsburg-Hardenburg). Davon erwarb Heidesheim im
Erbgang die Herrschaften Broich, Oberstein und Reipoltskirchen
(Reichholdskirchen). Bei seinem Aussterben fielen die Güter 1766 an
Leiningen-Guntersblum, 1774 an Leiningen-Dagsburg-Hardenburg. Beim Aussterben
der Linie Guntersblum Leiningen-Dagsburg-Falkenburgs 1774 kam Dagsburg an
Leiningen-Dagsburg-Hardenburg. Die übrigen Güter fielen 1774/1787 an zwei
Nebenlinien (Leiningen-Dagsburg-Falkenburg-Guntersblum, Leiningen-Dagsburg-Falkenburg-Heidesheim),
die ihre Güter 1801 an Frankreich verloren.
Leiningen-Dagsburg-Falkenburg-Guntersblum bzw. Leiningen-Guntersblum und
Leiningen-Heidesheim erhielten Sitz und Stimme im wetterauischen
Grafenkollegium. 1810 fielen im Pariser Vertrag die Ämter Amorbach und
Miltenberg von Baden an Hessen-Darmstadt, das sie 1816 zum überwiegenden Teil
Bayern abtrat. 1910 bzw. 1935 starb Leiningen-Dagsburg-Falkenburg mit den Ästen
Leiningen-Neudenau und Leiningen-Billigheim aus.
L.: Wolff 280ff.; Wallner 698 OberrheinRK 35 a, b, 40 a, b; Großer Historischer
Weltatlas II 66 (1378) E4, III 38 (1789) C3; Lehmann, J., Urkundliche
Geschichte des gräflichen Hauses Leiningen-Hardenburg und -Westerburg in dem
ehemaligen Wormsgau, 1865; Brinckmeier, E., Genealogische Geschichte des Hauses
Leiningen und Leiningen-Westerburg, Bd. 1. 1890ff.; Kind, K., Fürst Karl
Friedrich Wilhelm zu Leiningen als Landesherr 1803-06, Diss. phil. Erlangen
1949 (masch.schr.); Wild, G., Das Fürstentum Leiningen vor und nach der Mediatisierung,
Diss. jur. Mainz 1954; Vocke, R., Die Entwicklung der herrschaftlichen und
rechtlichen Verhältnisse im Landkreis Miltenberg bis zum Übergang an Bayern,
Diss. phil. Würzburg 1959 (masch.schr.); Kaul, T., Das Verhältnis der Grafen
von Leiningen zum Reich und ihr Versuch einer Territorienbildung im Speyergau
im 13. Jahrhundert, Mitt. d. hist. Vereins Pfalz 68 (1970); Toussaint, I., Die
Grafen von Leiningen, 1982; Zotz, T., Die Grundherrschaft der Grafen von
Leiningen, (in) Die Grundherrschaft im späten Mittelalter, hg. v. Patze, H.,
1983; Toussaint, I., Die Grafschaften Leiningen, (in) Pfalzatlas Karten 67, 68,
Textband 2 1056ff.; Herrmann, H., Leiningen, LexMA 5 1991, 1860.
Leiningen-Dagsburg (Grafen). Die 1317/1318 gebildete ältere
landgräfliche Linie der Grafen von Leiningen (friedrichsche Linie) erhielt
Oggersheim, Gräfenstein, Madenburg, Dürkheim, (zur Hälfte) Grünstadt, Herxheim,
Freinsheim, Sülzen, Tiefenthal, Lautersheim, Asselheim, Ebertsheim, Boßweiler,
Niefernheim, Dagsburg und Ormes. 1444 erlangte sie von König
Friedrich III. die Würde eines Landgrafen im Elsass. Bei ihrem Aussterben 1467
gelangte der größte Teil der Güter über die Schwester (Margarethe) des letzten
Grafen an die verschwägerten Herren von Westerburg, die sich darauf Grafen von
Leiningen-Westerbug (und Landgrafen im Elsass) nannten.
L.: Brinckmeier, E., Genealogische Geschichte des Hauses Leiningen und
Leiningen-Westerburg, Bd. 1f. 1890ff.
Leuchtenberg (Landgrafschaft, gefürstete
Landgrafschaft, Residenz). Am Anfang des 12. Jahrhunderts (1118) erscheint ein
edelfreies Geschlecht, das seit 1158 den Grafentitel führte und sich nach dem
Aussterben der ihm verwandten Babonen bzw. Paponen (Burggrafschaft Regensburg,
Grafschaft Stefling) seit 1196 als Landgrafen von L. (Liukenberge, seit dem 14.
Jahrhundert L.) an der Luhe bei Weiden benannte. Dieses beerbte über eine
Erbtochter teilweise die 1119 ausgestorbenen Herren von Lengenfeld-Pettendorf
(Waldeck). Seine an Luhe, Naab und Pfreimd gelegene Herrschaft bestand im Kern
aus dem Landrichteramt L., dem Stadtrichteramt Pfreimd, dem Pflegamt Wernberg
und dem Richteramt Miesbrunn. Hierzu kam schon im 12. Jahrhundert die
Herrschaft Waldeck (Kemnath [Kemnat], Erbendorf). 1332 gewann es durch Tausch
die Stadt Pfreimd. 1283 mussten die staufertreuen Landgrafen Landgericht und
Geleit auf dem Nordgau mit weiteren Gütern (Herrschaft Waldeck, Steflinger
Landgrafenamt) an die Herzöge von Bayern veräußern, 1353 die Mehrzahl der
Herrschaften König Karl IV. zu Lehen Böhmens
auftragen. 1421 kam Grafenwöhr als Sitz einer leuchtenbergischen Herrschaft zu
Pfalz-Neumarkt (Pfalz-Oberpfalz). In der Mitte des 15. Jahrhunderts wurden die
(jüngeren) Landgrafen von L. zwar Reichsfürsten mit Sitz und Stimme im
Reichstag, gerieten aber in erhebliche finanzielle Schwierigkeiten. Bei ihrem
Aussterben 1646 fiel L. mit den verbliebenen Gütern um das 1332 gewonnene
Pfreimd als Reichslehen an das Haus Wittelsbach (Albrecht VI. von Bayern, 1650
im Tausch an Maximilian I. von Bayern) und wurde, nachdem es 1705 von Kaiser
Joseph I. nochmals an die Grafen Lamberg verliehen worden war, 1712/1714 Teil
Bayerns (L., Pfreimd, Wernberg und Miesbrunn). Um 1800 war die Landgrafschaft 4
Quadratmeilen groß und hatte 7000 Einwohner.
L.: Wolff 143; Zeumer 553 II b 37; Wallner 712 BayRK 11; Großer Historischer
Weltatlas II 66 (1378) G4; Wittmann, F., Geschichte der Landgrafen von
Leuchtenberg, Bd. 1ff. 1851f.; Doeberl, M., Die Landgrafschaft der
Leuchtenberger, 1893; Wagner, I., Geschichte der Landgrafen von Leuchtenberg,
Bd. 1ff. 1940ff.; Berndt, D., Leuchtenberg, 1977, Historischer Atlas von
Bayern; Ambronn, K., Leuchtenberg, LexMA 5 1991, 1915; Schlinker, S.,
Fürstenamt und Rezeption, 1999, 215 Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W. u. a., 2003, 1, 1, 140, 828,
1, 2, 335.
Leutkircher Heide (freie Leute). Leutkirch an der
Eschach bei Wangen wird 848 erstmals erwähnt und war im 8./9. Jahrhundert
Gerichtsort, Pfarrei und fränkischer Stützpunkt. Bei Leutkirch liegt die L., zu
der im 14. Jahrhundert Freie genannt werden, denen zusammen mit der Stadt
Leutkirch die L. gehörte. Am 22. 2. 1330 bestätigte Kaiser Ludwig der Bayer dem
Grafen von Bregenz die bereits früher erfolgte Verpfändung Leutkirchs. Am 3. 6.
1330 verpfändete er erneut Leutkirch, die freien Leute und was dazu gehört an
die Grafen und schlug am 27. 5. 1333 weiteres Geld auf die Pfandschaft. 1348
ist ein Landgericht für die Freien bezeugt, das spätestens seit 1421 mit dem
1358 erstmals genannten Pirschgericht (der oberschwäbischen Reichslandvogtei)
mit den Gerichtsstätten Ravensburg, Wangen, Tettnang und Lindau verschmolzen
war. Am 3. 12. 1364 verpfändete Kaiser Karl IV. an Graf Ulrich von Helfenstein
unter anderem die freien Leute auf der L. Die Grafen von Helfenstein
verpfändeten sie von 1382 bis 1396 an die Stadt Ulm. 1415 zog sie König Sigmund zur Landvogtei in Oberschwaben und
Niederschwaben. Als Wohnorte von Freien auf L. H. sind nachgewiesen im oberen
Amt der Landvogtei Schwaben Willerazhofen, Ellerazhofen, Lanzenhofen,
Grimmelshofen, Nannenbach, Gebrazhofen, Wolferazhofen, Liezenhofen, Merazhofen,
Uttenhofen, Engelboldshofen, Winterazhofen, Engerazhofen, Toberazhofen,
Bettelhofen, Herlazhofen, Tautenhofen, Weipoldshofen, Heggelbach, Niederhofen,
Lauben, Ottmannshofen, Balterazhofen, Wielazhofen, Adrazhofen, Wuchzenhofen,
Luttolsberg, Allmishofen, Haselburg und Urlau, außerhalb des oberen Amtes in
Laidratz, Matzen, Gottrazhofen, Baldenhofen, Enkenhofen, Gumpeltshofen,
Sommersbach, Schwanden, Aigeltshofen, Beuren, Hedrazhofen, Maggmannshofen, Haid
und Reichenhofen(, während etwa Nachweise für Grünenbach, Kesselbrunn,
Eisenbrechtshofen, Sonthofen, Enzlesmühle oder Sackmühle fehlen). 1802 wurden
sie von Bayern in Besitz genommen und Bayern am 25. 2. 1803 zugeteilt. 1810
wurde das Land mit der Reichsstadt Leutkirch an Württemberg abgetreten und
gelangte damit 1951/1952 zu Baden-Württemberg.
L.: Wolff 44, 222, 505; Hugo 453; Roth, R., Geschichte der ehemaligen
Reichsstadt Leutkirch, Bd. 1f. 1873ff.; Gut, M., Das ehemalige kaiserliche
Landgericht auf der Leutkircher Heide und in der Pirs, Diss. jur. Tübingen
1909; De Kegel-Schorer, C., Die Freien auf Leutkircher Heide, 2007.
Lich (Stadt). An einer wichtigen Wegkreuzung
einer seit langem besiedelten Landschaft erbauten vor 778 iroschottische
Wandermissionare eine Kirche. Im 11. und frühen 12. Jahrhundert kam der
zugehörige Ort L. an die Herren von Altenburg/Arnsburg (um 1160 Cuno de Liche),
dann an die Hagen/Münzenberg. 1300 gab König
Albrecht dem Ort das Recht der Reichsstädte. Innerhalb der Grafschaft Solms
fiel L. mit Hohensolms und Laubach sowie 1478 Niederweisel (Nieder-Weisel) an
die jüngere Linie Soms-Lich, die 1792 in den Reichsfürstenstand erhoben und
1806 in Hessen-Darmstadt mediatisiert wurde. Damit kam L. 1945 zu Hessen. S.
Solms-Lich, Solms-Lich-Hohensolms.
L.: Wolff 274; Licher Heimatbuch, 1952; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren,
2005, 2, 343.
Lichtenberg (Herrschaft). Die aus einstigem Königsgut erwachsene Herrschaft L. bei Naila, als
deren Mittelpunkt im 12. oder 13. Jahrhundert die Burg L. errichtet worden war,
unterstand im 14. Jahrhundert den Grafen von Orlamünde, im 15. Jahrhundert nach
Verkauf den Herren von Waldenfels. 1628 kam sie an die Hohenzollern bzw. die
Markgrafen von Bayreuth und damit 1791 an Preußen und 1810 an Bayern.
L.: Wolff 104; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) D4; Seiffert, H.,
Burgen und Schlösser im Frankenwald und seinem Vorland, 1951.
Liegnitz (Fürstentum, Residenz des Herzogs von
Schlesien). 1149 wird die wohl im 11. Jahrhundert erbaute Burg L. an der Hohen
Straße in Niederschlesien erstmals erwähnt. Nach Heinrich II. aus dem Hause der
schlesischen Piasten (1241) entstand durch Erbteilung des Herzogtums
Niederschlesien das Herzogtum L. (1251) um die zwischen 1242 und 1252 zu
deutschem Recht neu gegründete Stadt L., von dem sich 1251 Glogau sowie 1278
Jauer und Löwenberg abspalteten. Von 1290 bis 1311 war es mit Breslau
vereinigt. Nach 1311 wieder selbständig wurde es zeitweise durch Landesteilung
um das Fürstentum Brieg vermindert. 1329 geriet es unter Lehnshoheit Böhmens.
1419 starb die Linie L. der Piasten aus. L. kam an Brieg. 1532 erwarb es
Wohlau. Nach zwischenzeitlichen Trennungen war L. seit 1663/1664 mit Brieg und
Wohlau wieder vereinigt. Als 1675 die schlesischen Piasten ausstarben, wurden
L., Wohlau und Brieg als erledigte Lehen Erbfürstentümer Österreichs. Seit 1681
erhob Preußen unter Berufung auf einen 1546 von König
Ferdinand für ungültig erklärten Erbverbrüderungsvertrag Friedrichs II. von L.
mit Joachim II. von Brandenburg vom 19. 10. 1537 Ansprüche auf die drei
Fürstentümer. 1742 kamen sie nach dem ersten schlesischen Krieg mit 34
Quadratmeilen Gebiet an Preußen. Seit 1945 wurde L. von Polen verwaltet, an das
es 1990 als politische Folge der deutschen Einheit fiel.
L.: Wolff 483; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) I3; Sammler,
A./Kraffert, A., Chronik von Liegnitz, Bd. 1ff. 1861ff.; Urkundenbuch der Stadt
Liegnitz und ihres Weichbildes bis zum Jahre 1455, hg. v. Schirrmacher, F.,
1866; Liegnitz, siebenhundert Jahre eine Stadt deutschen Rechts, hg. v.
Schönborn, T., 1942; Unser Liegnitz und sein Landkreis, hg. v. Hantschke, H.,
1960; Bahr, E./König, K., Ostdeutschland unter
fremder Verwaltung, Bd. 5: Niederschlesien, 1967; Finke, F., Aus dem Lebenslauf
der Stadt Liegnitz, 1986; Jaeckel, G., Die Liegnitzer Erbverbrüderung von 1537
in der brandenburgisch-preußischen Politik bis zum Frieden von Hubertusburg
1763, 1988; Menzel, J., Liegnitz, LexMA 5 1991, 1974; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 2, 336.
Limburg (Herzogtum, Provinz). Die um (1020?
oder) 1064 auf durch Heirat mit einer Tochter des Herzogs von Niederlothringen
gewonnenem Gut (Baelen) erbaute Burg L. im Vesdretal bei Eupen südwestlich von
Aachen war die Stammburg der von den Ardennengrafen abstammenden Grafen, später
Herzöge von L. (Herzogstitel auf Grund kurzzeitiger Verleihung [1101-1106] des
Herzogtums Niederlothringen durch Kaiser Heinrich IV., Anerkennung 1165), die
östlich der Maas zwischen Maastricht-Lüttich und Aachen begütert waren. Sie
fiel über die Erbtochter (Judith) 1065 an die Grafen von Arlon (bzw. Limburg
[und Arlon]). 1113 wurde durch Heirat Wassenberg, wenig später (1136)
Herzogenrath gewonnen. 1214 gelang durch Heirat der Erwerb der Gebiete von
Namur und Luxemburg, 1225/1226 durch eine Nebenlinie der Gewinn der
ostrheinischen Grafschaft Berg. Arlon kam 1214 an Luxemburg. Nach 1247 wurde in
Berg und L. geteilt. 1280 starb die Familie im Mannesstamm aus. 1283 starb die
mit dem Grafen von Geldern vermählte Erbtochter (Ermengarde). Das Herzogtum L.
fiel 1288 im anschließenden Erbfolgekrieg durch den Sieg bei Worringen an die
Herzöge von Brabant, über die es 1430 an Burgund und damit infolge der Ehe
Marias von Burgund mit Maximilian von Habsburg (1477) 1493 an Habsburg kam, so
dass es zum burgundischen Reichskreis zählte. Im Westfälischen Frieden von 1648
wurde es zwischen Spanien bzw. Habsburg und den Generalstaaten der Niederlande
geteilt. 1815 übernahm man auf dem Wiener Kongress den Namen L. für eine Provinz
des Königreiches der Vereinigten Niederlande.
Diese wurde nach der Unabhängigkeitserklärung Belgiens (1830) von diesem
beansprucht und 1839 geteilt in die östlich der Maas gelegene niederländische
Provinz L. mit Maastricht, die von 1839 bis 1866 im Ausgleich für das an
Belgien gelangte Luxemburg als Herzogtum L. zum Deutschen Bund gehörte, und die
westlich der Maas gelegene belgische Provinz L. mit Hasselt.
L.: Wallner 701 BurgRK 1; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) C3; Ernst,
H., Histoire du Limburg (- 1447), Bd. 1ff. 1837ff.; Coenen, J., Limburgische
oorkunden, Bd. 1ff. 1932ff.; Schrijen, G., Das Werden des neuen Süd-Limburg,
1937; Grochtmann, H., Die niederländische Provinz Limburg im Deutschen Bund,
1937; Klingenberg, E., Die Entstehung der deutsch-niederländischen Grenze
1813-15, 1940; Niessen, J., Limburg, Geschichte einer deutsch-niederländischen
Grenzlandschaft, (in) Zwischen Rhein und Maas, 1942; Limburgs verleden, hg. v.
Batta, E. u. a., 1960ff.; Erkens, F., Zur verfassungsrechtlichen Stellung der
Herzöge von Limburg im 12. und 13. Jahrhundert, Rhein. Vjbll. 43 (1973),
169ff.; Munier, W., Historische Atlas van Limburg en aangrenzende Gebieden,
1976ff.; Munier, W., Ein Atlas zur Geschichte der niederländischen Provinz
Limburg, 1976; Weistümer und Rechtstexte im Bereich des Herzogtums Limburg, hg.
v. Wintgens, L., 1988; Kupper, J., Limburg, LexMA 5 1991, 1986; Schlinker, S.,
Fürstenamt und Rezeption, 1999, 39; Weller, T., Die Heiratspolitik, 2004.
Limburg an der Lahn (Herrschaft). An der Kreuzung
der Straßen Frankfurt-Siegen und Koblenz-Wetzlar sowie dem Übergang über die
Lahn befand sich wohl schon in merowingischer Zeit eine Siedlung. 910 wird L.
anlässlich der Errichtung des Kollegiatstiftes Sankt Georg durch die Grafen des
seit 821 genannten Niederlahngaus aus dem Geschlecht der Konradiner erstmals
erwähnt. Das Stift erhielt reiche Schenkungen der sächsischen und salischen Könige und wurde aus der Grafschaft eximiert.
Stiftsvögte waren nach dem Erlöschen der Konradiner die Pfalzgrafen bei Rhein
und seit etwa 1180 die Grafen von Leiningen. Um 1220 übernahmen die Herren von
Isenburg als Erben der Grafen von Leiningen die Vogtei und die Herrschaft L.
(Burg und Stadt zu je einem Drittel vom Reich, vom Erzstift Mainz und von den
Landgrafen von Hessen zu Lehen). Seit 1232 nannten sie sich Isenburg-Limburg.
Zwischen 1322 und 1332 erlangte das Erzstift Trier die Lehnshoheit über die
Vogtei und kaufte 1344 die Hälfte der Herrschaft L. Nach 1420 errang es die
Landesherrschaft. 1624 erwarb es von Hessen die zweite Hälfte. 1802/1803 fiel
L. bei der Säkularisierung des Erzstifts Trier an Nassau (Nassau-Usingen und
Nassau-Weilburg), wobei 1821 für die Katholiken des Herzogtums das Bistum L.
errichtet wurde, und mit Nassau 1866 an Preußen. Am 19. 9. 1945 kam es zu
Groß-Hessen, das sich am 1. 12. 1946 in Land Hessen umbenannte. S.
Isenburg-Limburg.
L.: Wolff 84; Großer Historischer Weltatlas II 34 (1138-1254) F4; Hillebrand,
A., Zur Geschichte der Stadt und Herrschaft Limburg, 1883ff.; Höhler, J.,
Geschichte der Stadt Limburg an der Lahn, 1935; Laut, R., Territorialgeschichte
der Grafschaft Diez samt den Herrschaften Limburg, Schaumburg, Holzappel, 1943;
Schirmacher, E., Limburg an der Lahn, Enstehung und Entwicklung der
mittelalterlichen Stadt, 1963; Füldner, E., (in) Berichte zur deutschen
Landeskunde 37 (1966); Großmann, G., Limburg an der Lahn, 1987; Wolf, K.,
Privatrecht, Prozessrecht und Notariat der Stadt Limburg im Mittelalter, Diss.
jur. Gießen 1988; Struck, W., Zur Verfassung der Stadt Limburg an der Lahn im
Mittelalter, Nassauische Annalen 99 (1988); Schwind, F., Limburg a. d. Lahn,
LexMA 5 1991, 1989; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 2, 347.
Limpurg (Schenken, Grafschaft). 1230/1234 wird
die nach der von den 1144 erstmals genannten, aus der staufischen
Reichsministerialität hervorgegangenen, schon vor 1146 das Amt des königlichen Schenken ausübenden Schenken von Schüpf
(Oberschüpf) errichteten Burg L. bei Schwäbisch Hall benannte Grafschaft L. mit
Allodialgütern an der Grenze zwischen Württemberg und Franken erstmals erwähnt.
Wichtigstes Gut waren die von den Staufern übertragenen Reichsforste am
mittleren Kocher. Die Güter um die Burg L. gingen weitgehend an Schwäbisch Hall
verloren. 1335 wurde die Herrschaft Welzheim als Lehen Württembergs gewonnen,
1411/1435 Speckfeld mit Sommerhausen in Mainfranken, 1436 Gröningen, vor 1437
Schmiedelfeld und 1483 Sontheim (Obersontheim). 1441, mit dem Verkauf ihrer
Stammburg Comburg (Komburg), teilte sich die ursprünglich
staufisch-reichsministerialische Familie, die seit 1356 als Afterlehen Böhmens
das Amt des Reichserbschenken innehatte, in die Linien Limpurg-Gaildorf
(Limpurg-Gaildorf-Schmiedelfeld), die 1690, die Linie Limpurg-Speckfeld
(Limpurg-Speckfeld-Obersontheim), die 1705/1713, und die Linie
Limpurg-Sontheim, die 1713 im Mannesstamm ausstarb. Um 1550 zählten die L. zum
Kanton Odenwald des Ritterkreises Franken, im frühen 17. Jahrhundert zum Kanton
Steigerwald. Seit der Mitte des 17. Jahrhunderts führten sie den Grafentitel.
Die Grafschaft zählte zum fränkischen Reichskreis und zum fränkischen
Reichsgrafenkollegium. Die letzten Grafen beider Hauptlinien (Limpurg-Gaildorf,
Limpurg-Speckfeld), nach deren Tod 1713 die Lehen Bayerns und Württembergs
eingezogen und die Lehen des Reiches von Brandenburg/Preußen auf Grund einer
Anwartschaft aus dem Jahre 1693 bestritten wurden, hinterließen zehn Töchter.
Danach bildeten sich im Laufe des 18. Jahrhunderts (Realteilung 1772/1774) aus
den Gütern der Limpurg-Gaildorfer Linie der Solms-Assenheimische Landesteil und
der Wurmbrandsche Landesteil, aus den Gütern der Limpurg-Sontheimer Linie die
Herrschaften Gaildorf, Gröningen, Michelbach, Obersontheim und Schmiedelfeld,
und aus den Gütern der Limpurg-Speckfelder Linie die Herrschaft Speckfeld mit
den Ämtern Sommerhausen, Einersheim und Gollhofen, deren jeweilige Inhaber
fortwährend wechselten. Seit 1780 begann Württemberg die einzelnen Teile
aufzukaufen. Um 1800 umfasste die Grafschaft in sämtlichen Linien ein Gebiet
von 6,8 Quadratmeilen mit 11000 (1785 14404) Einwohnern. 1806 fiel Gaildorf an
Württemberg. Über Württemberg kamen die Güter 1951/1952 an Baden-Württemberg.
Speckfeld gelangte bei der Mediatisierung an Bayern.
L.: Wolff 124; Zeumer 554 II b 62, 5; Wallner 693 FränkRK 17 a-h; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) E4, III 22 (1648) D4, III 38 (1789) C3;
Stetten 33; Riedenauer 125; Prescher, H., Geschichte und Beschreibung der zum
fränkischen Kreis gehörigen Reichsgrafschaft Limpurg, Bd. 1f. 1789ff., Neudruck
1978; Müller, K., Das Geschlecht der Reichserbschenken zu Limburg bis zum
Aussterben des Mannesstammes, Z. f. württemberg. LG. 5 (1941); Wunder,
G./Schefold, M./Beutter, H., Die Schenken von Limpurg und ihr Land, 1982;
Maurer, H., Die Schenken von Schüpf-Limpurg und die Burg Hohenstaufen, Z. f.
württemberg. LG. 44 (1985), 294ff.; Eberl, I., Limpurg, LexMA 5 1991, 1995.
Lindau (Reichsstadt). L. am Bodensee erscheint
erstmals 822 als Damenstift, das vermutlich von Graf Adalbert von Rätien aus
der Familie der Burcharde (Burchardinger) im frühen 9. Jahrhundert gegründet
wurde. Um 1079 verlegte das Reichsstift den Markt vom gegenüberliegenden
Festland auf die Bodenseeinsel. Vor 1216 wurde L. Stadt. Bereits um 1240 galt
diese als reich. Infolge der wirtschaftlichen Notlagen des Reichsstifts verstärkte
sich im 13. Jahrhundert die allmähliche Loslösung aus der Herrschaft des
Stiftes. Unter König Rudolf von Habsburg
erlangte die Stadt (1264 Ratsherren) die Stellung einer Reichsstadt (1274/1275
Freiheit von fremden Gerichten, Schutz vor Verpfändung der Vogtei). In den
Auseinandersetzungen mit dem Kloster vermochte sie bis zur Mitte des 14.
Jahrhunderts im Wesentlichen sich durchzusetzen. 1396 erlangte sie den Blutbann
und die Befreiung vom stiftischen Hochgericht. 1430/1648 gewann sie die
Pfandschaft der Reichsvogtei über die Kelhöfe des Stifts. Kurz vor 1530 trat
sie zur Reformation über. 1803 kam die zum schwäbischen Reichskreis zählende
Stadt mit 1,5 Quadratmeilen Gebiet und 5000-6000 Einwohnern an die Fürsten von
Bretzenheim (Fürstentum L.), dann an Österreich, 1805 an Bayern. Zwischen 1945
und 1955 nahm L. wegen seiner Zugehörigkeit zur französischen Besatzungszone
einerseits und zu Bayern andererseits eine Sonderstellung ein.
L.: Wolff 217; Zeumer 555 III b 15; Wallner 689 SchwäbRK 71; Großer Historischer
Weltatlas III 38 (1789) C4; Schroeder 427ff.; Wolfart, K., Geschichte der Stadt
Lindau, 1909, Neudruck 1979; Müller, K., Die oberschwäbischen Reichsstädte,
1912; Cranach-Sichart, E. v., Lindau, 1929; Horn, A./Meyer, W., Stadt- und
Landkreis Lindau, 1954; Schneiders, T., Lindau im Bodensee, 4. A. 1965; Rieger,
I., Landschaft am Bodensee, 1967; Ott, M., Lindau, 1968, (in) Historischer
Atlas von Bayern, Teil Schwaben; Eitel, P., Die oberschwäbischen Reichsstädte
im Zeitalter der Zunftherrschaft. Untersuchungen zu ihrer politischen und
sozialen Struktur unter besonderer Berücksichtigung der Städte Lindau,
Memmingen, Ravensburg und Überlingen, 1970; Dobras, W., Bibliographie zur
Geschichte der Stadt Lindau, 1972, Neujahrsbl. des Museumsvereins Lindau 22; Burbach,
R., Die Reformation in den freien Reichsstädten Lindau und Konstanz, 1983;
Niederstätter, A., Kaiser Friedrich III. und Lindau, 1986; Tönsing, M., Lindau,
LexMA 5 1991, 1998; Burmeister, K., Die Lindauer Stadtrechtsfamilie, Der
Geschichtsfreund 152 (1999), 85.
Lindheim (ritterschaftliche Ganerbschaft,
Reichsganerbschaft). Das 930 erstmals erwähnte L. an der Nidder bei Büdingen
gehörte ursprünglich zu einem größeren Reichsgutkomplex um den Glauberg. Nach
Zerstörung der Burg in L. (1241) wurde seit 1289 mit Erlaubnis des Königs (Rudolf von Habsburg) von den Herren von Büches
eine neue Burg errichtet. Seit dem 14. Jahrhundert war L. eine
ritterschaftliche Ganerbenburg, deren Inhaber sich im ausgehenden 15.
Jahrhundert in Fehden mit der Stadt Frankfurt am Main verstrickten. Von 1535
bis 1542 schlossen sie sich der wetterauischen Reichsritterschaft an. Von 1632
bis 1672/1673 war L. Amtleuten überlassen, ehe die Oeynhausen in
Auseinandersetzung mit den Rosenbach und Schlitz genannt Görtz den Ort allmählich
für sich allein gewannen und an die von 1723 bis 1783 in L. herrschenden Herren
von Schrautenbach vererbten. Zwischen 1784 und 1787 ging die Herrschaft an die
Specht von Bubenheim über und fiel 1805 an Hessen-Darmstadt und damit 1945 an
Hessen.
L.: Demandt, K., Die Reichsganerbschaft Lindheim, Hess. Jb. f. LG. 6 (1956), 10
(1960), 36 (1987).
Lingen (Grafschaft). Vor 1150 erbauten die
Grafen von Tecklenburg in L. am Übergang wichtiger Straßen über die Ems eine Burg.
Die sich im Anschluss hieran entwickelnde Siedlung wurde zum Vorort der
Grafschaft Tecklenburg. 1493/1496 entstand durch Teilung dieser Grafschaft die
dem niederrheinisch-westfälischen Reichskreis zugeteilte Niedergrafschaft L.
(Stadt L., die Ämter Lengerich, Freren, Thuine [Thüne] und Schapen), die von
1509 bis 1541 mit der Obergrafschaft L. (Ibbenbüren, Brochterbeck, Mettingen,
Recke) verbunden war. Sie wurde nach dem Schmalkaldischen Krieg (1547) von Karl
V. eingezogen und 1555 Philipp von Spanien überlassen. 1597 besetzte sie Moritz
von Nassau-Oranien. Von 1605 bis 1632 kam sie wieder an Spanien, 1632 erneut an
Nassau-Oranien. 1697 wurde in der Stadt L. ein bis 1819 bestehendes Gymnasium
academicum (Universität) eingerichtet. 1702 gelangte die Grafschaft im
Erbstreit nach dem Aussterben der Prinzen von Oranien (König
Wilhelm III. von England) von Nassau-Oranien an Preußen und wurde
verwaltungsmäßig mit Tecklenburg verbunden. Seit 1705 beantragte Preußen die
Aufnahme in das westfälische Reichsgrafenkollegium. Von 1808 bis 1810 gehörte
L. zum Großherzogtum Berg und von 1811 bis 1813 zu Frankreich. 1815 trat
Preußen die Niedergrafschaft als Landverbindung zu Ostfriesland an Hannover ab,
behielt aber die Obergrafschaft. 1866 fiel mit Hannover auch die Niedergrafschaft
wieder an Preußen. Am 1. 11. 1946 kam L. zum Land Niedersachsen.
L.: Wolff 353f.; Wallner 703 WestfälRK 16;Großer Historischer Weltatlas III 22
(1648) C2; III 38 (1789) B1; Die Territorien des Reichs 3, 182; Goldschmidt,
B., Geschichte der Grafschaft Lingen, 1850; Lingen. Die 600jährige Stadt an der
Ems, 1928; Cramer, W., Geschichte der Grafschaft Lingen im 16. und 17.
Jahrhundert besonders in wirtschaftskundlicher Hinsicht, 1940; Tenfelde, W.,
Bibliographie über Lingen, 1948; Der Landkreis Lingen (Regierungsbezirk
Osnabrück), bearb. v. Pohlendt, H. u. a., 1954; Topographische Karte der
Grafschaft Lingen, hg. v. Niedersächs. Landesvermessungsamt, 1977ff.; Gauß'sche
Landesaufnahme der durch Hannover erworbenen Gebiete, bearb. v. Engel, F., Emsland,
1977.
Litauen (Land). Im 13. Jahrhundert wurden die zu
den Balten zählenden litauischen Stämme (1008 Litwa) an der oberen Memel und
Düna durch Mindaugas (Mindowe, † 1263) zusammengefasst. Großfürst Gedimin
(1316-1340) errichtete ein bis über den Dnjepr ausgedehntes Reich. 1386
vereinigte Großfürst Jaguila (Jogaila) durch Heirat der Erbin Polens (Hedwig)
als König Jagiello L. mit Polen in
Personalunion. 1569 kam es zum vollständigen Zusammenschluss (Realunion),
1772/1793/1795 infolge der Teilungen Polens zum Übergang Litauens an Russland.
1915 wurde L. vom Deutschen Reich (Deutschland) besetzt. 1917 gab es Pläne zur
Einsetzung eines deutschen Fürsten als König. Am
16. Februar 1918 erlangte L. (mit dem von Litauern bewohnten Teil des
Großfürstentums L.) unter dem Schutz des Deutschen Reiches (Deutschlands)
Unabhängigkeit. Die am 2. 11. 1918 errichtete Republik wurde 1920 von Russland
anerkannt. Im Oktober 1920 annektierte Polen das Gebiet um Wilna. Im Februar
1923 riss L. das Memelgebiet des Deutschen Reichs (Deutschlands) an sich, das
es im März 1939 zurückgab. Zwischen dem 14. 6. und dem 6. 8. 1940 wurde das
1939 um Wilna vergrößerte, von Juli/August 1941 bis 1944/1945 vom Deutschen
Reich (Deutschland) besetzte L. militärisch und politisch der Sowjetunion
eingegliedert. Am 18. 5. 1989 beschloss L. eine Deklaration über seine
staatliche Souveränität. Am 6. 9. 1991 erkannte der neue sowjetische Staatsrat
(der Sowjetunion) die Unabhängigkeit Litauens an.
L.: Forstreuter, K., Deutschordensland Preußen, (in) Geschichte der deutschen
Länder, Bd. 1; Hellmann, M., Grundzüge der Geschichte Litauens, 1966; Hellmann,
M., Das Großfürstentum Litauen bis 1569, (in) Geschichte Russlands 1,2 1989,
718; Hellmann, M., Geschichte Litauens und des litauischen Volkes, 1966, 4. A.
1990, 5. A. 1999; Hellmann, M., Litauen, LexMA 5 1991, 2014; Rowell, S.,
Lithuania Ascending, 1994; Mast, P, Ost- und Westpreußen und die Deutschen in
Litauen, 2000; Niendorf, M., Das Großfürstentum Litauen, 2006.
Locarno (Reichsstadt), mhd. Luggarus. L. am
Nordende des Lago Maggiore im Tessin war im Frühmittelalter (866) Königshof. 1186 erhielt die Stadt von Kaiser Friedrich
I. Barbarossa vorübergehend die Reichsfreiheit. Von 1315 bis 1342 bildete L.
ein selbständiges Gemeinwesen, kam dann aber an die Visconti bzw. Mailand. Nach
mehrfachem Herrschaftswechsel wurde es 1513/1516 von den Eidgenossen der
Schweiz besetzt und als gemeine Herrschaft eingegliedert.
L.: Wolff 531; Großer Historischer Weltatlas II 72 b (bis 1797) F4; Hardmeyer,
J., Locarno und seine Täler, 5. A. 1923; Hudig-Frey, M., Locarno, 1966;
Wielich, G., Das Locarnese im Altertum und Mittelalter, 1970; Deplazes, L.,
Locarno, LexMA 5 1991, 1063.
Lombardei (Landschaft). Das Gebiet der
nordwestlichen Poebene war ursprünglich von Kelten besiedelt, die seit 222 v.
Chr. allmählich in das römische Reich eingegliedert wurden. Nach dessen Zerfall
wurden Norditalien und Mittelitalien (einschließlich der nordwestlichen
Poebene) von den Langobarden erobert und erstmals 629 als Langobardia im geographischen
Sinn bezeichnet. 774 fiel das Gebiet der Langobarden an die Franken. Am Ende
des 11. Jahrhunderts erlangten die Städte der nordwestlichen Poebene wie Pavia,
Mailand, Como oder Cremona Selbständigkeit. In Städtebünden wandten sie sich
gegen die Staufer. Nach langen Kämpfen traten Signorien an die Stelle der
Städte. Die Vormachtstellung gewann Mailand. Den Osten erlangte Venedig. 1535
kam das 1395 zum Herzogtum erhobene Mailand als Reichslehen an Spanien. 1714
fiel die L. nach dem spanischen Erbfolgekrieg an Österreich. 1797 wurde sie von
Frankreich besetzt (Teil der Zisalpinischen Republik, seit 1805 des
napoleonischen Königreiches Italien). 1815 wurde
das Gebiet mit Venetien zum Lombardisch-Venezianischen Königreich
(Lombardo-Venetien) Österreichs vereinigt. 1859 verlor Österreich die Lombardei
an Sardinien, 1866 Venetien an das neue Königreich
Italien (1861).
L.: Großer Historischer Weltatlas II 34 (1138-1254) F4; Rota, E., L'Austria in
Lombardia, 1911; Hochholzer, H., Das geschichtliche Raumgefüge der
Kulturlandschaft Oberitaliens, 1956; Arbinger, N., Komitat, Adel und städtische
Kommune in der Lombardei während des 11. und 12. Jahrhunderts, Diss. phil. Wien
1967; Dilcher, G., Die Entstehung der lombardischen Stadtkommune, 1967;
Margaroli, P., Lombardei, LexMA 5 1991, 2094; Mazohl-Wallnig, B.,
Österreichischer Verwaltungsstaat, 1993; Longobardia e longobardi nell’Italia
meridionale, hg. v. Andenna, G. u. a., 1996.
Lommersum (Herrschaft[, Reichsgrafschaft
Kerpen-Lommersum]). L. an der Erft zwischen Köln und Euskirchen wird 1047
erstmals erwähnt (Lomundesheim) und dürfte ursprünglich Königsgut gewesen sein. In der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts fiel
es als Mittelpunkt einer Herrschaft an das Erzstift Köln, das diese 1288/1289
an die Herzöge von Brabant verlor. 1404 kam sie an Burgund, 1477 an
Habsburg/Spanien. Um 1587 umfasste sie Lommersum, Derkum, Bodenheim und
Hausweiler sowie die Gutshöfe Schneppenheim, Diefenthal (Dieffental) und
Ottenheim. Bis zum Ende des 17. Jahrhunderts wurde sie wie Kerpen mehrfach an
die Grafen von Jülich und Nassau sowie an den Erzbischof von Köln verpfändet.
1710 wurde sie durch König Karl VI. von Spanien
an Pfalz-Neuburg übertragen, das 1614 Jülich und Berg erlangt hatte. Kurfürst
Johann Wilhelm von der Pfalz bzw. Jülich-Berg überließ die Herrschaften 1710
seinem Minister Graf Schaesberg. 1712 erhob Kaiser Karl VI. die vereinigten
Herrschaften Kerpen und L. zu einer Reichsgrafschaft (Kerpen-Lommersum), die
zum niederrheinisch-westfälischen Reichskreis gehörte. 1795 kam sie zu
Frankreich, 1815 zu Preußen, 1946 zu Nordrhein-Westfalen. S. Kerpen,
Kerpen-Lommersum.
L.: Wolff 367; Zeumer 552ff. II b 63, 29.
Lorsch (Reichsabtei, Residenz der Erzbischöfe
von Mainz). Nach einer Schenkung eines Hofgutes durch die Rupertiner (Williswind,
Cancor) an Bischof Chrodegang von Metz um 764 (762/763) wurde in Altenmünster
mit Hilfe von Mönchen aus Gorze ein Kloster gegründet, das der erste Abt 772 König Karl dem Großen unterstellte (Reichsabtei). Seit
774 war dieses Kloster in L. (Lauresham) an der Weschnitz und wurde von Karl
dem Großen besonders begünstigt. Es erhielt 773 die Mark Heppenheim im
südwestlichen Odenwald. Durch weitere Gaben erlangte es Güter von den
Niederlanden (bei Utrecht) bis zur Schweiz (bei Basel). 981 stellte es für das
Reichsaufgebot 50 Panzerreiter und damit 10 mehr als das Bistum Worms und die
Hälfte des Erzbistums Mainz. Sein Herrschaftsgebiet lag in der Rheinebene und
im Odenwald, wo es von Heinrich II. den Wildbann erhalten hatte. 1170/1175
begann es mit der genauen Verzeichnung seiner Güter im Codex Laureshamensis,
nachdem es 1147 Oppenheim, Wieblingen und Giengen an König
Konrad hatte überlassen müssen. Weitere Güter entfremdeten die Pfalzgrafen bei
Rhein aus dem Hause Wittelsbach als Klostervögte. 1232 übertrug Kaiser
Friedrich II. das Kloster dem Erzbischof von Mainz. 1463 wurde L. von Mainz an
die Pfalz verpfändet und 1555 aufgehoben. Die ehemalige Klosterbibliothek, die
eine der größten mittelalterlichen Bibliotheken überhaupt gewesen sein dürfte,
kam nach Heidelberg und wurde 1623 mit der Heidelberger Bibliothek von Tilly
dem Papst geschenkt. 1621 brannten die Gebäude fast vollständig nieder
(erhalten blieb vor allem die karolingische Torhalle). 1623 kam L. von der
Pfalz an das Erzstift Mainz zurück, 1803 an Hessen-Darmstadt und damit 1945 an
Hessen.
L.: Hülsen, F., Die Besitzungen des Klosters Lorsch in der Karolingerzeit,
1913, Neudruck 1965; Glöckner, K., Codex Laureshamensis, Bd. 1ff. 1929ff.,
Neudruck 1968; Minst, K. S., Das Königskloster
zu Lorsch, 1949; Selzer, W., Das karolingische Reichskloster Lorsch, 1955; Die
Reichsabtei Lorsch. Festschrift zum Gedenken an ihre Stiftung 764, 1964, 1973;
Laurissa jubilans. Festschrift zur 1200-Jahrfeier von Lorsch, hg. v. Selzer,
W., 1964; Wehlt, H., Reichsabtei und König.
Dargestellt am Beispiel der Abtei Lorsch mit Ausblicken auf Hersfeld, Stablo
und Fulda, 1970; Beiträge zur Geschichte des Klosters Lorsch, 2. A. 1980;
Bischoff, B., Die Abtei Lorsch im Spiegel ihrer Handschriften, 1989; Seibert,
H., Libertas und Reichsabtei, (in) Die Salier und das Reich, Bd. 2 1991,
503ff.; Seibert, H., Lorsch, LexMA 5 1991, 2117; Häse, A., Mittelalterliche
Bücherverzeichnisse aus Kloster Lorsch, 2002; Felten, F., Das Kloster Lorsch in
der Karolingerzeit, Archiv f. mittelrhein. KirchenG 55 (2003), 9; Höfe und
Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 673,
1, 2, 345.
Lothringen (Herzogtum). Bei der Aufteilung des
karolingischen Frankenreiches 843 erhielt Lothar, der älteste Sohn Ludwigs des
Frommen, ein die Moselgegend mit den Bistümern Metz, Toul und Verdun
umfassendes Länderband zwischen Nordsee und Mittelitalien als eigenes Reich
(Francia media). Dieses beim Übergang auf Lothar II. 855 auf den Raum zwischen
Schweizer Jura, Nordsee, Rhein, Maas und Schelde begrenzte Gebiet (ohne Elsass
und Worms, Speyer, Mainz) wurde als Lothari(i) regnum bezeichnet. Bei seiner
Aufteilung 870 kamen Metz und Diedenhofen an das Ostreich, Toul und Verdun an
das Westreich (Westfranzien, Frankreich), 879/880 aber ebenfalls an das
Ostreich. Im Jahre 900 endete das eigenständige, 895 nochmals begründete
lotharingische Königtum. 911, bestätigt 921,
brachte es Graf Reginar an das Westreich, seit 925 war es Lehen des deutschen
Reiches (Ostreichs). König Heinrich I. belehnte 929
seinen Schwiegersohn mit dem Herzogtum L., König
Otto I. gab es zunächst an seinen Schwager, 944 an seinen Schwiegersohn (bis
953), dann an seinen Bruder, der zur Vorbeugung gegen eine mögliche Königsfeindlichkeit das Herzogtum 959 in
Oberlothringen an der Mosel, das den Namen L. fortführte, und Niederlothringen,
das sich bald aufgliederte, teilte. Niederlothringen (Niederrheingebiet und
Maasgebiet) kam an die Herzöge von Limburg und Brabant, Oberlothringen
(Mosellanien) als Herzogtum und Markgrafentum L. an einen bei Bar-le-Duc
begüterten Großen. Nach dem Aussterben dieser Dynastie 1033 belehnte Kaiser
Konrad II. den Herzog (von Niederlothringen) und Grafen von Verdun mit
(Ober-)L., so dass von 1033 bis 1044 die beiden L. nochmals vereinigt waren.
1048 kam das Land zwischen Andernach, Prüm, oberer Mosel und Maas nach
Absetzung dieser Familie kurz an Adalbert von Metz und dann an Gerhard von
Elsass, der Begründer der im Nordgau, Bliesgau und Saargau erheblich begüterten
und früh in Nancy (Nanzig) residierenden, bis 1736 bestimmenden Dynastie wurde.
Neben sie traten sowohl die Grafen von Vaudémont (1070) und die Grafen von
Bar-Mousson wie auch die Hochstifte Metz, Toul und Verdun, die vom König als Gegengewicht gefördert wurden. Seit 1190 war
die Herzogswürde in Niederlothringen lediglich ein von den Herzögen von Brabant
fortgeführter Titel. Nach Kaiser Friedrich II. schwand der Einfluss des
Reiches, während Frankreich an Bedeutung gewann. 1301 mussten die Grafen von
Bar den französischen König als Lehnsherr der
westlich der Maas gelegenen Güter anerkennen, wenig später Toul und Verdun
Schutzverträge mit Frankreich abschließen. 1354 wurden die Grafen von Bar durch
die Errichtung der Markgrafschaft Pont-à-Mousson (Mussenbrück) lehnsrechtlich
an das Reich gebunden. Sie erhielten den Titel Herzog und waren Reichsfürsten.
1361 wurde dem Herzog von L. von Kaiser Karl IV. die Lehnspflicht wegen des
Herzogtums erlassen. Nach dem Aussterben der Herzöge von L. in der männlichen
Linie (1431) kam das Herzogtum L. über die Erbtochter Isabella an die Herzöge
von Bar (René d'Anjou), nach deren Aussterben in männlicher Linie unter René
II. (1473-1509) an die Grafen von Vaudémont. In der folgenden
Auseinandersetzung zwischen Frankreich und dem deutschen Reich wurde L. 1542 zum
freien Herzogtum erklärt, das weder an das Reich noch an Frankreich fallen
sollte. Lehnsabhängig war der Herzog lediglich für die 1354 errichtete
Markgrafschaft Pont-à-Mousson sowie für kleinere Grafschaften und Herrschaften,
auf denen seine Reichsstandschaft beruhte. 1567 erfolgte die Errichtung der
Markgrafschaft Nomeny und Hattonchâtel, unter der die Herzöge von L. von nun an
Sitz und Stimme im Reichsfürstenrat hatten. Schon 1552 allerdings hatte
Frankreich Metz, Toul und Verdun durch Truppen besetzt und begonnen, sie
ungeachtet ihrer formell fortdauernden Eigenschaft als Reichsstädte in die
französische Monarchie einzugliedern. 1633 besetzte Frankreich das gesamte
Herzogtum L. Während Metz, Toul und Verdun dann 1648 auch rechtlich zu
Frankreich kamen, erhielt der Herzog von L. 1661 das Herzogtum zurück. 1662
trat er es an Frankreich ab, kündigte 1670 aber den Vertrag, woraufhin
Frankreich das Land besetzte. 1697 wurde das Herzogtum wiederhergestellt. Von
1702 bis 1714 wurde es erneut von französischen Truppen besetzt. 1735 erhielt
der von seinem Schwiegersohn, dem König von
Frankreich unterstützte König von Polen,
Stanislaus Leszczynski, für seinen Verzicht auf Polen L. und Bar, der Herzog
Franz Stephan, seit 1736 Gemahl der Kaisertochter Maria Theresia, für seinen
Verzicht auf Lothringen das frei gewordene Großherzogtum Toskana. Damit schied
L. aus dem Reich aus und kam 1738 tatsächlich, nach dem Tode Stanislaus
Leczczynskis (1766) auch formell zu Frankreich, behielt aber - unter Nomeny -
bis 1766 weiter Sitz und Stimme im oberrheinischen Reichskreis und bis 1801 im
Reichsfürstenrat. 1801 gelangte L. auch völkerrechtlich an Frankreich.
1870/1871 fiel sein nördlicher Teil mit Metz zusammen mit Elsass an das
Deutsche Reich (Elsass-Lothringen), 1919 aber wieder an Frankreich zurück.
L.: Wolff 303; Großer Historischer Weltatlas II 34 (1138-1254) F4, II 66 (1378)
D4, II 78 (1450) F4, III 22 (1648) C4; Die Territorien des Reichs 5, 96;
Calmet, A., Histoire ecclésiastique et civile de la Lorraine, 1728, 2. A. 1745;
Warnkönig, L./Warnkönig,
T./Stein, L., Französische Staats- und Rechtsgeschichte, Bd. 1ff. 1875,
Neudruck 1968; Derichsweiler, H., Geschichte Lothringens, Bd. 1-2, 1901;
Derichsweiler, H., Geschichte Lothringens, 1905; Fitte, S., Das
staatsrechtliche Verhältnis des Herzogtums Lothringen seit dem Jahr 1542, 1891;
Die alten Territorien des Bezirks Lothringen nach dem Stande vom 1. Jan. 1648,
Teil 1 (in) Statistische Mitteilungen über Elsass-Lothringen Heft 28 (1898);
Parisot, R., Histoire de Lorraine, Bd. 1ff. 1915ff., Bd. 1 2. A. 1926;
Hübinger, P., Oberlothringen, Rhein und Reich im Hochmittelalter, Rhein. Vjbll.
7 (1937); Geschichtlicher Handatlas der deutschen Länder am Rhein, Mittel- und
Niederrhein, hg. v. Niessen, J., 1950; Opel, H., Die Rechtsstellung der mit dem
Anschluss Lothringens zum Deutschen Reich gekommenen Franzosen, Diss. jur.
Göttingen 1954; Aimond, C., Histoire des Lorrains, 1960; Schneider, J.,
Histoire de la Lorraine, 1967; Hlawitschka, F., Die Anfänge des Hauses
Habsburg-Lothringen, 1969; Thomas, H., Zwischen Regnum und Imperium. Die
Fürstentümer Bar und Lothringen zur Zeit Kaiser Karls IV., 1973; Mohr, W.,
Geschichte des Herzogtums Lothringen, Bd. 1 1974; Parisse, M., Les Ducs et le
duché de Lorraine au XIIe siècle 1048-1206, Bll. f. dt. LG. 111 (1975), 86ff.;
Nonn, U., Pagus und Comitatus in Niederlothringen, 1983; Lothringen -
Geschichte eines Grenzlandes, hg. v. Parisse, M. u. a., deutsche Ausgabe hg. v.
Herrmann, H., 1984; Geiben, K., Verfassung und Verwaltung des Herzogtums Lothringen
unter seinem letzten Herzog und einstigen König
der Polen Stanislaus Leszczynski, 1989; Babel, R., Zwischen Habsburg und
Bourbon, 1989; Parisse, M., Austrasie, Lotharingie, Lorraine, 1990; Barth, R.,
Der Herzog in Lotharingien im 10. Jahrhundert, 1990; Parisse, M., Lotharingien,
LexMA 5 1991, 2128; Parisse, M., Lothringen, LexMA 5 1991, 2134; Werner, M.,
Der Herzog von Lothringen in salischer Zeit, (in) Die Salier und das Reich, hg.
v. Weinfurter, S., Bd. 1 1991; Despy, G., Niederlothringen, LexMA 6 1993, 1142;
Lotharingia, hg. v. Herrmann, H. u. a., 1995; Barth, R., Lotharingien im
10.-12. Jahrhundert, 1996; Le pouvoir et les libertés en Lotharingie, hg. v.
Trauffler, H., 1997; Bauer, T., Lotharingien als historischer Raum, 1997; Höfe
und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W. u. a.,
2003, 1, 1, 146, 832; Weller, T., Die Heiratspolitik, 2004; Escher, M. u. a.,
Die urbanen Zentren, 2005, 1, 461; Schneider, J., Auf der Suche nach dem
verlorenen Reich, 2009.
Löwenstein (Grafschaft, Grafen, Fürsten). Nach der
Burg L. an der Sulm bei Heilbronn nannte sich seit dem 12. Jahrhundert ein 1099
bzw. um 1146 abgeteilter Zweig der Grafen von Calw, der nach 1277 erlosch. Die
Güter gingen 1277 kaufweise an das Hochstift Würzburg, 1281 kaufweise an König Rudolf von Habsburg und 1282/1283 an den
unehelichen Sohn Rudolfs, Albrecht von Schenkenberg, der die mittlere Linie der
Grafen von L. begründete (bis 1464). 1441 erwarb die Pfalz durch Kauf die
Grafschaft. Ab 1488/1494 nannte sich nach L. eine durch Verbindung Friedrichs
I. von der Pfalz mit der Augsburger Patriziertochter Klara Tott (Dettin)
begründete Seitenlinie der Pfalzgrafen bei Rhein. 1504/1510 wurde die zum
schwäbischen Reichskreis zählende Grafschaft L. (rund 2 Quadratmeilen bzw. 140 Quadratkilometer
mit etwa 5700 Einwohnern) nach kriegerischer Eroberung Lehen Württembergs. Nach
dem Erwerb der Grafschaft Wertheim nannte sich das Haus seit etwa 1600
Löwenstein-Wertheim. L. kam über Württemberg 1951/1952 zu Baden-Württemberg.
L.: Wolff 162; Zeumer 5524 II b 62, 4, 63, 13; Wallner 684 SchwäbRK 1; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) E4, III 38 (1789) C3; Rommel, K., Chronik
der Stadt Löwenstein, 1893; Fritz, G., Die Geschichte der Grafschaft Löwenstein
und der Grafen von Löwenstein-Habsburg vom späten 13. bis zur Mitte des 15.
Jahrhunderts, 1986; Eberl, I., Löwenstein, LexMA 5 1991, 2145; Stockert, H.,
Adel im Übergang, 2000.
Löwenstein-Wertheim (Fürsten, Fürstentum, Reichsritter).
Kurfürst Friedrich I. von der Pfalz hinterließ aus einer morganatischen Ehe mit
der Augsburger Patriziertochter Klara Tott (Dettin) einen zur Versorgung mit
der Herrschaft Scharfeneck ausgestatteten Sohn Ludwig, dem sein Vetter Kurfürst
Philipp die für einen natürlichen Sohn König
Rudolfs von Habsburg gebildete, 1287 mit dem Titel der erloschenen Grafen von
Löwenstein begabte, um die an der Sulm bei Heilbronn gelegene Burg Löwenstein
liegende, 1441 von der Pfalz gekaufte reichsständische Grafschaft Löwenstein
1448 verlieh. 1494 wurde Ludwig in den Reichsgrafenstand erhoben. 1510 musste
als Folge des bayerischen Erbfolgekriegs die Lehnsherrschaft Württembergs
anerkannt werden. Ludwigs Enkel Ludwig III. erlangte durch Heirat einer Gräfin
von Stolberg die Grafschaft Wertheim mit den Herrschaften Rochefort, Montaigu
(Montaigne), Herbeumont (Herbemont), Chassepierre und Breuberg (alleinige
Inhaberschaft 1598) und nahm um 1600 den Namen Graf von L. an. 1604 wurde die
Grafschaft Virneburg erworben. 1607 gingen die wertheimischen Lehen von
Würzburg an das Hochstift verloren. Ludwigs III. Söhne gründeten 1611 die
Linien Löwenstein-Wertheim-Virneburg und Löwenstein-Wertheim-Rochefort, wobei
1648 der Kondominat der Stammgrafschaft Wertheim festgelegt wurde. Im 18.
Jahrhundert erwarb Löwenstein-Wertheim-Virneburg Anteile an der Grafschaft
Limpurg. (Löwenstein-Wertheim-Rochefort kaufte 1730 von Hatzfeld die
reichsritterschaftliche, zum Kanton Odenwald des Ritterkreises Franken
steuernde Herrschaft Rosenberg, mit der es noch 1805 zum Kanton Odenwald des
Ritterkreises Franken zählte.) Die ältere evangelische Linie (Grafen von
Löwenstein-Wertheim-Virneburg) erhielt 1803 als Entschädigung für den Verlust
der in der Eifel gelegenen Grafschaft Virneburg (1801) von Würzburg das Amt
Freudenberg, die Kartause Grünau, das Kloster Triefenstein und die Dörfer
Mondfeld (Montfeld), Rauenberg, Wessental und Trennfeld, nannte sich seitdem
Löwenstein-Wertheim-Freudenberg mit Residenz in Kreuzwertheim und wurde 1812
gefürstet. Die jüngere, seit 1621 katholische, 1711 in den Reichsfürstenstand erhobene
Linie (1713 Sitz und Stimme im Reichsfürstenrat) bekam für ihre
linksrheinischen Güter (Rochefort, Chassepierre, Herbeumont [Herbemont),
Agimont [Agimbat), Neufchâteau und Cugnon in den Ardennen, Scharfeneck und
Grafschaft Püttlingen) das Amt Rothenfels, von Mainz die Dörfer Wörth und
Trennfurt, von Würzburg die Ämter Rothenfels und Homburg sowie die Abteien
Bronnbach, Neustadt und Holzkirchen (Löwenstein-Wertheim-Rosenberg). Beide
Linien wurden 1806 mediatisiert. Die noch vorhandenen Güter wurden erst unter
Bayern, dann die Großherzogtümer Würzburg und Frankfurt und schließlich unter
Bayern, Württemberg, Baden und Hessen-Darmstadt aufgeteilt. Die
Restitutionsbemühungen blieben erfolglos. Bestehende Vorrechte wurden 1848 und
1919 beseitigt.
L.: Stetten 39; Riedenauer 125; Kienitz, O., Die Löwenstein-Wertheimschen
Territorien und ihre Entwicklung, Jb. d. hist. Ver. Alt-Wertheim, 1919;
Historischer Atlas von Bayern, Teil Franken II, 2 1955;Hutt, C., Maximilian
Carl Graf zu Löwenberg-Wertheim-Rosenberg und der fränkische Kreis, Diss. phil.
Würzburg 1969; Stockert, H., Adel im Übergang, 2000; Gläser, S., Die
Mediatisierung der Grafschaft Wertheim, 2006 (mit Übersichtskarte).
Lucca (Stadtkommune, Herzogtum, Fürstentum).
Einer etruskischen Siedlung folgte das römische Luca (89 v. Chr. municipium).
Über Langobarden und Franken (774) fiel L. an die Markgrafen von Tuszien. 1119
wurde es freie Stadt. 1314 kam es unter die Herrschaft Pisas. 1316 schwang sich
Castruccio Castracane zum Stadtherrn auf, der 1327 von König
Ludwig dem Bayern zum Herzog ernannt wurde. 1369/1370 wurde L. mit Hilfe Kaiser
Karls IV. wieder freie Stadt. 1805 gab Napoleon L. an seine Schwester Elisa
Bacciocchi. 1815 kam es als Herzogtum an Maria Luise von Etrurien. Ihr Sohn
Karl II. von Parma trat es 1847 an (die) Toskana ab. S. Italien (1861).
L.: Niccolò Machiavelli, Das Leben Castruccio Castracanis aus Luca, hg. v.
Hoeges, D., 1998; Bini, T., Su i Lucchesi a Venezia. Memorie dei secoli 13 e
14, 1855; Mancini, A., Storia di Lucca, 1950; Schwarzmaier, H., Lucca und das
Reich bis zum Ende des 11. Jahrhunderts, 1971; Manselli, R., La repubblica di
Lucca, 1987; Lucca e l‘Europa degli affari, secolo XV-XVII, hg. v. Mazzei,
R./Fanfani, T., 1990; Luzzati, M., Lucca, LexMA 5 1991, 2156; Schlinker, S.,
Fürstenamt und Rezeption, 1999, 188.
Lugano (Stadt, Herrschaft), mhd. Lauis. L. am
Luganer See wird im 6. Jahrhundert als befestigter Ort erwähnt. Im 10.
Jahrhundert (901) kam es als wichtiger Markt vom westfränkischen König an das Hochstift Como. 1303/1335 fiel es an die
Visconti bzw. Mailand. 1512 wurde es von den Eidgenosssen der Schweiz erobert.
Dort gelangte es 1798 zum Kanton Tessin.
L.: Großer
Historischer Weltatlas II 72 (bis 1797) F4; Pometta, E./Chiesa, V., Storia di
Lugano, 1942; Trezzini, C., Le diocèse de Lugano dans son origine historique et
sa condition juridique: Discours rectoral, 1948; Vismara, G./Cavanna,
A./Vismara, P., Ticino medievale, 2. A. 1990; Margaroli, P., Lugano, LexMA 5
1991, 2204.
Lure (Abtei, Residenz), Lüders,
Luthera, Lothera. Die
vielleicht 613 durch den von König Theuderich
aus Luxeuil vertriebenen heiligen Deicolus an einer Martinskapelle auf einem
Hügel in den Wäldern nahe Luxeuils errichtete Abtei L. bei Luxeuil gehörte 817
zu den von den Abgaben an das Reich befreiten Abteien. 959 befahl Kaiser Otto
I. die Zusammenlegung mit den Gütern des Klosters Lavensberg (auch Kahlenberg
bzw. Kallenberg bei Rasteig im Unterelsass) und gewährte Unabhängigkeit
gegenüber jedermann außer Kaiser und Papst. Stück für Stück erwarben die Äbte
weitere Rechte. 1232 wurde L. als Reichsfürstentum bezeichnet. Innerhalb der
Freigrafschaft Burgund war das Herrschaftsgebiet ständig von den Grafen
bedroht. Der Prälat war Reichsfürst.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) D5; Locatelli, R., Sur les
chemins de la perfection, 1992; Moraw, P., TRE 11, 711; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 675, 1, 2, 347.
Lustenau (Reichshof). Das schon 887 Königshof genannte L. am Bodensee kam von König Arnulf an die Grafen von Linzgau, dann über die
Grafen von Bregenz und die Grafen von Pfullendorf um 1180 an die Staufer sowie
vor 1323 an die Grafen von Werdenberg und von diesen 1395 als Pfand, 1526 durch
Kauf an die Ritter bzw. Grafen von Hohenems. 1767 zog Österreich L. an sich,
musste es aber 1789 an die mit einem Grafen von Harrach verheiratete Erbtochter
des letzten Grafen herausgeben. 1806 kam L. an Bayern, 1814 in Vorarlberg an
Österreich. Bis 1830 behielt es eine Sonderstellung.
L.: Dacheröden 153; Hugo 454; Vetter, B., Der Reichshof Lustenau, 1935;
Bilgeri, B., Geschichte Vorarlbergs, Bd. 1ff. 1971ff.
Lüttich (Hochstift, Residenz) frz. Liège. Das
(seit dem frühen 9. Jahrhundert?) dem Erzbistum Köln unterstellte Bistum L.
entstand aus dem im 4. Jahrhundert (?) gegründeten, 346 erstmals genannten
Bistum Tongern, dessen Sitz im 6. Jahrhundert (vor 535) nach Maastricht und
seit 720 nach L. verlegt wurde. Der karolingische Hausmeier Karl Martell des
merowingischen Königs verlieh dem Bischof die
Lehnsgerichtsbarkeit und Grafschaftsrechte. Auch König
Karl der Große förderte das Bistum nachhaltig. 870/879 wurde es Grenzbistum
gegen Frankreich. 925 kam L. zum ostfränkischen Reich. Kaiser Otto II. entzog
980 die Güter des Hochstifts der weltlichen Gerichtsbarkeit. Unter dem aus
Schwaben stammenden, mit den Ottonen nahe verwandten Bischof Notker (972-1008)
erwarb das Hochstift 985 die Grafschaften Huy und (987) (Bruningerode
Brunnengeruut,) Brunengeruuz und wurde später mit dem pagus Hasbanien (1047,
Hasbengau, Haspinga, Hasbania), der Herrschaft Bouillon (1096), der Stadt
Saint-Trond (Saint Trond) (1227), der Grafschaft Looz (1366) und den
Markgrafschaften Franchimont und Condroz allmählich zum mächtigsten Hochstift
im Westen, dessen Herrschaftsgebiet sich längs der Maas und der unteren Sambre
erstreckte. 1095 gelang der Pfanderwerb des Herzogtums Bouillon. 1274 verlor L.
die Grafschaften Montfoort (Montfort) und Kessel an Geldern. 1356 kaufte es das
Stammschloss der Bouillons. Im 14. Jahrhundert wurde es Fürstentum mit Sitz und
Stimme auf dem Reichstag. Kaiser Karl V. gab dem Hochstift, dessen Hauptort L.
1468 von Karl dem Kühnen von Burgund völlig eingeäschert worden war, das 1482
von den Grafen von der Mark entrissene Herzogtum Bouillon zurück. Wenig später
verlor das Bistum einen großen Teil der Diözese infolge der Reformation wie der
Neuerrichtung der Bistümer Mecheln, Namur, Antwerpen, ’s-Hertogenbosch
(Herzogenbusch) und Roermond. 1678 erzwang Frankreich die Abtretung Bouillons.
1795/1801 kam das zum niederrheinisch-westfälischen Reichskreis zählende
Hochstift mit 105 Quadratmeilen an Frankreich, 1815 als souveränes Fürstentum
an die Niederlande, 1830/1831 zu Belgien.
L.: Wolff 326ff.; Zeumer 552 II a 24; Wallner 702 WestfälRK 4; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) C3, III 22 (1648) B3, III 38 (1789) A3; Die
Territorien des Reichs 3, 200; Daris, J., Histoire du diocése et de la
principauté de Liége, 1863ff.; Lejeune, J., La principauté de Liége, 1948, 3.
A. 1980; Werner, M., Der Lütticher Raum in frühkarolingischer Zeit, 3. A. 1980;
Dirsch-Wiegand, A., Stadt und Fürstentum in der Chronistik des
Spätmittelalters, 1991, 109ff.; Histoire de Liège, hg. v. Stiennon, J., 1991;
Kupper, J., Lüttich, LexMA 6 1992, 26; Bauer, T., Lotharingien als historischer
Raum, 1997; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W., 2003, 1, 559, 1, 2, 349; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren,
2005, 1, 449, 2, 366.
Lützelfeld, Lutzelenvelt (Reichshof). Am 18. 11.
1297 teilte König Adolf den Leuten von
Heidingsfeld bei Würzburg und L. mit, dass er sie an den Bischof von Würzburg
verpfändet habe.
L.: Hugo 458.
Luxemburg (Grafschaft, Herzogtum, Großherzogtum,
Residenz). Der nacheinander keltisch, römisch und fränkisch besiedelte Raum an
der Mosel kam 843 zum Reich Kaiser Lothars I. und 959 zum Herzogtum
(Ober-)Lothringen. 963 erwarb Graf Siegfried I. († 997/998) aus dem an der
Mittelmosel beheimateten Adelsgeschlecht der Herzöge von Lothringen (vielleicht
Vater der Kaiserin Kunigunde) von der Trierer Abtei Sankt Maximin die
Lucilinburhuc, nach der sich die Familie (1060/)1083 (Konrad I.) als Grafen von
L. (bis ins 19. Jahrhundert Lützelburg) benannte. 1019 spaltete dieses
Geschlecht die Linien Gleiberg (im 12. Jahrhundert erloschen) und Salm ab. 1136
erloschen die Grafen im Mannesstamm. Ihre Güter kamen an den verwandten Grafen
Heinrich von Namur († 1196). Luxemburg, La Roche, Durbuy und die Vogteien über
Echternach und Stablo fielen an seine spätgeborene Tochter Ermensinde, die 1214
Theobald von Bar und 1226 Walram III. von Limburg heiratete. Durch die Ehe
Ermensindes von Luxemburg gelangten Ort und Markgrafschaft Arlon (Arel) als
Mitgift an Luxemburg. Wenig später kam durch Heirat die Grafschaft Ligny hinzu.
1270 wurde Sankt Vith gekauft. Als im Erbfolgestreit um das Herzogtum Limburg
1288 Heinrich VI. bei Worringen fiel, ging Limburg an Brabant und mussten sich
die Grafen auf L. und Arlon beschränken. Gleichwohl wurde Heinrich VII. 1308 König und 1312 Kaiser. 1310 trat er die Grafschaft an
seinen Sohn Johann den Blinden ab, der gleichzeitig durch Heirat das Königreich Böhmen erwarb. Sein Sohn, Karl IV.,
verpfändete sein Stammland 1349 an Trier, übertrug die Grafschaft L. 1353
seinem Bruder Wenzel und erhob sie 1354 zum Herzogtum. 1355 vereinigte Wenzel
L. durch Heirat mit Brabant, Limburg und der Markgrafschaft Antwerpen, erwarb
1364 durch Kauf die Grafschaft Chiny und löste die verpfändeten Gebiete wieder
ein. Nach seinem Tod 1388 wurden Brabant, Limburg und Antwerpen wieder von L.
getrennt. Als Herzog in L. folgte König Wenzel,
der L. 1388 an seinen Vetter Jobst von Mähren verpfändete, über den das
Pfandrecht an Elisabeth von Görlitz und Herzog Anton von Brabant und Limburg
kam, die es aus Geldnot 1443 an Philipp von Burgund verkauften, wobei es als
Reichslehen im Reich verblieb. Die Familie der Grafen bzw. Herzöge von L. starb
1437 im Mannesstamm aus. Es folgte der mit König
Sigmunds Tochter Elisabeth verheiratete Habsburger Albrecht (V. bzw.) II., der
1437 König von Ungarn und Böhmen und 1438 König des Heiligen Römischen Reichs wurde. 1477/1493
kam L. über die Heirat Marias von Burgund mit Maximilian von Habsburg mit
Burgund an Habsburg bzw. Österreich, 1555 an die spanischen Habsburger, blieb
aber als Teil des burgundischen Reichskreises beim Reich. 1659 fiel
Südluxemburg von Diedenhofen bis Montmédy an Frankreich, das 1684 auch das
restliche Gebiet besetzte. Dieses kam 1714 wieder an Österreich, 1795/1797 aber
erneut an Frankreich. 1814 wurde das Gebiet östlich von Mosel, Sauer und Our
Preußen zugeteilt (Bitburg, Sankt Vith). 1815 wurde L. Großherzogtum und
Mitglied des Deutschen Bundes, blieb jedoch bis 1890 als Entschädigung für den
Verlust der nassauischen Erblande mit dem Königreich
der Niederlande in Personalunion verbunden und wurde trotz seiner Souveränität
wie eine niederländische Provinz regiert. Mit L. wurden Teile des früheren
Hochstifts Lüttich und 1821 das Herzogtum Bouillon vereinigt. 1830/1839 wurde
im Gefolge der belgischen Revolution, der sich L. anschloss, der westliche
größere (wallonische) Teil Luxemburgs mit Arel bzw. Arlon an Belgien
abgetreten, das östliche deutschsprachige Gebiet im Vertrag von London als
Großherzogtum wiederhergestellt. 1841 erhielt L. eine landständische, am 9. 7.
1848 eine 1856 und 1868 revidierte demokratische Verfassung. 1866 schied L.,
das von 1842 bis 1919 dem Deutschen Zollverein angehörte, aus dem Deutschen
Bund aus. 1867 wurde L. unter Zustimmung der europäischen Mächte gänzlich
unabhängiger Staat. 1890 starb die ottonische Linie des Hauses Nassau-Oranien
aus. Es folgte Großherzog Adolf aus der 1866 in Nassau entthronten walramischen
Linie Nassau-Weilburg, womit die Personalunion mit den Niederlanden beendet
war. 1912 erlosch auch die walramische Linie im Mannesstamm, doch hatte ein
Hausgesetz von 1907 bereits die weibliche Erbfolge eröffnet (Großherzogin Maria
Adelheid, Großherzogin Charlotte verheiratet mit Prinz Felix von
Bourbon-Parma). Seit 1918 verstärkte sich der Einfluss Frankreichs zusehends.
L.: Wolff 56; Wallner 701 BurgRK1; Großer Historischer Weltatlas III 38 (1789)
F3, II 66 (1378) C/D 3/4, II 78 (1450) F3, III 38 (1789) A/B3; Faden, E.,
Brandenburg, (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Vekene, E. van der,
Les Cartes géographiques du Duché de Luxembourg, o. J.; Schötter, J.,
Geschichte des Luxemburger Landes, 1882ff.; Hansen, J., Carte historique du
Luxembourg, Paris 1930; Urkunden- und Quellenbuch zur Geschichte der
altluxemburgischen Territorien bis zur burgundischen Zeit, hg. v. Wampach, C.,
Bd. 1-10 Luxemburg 1935ff.; Renn, H., Das erste Luxemburger Grafenhaus
963-1136, 1941; Weber, P., Geschichte des Luxemburger Landes, 3. A. 1948;
Schoos, J., Le développement politique et territorial du pays de Luxembourg
dans la premiére moitiè du 13e siècle, 1950; Meyers, J., Geschichte Luxemburgs,
Luxemburg 1952; Uhlirz, M., Die ersten Grafen von Luxemburg, Deutsches Archiv
12 (1956); Gerlich, A., Habsburg - Luxemburg - Wittelsbach im Kampf um die
deutsche Königskrone, 1960; Weber, P., Histoire
du Grand-Duché de Luxembourg, 1961; Goedert, J., La formation territoriale du
pays de Luxembourg, 1963; Atlas du Luxembourg, hg. v. Nationalen
Erziehungsministerium, 1971; Ternes, C., Das römische Luxemburg, 1974; Dostert,
P., Luxemburg zwischen Selbstbehauptung und nationaler Selbstaufgabe, 1985;
Festschrift Balduin von Luxemburg, 1985; Hamer, P., Überlegungen zu einigen
Aspekten der Geschichte Luxemburgs, 1986; Calmes, C., Die Geschichte des
Großherzogtums Luxemburg, 1989; Pauly, M., Luxemburg im späten Mittelalter,
Diss. phil. Trier 1990; Twellenkamp, M., Das Haus der Luxemburger, (in) Die
Salier, Bd. 1 1991, 475ff.; Margue, M., Luxemburg, LexMA 6 1992, 28; Pauly, M.,
Luxemburg im späten Mittelalter, 1992ff.; Reichert, W., Landesherrschaft
zwischen Reich und Frankreich, 1993; Schlinker, S., Fürstenamt und Rezeption,
1999, 151; Hoensch, J., Die Luxemburger, 2000; Franz, N., Die Stadtgemeinde
Luxemburg, 2001; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W. u. a., 2003, 1, 1, 154, 839, 1, 2, 351; Escher, M. u. a., Die urbanen
Zentren, 2005, 1, 453, 2, 373; Weber-Krebs, F., Die Markgrafen von Baden im
Herzogtum Luxembburg (1487-1797), 2007.
Luzern (Kloster, Stadt, Kanton). Am Ausfluss
der Reuß aus dem Vierwaldstättersee wurde wohl in der Mitte des 8. Jahrhunderts
(um 750) ein St. Leodegar geweihtes Kloster gegründet, das vor 840 (1100?) der
Abtei Murbach unterstellt wurde. 1178 erhob der Abt von Murbach den im
Anschluss hieran gewachsenen Ort zur Stadt, die 1274 den besonderen Schutz des
Reiches erhielt. 1291 verkaufte der Abt von Murbach seinen Anteil an L. an König Rudolf von Habsburg. Am 13. 11. 1332 verbündete
sich L. mit Uri, Schwyz und Unterwalden und löste sich seitdem von Habsburg.
1370 erhielt es den Blutbann. 1380 kaufte es Weggis. 1386 gewann es die 1415
formell bestätigte Unabhängigkeit. Zugleich erwarb L. ein größeres
Herrschaftsgebiet, das später Kanton der Schweiz wurde. 1479 löste L., das um
1350 etwa 4200 Einwohner und 1487 etwa 2800 Einwohner hatte, die letzten Rechte
des Klosters (seit 1456 Chorherrenstifts) ab. Von 1798 bis 1803 war L.
Hauptstadt der Helvetischen Republik.
L.: Wolff 520f.; Großer Historischer Weltatlas II 72 (bis 1797) E2; Segesser,
A. v., Rechtsgeschichte der Stadt und Republik Luzern, Bd. 3 1857; Schnyder, W.
u. a., Geschichte des Kantons Luzern von der Urzeit bis zum Jahre 1500,
1932ff.; Schaffer, F., Geschichte der luzernischen Territorialpolitik bis 1500,
Geschichtsfreund 95 (1940/1941), 119; Luzern 1178-1978, 1978; Wicki, H.,
Bevölkerung und Wirtschaft des Kantons Luzern im 18. Jahrhundert, 1979; Dubler,
A., Geschichte der Luzerner Wirtschaft, 1983; Aufbruch in die Gegenwart, hg. v.
d. Jubiläumsstiftung, 1986; Marchal, G., Sempach 1386. Von den Anfängen des
Territorialstaates Luzern, 1986; Glauser, F., Luzern 1291, Jb. d. hist. Ges. Luzern,
1991; Glauser, F., Luzern, LexMA 6 1992, 37.
Mägdeberg (Herrschaft). Der schon vorgeschichtlich
besiedelte M. bei Singen kam vermutlich als alemannisches Herzogsgut bzw.
fränkisches Königsgut im 8. Jahrhundert an Sankt
Gallen und um 920 wohl durch Tausch an die Abtei Reichenau. 1343 wurde die
zugehörige Herrschaft an die Reichenauer Ministerialen von Dettingen/Tettingen
verpfändet und 1358 an die habsburgischen Herzöge von Österreich verkauft. Das
Pfand kam 1359 von den Dettingen an Württemberg. 1481 musste Württemberg M. an
Habsburg/Österreich herausgeben. Von 1518 bis 1528 als Pfand, dann als Erblehen
kam die Burg M. an die Herren von Reischach, 1622-1638 an Johann Eggs,
1649-1656 an Hans Jakob von Buchenberg, 1657-1762 an die Freiherren bzw. Grafen
von Rost und 1774-1840 an die Grafen von Enzenberg (Enzberg). M. gelangte über
Baden 1951/1952 zu Baden-Württemberg.
L.: Hölzle, Beiwort 10; Dobler, E., Burg und Herrschaft Mägdeberg, 1959.
Magdeburg (Erzstift, Herzogtum, Residenz). An
einem Übergang wichtiger Straßen über die Elbe (Brücke um 1260 nachweisbar)
wird 805 erstmals M. (slaw. Medeburu, Honigheide?, oder zu as. magath und as.
burg) als Burg und Handelsplatz genannt. Nach einer Zerstörung am Beginn des
10. Jahrhunderts wurde M., das 929 im Heiratsgut der Gemahlin Ottos des Großen
erscheint, um 936 durch König Otto den Großen
erneuert (937 Königshof, 942 Pfalz bezeugt). 937
stiftete er das 968 in ein Domstift umgewandelte Moritzkloster, 965 verlieh er
das Marktrecht und 968 gründete er das ungewöhnlich kleine Erzbistum M. (erster
Bischof Abt Adalbert von Weißenburg) als kirchliches Zentrum für die Gebiete
östlich der Elbe, zu dem die Bistümer Brandenburg, Havelberg, Meißen (bis
1399), Merseburg, Posen (bis etwa 1000), Zeitz(-Naumburg) und Lebus (ab 1420)
gehörten. Mit der Einrichtung des Erzbistums Gnesen im Jahre 1000 wurden die
Ausdehnungsmöglichkeiten nach Osten beseitigt. Unter erzbischöflicher
Herrschaft blühte der Ort als wichtiger Osthandelsplatz rasch auf. 1128 kaufte
das Erzstift die Grafschaft Alsleben/Saale. Unter Erzbischof Wichmann
(1152-1192) wurde 1166 die Reichsabtei Nienburg und durch Kauf das Gut der
Pfalzgrafen von Sommerschenburg (1179) erworben und wurde 1188 Magdeburgs
besonderes Recht aufgezeichnet, das später auf zahlreiche Ostsiedlungen
übertragen wurde, für die M. meist auch die Funktion als Oberhof übernahm.
Schon im 12. Jahrhundert begann eine gewisse Lösung der Stadt vom Stadtherrn
(seit ca. 1240 Rat, 1294 faktischer Erwerb des Schultheißenamtes, jedoch 1331
Huldigungspflicht), die aber nie zur Reichsstandschaft des um 1400 etwa 30000
Einwohner zählenden Ortes führte. Die Einführung der Reformation (1524)
vertiefte den Gegensatz zwischen Stadt und Erzbischof, der seine Residenz 1503
nach Halle (bis 1714) verlegt hatte. Am 10. 5. 1631 verbrannte die Stadt bei
der Eroberung durch Tilly fast vollständig. Im schon 1545 beginnenden Kampf um
das Erzstift, dessen Herrschaft die Magdeburger Börde, die Länder Jerichow
(zwischen Elbe und Havel bis zum Plauer See) und Jüterbog sowie die Gegend von
Halle umfasste, wurde 1635 die Überlassung Magdeburgs an Prinz August von
Sachsen erreicht, dann aber 1648 der Übergang Magdeburgs an Brandenburg/Preußen
bestimmt, das sich nach dem Tod des letzten Administrators 1680 gegen Sachsen
(Kursachsen) durchsetzte, das als Abfindung die Ämter Querfurt, Jüterbog, Dahme
und Burg erhielt, das letztere aber 1687 an Brandenburg veräußerte. In
Brandenburg war das Erzstift Herzogtum und zählte zum niedersächsischen
Reichskreis. 1807 kam M. mit (1773) 5400 Quadratkilometern (91 Quadratmeilen)
und 29 Städten zum Königreich Westphalen und
wurde Sitz des Elbdepartements. 1814 fiel es an Preußen zurück. 1815 wurde M.
Hauptstadt der Provinz Sachsen Preußens und Sitz des Regierungspräsidenten des
Regierungsbezirks M. Seit 1. 7. 1945 gehörte M., das 1945 stark zerstört und im
April 1945 von amerikanischen Truppen eingenommen wurde, zur sowjetischen
Besatzungszone bzw. seit 1949 zur Deutschen Demokratischen Republik. Seit 1952
war es Hauptstadt eines der Bezirke der Deutschen Demokratischen Republik, der
1990 wieder im Land Sachsen-Anhalt aufging. Das Bistum M. wurde 1992/1994
Suffragan von Paderborn.
L.: Wolff 427f.; Zeumer 553 II b 2; Wallner 706 NiedersächsRK 4; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) F2, III 22 (1648) E2, III 38 (1789) D1;
Gringmuth-Dallmer, H., Magdeburg-Wittenberg, (in) Geschichte der deutschen
Länder, Bd. 1; Die Territorien des Reichs 2, 68; Regesta archiepiscopatus
Magdeburgensis, Bd. 1ff. 1876ff.; Opel, J., Die Vereinigung des Herzogtums Magdeburg
mit Kurbrandenburg, 1880; Urkundenbuch der Stadt Magdeburg, hg. v. Hertel, G.,
Bd. 1ff. 1892ff.; Wolter, F., Geschichte der Stadt Magdeburg, 1902; Kehr, P.,
Das Erzbistum Magdeburg und die erste Organisation der christlichen Kirche in
Polen, 1920; Brackmann, A., Magdeburg als Hauptstadt des deutschen Ostens,
1931; Bauermann, J., Umfang und Einteilung der Erzdiözese Magdeburg, Zs. d.
Vereins f. Kirchengesch. der Provinz Sachsen 29 (1933); Urkundenbuch des
Erzstifts Magdeburg, Bd. 1 (937-1192), hg. v. Israel, F./Möllenberg, W., 1937;
Wiebeck, G., Zur Methodik des Kartenvergleichs, 1938, Mitt. d. Reichsamts f.
Landesaufnahme, Sonderheft 16; Rörig, F., Magdeburgs Entstehung und die ältere
Handelsgeschichte, 1952; Schwineköper, B., Die Anfänge Magdeburgs, (in)
Vorträge und Forschungen 4 (1958), 389ff.; Schlesinger, W., Kirchengeschichte
Sachsens im Mittelalter, Bd. 1f. 1962; Fischer, E., Magdeburg zwischen
Spätabsolutismus und Bürgerlicher Revolution, Diss. Halle-Wittenberg 1966;
Claude, D., Geschichte des Erzbistums Magdeburg bis in das 12. Jahrhundert, Bd.
1 1972ff.; Geschichte der Stadt Magdeburg, hg. v. Asmus, H., 1975; Schrader,
F., Ringen, Untergang und Überleben der katholischen Klöster in den Hochstiften
Magdeburg und Halberstadt von der Reformation bis zum Westfälischen Frieden,
1977; Ebel, F., Magdeburger Recht, Bd. 1f. 1983ff.; Schrader, F., Stadt,
Kloster und Seelsorge, 1988; Kintzinger, M., Magdeburg, LexMA 6 1992, 71; Burg
– Burgstadt – Stadt, 1994; Repertorium der Policeyordnungen der frühen Neuzeit,
hg. v. Härter, K./Stolleis, M., Bd. 2 1998; Beumann, H., Theutonum nova
metropolis, 2000; Asmus, H./Wille, M., 1200 Jahre Magdeburg, 2000; Höfe und
Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 479,
1, 2, 355.
Mähren (Markgrafschaft, Markgrafentum). Bis in
die Mitte des ersten vorchristlichen Jahrhunderts siedelten im „Gebiet an der
March“ zwischen der Böhmisch-Mährischen Höhe, den Ostsudeten, Westbeskiden,
Kleinen Karpaten und dem Javornikgebirge Kelten, bis zum sechsten Jahrhundert
Germanen (Quaden, Heruler, Rugier, Langobarden), danach um 530 von Norden und
um 600 von Süden Slawen. Im 9. Jahrhundert (etwa ab 833) entstand das um 850
tributäre Bindungen an das Ostfrankenreich abschüttelnde Großmährische Reich
(Swatopluk 870-894), nach dessen Zerfall im 10. Jahrhundert M. Streitobjekt
zwischen Ungarn und Böhmen (Przemysliden) wurde. Nach kurzer Herrschaft Polens
zu Beginn des 11. Jahrhunderts (um 1003-1010) fiel M. an Böhmen und wurde den
nachgeborenen böhmischen Herzogssöhnen zugeteilt. 1182 erhielt es von Kaiser
Friedrich I. Barbarossa die Reichsunmittelbarkeit als Markgrafschaft, blieb
aber lehnsrechtlich an Böhmen gebunden und nur über dieses dem Reich
angeschlossen. Danach erlebte M. bedeutenden Zuwachs an deutscher Bevölkerung.
Hauptstadt wurde Olmütz (bis 1641), dann Brünn. Nach dem Aussterben der
Markgrafen (1306) gab König Karl IV. 1349 M.
seinem Bruder Johann Heinrich. Mit dem Aussterben dieser Linie fiel M. an den König von Böhmen, danach an den späteren Kaiser
Sigmund, der es 1423 seinem Schwiegersohn Herzog Albrecht von Österreich (König Albrecht II.) überließ. Nach dem Tod des
nachgeborenen Sohnes Albrechts, Ladislaus Postumus, 1457 kam es an Polen,
Ungarn und dann an Böhmen. 1526 fiel M. mit Böhmen nach der Schlacht von Mohacs
endgültig an Österreich. Das Markgrafentum umfasste die Kreise Olmütz,
Hradisch, Brünn, Znaim und Iglau. 1849 wurde M. Kronland in Österreich. Am 28.
10. 1918 wurde es Teil der Tschechoslowakei. Das Münchener Abkommen von 1938
löste die Landeshoheit auf, grenzte das nördliche, deutsch besiedelte
Mähren-Schlesien als Regierungsbezirk Troppau vom tschechisch besiedelten
Mittelmähren ab und gliederte das vorwiegend deutsch besiedelte Südmähren dem
Regierungsbezirk Niederdonau an. Von März 1939 bis Mai 1945 bildete das
verbleibende M. zusammen mit einem ebenfalls verkleinerten Böhmen das
Reichsprotektorat Böhmen und M. Nach 1945 stellte die dritte
tschechoslowakische Republik unter Vertreibung von etwa einer Million Deutschen
die alten Landesgrenzen wieder her (1993 Tschechien, Tschechische Republik).
L.: Wolff 466ff.; Großer Historischer Weltatlas II 34 (1138-1254) H4, II 66
(1378) I/K 4, II 78 (1450) H4, III 22 (1648) H4; Schwoy, F., Topographie vom
Markgrafthum Mähren, Bd. 1ff. Wien 1793ff.; Codex diplomaticus et epistolaris
Moraviae, hg. v. Chlumecky u. a., Bd. 1ff. 1836ff.; Bretholz, B., Geschichte
Mährens, Bd. 1f. 1893ff.; Juritsch, G., Die Deutschen und ihre Rechte in Böhmen
und Mähren im 13. und 14. Jahrhundert, 1905; Bretholz, B., Geschichte Böhmens
und Mährens, Bd. 1ff. 1921ff.; Peterka, O., Rechtsgeschichte der böhmischen
Länder, Bd. 1f. 1923ff., Neudruck 1965; Kartographische Denkmäler der
Sudetenländer, hg. v. Brandt, B., 10 Hefte 1930ff.; Sudentendeutsches
Ortsnamenbuch, hg. v. Gierach, K./Schwarz, E., 1932ff.; Grögler, A., Das
Landkartenwesen von Mähren und Schlesien seit Beginn des 16. Jahrhunderts,
1943; Sudetendeutscher Atlas, hg. v. Meynen, E., 1954; Krallert, W., Atlas zur
Geschichte der deutschen Ostsiedlung, 1958; Wegener W., Böhmen/Mähren und das
Reich im Hochmittelalter, 1959; Schwarz, E., Volkstumsgeschichte der
Sudetenländer, Bd. 2: Mähren-Schlesien, 1966; Glassl, H., Der mährische
Ausgleich, 1967; Handbuch der Geschichte der böhmischen Länder, hg. v. Bosl,
K., Bd. 1ff. 1967ff.; Schacherl, L., Mähren, 1968; Seibt, F., Deutschland und
die Tschechen, 1974; Válka, J., Die Stellung Mährens im Wandel des böhmischen
Lehensstaates, (in) Europa 1500, 1986, 292ff.; Bernt, A., Die Germanen und
Slawen in Böhmen und Mähren, 1989; Hrabovec, E., Vertreibung und Abschub –
Deutsche in Mähren 1945-1947, 2. A. 1996; Zemlicka, J., Mähren, LexMA 6 1992,
106; Deutsche Geschichte im Osten Europas, Böhmen und Mähren, hg. v. Prinz, F.,
1993; Schlinker, S., Fürstenamt und Rezeption, 1999, 37.
Maienfeld (Land). Das Land M. am Einfluss der
Landquart in den oberen Rhein war zugewandter Ort bzw. Herrschaft eines
zugewandten Ortes der Eidgenossenschaft der Schweiz. Es geht auf eine römische
Station Magia zurück, die in karolingischer Zeit Königsgut
war. Die Stadt M. wurde vermutlich von den Freiherren von Vaz errichtet. 1509
verkaufte der letzte Reichsfreiherr von Brandis zu Vaduz seine Herrschaft M.
für 20000 Gulden an die gemeinen drei Bünde. Später kam M. zu Graubünden.
L.: Wolff 534; Die Kunstdenkmäler der Schweiz 9 (1957); Marquardt, B., Die alte
Eidgenossenschaft und das Heilige römische Reich, 2007, 327.
Mailand (Stadtkommune, Stadtstaat, Herzogtum).
Kaiser Diokletian († 313) erhob das vielleicht schon etruskische, danach auf
einer Gründung der Insubrer beruhende, seit 222 v. Chr. römische Mediolanum in
der Poebene, das schon in der Spätantike einen Bischof (erster sicher belegter
Bischof um 200) bzw. Erzbischof beherbergte, 286 zur Residenzstadt. 489 geriet
es unter die Herrschaft der Goten, nach schweren Zerstörungen (493, 539) 569
der Langobarden, unter denen es hinter Pavia zurücktrat, gleichwohl aber Sitz
eines Herzogtums wurde. Nach Unterwerfung des langobardischen Reiches durch König Karl den Großen 774 wurde M. Teil des
fränkischen Reiches und Sitz eines Grafen. 951 kam es unter König Otto dem Großen mit dem Königreich
Italien erneut an das Reich und überflügelte allmählich Pavia, dessen Königspfalz 1024 zerstört wurde. Um 1050 kam es zu
einer (ersten) Pataria, 1120/1130 zu Ausläufern (einer zweiten Pataria). Im 12.
Jahrhundert wurde es mit seinen im Jahre 1097 nachweisbaren consules, die im
12. Jahrhundert die Grafschaftsrechte an sich zogen, Führer der gegen den
Kaiser gerichteten lombardischen Städtebewegung, so dass es Kaiser Friedrich I.
Barbarossa 1162 vollkommen zerstören ließ. 1167 begann der Wiederaufbau. 1183
musste der Kaiser nach der Niederlage von Legnano die städtische
Selbstregierung unter der Oberhoheit des Reiches anerkennen. 1225 entstand ein
Liber statutorum. 1240 kam die guelfische Familia della Torre an die Macht,
ging 1259 zur Signorie über und erhielt 1274 von König
Rudolf von Habsburg das Reichsvikariat. 1277 wurde sie von der ghibellinischen
Familie Visconti gestürzt, die 1294 das Reichsvikariat bestätigt bekam. Sie erlangte
allmählich die Herrschaft in ganz Mittelitalien und Oberitalien (Verona,
Vicenza, Padua, Perugia, Assisi, Siena, Pisa, Bologna), 1380 das Reichsvikariat
der Lombardei und 1395 durch Kauf die Erhebung der Herrschaft zum Herzogtum M.
Im 15. Jahrhundert gingen große Teile verloren (Verona, Parma, Piacenza), die
zum Teil an Venedig fielen, zum Teil selbständig wurden. 1447/1450 gelangte die
Herrschaft nach dem Aussterben der Visconti (1447) über die Erbtochter an die
Sforza. 1494 verlieh König Maximilian I. das
Herzogtum an Lodovico il Moro. 1499 wurde M. von Frankreich, das Erbansprüche
nach den Visconti geltend machte, erobert, das 1505 mit ihm belehnt wurde. 1512
wurde es ihm mit dem Tessin, Bormio, Veltlin und Chiavenna von der Schweiz
entrissen, die nach dem Sieg Frankreichs 1515 aber nur den Tessin halten
konnte. 1521 und erneut 1525 kam es an Kaiser Karl V., dann an die Sforza, 1529
wieder an Frankreich und 1535 nach dem Aussterben der Sforza als erledigtes
Lehen wieder an das Reich, das es an Karls V. Sohn Philipp II. und damit an die
spanischen Habsburger (Spanien) ausgab. 1713/1714 fiel M. nach dem spanischen
Erbfolgekrieg mit den Grafschaften Pavia und Angleria sowie den
Markgrafschaften Castro und Malgrate an die deutschen Habsburger in Österreich.
1735 und 1748 mussten verschiedene Teile (Novara, Tortona) an Savoyen
abgetreten werden, doch blühte M. infolge aufgeklärter Reformen rasch auf.
1797/1801 kam M. an Frankreich (Zisalpinische Republik, 1805 Königreich Italien), womit die Zugehörigkeit zum Reich
erlosch. 1815 wurde es mit Venedig als Lombardo-Venetianisches Königreich Österreich zugeteilt. 1848 erhob sich M.
vergeblich gegen Österreich. 1859 musste Österreich nach der Niederlage von
Magenta M. aufgeben. M. kam zu Sardinien (Sardinien-Piemont) und damit zu
Italien (1861).
L.: Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) E6, II 78 (1450) F4, III 22
(1648) D6; Cusani, F., Storia di Milano, Bd. 1ff. 1861f.; Anemüller, E., Geschichte der
Verfassung Mailands in den Jahren 1075-1117, 1881; Ady, C., History of Milano
under the Sforza, 1907; Muir, D., History of Milano under the Visconti, 1924;
Visconti, A., Storia di Milano, 1937, Neudruck 1979; Cazzamini-Mussi, F.,
Milano durante la dominazione spagnola, 1947; Bosisio, A., Storia di Milano,
1958; Verri, P., Storia di Milano, Bd. 1ff. 1962; Benedikt, H., Kaiseradler über dem Apennin, 1964;
Dilcher, G., Die Entstehung der lombardischen Stadtkommune, 1967; Ferria, A., I
terribili Sforza, 1970; Keller, H., Senioren und Vasallen. Untersuchungen über die
Führungsschicht in den lombardischen Städten des 9.-12. Jahrhunderts, unter
besonderer Berücksichtigung Mailands, 1972; Keller, H., Adelsherrschaft und
städtische Gesellschaft in Oberitalien, 9.-12. Jh., 1979; Castellaneta, C.,
Storia di Milano, 2. A. 1976; Visconti, A., Storia di Milano, 1979;
Blastenbrei, P., Die Sforza und ihr Heer, 1987; Ambrosiani, A./Chittolini, G.,
Mailand, LexMA 6 1992, 106; Hermes, R., Totius libertatis patrona, 1999;
Schlinker, S., Fürstenamt und Rezeption, 1999, 191; Zumhagen, O., Religiöse
Konflikte und kommunale Entwicklung, 2001; Grillo, P., Milano in età comunale
(1183-1276), 2001; I notai della curia arcivescovile di Milano, hg. v. Belloni,
C. u. a., 2004.
Mainau (Deutschordenskommende, Kommende des
Deutschen Ordens). M. am Bodensee kam 724 aus konfisziertem alemannischem
Herzogsgut bzw. fränkischem Königsgut bzw.
alemannischem Herzogsgut an die Abtei Reichenau. Seit 1241 nannten sich
Ministeriale nach M. Aus deren Erbe überließ Arnold von Langenstein 1271 die
Insel und das davor gelegene Bodenseeufer unter Eintritt in den Deutschen Orden
dem Deutschordenshaus Sandegg im Thurgau. Von 1272 bis 1805 gehörte sie mit der
um 1500 erworbenen Herrschaft Blumenfeld im Hegau als Teil der Ballei Elsass
und Burgund (Elsass-Schwaben-Burgund) dem Deutschen Orden. Sie zählte zum
schwäbischen Reichskreis. 1805 fiel sie an Baden. Von Großherzog Friedrich II.
kam das Eigentum an M. 1928 an seine Schwester Königin
Viktoria von Schweden und 1930 an deren Enkel Graf Lennart Bernadotte.
L.: Wolff 195; Wallner 687 SchwäbRK 34; Roth von Schreckenstein, K., Die Insel
Mainau, 1873; Babo, W. Frhr. v., Die Deutschordenskommende Mainau in den
letzten Jahrzehnten vor der Säkularisation und ihr Übergang an Baden, 1952;
Feger, O., Die Deutschordenskommende Mainau, 1958; Egg, E., Geschichte der
Insel Mainau, 1958; Das Urbar der Deutschordenskommende Mainau von 1394, bearb.
v. Diefenbacher, M., 1989.
Mainbernheim (Reichsdorf). Am 19. 4. 1172 nahm Kaiser
Friedrich I. Barbarossa das bisher freie, 889 erstmals erwähnte Dorf Bernheim
bei Kitzingen gegen Entrichtung von jährlich 25 Scheffel Weizen in den
Reichsschutz. Später wurde es an die Grafen von Castell verpfändet. König Rudolf von Habsburg willigte am 9. 2. 1282 in
die Verpfändung durch Graf Heinrich von Castell an Bernhard Kilotho ein,
weitere Verpfändungen folgten. 1525 kam es an die Burggrafen von Nürnberg bzw.
Markgrafen von Ansbach. 1628 wurde aus der Pfandschaft Böhmens ein Lehen. Seit
dem 16. Jahrhundert wurde der Name M. üblich. Mit Ansbach kam der Ort über
Preußen (1791) 1805 an Bayern.
L.: Dacheröden 255; Wolff 108; Hugo 458.
Mainz (Erzstift, Kurfürstentum, Residenz). M.
am verkehrsgünstig gelegenen Einfluss des Mains in den Rhein geht auf eine
keltische, vielleicht nach dem Gott Mogon(tius) benannte Siedlung zurück, der
um 15 (18–13) v. Chr. die Errichtung eines römischen Militärlagers folgte, das
44 n. Chr. als Mogontiacum erstmals bezeugt ist. Infolge seiner günstigen Lage
entwickelte es sich als Handelsplatz so gut, dass es im 3. Jahrhundert
ummauert, um 297 v. Chr. civitas genannt und dann zum Vorort der neugebildeten
Provinz Germania prima gemacht wurde. Seit 346 (gesichert seit etwa 540/550,
Bischof Sidonius) sind Bischöfe von M. erwähnt. Seit dem Ende des 5.
Jahrhunderts (um 500) war der in der Völkerwanderung stark zerstörte Ort
fränkisch. 746/747-754 hatte Bonifatius als Erzbischof das Bistum, dem er die
Bistümer Büraburg und Erfurt eingliederte, inne. 780/781 oder 782 wurde das
Bistum endgültig zum Erzbistum erhoben. Dieses Erzbistum reichte von Chur über
Konstanz, Augsburg, Straßburg, Eichstätt, Speyer, Würzburg, Paderborn, Verden
und Hildesheim bis Brandenburg und Havelberg, von M. und Worms bis Prag und
Olmütz (bis 1344), wurde aber 968 durch die Errichtung Magdeburgs und später
durch die Errichtung Prags (1343/1344) sowie die Abtrennung Verdens und
Halberstadts (1648) verkleinert. Der Erzbischof war Primas Germaniae, hatte das
Recht der Krönung des König (1054 Köln), war
seit 965 ständig Erzkanzler des Reiches (mit dem Recht der Berufung zur Königswahl und der Leitung der Wahl) und wurde als
solcher im 13. Jahrhundert einer der sieben Kurfürsten. Die Schwerpunkte der
Güter des Hochstifts lagen im Rheingau (983 Algesheim bzw. Gaualgesheim,
Bingen, sog. Unterstift), am Main (Aschaffenburg u. a.), im Taubertal
(Tauberbischofsheim), im Spessart (Lorsch 1232), im Kinzigtal, in Hessen
(1114-1137 Amöneburg, ursprünglich Reichsgut Kirchhain, Fritzlar, Naumburg), in
Thüringen (Erfurt) und auf dem Eichsfeld (seit 1100), auf dem 1342 noch das Untereichsfeld
(Duderstadt) durch Kauf erworben wurde. Seit dem 14. Jahrhundert wurde das
Erzstift immer stärker von den Landgrafen von Hessen und den Pfalzgrafen bei
Rhein bedrängt. Von 1244 bis 1462 gewann die Stadt M. faktisch weitgehende
Unabhängigkeit vom Erzbischof (1331 freie Stadt des Reiches) und zwang ihn zur
Verlegung seines Sitzes nach Eltville bzw. Aschaffenburg. Anlässlich einer der
zahlreichen Doppelwahlen auf den Erzbischofsstuhl kam es 1461 zur Mainzer
Stiftsfehde, in deren Folge das Erzstift seine wichtigsten Stellungen in Hessen
an die Landgrafen von Hessen und im Rhein-Odenwald-Gebiet (Lorsch, Güter an der
Bergstraße) an die Pfalzgrafen verlor, aber die Herrschaft über die Stadt M.
wieder gewann. 1476/1477 wurde in M. von Erzbischof Diether von Isenburg eine
bis 1792/1814/1816 bestehende Universität begründet. Durch die Reformation
wurde das zum kurrheinischen Reichskreis zählende Erzstift M. weiterer Gebiete
beraubt, konnte aber in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts (1648) einige
früher verlorene Güter an der Bergstraße sowie 1664 Erfurt zurückgewinnen. Am
1. 1. 1756 wurde das Mainzer Landrecht vom 24. 7. 1755 in Kraft gesetzt. Im
ausgehenden 18. Jahrhundert zählte der Erzbischof wegen Kronberg mit Eschborn
und Niederhöchstadt sowie wegen des 1781 von den Forstmeister von Gelnhausen
erworbenen Aufenau, mit Neudorf und Schloss Kinzighausen zum Kanton
Mittelrheinstrom des Ritterkreises Rhein. Außerdem war er etwa zu dieser Zeit
auch Mitglied des Kantons Odenwald des Ritterkreises Franken. Am Ende des 18.
Jahrhunderts umfasste das Erzstift nach Erwerbung des Amts Kronberg im Taunus
etwa 170 Quadratmeilen (8260 Quadratkilometer) mit 400000 Einwohnern und 1,4
Millionen Gulden Einkünften. 1792/1793 fielen die linksrheinischen Güter an
Frankreich (M. wurde von 1801 bis 1814 Hauptstadt des Departements
Donnersberg), das 1804 den Code civil einführte. 1803 erhielt Preußen Erfurt
(11,75 Quadratmeilen), das Eichsfeld (36 Quadratmeilen, Untereichsfeld an
Hannover abgetreten) und weitere Güter in Thüringen. Andere Güter fielen an
Hessen-Darmstadt (Oberstift, Ämter an der Bergstraße und im Odenwald, 11,25
Quadratmeilen), Hessen-Kassel (Ämter in Hessen) und Nassau-Usingen (Nassau)
(Rheingau, 18 Quadratmeilen). Den Rest des Erzstifts, die Fürstentümer Aschaffenburg,
Regensburg (mit Sankt Emmeram, Obermünster und Niedermünster), die Grafschaft
Wetzlar und mehrere Ämter (Aufenau, Lohr, Orb, Prozelten [Stadtprozelten]
Klingenberg, Aura [Aurach]) wurden durch § 25 des
Reichsdeputationshauptschlusses vom 25. 2. 1803 zum Staat des Kurerzkanzlers
Karl Theodor von Dalberg (1806 Fürstprimas des Rheinbunds) zusammengefasst
(1810 Großherzogtum Frankfurt). 1816 kam M. als Hauptstadt der neugeschaffenen
Provinz Rheinhessen an Hessen-Darmstadt. Das Bistum M. wurde 1821 Suffragan der
Erzdiözese Freiburg. 1949 wurde das 1942/1945 stark zerstörte M., in dem 1946
erneut eine Universität eingerichtet worden war, Hauptstadt von
Rheinland-Pfalz.
L.: Wolff 79; Zeumer 552 I 1; Wallner 699 KurrheinRK 1; Großer Historischer
Weltatlas II 34 (1138-1254) F4, II 66 (1378) E3, II 78 (1450) F4, III 22 (1648)
D4, III 38 (1789) B3; Winkelmann-Holzapfel 156; Riedenauer 129; Neumaier 14,
132, 224; Demandt, K., Die Mittelrheinlande, (in) Geschichte der deutschen
Länder, Bd. 1; Die Territorien des Reichs 4, 60; Schwab, K., Geschichte der
Stadt Mainz, Bd. 1ff. 1841ff.; Böhmer, J., Regesta archiepiscoporum
Maguntiensium (bis 1374), Bd. 1f. 1877ff., Neudruck 1966; Hegel, C.,
Verfassungsgeschichte von Mainz im Mittelalter, 1882; Monumenta Moguntina, hg. v.
Jaffe, P., (in) Bibliotheca rerum Germanicarum 3, 1886; Goldschmidt, H.,
Zentralbehörden und Beamtentum im Kurfürstentum Mainz vom 16. bis zum 18.
Jahrhundert, 1908; Hensler, E., Verfassung und Verwaltung von Kurmainz um das
Jahr 1600, 1909; Bockenheimer, K., Beiträge zur Geschichte der Stadt Mainz, Bd.
1ff. 1910ff.; Humpert, T., Die territoriale Entwicklung von Kurmainz, 1913;
Vigener, F., Regesten der Erzbischöfe von Mainz 1286-1396, Bd. 1f. 1913ff.;
Schrohe, H., Mainz in seinen Beziehungen zu den deutschen Königen und den Erzbischöfen der Stadt bis zum
Untergang der Stadtfreiheit (1462), 1915; Stimming, M., Die Entstehung des
weltlichen Territoriums des Erzbistums Mainz, 1915; Schrohe, H., Die Stadt
Mainz unter kurfürstlicher Verwaltung (1467-1792), 1920; Klibansky, E., Die
topographische Entwicklung der kurmainzischen Ämter in Hessen, 1925; Mainzer
Urkundenbuch, hg. v. Stimming, M./Acht, P., Bd. 1f. 1932ff.; Kissel, O., Neuere
Territorial- und Rechtsgeschichte des Landes Hessen, 1961; Dertsch, A., Die Urkunden
des Stadtarchivs Mainz, Regesten 635-1400, Teil 1ff. 1962ff.; Erler, A., Die
Mainzer Stiftsfehde 1459-1463 im Spiegel mittelalterlicher Rechtsgutachten,
1963; Geschichte der Stadt Mainz, hg. v. Brück, A. P./Falck, L., Bd. 1ff.
1972ff.; Demandt, D., Stadtherrschaft und Stadtfreiheit im Spannungsfeld von
Geistlichkeit und Bürgerschaft in Mainz (11. bis 15. Jahrhundert), 1977;
Gerlich, A., Der Aufbau der Mainzer Herrschaft im Rheingau, Nassauische Annalen
96 (1985); Rödel, W., Mainz und seine Bevölkerung im 17. und 18. Jahrhundert,
1985; Fischer, W., Die verfassungsgeschichtlichen Grundlagen des Mainzer
Oberstifts, T. 1f., Aschaffenburger Jb. 10ff. (1986ff.); Jürgensmeier, F., Das
Bistum Mainz, 1988; Mathy, H., Tausend Jahre St. Stephan in Mainz, 1990;
Hollmann, M., Das Mainzer Domkapitel im späten Mittelalter (1306-1476), 1990;
Falck, L./Corsten, S./Gerlich, A., Mainz, LexMA 6 1992, 131; Heinemeyer, K.,
Territorien ohne Dynastie, Hess. Jb. f. LG. 44 (1994), 1; Repertorium der
Policeyordnungen der frühen Neuzeit, hg. v. Härter, K./Stolleis, M., Bd. 1
1997; Erzstift und Erzbistum Mainz, hg. v. Jürgensmeyer, F., 1997; Mainz, hg.
v. Dumont, F. u. a., 1998; Semmler, J., Series episcoporum Moguntinorum, Archiv
für mittelrheinische Kirchengeschichte 50 (1998), 423; Rettinger, E., Die
Umgebung der Stadt Mainz, 2002; Waldecker, C., Zwischen Kaiser, Kurie, Klerus
und kämpferischen Laien, 2002; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen
Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1,418;, 1, 2, 355 Jendorff, A., Verwandte,
Teilhaber und Dienstleute, 2004; May, G., Die Organisation von Gerichtsbarkeit
und Verwaltung in der Erzdiözese Mainz vom hohen Mittelalter bis zum Ende der
Reichskirche, 2004; Voss, W., Dietrich von Erbach, 2004; Escher, M. u. a., Die
urbanen Zentren, 2005, 1, 485; Grathoff, S., Mainzer Erzbischofsburgen, 2005.
Malmedy (gefürstete Abtei, reichsunmittelbare
Abtei), Malmédy. Die Abtei M. in den Ardennen bei Lüttich wurde kurz vor 650
(648) wie die Abtei Stablo durch König Sigibert
bzw. den heiligen Remaclus auf Königsgut
gegründet. Seit dieser Zeit waren M. und die Abtei Stablo eng verbunden. M. war
ein Mittelpunkt der kluniazensischen Reform. 1794 verlor es die
Reichsunmittelbarkeit und wurde 1796 aufgehoben. Von 1815 bis 1918 gehörte M.
zu Preußen, bis 1920 (sowie vom 18. 5. 1940 bis 1944/1945) zum Deutschen Reich,
danach zu Belgien.
L.: Wolff 333; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) D3, III 38 (1789) B2;
Halkin, J./Roland, C., Recueil des chartes de Stablo-Malmedy, Bd. 1f. 1909ff.;
Kraus, T., Eupen-Malmédy-St. Vith, 1934; Kaufmann, K., Der Grenzkreis Malmédy,
2. A. 1963; George, P., Malmedy, LexMA 6 1992, 175; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 693, 1, 2, 547
Mansfeld (Grafen, Grafschaft). Um 1060 (1063)
werden Grafen sichtbar, die sich bald nach der etwa 1075 erbauten, 1229
genannten Burg M. an der Wipper am Ostrand des Harzes nannten und (als
Nachfolger der Wettiner?) zwischen Wipper, Saale und Unstrut (Hassegau bzw.
Hosgau) in Eisleben, Hettstedt, Querfurt sowie Sangerhausen begütert waren. Das
Geschlecht verlor nach einer Niederlage 1115 erheblich an Bedeutung und erlosch
1229 im Mannesstamm. Die Grafschaft kam durch weibliche Erbfolge an die Herren
(Burggrafen) von Querfurt, die sich seit 1262/1264 Grafen von M. nannten, die
Güter erheblich vermehrten (u. a. Kupferbergbau) und 1432 in der Reichsmatrikel
erschienen. Infolge starker Verschuldung wie mehrfacher Teilung seit
1420/1475/1501 (1475 Mansfeld-Vorderort, Mansfeld-Hinterort, hiervon Mansfeld-Mittelort
[bis 1567]) ging die Reichsunmittelbarkeit der Grafschaft zwischen Selke, Saale
und unterer Helme im 15. Jahrhundert verloren. Die Grafschaft wurde 1484
hinsichtlich des kaiserlichen Bergregals Lehen Sachsens (Kursachsens) (und
hinsichtlich andere Güter Lehen der Bischöfe von Halberstadt und Magdeburg).
1570/1573 kam M. schuldenhalber unter die Verwaltung Sachsens und Magdeburgs
(bzw. 1680 Brandenburgs bzw. Preußens [1716 aufgehoben]). Als die letzte der
auf Grund der seit 1420/1475 erfolgten Teilungen entstandenen Linien, die 1600
in den Reichsfürstenstand erhobene, katholische, 1502 von Mansfeld-Vorderort
abgespaltete und seit 1710 allein bestehende Linie Mansfeld-Bornstedt 1738/1780
erlosch, wurde die 20 Quadratmeilen große, dem obersächsischen Reichskreis
angehörige Grafschaft zwischen Preußen (zwei Fünftel) und Sachsen (drei
Fünftel) geteilt. Der preußische Anteil der Grafschaft enthielt den Kreis M.
mit den Städten M. und Leimbach und den Ämtern Klostermansfeld (Kloster M.),
Unteramt Friedeburg (Unterfriedeburg), Gerbstedt (Gerbstädt), Großörner, Neu
Asseburg (Neuasseburg), Hedersleben, Leimbach, Helmsdorf, Burgörner, Polleben
und Helbra, und den Kreis Schraplau mit den Ämtern Friedeburg, Helfta,
Holzzelle, Schraplau, Bennstedt (Benstedt), Seeburg und Erdeborn. Der
sächsische Anteil umfasste die Städte Eisleben und Hettstedt und die Ämter
Eisleben, Wimmelburg, Bornstedt, Arnstein-Endorf, Walbeck, Oberwiederstedt,
Rammelburg, Leinungen-Morungen (Leiningen-Morungin), Artern und Voigtstedt (Bockstedt).
Die von der Linie Bornstedt zwischenzeitlich erworbenen böhmischen
Allodialgüter, deretwegen sie als Fürsten von Fondi 1600 den Reichsgrafenstand
erlangt hatten, und der Name gingen über die Erbtochter Maria Isabella an das
österreichische Haus Colloredo (Colloredo-Mansfeld). Der preußische Anteil
gehörte von 1807 bis 1813 zum Königreich
Westphalen, kam dann aber wieder an Preußen zurück. Der sächsische Anteil fiel
1815 ebenfalls an Preußen und wurde der Provinz Sachsen eingegliedert. 1945 kam
M. an die sowjetische Besatzungszone und damit von 1949 bis 1990 an die
Deutsche Demokratische Republik. S. Sachsen-Anhalt.
L.: Wolff 413f.; Wallner 710 ObersächsRK 13 a, b; Großer Historischer Weltatlas
II 66 (1378) F3, III 22 (1648) E3, III 38 (1789) D2; Gringmuth-Dallmer, H.,
Magdeburg-Wittenberg, (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Die
Territorien des Reichs 6, 78; Krumhaar, K., Die Grafen von Mansfeld und ihre
Besitzungen, 1872; Leers, R., Geschichtskunde der Grafen von Mansfeld,
Mansfelder Bll. 21 (1907); Möllenberg, W., Das Mansfelder Bergrecht und seine
Geschichte, 1914; Hempel, E., Die Stellung der Grafen von Mansfeld zum Reich,
1917; Schmidt, K., Die Grundlagen der Entwicklung des Territoriums der
Grafschaft Mansfeld, 1923, Mansfelder Blätter 36/37 (1930); Brandenburg, E.,
Die Ahnen Augusts des Starken, 1937; Helbig, H., Der wettinische Ständestaat,
2. A. 1980, 114ff.; Mansfelder Land. Ergebnisse der heimatkundlichen
Bestandsaufnahme, bearb. v. Neuß, E./Zühlke, D., 1982; Blaschke, K., Mansfeld, LexMA
6 1992, 201; Vötsch, J., Zwischen Reichsfreiheit und Landsässigkeit (in)
Hochadelige Herrschaft im mitteldeutschen Raum, hg. v. Rogge, J. u. a., 2003.
Mantua (Stadtkommune, Reichsvikariat,
Markgrafschaft, Herzogtum). M. am Mincio wurde vermutlich von den Etruskern
gegründet und kam nach der gotischen und langobardischen Zeit (603) 774 an das
fränkische Reich. Hier war es Sitz eines Bistums und einer Grafschaft (819),
die im 10. Jahrhundert (977) an das Haus Canossa (Markgrafen von Tuszien) fiel.
Nach dessen Ende (1115) erlangte M. Selbständigkeit und trat 1167 dem Bund der
lombardischen Städte bei. 1236 eroberte Kaiser Friedrich II. die danach bald
wieder unabhängige Stadt. 1263 enstand unter den Bonaccolsi eine Signorie. 1311
bestätigte König Heinrich VII. den in den
Kämpfen der großen Geschlechter der Stadt siegreichen Rinaldo
Bonaccolsi-Passerino als Reichsvikar. 1329 verlieh Kaiser Ludwig der Bayer
Luigi Gonzaga das Reichsvikariat über M., das dieser zu einer umfassenden
Herrschaft ausbaute. Kaiser Sigmund erhob 1432 Gianfrancesco Gonzaga zum
Markgrafen, Kaiser Karl V. 1530 Frederigo II. zum Herzog von M. Dieser gewann
1536/1559 die 1574 zum Herzogtum erhobene Markgrafschaft Montferrat hinzu. Nach
dem Aussterben der italienischen Hauptlinie der Gonzaga 1627 versuchte der
Kaiser, die Länder M. und Montferrat als erledigte Reichslehen einzuziehen und
an Spanien auszugeben, doch fiel das Herzogtum nach dem mantuanischen
Erbfolgekrieg 1630/1631 an den Duc de Nevers (eine jüngere Linie der Gonzaga),
der einen Teil Montferrats an Savoyen abtreten musste, das seinerseits Pinerolo
(Pignerolo) an Frankreich verlor. Im spanischen Erbfolgekrieg zog Kaiser
Leopold I. M. wegen des Übertritts des letzten Nevers zu Frankreich als
erledigtes Reichslehen ein und vereinigte es bis auf das 1703 an Savoyen
gegebene restliche Montferrat 1745 mit dem bereits früher an
Habsburg/Österreich gefallenen Herzogtum Mailand. 1801 erhob Napoleon nach der
Eroberung Mantuas dieses zur Hauptstadt der Zisalpinischen Republik (1805 Königreich Italien), doch kam es nach den
Befreiungskriegen (1810 Erschießung Andreas Hofers) 1814 zum
Lombardo-Venetischen Königreich Österreichs
zurück (Festungsviereck M., Verona, Peschiera, Legnago). 1859 wurde es mit
Venetien vereinigt und kam 1866 an das neue Königreich
Italien (1861).
L.: Großer Historischer Weltatlas II 48 (1300) D2, II 78 (1450) G4, III 12
(16./17. Jh.) D2, III 22 (1648) E6; Schneider, B., Der mantuanische
Erbfolgestreit, 1905; Quazza, R., La guerra per la successione di Mantua, Bd.
1f. 1925f.;
Brinton, S., The Gonzaga lords of Mantua, 1927; Mantova, hg. v. Coniglio,
G./Faccioli, E./Paccagnini, G., La storia, Bd. 1ff. 1958ff.; Colorni, V., Il
territorio mantovano nel Sacro Romano Impero (800-1274), 1959; Mardi, B.,
Mantuanitas vergiliana, 1963; Schmid, E., Mantua, Cremona, Lodi, 1964;
Pescasio, L., Parnasco mantovano, 1969-1971; Mozzarelli, C., Lo stato
gonzaghesco. Mantua dal 1328 al 1707, (in) Storia d’Italia, hg. v. Galasso, G.,
17 1979, 359; Vaini, M., Dal Comune alla Signoria, 1986; Lazzarini, I., Mantua,
LexMA 6 1992, 206; Lazzarini, I., Fra un principe e altri stati, 1996;
Schlinker, S., Fürstenamt und Rezeption, 1999, 192.
Mark (Grafschaft, Grafen). Um 1160 (1161?) spaltete
sich von den Grafen von Berg eine mit deren Allodialgut im westlichen Sauerland
an der mittleren Ruhr (einschließlich Hamm) ausgestattete Linie ab, die sich
nach der Burg Altena an der Lenne Grafen von Altena nannte. Seit 1202 wurde zur
Unterscheidung von der um 1175 abgespalteten Linie Isenberg-Limburg die 1198
erworbene Burg M. bei Hamm namengebend. Diese Grafen von der M. schufen aus
verschiedenartigen Bestandteilen (Vogtei über Essen [1288] und Werden, 1243 Königshof Unna) und in Auseinandersetzung vor allem
mit dem Erzstift Köln (1288 Schlacht von Worringen) ein geschlossenes
Herrschaftsgebiet von Lippe und Emscher bis zum Ebbegebirge und Rothaargebirge
(1318 Herrschaft Ardey), wobei sich das 1226/1227 gegründete Hamm allmählich
zum Vorort entwickelte (bis 1809). 1368 misslang der Erwerb der Grafschaft
Arnsberg. 1392 kam es zur durch Heirat Adolfs III., der deswegen 1364 das Amt
des Kölner Erzbischofs aufgab, ermöglichten Vereinigung mit der Grafschaft
Kleve am Niederrhein. 1444 schloss sich in der Soester Fehde Soest mit der
Soester Börde der Grafschaft an. Andererseits verlor die Grafschaft die
Herrschaft Bilstein und Fredeburg an Köln. Seit 1461 wurden M. und Kleve
gemeinsam verwaltet. 1511 wurden sie durch Heirat in Personalunion mit Jülich, Berg
und Ravensberg verbunden. Im nach Aussterben der Grafen 1609 ausbrechenden
jülich-klevischen Erbfolgestreit (1609-1614) wurden diese Länder wieder
getrennt, wobei Kleve und M. (mit 50 Quadratmeilen und den Kreisen Hamm,
Altena, Hörde und Wetter sowie der Stadt Soest, der Reichsgrafschaft Limburg
und der Hälfte von Lippstadt) an Brandenburg fielen. Brandenburg überließ 1630
die 1614 erlangte Herrschaft Gimborn-Neustadt den Grafen von Schwarzenberg.
Seit 1705 beantragte Preußen wegen M. die Aufnahme in das westfälische
Reichsgrafenkollegium. 1807 wurde die Grafschaft M. mit rund 100000 Einwohnern
und einer seit 1750 stark geförderten Industrie an Frankreich abgegeben und
1808 dem Großherzogtum Berg zugeschlagen, 1813 aber wieder von Preußen besetzt.
1815 bezog Preußen M. in die Provinz Westfalen ein. 1946 kam das Gebiet zu
Nordrhein-Westfalen. Den Titel Grafen von der Mark erhielten zwei Nachkommen
Friedrich Wilhelms II. von Preußen und der Gräfin von Lichtenau.
L.: Wolff 318f.; Zeumer 554 II b 63, 28, 31; Wallner 701 WestfälRK 3; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) D3, II 78 (1450) F3, III 22 (1648) C3, III
38 (1789) B2; Richtering, H./Kittel, E., Westfalen-Lippe, (in) Geschichte der
deutschen Länder, Bd. 1; Drachenhausen, A. Frhr., Stammtafeln der Grafen von
der Mark, 1908; Die Grafschaft Mark. Festschrift, hg. v. Meister, A., Bd. 1f.
1909; Rothert, H., Kirchengeschichte der Grafschaft Mark, 1913; Frisch, M., Die
Grafschaft Mark. Der Aufbau und die innere Gliederung, 1937; Zeittafel der
Grafschaft Mark, 1948; Vahrenhold-Huland, U., Grundlagen und Entstehung des
Territoriums der Grafschaft Mark, 1968; Stoob, H., Westfälische Beiträge zum
Verhältnis von Landesherrschaft und Städtewesen, Westfäl. Forsch. 21 (1969), 6;
Reimann, N., Die Grafen von der Mark und die geistlichen Territorien der Kölner
Kirchenprovinz (1313-1368), 1973; Schleidgen, W., Kleve-Mark. Urkunden
1223-1368, 1983; Timm, W., Schatzbuch der Grafschaft Mark 1486, 1986; Der Tag
bei Worringen, hg. v. Janssen, W./Stehkämper, H., 1988, 407ff.; Kupper, J.,
Mark, LexMA 6 1992, 297; Repertorium der Policeyordnungen der frühen Neuzeit,
hg. v. Härter, K./Stolleis, M., Bd. 2 1998; Ribhegge, W., Die Grafen von der
Mark, 2002; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W. u. a., 2003, 1, 1, 160, 820 (Kleve und Mark); Escher, M. u. a.,
Die urbanen Zentren, 2005, 1, 431; Bochum, der Hellwegraum und die Grafschaft
Mark im Mittelalter, hg. v. Pätzold, S., 2009.
Marstetten (Herrschaft), Mauerstetten. M. bei
Wangen erscheint um 1100 (Marstetin). Die Burg und engere Herrschaft M. waren
seit dem 14. Jahrhundert (1351) in den Händen der Herren von Königsegg. 1566 kam die zum schwäbischen Reichskreis
zählende Herrschaft an die Truchsessen von Waldburg, 1601 an die Linie Zeil und
1675 an die Linie Zeil-Wurzach. Um 1800 umfasste sie mit der Herrschaft Wurzach
ein Gebiet von 5,5 Quadratmeilen und 10000 Einwohnern. 1806 fiel sie an Bayern,
1810 an Württemberg und damit 1951/1952 an Baden-Württemberg.
L.: Wolff 45, 199; Wallner 686 SchwäbRK 26 b; Der Kreis Wangen, 1962.
Mathildische Güter ([umstrittene] Reichsgüter?). M.
sind die von Markgräfin Mathilde von Tuszien um 1080 (1079?, bestätigt 1102)
Papst Gregor VII. gegebenen und zu Lehen mit dem Recht der freien Verfügung
zurückerhaltenen Güter in Oberitalien (in den Grafschaften Reggio, Modena,
Mantua, Brescia, [mit Cremona], Ferrara [Lehen der Kirche], Parma und Verona
[neben Eigengütern und Reichslehen in Niederlothringen]), die sie hinsichtlich
der Eigengüter 1111/1115 an Kaiser Heinrich V. vererbte, der sie 1116 in Besitz
nahm. Im Streit zwischen Papst und Kaiser blieben die Güter bis zum Ende des
12. Jahrhunderts unter kaiserlicher Verwaltung. Am 12. 7. 1213 erkannte König Friedrich II. die päpstlichen Ansprüche an, doch
kam der Papst gegenüber den Städten (z.B. Modena, Reggio) und dem Landadel,
welche die Güter in ihre Herrschaften eingliederten, über eine ideelle
Oberhoheit nicht hinaus.
L.: Overmann, A., Die Besitzungen der Großgräfin Mathilde von Tuszien nebst
Regesten ihrer Urkunden, 1892 (Diss.); Overmann, A., Mathilde von Tuszien,
1895, Neudruck 1965; Haverkamp, A., Herrschaftsformen der Frühstaufer in
Reichsitalien, Bd. 1f. 1970f.; Gross, T., Lothar III. und die Mathildischen
Güter, 1990; Hägermann, D., Mathildische Güter, LexMA 6 1992, 394.
Mattsee (Herrschaft). Wahrscheinlich stiftete
Herzog Tassilo III. von Bayern 777 das 783/784 erstmals belegte Kloster, das
817 königliche Abtei war und 907 zusammen mit
Altötting dem Hochstift Passau übertragen wurde. 1390/1398 verkauften die
Bischöfe von Passau die schon mehrfach verpfändete, von der Burg M. aus
verwaltete Herrschaft M. mit Straßwalchen an das Erzstift Salzburg, das 1803 an
Toskana und 1805 an Österreich kam.
L.: Wolff 133; Erben, W., Quellen zur Geschichte des Stiftes und der Herrschaft
Mattsee, 1896; 1200 Jahre Stift Mattsee, Festschrift, 1977.
Maxlrain (Herrschaft). M. (813 Mahsminreini) bei
Bad Aibling war vermutlich altes Königsgut, das
zumindest teilweise an das Hochstift Freising kam. Die Familie, die sich seit 1080
nach M. nannte, erwarb im 16. Jahrhundert die reichsfreie Herrschaft
Hohenwaldeck und wurde 1548 zu Reichsfreiherren erhoben. Nach dem Aussterben
der Familie 1734 gelangte M., das die Reichsmatrikel von 1776 im bayerischen
Reichskreis aufführt, an die Sazenhofen bzw. Satzenhofen, Lamberg,
Reinstein-Tattenbach (Rheinstein-Tattenbach), Arco-Valley, Lodron, Radali,
Leyden, Arco-Zinneberg, Hohenthal und Bergen. Die Lehnshoheit Freisings wurde
1523 im Tausch gegen Wallenburg erneuert, im 18. Jahrhundert aber abgelöst.
L.: Gumpelzhaimer 50; Demmel, K., Die Hofmark Maxlrain. Ihre rechtliche und
wirtschaftliche Entwicklung, 1941.
Mecklenburg (Fürsten, Herzogtum, Land, Landesteil).
Das schon in der Mittelsteinzeit besiedelte, naturräumlich nicht stark ausgegrenzte
Gebiet zwischen Pommern, Brandenburg und Schleswig-Holstein war bis etwa 500 n.
Chr. von Germanen (Langobarden, Sachsen, Semnonen, Angeln) bewohnt. Um 600
besiedelten die slawischen Abodriten und Liutizen, Kessiner und Zirzipanen das
friegewordene Land. Ihre unter König Karl dem
Großen (789ff.) und König Heinrich I. (928-934)
hergestellte Abhängigkeit vom fränkischen bzw. deutschen Reich war jeweils nur
von kürzerer Dauer. Das um 1060 auf der 995 erstmals erwähnten Burg M.
(Michelenburg) bei Wismar, die im 10./11. Jahrhundert Hauptfürstensitz der
abodritischen Wenden war, gegründete Bistum M. ging im Slawenaufstand von 1066
unter. Erst unter Herzog Heinrich dem Löwen gelang die dauerhafte
Eingliederung. Dabei geriet seit 1142 der Westen in die Hand der Grafen von
Ratzeburg und Dannenberg. 1154 wurde das Bistum Ratzeburg, nach 1160 das Bistum
Schwerin gegründet. Heinrich der Löwe besiegte 1160 den im Osten herrschenden
abodritischen Fürsten Niklot aus dem Haus der Nakoniden, das die Abodriten im
11./12. Jahrhundert geeint hatte. 1167 gab er aber das Gebiet mit Ausnahme der
neugeschaffenen Grafschaft Schwerin (Länder Wittenburg, Boizenburg) an Niklots
Sohn Pribislaw, den Gründer der bis 1918 regierenden Dynastie, als Lehen
Sachsens zurück. Bald nach Heinrichs des Löwen Sturz (1180) kam das Gebiet bis
1227 unter die Oberherrschaft Dänemarks, unter der das Land Gadebusch
(Gadelsbusch) aus der Grafschaft Ratzeburg M. zugeschlagen wurde (1203). 1256
wurde M. als Fürstensitz von Wismar abgelöst, doch wurde der Ortsname
Landesname. 1229/1238 teilten die vier Urenkel Pribislaws M. in die vier Linien
Mecklenburg(-Schwerin, das Land um die Wismarbucht und den Schweriner See),
Werle (mit Güstrow, Land Wenden), Rostock und Parchim (Parchim-Richenberg), die
sich ihrerseits weiter verzweigten. Die Fürstentümer Parchim (1256), Rostock
(1314/1323) und Werle (1436) fielen bei ihrem Erlöschen an M. zurück, das
außerdem 1298/1300 durch Heirat Stargard als Lehen Brandenburgs (mit Lychen und
Wesenberg), 1320 Grabow, 1350 Stadt und Land Fürstenberg, zwischen 1343 und
1358 Schwerin (Verdrängung der Grafen von Schwerin nach Tecklenburg) und 1372
von den Herzögen von Sachsen Stadt und Land Dömitz erlangte, 1347 nach Ablösung
der Lehnshoheit Sachsen-Lauenburgs und Brandenburgs Reichsunmittelbarkeit
erwarb und am 8.7.1348 von König Karl IV. zum
Herzogtum (Reichslehen) erhoben wurde. Als 1471 die 1352 von
Mecklenburg-Schwerin erneut abgezweigte Linie Stargard ausstarb, lag die
Herrschaft über ganz M., das später zum niedersächsischen Reichskreis zählte,
bei der Hauptlinie Mecklenburg-Schwerin, die 1442 den Markgrafen von
Brandenburg Erbhuldigung leistete und Erbanwartschaft zugestehen musste. Neue
Teilungen (nach der schon 1534 erfolgten tatsächlichen Trennung einer 1503/1520
vereinbarten Samtherrschaft) von 1555 (bis 1610) und 1621 führten zur Bildung
der Herzogtümer Mecklenburg-Schwerin im Westen und Mecklenburg-Güstrow im
Osten, doch blieben die Landstände, die Stadt Rostock und die 1419 gegründete
Universität Rostock, das Hofgericht und - nach Einführung der Reformation - das
Konsistorium gemeinsam. 1610 fiel Mecklenburg-Schwerin an Mecklenburg-Güstrow.
Nach der erneuten Teilung (1621) verloren die Herzöge 1628/1629-1631 ihre
Länder über das Reich an Wallenstein, 1648 Wismar, Poel und Neukloster an
Schweden (bis 1803/1903), erhielten aber andererseits die säkularisierten
Hochstifte Schwerin und Ratzeburg und die Komtureien Mirow
(Mecklenburg-Schwerin) und Nemerow (Mecklenburg-Güstrow). Nach dem Erlöschen
der Güstrower Linie (1695) bildeten sich am 8. 3. 1701 die Linien
Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz, das im Wesentlichen aus dem
Fürstentum Ratzeburg (ohne Stadt Ratzeburg [ausgenommen die Dominsel]), der
Herrschaft Stargard und den Komtureien Mirow und Nemerow bestand, wobei Landstände,
Landtage und Gerichte gemeinsam blieben. 1755 schloss der Herzog von
Mecklenburg-Schwerin mit den Ständen einen landesgrundgesetzlichen Vergleich.
1808 traten beide Herzöge dem Rheinbund bei und wurden 1815 zu Großherzögen
erhoben. Mecklenburg-Strelitz erhielt außerdem noch ein Gebiet (drei Kreise) in
der Eifel mit etwa 10000 Einwohnern, das es 1819 an Preußen verkaufte. Eine am
3. 8. 1849 eingeführte liberale Verfassung wurde auf Einspruch
Mecklenburg-Strelitzs und der Ritterschaft 1850 aufgehoben. 1866/18677 traten
beide Großherzogtümer auf preußischen Druck dem Norddeutschen Bund und 1868 dem
Deutschen Zollverein bei. Der Großherzog von Mecklenburg-Strelitz beging am 29.
2. 1918 Selbstmord, der Großherzog von Mecklenburg-Schwerin dankte am 14. 11.
1918 für beide Länder ab. Durch die Verfassung vom 17. 5. 1920 wurde der
Freistaat Mecklenburg-Schwerin, durch das Landesgrundgesetz vom 29. 1. 1919/24.
5. 1923 Mecklenburg-Strelitz parlamentarisch-demokratische Republik. Zum 1. 1.
1934 wurden beide Länder durch Gesetz zum Land M. mit Regierungssitz in
Schwerin vereinigt. 1937 erfolgte ein Gebietsaustausch, in dem die
ratzeburgisch-mecklenburgischen Enklaven Breitenfelde, Mannhagen und Althorst
zu Preußen und die bis dahin lübeckische Gegend um Schattin zu M. gelangten.
1945 kam M., um Vorpommern westlich der Oder (mit Rügen, aber ohne Stettin)
vergrößert, jedoch um ein der Stadt Ratzeburg nach Osten hin vorgelagertes
Gebiet um Ziethen, Bäk und Mechow (britische Besatzungszone) verkleinert, zur
sowjetischen Besatzungszone (22938 Quadratkilometer, 2,109 Millionen
Einwohner). Es erhielt am 16. 1. 1947 eine neue Verfassung. 1949 wurde M. ein
Land der Deutschen Demokratischen Republik. Durch Gesetz vom 23. 7. 1952 wurde
das Land aufgelöst (str.) und zusammen mit Teilen Brandenburgs (Uckermark,
Westprignitz) auf die Bezirke Schwerin, Rostock und Neubrandenburg aufgeteilt,
zum 3.10.1990 aber als Mecklenburg-Vorpommern wiederhergestellt (Haupstadt
Schwerin), wobei 8 Gemeinden des Amtes Neuhaus 1990 den Landkreis Hagenow
verließen, um sich in Niedersachsen eingliedern zu lassen.
L.: Wolff 441; Wallner 706 NiedersächsRK 2; Die Territorien des Reichs 2, 166;
Mecklenburger Urkundenbuch, Bd. 1ff. 1863ff.; Strecker, W./Cordshagen, C.,
Mecklenburg, (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Böhlau, H.,
Mecklenburgisches Landrecht, Bd. 1ff. 1871ff.; Büsing, O., Staatsrecht der
Großherzogtümer Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz, 1884; Buchka, G.
v., Landesprivatrecht der Großherzogtümer Mecklenburg-Schwerin und
Mecklenburg-Strelitz, 1905; Sachsse, H., Die landständische Verfassung
Mecklenburgs, 1907; Witte, H., Mecklenburgische Geschichte, Bd. 1f. 1909ff.;
Vitense, O., Geschichte von Mecklenburg, 1920; Krause, H., System der
landständischen Verfassung Mecklenburgs in der ersten Hälfte des 16.
Jahrhunderts, 1927; Endler, E., Geschichte von Mecklenburg-Strelitz 1701-1933,
1935; Schmaltz, K., Kirchengeschichte Mecklenburgs, Bd. 1ff. 1935ff.; Engel,
F./Schmidt, R., Historischer Atlas von Mecklenburg, 1935ff.; Heeß, W.,
Geschichtliche Bibliographie von Mecklenburg, Bd. 1ff. 1944; Engel, F.,
Erläuterungen zur historischen Siedlungsformenkarte Mecklenburg und Pommern,
1953; Hofer, E., Die Beziehungen Mecklenburgs zu Kaiser und Reich (1620-1683),
1956; Steinmann, P., Bauer und Ritter in Mecklenburg, 1960; Hamann, M., Das
staatliche Werden Mecklenburgs, 1962; Hamann, M., Mecklenburgische Geschichte.
Von den Anfängen bis zur Landständischen Union von 1523, 1968; Pagel, K.,
Mecklenburg. Biographie eines deutschen Landes, 1969; Geschichte der
Universität Rostock 1419-1969, hg. v. Heitz, G., Bd. 1f. 1969; Wieden, H. bei
der, Grundriss zur deutschen Verwaltungsgeschichte 1815-1945, B XIII
(Mecklenburg), 1976; Petersohn, J., Der südliche Ostseeraum im
kirchlich-politischen Kräftespiel des Reichs, Polens und Dänemarks vom 10. bis
13. Jahrhundert, 1979; Beiträge zur pommerischen und mecklenburgischen
Geschichte, hg. v. Schmidt, R., 1981; Wieden, H. bei der, Mecklenburg, LexMA 6
1992, 439; 1000 Jahre Mecklenburg, 1995; Ein Jahrtausend Mecklenburg und
Vorpommern, 1995; Handbuch der historischen Stätten, Bd. 12
Mecklenburg-Vorpommern, 1995; Schlinker, S., Fürstenamt und Rezeption, 1999,
140; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W.
u. a., 2003, 1, 1, 166, 844; Die früh- und hochmittelalterliche
Siedlungsentwicklung im nördlichen Mecklenburg im Lichte der Ortsnamen, hg. v.
Foster, E. u. a., 2007; .Zusammenschlüsse und Neubildungen deutscher Länder im
19. und 20. Jahrhundert, hg. v. Kretzschmar, R. u. a., 2013, 153ff.
Meißen (Burggrafschaft). Die 929 von König Heinrich I. als Stützpunkt der deutschen
Herrschaft im eroberten Mittelelbegebiet angelegte Burg Misni auf einem Hügel
über der Elbe war seit 968 Sitz der Bischöfe von M. und eines Markgrafen, seit
1046 der Markgrafen von M. und seit 1086 der Burggrafen von M. Das Amt des königlichen Burggrafen, der in einem weiteren Gebiet
auch richterliche Aufgaben hatte, wurde im 13. Jahrhundert unter den
Meinheringern erblich. Diese vermochten es nicht, aus den weit verstreuten
Gütern ein geschlossenes Herrschaftsgebiet zu bilden. Nach langem Streit
mussten sie die Burggrafschaft von den Markgrafen von M. zu Lehen nehmen. Nach
ihrem Aussterben (1426) kam die Burggrafschaft 1426 an die Vögte von Plauen,
1439 an das Haus Wettin.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) G3; Das Burggrafenthum Meißen,
1842; Riehme, E., Markgraf, Burggraf und Hochstift Meißen, Diss. phil. Leipzig
1907; Schlinker, S., Fürstenamt und Rezeption, 1999, 216; Höfe und Residenzen
im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 562.
Meißen (Hochstift, Residenz). Die 929 von König Heinrich I. als Stützpunkt der deutschen
Herrschaft im eroberten Mittelelbegebiet angelegte Burg Misni an der Einmündung
der Triebisch in die Elbe war Sitz des auf Vorschlag Kaiser Ottos I. 968 von
Papst Johannes XIII. gegen die Slawen eingerichteten Bistums M. (erster Bischof
Burkhard) zwischen Bober, Queis, Erzgebirge, Lausitzer Gebirge, Mulde und
mittlerer Spree, das dem gleichzeitig eingerichteten Erzbistum Magdeburg
unterstellt wurde. Die Bischöfe vermochten als Reichsfürsten (1230) ein kleines
Herrschaftsgebiet um das 1184 gegründete Stift Wurzen (Land Wurzen), Stolpen
(1222) und im sog. Eigenschen Kreis in der Oberlausitz zu bilden, gerieten aber
trotz der äußerlich weiter bestehenden Reichsunmittelbarkeit mehr und mehr in
Abhängigkeit der Markgrafen von M. bzw. des Hauses Wettin (1485). Seit etwa
1400 hielt sich der Bischof meist in Stolpen, seit etwa 1500 meist in Wurzen
auf. Das Bistum wurde 1399 dem Papst unmittelbar unterstellt und nach der 1539
erfolgten Reformation faktisch 1581 aufgehoben. Das Hochstift kam (zur
Administration) an Sachsen (1587/1666). 1818 wurden die Stiftslande dem
Staatsgebiet Sachsens endgültig einverleibt. 1921 wurde das Bistum M. als
exemtes Bistum mit Sitz in Bautzen wiederhergestellt. Mit Sachsen fiel das
Gebiet von 1949 bis 1990 in die Deutsche Demokratische Republik.
L.: Wolff 378; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) G3; Codex
diplomaticus Saxoniae regiae II: Urkundenbuch des Hochstifts Meißen, hg. v.
Gersdorf, E., Bd. 1ff. 1864ff.; Kötzschke, R., Das Domstift Meißen in der
Landesgeschichte, (in) Der Dom zu Meißen, Festschrift des Hochstifts Meißen,
1929; Dittrich, P., Die Diözese Meißen unter der Kirchenpolitik der
Landesherren des 16. und 17. Jahrhunderts, 1961; Schlesinger, W.,
Kirchengeschichte Sachsens im Mittelalter, Bd. 1f. 1962; Rittenbach,
R./Seifert, S., Geschichte der Bischöfe von Meißen 968-1581, 1965; Lobeck, A.,
Das Hochstift Meißen im Zeitalter der Reformation bis zum Tode Herzog Heinrichs
1541, 1971; Huth, J., Der Besitz des Bistums Meißen, (in) Jb. f. dt.
Kirchengeschichte 1973, 77ff.; Streich, B., Die Bistümer Merseburg, Naumburg
und Meißen zwischen Reichsstandschaft und Landsässigkeit, (in) Mitteldeutsche
Bistümer im Spätmittelalter, 1988; Blaschke, K., Meißen, LexMA 6 1992, 478;
Ludwig, T., DO I. 406 und die Zugehörigkeit der Niederlausitz zum Bistum
Meißen, DA 56 (2000), 171; Scharz, B., Die Exemtion des Bistums Meißen, ZRG KA
88 (2002), 294; Ludwig, T., Die Urkunden der Bischöfe von Meißen, 2005 (2008);
Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W.,
2003, 1, 2, 371; Wejwoda, M.Kirche und Landesherrschaft - das Hochstift Meißen
und die Wettiner im 13. Jahrhundert, 2007 (Magisterarbeit).
Meißen (Markgrafschaft). Die 929 von Heinrich
I. als Stützpunkt der deutschen Herrschaft im eroberten Mittelelbegebiet an der
Einmündung der Triebisch in die Elbe oberhalb des Meisabaches angelegte Burg
Misni wurde 968 Sitz eines Markgrafen, 1046 Sitz der Markgrafen von M. Die 1046
erstmals so genannte Mark M. (marchia Misnensis) geht auf eine deutsche, nach
dem Tod Markgraf Geros (965) abgespaltete Markgrafschaft zurück, als deren
erster Inhaber 968 Wigbert erscheint. Sie hatte wechselnden Umfang (982
Markgrafschaft Merseburg, Zeitz und M.) und unterstand Markgrafen aus den
Häusern der Ekkehardiner (Ekkehardinger) (985-1046), Weimar-Orlamünde
(1046-1067), der Brunonen (1067-1088) und seit 1089/1125 zusammen mit M. der
Eilenburger (Heinrich I. von Eilenburg) bzw. Wettiner, die ursprünglich als
Grafen im Schwabengau und Hosgau saßen und deren Stammarkgrafschaft Wettin mit
der gleichnamigen Burg an der Saale lag. Sie gewannen bis 1156 Eilenburg
(Eulenburg, Eilenberg) und Camburg, die Mark Niederlausitz (sächsische
Ostmark), das Land Bautzen, die Gegend um Dresden, die Grafschaften Rochlitz
und Groitzsch sowie die Kirchvogteien über das Hochstift Naumburg
(Naumburg/Zeitz) und die Klöster Pegau, Chemnitz und Bosau. Der 1195
unternommene Versuch des Kaisers die Mark als erledigtes Reichslehen
einzuziehen scheiterte. Markgraf Heinrich III. erwarb die Landgrafschaft
Thüringen und die Pfalzgrafschaft Sachsen (1247/1274), sein Sohn das Reichsland
Pleißen (Pleißenland) mit Altenburg, Chemnitz und Zwickau. Bei seinem Tode kam
es zu Landesteilungen und Familienzwisten, welche die Bedeutung der
Markgrafschaft erheblich minderten. 1300 zog König
Adolf von Nassau das Land als erledigtes Lehen ein, doch konnte Markgraf
Friedrich I. 1307 M. wie Thüringen zurückgewinnen. Unter den Nachfolgern
gelangen Erwerbungen im Reichsland Pleißen (Pleißenland) sowie um Dohna und
Pirna. Kernland der Markgrafen blieb das Gebiet um M. 1409 wurde von Markgraf
Friedrich dem Streitbaren die Universität Leipzig gegründet. 1422/1423
erlangten die Markgrafen von M. Land, Herzogstitel und Kurwürde der Herzöge von
Sachsen-Wittenberg. Damit trat die später zum obersächsischen Reichskreis
zählende Markgrafschaft M. gegenüber dem Herzogtum Sachsen in den Hintergrund
und wurde unter Sachsen mitverstanden. Sie umfasste das Gebiet der sogenannten
meißnischen, Leipziger und erzgebirgischen Kreise. Der meißnische Kreis
enthielt die Ämter M., Dresden, Dippoldiswalde, Pirna, Hohnstein (Hohenstein)
und Lohmen, Stolpen, Radeberg mit Laußnitz (Lausnitz), Großenhain mit
Moritzburg, Senftenberg, Finsterwalde, Mühlberg, Torgau und Oschatz. Der
Leipziger Kreis umfasste die Ämter Leipzig, Delitzsch, Zörbig, Eilenburg mit
Düben, Grimma, Mutzschen (Mutschen), Leisnig und Döbeln, Rochlitz, Colditz (Kolditz),
Borna, Pegau und das Stiftsamt Wurzen. Der erzgebirgische Kreis zerfiel in die
Ämter Freiberg, Augustusburg (Augustenburg), Chemnitz, Nossen, Grillenburg mit
Tharandt, Frauenstein, Altenberg, Lauterstein, Wolkenstein mit Rauenstein,
Grünhain mit Stollberg (Stolberg), Schwarzenberg mit Crottendorf (Krottendorf),
Wiesenburg und Zwickau mit Werdau (Werda). Bei späteren Teilungen fiel der
Hauptteil (Dresden, Freiberg, M.) an die albertinische Linie des späteren Königreichs Sachsen. Sachsen kam von 1949 bis 1990 zur
Deutschen Demokratischen Republik.
L.: Wolff 378f.; Wallner 708 ObersächsRK 2; Großer Historischer Weltatlas II 34
(1138-1254) G3, II 66 (1378) G3; Blaschke, K./Kretzschmar, H., (Ober-)Sachsen
und die Lausitzen, (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Posse, O., Die
Markgrafen von Meißen und das Haus Wettin bis zu Konrad dem Großen, 1881;
Kötzschke, R./Kretzschmar, H., Sächsische Geschichte, Bd. 1, 2 1935, Neudruck
1965; Helbig, H., Der wettinische Ständestaat bis 1485, Bd. 1f. 2. A. 1980;
Pannach, H., Das Amt Meißen vom Anfang des 14. bis zur Mitte des 16.
Jahrhunderts, 1960; Polenz, P. v., Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, III,
25, IV, 5, Misner Bevölkerungsname; Mark Meißen, hg. v. Weise, H., 1989;
Blaschke, K., Geschichte Sachsens im Mittelalter, 1990; Blaschke, K., Meißen,
LexMA 6 1992, 476ff.; Rupp, G., Die Ekkehardiner, 1996; Weller, T., Die
Heiratspolitik, 2004; Urkunden der Markgrafen von Meißen und Landgrafen von
Thüringen 1196-1234, Register bearb. v. Baudisch, S. u. a., 2009.
Memleben (Reichskloster). M. wird 780 in einem
Verzeichnis der Güter des von Erbbischof Lullus von Mainz erbauten Klosters
Hersfeld erstmals erwähnt (Mimelebo). König
Heinrich I. († 936) ließ den dortigen Königshof
zur Pfalz ausbauen. 975 stiftete Otto II. ein Benediktinerkloster in M., das
bald reiche Güter erhielt. Otto III. verlieh 994 Marktrecht, Münzrecht und
Zollrecht. Heinrich II. unterstellte das Kloster 1015 Hersfeld. 1548 wurde das
Kloster in Folge der Reformation aufgehoben.
L.: Memleben. Königspfalz – Reichskloster –
Propstei, hg. v. Wittmann, H, 2001.
Mergentheim (Meistertum des Deutschen Ordens,
Residenz), Bad Mergentheim. Das wahrscheinlich im 8. Jahrhundert entstandene
und vermutlich 720/750 mit einer Kirche ausgestattete M. an der Tauber wird
1058 erstmals als Sitz einer Grafschaft im Taubergau erwähnt. 1219 gaben die
Grafen von Hohenlohe (als Nachfolger der Grafen von Lauda?) M. an den Deutschen
Orden. Von 1525/1526 bis 1809 war M. nach der Zerstörung Hornecks Sitz des
Deutschmeisters, der nach dem Übertritt des Hochmeisters Albrecht von Preußen
zur Reformation auch das Amt des Hochmeisters des Deutschen Ordens übernahm.
Das Meistertum umfasste die Stadt M., die Vogtei Hüttenheim, die Pflegen
Hilsbach, Heuchlingen (Heuchelheim), Kürnbach (Kirnbach), Stupferich und
Weingarten, die Ämter Weinheim, Neckarsulm, Kirchhausen, Stocksberg, die
Kommentureien Horneck am Neckar, Frankfurt, zu Mainz und zu Speyer, die
Kammerkommenturei zu Weißenburg im Elsass und die Herrschaften Freudenthal in
Oberschlesien und Busau (Baussau) in Mähren. 1809 fiel M. an Württemberg und
gelangte damit 1951/1952 zu Baden-Württemberg.
L.: Wolff 113; Beschreibung des Oberamts Mergentheim, hg. v. d.
Statist.-Topograph. Bureau, 1880, Neudruck 1968; Carlé, W., Bad Mergentheim,
1957; Diehm, F., Geschichte der Stadt Bad Mergentheim, 1963; Hermes, G.,
Mergentheim und Umgebung, 1967; Horneck, Königsberg
und Mergentheim. Zu Quellen und Ereignissen in Preußen und im Reich vom 13. bis
19. Jahrhundert, hg. v. Arnold, U., 1980; Sperling, F., Gerichtsorganisation
und Prozesspraxis des Mergentheimer Stadtgerichts, 1981; Ulshöfer, K.,
Mergentheim, Stadt in der Geschichte 9 (1982), 26; Fahlbusch, F., Mergentheim,
LexMA 6 1992, 537; Klebes, B., Der Deutsche Orden in der Region Mergentheim im
Mittelalter, 2002; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W., 2003, 1, 2, 376.
Merseburg (Hochstift, Herzogtum, Residenz). Schon
in karolingischer Zeit (um 850) war die Burg M. (slaw. Mesibor, Mittenwalde)
auf einem Hügel westlich der Saale Sitz von Grafen (von M.). Sie fiel durch die
Gemahlin (Hatheburg) König Heinrichs I. an die
Liudolfinger. Neben der von Heinrich I. errichteten Pfalz gründete Kaiser Otto
der Große (962/968) unter Auslösung aus der Diözese von Halberstadt das Bistum
M. (erster Bischof Boso von Sankt Emmeram in Regensburg), das zur Erzdiözese
Magdeburg gehörte. Bekanntester Bischof des von 981 bis 1004 aufgelösten,
ziemlich kleinen Bistums (Landschaft Chutizi zwischen Saale und Mulde mit einem
schmalen Streifen östlich der Mulde) war Thietmar von M. (1008-1018). Die
weltliche Herrschaft beschränkte sich auf die Stadt M. mit ihrer unmittelbaren
Umgebung, ein 974 von Kaiser Otto II. erhaltenes großes Waldgebiet zwischen
Saale und Mulde (Schkeuditz, Lützen) und die Lehnshoheit über Leipzig. Nach der
seit 1523 eindringenden Reformation brachte das Haus Wettin (Sachsen,
Albertiner) als Administrator ab 1545/1561 das zum obersächsischen Reichskreis
gehörige Stiftsgebiet, das die Ämter M., Lützen mit Zwenkau, Schkeuditz und
Lauchstädt (Lauchstedt) umfasste, in seine Gewalt. Dies wurde 1635/1648
anerkannt. Von 1657 bis 1731 bestand eine wettinische Nebenlinie der Herzöge
von Sachsen-Merseburg, bis 1815 eine besondere Verwaltung. 1815 kam das Gebiet
ganz überwiegend zu Preußen, 1945 zur sowjetischen Besatzungszone und damit von
1949 bis 1990 zur Deutschen Demokratischen Republik. S. Sachsen-Merseburg.
L.: Wolff 380f.; Wallner 708 ObersächsRK 2; Großer Historischer Weltatlas II 66
(1378) G3, III 38 (1789) D2; Gringmuth-Dallmer, H., Magdeburg-Württemberg, (in)
Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Urkundenbuch des Hochstifts Merseburg,
hg. v. Kehr, P., Teil 1 (bis 1357), 1899; Bönhoff, L., Das Bistum Merseburg,
seine Diözesangrenzen und seine Archidiakonate, Neues Archiv f. Sächsische
Geschichte 32 (1911); Heckel, J., Die evangelischen Dom- und Kollegiatstifte
Preußens, insbesondere Brandenburg, Merseburg, Zeitz, 1924; Holtzmann, R., Die
Aufhebung und Wiederherstellung des Bistums Merseburg, Sachsen und Anhalt 2 (1926);
Schlesinger, W., Kirchengeschichte Sachsens, Bd. 1f. 1962; Streich, B., Die
Bistümer Merseburg, Naumburg und Meißen zwischen Reichsstandschaft und
Landsässigkeit, (in) Mitteldeutsche Bistümer im Spätmittelalter, 1988; Gemeinde
auf dem Weg durch die Zeit, hg. v. Steenhoff, T., 1989; Blaschke, K., Die
Christianisierung des Landes östlich des Saale, Jb. f. dt. Kirchengeschichte 17
(1989/90), 63ff.; Blaschke, K., Merseburg, LexMA 6 1992, 546; Höfe und
Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 564,
1, 2378.
Meschede (Kloster). In karolingischer Zeit wurde
in M. an der Ruhr von der vermutlich mit Graf Ricdag verwandten Emhildis ein
Kanonissenstift gegründet, das schon vor König
Konrad I. (vor 913) in königlichen Schutz
aufgenommen wurde. Mit über 400 Bauernhöfen zählte M. bald zu den reichsten
Klöstern Westfalens, blieb aber unter der Vogtei der Grafen von Werl und
Arnsberg. 1810 wurde es von Hessen aufgehoben. Über Preußen kam M. 1946 an
Nordrhein-Westfalen.
L.: Göbel, B., 1000 Jahre Meschede, 1959; Quellen zur Geschichte von Stift und
Freiheit Meschede, hg. v. d. Stadt Meschede, 1981.
Metz (freie Reichsstadt). In keltischer Zeit
war Divodurum Hauptort der Mediomatriker. Die Römer erbauten an der wichtigen
Kreuzung der Straßen nach Reims, Trier, Straßburg und Mainz das Kastell
Mediomatricum (später Mettis). Vermutlich im ausgehenden 3. (oder 4.)
Jahrhundert wurde dort ein Bischofssitz eingerichtet. Zeitweise war der Ort
Mittelpunkt des später Austrasien genannten fränkischen Reichsteils. 843 kam
M., obwohl es dem romanisch-französischen Sprachraum zugehörig war, zu
Lotharingien, 870 zum ostfränkischen Reich. Seit dem späten 12. Jahrhundert
(1189) löste sich die Stadt aus der Abhängigkeit der Bischöfe, die ihren Sitz
nach Vic verlegten, und stieg von 1180 bis 1210 zur Reichsstadt auf. Sie schuf
sich ein Herrschaftsgebiet (Pays Messin), das im 14. Jahrhundert mit mehr als
130 Dörfern das größte aller Reichsstädte war, und verteidigte es gegen alle
Angriffe der Herzöge von Lothringen. Nachdem 1551 die protestantischen
deutschen Reichsfürsten dem König von Frankreich
für dessen Hilfe gegen Kaiser Karl V. das Reichsvikariat über die Bistümer M.,
Toul und Verdun zugesprochen hatten, besetzte der König
von Frankreich 1552 die Stadt. 1648 wurde sie endgültig an Frankreich
abgetreten. Als Hauptstadt des Bezirks Lothringen des Reichslandes
Elsass-Lothringen gehörte M. von 1871 bis 1918 zum Deutschen Reich und war von
1940 bis 1944 deutsch besetzt.
L.: Wolff 308; Großer Historischer Weltatlas II 34 (1138-1254) F4, II 66 (1378)
D4; Westphal, Geschichte der Stadt Metz, Bd. 1-3 1875ff.; Albers, J.,
Geschichte der Stadt Metz, 1902; Zeller, G., La réunion de Metz á la France de
1552 a 1648, Bd. 1f. Paris 1926; Schneider, J., La ville de Metz aux XIIIe et
XVe siècles, Nancy 1950; Hocquard, G. u. a., Metz, 1961; Polenz, P. v.,
Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, II, 18, 32, IV, 18, pagus Mettensis, zum
Ortsnamen Metz; Pundt, M., Metz und Trier, 1998; Escher, M. u. a., Die urbanen
Zentren, 2005, 2, 408; Petry, C., Faire des sujets du roi, 2006.
Metz (Hochstift, Fürstbistum, Residenz).
Vermutlich im ausgehenden 3. (oder 4.) Jahrhundert wurde im römischen
Mediomatricum (später Mettis) ein seit 535 sicher feststellbarer Bischofssitz (u.
a. Arnulf von Metz 617-639) eingerichtet, der zur Erzdiözese Trier gehörte. Bei
den karolingischen Reichsteilungen kam M. zu Lothringen, 870 zum ostfränkischen
Reich. Die im Frühmittelalter beträchtlichen weltlichen Güter, die anfangs vom
Chiemsee bis zu den Cevennen und von Lüttich bis ins Elsass streuten und ein
Gegengewicht zum Herzogtum Lothringen bilden sollten (u. a. [1005?] Grafschaft
M., 1065 Grafschaft Saarbrücken, Seillegau bzw. Saulnois von Vic bis Dieuze,
Epinal, Senones, Neuweiler [Neuviller], Maursmünster, Saint-Trond [Saint
Trond], Dugny, Commercy), gingen besonders durch Verselbständigung der Stadt M.
(1180-1210, 1189) seit dem 12. Jahrhundert stark zurück (u. a. Verlust der
Grafschaft Dagsburg an die Grafen von Leiningen, weitere Verluste an den Herzog
von Lothringen). 1296 wurde der Bischof Lehnsmann des Königs
von Frankreich. 1357 sicherte Kaiser Karl IV. den Bestand des Hochstifts,
dessen wichtigste Stützpunkte nun Chaligny, Epinal, Rambervillers, Moyen,
Deneuvre, Senones-Salm, Vic und Metz waren. 1551 sprachen die protestantischen
deutschen Reichsfürsten dem König von Frankreich
für dessen Hilfe gegen Kaiser Karl V. das Reichsvikariat über die Bistümer M.,
Toul und Verdun zu. 1552 besetzte Frankreich die Stadt M. und erhielt im
Vertrag von Chaumont (1552) das bisher zum oberrheinischen Reichskreis zählende
Hochstiftsgut. 1613 erzwang Frankreich die Huldigung im Hochstift. 1648 wurde
das Fürstbistum M. endgültig an Frankreich abgetreten. Allerdings nannten sich
die Bischöfe von M. bis 1790 Fürsten des Heiligen Römischen Reiches. Im 18.
Jahrhundert umfasste das Gebiet des Bistums die bischöflichen Lehnsherrschaften
Helflingen (Helfedange), Habudingen (Habondange) und Hingsingen (Hinguezange),
die Herrschaften Lagarde (La Garde), Türkstein und Chatillon, die Grafschaft
Rixingen, die Kastellaneien Remilly, Vic, Freiburg, Baccarat und Rambervillers.
In den Wirren der französischen Revolution von 1789 ging das Bistum unter,
wurde aber 1801 mit veränderten Grenzen wiederhergestellt, 1802 dem Erzbistum
Besançon unterstellt und 1874 eximiert.
L.: Wolff 300f.; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) D4; Die Territorien
des Reichs 5, 96; Histoire générale de Metz par des religieux Bénédictins de la
Congrégation de Saint-Vannes, 1769ff.; Dorvaux, N., Les anciens pouilles du
diocèse de Metz, 1902; Bourgeat, G./Dorvaux, N., Atlas historique du diocèse de
Metz, 1907; Morret, B., Stand und Herkunft der Bischöfe von Metz, Toul und
Verdun im Mittelalter, 1911; Meyer, A., Der politische Einfluss Deutschlands
und Frankreichs auf die Metzer Bischofswahlen im Mittelalter, 1916; Zeller, G.,
La reunion de Metz à la France, Bd. 1, 2 1926; Herrmann, W., Zum Stande der
Erforschung der früh- und hochmittelalterlichen Geschichte des Bistums Metz,
Rhein. Vjbll. 28 (1963); Tribout de Morembert, H., Le diocèse de Metz, 1970;
Gauthier, N., L’evangélisation des pays de la Moselle, 1980; Histoire de Metz,
1986; Parisse, M., Austrasie, Lotharingie, Lorraine, 1990; Parisse, M., Metz,
LexMA 6 1992, 585; Müller, M., Am Schnittpunkt von Stadt und Land, 1993; Die
alte Diözese Metz, hg. v. Herrmann, H., 1993; Bauer, T., Lotharingien als
politischer Raum, 1997; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg.
v. Paravicini, W., 2003, 1, 2, 379; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren,
2005, 1, 463.
Michelbach (Reichsdorf). M. bei Merzig war bis 1789 das einzige Reichsdorf im Saarland. Die Schirmherrschaft lag bis 1766 bei den Herzögen von Lothringen, dann bei den ihnen nachfolgenden Königen von Frankreich und ab 1778 bei dem Erzstift Trier. Grundherren waren das Stift Sankt Simeon in Trier und die Abtei Tholey. Über Preußen kam M. 1919 und 1945/1946 zum Saargebiet und damit 1957 zum Saarland.
Michelstadt (Herrschaft). In der schon römisch
besiedelten Gegend an der oberen Mümling erscheint 741/742 das Königsgut M. (Michilstat). 815 gab Kaiser Ludwig der
Fromme Ort und Mark an Einhard, der es 819/840 an Lorsch weitergab. Seit dem
12. Jahrhundert wurde es dem Kloster durch die Schenken von Erbach als Vögte
(1232, Aufhebung Lorschs) entfremdet. 1307 mussten die Schenken es der Pfalz zu
Lehen auftragen. 1806 kam es an Hessen-Darmstadt und damit 1945 an Hessen. S.
Erbach.
L.: Wolff 123; Buxbaum, P., Michelstadt, 1950; (Polenz, P. v., Landschafts- und
Bezirksnamen, 1961, IV, 3, 4, 6, 7, Marcha pertinens ad Michlenstat;)
Michelstadt vom Mittelalter zur Neuzeit, 1986; Braasch-Schwersmann, U.,
Michelstadt, LexMA 6 1992, 611.
Mindelheim (Herrschaft, Reichsfürst). An der Stelle
von M. an der Mindel lagen eine alemannische Siedlung des 7. Jahrhunderts und
ein fränkischer Königshof. M. selbst wird
erstmals 1046 anlässlich der Übertragung vom Reich an das Hochstift Speyer
erwähnt. 1365 kamen Stadt (vor 1256) und Herrschaft von den Herren von M. über
die Hochschlitz an die Herzöge von Teck und 1433/1439 an die Herren von
Rechberg. Von 1467 bis 1586 gehörten Herrschaft und Stadt M. den
Freundsberg/Frundsberg. Danach kamen sie 1590 an die Fugger, deren Rechte aber
von den Herren von Maxlrain bestritten wurden. Sie traten ihre Ansprüche an
Bayern ab, das M. 1616 besetzte und die Fugger abfand. Seit 1616 war M.,
abgesehen von 1704/1705 bis 1713/1714, als es der Kaiser als aus seiner Sicht
erledigtes Reichslehen John Churchill Marlborough, First Duke of Marlborough,
als Belohnung für seinen Sieg über Bayern als Reichsfürsten überließ, was durch
den Frieden von Rastatt 1714 allerdings wieder entschädigungslos beseitigt
wurde, und abgesehen von 1778 bis 1780 (Besetzung durch Österreich, mit 7
Quadratmeilen Gebiet), Teil Bayerns und gehörte dem schwäbischen Reichskreis
an.
L.: Wolff 136, 201; Wallner 685 SchwäbRK 13; Großer Historischer Weltatlas III
38 (1789) D3; Zoepfl, F., Geschichte der Stadt Mindelheim in Schwaben, 1948;
Der Landkreis Mindelheim in Vergangenheit und Gegenwart, 1968; Vogel, R.,
Historischer Atlas von Bayern, Teil Schwaben, Mindelheim, 1970; Habel, H., Der
Landkreis Mindelheim, 1971.
Minden (Hochstift, Fürstbistum, Fürstentum,
Residenz). M. an einem wichtigen Übergang über die Weser wird erstmals 796
genannt (Minda). Um 803/804 (?) wurde dort durch Kaiser Karl den Großen unter
dem um 790 zum Bischof ernannten Erkanbert (von Fulda) ein Bistum mit der
Diözese zwischen Hunte und Aller (Hannover, Celle, Soltau, Dümmersee, Polle,
Nienburg) eingerichtet, das zur Erzdiözese Köln gehörte. 961 erhielt es die
Immunität, 977 Markt, Münze und Zoll. Vögte waren seit etwa 1073/1080 die
billungischen Herzöge von Sachsen bzw. seit etwa 1096 bis 1398 die Herren vom
Berge (Hausberge). M. gewann ein kleines Herrschaftsgebiet (etwa ein Viertel
der Diözese), für das es 1180 nach dem Sturz Herzog Heinrichs des Löwen die
Herzogsgewalt erhielt. Es entsprach nach dem vorübergehenden Erwerb Hamelns von
Fulda (1259-1277, dann an die Welfen) und der Grafschaft Stemwede (Stenvede),
dem Verlust Stolzenaus an die Grafen von Hoya (1336) sowie nach dem Anfall der
Herrschaft der Edlen von (Haus-)Berg (Hausberge) 1398 etwa den Kreisen Lübbecke
und M. (Schlüsselburg, Hausberge, Rahden, Bünde, Oldendorf (Preußisch
Oldendorf), Löhne) und war damit eines der kleinsten geistlichen Fürstentümer
des Reiches. Seine Vogtei stand bis 1397 den Edlen vom Berge zu. Im Hochstift
erlangte die Stadt M. schon in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts eine
gewisse Selbständigkeit. Im 16. Jahrhundert kam das früh von der Reformation
erfasste, zum niederrheinisch-westfälischen Reichskreis zählende M. unter den
Einfluss der Herzöge von Braunschweig-Wolfenbüttel. 1661 starb der letzte
Bischof. 1648 wurde es gegen Abfindung der Lüneburger Welfen mit Osnabrück als
Entschädigung für Vorpommern Brandenburg zugesprochen, das es in ein weltliches
Fürstentum umwandelte und 1719 verwaltungsmäßig mit der Grafschaft Ravensberg
verband. Das Domkapitel bestand bis 1810 fort. Das Fürstentum enthielt die
beiden unmittelbaren Städte M. und Lübbecke und die Ämter Hausberge,
Petershagen, Reineberg, Rahden und Schlüsselburg. 1807/1808 ging es im Königreich Westphalen auf, das 1811 die Teile links
der Weser mit der Stadt M. an Frankreich verlor. 1813/1814 nahm es Preußen
wieder in Besitz und gliederte es 1815 der Provinz Westfalen an. 1946 kam das
Gebiet zu Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 330f.; Zeumer 553 II b 34; Wallner 702 WestfälRK 12; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) E2, III 22 (1648) D2, III 38 (1789) C1;
Ledebur, L. v., Das Fürstentum Minden und die Grafschaft Ravensberg, 1825,
Neudruck 2009; Richtering, H./Kittel, E., Westfalen-Lippe, (in) Geschichte der
deutschen Länder, Bd. 1; Holscher, L., Beschreibung des vormaligen Bistums
Minden nach seinen Grenzen, Archidiakonaten, Gauen und alten Gerichten, 1877,
Nachdruck o. J.; Spannagel, K., Minden-Ravensberg unter
brandenburgisch-preußischer Herrschaft 1648-1719, 1894; Hoogeweg, H., Die
Urkunden des Bistums Minden bis 1300, 1898; Frie, B., Die Entwicklung der
Landeshoheit der Mindener Bischöfe, 1909; Mindener Geschichtsquellen, hg. v.
Löffler, K., Bd. 1ff. 1917ff.; Blotevogel, H., Die älteste brauchbare Karte des
ehemaligen Fürstentums Minden. Die Schloenbachsche Handschriftenkarte von 1772,
Mindener Heimatblätter 6 (1937); Blotevogel, H., Studien zur territorialen
Entwicklung des ehemaligen Fürstentums Minden, Diss. phil. Münster 1939; Krieg,
M., Kleine Chronik von Minden, 1950; Dammeyer, W., Der Grundbesitz des Mindener
Domkapitels, 1957; Scriverius, D., Die weltliche Regierung des Mindener Stifts
von 1140 bis 1397, Bd. 1f. 1966ff.; Assmann, H., Beiträge zur Geschichte des
Kreises Minden 1816-1945, (in) Mitt. des Mindener Geschichtsvereins 40 (1968),
79; Köbler, G., Gericht und Recht in der Provinz Westfalen (1815-1945), FS G.
Schmelzeisen, 1980, 172; Ausgrabungen in Minden, hg. v. Trier, B., 1987;
Leutheusser, H., Rechtsanwaltschaft und Justiz in Minden, (1989); Brandt,
H./Hengst, K., Victrix Mindensis ecclesia, 1990; Hemann, F., Minden, LexMA 6
1992, 631; Linnemeier, B., Jüdisches Leben im alten Reich, 2000: Höfe und
Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 570,
1, 2, 382; Die Lehnsregister der Bischöfe von Minden bis 1324, bearb. v.
Kemkes, H. u. a., 2010 (768 Belehnungen).
Minderslachen (Reichsdorf). Am 22. 1. 1379 verpfändete
König Wenzel an Kurfürst Ruprecht von der Pfalz
unter anderem das Reichsdorf Mundeslacht, das Ruprecht aus der Pfandschaft des
Grafen Emich von Leiningen gelöst hatte.
L.: Hugo 464.
Minfeld (Reichsdorf). M. südlich Landaus
erscheint erstmals 982 anlässlich einer Übertragung vom Reich an das Hochstift
Speyer. Mit der Herrschaft Guttenberg kam es an Pfalz-Zweibrücken und
Leiningen. Am 22. 1. 1379 verpfändete König
Wenzel an Kurfürst Ruprecht von der Pfalz unter anderem M., das Ruprecht aus
der Pfandschaft des Grafen Emich von Leiningen eingelöst hatte. Später gelangte
es über die Pfalz und Bayern 1946 an Rheinland-Pfalz.
L.: Hugo 464; Walther, J., Beiträge zur Geschichte der Dörfer Minfeld und
Freckenfeld, 1906.
Modena (Stadtkommune, Herzogtum). M. geht auf
das römische Mutina zurück, das seinerseits einer ligurischen und keltischen
Siedlung folgte. In der Mitte des 4. Jahrhunderts wurde es Sitz eines Bischofs.
In langobardischer und fränkischer Zeit war es Sitz eines Grafen. 961
unterstand es dem Haus Canossa. Danach erlangte es Selbständigkeit (1135
Konsuln). Von 1288 bis 1306 und von 1335/1336 bis 1796 stand es unter der
Herrschaft der Este, die 1471 vom Papst auch mit Ferrara belehnt wurden. 1452
wurde es durch Kaiser Friedrich III. zusammen mit Reggio nell’Emilia zum
Herzogtum erhoben. Beim Erlöschen der Hauptlinie zog der Papst 1597 Ferrara
ein. 1628/1631 konnte Correggio erworben werden, 1711 Mirandola und 1728/1737
Novellara. Nach der Besetzung durch Frankreich wurde am 16. 10. 1796 in M. die
Vereinigung des Herzogtums mit Bologna, Ferrara und Reggio zur Zispadanischen
Republik beschlossen, die 1797 in der Zisalpinischen Republik und 1805 im Königreich Italien Frankreichs aufging. Durch den
Reichsdeputationshauptschluss vom 25. 2. 1803 gelangten Breisgau und Ortenau
als Entschädigung an den Herzog von M. (Modena-Breisgau) bzw. das verschwägerte
Haus Österreich-Este, fielen aber 1805/1806 an Baden. 1814 kam das Herzogtum M.
an Österreich-Este (zurück). 1859/1860 wurde es mit dem Königreich Italien (1861) vereinigt. Das Haus Österreich-Este starb
1875 aus.
L.: Collana di storiografia modenese, 1964ff.; Barbieri, A., Modena ieri e
oggi, 1965; Santini, G., Lo stato estense tra riforme e rivoluzione, 1983;
Storia illustrata di Modena, hg. v. Golinelli, P./Muzzioli, G., 1990f.;
Golinelli, P., Modena, LexMA 6 1992, 708; Rölker, R., Adel und Kommune in
Modena, 1994; Schlinker, S., Fürstenamt und Rezeption, 1999, 193.
Moers, Mörs (Grafen, Fürstentum). M. am
Niederrhein wird erstmals im 9. Jahrhundert in Heberegistern der Abtei Werden
genannt. Am Ende des 12. Jahrhunderts (1186) erscheinen Herren von M., die sich
seit 1228 auch und seit etwa 1375 nur noch Grafen nannten. Sie hatten um M. und
Krefeld ein Herrschaftsgebiet, das sie gegen Kleve, das Erzstift Köln sowie
Geldern erhalten konnten. Allerdings ging die Grafschaft seit 1250 von Kleve zu
Lehen. 1376/1397 erheirateten die Grafen die Grafschaft Saarwerden, 1417
teilten sie in Moers und Moers-Saarwerden. Im Kampf gegen Burgund verlor M. im
späten 15. Jahrhundert fast alle Güter. 1493 fiel M. an Wied-Runkel und 1519 an
die Grafen von Neuenahr. Sie führten die Reformation ein und vererbten die
Güter 1600 testamentarisch an das Haus Oranien (Nassau-Oranien). 1702 nahm
(Brandenburg bzw.) Preußen M. im Zuge des nach dem Erlöschen der Prinzen von
Oranien (König Wilhelm III. von England)
entstehenden Erbfolgestreits als Erbe und als Herzog von Kleve in Besitz.
Zwischen 1705 und 1707 beantragte Preußen die Aufnahme von M. in das
westfälische Reichsgrafenkollegium. 1707 wurde M. vom Kaiser in ein Fürstentum
umgewandelt. Seit 1723 war M. Sitz einer Regierung. Um 1800 hatte es 39000
Einwohner bei 6 Quadratmeilen Gebiet und zählte zum
niederrheinisch-westfälischen Reichskreis. Von 1801 bis 1814 gehörte es zu
Frankreich, danach zur Rheinprovinz Preußens und kam damit 1946 zu
Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 340f.; Wallner 703 WestfälRK 24; Henrichs, L., Geschichte der
Grafschaft Moers, 1914; Ottsen, O., Die Geschichte der Stadt Moers, 1950;
Roewer, H., Linksrheinische städtische Siedlungen, 1954; Der Landkreis Moers,
hg. v. Brües, O., 1963; Barkhausen, M., Die Grafen von Moers als Typus
kleinerer Territorialherren des späteren Mittelalters, (in) Barkhausen, M., Aus
Territorial- und Wirtschaftsgeschichte, 1963, 56ff.; Hübner, W., Der Landkreis
Moers. Geschichte, Landwirtschaft, Wirtschaft, 1965; Paravicini, W., Croy und
Burgund, AHVN 179 (1977), 7ff.; Janssen, W., Moers, LexMA 6 1992, 714; Moers,
hg. v. Wensky, M., 2000.
Mömpelgard (Grafschaft, Reichsgrafschaft,
Residenz), frz. Montbéliard. Das nach der Burg Mons Biliardi benannte M. an der
Allaine war seit dem 10. Jahrhundert Hauptort einer 1070 erstmals
erwähntenGrafschaft, die mit der Teilung des Reiches der Lothare
(Lotharingiens) 870 zum Ostreich gelangt war. Vermutlich kurz vor 1044 kam sie
vom König an die Mousson, 1162 an die
Montfauçon. Seit König Rudolf von Habsburg
(1273-1291) war sie reichsunmittelbar (Reichskunkellehen), wobei die
Herrschaften Granges, Clerval und Passavant den Grafen von Burgund
(Freigrafschaft, Franche-Comté) lehnrührig waren. Nachdem die Grafen von
Württemberg 1324 bereits die Herrschaften Horburg und Reichenweier gekauft
hatten, fiel M. mit Clerval, Etobon, Granges, Saulnot (Saulmont), Passavant,
etwa 50 Dörfern und Pruntrut 1397/1409 durch Heirat der Erbtochter (Henriette)
an sie. Weiter erwarben sie die Herrschaften Blamont (1506), Clémont,
Héricourt, Châtelot (1561) und Franquemont (1595). In Württemberg wurde M.
immer wieder Nebenlinien zugeteilt (u. a. 1617-1723). 1534 wurde die Reformation
eingeführt. Von 1674/1476 bis 1679/1697 und 1793 wurde M., das seit 1654 Sitz
und Stimme auf dem Reichstag hatte, aber keinem Reichskreis angehörte, von
Frankreich, dessen Oberhoheit Württemberg 1748 anerkennen musste, besetzt.
1796/1801 wurde es Frankreich einverleibt.
L.: Wolff 491f.; Zeumer 553 II b 45; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378)
D5, III 38 (1789) B4; Tuefferd, P., Histoire des comtes souverains de
Montbéliard, 1877; Viellard, L., Documents et mémoire pour servir à l’histoire
du territoire de Belfort, 1884; Adam, A., Mömpelgard und sein staatsrechtliches
Verhältnis zu Württemberg und dem alten deutschen Reiche, Württemberg. Vjh. f.
LG. 7 (1884), 181ff., 278ff.; Stälin, P., Geschichte Württembergs, Bd. 1 1887;
Duvernoy, C., Montbéliard au XVIIIe siècle, 1891; Pigallet, M., Le Comté de
Montbéliard et ses dependances, 1915; Renard, L., Nouvelle histoire du pays de
Montbéliard, 1950; Grube, W., Mömpelgard und Altwürttemberg, Alem. Jb. 7
(1959), 135ff.; Kläui, P., Hochmittelalterliche Adelsherrschaft im Zürichgau,
1960; Moreau, J., Dictionnaire de géographie historique, 1960, 185 Montbéliard;
Bühler, H., Studien zur Geschichte der Grafen von Achalm und ihrer Verwandten,
Z. f. württemberg. LG. 43 (1984), 7ff.; Eberl, I., Montbéliard, LexMA 6 1992,
780; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W.,
2003, 1, 2, 384; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 505, 2, 420.
Mondsee (Stift). Auf altem Siedlungsboden
gründete (vor) 748 der Herzog von Bayern das Kloster M. im Salzkammergut. 788
wurde es Königsgut (Reichskloster). 829 erhielt
es das spätere Sankt Wolfgangsland. 833/837 wurde es dem Hochstift Regensburg
übertragen, 1104 aber wieder von ihm gelöst. 1505 fiel das Mondseer Ländchen im
Anschluss an den bayerischen Erbfolgekrieg an Habsburg bzw. Österreich.
L.: Wolff 27; Awecker, H., Mondsee, Markt, Kloster, Land, 1952; Das älteste
Traditionsbuch des Klosters Mondsee, bearb. v. Rath, G./Reiter, E., 1989;
Haider, S., Mondsee, LexMA 6 1992, 751.
Montferrat (Markgrafschaft), ital. Monferrato,. Die
Markgrafschaft M. (zu 909 Monsferratus) zwischen Po und unterem Tanaro in
Oberitalien entstand im (10. und) 11. Jahrhundert. Die bis in die Mitte des 10.
Jahrhunderts zurückverfolgbaren, im frühen 12. Jahrhundert erstmals so
bezeichneten Markgrafen erlangten 1204 in den Kreuzzügen das Königreich Thessalien. 1305 kam M. durch Erbschaft
über die Erbtochter (Irene) an eine Seitenlinie der Kaiser von Byzanz (Könige von Griechenland) und von diesen nach
Aussterben der Linie (1533) 1536/1559 an die Gonzaga von Mantua. 1574 wurde es
Herzogtum. 1630/1631 fiel im mantuanischen Erbfolgekrieg ein Teil an Savoyen.
Dieses bzw. Sardinien erhielt 1703/1713 den Rest als durch Felonie Mantuas
erledigtes Reichslehen. Über Savoyen/Sardinien kam M. zu Italien (1861).
L.: Großer Historischer Weltatlas II 48 (1300) B/C2, II 78 (1450) F4; Usseglio,
L., I marchesi di Monferrato in Italia e in Oriente durante i secoli XII e
XIII, hg. v. Patrucco, C., 1926; Colli, G., Monferrato, 1960; Haberstumpf, W.,
Regesto dei marchesi di Monferrato di stirpe aleramica e paleologa per
l’Outremer e l’Oriente (S. XII-XV), 1989; Settia, A., Montferrat, LexMA 6 1992,
799.
Montfort (Grafen). Nach der um 1200 erbauten Burg
M. bei Götzis in Vorarlberg nannte sich seitdem ein schwäbisches, die um 1160
ausgestorbenen Grafen von Bregenz (Udalrichinger) bzw. Pfalzgrafen von Tübingen
um 1200 (nach 1182) beerbendes Grafengeschlecht. 1258 spalteten sich die Grafen
von Werdenberg (mit Bludenz) ab. 1258/1260 bzw. 1267/1270 teilte sich M. in die
Linien Montfort-Feldkirch (bis 1390), Montfort-Bregenz (bis 1338, beerbt von
Montfort-Tettnang) und Montfort-Tettnang, von der 1354 eine jüngere Linie
Tettnang (bis 1574) und eine jüngere Linie Bregenz (bis 1787) ausgingen. Die
Grafen zählten 1488 zur Rittergesellschaft Sankt Jörgenschild, Teil im Hegau
und am Bodensee, später wegen Schomburg zum Kanton Hegau
(Hegau-Allgäu-Bodensee, Bezirk Allgäu-Bodensee) des Ritterkreises Schwaben. Von
den umfangreichen Gütern am Bodensee und Alpenrhein sowie im Voralpengebiet
gingen die meisten an die Grafen von Habsburg (Feldkirch 1375/1379, Bregenz
1451/1523). 1565 wurde Rothenfels an Königsegg
veräußert, 1779/1780 Tettnang an Österreich verkauft. 1787 starben die Grafen
aus. Wegen der Grafschaft M. (Menthor) zählte Österreich am Ende des 18.
Jahrhunderts zu den schwäbischen Grafen der weltlichen Bank des
Reichsfürstenrats des Reichstags. 1816 ernannte der König
von Württemberg seinen Schwiegersohn (Jerôme Bonaparte 1784-1860), dessen
Nachkommen in der Gegenwart in Frankreich leben, zum Fürsten von M.
L.: Wolff 39; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) E5; Ruch Anhang 3, 82;
Vanotti, J. v., Geschichte der Grafen von Montfort und von Werdenberg, 1845;
Roller, O., Die Stammtafel der Grafen von Montfort bis zum Anfang des 15.
Jahrhunderts, ZGO 53 (1899); Bilgeri, B., Geschichte Vorarlbergs, Bd. 1ff.
1971ff.; Die Montforter, 1982 (Katalog); Burmeister, K., Montfort, LexMA 6
1992, 805; Burmeister, K., Die Grafen von Montfort, 1997.
Montfort-Tettnang (Grafen). Die Grafen von M. entstanden
1260 als Linie der Grafen von Montfort. Sie hatte von 1332 bis 1565 die
Herrschaft bzw. seit 1471 Grafschaft Rothenfels im Allgäu inne, die 1565 an die
Grafen von Königsegg kam. 1354 erfolgte eine
zweite Teilung in eine jüngere Linie M. und eine jüngere Linie
Montfort-Bregenz. 1574 erlosch die Linie M., 1787 auch der Bregenzer Zweig.
L.: Kastner, A., Die Grafen von Montfort-Tettnang, 1957.
Mosau, Mossaw (Reichsdorf). Am 22. 1. 1379
verpfändete König Wenzel dem Kurfürsten Ruprecht
von der Pfalz unter anderem das Dorf M., das Ruprecht aus der Pfandschaft des
Grafen Emich von Leiningen gelöst hatte.
L.: Hugo 466, 464.
Moselgau (Moslicinse, Musalgovve, Muselguuae,
Muselgowe, Muselgowi, Musolensi, Gau um die Mosel)
L.: Curs, O., Deutschlands Gaue im zehnten Jahrhundert, 1908, 14 (Niederemmel
bzw. Emmel, Wintrich bzw. Winterich, Wasserbillig, Lüxem, Löf, Rübenach,
Mertert, Girst, Monzelfeld bzw. Moselfeld); Gysseling, M., Toponymisch
Woordenboek, 1960, 718; Polenz, P. v., Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, II,
16, 24, 26, 32, Muselgouwe, Muselahgouwe, pagus Moslensis, pagus Muselenorum,
‚Moselgau‘; Puhl, R., Die Gaue und Grafschaften des frühen Mittelalters im
Saar-Mosel-Raum, 1999, 176 (699 pago Mosalinse), benannt nach der Mosel,
zwischen Seillegau und Maifeldgau mit zeitlich unterschiedlicher Ausdehnung,
(Altwiese bzw. Altwies, Ars an der Mosel bzw. Ars-sur-Moselle, Auning bzw.
Augny, Berg-sur-Moselle, Bettemburg bzw. Bettembourg, Beyern bzw. Beyren,
Beiern bzw. Beyren-lès-Sierck, Biwer, Boler, Bombogen, Büdingen unter Justberg
bzw. Budange-sous-Justemont, Bürmeringen bzw. Burmerange, Kemnat bzw. Cheminot,
Cochem, Dalheim, Daundorf, Dorf, Ebingen bzw. Ebange, Edingen bzw. Edange,
Elwingen bzw. Elvange?, Elzingen bzw. Elzing, Emeringen bzw. Emerange,
Ennerchen bzw. Ennery, Erden, Ersingen bzw. Erzange, Faulbach, Fixheim bzw.
Fixem, Fontoy/Fentsch, Hallingen bzw. Halling, Hellingen bzw. Hellange, Homburg
bzw. Hombourg, Jussingen bzw. Jussy, Kedingen bzw. Kédange-sur-Canner, Kirsch
bei Lüttingen bzw. Kirsch-lès-Luttange, Klüsserath, Königsberg
bzw. Koenigsberg, Königsmachern bzw.
Koenigsmacker, Lenningen, Lessingen bzw. Lessy, Lüxem, Maring, Mars-la-Tour,
Marspich, Mehring, Merl, Morlingen bzw. Morlange, Mutfort bzw. Moutfort, Mövern
bzw. Moyeuvre, Neumagen, Oetringen bzw. Oeutrange, Pépinville, Petersweiler
bzw. Pierrevillers, Pommern, Püttlingen bzw. Puttelange-lès-Thionville,
Remelach bzw. Rémilly, Rodemachern bzw. Rodemack, Roßlingen bzw. Rosselange,
Rüdlingen bzw. Rudling, Sackenheimerhof bzw. Sackenheimer Hof, Salzdorf bzw.
Salonnes, Schengen?, Schweich, Unterhofen bzw. Secourt, Sigmarshofen bzw.
Semécourt, Simmingen bzw. Semming, Séremange, Diedenhofen/Thionville, Valwig,
Villers bei Rombach bzw. Villers-lès-Rombas, Wollmeringen bzw.
Volmerange-lès-Mines, Wasserbillig, Wincheringen, Jeutz bzw. Yutz); Bauer, T.,
Die mittelalterlichen Gaue, 2000 (Rübenach, Sackenheimerhof, Valwig, Cochem,
Lehmen, Dahlem, Orenhofen, Lüxem, Dorf, Bombogen, Ürzig, Lösnich, Erden, Kamp,
Rachtig, Zeltingen, Wehlen, Maring, Piesport, Merl, Kröv, Monzelfeld, Longkamp,
Wintersdorf, Girst, Födelich, Wasserbillig, Biwer, Mertert, Wellen?, Wintrich,
Niederemmel an der Mosel, Dhron, Neumagen, Klüsserath, Schweich, Mehring,
Ruwer, Thalfang?, Beyern bzw. Beyren, Mutfort bzw. Moutfort, Dalheim, Ellingen
bzw. Ellange, Bettemburg bzw. Bettembourg, Hellingen bzw. Hellange, Altwies,
Daundorf, Elwingen bzw. Elvange, Bürmeringen bzw. Burmerange, Emeringen bzw.
Emerange, Halling?, Püttlingen bzw. Puttelange-lès-Thionville, Beiern bzw.
Beyren-lès-Sierck, Rodemachern bzw. Rodemack, Faulbach, Simmingen bzw. Semming,
Wollmeringen bzw. Volmerange-les-Mines, Boler, Fixem, Wincheringen, Lenningen, Körrig,
Beuren, Kleinmacher, Schengen, Rüdlingen bzw. Rudling, Berg an der Mosel bzw.
Berg-sur-Moselle, Kattenhofen? bzw. Cattenom?, Oetringen bzw. Oeutrange, Königsmachern bzw. Koenigsmacker, Diedenhofen bzw.
Thionville, Elsingen bzw. Elzange, Fentsch bzw. Fontoy, Serémange, Marspich,
Ersingen bzw. Erzange, Ebingen bzw. Ebange).
Mühlenbach (Herrschaft). 868 gab König Ludwig der Deutsche M., Arenberg und Immendorf
bei Koblenz an das Kloster Herford. 1226 erwarben die Herren von Helfenstein
das Erbmeieramt. Sie entwickelten aus der Vogtei und dem Meieramt die
Herrschaft M. 1579 erbten die Rollshausen (Rolshagen), die von Steinkallenfels
(Stein-Kallenfels), die Vogt (bzw. Vögte) von Hunolstein und die Wrede die
Herrschaft. Seit 1715 hatten die Wrede allein die Herrschaft. Das Schutzrecht
übte seit 1465/1470/1692 das Erzstift Trier aus. 1946 kam M. zu
Rheinland-Pfalz.
L.: Gensicke, H., Landesgeschichte des Westerwaldes, 2. A. 1987, 326.
Mühlhausen (Reichsstadt). Das (775 anlässlich der
Übertragung eines Zehnten an Hersfeld oder) 967 erstmals erwähnte M.
(Molinhusen) an der Unstrut in Thüringen (war seit karolingischer Zeit?)
Mittelpunkt eines fränkischen Reichsgutes mit franci homines. Die zugehörige
Pfalz wurde von den Kaisern und Königen des 10.
und 11. Jahrhunderts häufig besucht. Bei ihr entwickelte sich eine Siedlung,
die schon 974 hervorgehoben wurde. 1188 wurde M. civitas imperatoris, 1206
civitas regia und um 1220 des richis stad genannt. Um 1225 wurde ihr Recht im
Mühlhäuser Reichsrechtsbuch aufgezeichnet. 1231/1337 wurde die Gerichtsbarkeit
des Reichsburggrafen von der Stadt erworben. 1256 trat die Stadt dem
rheinischen Städtebund bei. Vor 1290 wurde die kaiserliche Burg zerstört. Ab
1311 wurden Statuten aufgezeichnet. 1336 wurde das Reichsschultheißenamt
erlangt. Seit 1348 galt M. als freie Reichsstadt., Bis 1370 gewann M. ein
Herrschaftsgebiet mit 19 Dörfern sowie etwa 220 Quadratkilometern. 1418 trat
die Stadt der Hanse bei. Bis 1450 wuchs die Stadt auf rund 8000 Einwohner. 1483
wurde M. Schutzstadt des Hauses Wettin. Zwischen dem Bauernkrieg (1524/1525)
und 1548 ging die Reichsfreiheit als Folge des Wirkens Thomas Müntzers (1524)
vorübergehend verloren zugunsten eines jährlich wechselnden Regiments durch
Sachsen und Hessen. 1542 wurde die Stadt gewaltsam reformiert. 1710 wurde das
zum niedersächsischen Reichskreis zählende M. Schutzstadt
Braunschweig-Lüneburgs (Hannovers). 1802/1803 fiel es mit 4 Quadratmeilen
Gebiet und 9000 Einwohnern an Preußen (1807-1813 Teil des Harzdepartements des Königreiches Westphalen). 1815 wurde M. der
preußischen Provinz Sachsen angeschlossen. Am 1. 7. 1944 wurde der
Reichsstatthalter in Thüringen mit der Wahrnehmung der Aufgaben und Befugnisse
des Oberpräsidenten in der staatlichen Verwaltung des Regierungsbezirks Erfurt
beauftragt. Mit Thüringen kam M. 1945 zur sowjetischen Besatzungszone und von
1949 bis 1990 zur Deutschen Demokratischen Republik. S. Thüringen.
L.: Wolff 457f.; Zeumer 554 III a 10; Wallner 707 NiedersächsRK 22; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) F3, II 78 (1450) G3, III 22 (1648) E3, III
38 (1789) D2; Herquet, K., Urkundenbuch der ehemaligen Freien Reichsstadt
Mühlhausen, 1874; Jordan, R., Chronik der Stadt Mühlhausen, Bd. 1ff. 1900ff.;
Jordan, R., Der Übergang der Reichsstadt Mühlhausen an das Königreich Preußen 1802, 1902; Steinert, R., Das
Territorium der Reichsstadt Mühlhausen in Thüringen, 1910; Weißenborn, F.,
Mühlhausen in Thüringen und das Reich, 1911; Bemmann, R., Die Stadt Mühlhausen
im späteren Mittelalter, 1915; Das Mühlhäuser Reichsrechtsbuch, hg. v. Meyer,
H., 3. A. 1936; Günther, G., Mühlhausen in Thüringen. 1200 Jahre Geschichte der
Thomas-Müntzer-Stadt, 1975; Günther, G./Korf, W., Mühlhausen
Thomas-Müntzer-Stadt, 1986; Gockel, M., Mühlhausen oder Mölsen, Mühlhauser
Beiträge 11 (1988), 26; Blaschke, K., Mühlhausen, LexMA 6 1992, 891; Lau, T.,
Bürgerunruhen und Bürgerprozesse, 1999; Die Statuten der Reichsstadt Mühlhausen
in Thüringen, bearb. v. Weber, W., 2003.
Mühlheim (an der Donau) (Herrschaft). 790 wird M.
am Platz einer römischen Siedlung erstmals erwähnt. Die Neugründung durch die
Grafen von Zollern (Hohenzollern) vor 1241 wurde Mittelpunkt einer Herrschaft,
die 1391 mit Bronnen, Kolbingen, Beuron, Irndorf, Buchheim, Worndorf, Königsheim, Mahlstetten, Böttingen und Stetten sowie
der Vogtei über Kloster Beuron an die Herren von Weitingen und von diesen 1409
samt Nendingen an die Herren von Enzberg verkauft wurde. Seit 1544 stand
vertraglich die hohe Obrigkeit der Grafschaft Hohenberg und damit
Habsburg/Österreich zu. 1806 kam die Herrschaft Enzberg an Württemberg und
damit M. 1951/1952 an Baden-Württemberg.
L.: Wolff 509; Bauser, F., Mühlheim und die Herren von Enzberg, 1909; Blessing,
E., Mühlheim an der Donau, 1985.
Münster (Hochstift, Residenz). Am Schnittpunkt
zweier wichtiger Straßen mit der Aa errichtete König
Karl der Große an der Stelle einer germanischen Siedlung des 3. Jahrhunderts
und einer sächsischen Siedlung des 7./8. Jahrhunderts um 782 eine Befestigung,
die der Friese Liudger unter Gründung eines Klosters 793 zum Sitz seiner
bischöflichen Friesenmission machte (805 Weihe zum Bischof). Der Name
Mimigernaford (819) wich später dem 1068 bezeugten Namen Monastere (lat.
monasterium, Kloster). Das dem Erzbistum Köln angehörige Bistum umfasste das
Gebiet zwischen dem Oberlauf der Issel, Lippe und Ems sowie fünf/sieben
friesische Gaue, die 1659 an Groningen und Deventer (Hengelo, Borculo,
Winterswijk [Winterswyk]) verloren gingen. Wichtigste Abtei war Werden, das
allerdings 864 von M. gelöst wurde. Das weltliche Herrschaftsgebiet ging von
der Goherrschaft in einigen Großkirchspielen aus. Dazu kam 1122 der Erwerb der
Grafschaft Cappenberg, der Erwerb der Herrschaften Stromberg (vor 1170),
Emsland (Grafschaft im Emsgau), der zuvor ravensbergischen Güter Vechta und
Aschendorf (1252), von Horstmar (1269), Lohn (1316), Cloppenburg (1393/1400),
Ahaus (1406) und Ottenstein (1407), der zeitweise Erwerb von Delmenhorst
(1482-1547) und Wildeshausen (1428-1634) sowie die Verdrängung der Grafen von
der Mark aus ihrer Stellung nördlich der Lippe im späteren 14. Jahrhundert.
1173 wurde die Stiftsvogtei der Grafen von Tecklenburg abgelöst. Unter König Otto IV. wurde der Bischof zum Reichsfürsten
erhoben. In seiner endgültigen Gestalt war das zum
niederrheinisch-westfälischen Reichskreis gehörige Hochstift (1559) in das
Oberstift (Ämter Wolbeck [mit der Hauptstadt M. und den Städten Beckum, Ahlen,
Telgte, Sendenhorst und Steinfurt], Sassenberg [mit der Stadt Warendorf],
Stromberg, Werne, Dülmen, Lüdinghausen, Ahaus und auf der Bram [mit den Städten
Ahaus, Borken, Vreden, Stadtlohn], Horstmar [mit den Städten Horstmar,
Coesfeld, Billerbeck, Metelen und den Kirchspielen Borghorst, Holthausen],
Rheine [Rheina], Laer, Bevergern und Bocholt [mit den Städten Bocholt und
Werth]) (Regierungsbezirk M.) und das damit nur über eine schmale Landbrücke
bei Lingen verbundene, ab 1252 entstandene, aber erst 1667/1676 auch geistlich
dem Bistum M. unterstellte Niederstift (Meppen, Cloppenburg, Vechta,
Bersenbrück) geteilt. Vom Umfang her war es das größte geistliche Fürstentum in
Deutschland. Von 1450 bis 1457 war der Münsteraner Bischofsstuhl in der
münsterschen Stiftsfehde umkämpft. 1534/1535 errichteten die Täufer in M. ein
demokratisch-sozialistisches Reich. Der Versuch des Bischofs, M. in ein
weltliches Fürstentum umzuwandeln, scheiterte. Am 3. 10. 1571 verkündete der
Fürstbischof eine Landgerichtsordnung sowie eine Hofgerichtsordnung. Bentheim,
Gronau, Oeding, Gemen und Werth gingen zum Luthertum bzw. Calvinismus über.
1773 wurde in der Stadt M. eine Universität gegründet. 1802/1803 wurde das
Hochstift (Fürstentum) mit 194 Quadratmeilen und 310000 Einwohnern unter
Preußen, das den östlichen Teil (die Ämter Sassenberg, Stromberg, Werne,
Lüdinghausen und Teile der Ämter Wolbeck, Dülmen, Horstmar, Rheine [Rheina] und
Bevergern) mit der Stadt M. erhielt, Oldenburg (die Ämter Vechta und
Cloppenburg), Arenberg (Amt Meppen), Looz-Corswarem (Amt Rheine bzw. Rheina und
Teile des Amtes Wolbeck), Wild- und Rheingrafen zu Grumbach (Salm-Grumbach)
(Teile des Amtes Horstmar), Salm-Salm (Ämter Bocholt und Ahaus und zwar zu zwei
Dritteln an Salm-Salm und zu einem Drittel an Salm-Kyrburg) und Croy (Teil des
Amtes Dülmen) aufgeteilt. 1806 sogen Arenberg und Salm die bei Looz-Corswarem
und Croy befindlichen Teile auf, kamen bald aber selbst an Frankreich. 1807
wurde der preußische Teil mit dem Großherzogtum Berg vereinigt und gelangte am
10. 12. 1810 unmittelbar zu Frankreich. 1815 fiel das Oberstift größtenteils an
Preußen (Provinz Westfalen), das Niederstift an Hannover (1866 Preußen) und
Oldenburg und damit 1946 an Niedersachsen.
L.: Wolff 311ff.; Zeumer 552 II a 22; Wallner 701 WestfälRK 1; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) D3, III 22 (1648) C2, III 38 (1789) B1;
Richtering, H./Kittel, F., Westfalen-Lippe, (in) Geschichte der deutschen
Länder, Bd. 1; Die Territorien des Reichs 2, 108; Bauer 1, 395; Westfälisches
Urkundenbuch, Bd. 1, 2, 3, 8 1847ff.; Olfers, C. v., Beiträge zur Geschichte
der Verfassung und Zerstückelung des Oberstifts Münster, 1848; Die
Geschichtsquellen des Bistums Münster, Bd. 1ff. 1851ff.; Brand, A., Geschichte
des Fürstbistums Münster, 1925; Braubach, M./Schultze, E., Die politische
Neugestaltung Westfalens 1795-1815, 1934; Friemann, H., Die Territorialpolitik
des münsterischen Bischofs Ludwig von Hessen 1310-1357, 1937; Handbuch des
Bistums Münster, hg. v. Börsting, H./Schröer, A., Bd. 1f. 1946ff.; Westfalia
sacra, Bd. 1 1948; Rothert, H., Westfälische Geschichte, Bd. 1f. 1949f.;
Börsting, H., Geschichte des Bistums Münster, 1951; Hömberg, A., Studien zur
mittelalterlichen Kirchenorganisation in Westfalen, 1953; Engel, J., Die Karten
des Johannes Gigas vom Fürstbistum Münster, Westf. Fgn. 12 (1959); Theuerkauf,
G., Land und Lehenswesen vom 14. bis zum 16. Jahrhundert. Ein Beitrag zur
Verfassung des Hochstifts Münster und zum norddeutschen Lehensrecht, 1961;
Weiers, H., Studien zur Geschichte des Bistums Münster im Mittelalter, 1984;
Germania Sacra N. F., Bd. 17, 2: Die Bistümer der Kirchenprovinz Köln: Das
Bistum Münster; Bockhorst, W., Geschichte des Niederstifts Münster bis 1400,
1985; Kirchhoff, K., Forschungen zur Geschichte von Stadt und Stift Münster,
1988; Geschichte der Stadt Münster im Stadtmuseum Münster, hg. v. Galen, H.,
1989; Fahlbusch, F./Hergenmöller, U., Münster, LexMA 6 1992, 914; Geschichte
der Stadt Münster, hg. v. Jakobi, F., 1993; Das Bistum Münster, bearb. v. Kohl,
W., 1999ff.; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W., 2003, 1, 574, 1, 2, 398; Schumacher. S., Das Rechtssystem im
Stift Münster in der frühen Neuzeit, 2004; Escher, M. u. a., Die urbanen
Zentren, 2005, 1, 424, 2, 438; Balzer, E., Adel - Kirche - Stiftung. Studien
zur Geschichte des Bistums Münster im 11. Jahrhundert, 2006.
Münsterberg (Herzöge, Herzogtum, Residenz),
Ziębice. M. an der Ohle in Niederschlesien wurde wahrscheinlich um 1250 an
Stelle des slawischen Ortes Sambice errichtet. Bei seiner ersten Erwähnung vom
1. 2. 1253 war es vermutlich bereits Stadt. 1290 kam es beim Tod des Herzogs
von Breslau an Bolko I. von Jauer-Löwenberg und am 22. 11. 1321 an Bolko II.,
der die Linie der Herzöge von M. begründete. 1335/1336 musste er die
Lehnshoheit Böhmens anerkennen. Nach dem Aussterben der Piasten 1428 unterstand
M. unter der Lehnsherrschaft Böhmens verschiedenen Pfandherren und kam am 16.
5. 1454 an Georg von Podiebrad (Böhmen), 1465 zusammen mit Frankenstein und
Glatz an seinen Sohn Heinrich, der 1495 auch Oels erwarb. 1537 wurde die
Reformation eingeführt. 1542 wurde das Herzogtum M. an den Herzog von Liegnitz
verpfändet. 1569/1570 kauften sich die Stände von dem Herzog von Oels frei und
unterstellten M. als Erbfürstentum dem Kaiser als König
von Böhmen. Dieser verlieh es 1653 an das Fürstentum Auersperg, das 1742 unter
die Landeshoheit Preußens kam, das 1791 auch die privaten Güter Auerspergs
kaufte. Das Land umfasste 15 Quadratmeilen und war in die Kreise M. und
Frankenstein gegliedert. 1945 fiel M. fast unversehrt unter die Verwaltung
Polens, 1990 kam es als politische Folge der deutschen Einheit an Polen.
L.: Wolff 476f.; Großer Historischer Weltatlas II 66 I 3; Hartmann, F.,
Geschichte der Stadt Münsterberg, 1907; Münsterberger Land. Ein Heimatbuch, hg.
v. Kretschmer, M., 1930; Geschichte Schlesiens, hg. v. d. hist. Komm. f.
Schlesien, Bd. 1 5. A. 1988; Menzel, J., Münsterberg, LexMA 6 1992, 917;
Schlinker, S., Fürstenamt und Rezeption, 1999, 178; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 2, 400.
Münzenberg (Herren, Herrschaft). Vor 1160 erbaute
der Reichsministeriale Kuno I. von Hagen/Arnsburg die vielleicht 1165
bezugsfertige Burg M. in der Wetterau, nach der sich die Familie danach
benannte. Sie war Mittelpunkt der 1155/1156 bezeugten Herrschaft M. Zu ihr kam
nach 1170 ein Teil der Grafschaft Nürings. Nach dem Aussterben der Herren von M.
gelangte die später zum oberrheinischen Reichskreis zählende, M., Assenheim, Königstein, Dreieichenhain, Babenhausen und rund
hundert weitere Orte umfassende Herrschaft 1255 zum größten Teil (40/48) an die
Herren von Falkenstein, die weitere Anteile von Weinsberg (1270), Schönberg
(1272) und Pappenheim (1286) erwarben, im Übrigen (8/48) an Hanau. Das Erbe der
Herren von Falkenstein fiel 1418 an die Grafen von Solms, die zuletzt 20/48
hatten, und Eppstein. Für die Grafen von Eppstein traten 1581 Stolberg (10/48)
und das Erzstift Mainz (10/48) ein. Die mainzischen Güter kamen 1684 an die
Grafen von Hanau und damit 1736 an Hessen-Kassel, die Solmser Güter im frühen
18. Jahrhundert an Hessen-Darmstadt. Der Anteil Hessen-Kassels fiel 1810 über
Frankreich an Hessen-Darmstadt. S. a. Hanau-Münzenberg, Hessen.
L.: Wolff 270ff.; Wallner 698 OberrheinRK 19, 30, 37, 38, 42; Ködding, H.,
Geschichte der Stadt und Herrschaft Münzenberg, 1933; Bosl, K., Die
Reichsministerialität der Staufer, Bd. 1 1950; Binding, G., Burg Münzenberg, 2.
A. 1965; Gruber, K./Küther, W., Minzinberg - Burg, Stadt, Kirche, 1968; Hinz,
H., Münzenberg, LexMA 6 1992, 931; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005,
2, 445.
Murbach (reichsunmittelbares Kloster,
Reichsabtei, Residenz [auch Schloss Hugstein und Gebweiler/Neuenburg]).
Vermutlich (um) 727 gründete der irische Wanderbischof Pirmin auf Eigengut des
Herzogs Eberhard aus dem Geschlecht der Etichonen nordwestlich von Gebweiler im
Elsass die Benediktinerabtei M., in der wenig später die althochdeutschen
Murbacher Hymnen entstanden. Sie erhielt früh bedeutende königliche Privilegien (727 Immunität) und gewann
reiche Güter vom Breisgau bis zur Schweiz. Nach der Zerstörung durch die Ungarn
(926) wurde sie 959 erneuert. 1228 ist der reichsfürstliche Rang des königlich gewordenen Klosters erstmals bezeugt. Er
blieb trotz der zeitweilig von Habsburg beanspruchten Vogtei bewahrt. 1214
gingen Mainzer Güter verloren, 1291 Luzerner Güter, 1456 das Kloster Luzern und
dann auch das Kloster Sankt Amarin, doch wurde 1554 Kloster Lure (Lüders,
Luders) gewonnen. 1536 musste sich M. dem Schutz Habsburgs unterstellen,
wodurch es die Reichsstandschaft verlor. Obwohl 1648 die Reichszugehörigkeit
bekräftigt wurde, ging M. an Frankreich über, das es 1759/1764 in ein weltliches
Ritterstift in Gebweiler umwandelte und 1789 aufhob. Die Abtei bestand aus den
drei Vogteien Gebweiler (mit der Stadt Gebweiler und 5 Dörfern), Wattweiler
(Watweiler) (mit der Stadt Wattweiler [Watweiler] und dem Flecken Uffholz
[Ufholz]) und Sankt Amarin (mit der Stadt Sankt Amarin und 14 Dörfern).
L.: Wolff 297; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) D5, III 22 (1648) C5;
Gatrio, A., Die Abtei Murbach im Elsass, 1895; Büttner, H., Murbacher Besitz im
Breisgau, Els.-lothr. Jb. 18 (1939); Beyerle, F., Bischof Pirmin und die
Gründung der Abteien Murbach und Reichenau, Zs. f. schweizer. Geschichte 27
(1947); Barth, M., Handbuch der elsässischen Kirchen im Mittelalter, 1960;
Bischoff, G., Recherches sur la puissance temporelle de l’abbaye de Murbach
(1229-1525), 1975; Seibert, H., Murbach, LexMA 6 1992, 939; Höfe und Residenzen
im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 679, 1, 2, 401.
Murrhardt (Kloster). In M. an der Murr bestand in römischer
Zeit ein Limeskastell. In dessen Nähe erwuchs im 7. Jahrhundert eine fränkische
Siedlung, die vor 750 eine Holzkirche erhielt. In dem vermutlich 788 erstmals
als Murrahart genannten Ort gründete der einer Hochadelsfamilie angehörige,
wahrscheinlich mit Bischof Megingoz von Würzburg und vielleicht auch mit Kaiser
Ludwig dem Frommen verwandte Waltrich am Anfang des 9. Jahrhunderts das
Benediktinerkloster St. Januarius, dessen Ausstattung auf Königsgut beruhte (verschollene echte Dotationsurkunde
Ludwigs des Frommen von mutmaßlich 816, gefälschte Gründungsurkunde von
angeblich 817). 993 errang das Hochstift Würzburg die Eigenklosterherrschaft.
Die Vogtei über das Kloster stand als Reichslehen den hessonischen Herren bzw.
seit 1180 Grafen von Wolfsölden und seit 1230 über die Erbtochter den Grafen
von Löwenstein zu, deren Rechte 1277 durch Verkauf an das Hochstift Würzburg,
1281 aus Geldmangel über König Rudolf von
Habsburg an die neuen Grafen von Löwenstein und 1388/1395 an Württemberg kamen.
Im späten 15. Jahrhundert wurde M. in Württemberg landsässig. 1525 gingen die
Urkunden durch Plünderung verloren. 1552 wurde die Reformation durchgeführt.
Das Kloster wurde aufgehoben. 1808 gingen Stadt M. und das Kloster M. im
Oberamt Backnang Württembergs auf. 1951/1952 kam M. zu Baden-Württemberg.
L.: Wolff 161; Schöpfer, R., Geschichte Murrhardts bis 1900, (in) Backnanger
Heimatbuch 2 (1936); Jäger, G., Murrhardt einst und jetzt, 1955; Störmer, W.,
Schäftlarn, Murrhardt und die Waltriche des 8. und 9. Jahrhunderts, (in) Zs. f.
bay. LG. 28 (1965); Fritz, G., Kloster Murrhardt im Früh- und Hochmittelalter,
1982; Fritz, G., Stadt und Kloster Murrhardt im Spätmittelalter und in der
Reformationszeit, 1990; Eberl, I., Murrhardt, LexMA 6 1992, 994; Wagner, H.,
Die Privilegierung des Klosters Murrhardt durch Ludwig den Frommen, DA 57
(2001), 421.
Murten (Reichsstadt, Herrschaft, Land). M. am
Murtensee zwischen Solothurn und Avenches (Aventicum) erscheint 515 als
burgundischer Königshof Muratum in der
Gründungsurkunde des Klosters Saint-Maurice (Saint Maurice/Wallis, Sankt
Moritz). Nach seiner 1034 erfolgten Zerstörung wurde es nach 1159 von den
Herzögen von Zähringen als Stadt begründet. Nach dem Aussterben der Herzöge
wurde es Reichsstadt, kam aber 1255 und nach der Rückgewinnung seitens des
Reiches (1283) 1291 erneut an Savoyen. Von 1475 bis 1798 wurde es von Bern und
Freiburg gemeinsam verwaltet. 1803 gelangte es an den Kanton Freiburg der
Schweiz.
L.: Wolff 530; Großer Historischer Weltatlas II 72 (bis 1797) C3; Welti, F. E.,
Das Stadtrecht von Murten, 1925; Flückiger, E., Murten, 1946.
Nagold (Herrschaft). N. an der Nagold erscheint
erstmals 786 anlässlich einer Gabe des König
Karl dem Großen verschwägerten Grafen des Nagoldgaus an das Kloster Sankt
Gallen. 1007 übertrug König Heinrich II.
Reichsgut in N. an das Hochstift Bamberg. Um 1250 kam N. von den Pfalzgrafen
von Tübingen als Nachfolgern der Nagoldgaugrafen an die Grafen von Hohenberg,
von denen sich eine Linie nach N. benannte. 1363 verkauften die Grafen von Hohenberg
den um 1330 zur Stadt gewordenen Ort mit der zugehörigen Herrschaft an
Württemberg. Mit Württemberg gelangte N. 1951/1952 zu Baden-Württemberg.
L.: Wolff 161; Wagner, G., Nagolder Heimatbuch, 1925; Dieterle, G., Die Stadt
Nagold, 1931; Bader, K., Der deutsche Südwesten, 2. unv. A. 1978, 100; Escher,
M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 2, 448.
Namur (Gau, Grafschaft, Markgrafschaft), fläm.
Namen. Im Gebiet der Mündung der Sambre in die Maas lag wahrscheinlich schon im
ersten vorchristlichen Jahrhundert das oppidum Aduatucorum bzw. Aduaticorum. Im
7. Jahrhundert erscheint hier die Münzstätte N. Um die Burg entwickelten sich
Stadt und Grafschaft (832 Gau Namucensis). Die um 930 den Grafen von Lomme (um
1150 Heinrich der Blinde Graf von Namur, Laroche, Durbuy, Longwy und Luxemburg,
Vogt von Stablo, Sankt Maximin und Echternach) und 1188 den verwandten Grafen
bzw. Markgrafen von Hennegau (und Flandern) zustehende Grafschaft fiel 1213 an
die Courtenay und durch Verkauf 1263 an die Grafen von Flandern, 1421/1429
durch Verkauf seitens des erbenlosen Grafen Johann III. an Philipp von Burgund.
Mit Burgund kam sie 1477/1493 an Habsburg und zählte zum burgundischen
Reichskreis. 1692 wurde N. von Ludwig XIV. von Frankreich, 1695 von Wilhelm von
Oranien erobert. Von 1715 bis 1781 gehörte N. zu den Barrierefestungen der
(österreichischen) Niederlande. 1815 fiel es an die Niederlande. 1830/1831 kam
es bei der Lösung Belgiens vom Königreich der
Niederlande an Belgien.
L.: Wolff 63; Wallner 701 BurgRK 1; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378)
C3, II 78 (1450) E3; Curs, O., Deutschlands Gaue im zehnten Jahrhundert, 1908,
15 Namucensis (Brogne); Vanderkindere, L., La formation territoriale des
principautés belges, Bd. 1f. 1909; Actes des comtes de Namur, hg. v. Rousseau,
1936f.; Brouette, E., Introduction aux études historiques, archéologiques et
folkloriques du Namurois, 1947; Balon, J., La maison de Namur sur la scène de
la grande histoire, 1950; Polenz, P. v., Landschafts- und Bezirksnamen, 1961,
II, 18, 32, IV, 18, pagus Namurensis, pagus Namucensis; Genicot, L., Le
Namurois politique, 1964; Genicot, L., Etudes sur les principautés
lotharingiennes, 1975; Bovesse, J., La maison comtale namuroise (Xe s.-1429),
1979; Nonn, U., Pagus und comitatus in Niederlothringen, 1983, 147, 205 ?;
Namur. Le site, les hommes. De l’époque romaine au XVIIIe siècle, 1988;
Genicot, L., Namur, LexMA 6 1992, 1011; Schlinker, S., Fürstenamt und
Rezeption, 1999, 53; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 452, 2,
448.
Nassau (Grafschaft, Herzogtum). Nach der um
1125 von den Grafen von Laurenburg an der unteren Lahn erbauten,
lehnshoheitlich im 12. Jahrhundert von Trier auf das Reich übergehenden Burg N.
(Ort 915 erstmals erwähnt) nannte sich seit 1159/1160 ein Grafengeschlecht, das
sich von dem Vogt Mainzs in Siegen Ruppert (1079-1089) und dessen Sohn Graf
Dudo von Laurenburg herleitete (1117 erstmals sicher bezeugt), 1122/1124 den
Grafen Udalrich von Idstein-Eppstein beerbte und nach 1124 Vogt des Hochstifts
Worms in Weilburg wurde. Durch gezielte Erwerbspolitik gewann es zwischen Main,
Mittelrhein, Sieg und Wetterau ein schmales Herrschaftsgebiet (um 1160 zusammen
mit den Grafen von Katzenelnbogen von den Grafen von Isenburg die ursprünglich
den Grafen von Arnstein zustehende Grafschaft auf dem Einrich, Herborner Mark,
Kalenberger Zent, Westerwald, Lipporn, Miehlen, Marienfels, Idstein,
Bleidenstadt, Ems, Wiesbaden um 1200) mit den Erzstiften Mainz und Trier sowie
den Landgrafen von Hessen als Nachbarn. Am 16. 12. 1255 teilten die Grafen von
N. die Güter längs der Lahn in die nördlich der Lahn gelegenen, wertvolleren
Gebiete mit Siegen, Herborn und Dillenburg sowie den Vogteien Dietkirchen und
Ems (ottonische [jüngere] Linie) und in die südlich der Lahn gelegenen Gebiete
mit den Herrschaften Wiesbaden und Idstein sowie den Vogteien Weilburg und
Bleidenstadt (walramische [ältere] Linie). Gemeinsam blieben die Burg N., der
Einrich zwischen unterer Lahn und Taunus, die Laurenburg, die Pfandschaften und
die Lehen. ----- Die jüngere ottonische Linie, die unter Heinrich († 1343) die
Vogteien und Gerichte Dernbach, Eibelshausen (Eibelsberg, Haiger und Ewersbach
[Ebersbach]) hinzuerwarb, spaltete sich 1303 in die Linien Nassau-Hadamar
(ältere Linie, bis 1394), Nassau-Siegen und Nassau-Dillenburg.
Nassau-Dillenburg fiel 1328 an Nassau-Siegen, doch blieb Dillenburg Hauptort.
Die Linie teilte sich 1343 in Nassau-Dillenburg und Nassau-Beilstein (ältere
Linie bis 1561). Nassau-(Siegen-)Dillenburg beerbte 1394 Nassau-Hadamar und
gewann durch Heiraten 1376/1378 die Reichsgrafschaft Diez, 1403/1404 Polanen,
Leck, Breda und weitere Güter im Gebiet der heutigen Niederlande sowie
1416/1420 die gemeinsam mit Brüdern beherrschte Grafschaft Vianden im Herzogtum
Luxemburg. Diese Gebiete wurden im 15. Jahrhundert mehrfach geteilt (1416 vier
Linien, 1425 drei Linien: Nassau-Dillenburg-Diez [bis 1443],
Nassau-Haiger-Siegen [bis 1429] und Nassau-Herborn-Breda), doch waren die
nassau-dillenburgischen Güter von 1451 bis 1472 und von 1504 bis 1516 wieder
vereinigt. Seit 1507 nannte sich die Linie wegen ihrer vergeblich geltend
gemachten Erbansprüche auf Katzenelnbogen auch Nassau-Katzenelnbogen und wegen
der Heirat mit der Erbtochter des Prinzen/Fürsten von Chalon und Oranien am
Unterlauf der Rhone (1515, Erbfall 1530) auch Nassau-Oranien. Etwa gleichzeitig
wurde die Reformation (zunächst das Luthertum, dann der Calvinismus)
eingeführt. 1559 erfolgte eine erneute Teilung in die linksrheinischen
(Nassau-Oranien) und die rechtsrheinischen (Nassau-Dillenburg) Güter. 1561 beerbte
Nassau-Dillenburg Nassau-Beilstein. 1601/1607 erfolgte eine Teilung in die
Linien Nassau-Dillenburg, Nassau-Hadamar, Nassau-Beilstein, Nassau-Siegen (1652
in den Reichsfürstenstand erhoben) und Nassau-Diez. Nassau-Dillenburg mit
Dillenburg, Haiger und Herborn wurde 1620 von Nassau-Beilstein beerbt, das sich
seitdem nach Dillenburg Nassau-Dillenburg nannte (1652 in den
Reichsfürstenstand erhoben). Nassau-Hadamar (1650 in den Reichsfürstenstand
erhoben) mit Hadamar und Rennerod kam 1711/1717 an Nassau-Diez. 1739 fiel
Nassau-Dillenburg mit der Herrschaft Schaumburg an Nassau-Diez. Nassau-Siegen
gelangte 1742/1743 an Nassau-Diez, das damit alle rechtsrheinischen Güter der
nassau-ottonischen Linie in sich vereinigte. Weil Nassau-Diez außerdem 1702 die
linksrheinischen Güter der Linie Nassau-Oranien erlangt hatte, nannte sich die
Linie Fürsten von Nassau-Oranien. 1747 verlegte sie ihre Residenz nach Den Haag
und regierte das Stammland über das deutsche Kabinett in Dillenburg.
1795/1797/1801 verlor sie alle linksrheinischen Güter an Frankreich und erhielt
hierfür das Hochstift Fulda, das Schloss Johannisberg (Vollrads bei
Östrich-Winkel), Corvey und Höxter, Dortmund, Weingarten, Sankt Gerold (in
Vorarlberg), Hofen (bei Friedrichshafen), Dietkirchen und Bendern (in
Liechtenstein) als neues Fürstentum Oranien (insgesamt 46 Quadratmeilen mit
120000 Einwohnern). 1806 verlor es durch die Rheinbundakte auch die
rechtsrheinischen Güter, vor allem das Fürstentum Diez an das Herzogtum Nassau
und das Großherzogtum Berg. Nach dem Ende der französischen Vorherrschaft
ergriff der Prinz von Nassau-Oranien am 20. 12. 1813 von seinen Ländern wieder
Besitz. Am 14. 7. 1814 gab das Herzogtum Nassau an Nassau-Oranien das
Fürstentum Diez und weitere Güter zurück. Durch Vertrag vom 31. 5. 1815 trat
der Fürst von Nassau-Oranien, der 1815 König der
Niederlande geworden war, alle deutschen Gebiete an Preußen als Gegenleistung
für das ihm durch den Wiener Kongress zugesprochene Großherzogtum Luxemburg ab.
Preußen gab seinerseits einen Teil der Gebiete (Fürstentum Diez, Hadamar,
Dillenburg) an das Herzogtum Nassau (1806-1866) weiter. 1890 erlosch mit König Wilhelm III. von den Niederlanden die ottonische
Linie im Mannesstamm.-----Die ältere walramische Linie, aus der König Adolf von N. (1292-1298) stammte, gewann
1328/1333 die Herrschaft (Reichsgrafschaft) Merenberg, die Herrschaft
Lichtenstein und weitere Güter (pfandweise Neuweilnau, Burg und Stadt
Katzenelnbogen, Altenkirchen, Dietenhausen [Diedenshausen]). 1355 teilte sie
sich in die Linien Nassau-Idstein (mit Idstein und Wiesbaden) und
Nassau-Weilburg (1366 gefürstete Grafen) mit Weilburg und Bleidenstadt. 1381
erlangte die Linie Nassau-Weilburg infolge Heirat die Grafschaft Saarbrücken,
1393 die Herrschaft Kirchheim und Stauf, 1405 Neuweilnau (Kauf), Bingenheim,
Reichelsheim, Elkerhausen und Teile von Homburg, Löhnberg, Sonnenberg, Cleeberg
bzw. Kleeberg und Mensfelden. 1429/1442 teilte sie sich in die Linien
Nassau-Saarbrücken und die Neue Linie Nassau-Weilburg, wobei die Linie Nassau-Saarbrücken
die meisten linksrheinischen Güter erhielt. Sie erwarb außerdem 1527 die
Grafschaft Saarwerden und das Oberamt Lahr und Mahlberg. Nach ihrem Aussterben
(1574) kamen ihre Güter an die 1561 in Nassau-Weilburg und Nassau-Weilnau
geteilte neue Linie Nassau-Weilburg. Nassau-Weilnau wurde 1602 von
Nassau-Weilburg beerbt. 1605 kam es durch Aussterben der Linie Nassau-Idstein
zur Wiedervereinigung aller nassau-walramischen Güter in der Linie
Nassau-Weilburg. Diese wurde 1629/1651 aufgeteilt in Nassau-Idstein mit
Idstein, Wiesbaden und Lahr, Nassau-Weilburg mit Weilburg, Merenberg und
Kirchheim und Nassau-Saarbrücken (mittlere Linie, 1659 dreigeteilt, mit
Saarbrücken, Saarwerden und Usingen). 1688/1737 wurden die Grafen zu
Reichsfürsten erhoben. Von den verschiedenen Linien starb Nassau-Idstein 1721
aus und vererbte die Güter an Nassau-Usingen (Nassau-Saarbrücken-Usingen), das
außerdem 1723 Nassau-Saarbrücken (Nassau-Saarbrücken-Saarbrücken) und 1728
Nassau-Ottweiler (Nassau-Saarbrücken-Ottweiler) beerbte. Nassau-Weilburg
erheiratete 1799 den größten Teil der Reichsgrafschaft Sayn-Hachenburg. 1801
verlor es alle linksrheinischen Gebiete an Frankreich, wurde aber dafür mit
Gütern aus dem Erzstift Trier entschädigt. Nassau-Saarbrücken (mittlere Linie)
teilte sich 1659 in die Linien Nassau-Ottweiler, Nassau-Saarbrücken und
Nassau-Usingen. Dieses beerbte 1723 Nassau-Saarbrücken, 1721 Nassau-Idstein und
1728 Nassau-Ottweiler. 1735 wurde es erneut in Nassau-Saarbrücken (jüngere
Linie) und Nassau-Usingen, das 1744 die Residenz von Usingen nach Biebrich und
die Regierung nach Wiesbaden verlegte, geteilt. Nassau-Saarbrücken wurde 1797
von Nassau-Usingen beerbt. 1793/1801 verlor Nassau-Usingen seine
linksrheinischen Güter, von denen die alte Grafschaft Saarbrücken 1815 an
Preußen kam, erhielt dafür aber Entschädigung vor allem aus dem Erzstift Mainz
im Rheingau und am unteren Main, aus dem Erzstift Trier (Montabaur, Limburg),
aus dem Erzstift Köln (u. a. Deutz, Königswinter),
aus Hessen-Darmstadt (Anteil an der Niedergrafschaft Katzenelnbogen um
Braubach), aus Sayn-Altenkirchen und verschiedenen Klöstern und Stiften sowie
Virilstimme im Reichsfürstenrat.----- Am 30. 8. 1806 schlossen sich die am 31.
7. 1806 dem Rheinbund unter Erhöhung zu Herzögen beigetretenen Fürsten von
Nassau-Weilburg und Nassau-Usingen, das 1816 ausstarb, zu einem vereinten, für
unteilbar und souverän erklärten Herzogtum N. zusammen. Sie bekamen die
Grafschaft Wied-Runkel, die Grafschaft Wied-Neuwied, das Fürstentum
Nassau-Oranien mit Grafschaft Diez, die Grafschaft Solms-Braunfels und andere
Güter (Bassenheim, Grafschaft Holzappel, Herrschaft Schaumburg, Herrschaft
Reifenberg, Herrschaft Kransberg, Gebiete der Reichsritterschaft), mussten aber
die ehemals kölnischen Gebiete an das Großherzogtum Berg sowie Kastel
(Mainz-Kastel) und Kostheim an Frankreich abtreten (Gesamtgebiet 103
Quadratmeilen mit 270000 Einwohnern). 1813 mussten sie Güter an Nassau-Oranien
zurückgeben. Am 1./2. 9. 1814 erhielt das Herzogtum, um den Widerspruch
verschiedener mediatisierter Familien (Ostein, Schönborn, Waldbott von
Bassenheim [Waldbott-Bassenheim], von der Leyen) und des Freiherren vom Stein
zu beseitigen, vor allen anderen deutschen Staaten eine landständische
Verfassung. 1815 tauschte das Herzogtum N. mit Preußen umfangreiche Gebiete
(ehemals hessen-kasselische Niedergrafschaft Katzenelnbogen, Diez, Dillenburg,
Hadamar [gegen die späteren Kreise Neuwied, Altenkirchen, Wetzlar und den
rechtsrheinischen Teil des Kreises Koblenz]). Seit 1815 war das Herzogtum
Mitglied des Deutschen Bundes. Seit 1816 regierte Nassau-Weilburg allein. 1836
trat N. dem Deutschen Zollverein bei. Am 28. 12. 1849 wurde eine liberale
Verfassung erlassen, die im November 1851 aber wieder aufgehoben wurde. Am 8.
10. 1866 wurde N. wegen seiner Unterstützung Österreichs von Preußen (in die
Provinz Hessen-Nassau) einverleibt und durch 8,5 Millionen Taler und die
Schlösser Weilburg und Biebrich (Wiesbaden-Biebrich) abgefunden. Herzog Adolf
von Nassau (aus der walramischen Linie) wurde 1890 Großherzog von Luxemburg.
1912 starb das Haus N. aus. 1945 kam der größte Teil Hessen-Nassaus an Hessen.
L.: Wolff 263, 336; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) E3, II 78 (1450)
F3; Demandt, K., Die Mittelrheinlande, (in) Geschichte der deutschen Länder,
Bd. 1; Die Territorien des Reichs 4, 234; Arnoldi, J., Geschichte der
oranien-nassauischen Länder, Teil 1ff. 1799ff.; Vogel, C., Beschreibung des
Herzogtums Nassau, 1843; Schliephake, F./Menzel, K., Geschichte von Nassau
walramischen Teils, Bd. 1ff. 1864ff.; Roth, F., Fontes rerum Nassoicarum, Bd.
1ff. 1880ff.; Codex diplomaticus Nassoicus, hg. v. Menzel, K./Sauer, W., Bd.
1ff. 1885ff., Neudruck 1969; Düssell, H., Rechtskarte des Oberlandesgerichts
Frankfurt am Main, hg. v. Sayn, O., 1902; Spielmann, C., Geschichte von Nassau,
Bd. 1ff. 1909ff.; Renkhoff, O., Die Grundlagen der nassau-dillenburgischen
Territorialentwicklung, Korr. Bl. Gesamtverein. 80 (1932); Kleinfeldt,
G./Weirich, H., Die mittelalterliche Kirchenorganisation im
oberhessisch-nassauischen Raum, 1937; May, K., Territorialgeschichte des
Oberlahnkreises, 1939; Fritzemeyer, J., Die Ausbildung einer zentralen
Behördenorganisation der Grafen bzw. Fürsten von Nassau, Diss. phil. Frankfurt
am Main 1943; Gensicke, H., Landesgeschichte des Westerwaldes, 2. A. 1987;
Demandt, K., Geschichte des Landes Hessen, 2. A. 1972, Neudruck 1980;
Oestreich, G., Grafschaft und Dynastie Nassau im Zeitalter der konfessionellen
Kriege, (in) Bll. f. dt. LG. 96 (1960); Kissel, O., Neuere Territorial- und
Rechtsgeschichte des Landes Hessen, 1961; Polenz, P. v., Landschafts- und
Bezirksnamen, 1961, I, 9, Territorialname; Demandt, K., Schrifttum zur
Geschichte und geschichtlichen Landeskunde von Hessen, Bd. 1ff. 1965f.; Sante,
G. W., Strukturen, Funktionen und Wandel eines historischen Raumes: Nassau,
(in) Nassauische Annalen 85 (1974), 151ff.; Herzogtum Nassau: 1806-1866.
Politik, Wirtschaft, Kultur. Eine Ausstellung des Landes Hessen und der
Landeshauptstadt Wiesbaden (Katalog), Neudruck 1981; Gerlich, A., Nassau in
politischen Konstellationen am Mittelrhein von König
Adolf bis Erzbischof Gerlach (1292-1346), Nassauische Annalen 95 (1984), 1ff.;
Renkhoff, O., Nassauische Biographie, 1986; Steubing, J., Kirchen- und
Reformationsgeschichte der Oranien-nassauischen Lande, 1987; Faber, R., Die
Bemühungen im Herzogtum Nassau um die Einführung von Mündlichkeit und
Öffentlichkeit im Zivilprozessverfahren, 1990; Treichel, E., Der Primat der
Bürokratie, 1991; Gerlich, A., Nassau, LexMA 6 1992, 1035; Jäger, W.,
Staatsbildung und Reformpolitik, 1993; Nassauische Parlamentarier, hg. v.
Rösner, C., 1997; Schlinker, S., Fürstenamt und Rezeption, 1999, 232; Höfe und
Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W. u. a., 2003,
1, 1, 166; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 479; Schüler, W.,
Das Herzogtum Nassau 1806-1866, 2006; Menk, G., Das Haus Nassau-Oranien in der
Neuzeit, 2009.
Nassau-Oranien (Fürsten). Die Linie Nassau-Dillenburg
der ottonischen Linie der Grafen von Nassau erwarb 1515/1530 durch Erbfall über
die Erbtochter Claudia von Chalon Oranien und nannte sich seitdem N. (1544
Prince d’Orange). 1559 erfolgte eine Teilung in N. und Nassau-Dillenburg. 1702
fiel N., das Oranien durch Okkupation an Frankreich verlor, an das durch
Teilung Nassau-Dillenburgs entstandene Nassau-Diez. Moers, Lingen und Neuenburg
kamen unter Berufung auf das Erbrecht Luise Henriettes von Nassau-Oranien
(1627-1667) an Preußen. Nassau-Diez, das auch die deutschen Güter der
ottonischen Linie gewann, nannte sich seitdem Fürsten von N. und verlegte 1747
die Residenz nach Den Haag (Regierung des Stammlands über das deutsche
Kabinett). 1732 trat N. zahlreiche niederländische Güter (Herstal, Montfoort
[Montfort], Turnhout) an Preußen ab, das diese bald nach 1740 verkaufte.
1795/1797/1801 verlor N. alle linksrheinischen Güter an Frankreich und erlangte
dafür als Entschädigung im Reichsdeputationshauptschluss vom 25. 2. 1803 das
Hochstift Fulda, das Schloss Johannisberg (Vollrads bei Östrich-Winkel), Corvey
und Höxter, Dortmund, die Benediktinerabtei Weingarten, Sankt Gerold (in
Vorarlberg), das Benediktiner-Priorat Hofen (bei Friedrichshafen), Dietkirchen
und Bendern (in Liechtenstein) (insgesamt 46 Quadratmeilen mit 120000
Einwohnern). 1806 verlor es durch die Rheinbundakte auch die rechtsrheinischen
Güter, vor allem das Fürstentum Diez, an das Herzogtum Nassau und das
Großherzogtum Berg. Nach dem Ende der französischen Vorherrschaft ergriff der
Fürst von N. am 20. 12. 1813 wieder Besitz von seinen Ländern. Am 14. 7. 1814
gab das Herzogtum Nassau an N. das Fürstentum Diez und weitere Güter zurück.
Durch Vertrag vom 31. 5. 1815 gab der Fürst von N., der 1815 König der Niederlande geworden war, alle deutschen
Gebiete als Gegenleistung für das ihm auf dem Wiener Kongress zugesprochene
Großherzogtum Luxemburg an Preußen.
L.: Spielmann, C., Geschichte von Nassau, Bd. 1ff. 1909ff.; Nassau und Oranien,
hg. v. Tamse, C., 1985; Oranien-Nassau, die Niederlande und das Reich, hg. v.
Lademacher, H., 1995; Menk, G., Das Haus Nassau-Oranien in der Neuzeit, 2009.
Nassau-Usingen (Grafschaft, Fürstentum). Usingen im
Taunus wird im 8. Jahrhundert erstmals erwähnt. 1207 gehörte es den Grafen von
Diez, 1326 den Grafen von Nassau. 1659 wurde Usingen bei der Teilung der Linie
Nassau-Saarbrücken Sitz der walramischen Linie N. der Grafen von Nassau, die
1721 die Linie Nassau-Idstein, 1723 die Linie Nassau-Saarbrücken und 1728 die
Linie Nassau-Ottweiler beerbte. Sie teilte sich 1735 in die Linien N. und
Nassau-Saarbrücken. 1744 verlegte N. die Residenz von Usingen nach Biebrich und
die Regierung nach Wiesbaden. Um 1790 war das zum oberrheinischen Reichskreis
zählende N. mit Falkenstein, Kettenbach, Daisbach und Hausen Mitglied des
Kantons Mittelrheinstrom des Ritterkreises Rhein. 1793/1801 verlor es seine
linksrheinischen Güter an Frankreich. 1797 beerbte N. Nassau-Saarbrücken. Am
25. 2. 1803 erhielt der Fürst von N. durch § 12 des
Reichsdeputationshauptschlusses für das Fürstentum Saarbrücken, zwei Drittel
der Grafschaft Saarwerden, die Herrschaft Ottweiler und die Herrschaft Lahr in
der Ortenau von Mainz die Ämter Königstein,
Höchst, Kronberg (Kronenburg), Rüdesheim, Oberlahnstein, Eltville, Harheim
(Haarheim), Kastel, vom Mainzer Domkapitel die Güter unterhalb Frankfurts, von
der Pfalz das Amt Kaub, vom Erzstift Köln den Rest des eigentlichen
Kurfürstentums Köln (u. a. Deutz, Königswinter,
aber mit Ausnahme der Ämter Altenwied )[Altwied] und Neuerburg [Nürburg]), von
Hessen-Darmstadt die Ämter Katzenelnbogen, Braubach, Ems, Eppstein und Cleeberg
(Kleeberg) (frei von solmsischen Ansprüchen), die Reichsdörfer Soden und
Sulzbach, die Dörfer Weiperfelden, Schwanheim und Okriftel, die Kapitel und
Abteien Limburg, Rommersdorf (Rumersdorf), Bleidenstadt, Sayn, alle Kapitel,
Abteien und Klöster in den zugefallenen Landen, die Grafschaft
Sayn-Altenkirchen und eine Virilstimme im Reichsfürstenrat. Am 30. 8. 1806
schloss sich das 16 Quadratmeilen große N. mit Nassau-Weilburg zum Herzogtum
Nassau zusammen, das 1866 von Preußen annektiert wurde. Die Linie N. starb 1816
aus und wurde von Nassau-Weilburg beerbt.
L.: Wolff 265; Zeumer 553 II b 60, 1; Wallner 695 OberrheinRK 10; Schliephake,
F./Menzel, K., Geschichte von Nassau walramischen Teils, Bd. 1ff. 1864ff.;
Winkelmann-Holzapfel 157; Kloft, J., Territorialgeschichte des Kreises Usingen,
1971.
Nassau-Weilburg (Grafschaft). Weilburg an der Lahn war
seit merowingischer Zeit Königsgut. 906
errichteten die konradinischen Grafen des Lahngaues eine Burg, 912 ein
Kollegiatstift Sankt Walpurgis. Nach 939 fiel der Ort als Reichslehen an den Bischof
von Worms. Nach 1124 wurden die Grafen von Nassau Vögte des Hochstifts Worms.
1255 wurde Weilburg an die Grafen von Nassau verpfändet, nach 1292 von König Adolf von Nassau erworben. 1355 wurde Weilburg
Sitz der Linie N. der walramischen Linie der Grafen von Nassau. 1381 erlangte
es infolge Heirat die Grafschaft Saarbrücken, 1393 die Herrschaften Kirchheim
und Stauf, 1405 Neuweilnau (durch Kauf), Bingenheim, Reichelsheim, Elkerhausen
und Teile von Homburg, Löhnberg, Sonnenberg, Cleeberg und Mensfelden. Sie
teilte sich 1442 in die neue Linie N. und in die Linie Nassau-Saarbrücken. 1561
teilte sich die neue Linie N. in die Linien N. und Nassau-Weilnau. Diese
beerbten 1574 Nassau-Saarbrücken. 1602 fielen die Güter der Linie
Nassau-Weilnau an N. zurück. 1605 kamen auch die Güter der Linie Nassau-Idstein
an N. zurück. 1629 wurde N. wieder aufgeteilt in Nassau-Idstein (mit Wiesbaden
und Lahr, 1629-1721), N. (1629-1806) und Nassau-Saarbrücken (1629-1642, danach
weitere Aufteilung). Am Ende des 18. Jahrhunderts umfasste ihr Gebiet die Ämter
Weilburg, Weilmünster, Löhnberg, Merenberg, Cleeberg (Kleeberg), Atzbach,
Miehlen und den Flecken Reichelsheim sowie das Amt Kirchheim umfassend die
Herrschaften Kirchheim und Stauf (mit Kirchheim [Kirchheimbolanden]) (sowie die
Grafschaft Saarwerden und das Amt Alsenz). 1799 erheiratete N. den größten Teil
der Reichsgrafschaft Sayn-Hachenburg. 1801 verlor es alle linksrheinischen
Güter an Frankreich. Am 25. 2. 1803 erhielt der Fürst von N. durch § 12 des
Reichsdeputationshauptschlusses für den dritten Teil der Grafschaft Saarwerden
und die Herrschaft Kirchheim (Kirchheimbolanden) den Rest des Fürstentums
(Erzstifts) Trier (Ämter Montabaur und Limburg) mit den Abteien Arnstein,
Schönau und Marienstatt (Marienstadt). Das zum oberrheinischen Reichskreis
zählende N. schloss sich am 30. 8. 1806 mit dem aus Nassau-Saarbrücken 1735
entstandenen Nassau-Usingen zum Herzogtum Nassau zusammen und beerbte 1816
Nassau-Usingen. Die Linie N. starb 1912 aus.
L.: Wolff 265; Zeumer 553 II b 60, 2; Wallner 696 OberrheinRK 12; Schliephake,
F./Menzel, K., Geschichte von Nassau walramischen Teils, Bd. 1ff. 1864 ff;
Struck, W. H., Die Kollegiatstifte Dietkirchen, Diez, Gemünden, Idstein und
Weilburg, 1959.
Neapel (Königreich).
N. an dem nach ihm benannten Golf im westlichen Unteritalien wurde als
griechische Kolonie (Neapolis, neue Stadt) gegründet. 326 v. Chr. schloss es
sich an Rom an. Nach dem Untergang Westroms gehörte es zum Reich der Ostgoten,
dann seit etwa 550 (553) zum byzantinischen Exarchat. Hier erlangte N. unter
seinen Erzbischöfen eine ziemlich freie Stellung. Von 1057 bis 1085 kam
Unteritalien an die Normannen, die von 1061 bis 1091 auch Sizilien eroberten.
1139 wurde N. dem Königreich Sizilien
einverleibt. Durch die Heirat Konstanzes von Sizilien 1186 errang Kaiser
Heinrich VI. das Normannenreich für die Staufer. 1266/1268 eroberte der
französische Prinz Karl II. von Anjou im Auftrag des Papstes das Reich. 1282
errang in der blutigen Sizilianischen Vesper König
Peter von Aragonien bzw. Aragon, der Schwiegersohn des Staufers Manfred, die
Herrschaft über Sizilien. Obwohl danach Sizilien selbständig war, wurde auch
das Königreich der Anjou in Unteritalien als Königreich Sizilien und erst seit der Mitte des 14.
Jahrhunderts auch als Königreich N. bezeichnet.
Nach dem Aussterben der Hauptlinie der Anjou 1435 gewann Alfons V. von
Aragonien bzw. Aragon den Kampf um das neapolitanische Erbe und vereinigte
1435/1442 Sizilien wieder mit N. (in Personalunion). Nach vorübergehendem
Verlust an Frankreich (1495-1503) sicherte Ferdinand von Aragonien bzw. Aragon
die spanische Herrschaft über N., das danach von spanischen Vizekönigen verwaltet wurde. Nach dem spanischen
Erbfolgekrieg fielen 1713/1714 N. und Sardinien an Österreich, Sizilien an (den
Urenkel Philipps II. von Spanien, Viktor Amadeus II. von Sayoyen-)Piemont.
1719/1720 tauschte Österreich Sizilien gegen Sardinien (an Piemont) ein. 1735
gab Kaiser Karl VI. nach der Niederlage im polnischen Nachfolgekrieg das Königreich Neapel-Sizilien an eine Nebenlinie der
spanischen Bourbonen. 1806 fiel N. an Frankreich, kam aber 1815 an die
Bourbonen zurück. 1816 begründete König
Ferdinand von Bourbon unter Aufgabe des seit dem 16. Jahrhundert allgemeiner
verwendeten Namens Königreich N. förmlich das Königreich beider Sizilien. Auf Grund einer
Volksabstimmung vom 21. 10. 1860 gelangte das seit 1820 von Aufständen
geschüttelte Land an das Königreich Sardinien
bzw. das neue Königreich Italien (1861).
L.: Benedikt, H., Das Königreich Neapel unter
Kaiser Karl VI., 1927; Gunn, P., Neapel, 1964; Croce, B., Opere, Bd. 3 Storia
del regno di Napoli, 1966; Fuiano, M., Napoli nel Medioevo, 1972; Galasso, G.,
Intervista sulla storia di Napoli, 1978; Galasso, G., Il Regno di Napoli, (in)
Il Mezzogiorno angioino e aragonese (1266-1494), 1992, 1ff.; Vitolo, G.,
Neapel, LexMA 6 1992, 1075; Cuozzo, E., Neapel, LexMA 6 1992, 1076;
Pesendorfer, F., Österreich, Großmacht am Mittelmeer?, 1998; Kiesewetter, A.,
Die Anfänge der Regierung König Karls II., 1999.
Neuburg (Fürstentum, seit etwa 1700 Herzogtum,
Residenz des Herzogs von Bayern bzw. Pfalzgrafen bei Rhein). Nach keltischen
und römischen Siedlungen errichteten die Herzöge der Bayern in der
Landnahmezeit auf einem Jurarücken an der Donau die schon bei dem Geographen
von Ravenna (7. Jh.) bezeugte civitas nova (N.). 742 wurde sie Sitz eines bis
801/807 bestehenden Bistums. N. selbst fiel 788 an den König,
im 10. Jahrhundert aber wieder an die Herzöge von Bayern. Seit dem 12.
Jahrhundert kam N. an die Pappenheim (Heinrich von Kalendin), 1247 gewaltsam
wieder an Bayern. 1392 wurde es Bayern-Ingolstadt zugeteilt, 1445
Bayern-Landshut. Nach dem bayerischen Erbfolgekrieg 1505 wurde es Sitz des
räumlich nicht geschlossenen, aus Teilen Bayern-Landshuts (Niederbayerns) und
Bayern-Münchens (Oberbayerns) gebildeten Fürstentums (N. bzw.) Pfalz-Neuburg
(Höchstädt, Monheim, Graisbach, Neuburg, Reichertshofen, Heideck, Hilpoltstein,
Allersberg, Burglengenfeld, Sulzbach, Schwandorf, Parkstein, Weiden,
Regenstauf, Kallmünz, Hemau, Lupburg und Laaber), dessen erster Fürst
Ottheinrich war. Ihm folgte 1557 nach dem Wechsel Ottheinrichs in die Pfalz
Wolfgang von Zweibrücken-Veldenz und diesem sein Sohn Philipp Ludwig, der
zweien seiner Brüder für deren Lebzeiten unselbständige Teilfürstentümer
einrichtete. Über die Heirat Pfalzgraf Philipp Ludwigs mit Anna von
Jülich-Kleve-Berg wurden 1609/1614/1666 Jülich und Berg sowie 1670 Ravenstein
gewonnen. 1614 wurde beim Tod Philipp Ludwigs in N., Neuburg-Sulzbach und
Neuburg-Hilpoltstein (1644 an N. zurück) geteilt. 1685 fiel die Pfalz an. Beim
Erlöschen Neuburgs (Pfalz-Neuburgs) erbte 1742 Neuburg-Sulzbach die Stammlande
Neuburgs, Jülich-Berg und die Pfalz, 1777 folgte Neuburg-Sulzbach bzw.
Pfalz-Sulzbach auch in Bayern nach. S. Pfalz-Neuburg.
L.: Wolff 140; Beitelrock, A. v., Geschichte des Herzogtums Neuburg oder der
Jungen Pfalz, 1858ff.; Heider, J., Neuburg, die junge Pfalz und ihre Fürsten,
1955; Kaess, F./Seitz, R., Neuburg an der Donau. Stadt der Renaissance und des
Barock, 1986; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W., 2003, 1, 2, 410.
Neuenburg (Grafschaft, Fürstentum), frz.
Neuchâtel. An der Stelle vorgeschichtlicher Siedlungen und einer älteren
Grafenburg wurde 1011 eine neue Burg (novum castellum) errichtet. 1032
(1032/1033) kam das im 9. Jahrhundert an das Königreich
Burgund gefallene Gebiet um N. zum Deutschen Reich. Die seit der Mitte des 12.
Jahrhunderts fassbaren, seit 1196 als Grafen auftretenden Herren von N.
stammten von den Grafen von Fenis ab. 1214 wurde geteilt. 1218 wurden die
Grafen nach dem Aussterben der Herzöge von Zähringen reichsunmittelbar. 1226
wurde in die Linien Nidau, Straßberg und Aarberg-Valangin geteilt. Seit 1288
waren die Grafen von Chalon (und später die Oranier) Oberlehnsherren. Nach dem
Aussterben der Grafen von N. 1373 kamen ihre Güter erbweise 1395 an die
verwandten Grafen von Urach-Freiburg und 1458 an die Markgrafen von Hachberg.
1406 ging N. mit Bern ein ewiges Burgrecht ein. 1504 fiel die Grafschaft über
eine Erbtochter von den Hachberg an das Haus Orléans-Longueville (bourbonische
Nebenlinie der Ducs de Longueville). Um 1530 wurde die Reformation eingeführt.
1579/1592 erwarb das Haus Orléans-Longueville die Rechte über Valangin. 1643
nahm es den Titel eines Fürsten von N. an. 1648 wurde die Grafschaft zum
souveränen, unter dem Schutz der Eidgenossenschaft stehenden Fürstentum
erhoben. Nach dem Aussterben des Hauses Orléans-Longueville 1694/1707 ging das
Fürstentum durch Wahl der Stände an Friedrich I. von Preußen als
testamentarischen Erben des Hauses Oranien, das die 1530 ausgestorbenen Grafen
von Chalon beerbt hatte. 1713 wurde dies von Frankreich anerkannt. 1805 kam N.
(wie Kleve) durch von Napoleon erzwungene Abtretung seitens Preußens (gegen
Hannover) an Frankreich bzw. 1806 dessen Marschall Berthier. Nach der
Wiedervereinigung mit Preußen (1814) gab König
Friedrich Wilhelm III. dem Fürstentum eine Verfassung (charte constitutionelle
vom 18. 6. 1814), erklärte es als einen souveränen Staat und bewirkte, dass es
am 12. 9. 1814 als 21. Kanton in die Eidgenossenschaft der Schweiz aufgenommen
wurde. In Bezug auf seine inneren Angelegenheiten blieb N. Fürstentum des Königs von Preußen. Die vom König
von Preußen als persönlicher Besitz vorbehaltenen Hoheitsrechte wurden am 1. 3.
1848 revolutionär durch eine republikanische Verfassung aufgehoben und die
Monarchie abgeschafft. Am 26. 5. 1857 verzichtete der König
von Preußen auf alle Rechte, behielt aber den Titel Fürst von N. und Graf von
Valangin, den er 1861 aufgab. S. Neuenburg (Kanton).
L.: Wolff 537; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) D5, II 72 b (bis
1797) B2/3; Chambrier, F. de, Histoire de Neuchâtel et Valangin, 1840, Neudruck
1984; Oppinger, E., Neuenburg, die Schweiz und Preußen 1798 bis 1806, 1915;
Bonjour, E., Preußen und Österreicher im Neuenburger Konflikt, 1931; Thévenaz,
L., Histoire du pays de Neuchâtel, 1948; Bonjour, E., Der Neuenburger Konflikt,
1957; Neuchâtel et la Suisse, hg. v. Montandon, L. u. a., 1969; Histoire du
Pays de Neuchâtel, Bd. 1 1989; Bibliographie neuchâteloise, hg. v. Froidevaux,
A., 1990; Koler-Weiß, K., Neuenburg, LexMA 6 1992, 1100; Bachmann, A., Die
preußische Sukzession in Neuchâtel, 1993; Stribrny, W., Die Könige von Preußen als Fürsten von
Neuenburg-Neuchâtel, 1998.
Neuenburg (Kanton). Nachdem Friedrich Wilhelm III.
von Preußen dem 1813 wiedererlangten Fürstentum N. eine Verfassung gegeben
hatte (18. 6. 1814), bewirkte er, dass es als 21. Kanton in die
Eidgenossenschaft der Schweiz aufgenommen wurde. Am 1. 3. 1848 wurde die
Monarchie abgeschafft. Am 26. 5. 1857 verzichtete der König
von Preußen auf alle Rechte. S. Neuenburg (Grafschaft, Fürstentum).
L.: Wolff 537f.; Neuchâtel et la Suisse, hg. v. Montadon, L. u. a., 1969.
Neuenheerse (Kloster). Um 868 gründete Bischof
Liuthard von Paderborn das Kanonissenstift Heerse an der Nethequelle. 871 nahm König Ludwig der Deutsche die Stiftung in seinen
Schutz. Die Vogtei hatten im 12. Jahrhundert die Edelherren von
Eberschütz-Schöneberg als Lehen des Stiftes inne. Bei ihrem Aussterben 1429
ging sie auf einen Herzog von Braunschweig-Lüneburg und 1438 auf die Landgrafen
von Hessen über. 1810 wurde das 1803 in Preußen umgewandelte Stift im Königreich Westphalen aufgehoben. 1815 kam N. an
Preußen und 1946 an Nordrhein-Westfalen.
L.: Gemmeke, A., Geschichte des adeligen Damenstifts zu Neuenheerse, 1931.
Neuhaus (Amt). Das über das Herzogtum
Braunschweig-Lüneburg und das spätere Königreich
Hannover und damit Preußen (1866) 1945 mit 6500 Einwohnern von der britischen
Besatzungszone im Zuge einer Grenzbegradigung an die sowjetische Besatzungszone
und damit von 1949 bis 1990 an die Deutsche Demokratische Republik gelangte,
229 Quadratkilometer große Gebiet (Neu Wendischthun [Neuwindischthun], Sückau,
Niendorf, Viehle, Sumte, Haar, Darchau, Vockfey, Stapel, Zeetze [Zetze], Laave,
Kaarßen, Tripkau, Wehningen, Wilkenstorf) kam am 1. 7. 1993 von
Mecklenburg-Vorpommern an Niedersachsen zurück.
L.: Wolff 450.
Neuhausen (Reichsdorf?). Am 17. 1. 1303 erteilte König Albrecht dem Kloster Zwiefalten das Recht, den
Reichsvogt zu Achalm, Kohlberg (Colberg), Dettingen, N. und Pfullingen
abzusetzen. 1750 kam N. zu Württemberg und damit 1951/1952 zu
Baden-Württemberg.
L.: Dacheröden 179; Hugo 475; Fritz, E., Das Dorfrecht von Neuhausen aus dem
Jahr 1431, Zs. f. württemberg. LG. 48 (1989).
Neumark (Mark). N. ist das östlich der Oder und
nördlich der unteren Warthe gelegene, seit etwa 1250 von Brandenburg eroberte
und 1266 als terra trans Oderam, 1290 als nova terra ultra Oderam sowie seit
etwa 1400 (im Gegensatz zur westelbischen Altmark) als nova marca (N.)
bezeichnete Gebiet. 1402 verkaufte König Sigmund
als Markgraf von Brandenburg die von Kaiser Karl IV. über dessen Sohn Johann
1396 an ihn gelangte N. an den Deutschen Orden. Markgraf Friedrich II. erwarb
sie 1455 zurück. Von 1535 bis 1571 bildete sie unter Markgraf Johann I. von
Brandenburg-Küstrin ein eigenes, um Sternberg (südlich der Warthe), Crossen
(1538 erworben), Cottbus und Peitz erweitertes Herrschaftsgebiet. Von 1742 bis
1815 zählte auch das Land Schwiebus zu ihr. 1815 kam sie ohne Dramburg und
Schivelbein, die an Pommern fielen, zur Provinz Brandenburg Preußens. 1945
wurde sie der Verwaltung Polens unterstellt. 1990 gelangte das Gebiet als
politische Folge der deutschen Einheit an Polen.
L.: Wolff 389; Großer Historischer Weltatlas II 34 G3; Niessen, P. v.,
Geschichte der Neumark im Zeitalter ihrer Entstehung und Besiedlung, 1905;
Hoppe, W., Die Neumark, ein Stück ostdeutscher Geschichte, 1956.
Neunegg (freie Leute), Unegcze. Am 26. 2. 1409
bestätigte König Ruprecht unter anderem dem
Eberhard von Ramschwag die Reichspfandschaft über die freien Leute zu N.
(Unegcze) bei Herisau in der Schweiz.
L.: Hugo 474, 473.
Niederlande (Staat). Bei der karolinigischen
Reichsteilung 843 fiel Flandern westlich der Schelde an das westfränkische
Reich (Westfranzien, Frankreich), der übrige Raum um Maas, Schelde und Rhein an
das mittlere Reich Kaiser Lothars und 879/925 an das ostfränkische Reich.
1477/1493 kam das sich (seit etwa 1200 oder 1540?) sprachlich
verselbständigende Gebiet der späteren N. über Maria von Burgund von Burgund an
Habsburg, das die von Burgund zusammengefassten Gebiete hausmachtpolitisch
gegenüber dem Reich zu verselbständigen suchte. Kaiser Karl V. fügte durch Kauf
1524 Friesland, durch Säkularisation 1528 Utrecht und Overijssel mit Deventer
sowie 1538 Groningen und 1543 Geldern dem 1512/1548 gebildeten burgundischen
Reichskreis hinzu, so dass insgesamt ein Komplex von 17 Gebieten entstand
(Brabant, Limburg, Luxemburg, Geldern, Flandern, Artois [mit Arras], Hennegau,
Holland, Seeland, Namur, Friesland, Rijssel [Lille], Doornik [Tournai],
Mecheln, Utrecht, Overijssel und Groningen), und übertrug 1555 die Nachfolge an
Philipp II. von Spanien (spanische N.). Seit 1565 wehrten sich Adlige in dem
seit etwa 1540 zunehmend calvinisierten Gebiet gegen die von Philipp II. seiner
Statthalterin Margarete von Parma (1559) in Auftrag gegebene Steigerung der königlichen Macht, mit der eine starke Erhöhung finanziellen
wie religiösen Druckes einherging. Nach Ablehnung einer Bittschrift bildeten
sie einen Bund des als Geusen verhöhnten Adels, der von den calvinistischen
Religionsführern unterstützt wurde. 1567 wurde Margarete von Parma durch Herzog
Alba als Statthalter abgelöst, der den Aufstand zunächst niederschlug. Am 1. 4.
1571 besetzten die Meergeusen Brielle (Briel) an der Maasmündung. Danach
erhoben sich Seeland und Holland. Am 18. 7. 1572 wählten zwölf Städte in
Seeland und Holland Wilhelm von Oranien zum königlichen
Statthalter von Holland, Seeland und Utrecht. Am 8. 11. 1576 schlossen sich
weitere Gebiete an. Am 23. 1. 1579 einigte Oranien in der Union von Utrecht die
sieben nördlichen Provinzen Holland, Seeland, Utrecht, Geldern, Groningen,
Overijssel (mit Drente) und Friesland, zu denen noch Flandern und Brabant
kamen. 1581 setzte die Utrechter Union Philipp II. ab und schloss sich in den
Generalstaaten zu einem losen Staatenbund zusammen (Republik der Vereinigten
N.). Die südlichen N. wurden von Spanien erneut unterworfen. Nach weiteren
schweren Kämpfen, in denen die seit 1635 mit Frankreich verbündeten
Generalstaaten 1629-1637 den nördlichen Teil Brabants als Generalitätslande
eroberten, wurden die Generalstaaten 1648 als eigener vom Reich gelöster Staat
anerkannt. Ihr Interesse verlagerte sich rasch vom Reich auf die überseeischen
Kolonien. Von 1590 bis 1700 waren die von 1572 bis 1650, von 1672 bis 1702
sowie von 1742 bis 1795 unter einem Statthalter handelnden N. das am stärksten
urbanisierte und wirtschaftlich fortgeschrittenste Land Europas. Die südlichen
(spanischen) Niederlande (Hennegau, Flandern, Artois, Namur, Luxemburg) kamen
nach dem spanischen Erbfolgekrieg 1713/1714 von Spanien an Österreich. 1794
wurden sie von Frankreich erobert. Sie blieben Teil des deutschen Reiches.
1797/1801 musste Österreich sie an Frankreich abtreten. 1806 machte Napoleon
die Generalstaaten zum Königreich Holland und
vereinigte dieses 1810 mit Frankreich. 1814 wurde nach der Vertreibung der
französischen Truppen die Vereinigung der nördlichen und südlichen N. sowie
Lüttichs als Königreich der Vereinigten N.
beschlossen. Dieses gehörte dem Deutschen Bund durch Personalunion mit
Luxemburg an. 1830 wurde mittels der belgischen Revolution die Verbindung der
sich benachteiligt fühlenden südlichen N. mit den nördlichen N. gelöst und
Belgien von den N. getrennt. 1866 schieden Limburg und Luxemburg mit der
Auflösung des Deutschen Bundes aus diesem aus. S. Flandern, Brabant, Hennegau,
Namur, Limburg, Lüttich, Holland, Utrecht, Seeland, Geldern, Cambrai,
Niederlothringen.
L.: Die Territorien des Reichs 3, 200; Blok, P., Geschichte des
niederländischen Volkes, Bd. 1ff. 1901ff.; Geschiedkundige Atlas van Nederland,
hg. v. Beekman, A., 1911ff.; Pirenne, H., Histoire de Belgique, Bd. 1ff. 1926;
Geschiedenis van Nederland, hg. v. Brugmans, H., Bd. 1ff. 1933ff.; Reese, W.,
Die Niederlande und das Reich, Bd. 1 3. A. 1943; Allgemene geschiedenis der
Nederlanden, hg. v. Niermeyer, J. u. a., Bd. 1ff. 1949ff., Neue Ausgabe
1980ff.; Polenz, P. v., Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, II, 50; Buck, H.
de, Bibliografie der geschiedenis van Nederland, Leiden 1968; Prevenier,
W./Blockmans, W., Die burgundischen Niederlande, 1986; De Nederlanden in de
late middeleeuwen, hg. v. Boer, D. de/Marsilje, J., 1987; Schepper, H. de,
Belgium Nostrum, 1987; Schilling, J./Täubrich, R., Niederlande, 1988;
Blockmans, W., Niederlande, LexMA 6 1993, 1141; Lademacher, H., Die
Niederlande, 1993; North, M., Geschichte der Niederlande, 1997; Mörke, O.,
Stadtholder oder Staetholder?, 1997; Weis, M., Les pays-bas espagnols, 2003;
Seggern, H. v., Geschichte der burgundischen Niederlande, 2009.
Niederlausitz (Markgrafschaft, Markgrafentum, keine
Reichsstandschaft). Die N. (zu sorb. luzica, Sumpfland) um Cottbus zwischen
Sorau, Schwielochsee, Fläming und Bober war von den vielleicht um 600
eingewanderten, in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts erstmals erwähnten
Lusici bewohnt, kam zwischen 928 und 965 unter deutsche Herrschaft und wurde
Teil der sächsischen Ostmark (und 961 kirchlich vielleicht Magdeburg
zugeordnet, 1063/1064, endgültig 1137 Meißen). Von 1002 bis 1031 war sie Lehen
Polens. 1034 kam sie an die Markgrafen von Meißen. Erstmals von 1046 bis 1117
und dann wieder von 1136 bis 1304 gehörte sie fast ohne Unterbrechung zum Haus
Wettin (Meißen), unter dessen Herrschaft die Einwanderung deutscher bäuerlicher
Siedler erfolgte. 1304 kam sie durch Kauf an Brandenburg. König bzw. Kaiser Karl IV., der das Gebiet seit 1346
schrittweise erwarb, unterstellte 1367/1370 die N. als Markgrafschaft Lausitz
Böhmen. In der Folge dehnte sich wegen der gleichen Landesherrschaft Böhmens
der Name Lausitz auf die Gebiete um Bautzen und Görlitz aus. Seitdem nannte man
Lausitz im Gegensatz hierzu N. und die neuen Gebiete Oberlausitz. Seit etwa
1400 gewannen die Landstände zu Lasten des Landesfürsten an Macht.
1445/1455/1462 fiel unter anderem das Gebiet um Cottbus an Brandenburg. Auch
die Wettiner erwarben einzelne Herrschaften. 1526 gelangte die N. als Nebenland
Böhmens an Österreich, welches das Land 1623/1635 an Sachsen (Kursachsen)
abtrat. Von 1657 bis 1738 gehörte die N. zum Sekundogeniturfürstentum
Sachsen-Merseburg. Bis 1815 war sie als Markgrafschaft rechtlich selbständig.
Sie umfasste die Kreise Luckau (mit der gleichnamigen Stadt, den
Standesherrschaften Doberlug [Dobrilugk]), Drehna und Sonnewalde
[Sonnewaldeitse] und einigen ritterschaftlichen Orten), Guben (mit Stadt Guben,
den Herrschaften Abtei Neuzelle, Johanniterordensamt Schenkendorf, Forst
[Forsta], Pförten, Sorau, Triebel, Amtitz und einigen ritterschaftlichen
Orten), Lübben, auch krummspreescher Kreis genannt, (mit Stadt und Amt Lübben,
den Herrschaften Friedland [Johanniterordensamt], Librose/Lieberose, Straupitz,
Leuthen und mehreren ritterschaftlichen Orten), Calau (Kalau) (mit der Stadt
Calau [Kalau], der Herrschaft Lübbenau und ritterschaftlichen Orten) und
Spremberg, insgesamt ein Gebiet von 105 Quadratmeilen. Mit der Abtretung von
Sachsen an Preußen wurde sie der Provinz Brandenburg einverleibt. Seit 1945
standen die Gebiete östlich der Neiße unter der Verwaltung Polens und gelangten
1990 als politische Folge der deutschen Einheit an Polen.
L.: Wolff 468, 470; Großer Historischer Weltatlas III 22 (1648) G3, III 38
(1789) E2; Blaschke, K./Kretzschmar, H., (Ober-)Sachsen und die Lausitzen, (in)
Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Scheltz, T., Gesamtgeschichte der Ober-
und Nieder-Lausitz, Bd. 1f. 1847ff.; Urkundenbuch zur Geschichte des
Markgraftums Nieder-Lausitz, Bd. 1ff. 1897ff.; Lehmann, R., Bibliographie zur
Geschichte der Nieder-Lausitz, Bd. 1f. 1928ff.; Lehmann, R., Geschichte des
Markgrafentums Niederlausitz, 1937; Lehmann, R., Geschichte der Nieder-Lausitz,
1963; Lehmann, R., Die Herrschaften in der Niederlausitz, 1966; Lehmann, R.,
Urkundeninventar zur Geschichte der Nieder-Lausitz bis 1400, 1968; Quellen zur
Geschichte der Niederlausitz, hg. v. Lehmann, R., 1972ff.; Lehmann, R.,
Historisches Ortslexikon für die Niederlausitz, Bd. 1f. 1979; Schrage, G.,
Slaven und Deutsche in der Niederlausitz, 1990; Ludwig, T., DO I. 406 und die
Zugehörigkeit der Niederlausitz zum Bistum Meißen, DA 56 (2000), 171; Ludwig,
T., DIe Urkunden der Bischöfe von Meißen, 2008, 289.
Niederösterreich (Land, Ländergruppe, Bundesland). Das Gebiet
zwischen Enns und March war südlich der Donau römische Provinz, nördlich der
Donau germanischer Siedlungsraum. Nach Abzug der Römer drangen Bayern im Westen
und Slawen im Osten ein. Um 790 wurde das ganze Gebiet dem Frankenreich
eingegliedert und einem Markgrafen unterstellt. Von 905/907 bis 955 kam es
unter die Herrschaft der Ungarn. Danach entstand wieder eine bayerische Mark an
der Donau (Ostmark), die Kaiser Otto II. 976 den Babenbergern verlieh und in
der 996 erstmals (Neuhofen an der Ybbs in) Ostarrichi genannt wurde. 1156 wurde
diese Markgrafschaft Herzogtum. 1180 kam das Land von der Hasel bis zur großen
Mühl hinzu, 1254 das Gebiet zwischen Enns und Hausruck und zwischen Pitten und
Wiener Neustadt. Nach dem Aussterben der Babenberger 1246 nahm 1251 der König von Böhmen das Herzogtum in Besitz, teilte das
Land längs der Enns (östlich der Enns, Österreich [unter der Enns], 1264 N.
[Austria inferior]), verlor es aber 1278 an König
Rudolf von Habsburg. Dieser verlieh es 1282 seinen Söhnen. In einem erweiterten
Sinn umfasste N. (Ländergruppe) im ausgehenden 14. Jahrhundert die Länder N.,
Oberösterreich, Steiermark, Kärnten und Krain. Dieses N. wurde von König Maximilian I. dem österreichischen Reichskreis
zugeteilt. Seit 1564 galten nur noch das Land N. und das Land Oberösterreich
als „niederösterreichische Länder“. N. im engeren Sinn war als Land unter der
Enns mit Wien als Zentrum bis 1918 das führende Erbland der Habsburger. Seit
der Verfassung Österreichs vom 1. 10. 1920 gibt es das Bundesland N. (seit 1986
Sitz in Sankt Pölten), innerhalb dessen Wien als eigenes Bundesland
verselbständigt wurde.
L.: Wolff 25; Lechner, K., Niederösterreich (Österreich unter der Enns), (in)
Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Die Territorien des Reichs 1, 118; Topographie
von Niederösterreich, hg. v. Verein für Landeskunde von Niederösterreich, Bd.
1ff. 1871-1915; Vancsa, M., Historische Topographie mit besonderer
Berücksichtigung Niederösterreichs, Dt. Geschichtsblätter 3 (1902); Vancsa, M.,
Geschichte von Niederösterreich und Oberösterreich (bis 1526), Bd. 1f. 1905ff.;
Grund, A., Beiträge zur Geschichte der hohen Gerichtsbarkeit in
Niederösterreich, (in) Abhandlungen zum Historischen Atlas der österreichischen
Alpenländer, Archiv f. österr. Geschichte Band 99 (o. J.); Hassinger, H./Bodo,
F., Burgenland, ein deutsches Grenzland im Südosten, 1941; Atlas von
Niederösterreich, hg. v. d. Kommission für Raumforschung und Wiederaufbau der
österr. Akademie d. Wiss., 1951ff.; Allgemeine Landestopographie des
Burgenlandes, bearb. v. Burgenländischen Landesarchiv, Bd. 1: Bezirk Neusiedl,
1954, Bd. 2: Bezirk Eisenstadt, 1962; Regele, O., Beiträge zur Geschichte der
staatlichen Landesaufnahme und Kartographie in Österreich bis 1918, 1955;
Grund, A./Giannoni, K. u. a., Niederösterreich I, II 1910, 1957; Wolf, H.,
Niederösterreich, 1956, (in) Erläuterungen zum historischen Atlas der
österreichischen Alpenländer; Bernleithner, E., Die Entwicklung der
Kartographie in Österreich, Ber. zur dt. Landeskunde 22 (1959); Thenius, E., Niederösterreich,
1962; Vorberg, G., Zur Struktur des landesfürstlichen Besitzes in
Niederösterreich, Diss. phil. Wien 1965 (masch.schr.); Winner, G.,
Klosteraufhebungen in Niederösterreich und Wien, 1967; Österreichisches
Städtebuch, hg. v. Hoffmann, A., Bd. 1ff. 1968ff.; Handbuch der historischen
Stätten. Österreich Bd. 1, hg. v. Lechner, K., 1970; Gutkas, K., Geschichte des
Landes Niederösterreich, Bd. 1ff. 1957ff., 6. A. 1983; Zöllner, E., Geschichte
Österreichs, 8. A. Wien 1990; Lechner, K., Die Babenberger. Markgrafen und
Herzöge von Österreich 976-1246, Wien 1976; Berthold, W., Bibliographie zur
Landeskunde von Niederösterreich, 1988; Friesinger, H./Vacha, B., Römer -
Germanen - Slawen in Österreich, Bayern und Mähren, 1988; Feigl, H., Recht und
Gerichtsbarkeit in Niederösterreich, 1989; Urkunde und Geschichte.
Niederösterreichs Landesgeschichte im Spiegel der Urkunden seines
Landesarchivs, bearb. v. Weltin, M., 2004; Niederösterreich im 20. Jahrhundert,
hg. v. Eminger, S. u. a., Bd. 1ff. 2008.
Niederschwaben (Reichslandvogtei). König Rudolf von Habsburg fasste nach 1273 das
Reichsgut in Schwaben in den Reichslandvogteien N. (nördlich der schwäbischen
Alb) und Oberschwaben und Augsburg zusammen. Der Zerfall war jedoch bereits so
fortgeschritten, dass lediglich um Altdorf/Weingarten ein dem Reich verbundenes
Herrschaftsgebiet bestehen blieb, das 1406 an Habsburg fiel.
L.: Hofacker, H., Die schwäbischen Reichslandvogteien im späten Mittelalter,
1980.
Niederweiler (Reichsdorf). Am 18. 10. 1403 bestätigte
König Ruprecht den Herren von Königsegg die Reichspfandschaft Hoßkirch (bei
Saulgau), N. bzw. Unterweiler und Oberweiler.
L.: Hugo 455, 453.
Nierstein (Reichsdorf). N. am Rhein bei Oppenheim
war vorgeschichtlich und römisch besiedelt und erscheint bereits in einer Gabe
Karlmanns an Würzburg zu Beginn des 8. Jahrhunderts. Am 16. 1. 1315 verpfändete
König Ludwig der Bayer unter anderem N. an den
Erzbischof von Mainz. Am 25. 12. 1356 verpfändete Kaiser Karl IV. den Ort an
die Stadt Mainz. Am 12. 2. 1375 verpfändete er ihn Ruprecht von der Pfalz. König Wenzel bestätigte dies am 7. 7. 1376. Am 23. 8.
1402 verpfändete König Ruprecht den Ort seinem
Sohn Ludwig von der Pfalz. 1752 gehörten die Güter neunzehn adligen Familien
und mehreren Kirchen. Danach kam er an Hessen-Darmstadt und 1946 an
Rheinland-Pfalz.
L.: Hugo 467, 466; Wolff 91.
Nimwegen (Reichsstadt), niederl. Nijmegen. Nach
älteren keltischen und germanischen Siedlungen errichteten die Römer 69/70 am
südlichen Waalufer die Siedlung Batavodurum. Sie erhielt etwa 104 n. Chr. den
Namen (Ulpia) Noviomagus (Neumarkt). Karl der Große erbaute in Niumaga eine
Pfalz, der ein umfangreicher Reichswald zugeteilt war. 1230 wurde der Ort
Reichsstadt. 1247/1248 wurde N. von König
Wilhelm von Holland an die Grafen von Geldern verpfändet und verlor mangels
Auslösung nach und nach die Reichsstandschaft. Mit Geldern kam es 1577 an die
Niederlande.
L.: Wolff 68; Blok, P., Geschichte der Niederlande, Bd. 1ff. 1902ff.; Waele, F.
de, Noviomagus Batavorum, 1931; Seveke, I., Nimwegen, 1955; Nimwegen
(Stede-atlas van Nijmegen), bearb. v. Gorissen, F., (in) Niederrheinischer
Städteatlas, hg. v. Kallen, G., 2, 1, 1956; Leupen, P., Nijmegen en het Rijk,
Klever Archiv 4 (1983), 57ff.; Sarfatij, H., De vroege topografie van
middeleeuws Nijmegen, FS D. Blok, 1990, 321ff., Leupen, P., Nijmegen, LexMA 6
1993, 1149; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 2, 464.
Nivelles (Reichsabtei?, Residenz). Die königliche Abtei N. (nahe Lüttichs) wurde im 7. Jh. in
einer villa der Pippiniden gegründet. Das Doppelkloster folgte nacheinander der
columbano-benediktinischen und schließlich der kanonischen Regel von Aachen.
Seit dem 13. Jh. nahm der Herzog von Brabant die Stadt N. in Beschlag und
bestritt die Reichsunmittelbarkeit der Abtei. Bis 1795-1798 führte die Äbtissin
den Titel einer Prinzessin des Reiches und von Nivelles, den die Regierung der
Niederlande Habsburgs bestritt, der Rat von Brabant aber 1669 anerkannte. Die
Güter der Abtei bildeten niemals ein geschlossenes Gebiet und waren über Seeland,
Rheinland und Brabant verstreut.
L.: Hoebanx, J.,
L’abbaye de Nivelles, 1952; Collet, E., Sainte Gertrude de Nivelles, 1985;
Douxchamps, J., Chanoinesses et chanoines nobles, 4. A., 1996; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 717, 1, 2, 422.
Nordhausen (Reichsstadt). Bei einer um 910 an
wichtigen Straßenkreuzungen errichteten Burg erscheint 927 erstmals der Ort N.
als Gut König Heinrichs I., der dieses 929
seiner Frau Mathilde als Wittum gab. 961 gründete sie in N. ein
Kanonissenstift, dem der Ort gehörte. 972 gab König
Otto II. N. als Mitgift seiner Gemahlin Theophanu. 1220 löste Kaiser Friedrich
II. N. aus der Abhängigkeit des in ein Domstift umgewandelten Stiftes. 1277
wurde der Reichsvogt vertrieben und die Reichsburg zerstört. König Rudolf von Habsburg stärkte gleichwohl 1290 die
Stellung der Bürger. Von 1312 bis 1594 waren die Grafen von Hohnstein, danach
das Haus Wettin, seit 1697 Brandenburg Reichsvogt. 1524 wurde die Reformation
eingeführt. Von 1703 bis 1714 besetzte Brandenburg N. 1716 gewann die zum
niedersächsischen Reichskreis zählende Stadt das Amt des Reichsvogtes und
Reichsschultheißen gegen 50000 Taler für sich. 1802 kam N. an Preußen, wurde
von 1807 bis 1813 dem Harzdepartement des Königreichs
Westphalen eingefügt und 1815 der Provinz Sachsen Preußens eingegliedert. Am 1.
7. 1944 wurde der Reichsstatthalter in Thüringen mit der Wahrnehmung der
Aufgaben und Befugnisse des Oberpräsidenten in der staatlichen Verwaltung des
Regierungsbezirks Erfurt beauftragt. Mit Thüringen kam N. 1945 zur sowjetischen
Besatzungszone und fiel damit von 1949 bis 1990 an die Deutsche Demokratische
Republik. S. Thüringen
L.: Wolff 458; Zeumer 554 III a 11; Wallner 707 NiedersächsRK 26; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) F3, III 22 (1648) E3; Silberlath, H.,
Geschichte der freien Reichsstadt Nordhausen, 1927; Das tausendjährige
Nordhausen, hg. v. Magistrat, Bd. 1f. 1927; Döring, O., Nordhausen, 1929;
Heineck, H., Chronik der Stadt Nordhausen, 1930; Nordhausener Urkundenbuch,
bearb. v. Lücke, G./Meissner, G., Bd. 1f. 1936ff.; Silberborth, H., Preußen und
Hannover im Kampf um die freie Reichsstadt Nordhausen, 1936; Blaschke, K.,
Nordhausen, LexMA 6 1993, 1236.
Nordhausen (reichsunmittelbares Stift). Bei einer
um 910 errichteten Burg erscheint 927 erstmals der Ort N. als Gut König Heinrichs I., in dem Königin
Mathilde 961 ein Kanonissenstift gründete. 1220 löste Kaiser Friedrich II. den
Ort aus der Abhängigkeit des Stiftes, das reichsunmittelbares Domherrenstift
wurde. 1802 wurde das Stift säkularisiert und kam an Preußen (Provinz Sachsen).
L.: Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) F3, III 22 (1648) E3, III 38
(1789), D2; Das tausendjährige Nordhausen, hg. v. Magistrat, Bd. 1f. 1927;
Wand, A., Der Dom zum Heiligen Kreuz Nordhausen, 1986.
Nördlingen (Reichsstadt). Nach römischen und
alemannischen Siedlungen erscheint 898 der Königshof
N. im Ries anlässlich der Übertragung an den Bischof von Regensburg. 1215
gewann König Friedrich II. durch Tausch N. für
das Reich zurück. Vergeblich versuchten die Grafen von Oettingen und die
Herzöge von Bayern die Herrschaft zu erlangen. Spätestens 1290 (Stadtrecht) ist
N. als Stadt bezeugt. In der Folge war es Reichsstadt (1323 Ammannamt).
1522/1555 schloss es sich der Reformation an. Es gehörte dem schwäbischen
Reichsstädtekollegium und dem schwäbischen Reichskreis an. 1803 kam es mit
7000-8000 Einwohnern und 1,5 Quadratmeilen Gebiet (Enkingen, Teile von
Nähermemmingen und Herkheim, Goldburghausen, Schweindorf u. a.) an Bayern.
L.: Wolff 213; Zeumer 554 III b 7; Wallner 689 SchwäbRK 70; Großer Historischer
Weltatlas II 66 (1378) E4, III 22 (1648) F4, III 38 (1789) D3; Schroeder
210ff.; Müller, K., Nördlingen. Stadtrechte des Mittelalters, 1933; Puchner,
K./Wulz, G., Die Urkunden der Stadt Nördlingen 1233-1449, Bd. 1ff. 1952ff.;
Sayn-Wittgenstein, F. Prinz zu, Reichsstädte, 1965; Rabe, H., Der Rat der
niederschwäbischen Reichsstädte, 1966; Berger, H., Nördlingen. Die Entwicklung
einer Stadt von den Anfängen bis zum Beginn der sechziger Jahre des 20.
Jahrhunderts, Diss. phil. Erlangen-Nürnberg, 1969; Kudorfer, D., Nördlingen,
1974, (in) Historischer Atlas von Bayern, Teil Schwaben; Rublack, H., Eine
bürgerliche Reformation: Nördlingen, 1982; Voges, D., Die Reichsstadt Nördlingen,
1988; Kießling, R., Die Stadt und ihr Land, 1989, 24ff.; Kießling, R.,
Nördlingen, LexMA 6 1993, 1236; Voges, D., Nördlingen seit der Reformation,
1998.
Nordmark (Mark, Landschaft). N. ist der nördliche
Teil der unter König Otto dem Großen dem
Markgrafen Gero an der mittleren Elbe übertragenen Gebiete, der nach Geros Tod
(965) an Markgrafen aus den Häusern Walbeck, Haldensleben, Stade und Plötzkau
gegeben wurde und 1134 an den Askanier Albrecht den Bären kam. Über ihn und
seine Nachfolger wurde die inzwischen fast ausschließlich auf die
linkselbischen Güter zusammengeschrumpfte Mark Ausgangspunkt der Mark
Brandenburg.
L.: Schultze, J., Nordmark und Altmark, Forschungen zur brandenburgischen
Geschichte, 1964.
Northeim (Grafen). In N. an der Mündung der Rhume
in die Leine bestand schon an der Zeitenwende und in frühmerowingischer Zeit
eine Siedlung. Um 800 gab der edle Nidhart Güter an Fulda. Ein Grafengeschlecht
von N. wird im 10. Jahrhundert (982) erkennbar. Graf Otto (um 1025-1083) wurde
1061 Herzog von Bayern (bis 1070). Die Güter der Grafen von N. an der oberen
Leine, Werra, Weser, Diemel, Nethe und der unteren Elbe (Boyneburg, Vogtei über
Corvey, Gandersheim, Helmarshausen, Hausklöster Northeim, Bursfelde,
Amelungsborn, Oldisleben (Oldesleben) kamen nach dem Tod der Kaiserin Richenza
(1141) und Siegfrieds IV. von Boyneburg (1144) bzw. Hermanns von Winzenburg
(1152) auf Grund der Heirat Gertruds von Süpplingenburg, der Tochter König Lothars von Süpplingenburg und Richenzas von N.,
mit Heinrich dem Stolzen an die Welfen (Heinrich den Löwen).
L.: Wolff 437; Lange, K., Der Herrschaftsbereich der Grafen von Northeim, 1969;
Pischke, G., Herrschaftsbereiche der Billunger, der Grafen von Stade, der
Grafen von Northeim und Lothars von Süpplingenburg, 1984; Hindte, H. v.,
Northeim, LexMA 6 1993, 1253; Pischke, G., Die Grafen von Northeim, Z. d. V. f.
hess. Gesch. 103 (1998), 3; Borchert, S., Herzog Otto von Northeim (um
1025-1083), 2005; Borchert, S., Herzog Otto von Northeim (um 1025-1083), 2005.
Nürnberg (Reichsstadt, Residenz des Königs und der Burggrafen von Nürnberg). (Im Jahre
2011 werden bei Bauarbeiten an der Bärenschanzstraße in Gostenhof etwa 14000
Jahre alte Keuperhornsteine als älteste Spuren menschlichen Lebens in bzw. bei
N. entdeckt.) An wichtigen Handelsstraßen entstand auf ursprünglich bayerischem
Siedlungsboden auf einem 351 Meter über dem Meeresspiegel aufragenden
Sandsteinfelsen vermutlich um 1000 (1040/1041) die anscheinend vorsalische (und
damit vor 1024 entstandene) Baureste aufweisende Reichsburg N. (Felsberg?), die
1050 anlässlich eines Hoftags erstmals erwähnt wird. Vor 1062 war N. Sitz einer
Reichsmünzstätte, vor 1122 Zollstätte. Seit 1163 hatte es einen Schultheißen,
seit 1200 Stadtrecht. 1219 erhielt es Privilegien Kaiser Friedrichs II. 1256
traten Ratsherren (consules) und Stadtgemeinde (universitas civium) hervor.
Unter König Rudolf von Habsburg begann der
Aufstieg zur Reichsstadt (1320 Hochgerichtsbarkeit). Ludwig der Bayer hielt
sich dort vierundsiebzigmal, Karl IV. mehr als fünfzigmal auf. In der Goldenen
Bulle belohnte Kaiser Karl IV. 1356 die Treue der Stadt mit der Verpflichtung
jedes neugewählten Königs, seinen ersten
Reichstag in N. abzuhalten. Vom 22. 3. 1424 bis 1796 und von 1938 bis 1945 war
N. Aufbewahrungsort der Reichsinsignien. Um 1400 war die streng patrizische
Ratsverfassung voll entwickelt. Bis 1427 konnte N. durch Kauf der Burg und Kauf
von Rechten den Druck seiner Burggrafen teilweise beseitigen. Durch Kauf von
Hiltpoltstein mit Wildenfels und Strahlenfels (1503) sowie von Gräfenberg
(1520/1548) und durch seine Eroberungen im Landshuter Erbfolgekrieg (1504-1506)
gewann es das größte Herrschaftsgebiet einer Reichsstadt (Hersbruck, Lauf,
Altdorf, Reicheneck, Velden, Betzenstein, Stierberg), doch blieb das Gebiet
unmittelbar vor der Stadt umstritten. 1479/1484 erneuerte N. durch die
römisches Recht gemäßigt rezipierende (Neue) Reformation sein Stadtrecht, das
schon zuvor auf etwa 22 Orte übertragen worden war. 1524/1525 führte es die
Reformation ein und erreichte im Zusammenhang mit seinem von Handwerk und
Handel getragenen wirtschaftlichen Aufschwung auch eine kulturelle Blüte
(Albrecht Dürer, Veit Stoß, Willibald Pirckheimer, Martin Behaim, Hans Sachs).
Im Reichstag gehörte N. zum schwäbischen Reichsstädtekollegium, im fränkischen
Reichskreis führte es die Ausschreibung durch. 1578/1623 gründete es in Altdorf
eine Akademie bzw. Universität. Im Dreißigjährigen Krieg wurde es stark
geschwächt. 1792 und 1796 musste es die Beschlagnahme eines Teils seines
Landgebiets durch Bayern und Preußen dulden, blieb aber 1803 durch § 27 des
Reichsdeputationshauptschlusses als Reichsstadt erhalten. Zu dieser Zeit
gehörte es den Kantonen Gebirg, Steigerwald und Altmühl des Ritterkreises
Franken an. Durch die Rheinbundakte von 1806 fiel es an Bayern, das es am
6./15. 9. 1806 mit rund 23 Quadratmeilen bzw. rund 1500 Quadratkilometern
(Sebalder Wald, Lorenzer Wald, Pflegämter Wöhrd, Gostenhof, Altdorf, Lauf,
Hersbruck, Reicheneck, Engelthal, Hohenstein, Velden, Betzenstein,
Hiltpoltstein, Gräfenberg und Lichtenau) und insgesamt 80000 Einwohnern
offiziell in Besitz nahm.
L.: Wolff 127; Zeumer 555 III b 3; Wallner 691 FränkRK 5; Großer Historischer
Weltatlas II 66 (1378) F4, II 78 (1450) G4, III 38 (1789) E4; Die Territorien
des Reichs 1, 32; Riedenauer 129; Schroeder 93ff.; Reicke, E., Geschichte der
Reichsstadt Nürnberg, 1896; Schrötter, G., Geschichte der Stadt Nürnberg, 1909;
Dannenbauer, H., Die Entstehung des Territoriums der Reichsstadt Nürnberg,
1928; Liermann, H., Nürnberg als Mittelpunkt deutschen Rechtslebens, Jb. f.
fränk. Landesforschung 2 (1936), 1ff.; Otremba, E., Nürnberg, 1949; Hofmann,
H., Nürnberg-Fürth, 1954, Historischer Atlas von Bayern, Teil Franken, Heft 4;
Gagel, E./Schnelbögl, F., Pfinzing, der Kartograph der Reichsstadt Nürnberg
1554-1599, 1957; Nürnberger Urkundenbuch, hg. v. Stadtrat zu Nürnberg, Bd. 1
1959; Fehring, G./Ress, A., Die Stadt Nürnberg, 1961; Schultheiss, W., Kleine
Geschichte Nürnbergs, 2. A. 1987; Ammann, H., Die wirtschaftliche Stellung der
Reichsstadt Nürnberg im Spätmittelalter, 1970; Wüllner, W., Das Landgebiet der
Reichsstadt Nürnberg, 1970; Nürnberg. Geschichte einer europäischen Stadt, hg.
v. Pfeiffer, G., Bd. 1f. 1971ff.; Schultheiss, W., Geschichte des Nürnberger
Ortsrechts, 2. A. 1972; Schneider-Hiller, G., Das Landgebiet der Reichsstadt
Nürnberg, 1976; Schnurrer, L., Das Territorium der Reichsstadt Nürnberg, Jb. d.
hist. Ver. f. Mittelfranken 89 (1977-1981), 91ff.; Boener, J., Die Reichsstadt
Nürnberg und ihr Umland um 1700, 1981; Reformation der Stadt Nürnberg, hg. v.
Köbler, G., 1984; Tiggesbäumker, G., Die Reichsstadt Nürnberg und ihr
Landgebiet im Spiegel alter Karten und Ansichten, Ausstellung der
Stadtbibliothek Nürnberg, 1986; Hirschmann, G., Aus sieben Jahrhunderten
Nürnberger Stadtgeschichte, 1988; Berühmte Nürnberger aus neun Jahrhunderten,
hg. v. Imhoff, C. v., 1989; Wendehorst, A., Nürnberg, LexMA 6 1993, 1317;
Endres, R., Grundzüge der Verfassungsgeschichte der Reichsstadt Nürnberg, ZRG
GA 111 (1994), 405; Martin, H., Verbrechen und Strafe in der
spätmittelalterlichen Chronistik Nürnbergs, 1997; Vogel, T., Fehderecht und
Fehdepraxis im Spätmittelalter, 1998; Schieber, M., Nürnberg, 2000; Schubert,
A., Der Stadt Nutz oder Notdurft?, 2003; Bühl-Gramer, C., Nürnberg 1850 bis
1892, 2003; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W., 2003, 1, 2, 424.
Oberehnheim (Reichsstadt), frz. Obernai. O. im
Unterelsass war vermutlich schon in merowingischer Zeit Königshof. 1240 wurde es Stadt genannt. Als Reichsstadt trat es
1354 dem elsässischen Zehnstädtebund bei. Ihr Gebiet umfasste das alte Schloss
Kagenfels im Klingental und das Dorf Bernhardsweiler. Nach 1648 kam die Stadt
an Frankreich und gehörte bis zur französischen Revolution von 1789 zur
Unterstatthalterschaft Straßburg.
L.: Wolff 296; Großer Historischer Weltatlas III 22 (1648) C4; Escher, M. u.
a., Die urbanen Zentren, 2005, 2, 469.
Oberglogau (Herrschaft). O. an der Hotzenplotz in
Oberschlesien wurde 1275 planmäßig angelegt. Es gehörte zum Herzogtum Oppeln. Nach
dem Aussterben der Herzöge kam es 1532 mit Oppeln an Österreich, das es an
Georg von Ansbach-Jägerndorf, dann an die Königin
Isabella von Ungarn (1552) und danach an Otto von Zedlitz verpfändete. Von dort
gelangte es über die Erbtochter an die Oppersdorff, die 1626 in den
Reichsgrafenstand aufstiegen. 1945 fiel O. unter die Verwaltung Polens und
damit 1990 als politische Folge der deutschen Einheit an Polen.
L.: Wolff 480; Schnurpfeil, H., Geschichte und Beschreibung der Stadt
Oberglogau, 1860; Kosian, A., Führer durch das schöne Oberglogau, 1931.
Oberkirch (Herrschaft). Um 1225 erscheint O. an
der Rench erstmals (Obirnkirchen). 1303 verkauften die Grafen von Fürstenberg,
die 1218 die Herzöge von Zähringen beerbt hatten, O. an das Hochstift Straßburg.
1316 verzichtete König Friedrich der Schöne auf
die Reichsdörfer Sasbach, Renchen und das Oppenauer Tal, die zu der sich um O.
bildenden Herrschaft hinzukamen. 1604-1634 und 1649-1654 wurde die Herrschaft
an Württemberg verpfändet. 1802 kam sie an Baden und damit 1951/1952 an
Baden-Württemberg.
L.: Wolff 236; Bader, J., Die ehemalige Straßburger Herrschaft Oberkirch, 1840;
Schaz, F., Stadt O. und die Burgen des vorderen Renchtales, 1898; Heizmann, L.,
Der Amtsbezirk Oberkirch in Vergangenheit und Gegenwart, 1928; Escher, M. u.
a., Die urbanen Zentren, 2005, 2, 472.
Oberlausitz (Markgrafschaft, Markgrafentum [ohne
Reichsstandschaft]). Die O. (zu sorb. luzica, Sumpfland) um Bautzen zwischen
Queis, Pulsnitz, Zittauer Bergland und Niederlausitz war von den slawischen
Milcanen (Milzenern) besiedelt und wurde im 10./11. Jahrhundert von den
Deutschen unterworfen. Sie wurde zunächst als Land Budissin (Bautzen)
bezeichnet, das meist zur sächsischen Ostmark gehörte. 1046 gelangte sie als
Reichslehen an die wettinischen Markgrafen von Meißen. 1081/1158 kam dieses
Land als Reichslehen an Böhmen. 1253 wurde das Gebiet zum größten Teil an
Brandenburg verpfändet. 1268 wurde in die Länder Bautzen und Görlitz geteilt.
Nach dem Aussterben der Askanier (1319) bemächtigte sich Heinrich von Jauer des
Landes Görlitz und Johann von Böhmen des Landes Bautzen. Heinrich von Jauer
trat seine angeblichen Rechte auf Bautzen an Johann von Böhmen ab, der 1320 vom
König mit Bautzen belehnt wurde. Mit dem Tod
Heinrichs von Jauer fiel auch Görlitz 1329/1346 an Böhmen. Von 1377 bis 1396
war es als böhmische Sekundogenitur nochmals selbständig. 1414 kam Zittau
hinzu. Im 15. Jahrhundert trat dann nach der Ausdehnung des Namens Lausitz auf
Bautzen und Görlitz der Name O. für die Länder Bautzen und Görlitz auf. Diese
O. wurde 1620/1635/1648 von Habsburg/Österreich, das sie einschließlich Zittaus
1526 mit Böhmen erlangt hatte, als Mannlehen Böhmens an Sachsen (Kursachsen)
abgetreten, genoss dort aber bis 1919 eine Sonderstellung. Das 103 Quadratmeilen
große Gebiet der O. umfasste die Kreise Bautzen (mit den Städten Bautzen,
Kamenz und Löbau, den Herrschaften Hoyerswerda und Königsbrück,
dem Stift Sankt Peter und dem Kloster Marienstern und mehreren
ritterschaftlichen Orte) und Görlitz (mit den Städten Görlitz, Zittau und
Lauban, den Herrschaften Muskau und Seidenberg, zwei Klöstern und einigen
ritterschaftlichen Orten). 1815 fiel der nordöstliche Teil (mit Görlitz) an
Preußen und wurde mit der Provinz Schlesien vereinigt. 1835 wurde der bei Sachsen
gebliebene Rest (mit dem 1845 von Österreich erlangten Schirgiswalde, 61
Quadratmeilen) unter Aufhebung seiner Provinzialverfassung dem Königreich Sachsen eingegliedert.
L.: Wolff 468ff.; Großer Historischer Weltatlas III 22 (1648) G3, III 38 (1789)
E2; Blaschke, K./Kretzschmar, H., (Ober-)Sachsen und die Lausitzen, (in)
Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Scheltz, T., Gesamtgeschichte der Ober-
und Niederlausitz, Bd. 1f. 1847ff.; Codex diplomaticus Lusatiae superioris, Bd.
1ff. 1851ff.; Köhler, J., Geschichte der Oberlausitz, Bd. 1f. 1867ff.; Knothe,
H., Urkundliche Grundlagen zu einer Rechtsgeschichte der Oberlausitz, (in)
Lausitzisches Magazin 53 (1877); Schremmer, W., Die deutsche Besiedlung
Schlesiens und der Oberlausitz, 2. A. 1927; Die preußische Oberlausitz, hg. v.
Salomon, B./Stein, E., 1927; Reuther, M., Die Oberlausitz im Kartenbild des 16.
bis 18. Jahrhundert. Mit besonderer Berücksichtigung der deutsch-sorbischen
Sprachgrenzkarten von Scultetus bis Schreiber, 1954; Reuther, M., Die Oberlausitz
als Geschichtsraum, Bll. f. dt. LG. 93 (1957/1958), 102; Eichler, E./Walther,
H., Ortsnamenbuch der Oberlausitz, Bd. 1 Namenbuch, 1975; Die Oberlausitz im
frühneuzeitlichen Mitteleuropa, hg. v. Bahlcke, J., 2007; Salza und Lichtenau,
H. v., Die weltliche Gerichtsverfassung in der Oberlausitz bis 1834, 2013.
Oberösterreich (Fürstentum, Bundesland). Das Gebiet
zwischen Donau, Inn und Enns gehörte zunächst zum keltischen Königreich Noricum, seit 15 n. Chr. zur römischen
Provinz Noricum ripense. Seit dem 6. Jahrhundert wurde es von Bayern besiedelt
(748 Mondsee, 777 Kremsmünster). Die wichtigste Stellung errangen die Grafen
von Traungau. 1058 folgten ihnen die Burggrafen (Otakare, Ottokare) von Steyr.
1156/1192 kamen die Güter an die Babenberger, die 1189 Regauer Güter mit
Vöcklabruck, 1216 die Herrschaft Wels, 1224 die Herrschaft Waxenberg und 1271
die Herrschaft Linz, erwarben. Seit 1254/1261/1264 erscheint nach dem
Aussterben der Babenberger und der Lösung der Verbindung des Traungaus mit der
Steiermark durch König Ottokar von Böhmen
Austria superior (O., 1264) als politische und gerichtliche Verwaltungseinheit.
Nach Übergang an die Grafen von Habsburg (1282) kam 1289 das Land westlich der
Großen Mühl hinzu. In kriegerischen Auseinandersetzungen unterwarf Habsburg
1380/1390 die Grafen von Schaunberg (bzw. Schaunburg). Seit 1453 wurden die
Gebiete bzw. Güter der Hochstifte Salzburg, Regensburg, Freising, Eichstätt und
Bamberg zu Landständen herabgedrückt. Von 1456 bis 1483 wurde O. eigenes
Fürstentum, um 1466 auch so genannt. 1506 wurde im bayerischen Erbfolgekrieg
die Herrschaft Wildenegg (Wildeneck) mit dem Land Mondsee (Mondseeland) und
Wolfgangsee von Bayern für O. erworben. Das früh verbreitete Luthertum wurde
durch die Gegenreformation beseitigt. 1554/1559 setzte sich das Fürstentum
Österreich ob der Enns endgültig gegen Österreich unter der Enns
(Niederösterreich) durch. Im Übrigen wurden in der frühen Neuzeit als
(Ländergruppe) O. verschiedentlich auch Tirol und Vorderösterreich bezeichnet.
1765 kam es zu einem Gebietsaustausch zwischen O. und Passau. 1779 fiel das
Innviertel an O., 1782 Obernberg und Vichtenstein. 1809 an Bayern verlorene
Gebiete kamen 1816 zurück. Ab 1784/1804/1815 war O. Herzogtum, von 1849 bis
1918 selbständiges Kronland (1861 Erzherzogtum), seit 1920 Bundesland
Österreichs, von 1938 bis 1945 Hauptteil des Reichsgaus Oberdonau. In der
frühen Neuzeit wurden auch Tirol und die Vorlande verschiedentlich als O.
bezeichnet.
L.: Wolff 26; Lechner, K., Oberösterreich, (in) Geschichte der deutschen
Länder, Bd. 1; Die Territorien des Reichs 1, 118; Pritz, F., Geschichte des
Landes ob der Enns, Bd. 1f. 1847; Urkundenbuch des Landes ob der Enns, Bd. 1ff.
1852ff.; Vancsa, M., Geschichte Nieder- und Oberösterreichs, Bd. 1f. 1905ff.;
Straßmayr, E., Bibliographie zur oberösterreichischen Geschichte, Bd. 1ff.
1929ff.; Schiffmann, K., Historisches Ortsnamenlexikon des Landes
Oberösterreich, Bd. 1f. 1935ff.; Regele, O., Beiträge zur Geschichte der
staatlichen Landesaufnahme und Kartographie in Österreich bis 1918, 1955;
Strnadt, J., Österreich ob der Enns, (in) Erläuterungen zum Historischen Atlas
der österreichischen Alpenländer 1917, 1956; Ferihumer, H., Oberösterreich,
(in) Erläuterungen zum Historischen Atlas der österreichischen Alpenländer 1917,
1956; Zibermayr, I., Noricum, Baiern und Österreich, 2. A. 1956; Atlas von
Oberösterreich, hg. i. A. der oberösterr. Landesregierung v. Inst. für
Landeskunde von Oberösterreich, Leitung Pfeffer, F./Burgstaller, E., 1958ff.;
Pfeffer, F., Das Land ob der Enns, 1958; Bernleithner, E., Die Entwicklung der
Kartographie in Österreich, Ber. zur dt. Landeskunde 22 (1959); Hageneder, O.,
Die Geschichte des „Landes“ Oberösterreich, (in) Österreichisches Städtebuch,
hg. v. Hoffmann, A., Bd. 1 1968; Hageneder, O., Die Entstehung des Landes ob
der Enns, (in) Kulturzs. Oberösterreich 18/2 (1968); Österreichisches
Städtebuch, hg. v. Hoffmann, A., 1968ff.; Haider, S., Geschichte
Oberösterreichs, 1987; Landtafel des Erzherzogtums Österreich ob der Enns, hg.
v. Strätz, H., 1990.
Oberpfalz (Pfalzgrafschaft, Herzogtum). Das
ursprünglich zur bayerischen Nordmark, dann zur bayerischen Markgrafschaft
Nordgau gehörige Gebiet fiel 1268 als Pfand an die Herzöge von Bayern. Bei der
Teilung innerhalb der Wittelsbacher von 1329 kamen diese Güter an die Pfalz
(größerer Teil des Viztumamtes Burglengenfeld mit dem Hauptort Amberg). Diese
verpfändete sie 1353 weitgehend an König Karl
IV., gewann sie aber seit 1373 zurück. 1410 fiel das Gebiet etwas verkleinert
an König Ruprechts von der Pfalz Sohn Johann
(Pfalz-Neumarkt), 1448 an Pfalz-Mosbach (und teilweise kurzfristig an
Pfalz-Simmern), 1499 wieder an die Hauptlinie Pfalz. Seit der ersten Hälfte des
16. Jahrhunderts setzte sich der Name O. durch. 1621 wurde das früh lutherisch
gewordene Gebiet von Bayern besetzt und seit 1625 rekatholisiert. 1628 gab es
der Kaiser mit Ausnahme einiger an Pfalz-Neuburg gefallener Ämter an Bayern als
Kriegsentschädigung. 1631 erhielt Bayern die Belehnung mit Gütern Böhmens.
Bayern unterwarf die O. der katholischen Gegenreformation und bezog sie in
seinen zentralisierenden Frühabsolutimsus ein. Die zum bayerischen Reichskreis
zählende O. bestand aus zwei getrennten Hauptteilen zwischen denen das
Fürstentum Sulzbach, das bambergische Amt Vilseck, die Grafschaft Sternstein
(Störnstein) und die Landgrafschaft Leuchtenberg lagen. Zum südlichen Hauptteil
gehörten die Pfleggerichte Amberg, Pfaffenhofen, Haimburg, Rieden, Freudenberg,
Hirschau, Nabburg, Neunburg vor dem Wald, Wetterfeld, Bruck, Rötz (Retz) Waldmünchen,
Obermurach (Murach) und Treswitz-Tännesberg (Treswitz-Tenesberg), zum
nördlichen Teil die Pfleggerichte Bärnau (Bernau), Eschenbach, Grafenwöhr,
Hollenberg (Holnberg), Kirchenthumbach (Kirchentumbach), Auerbach und
Hartenstein, das Kastenamt Kemnath (Kemnat), das Landgericht Waldeck und die
Herrschaft Rothenberg. Darüber hinaus befanden sich noch kleinere Teile
innerhalb des nürnbergischen Gebiets. 1677 kam das 1614 abgetrennte Sulzbach
wieder zu O. zurück. 1803 wurden das bambergische Amt Vilseck und das Kloster
Waldsassen und 1806 Sternstein (Störnstein). S. Bayern-Oberpfalz, Neuburg.
L.: Wolff 138; Wallner 712 BayRK 3; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378)
F/G4; Die Territorien des Reichs 5, 8; Bosl, K., Das kurpfälzische Territorium
”Obere Pfalz”, Zs. f. bay. LG. 26 (1963); Bosl, K., Die Oberpfalz und ihre
junge Hauptstadt, 1980; Emmerig, E., Die Regierung der Oberpfalz. Geschichte
einer bayerischen Mittelbehörde, 1981; Ambronn, K., Landsassen und
Landsassengüter des Fürstentums der oberen Pfalz im 16. Jahrhundert, 1982;
Ackermann, K., Die Oberpfalz, 1987; Fuchs, A./Ambronn, K., Die Oberpfalz in
alten Ansichten, 1988; Schaub, M., Geschichte der Kurpfalz, Bd. 1 1988;
Ambronn, K., Oberpfalz, LexMA 6 1993, 1332; Handbuch der bayerischen Geschichte,
hg. v. Spindler, M., Bd. 3, 3 Geschichte der Oberpfalz und des bayerischen
Reichskreises, 3.A. 1995; Barth, T., Adelige Lebenswege im alten Reich, 2005.
Oberrheinfeld (Reichsdorf). Nach einer undatierten
Urkunde König Ruprechts hatte das Reich Gefälle in
dem ehemals zum Reichsvogteiamt Schweinfurt gehörigen Dorf O. bei Schweinfurt,
das später zu Bayern kam.
L.: Dacheröden 256; Hugo 459.
Oberrheinischer Reichskreis. Der 1500 geschaffene O.
reichte von Savoyen bis Hessen-Kassel, war aber durchsetzt mit Gebieten
Habsburgs (österreichischer Reichskreis) und der rheinischen Kurfürstentümer
(kurrheinischer Reichskreis). 1552 schieden die lothringischen Bistümer (Metz,
Toul, Verdun), in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts die elsässischen
Gebiete (Reichsstädte) tatsächlich aus. Lothringen, Savoyen und das Hochstift
Basel zählten sich nur bedingt zum Kreis. Im Übrigen gehörten ihm unter dem
Direktorat des Bischofs von Worms und der Pfalzgrafen die Bischöfe von Worms,
Speyer (mit Weißenburg), Straßburg und Basel, die Äbte von Fulda und Prüm, der
Johanniterorden (Johannitermeister) in Heitersheim, der Propst von Odenheim,
die Reichsstädte Worms, Speyer, Friedberg, Frankfurt und Wetzlar, die
Fürstentümer Pfalz-Simmern, Pfalz-Lautern, Pfalz-Veldenz und Pfalz-Zweibrücken,
die Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, die Markgrafschaft Nomeny, die
Fürstentümer Nassau (Weilburg, Usingen, Idstein, Saarbrücken, Ottweiler) und
Solms (Braunfels, Lich, Laubach, Hohensolms, Rödelheim), die Grafschaften
Sponheim, Salm-Salm, Salm-Kyrburg, Waldeck, Hanau (Münzenberg, Lichtenberg), Königstein, Oberisenburg (Isenburg) (Birstein,
Büdingen mit Wächtersbach, Marienborn, Meerholz, Offenbach), Leiningen
(Hardenburg [Hartenburg], Westerburg), Sayn-Wittgenstein (Berleburg, [Homburg,]
Wittgenstein), Falkenstein, Kriechingen und Wartenberg sowie die Herrschaften
Reipoltskirchen, Bretzenheim und Olbrück (Ollbrück) an. Die Kreistage fanden in
Frankfurt statt, das Archiv war in Worms.
L.: Gumpelzhaimer 107; Wolff 230; Süß, A., Geschichte des oberrheinischen
Kreises und der Kreisassoziationen in der Zeit des spanischen Erbfolgekriegs
1697-1714, ZGO 103 (1955), 104 (1956).
Obersächsischer Reichskreis. Der O. wurde 1512 aus
Sachsen, Brandenburg, Pommern, Cammin (Kammin), Anhalt, den Abteien Quedlinburg,
Gernrode und Walkenried, den Fürstentümern Querfurt und Schwarzburg, den
Grafschaften Mansfeld, Stolberg und Wernigerode, Barby, Hohnstein mit Lohra und
Klettenberg, Hatzfeld, Reuß und Schönburg gebildet. Zeitweise gehörten der König von Schweden für Vorpommern und der Herzog von
Braunschweig-Wolfenbüttel für Walkenried dem Kreis an. Kreisausschreibende
Fürsten waren die Markgrafen von Brandenburg und die Herzöge von
Sachsen(-Wittenberg). 1683 traten die Mitglieder letztmals zu einem Kreistag
zusammen, obwohl der Kreis formell erst 1806 erlosch.
L.: Gumpelzhaimer 169; Wolff 372.
Oberschwaben (Reichslandvogtei). König Rudolf von Habsburg fasste nach 1273 das
Reichsgut im östlichen Schwaben - südlich der schwäbischen Alb - zu den
Reichslandvogteien Augsburg und O. (Ravensburg) zusammen. 1487 erwarb Bayern
die Reichslandvogtei O., die aber von Österreich wieder ausgelöst wurde.
L.: Stälin, P., Geschichte Württembergs, Bd. 1 1882ff.; Vorderösterreich. Eine
geschichtliche Landeskunde, hg. v. Metz, F., 3. A. 1978; Oberschwaben, Gesicht
einer Landschaft, hg. v. Ott, S., 2. A. 1972; Bradler, G., Die Landschaftsnamen
Allgäu und Oberschwaben in geographischer und historischer Sicht, 1973;
Richter, G., Oberschwaben zwischen Donau, Iller und Bodensee, 1974; Hofacker,
H., Die schwäbischen Reichslandvogteien im späten Mittelalter, 1980; Riechert,
U., Oberschwäbische Reichsklöster im Beziehungsgeflecht mit Königstum, Adel und Städten, 1986; Oberschwaben, hg.
v. Eitel, P., 1995; Oberschwaben, hg. v. Wehling, H., 1996; Landschaften und
Landstände in Oberschwaben, hg. v. Blickle, P., 2000; Adel im Wandel, hg. v.
Bumiller, C., 2006; Adel im Wandel, hg. v. Hengerer, M. u. a., 2006; Die
Integration in den modernen Staat, hg. v. Hoffmann, C. u. a., 2007.
Oberweiler (Reichsdorf). Am 18. 10. 1403 bestätigte
König Ruprecht den Herren von Königsegg in Oberschwaben die Verpfändung von
Hoßkirch, Niederweiler und O. bei Saulgau. Über Württemberg kamen die Güter
1951/1952 zu Baden-Württemberg.
L.: Hugo 455, 453.
Oberwesel (Reichsstadt). An der Stelle von O. am
Mittelrhein bestand im dritten nachchristlichen Jahrhundert eine römische
Herbergsstation. In karolingischer Zeit (839) war O. (Wesel, Wesalia)Königsgut, das 966 an das Moritzkloster in Magdeburg
gegeben wurde, spätestens bis 1234 aber an das Reich zurückkam. 1257 bestätigte
König Richard dem zu Beginn des 13. Jahrhunderts
zur Stadt aufgestiegenen Ort die Reichsunmittelbarkeit. 1275 wurde Wesel an die
Grafen von Jülich, 1312 an das Erzstift Trier verpfändet. 1455 wurde auf Ansuchen
des Erzbischofs von Trier die Reichsstandschaft durch Kaiser Friedrich III.
ausdrücklich aufgehoben. Seit dem 17. Jahrhundert setzte sich der Name O.
durch. 1815 kam es zu Preußen und 1946 zu Rheinland-Pfalz.
L.: Wolff 83; Bornheim, gen. Schilling, W., Oberwesel, 1955; Escher, M. u. a.,
Die urbanen Zentren, 2005, 2, 475.
Odangau (Gau zwischen dem Ahrgau und dem
Bonngau) (Odene 830/831)
L.: Gysseling, M., Toponymisch Woordenboek, 1960, 755; Polenz, P. v.,
Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, II, 40, 95, Odangouwe, Odene; Nonn, U.,
Pagus und comitatus in Niederlothringen, 1983, 205, Odangau; Bauer, T., Die
mittelalterlichen Gaue, 2000 (Eckendorf, Königswinter,
Mehlem, Niederbachem, Villip, Unkel, Kasbach, Remagen, Ringen).
Odernheim (Reichsstadt). O. (bzw. seit 1896
Gau-Odernheim [Gauodernheim]) bei Alzey kam im 9. Jahrhundert wohl vom
fränkischen König an das Hochstift Metz und 1282
durch Kauf vom Hochstift Metz an das Reich. 1286 erhielt es Stadtrecht. 1315
wurde es an das Erzstift Mainz, 1407 an die Pfalz verpfändet und nicht wieder
eingelöst, vielmehr 1579 nach Unruhen ganz der Pfalz eingegliedert. 1816 fiel
es an Hessen-Darmstadt, 1946 an Rheinland-Pfalz.
L.: Wolff 90; Gredy, H., Geschichte der ehemaligen freien Reichsstadt
Odernheim, 2. A. 1954; Geschichte von Gauodernheim, zusammengest. v. Einsfeld,
C. u. a., 1957; Reifenberg, W., Die kurpfälzische Reichspfandschaft Oppenheim,
Gau-Odernheim, Ingelheim 1375-1648, 1968; Escher, M. u. a., Die urbanen
Zentren, 2005, 2, 477.
Odescalchi (Reichsfürst). 1689 wurde Livio O. zum
Reichsfürsten erhoben. 1697 erwarb er Ilok (Illok) (2 Städte, 28 Dörfer), das
zum Herzogtum erhoben wurde (Herzog von Syrmien). Wenig später bewarb er sich
als Verwandter Johann Sobieskis um den Königsthron
Polens.
L.: Klein 166.
Oels (Fürstentum, Herzogtum, Residenz),
Olešnica. O. am Oelsbach in Niederschlesien ist im 12. Jahrhundert als Marktort
bezeugt und erhielt 1255 deutsches Stadtrecht. Das Gebiet um O. gehörte
ursprünglich zum Herzogtum Breslau. 1294 wurde es mit anderen Gebieten vom
Fürstentum Breslau an das Fürstentum Görlitz abgetreten. 1312 wurde es nach
einer Teilung der Herzöge von Glogau selbständiges Fürstentum einer piastischen
Linie (zeitweise mit Wohlau und Wartenberg). 1323 gingen Namslau, Bernstadt,
Konstadt, Kreuzburg, Pitschen und Landsberg verloren. 1329 geriet O. unter die
Lehnshoheit Böhmens. 1355 erhielt es Cosel und die Hälfte von Beuthen (bis
1472), später auch Steinau und Raudten. 1489 wurde die freie Standesherrschaft
Wartenberg (Großwartenberg), 1492 wurden Trachenberg und 1494 Militsch
ausgegliedert. 1492 starb die Linie aus und O. kam als erledigtes Lehen an
Böhmen (und Ungarn), von dort nach Abtrennung von (Trachenberg, Militsch und)
Wohlau 1495 an die Herzöge von Münsterberg aus dem Hause Podiebrad. Diese
wurden 1647/1649 über die Erbtochter von Silvius Nimrod von Württemberg beerbt,
der das Haus Württemberg-Oels als habsburgisches Lehnsfürstentum begründete,
das infolge des Anfalls Böhmens an Habsburg zunächst Lehnsfürstentum Habsburgs
bzw. Österreichs, seit 1742 Preußens war. Es fiel 1792 mit einem Gebiet von
35,5 Quadratmeilen durch Heirat in weiblicher Erbfolge an Herzog Friedrich
August von Braunschweig. Sein Neffe Friedrich Wilhelm nannte sich seit 1805
Herzog von Braunschweig-Oels. 1884 gelangte O. als erledigtes Thronlehen an
Preußen und wurde als Lehen an den Kronprinzen gegeben. Einige Güter und
Herrschaften kamen an den König von Sachsen. S.
a. Braunschweig-Oels, Württemberg-Oels.
L.: Wolff 478; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) I3; Häusler, W.,
Geschichte des Fürstentums Oels, 1883; Häusler, W., Urkundensammlung zur
Geschichte des Fürstentums Oels, 1883; Schulenburg, W. v. d., Die
staatsrechtliche Stellung des Fürstentums Oels, 1908; Olsnographia rediviva.
Des Herrn Sinapius Beschreibung des Oelser Fürstentums für die heutige Zeit
überarbeitet von Messerschmidt, E., 1931; Menzel, J., Öls, LexMA 6 1993, 1402;
Schlesien, hg. v. Conrads, N., 1994; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 2, 429; Zerelik,
R., Najstarszy kopiarz, 2012.
Oettingen-Flochberg (Grafen). Die Burg Flochberg bei
Bopfingen, nach der sich 1138 Herren von Flochberg nannten, wird 1145 als
castrum regis erwähnt. 1188 überließ Kaiser Friedrich I. Barbarossa Bopfingen und
Flochberg seinem Sohn. 1330 gab Kaiser Ludwig der Bayer die zerstörte Burg an
die Grafen von Oettingen, die 1347 pfandweise die wiedererrichtete Burg von König Karl IV. erhielten. Nach ihr nannte sich später
eine Linie der Grafen. 1806 kam Flochberg an Bayern, 1810 an Württemberg und
damit 1951/1952 an Baden-Württemberg.
L.: Der Ostalbkreis, 1978.
Offenburg (Reichsstadt). O. an der Kinzig wird
erstmals 1101 genannt. Der Ort war vermutlich eine Gründung der 1218
aussterbenden Herzöge von Zähringen (Grafen der Mortenau [Ortenau],
Gerichtsvögte von Gengenbach) bei der um 1100 errichteten und seit 1148
belegten Burg an der Kreuzung der Straßen von Straßburg zur Donau und von Basel
zum unteren Neckar. 1235 wurde O. von Kaiser Friedrich II. zur Reichsstadt erhoben.
Im 14. Jahrhundert war O. an Baden und an den Bischof von Straßburg verpfändet,
später auch an die Pfalz und Fürstenberg. 1504 erhielt es nach dem Landshuter
Erbfolgekrieg von König Maximilian ein kleines
Herrschaftsgebiet aus Gütern der Pfalz. 1525 führte es die Reformation, 1530
die Gegenreformation durch. Bei der Reichskreiseinteilung kam es zum
schwäbischen Reichskreis. Um 1550 fiel es infolge Einzugs des Reichsguts in der
Ortenau an Österreich und wurde Sitz der kaiserlichen Landvogtei Ortenau sowie
des Ritterkantons Ortenau des Ritterkreises Schwaben. Seit 1575 hatte O.
zusammen mit Gengenbach und Zell am Harmersbach einen gemeinsamen Gesandten am
Reichstag. 1635 wurde die Reichsstandschaft erneuert. Mit O. wurden von 1701
bis 1771 die Markgrafen von Baden-Baden belehnt. 1771 fiel O. an Österreich als
Schutzherren zurück. 1803 kam es mit etwa 0,3 Quadratmeilen Gebiet und rund
2400 Einwohnern an Baden und damit 1951/1952 an Baden-Württemberg.
L.: Wolff 226; Zeumer 555 III b 27; Wallner 690 SchwäbRK 94; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) D4, III 22 (1648) C4, III 38 (1789) B3;
Schroeder 310ff.; Walter, K., Abriss der Geschichte der Reichsstadt Offenburg,
1895; Kähni, O., Offenburg. Aus der Geschichte einer Reichsstadt, 1951; Die
Stadt- und Landgemeinden des Kreises Offenburg, hg. v. Hist. Verein f.
Mittelbaden, 1964; Kähni, O., Offenburg und die Ortenau, 1976; Schimpf, R.,
Offenburg 1802-1847, 1997; Offenburg 1919-1949, hg. v. Eisele, K. u. a., 2004;
Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 2, 478; Offenburg 1919-1949, hg.
v. Eisele, K. u. a., 2004.
Oldenburg (Grafschaft, Herzogtum, Großherzogtum).
Bereits um 800 bestand eine Siedlung im heutigen Stadtkern von O. 1108 wird O. (urspr.
Ommeresburg, Ammerburg) erstmals erwähnt (str., erste Hälfte 12. Jh. Burg
entstanden?). Im Schutze der Burg entstand eine um das Jahr 1270 ummauerte
Siedlung, die 1345 Stadtrecht von Bremen erhielt. Seit der Mitte des 12.
Jahrhunderts war O. Mittelpunkt der im alten Stammesherzogtum Sachsen gelegenen
Grafschaft O., die sich in Kämpfen mit den Friesen allmählich erweiterte. Die
Grafen selbst stammten möglicherweise von der Familie Widukinds von Sachsen ab.
Viele ihrer später sichtbaren Güter lagen im Osnabrücker Nordland. Ihr erster
bekannter Vertreter (Egilmar um 1091-1108) erscheint um 1100 (1108) als comes
in confinio Saxoniae et Frisiae. Seit dem (frühen) 12. Jahrhundert hatten die
Grafen vielleicht aus widukindischem Erbe die Vogtei ihres Hausklosters Rastede
(1124) und des Stiftes Wildeshausen (um 1100) inne. 1180 erhielten sie die
Grafschaft als umstrittenes Reichslehen. Vielleicht schon um 1150 wurde die
Linie Oldenburg-Wildeshausen mit Wildeshausen, Gütern im östlichen Lerigau und
Ammerland, Friesland und der Vogtei Rastede (1388 erloschen) von der Hauptlinie
(mit O., Landwürden und Gütern im westlichen Lerigau und im Hasegau, 1180
Grafenrechte im Ammergau) abgetrennt, von der sich um 1220 Grafen von
Oldenburg-Bruchhausen abspalteten. Ihre später mehrfach geteilten Güter kamen
1252 an das Hochstift Münster (Vechta), 1270/1355/1384 an das Erzstift Bremen
(Wildeshausen), die Grafen von Tecklenburg (Altbruchhausen) und die Grafen von
Hoya. Das im Kampf mit den Stedinger Bauern eroberte, 1247/1259 durch die Burg
Delmenhorst gesicherte Land (Süderbrok [Söderbrok], Holle, Berne, Hammelwarden,
Elsfleth/Weser) fiel 1278/1281 an die Seitenlinie Oldenburg-Delmenhorst, kam
aber 1436/1447 beim Erlöschen der Linie trotz kurzfristiger Übertragung an das
Erzstift Bremen (1421-1434) bzw. Braunschweig-Lüneburg an die Hauptlinie
zurück. In dieser hinterließ Graf Dietrich 1440 aus seiner Ehe mit Herzogin
Hedwig von Holstein drei Söhne, von denen der älteste (Christian) 1448 König von Dänemark, Norwegen und Schweden wurde und
1459 das Herzogtum Schleswig und die Grafschaften Schleswig und Holstein erbte,
während der jüngste die Grafschaft O. erlangte. Die Linie verlor 1482
Delmenhorst an Münster (bis zur Eroberung von 1547) und 1500 Dithmarschen,
gewann bis 1514/1523 Stadland-Butjadingen und 1517 die Herrschaft Jever, die
aber bis 1575 wieder Ostfriesland überlassen werden musste. 1531 wurde O.
geringeres Reichslehen. Graf Anton I. (1529-1573) führte die Reformation ein.
1667 kam die zum westfälischen Reichsgrafenkollegium zählende Grafschaft beim
Tod des ohne erbberechtigte Nachkommen verstorbenen Grafen Anton Günther durch
Erbvertrag von 1649 unter Aufgabe von O. als Residenz an Dänemark (und bis 1676
Holstein-Gottorp [Gottorf] dann Abfindung durch das Amt Traventhal [Travendahl]),
doch fiel die 1575 erworbene Herrschaft Jever an Anhalt-Zerbst und über
Katharina II. (1793) an Russland und gingen Delmenhorst, Varel sowie die
1623/1624 durch Kauf erlangte Herrschaft Kniphausen als Fideikommiss an den
Sohn Anton Günthers, den bis dahin illegitimen Reichsgrafen von Aldenburg, 1733
durch Heirat an die Grafen von Bentinck. 1774 wurde O. (unter Holstein-Gottorp
[Gottorf] in den Reichsfürstenstand erhoben. O. umfasste zu dieser Zeit die
beiden im Reichsfürstenrat vertretenen Reichsgrafschaften O. und Delmenhorst
mit rund 70000 Einwohnern. Durch Ländertausch im Hause Gottorp (Gottorf) kam
die von Statthaltern Dänemarks regierte Grafschaft O. 1773/1777 von Dänemark an
Holstein-Gottorp (Gottorf), das 1762 den Thron in Russland bestiegen hatte, und
innerhalb dieses Hauses an (die jüngere Linie bzw.) das reformierte Fürstbistum
Lübeck(-Eutin), wofür Holstein-Gottorp an Dänemark abgegeben wurde. 1774 wurde
die Grafschaft Herzogtum. Von 1774 bis 1918/1919 war wieder die Stadt O. Residenz.
1803 erhielt O. durch § 8 des Reichsdeputationshauptschlusses vom 25. 2. 1803
für den verlorenen, 1623 gegen Bremen eingerichteten Elsflether Weserzoll und
einige Dörfer (das Erbfürstentum Lübeck) die Ämter Cloppenburg und Vechta aus
dem Niederstift Münster und das seit 1700/1719 hannoversche Wildeshausen. Am
10. 12. 1810 wurde es bis auf das Fürstentum Lübeck von Frankreich annektiert
(bis 1813). 1815 stieg es zum Großherzogtum auf und wurde geringfügig um die
Ämter Damme und Neuenkirchen vergrößert. Mit dem ihm danach überlassenen
Fürstentum Birkenfeld an der Nahe (20000 Einwohner) trat es in Personalunion,
so dass das Land nunmehr aus drei Teilen bestand. 1818/1823 erlangte es durch
Abtretung die Herrschaft Jever von Russland zurück. Am 18. 2. 1849 erhielt es
eine Verfassung. Am 1. 12. 1853 wurde das Gebiet um Wilhelmshaven an Preußen
veräußert, umgekehrt 1854 die Herrschaft Kniphausen erworben. 1864 verzichtete
O. auf seine 1866 gegen Abtretung von Ahrensbök und Zahlung von 1 Million Taler
abgefundenen Erbansprüche in Holstein, 1867 beim Eintritt in den Norddeutschen
Bund gegen Gebietserweiterung und Geldausgleich auf die Elbherzogtümer. 1918
wurde O. Freistaat. 1932 erhielten die Nationalsozialisten die Mehrheit. Das
Fürstentum Birkenfeld kam 1937 an Preußen (Rheinprovinz). Ebenso gelangte
Lübeck an Preußen, das seinerseits das 1853 erhaltene Wilhelmshaven abgab. Der
Freistaat O. ging 1946 als Verwaltungsbezirk in Niedersachsen auf. S. a.
Holstein-Oldenburg, Holstein-Gottorp-Oldenburg.
L.: Wolff 341ff.; Zeumer 554 II b 63,7; Wallner 702 WestfälRK 9; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) E2, II 78 (1450) F3, III 22 (1648) D2, III
38 (1789) C1; Schnath, G./Lübbing, H./Engel, F., Niedersachsen, (in) Geschichte
der deutschen Länder, Bd. 1; Die Territorien des Reichs 6, 130; Bauer 1, 409;
Corpus constitutionum Oldenburgicarum, hg. v. Oetken, J. v./Schloifer, H., Bd.
1ff. Oldenburg 1792ff.; Halen, G. v., Geschichte des Herzogtums Oldenburg, Bd.
1ff. 1794ff., Neudruck 1974; Rüthning, G., Oldenburger Geschichte, Bd. 1f.
1911ff.; Oldenburger Urkundenbuch, Bd. 1ff. 1914ff.; Sello, G., Die
territoriale Entwicklung des Herzogtums Oldenburg, 1923; Kohl, D., Geschichte
der Stadt Oldenburg, 1925; Kohl, D., Das Oldenburger Stadtrecht, (in)
Oldenburger Jahrbuch 34 (1930); Niedersachsen um 1780, Lief. 1 u. a.
Emden-Oldenburg, hg. v. Prinz, J., 1938; Lübbing, H., Oldenburgische
Landesgeschichte, 1953; Boy, H., Die Stadtlandschaft Oldenburg, 1954; Wietek,
G., Oldenburger Land, 1956; Hannemann, M., Der Landkreis Oldenburg, 1956;
Oldenburgische Städte, A1-5 Oldenburg, (in) Niedersächsischer Städteatlas, hg.
v. Lübbing, H./Harms, O., 1960-1968; Hanisch, W., Südoldenburg, 1962;
Knollmann, W., Das Verfassungsrecht der Stadt Oldenburg im 19. Jahrhundert,
1969; Last, M., Adel und Grafen in Oldenburg während des Mittelalters, 1969;
Hülle, W., Geschichte des höchsten Landesgerichts von Oldenburg (1573-1935),
1974; Seeber, E., Die Oldenburger Bauerbriefe. Untersuchungen zur bäuerlichen
Selbstverwaltung in der Grafschaft Oldenburg von 1518-1810, 1975; Historisches
Gemeindeverzeichnis für das Oldenburger Land, bearb. v. Raykowski, H., 1981;
Parteien und Wahlen in Oldenburg, hg. v. Günther, W., 1984; Rössler, L., Die
Entwicklung der kommunalen Selbstverwaltung im Großherzogtum Oldenburg, 1985;
Koolman, E., Oldenburgische Bibliographie (16. Jh.-1907), 1987; Geschichte des
Landes Oldenburg, hg. v. Eckhardt, A. u. a., 3. A. 1988; Hinrichs, E., Die
Wirtschaft des Landes Oldenburg in vorindustrieller Zeit, 1988; Die
Grafschaften Oldenburg und Delmenhorst nach der Steuererhebung von 1744, hg. v.
Krüger, K., 1988; Hummerich, A., Historische Streifzüge durch das Ammerland,
1989; Friedl, H., Biographisches Handbuch zur Geschichte des Landes Oldenburg,
1992; Schmidt, H., Oldenburg, LexMA 6 1993, 1390; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W. u. a., 2003, 1, 1, 170;
Harms, H., Oldenburgische Kartographie, 2004; Pauly, M., Stammtafeln der
Großherzöge von Oldenburg und verwandter Fürstenhäuser in Europa, 2004;
Strauch, D., Birkenfeld, Lichtenberg, Meisenheim etc. (in) Engagierte
Verwaltung für die Wissenschaft, 2007, 487; Schmidt, H., Oldenburg 1108,
Oldenburger Jb. 107 (2007), 11ff. (Aldenburg 1108 auf eine Wallanlage in
Drielake bezogen?); Dee Gerichtsbarkeit wird ausgeübt durch Amtsgerichte - 150
Jahre Amtsgerichte im Oldenburger Land, red. v. Welp, J., 2008.
Oppenheim (Reichsstadt). O. am Mittelrhein bei
Mainz wird 765 erstmals erwähnt. 774 gab König
Karl der Große den Königshof an die Abtei
Lorsch. 1147 fiel der Ort von Lorsch an das Reich zurück. 1225/1226 erhielt er
Stadtrecht (Reichsstadt). 1254 war O. Mitglied des rheinischen Städtebundes.
Von 1315 bis 1353 wurde O. an das Erzstift Mainz, 1375 an die Pfalz verpfändet
und gehörte seit 1398 tatsächlich, seit 1648 endgültig zur Pfalz. Später fiel
O. an Hessen-Darmstadt. 1946 kam es an Rheinland-Pfalz.
L.: Wolff 90; Franck, W., Geschichte der ehemaligen Reichsstadt Oppenheim am
Rhein, 1859; Wernher, C., Oppenheim, 1925; Krause, P., Oppenheim unter der
Verwaltung des Reichs, 1927; Neue Forschungen zur Geschichte Oppenheims und
seiner Kirche, hg. v. Jungkenn, E., 1938; Leiwig, H., (in) Berichte zur
deutschen Landeskunde 33, 1 1964; 1200 Jahre Oppenheim am Rhein, Festschrift,
hg. v. Albrecht, J./Licht, H., 1965; Reifenberg, W., Die kurpfälzische
Reichspfandschaft Oppenheim, Gau-Odernheim, Ingelheim 1375-1648, 1968;
Oppenheim. Geschichte einer alten Reichsstadt, hg. v. Licht, A., 1975; Rödel,
V., Oppenheim als Burg und Stadt des Reiches, Beitr. z. mittelrhein. Gesch. 21
(1980), 60ff.; Kraft, R., Das Reichsgut von Oppenheim, HJL 11 (1981), 20ff.;
Festschrift St. Katharinen zu Oppenheim, hg. v. Servatius, C./Steitz, H./Weber,
F., 1989; Seibert, H., Oppenheim, LexMA 6 1993, 1417; Escher, M. u. a., Die
urbanen Zentren, 2005, 2, 481.
Oranien (Grafschaft, Fürstentum). Im 11.
Jahrhundert verselbständigte sich die in der burgundischen Rhoneebene gelegene,
vielleicht bereits von Karl dem Großen errichtete Grafschaft Orange. Nach
verschiedenen Teilungen wurde 1163 ein Teil (mit Orange, Jonquières und
Courthezon) von Kaiser Friedrich I. Barbarossa zum Fürstentum erhoben. Dieses
fiel 1174 in weiblicher Erbfolge (über die Erbtochter Tiburge) an ein anderes
Geschlecht (Baux). Nach einer Unterbrechung kam Orange um 1300 (1308 über den
Johanniterorden [Orden der Johanniter] und Karl von Anjou) wieder zurück. 1393
gelangte Orange beim Aussterben der Fürsten über eine Erbtochter an die Grafen
von Chalon, nach dem Aussterben der Familie 1530 mit weiteren Gütern in der
Provence, Burgund und Neuenburg-Valangin infolge einer Heirat von 1515 über die
Erbtochter im Erbwege an Nassau-Dillenburg (O.). 1544 nahm Nassau-Dillenburg
den Titel eines Prince d’Orange an. 1560 erlangte es das von Frankreich
besetzte Fürstentum. Wenig später wurde der Fürst von Nassau-Oranien zum Führer
des Aufstandes der Niederlande gegen Spanien und 1572 zum königlichen Statthalter von Holland, Seeland und
Utrecht gewählt. 1579 gründete Johann der Ältere die Utrechter Union der
nördlichen niederländischen Provinzen. Im Jahre 1600 kam Moers testamentarisch
an O., von 1597 bis 1605 und von 1632/1633 bis 1702 auch die Grafschaft Lingen.
1702 entstand nach Erlöschen der Linie der Prinzen von O. (König Wilhelm III. von England, 1688 als Schwiegersohn
des 1672 katholisch konvertierten Königs Jakob
II. von der Opposition nach England berufen) aus den erbrechtlichen Ansprüchen
der Fürsten von Nassau-Diez und Nassau-Siegen, des Enkels des mit Henriette von
O. verheirateten Großen Kurfürsten von Brandenburg (bzw. Preußen) und des
Fürsten von Conti der oranische Erbfolgestreit. 1713 wurde das schon von 1672
bis 1679 und 1701/1702 von Frankreich besetzte O. dem Fürsten von Conti als
Lehen Frankreichs zugesprochen. Frankreich erkannte auch die 1707 erfolgte
Entscheidung Neuenburg-Valangins (Neuenburg-Valengins) zugunsten Preußens an.
Dieses hatte bereits 1702 die Reichsgrafschaft Moers und Lingen besetzt. 1713
erhielt es als Ausgleich für O. auch den oberen Teil von Geldern (Obergeldern).
1815 gab Wilhelm I. als König der Niederlande
die deutschen Güter auf. 1890 erlosch das Haus in männlicher Linie. S.
Nassau-Oranien.
L.: Pontbriant, Histoire de la principauté l’Orange, 1891; Meister, R., Das
Fürstentum Oranien, 1930; Geyl, P., Orange and Stuart, 1969; Dek, A.,
Genealogie von het vorstenhuis Nassau, 1970; Moreau, J., Dictionnaire de
géographie historique, 1972, 203 OrangeGasparri, F., Orange, LexMA 6 1993,
1424; Oranien und das deutsche Reich, hg. v. Lademacher, H., 1994;
Oranien-Nassau, die Niederlande und das Reich, hg. v. Lademacher, H., 1995;
Mörke, O., Stadtholder oder Staetholder?, 1997.
Ortenau (Gau rechts des Rheines zwischen Kinzig
und Murr, Landgrafschaft, Landvogtei, Reichslandvogtei). Zwischen Oos,
Schwarzwald, Bleich und Rhein lag die alemannische Grafschaft Mortenau (768
Mordenaugia, Mordunowa). Sie löste sich vor allem nach dem Aussterben der
Herzöge von Zähringen 1218 und der Staufer (1268) in viele kleine
Herrschaftsgebiete auf (u. a. Habsburg, Geroldseck, Hochstift Straßburg). König Rudolf von Habsburg unternahm 1274 mit der Gründung
der Reichslandvogtei O. (1302 Reichslandvogt erwähnt) den nur teilweise
gelungenen Versuch, das entfremdete Reichsgut zurückzugewinnen. Die
Reichslandvogtei (rund 30 Dörfer um Ortenberg, Griesheim, Appenweier und Achern
sowie Zell am Harmersbach, Offenburg und Gengenbach) wurde von 1334 bis 1351 an
Baden, von dort von 1351 bis 1405 an das Hochstift Straßburg und später an
Straßburg und an die Pfalz (bis 1504) bzw. Fürstenberg (1504-1551) verpfändet.
Seit dem 15. Jahrhundert setzte sich der nach Ortenberg veränderte Name O.
durch. 1551/1556 löste Österreich das fürstenbergisch-straßburgische Pfand ein
und fügte die O. zu Vorderösterreich hinzu. 1701 wurde die O. Lehen bzw. Pfand
Baden-Badens, 1771 beim Aussterben der markgräflichen Linie aber von den Habsburgern
eingezogen. 1801 kam sie an den Herzog von Modena, 1803 erbweise an Erzherzog
Ferdinand von Modena/Österreich (Österreich-Este) und 1805/1806 mit rund 400
Quadratkilometern und etwa 19000 Einwohnern an Baden, wodurch die nördlichen
und südlichen Teile der Markgrafschaft vereinigt wurden. Mit Baden gelangte die
O. 1951/1952 an Baden-Württemberg.
L.: Wolff 165; Ruppert, P., Geschichte der Ortenau, 1878; Curs, O.,
Deutschlands Gaue im zehnten Jahrhundert, 1908, 16 (Mortanouua, Mortanhouua,
Mordenouua, Mortenovua, Mortenoua, Mortenuua, Mortenaugensis, Mortonowa,
Mortungaugensis, Mortenovua, Mortinouua, Gau rechts des Rheins zwischen Kinzig
und Murr, Dinglingen (Tenzlingen), Bohlsbach, Schuttern, Nussbach, Gengenbach,
Friesenheim, Heiligenzell, Schwarzach, Allmannsweiler), Die Ortenau in Wort und
Bild, (in) Die Ortenau, Mitteilungen des hist. Vereins f. Mittelbaden, 16
(1929); Offenburg und die Ortenau, hg. v. Busse, H., Bad. Heimat 22 (1935);
Bader, K., Der deutsche Südwesten in seiner territorialstaatlichen Entwicklung,
2. unv. A. 1978; Polenz, P. v., Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, II, 21,
22, 30, 41, 44, Mortunouwa, Mordenaugia, pagus Mortinaugensis, Mortonogouuua,
Ortenau’, s. Mortunouwa; Kähni, O., Die Landvogtei Ortenau, (in) Vorderösterreich,
hg. v. Metz, F., 3. A. 1978; Sick, W., Siedlungsgeographische Fragen in der
Ortenau, Alemann. Jb. (1970); Borgolte, M., Geschichte der Grafschaften
Alemanniens in fränkischer Zeit, 1984, 212; Andermann, K., Ortenau, LexMA 6
1993, 1481; Geschichte der Ortenau, hg. v. Hanss, K., 1995.
Ortenberg (Grafschaft). O. bei Büdingen wird 1176
erstmals als Burg erwähnt. Sie gehörte einer Linie der vor 1245 ausgestorbenen
Herren von Büdingen, denen eine Ganerbschaft nachfolgte (Kempenich bis etwa
1260, Breuberg, Trimberg, Hohenlohe-Brauneck, 1357/1358 Trimberg, Weinsberg,
Eppstein-Königstein, Nassau, 1460 Eppstein-Königstein, Eppstein-Münzenberg [1476 Hanau], Hanau,
Isenburg [1466 Eppstein-Königstein]). 1535
traten nach dem Aussterben von Eppstein-Königstein
die Grafen von Stolberg(-Königstein) an ihre
Stelle. 1601 gehörte der Ort zu zwei Dritteln Stolberg (1645 Stolberg-Stolberg)
und zu einem Drittel Hanau (1736 Hessen-Kassel). 1806 kam O. an Frankreich,
1810 an Hessen-Darmstadt und damit 1945 an Hessen.
L.: Wolff 270, 276; Heusohn, K., Ortenberg, Burg, Stadt und Landgericht unter
der Linde, 1927; Junker, H., Die Stadt Ortenberg im Zeitalter des 30jährigen
Krieges, 1936.
Ortenburg (reichsunmittelbare Grafschaft). Die
Familie der Grafen von O. (Ortenberg) bei Vilshofen stammte vielleicht von den
Grafen von Sponheim ab, fasste am Ende des 10. Jahrhunderts in Kärnten Fuß,
erweiterte die Güter durch Heiraten Graf Siegfrieds mit Richgard von Lavant und
Engelberts mit der Schwester des Herzogs von Kärnten, gewann 1090 die
Markgrafschaft von Istrien (1090-1096, 1103-1170), erbaute die Burg O. in
Kärnten (1093 von O., 1141 Grafen von O.) und wurde 1122 zu Herzögen von
Kärnten erhoben (1276 Verlust des Herzogtums an König
Ottokar von Böhmen bzw. der Güter an die Grafen von Görz bzw. Habsburg).
Außerdem erwarb sie in Bayern Güter von Tirol bis zur Donau (u. a. der Grafen
von Formbach) und stieg nach den Grafen von Andechs und Wittelsbach zum
mächtigsten bayerischen Geschlecht (Herrschaft im Rottgau (Rottachgau) und
Chiemgau) auf. Nördlich der Donau wurde Obermurach bzw. Murach (Murau) im
Oberpfälzer Wald gewonnen. Nach 1190 erfolgte eine Teilung. Die von Rapoto I.
gegründete jüngere Linie gewann das Erbe der Grafen von Frontenhausen
(Markgrafschaft Kraiburg/Inn) und erbaute vor 1190 die Burg O. (Ortenberg) bei
Vilshofen südwestlich von Passau. 1208/1209/1210 wurde das Amt der Pfalzgrafen
von Bayern erworben. In den Erbstreitigkeiten nach Erlöschen der jüngeren Linie
im Mannesstamm (1241/1248) verloren die Grafen alle Güter bis auf die vom Reich
zu Lehen gehende Grafschaft O. an Bayern. 1521 wurde O. in die Reichsmatrikel
aufgenommen. Seit 1530 nannten sich die Grafen von Ortenberg, die 1456
vergeblich das Erbe der Grafen von O. in Kärnten beansprucht hatten, von O.
Ihre Reichsunmittelbarkeit wurde von Bayern erfolglos bestritten und 1573 durch
das Reichskammergericht anerkannt. 1563 wurde die Reformation in O. eingeführt.
1602 erkannte auch Bayern die Reichsunmittelbarkeit an. O. hatte Sitz und
Stimme im bayerischen Reichskreis und gehörte seit 1698 dem wetterauischen
Reichsgrafenkollegium an. 1805 setzte Bayern den Tausch der 2 Quadratmeilen mit
2000 Einwohnern umfassenden Grafschaft O. gegen das ehemals dem Kloster
Langheim gehörige Amt Tambach bei Coburg und das Würzburger Amt Seßlach durch.
1806 wurde Bayern in Tambach durch Mediatisierung der Grafen von
Ortenburg-Tambach Landesherr. 1807 kam Seßlach zum Großherzogtum Würzburg,
1814/1815 ebenfalls zu Bayern. In Kärnten wurden die Ortenburger neben den
Erzbischöfen von Salzburg und den Grafen von Görz zu den mächtigsten Herren in
der ehemaligen Grafschaft Lurn. 1417 wurde die Grafschaft als Reichslehen
anerkannt. 1418/1419 starb das Geschlecht aus. Die Güter fielen an die Grafen
von Cilli, die 1420 vom Kaiser belehnt wurden, nach ihrem Aussterben an
Habsburg/Österreich. Nach mehrfacher Verpfändung kam die Grafschaft O. 1529 als
Mannlehen an König Ferdinands aus Spanien
gekommenen Schatzmeister Gabriel von Salamanca. Nach dem Aussterben der Grafen
von Salamanca-Ortenburg (1639) gingen die Güter als freies Eigen an die Grafen
Widmann, 1622 an die Fürsten von Portia über, die bis 1918 in Spittal an der
Drau residierten.
L.: Wolff 147; Zeumer 553 II b 60, 24; Wallner 712 BayRK 14; Großer
Historischer Weltatlas III 22 (1648), III 38 (1789) E3; Tangl, K., Die Grafen
von Ortenburg in Kärnten, 1864ff.; Ortenburg-Tambach, E. Graf zu, Geschichte
des reichsständischen, herzoglichen und gräflichen Gesamthauses Ortenburg, Bd.
1, 2 1931 ff; Historischer Atlas von Bayern, Teil Franken II 2, 1955; Handbuch
der bayerischen Geschichte, hg. v. Spindler, M., Bd. 1 2. A. 1981; Archiv der
Grafen zu Ortenburg, bearb. v. Hausmann, F., Bd. 1 1984; Hausmann, F.,
Wittelsbacher und Ortenburger, (in) FS K. Bosl, Bd. 2 1988; Lackner, C., Zur
Geschichte der Grafen von Ortenburg in Kärnten und Krain, Carinthia 181 (1991),
181ff.; Schmid, A., Der Einbau des Raumes Vilshofen in den Territorialstaat der
frühen Wittelsbacher, Vilshofener Jb. 1992, 15ff.; Störmer, W., Ortenburg,
LexMA 6 1993, 1481; Dopsch, H., Ortenburg, LexMA 6 1993, 1482; Hausmann, F.,
Die Grafen von Ortenburg und ihre Vorfahren, Ostbairische Grenzmarken 36
(1994), 9.
Ösel (Bistum), Ösel-Wieck. 1227 eroberten
deutsche Siedler von Livland aus die schon vor der Zeitenwende von
ugrofinnischen Esten besiedelte Insel Ö. vor der Rigaer Bucht. 1228 gründete
Bischof Albert von Buxhöveden ein zunächst exemtes, seit 1246/1255 Riga
unterstelltes, auch estländische Gebiete (Wieck [Wiek]) umfassendes Bistum mit
wechselndem Sitz (Alt-Pernau [Altpernau], Hapsal, Arensburg). Der Bischof wurde
1521 Reichsfürst. 1559 verkaufte er die Insel an Dänemark. Sein Bruder wurde
erster protestantischer Bischof von Ö. Mit seiner Erhebung zum König in Livland durch den einen Ostseezugang
anstrebenden Zaren Iwan IV. ging das Bistum in Livland bzw. Estland auf. 1654
kam Ö. an Schweden. 1710/1721 fiel Ö. an Russland (Gouvernement Livland). 1918
gelangte es an Estland.
L.: Stackelberg, F. v., Die Verwaltung des Bistums Ösel-Wiek im 16.
Jahrhundert, SB Riga 1926; Wittram, R., Baltische Geschichte, 1954; Mühlen, H.
v. zur, Ösel, LexMA 6 1993, 1492; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen
Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 580.
Osnabrück (Hochstift, Residenz). In O. an der Hase
wurde im Zuge der Christianisierung Sachsens vor 787 (780?, 785?) eine dem
Bistum Lüttich unterstehende Kirche und vor 803 (?) ein der Erzdiözese Köln
zugehöriges, 803 erstmals genanntes Bistum (Bischof Wiho) gegründet, das
zwischen Wiehengebirge und Teutoburger Wald von der Ems bis zur Hunte und von
Oldenburg bis zum Weserbergland reichte (Tecklenburg, Ravensburg, Niederstift
Münster) und das besonders durch den Streit mit Corvey und Herford um den
Zehnten (1068) und die hierfür erstellten Urkundenfälschungen hervortrat. 1236
gelang dem Bischof der Rückkauf der Vogtei über das Kirchengut einschließlich
der Stadt O. von den Grafen von Tecklenburg, die seit etwa 1180 die Vogtei
innegehabt hatten. Die weltliche Herrschaft erlangten die Bischöfe vor allem im
frühen 13. Jahrhundert in der Umgebung Osnabrücks, im sog. Osnabrücker Nordland
mit Fürstenau und Bersenbrück sowie um Iburg und Wiedenbrück (Amt Reckenberg).
Gegenüber dem größten Umfang um 1250 traten Verluste des um 1400 in die Ämter
Fürstenau, Vörden, Hunteburg, Wittlage, Grönenberg (Grönenburg), Iburg und Reckenberg
gegliederten Hochstifts dadurch ein, dass das Niederstift Münster (1667) an
Münster fiel und Grafschaften unabhängig wurden. Die Stadt O. löste sich
teilweise aus der Herrschaft des Bischofs und konnte bis in das 17. Jahrhundert
ihre Stellung einer fast reichsunmittelbaren Stadt bewahren. Im Wesentlichen
verblieb dem Hochstift der südöstliche Teil der Diözese (Osnabrück,
Bersenbrück, Melle, Wittlage sowie die Exklave Reckenberg). 1543 führte der
Bischof eine lutherische Kirchenordnung ein, Residenz wurde Fürstenau. 1559
wurde die Diözese durch Zuweisung der Grafschaft Lingen an das Bistum Deventer
und 1667 durch Abtrennung der zum Niederstift Münster gehörigen Gebiete
verkleinert. Auf Grund des westfälischen Friedens wurden die Pfarreien des Hochstifts
1650 auf die lutherische (20 Pfarreien) und die katholische (30 Pfarreien und 6
Klöster) Konfession verteilt. Im Hochstift, das zum
niederrheinisch-westfälischen Reichskreis zählte, regierten seit 1648
abwechselnd ein katholischer Fürstbischof und ein lutherischer Prinz aus dem
Hause Braunschweig-Lüneburg. 1802/1803 fiel das Hochstift mit 56 Quadratmeilen
und 116000 Einwohnern an Hannover, das Bistum wurde aufgelöst, 1824/1857 in
größerem Umfang neu errichtet und 1929 Köln unterstellt. 1807 kam O. an das Königreich Westphalen und am 10. 12. 1810 zu
Frankreich. 1813/1815 fiel es wieder an Hannover zurück (1823 Landdrostei O.
einschließlich der ehemals münsterischen Güter im Emsland, der Grafschaft
Bentheim und der Niedergrafschaft Lingen). Mit Hannover kam O. 1866 an Preußen,
das 1885 einen Regierungsbezirk O. bildete. Dieser ging 1946 im Land
Niedersachsen auf. 1824 wurde erneut ein Bistum O. eingerichtet, das 1929 Köln
unterstellt wurde.
L.: Wolff 329; Zeumer 552 II a 23; Wallner 702 WestfälRK 7; Großer Historischer
Weltatlas II 66 (1378) E2, III 22 (1648) C/E3, III 38 (1789) B/C1; Schnath,
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2003, 1, 582, 1, 2, 436; Der Dom als Anfang, hg. v. Queckenstedt, H., 2005.
Österreich (Mark, Herzogtum, Kaisertum, Republik).
Das Gebiet zwischen mittlerer Donau und Alpen (sowie Inn und March bzw. Leitha)
wurde zunächst von Kelten, seit 29/15 v. Chr. von Römern (Noricum), seit dem 5.
Jahrhundert von durchziehenden Stämmen der Germanen, dann zumindest teilweise
von Slawen und spätestens seit dem 8. Jahrhundert von den 788 unter die
Herrschaft der Franken gelangten Bayern (um 660 im Wienerwald) beherrscht. Nach
dem Tod des bayerischen praefectus Gerold 799 wurde der Kern des späteren Ö.
(zwischen Enns und Wienerwald) als Mark eingerichtet, neben der es eine Mark
Oberpannonien gab. Gegen Ende des 9. Jahrhunderts (881) wurden die
karolingischen Marken im Südosten von den Ungarn angegriffen und beseitigt
(907). Nach der Schlacht gegen die Ungarn auf dem Lechfeld (955) erscheint 970
erneut ein Markgraf im Südosten. 976 wird die Mark (Markgrafschaft) den
Babenbergern gegeben. In einer Urkunde Kaiser Ottos III. vom 1. 11. 996 für das
Hochstift Freising begegnet Ö. (Ostarrichi, 998 Ostarriche) erstmals als Name
für ein um Neuhofen an der Ybbs liegendes, nicht sicher bestimmbares Gebiet
(„Ostland“, Ostreich, Osten). Um die Mitte des 11. Jahrhunderts erreichte die
Mark Thaya und Leitha. Ab 1147 wurde die Mark auch als Austria bezeichnet.
Hauptort wurde zwischen 1141 und 1177 Wien. 1139 entzog der 1138 im Wettbewerb
mit dem welfischen Herzog der Bayern und Sachsen zum deutschen König gewählte Staufer Konrad III. den übermächtigen
Welfen (Heinrich dem Stolzen) das Herzogtum der Bayern mit der Begründung, dass
kein Herzog zwei Herzogtümer gleichzeitig haben könne, und gab es als Lehen an
seinen Stiefbruder, den babenbergischen Markgrafen Leopold IV., der damit vom
Grafen einer Mark zum Herzog des gesamten Herzogtums (Stammesherzogtums) der
Bayern aufstieg. Als sich der seinen Vater Heinrich den Stolzen beerbende Welfe
Heinrich der Löwe mit diesem Verlust nicht abfinden wollte, gab sein um
Ausgleich bemühter Vetter, Kaiser Friedrich I. Barbarossa, 1156 das Herzogtum
Bayern an die Welfen zurück (bis 1180), löste aber im seit dem 19. Jahrhundert
so genannten privilegium minus die Mark vom Herzogtum Bayern und erhob sie zum
eigenen, dadurch von Bayern getrennten Herzogtum (Territorialherzogtum) Ö.
(Weiberlehen), in dem der Herzog die grundsätzlich oberste Gerichtsgewalt
innehatte. 1180 wurde auch die karantanische Mark ein Herzogtum (Steiermark).
1192 fiel durch Erbvertrag (Georgenberger Handfeste) von 1186 das Herzogtum
Steiermark von den Traungauern (Otakaren) an die Babenberger. 1246 starben die
Babenberger im Mannesstamm aus. Der mit einer Erbtochter verheiratete Ottokar
II. von Böhmen und Bela IV. von Ungarn teilten sich 1254 das Erbe. Dabei
gelangten Ö. und der Traungau an Böhmen. Seit etwa dieser Zeit (1252/1254/1264)
wurde von der provincia super Anasum (Land ob der Enns) oder von der Austria
superior gesprochen, von wo aus es allmählich zur Benennung des Herzogtums Ö.
als Land unter der Enns (Niederösterreich) kam, obwohl beide Länder bis 1806
nur ein einheitliches Reichslehen bildeten und weitgehend gemeinsame Wege
gingen. Über diese beiden Länder hinaus errang Ottokar II. von Böhmen 1260 die
Steiermark sowie 1269 Kärnten und Krain, nachdem schon 1192 und 1198 unter den
Babenbergern eine Personalunion zwischen Ö. und Steiermark bestanden hatte.
Nach dem Sieg über Ottokar 1276/1278 belehnte König
Rudolf von Habsburg 1282 seine Söhne mit Ö., das während des 13. Jahrhunderts
zwei eigene Landrechte erhielt, Steiermark und Krain, von denen Krain aber bis
1335/1374 als Pfandschaft an die in Friaul, Istrien und Krain sowie in Tirol
(1248) begüterten Grafen von Görz kam, die auch das Herzogtum Kärnten erhalten
hatten. Von diesen übernahmen die Herzöge von Ö., die (durch Rudolf IV.)
1358/1359 zwecks Angleichung ihrer minderen Rechtsstellung an diejenige der Kurfürsten
das im 19. Jahrhundert sog. privilegium maius als Fälschung herstellen ließen
und 1365 in Wien eine Universität gründeten, 1335 Kärnten, Teile Krains und der
Windischen Mark, 1363/1364 Tirol, 1374 Istrien und weitere Teile Krains sowie
1500 schließlich die vordere und hintere Grafschaft Görz. Dazu kamen 1368 der
Breisgau mit Freiburg sowie die Reichslandvogtei in Schwaben und die
Reichsgrafschaft Hohenberg, 1375 Herrschaften westlich des Arlbergs (Feldkirch,
Bregenz), 1382 Triest und 1471 Sankt Veit/Pflaum (Fiume). 1379 wurden diese
Gebiete zwischen Herzog Albrecht III. (Ö. ob der Enns und Ö. unter der Enns,
außer Pitten-Wiener Neustadt) und seinem Bruder Leopold II. (übrige Länder
Steiermark, Kärnten, Krain, Tirol, Gebiete vor dem Arlberg) geteilt. Die
leopoldinische Linie wurde ab 1396 mehrmals geteilt, wobei eigene Linien für
Tirol (und das Gebiet westlich vor dem Arlberg, Vorderösterreich) und die
schwäbisch-alemannischen Herrschaften entstanden. Albert VII. (als König [1438] Albrecht II.) erlangte als Schwiegersohn
und Erbe König Sigmunds dessen Güter und den Königsthron. Unter Friedrich III. wurde infolge
Anerkennung des gefälschten privilegium maius Ö. Erzherzogtum bzw.
Pfalzerzherzogtum. 1457 kam das albertinische Erbe an die Leopoldiner, die aber
im Westen (Schweiz), im Süden (Friaul) und vorübergehend im Osten (Böhmen,
Ungarn, 1485/1487-1490 Wien und Niederösterreich) Güter verloren. Nach dem
Aussterben der übrigen Linien vereinigte die leopoldinische Linie unter
Maximilian I. alle Herrschaften (einschließlich Burgunds mit rund 2000
Quadratmeilen), die nunmehr in ”niederösterreichische” Länder (Ö. ob der Enns
und Ö. unter der Enns, Steiermark, Kärnten, Krain) und ”oberösterreichische”
Länder (Tirol, Vorderösterreich) eingeteilt wurden, mit denen Württemberg (von
1519 bis 1534) und das 1477 erworbene Burgund in Personalunion verbunden waren.
Dazu kamen 1500 Görz, um 1505 als Gewinn aus dem bayerischen Erbfolgekrieg die
drei unterinntalischen Gerichte Rattenberg, Kufstein, Kitzbühel, Landvogtei Hagenau
und Ortenau (1551/1556 Lösung des Pfands Fürstenbergs) sowie 1516 venetianische
Gebiete (Ampezzo, Rovereto u. a.). 1519/1521/1522 fiel der Herrschaftskomplex
dieses Hauses Ö. (Oberösterreich und Niederösterreich, Steiermark, Kärnten,
Krain, Tirol, Vorderösterreich, Württemberg), der im Wesentlichen den 1512
geschaffenen österreichischen Reichskreis bildete, vertraglich (von Karl V.) an
Ferdinand I. Dieser erwarb gemäß dem Hausgrundsatz bella gerant alii, tu felix
Austria nube (Mögen andere Kriege führen, du, glückliches Ö., heirate) nach dem
Tod des Königs von Ungarn 1526 das Königreich Böhmen mit seinen Nebenländern sowie einen
Teil Ungarns. 1564 wurde dann weiter aufgeteilt in eine oberösterreichische Ländergruppe
(mit Tirol, Vorderösterreich) mit der Residenz Innsbruck, eine
innerösterreichische Ländergruppe (Steiermark, Kärnten, Krain) mit der Residenz
in Graz sowie Ö. ob der Enns und Ö. unter der Enns mit Böhmen und dem
restlichen Ungarn und der Residenz in Prag bzw. Wien. 1648 gingen das Elsass an
Frankreich und die Lausitz an Sachsen verloren. Mit dem Aussterben der jüngeren
Tiroler Linie, die in der oberösterreichischen Ländergruppe nachgefolgt war,
kamen deren Güter 1665 an die innerösterreichische Linie. Ihr gelangen in den
Türkenkriegen 1683-1699 und 1715-1718 erhebliche Erweiterungen (Ungarn,
Siebenbürgen, Banat, Kleine Walachei, Teile Serbiens mit Belgrad). Am Ende des
um das Erbe der spanischen Habsburger (Karl II. † 1. 11. 1700) geführten spanischen
Erbfolgekrieges erhielt Karl (VI.) 1713/1714 bei Verzicht auf Spanien, das an
Philipp V. von Frankreich fiel, die (Reste der) spanischen Niederlande, Mailand
(mit den Grafschaften Pavia und Angleria und den Markgrafschaften Castro und
Malgrate), Mantua, Mirandola, Neapel und Sardinien, das er 1720 gegen Sizilien,
das an Savoyen gefallen war, tauschte. 1735/1738 wurde Neapel-Sizilien gegen
das 1748 zusammen mit dem 1729 eingezogenen Guastalla wieder verlorene
Parma-Piacenza ausgetauscht sowie das Herzogtum Lothringen, das Franz Stefan,
der Gemahl Maria Theresias, eingebracht hatte, gegen die Toskana, wobei die
Niederlande, Ungarn, Siebenbürgen, die Militärgrenzbezirke sowie die ab 1713 in
Italien erworbenen Gebiete (beansprucht u. a. Mailand, Generalvikariat Siena,
Finale, Piombino mit Elba, Correggio) nicht dem Heiligen Römischen Reich
angehörten. 1713 erhielt die sog. monarchische Union in der Pragmatischen
Sanktion erstmals ein Grundgesetz, das die unteilbare Einheit (unio
indivisibilis et inseparabilis), die Primogeniturnachfolge und die subsidiäre
weibliche Erbfolge festschrieb. Erster gemeinsamer Landesfürst war Karls VI.
Tochter Maria Theresia (1740-1780), unter der als Auswirkung des Absolutismus
das Behördenwesen in der Form sachlich gegliederter Zentralbehörden reformiert
wurde, zugleich aber im schlesischen Erbfolgekrieg Schlesien mit Ausnahme
Jägerndorf-Teschens an Preußen verloren ging. Unter ihren Nachfolgern, Joseph
II. und Leopold II., wurde aus der monarchischen Union, die vor allem als Folge
der Aufteilung Polens 1772 um Ostgalizien mit Lodomerien, 1775 um die Bukowina,
1779 um das Innviertel und 1795 um Westgalizien erweitert wurde, ein Staat im
Sinne des aufgeklärten Absolutismus, in dem bisher von den Ländern ausgeübte
Hoheitsrechte der Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung auf
Zentralbehörden übergingen. Folgerichtig entstanden ein einheitliches
Strafgesetzbuch (1787) und ein für die deutschen Erbländer gültiges Allgemeines
Bürgerliches Gesetzbuch (1811). 1804 erhielt der Staat nach dem Vorbild
Frankreichs auch durch die Annahme des Titels eines erblichen Kaisers von Ö.
einen einheitlichen, in seinem Umfang aber bis 1867 nicht ganz klaren Namen.
Infolge der Kriege mit Frankreich gingen 1797 die (verbliebenen)
österreichischen Niederlande und die Lombardei verloren, doch wurden von der
1797 durch Frankreich aufgelösten Republik Venedig Venetien, das istrianische
Küstenland und Dalmatien erworben. Im § 1 des Reichsdeputationshauptschlusses
vom 25. 2. 1803 erhielt Ö. für die Abtretung der Landvogtei Ortenau die
Bistümer Trient und Brixen und die in beiden Bistümern gelegenen Kapitel,
Abteien und Klöster. Weiteres kam an Toskana und Modena. 1805 musste auf
Venetien, das istrianische Küstenland und Dalmatien bzw. Vorderösterreich und Tirol
(zu Bayern) verzichtet werden, doch konnte das 1803 an Toskana gelangte
Erzstift Salzburg mit Berchtesgaden eingegliedert werden. 1809 mussten
Salzburg, Westgalizien, Teile Österreichs ob der Enns und Kärntens, Krain und
das Küstenland mit Triest abgegeben werden. 1815 wurde dann der Stand von 1797
mit Ausnahme der Niederlande, Vorderösterreichs und Westgaliziens
wiederhergestellt. Zugleich begann die Mitgliedschaft Österreichs mit seinen
ehemaligen Reichsländern im Deutschen Bund als Präsidialmacht. 1816 wurde von
Bayern gegen Marktredwitz Vils im Außerfern gewonnen. Im Gefolge der Unruhen
von 1848 erhielt Ö. am 25. 4. 1848 eine vom Kaiser durch Oktroi in Kraft
gesetzte Verfassung, die abgelehnt und am 31. 12. 1851 unter Rückkehr zum
Absolutismus (Neoabsolutismus) wieder aufgehoben wurde. Nach § 1 der
österreichischen oktroyierten Verfassung vom 4. 3. 1849 bestand zu dieser Zeit
das Kaisertum Ö. aus folgenden Kronländern: Erzherzogtum Ö. ob der Enns, Ö.
unter der Enns, Herzogtum Salzburg, Herzogtum Steiermark, Königreich Illyrien (Herzogtum Kärnten, Herzogtum
Krain, gefürstete Grafschaft Görz und Gradisca [Gradiska], Markgrafschaft
Istrien und Stadt Triest mit ihrem Gebiet), gefürstete Grafschaft Tirol und
Vorarlberg, Königreich Böhmen, Markgrafschaft
Mähren, Herzogtum Oberschlesien und Niederschlesien (Schlesien), (Königreich Galizien und Lodomerien [mit den
Herzogtümern Auschwitz und Zator und dem Großherzogtum Krakau], Herzogtum
Bukowina, Königreich Dalmatien, Kroatien,
Slawonien, Ungarn, Großfürstentum Siebenbürgen, Militärgrenzbezirke,
lombardisch-venetianisches Königreich, wobei
nach dem 5. 3. 1860 diese strikte Terminologie zugunsten von Königreichen und Ländern aufgegeben wurde. 1859 ging
infolge der Niederlage gegen Sardinien und Frankreich die Lombardei an
Sardinien (1861 Italien) verloren. 1861 wurde erneut eine wenig eindrucksvolle
Verfassung geschaffen. 1866 fiel infolge der Niederlage gegen Preußen und
Italien Venetien an das 1861 aus Sardinien neu entstandene Italien. Außerdem
musste Ö. der Auflösung des Deutschen Bundes und der Begründung des
Norddeutschen Bundes zustimmen. 1867 mussten im sog. Ausgleich Ungarn besondere
Rechte zugestanden werden, so dass aus dem Kaisertum Ö. die
österreichisch-ungarische Doppelmonarchie (Transleithanien und Zisleithanien,
seit 1915 Ungarn und Ö.) erwuchs. Da Ungarn seit 1848 eine Verfassung hatte,
führte dies im Dezember 1867 zugleich in Erweiterung der Reichsverfassung von
1861 zu einer konstitutionellen Verfassung. Die weitere Entwicklung wurde von
den Nationalitätenproblemen bestimmt. Die sich aus der fehlenden
Übereinstimmung von Staat und Nation ergebenden Spannungen verschärften sich
durch die Okkupation (1878) und die Annexion (1908) Bosniens und der
Herzegowina aus dem zuvor osmanisch-türkischen Herrschaftsbereich. Sie führten
schließlich in den durch das Attentat auf den österreichischen Thronfolger
Franz Ferdinand (Sarajewo 18. 6. 1914) ausgelösten ersten Weltkrieg. Nach der
militärischen Niederlage und nach dem missglückten Versuch der Umwandlung Zisleithaniens
in einen Nationalitätenstaat (17. 10. 1918) verzichtete der Kaiser von Ö. am
11. 11. 1918 auf jeden Anteil an den Staatsgeschäften. Schon zuvor hatten sich
nichtdeutsche nationale Bestandteile von Ö. abgelöst (Tschechoslowakei, Ungarn,
Jugoslawien). Neben Tschechen, Südslawen und Ukrainern begründeten am 21. 10.
1918 auch die deutschen Abgeordneten des Reichsrates als provisorische
Nationalversammlung den eigenen Staat Deutschösterreich (Deutsch-Österreich),
in den die deutschen Siedlungsgebiete Österreich-Ungarns einbezogen werden
sollten, dem Deutsch-Böhmen, Sudetenland, Südtirol sowie kleinere Teile
Kärntens und Deutsch-Westungarns aber verloren gingen und der auf Druck der
nichtdeutschen Mächte auf die Verbindung mit dem Deutschen Reich verzichten und
den Namen Ö. annehmen musste. Am 1. 10. 1920 erhielt die neue Republik Ö. eine
Verfassung. 1933/1934 kam es in ihr zu einem schrittweisen Staatsstreich durch
das Kabinett Dollfuß, das am 1. 5. 1934 eine neue Verfassung (ständischer
Bundesstaat) erließ, und am 11. 3. 1938 zum 1918 von den Alliierten verwehrten,
von dem in Braunau am Inn in Oberösterreich geborenen deutschen Reichskanzler
Adolf Hitler ultimativ geforderten Anschluss an das Deutsche Reich, dem in
einer Volksabstimmung vom 10. 4. 1938 99,73% der Österreicher zustimmten. Durch
das Ostmarkgesetz vom 14.4.1939 wurde Ö. bis 1945 in die sieben Reichsgaue
Wien, Kärnten, Niederdonau, Oberdonau, Salzburg, Steiermark und Tirol
gegliedert. Nach dem Ende des zweiten Weltkrieges wurde Ö. wiederhergestellt
und wurde durch Verfassungsüberleitungsgesetz vom 1. 5. 1945 am 19. 12. 1945
die Verfassung von 1920 wieder in Kraft gesetzt. 1955 endete mit dem Abschluss
eines Staatsvertrages (15. 5. 1955) mit den alliierten Siegermächten gegen
Zusicherung der Neutralität die Besatzungszeit. Wirtschaftlich an Deutschland
orientiert trat Ö. unter äußerlicher Wahrung der Neutralität zum 1. 1. 1995 der
Europäischen Union bei. S. a. Habsburg, Ostarrihhi II.
L.: Wolff 23; Zeumer 552 II a 1, II b 61, 5, 61, 13; Wallner 713 ÖsterreichRK
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Kulenkampff, A., Österreich und das alte Reich, 2005; Beller, S., Geschichte
Österreichs, 2007; Die Geburt Österreichs, hg. v. Schmid, P. u. a., 2007.
Österreich-Ungarn (Doppelmonarchie). 1867 wurde das
Kaiserreich Österreich in die Doppelmonarchie Ö. umgewandelt. Zu Österreich
gehörten (als die im Reichsrat vertretenen Königreiche
und Länder im Gegensatz zu den Ländern der ungarischen Stephanskrone) das Königreich Böhmen, das Königreich
Dalmatien, das Königreich Galizien und
Lodomerien mit Auschwitz, Zator und Krakau, das Erzherzogtum Österreich unter
der Enns, das Erzherzogtum Österreich ob der Enns, das Herzogtum Salzburg, das
Herzogtum Steiermark, das Herzogtum Kärnten, das Herzogtum Krain, das Herzogtum
Bukowina, die Markgrafschaft Mähren, das Herzogtum Oberschlesien und
Niederschlesien (Schlesien, Österreichisch-Schlesien), die gefürstete
Grafschaft Tirol und Vorarlberg sowie die Markgrafschaft Istrien samt der
gefürsteten Grafschaft Görz und Gradiska (Görz und Gradisca)und der Stadt
Triest. 1878 kamen die zuvor türkischen Provinzen Bosnien und Herzegowina
hinzu. Gemeinsam waren beiden Reichshälften der Monarchie die auswärtigen
Angelegenheiten und das Militärwesen und das Finanzwesen. Ö. endete am 11. 11.
1918 durch Verzicht des Kaisers auf jeden Anteil an den Reichsgeschäften und
Ausrufung der Republik.
L.: Brauneder, W., Österreichische Verfassungsgeschichte, 10. A. 2005.
Ostfalen (Gau [zwischen Oker und Innerste und
Leine?], Astfalahun)
L.: (Curs, O., Deutschlands Gaue im zehnten Jahrhundert, 1908, 2 [Königsdahlum bzw. Dahlum, Nettlingen, Großlafferde,
Kleinlafferde, Sauingen, Gadenstedt, Schmedenstedt, Hallendorf, Heerte,
Denstorf, Vöhrum, Wendhausen, Adersheim, Leinde, Dörnten, Össelse, Hotteln,
Wirringen, Heisede, Heiningen, Groß Flöthe bzw. Großflöthe, Klein Flöthe bzw.
Kleinflöthe, Ohlum bzw. Ohlhof, Bettingerode, Berßel bzw. Bersse, Aderstedt,
Groß Quenstedt bzw. Großquenstedt, Klein Quenstedt bzw. Kleinquenstedt,
Riestedt, Dittichenrode, Hildesheim]); Hessler, W., Mitteldeutsche Gaue des
frühen und hohen Mittelalters, 1957, 145 (Denstorf, Döhren, Dungelbeck, Einum,
Gadenstedt, Garbolzum, Garmissen, Hallendorf, Harsum, Heiningen, Heisede,
Heerte, Hildesheim, Hotteln, Groß Ilsede bzw. Großilsede, Kemme, Groß Lafferde
bzw. Großlafferde, Leinde, Nettlingen, Össelse, Ohlum, Poppenburg, Ruthe,
Schmedenstedt, Groß Stöckheim bzw. Großstöckheim, Üfingen, Vöhrum, Wendhausen,
Wirringen); Gysseling, M., Toponymisch Woordenboek, 1960, 775; Polenz, P. v.,
Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, I, 12, 26, II, 60, III, 27 Astfalahun,
301, Ostfalen s. Astfalahun; Polenz, P. v., Germanisch-deutsche Landschafts-
und Bezirksnamen vom 7. bis 11. Jahrhundert, Teil I B. Alphabetisches
Namenbuch, 1. Lieferung Achilgouwe-Borhtergo, 29 Astfalahun; Wagner, G., Die
Verwaltungsgliederung im karolingischen Reich, 1963, 9.
Ostfriesland (Reichsgrafschaft, Fürstentum). Der Raum
zwischen Dollart, Jadebusen, Oldenburg und Nordsee war schon in der Steinzeit
besiedelt. Um 700 bildete sich dort ein Reich der Friesen unter Herzog Radbod.
Noch vor 800 wurde dieses 785 von den Franken unterworfene Gebiet
christianisiert. 843 kam es zum Mittelreich Kaiser Lothars I., 870 zum
ostfränkischen Reich. Nach dem Zerfall des Karolingerreiches bildeten sich in
O. mehrere selbständige Länder (terrae) (Brokmerland bzw. Brookmerland,
Emsigerland, Harlingerland u. a.), die im Hochmittelalter von consules regiert
wurden und sich im sog. Upstalsboom (benannt nach einem Versammlungsplatz
südlich Aurichs) in einer Art Landfriedensbund zusammenschlossen. Nach 1327
verfiel dieser Verband der friesischen Freiheit und die einzelnen Gebiete
gerieten unter die Herrschaft von Häuptlingen (u. a. das Geschlecht tom Brok
auf der Oldeborg im Brokmerland bzw. Brookmerland, später in Aurich), die sich
in zahlreichen Fehden gegenseitig bekämpften. Nach dem zunächst das Geschlecht
tom Brok (1361 Keno Hilmersna) eine gewisse Führung erlangt hatte (1371
Häuptling des Brokmerlandes (Brookmerlandes), 1376ff. Norderland, Emsigerland,
Harlingerland und Auricherland, 1413 Emden, westliches Friesland, Okko II.
1417-1427 Häuptling in O.), gelang es seit 1427/1430/1441 dem Häuptling Edzard
Cirksena und dann seinem Bruder Ulrich Cirksena aus der seit dem 13.
Jahrhundert in führender Stellung der Norder Landesgemeinde nachweisbaren
Familie Cirksena, die ihren Namen und ihr Erbe in der ersten Hälfte des 15.
Jahrhunderts über die Erbtochter an die Häuptlinge von Greetsiel übertragen
hatte, die Fehden zu beenden und den größten Teils des Landes östlich der Ems
unter einer Herrschaft zu vereinigen (1453 Emden). 1464 ließ sich Ulrich
Cirksena als Ulrich I. vom Kaiser mit der Reichsgrafschaft (in) O. belehnen
(Grafschaft zu Norden, Emden, Emisgonien in O., von der Westerems bis an die
Weser), was zur Folge hatte, dass O. beim Reich verblieb und nicht, wie das
schon früh in der Grafschaft Holland aufgegangene Gebiet von Sinkfal bei Brügge
bis zur Zuidersee und später das westerlauwersche Friesland (Westfriesland) und
das Groningerland, über das Herzogtum Burgund an die sich seit 1571
verselbständigenden Niederlande gelangte. Ausgenommen blieben Jever,
Butjadingen östlich des Jadebusens, Harlingerland und Stadland, Hauptstadt
wurde Emden, 1561 Aurich. 1511 entstand ein eigenes ostfriesisches Landrecht.
Seit 1519 drang die Reformation ein. Zwischen 1568 und 1648 kam es zum
achtzigjährigen Krieg, in dem sich der lutherische Landesherr und die unter
Führung der calvinistischen, 1595 verloren gegangenen Stadt Emden (Genf des
Nordens) stehenden Stände gegenübertraten. Die Gewinnung Jevers misslang
1529/1575. 1600 wurde durch Heirat das Harlingerland mit O. vereinigt.
1654/1662 wurde Graf Enno Ludwig in den Fürstenstand erhoben (Reichsfürstentum
O., 1677 Sitz und Stimme auf dem Reichstag, Einführung in den Reichsfürstenrat
1677, Entstehung des Titels Fürstentum O. durch Observanz und Verjährung,
Zugehörigkeit zum niederrheinisch-westfälischen Reichskreis, nur zeitweilige
Zugehörigkeit zum westfälischen Reichsgrafenkollegium). 1682 verlegte
Brandenburg Truppen in das faktisch selbständige Emden. 1744 starb das Geschlecht
Cirksena aus. König Friedrich der Große von
Preußen besetzte das an sich den Generalstaaten vermachte, von diesen aber
nicht angenommene Land auf Grund einer kaiserlichen Anwartschaft von 1694 und
machte es zu einer Provinz Preußens mit der Hauptstadt Aurich. Das Fürstentum
enthielt die Städte und Ämter Aurich, Norden, Emden, Berum, Greetsiel, Pewsum,
Leer, Stickhausen und Friedeburg und die adligen Herrschaften Dornum,
Lütetsburg, Jennelt (Jindelt), Rysum (Risum), Petkum und Gödens. 1807 verlor Preußen
das 60 Quadratmeilen große O. (ohne Rheiderland bzw. Reiderland) mit 110000
Einwohnern an Napoleon I., der es dem Königreich
Holland, 1810 Frankreich unmittelbar einverleibte (Département Ost-Ems). 1813
kam O. an Preußen, 1815 an Hannover (Landdrostei Aurich), 1866 mit diesem an
Preußen. 1946 wurde es als Regierungsbezirk Aurich Teil Niedersachsens.
L.: Wolff 338ff.; Zeumer 553 II b 54; Wallner 702 WestfälRK 5; Großer
Historischer Weltatlas III 22 (1648) C2, III 38 (1789) B1; Möhlmann, G.,
Ostfriesland, (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Die Territorien des
Reichs 3, 162; Wiarda, T., Ostfriesische Geschichte, Bd. 1-10 1792ff., Neudruck
1968; Ostfriesisches Urkundenbuch, hg. v. Friedländer, E., Bd. 1f. 1878ff.,
Neudruck 1968; Klinkenborg, M., Geschichte der tom Broks, 1895; Reimers, H.,
Ostfriesland bis zum Aussterben seines Fürstenhauses, 1925; Koolmann,
A./Wiemann, H., Ostfriesische Geschichte, Bd. 1ff. 1951; König, J., Verwaltungsgeschichte Ostfrieslands bis zum
Aussterben seines Fürstenhauses, 1955; Lang, A., Die älteste gedruckte Seekarte
der Ems, Erläuterungen zur Neudruckausgabe der Beschreibungen der
ostfriesischen Küste des L. Waghenaer von 1584, 1957; Möhlmann, G., Geschichte
Ostfrieslands, 1962; Baker, G., De grenzen van Frisia tussen 600 en 1150, 1962;
Lengen, H. van, Zur Geschichte des Namens Ostfriesland im Mittelalter, Jb. d.
Ges. für bildende Kunst und vaterländ. Altertümer zu Emden 42 (1962), 5ff.;
Teschke, G., Studien zur Sozial- und Verfassungsgeschichte Frieslands im Hoch-
und Spätmittelalter, 1966; Wiemann, H., Die Grundlagen der landständischen
Verfassung Ostfrieslands, 1974; Ostfriesland, hg. v. Möhlmann, G., 3. A. 1975;
Schmidt, H., Politische Geschichte Ostfrieslands, (in) Ostfriesland im Schutze
des Deiches 5 (1975), 86ff.; Wiemann, H., Materialien zur Geschichte der
ostfriesischen Landschaft, 1982; Lamschus, C., Emden unter der Herrschaft der
Cirksena, 1984; Burgen, Siedlungen und Klöster im Mittelalter, hg. v. Barlage,
D., 1989; Deeters, W., Geschichte der Grenze zwischen Drenthe und dem Emsland
und Groningen und Ostfriesland, (in) Rondom Eems en Doolard, 1992, 59ff.;
Lengen, H. van, Ostfriesland, LexMA 6 1993, 1529; Ostfriesland, hg. v. Lengen,
H. van, 1995; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini,
W., 2003, 1, 856; .
Ostpreußen (Landschaft, [Teil des] Herzogtum[s],
Gebiet, Provinz). Das Gebiet zwischen Weichsel- und Memelmündung wurde in der
Jungsteinzeit von Jägern und Fischern besiedelt. Im 2. und 3. Jahrhundert n. Chr.
bewohnten es die Goten, später die baltischen Pruzzen, deren im 10. Jahrhundert
erstmals genannter Name (um 965 Brus) auf das Siedlungsgebiet übertragen wurde.
Um 1225 wandte sich der polnische Herzog Konrad I. von Masowien an den
Deutschen Orden um Hilfe gegen die heidnischen Pruzzen und übertrug ihm als
Lohn das Kulmer Land (Kulmerland). Kaiser Friedrich II. gewährte 1226 dem
Hochmeister Culm (Kulm, Kulmerland) und alle noch zu erobernden pruzzischen
Gebiete. 1283 war die Eroberung des Landes abgeschlossen. Die Niederlage gegen
Polen in der Schlacht von Tannenberg (1410) schwächte den Deutschen Orden, der
zwischen 1231 und 1410 93 Städte und etwa 1400 Dörfer gegründet hatte, sehr.
1466 wurde er auf den östlichen Teil Preußens ohne das Ermland beschränkt. Der
verbliebene Ordensstaat war vom Heiligen Römischen Reich getrennt und musste
die Oberhoheit Polens anerkennen. 1525 wurde der Ordensstaat unter dem
Hochmeister Albrecht von Brandenburg-Ansbach in das erbliche, unter Lehnshoheit
Polens stehende Herzogtum Preußen, in dem 1544 die Universität Königsberg gegründet wurde, umgewandelt. Dieses wurde
1618 mit Brandenburg in Personalunion vereinigt und 1657/1660 vertraglich von
der Lehnshoheit befreit. 1701 wurde es als einziges voll souveränes Land der
Kurfürsten von Brandenburg zur Keimzelle des Königreichs
Preußen, indem Kurfürst Friedrich sich selbst zum König
in Preußen krönte. Der Name O. für das Herzogtum Preußen setzte sich amtlich
erst durch, als 1772 Westpreußen (Pomerellen bzw. Pommerellen) bei der ersten
Teilung Polens mit dem Königreich Preußen
vereinigt wurde. Das Ermland kam zu O., Marienwerder zu Westpreußen. Beide
Provinzen wurden 1815 getrennt, von 1824 personal und 1829 real bis 1878 zur
Provinz Preußen vereinigt und dann wieder getrennt. 1919/1920 kam das Gebiet um
Soldau zu Polen, das Memelgebiet an die Alliierten und 1923 faktisch an
Litauen. Danzig wurde Freie Stadt. Das restliche Westpreußen wurde O. angefügt.
1939 wurde das Memelgebiet von Litauen zurückerzwungen, wurden Westpreußen und
Danzig zurückerobert und damit wurde O. wieder mit dem Reich verbunden. 1945
wurde der nördliche Teil O. unter die Verwaltung der Sowjetunion, der westliche
Teil unter die Verwaltung Polens gestellt, die ansässige deutsche Bevölkerung
fast vollständig ausgesiedelt. 1990 kam das Gebiet als politische Folge der
deutschen Einheit an die Sowjetunion bzw. Polen.
L.: Goldbeck, J., Königreich Preußen, Teil 1
1785, Neudruck 1975ff.; Horn, A., Die Verwaltung Ostpreußens seit der
Säkularisation (1525-1875), 1890; Heim, M., Geschichte der ostpreußischen
Landschaft 1788-1888, 1938; Dehio, G./Gall, E., Deutschordensland Preußen,
1952; Die Vertreibung der deutschen Bevölkerung aus den Gebieten östlich der
Oder-Neiße, hg. v. Schieder, T., Bd. 1f. 1953; Schumacher, B., Geschichte Ost-
und Westpreußens, 7. A. 1987; Schumacher, B., Wege und Wirkungen ostpreußischer
Geschichte, 4. A. 1959; Dönhoff, M. Gräfin, Namen, die keiner mehr nennt.
Ostpreußen, Menschen und Geschichte, 1962; Henning, F., Herrschaft und
Bauernuntertänigkeit, 1964; Bibliographie der Geschichte von Ost- und
Westpreußen, Bd. 1 2. A. 1962, 2 1964, Ergänzungsbände; Ost- und Westpreußen.
Handbuch der historischen Stätten, hg. v. Weise, E., 1966;
Historisch-geographischer Atlas des Preußenlandes, hg. v. Mortensen, H. u. a.
1968ff.; Grundriss zur deutschen Verwaltungsgeschichte 1815 bis 1945, Reihe A,
Preußen I: Ost- und Westpreußen, bearb. v. Stüttgen, D., 1975; Gause, F.,
Geschichte des Preußenlandes, 1986; Ambrassat, A., Die Provinz Ostpreußen,
1988; Rankl, M., Bibliographie zur Literatur Ost- und Westpreußens mit Danzig
1945-1988, Bd. 1f. 1990; Neuschäffer, H., Das Königsberger
Gebiet, 1991; Groeben, K. v. d., Das Land Ostpreußen, 1993; Handbuch der
Geschichte Ost- und Westpreußens, hg.v. Opgenorth, E., Bd. 2, 1 1994; Kibelka,
R., Ostpreußens Schicksalsjahre, 2000; Mast, P., Ost- und Westpreußen und die
Deutschen in Litauen, 2000; Kulturgeschichte Ostpreußens in der frühen Neuzeit,
hg. v. Garber, K. u. a., 2001; Kossert, A., Ostpreußen, 2005.
Ottobeuren (Abtei, Reichsstift). Das
Benediktinerkloster O. südöstlich Memmingens wurde vielleicht 764 als
Familienstiftung begründet. Durch Kaiser Otto I. wurde das Stift 972 von allen
Reichslasten befreit. 1152 wurde es unter den Schutz des Papstes gestellt. 1299
wurde der Abt Reichsfürst, verlor diesen Rang aber im 15. Jahrhundert, nachdem
1356 das Hochstift Augsburg die Vogtei erworben hatte. 1626 verzichtete der
Bischof von Augsburg auf Grund eines Spruches des Reichskammergerichts von 1624
auf seine Ansprüche und veräußerte 1710 die noch verbliebenen
Schirmgerechtigkeiten an den Abt, der zwar dem Reichsfürstenrat angehörte, aber
weder beim schwäbischen Reichskreis noch im schwäbischen
Reichsprälatenkollegium Sitz und Stimme hatte. 1802/1803 kam O. mit einem
weitgehend geschlossenen Stiftsgebiet (3,3 Quadratmeilen, 12000 Einwohner) und
Anteilen an den Herrschaften Stein, Ronsberg und Erkheim an Bayern.
L.: Wolff 227; Wallner 687 SchwäbRK 38; Großer Historischer Weltatlas III 38
(1789) D4; Schwarzmaier, H., Königtum, Adel und
Klöster im Gebiet zwischen oberer Iller und Lech, 1961; Ottobeuren 764-1964,
1964; Kolb, Ä./Tüchle, H., Ottobeuren, Festschrift, 1964; Blickle, P.,
Memmingen, 1967, (in) Historischer Atlas von Bayern, Teil Schwaben; Ottobeuren,
hg. v. Kolb, A., 1986; Die Urkunden des Reichsstiftes Ottobeuren 764-1460,
bearb. v. Hoffmann, H., 1991; Sreenivasan, G., The Peasants of Ottobeuren
1487-1726, 2004; Faust, U., Zur Reichsunmittelbarkeit Ottobeurens und Buxheims
(in) Suevia Sacra, hg. v. Liebhart, W. u. a. 2001.
Paderborn (Hochstift, Fürststift, Residenz). An
den mehr als 200 Quellen der Pader am Eggegebirge befand sich (neben
Keramikscherben wohl des 4. Jh.s in einer Schwemmsandschicht des westlichen
Kirchenvorplatzes der späteren Klosterkirche Abdinghof) eine sächsische
Siedlung, die nach ihrer Eroberung durch König
Karl den Großen seit 777 Ort mehrerer Reichstage war. Um 800 (799?, 806?) wurde
der ursprünglich Würzburger Missionsstützpunkt (beim Zusammentreffen von Karl
dem Großen und Papst Leo III. 799) zum Bischofssitz (Bischof Hathumar 806-815)
erhoben. Das Bistum wurde der Kirchenprovinz Mainz zugeordnet. Dem bedeutenden
Bischof Meinwerk (1009-1036) gelang der Erwerb fast aller Grafenrechte in der
sich von der Diemel bis zur Werre längs der Weser erstreckenden Diözese
(spätere Gebiete von Lippe, Waldeck, Ravensberg, Hessen und Braunschweig).
Danach standen die Welfen und die Erzbischöfe von Köln weiteren Erwerbungen im
Wege. Im 14. Jahrhundert wurden Teile der Grafschaften Everstein und
Schwalenberg (1325/1358) sowie der Herrschaft Büren (1335/1660) gewonnen, doch
blieb das (um Brakel und die Grafschaft Dringen erweiterte) weltliche
Herrschaftsgebiet um P. (Büren, Warburg und Höxter) insgesamt bescheiden. Der
Übergang zum Luthertum durch Bischof Erich von Braunschweig-Grubenhagen
(1508/1532) wurde 1601-1604 rückgängig gemacht, doch verlor das Bistum in der
Reformationszeit die Grafschaft Ravensberg und weitgehend alle Gebiete rechts
der Weser. 1614 gründete der die Gegenreformation erfolgreich als Kampf um die Landesherrschaft
verwendende Bischof (Dietrich von Fürstenberg) eine bis 1844 bestehende
Universität in P. 1802/1803 fiel das zum niederrheinisch-westfälischen
Reichskreis zählende Hochstift mit 54 Quadratmeilen, 96000 Einwohnern, 23
Städten und 150 Dörfern (Ämter Schloss Neuhaus, Delbrück, Boke [Böke],
Lichtenau, Wewelsburg [Wevelsburg], Wünnenberg [sogenannter vorwaldischer oder
unterwaldischer Distrikt] und der oberwaldische Distrikt mit dem Oberamt
Dringenberg, der Frei- und Gaugrafschaft Warburg, der Gaugrafschaft Brakel, der
Landvogtei Peckelsheim, den Städten und Richtereien Borgentreich [Borgentrick],
Borgholz [Borchholz], Nieheim [Neheim], der Vogtei Driburg, den Ämtern
Steinheim, Beverungen, Lügde [Lüdge], [gemeinsam mit Lippe], die Ämter Oldenburg,
Stoppelberg [Stapelberg], Schwalenberg, die Gerichte Hagedorn [Hagendorf] und
Ottenhausen [Odenhausen] und die Propstei Sankt Jakobsberg, die dem Domkapitel
gehörigen Städte Lippspringe und Bredenborn und das adlige Gericht Holzhausen
und Erwitzen) an Preußen. Von 1807 bis 1813 wurde es vorübergehend in das Königreich Westphalen einbezogen. 1946 kam es von
Preußen (Provinz Westfalen) an Nordrhein-Westfalen. Das Bistum wurde 1821 um
Minden, Halberstadt, Magdeburg, Merseburg und Naumburg vergrößert und der Erzdiözese
Köln unterstellt sowie 1929 zum Erzbistum mit den Diözesen Hildesheim und Fulda
erhoben. 1992/1994 wurden Erfurt, Fulda und Magdeburg Diözesen.
L.: Wolff 325; Zeumer 552 II a 15; Wallner 702 WestfälRK 6; Großer Historischer
Weltatlas II 66 (1378) E3, III 22 (1648) D3, III 38 (1789) B3; Richtering,
H./Kittel, F., Westfalen-Lippe, (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1;
Die Territorien des Reichs 3, 148; Bauer 1, 451; Bessen, G., Geschichte des
Bistums Paderborn, Bd. 1f. 1820; Holscher, L., Die ältere Diözese Paderborn
nach ihren Grenzen, 1886; Rechter, W., Geschichte der Stadt Paderborn, 1889ff.;
Tenckhoff, F., Die Paderborner Bischöfe von Hathumar bis Rethar, 1900; Schultz,
F., Beiträge zur Geschichte der Landeshoheit im Bistum Paderborn bis zur Mitte
des 14. Jahrhunderts, 1903; Aubin, H., Die Verwaltungsorganisation des
Fürstbistums Paderborn im Mittelalter, 1911; Deppe, H., Die Paderbornschen
Besitzungen in Südhannover, Westfäl. Zs. 90/2 (1934), 171ff.; Die Erzdiözese
Paderborn, 1930; Jacobs, F., Die Paderborner Landstände im 17. und 18.
Jahrhundert, 1937; Klasen, T., Die territorialen Beziehungen zwischen Paderborn
und Köln im Mittelalter, Diss. phil. Münster 1940; Schoppe, K., Das
karolingische Paderborn, 1967; Schoppmeyer, H., Der Bischof von Paderborn und
seine Städte, 1968; Leesch, W. u. a., Heimatchronik des Kreises Paderborn,
1970; Winkelmann, W., Die Königspfalz und die
Bischofspfalz des 11. und 12. Jahrhunderts in Paderborn, Frühmittelalterliche
Studien 4 (1970), 398ff.; Paderborn, hg. v. Spörhase, R. u. a., 1972; Heggen,
Staat und Wirtschaft im Fürstentum Paderborn im 18. Jahrhundert, 1978;
Westfälisches Urkundenbuch, Bd. (1, 2, 4, 5, 1,) 9: Die Urkunden des Bistums
Paderborn 1301-1325, bearb. v. Prinz, J., Lief. 3 1982; Schoppmeyer, H., Die
Entstehung der Landstände im Hochstift Paderborn, Westf. Zs. 136, (1986);
Meier, G., Die Bischöfe von Paderborn und ihr Bistum im Hochmittelalter, 1987;
Brandt, H. u. a., Das Erzbistum Paderborn, 1989; Schoppmeyer, H., Paderborn,
LexMA 6 1993, 1613; Paderborn, hg. v. Jarnut, J., 1999; Paderborn, hg. v.
Göttmann, F. u. a., Bd. 1ff. 1999; Splendor palatii, hg. v. Fenske, L. u. a.,
2002; Brandt, H. u. a., Das Bistum Paderborn im Mittelalter, 2002; Lotterer,
J., Gegenreformation als Kampf um die Landesherrschaft, 2003; Höfe und
Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 587,
1, 2, 439; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 427, 2, 484.
Padua (Stadtkommune). P. am Bacchiglione in
der nördlichen Poebene, dem das 601 von den Langobarden zerstörte römische, 301
v. Chr. erstmals erwähnte Patavium (um 200 n. Chr. 50000 Einwohner) voranging,
wurde in der Mitte des 4. Jahrhunderts Sitz eines Bischofs und im 10.
Jahrhundert Mittelpunkt einer von Otto I. eingerichteten Grafschaft. 1164
erlangte es Selbständigkeit. An die Stelle der 1137 erstmals genannten Konsuln
traten im 13. Jahrhundert als Leitungsorgan(e) Podestà. 1222 erhielt es eine
Universität. Im 13. und 14. Jahrhundert (1318-1405 unter der Herrschaft der
Carrara, 30000 Einwohner, 63000 Bewohner außerhalb der Mauern) erlangte es die
Herrschaft über Vicenza, Bassano und Feltre. 1405/1406 geriet es selbst unter
die Herrschaft Venedigs. 1797 fiel es mit Venetien an Österreich, 1815 an das
Lombardo-Venetianische Königreich Österreichs,
das 1866 an das neue Königreich Italien (1861)
abgetreten werden musste.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 48 (1300) D2; Cappelletti, G., Storia di
Padova, Bd. 1f. 1874ff.; Zorzi, E., Il territorio padovano nel periodo di traspasso
da comitato a comune, 1930; Gasparotto, C., Padua, 1973; Castagnetti, A., I
conti di Vincenza e di Padova dall’età ottoniana al Comune, 1981; Collodo, S.,
Una società in trasformazione, Padova tra XI e XV secolo, 1990; Gaffuri, L.,
Padua, LexMA 6 1993, 1617; Tilatti, A., Istituzioni e culto dei santi a Padova,
1997; Kohl, G., Padua unter den Carrara, 1998; Rippe, G., Padoue et son
contado, 2003.
Parma (Stadtkommune). Die etruskische Gründung
P. am Nordfuß des Apennins wurde 183 v. Chr. römisch. Seit dem 4. Jahrhundert
n. Chr. geriet P. zunehmend unter die Herrschaft seiner Bischöfe, die in
fränkischer Zeit Grafschaftsrechte gewannen. Im 12. Jahrhundert erlangte es
eine gewisse Selbständigkeit (1140 Konsuln). Seit 1322 gehörte es rechtlich zum
Kirchenstaat des Papstes, stand aber tatsächlich vielfach unter der Herrschaft
Mailands (1346-1447, 1449-1500) und Frankreichs (1500-1512, 1515-21). 1545
wurde es durch Papst Paul III. Teil des Herzogtums Parma und Piacenza, das 1860
Sardinien bzw. 1861 dem neuen Königreich Italien
eingegliedert wurde. S. Parma und Piacenza.
L.: Bazzi, T./Benassi, U., Storia di Parma, Bd. 1ff. 1899ff.; Drei, G., Le
carte degli archivi parmensi, Bd. 1ff. 1924ff.; Cortellini, L., Storia di Parma,
1953; Pighini, G., Storia di Parma e i suoi personaggi più illustri, 1965;
Schuhmann, R., Authority and the Commune: Parma 833-1133, 1973; Fumagalli, V.,
Terra e società nell’Italia padana. I secoli IX e X, 1976; Chittolini, G., La
formazione dello stato regionale e le istituzioni del contado. Secoli XIV e XV,
1979; Greci, R., Parma medievale, 1992; Greci, R., Parma, LexMA 6 1993, 1735.
Parma und Piacenza (Herzogtum). Papst Paul
III. trennte 1545 die 1511/1512 von Papst Julius II. eroberten Gebiete P. vom
Kirchenstaat ab und übertrug sie seinem natürlichen Sohn Pier Luigi Farnese,
der bereits über die Herzogtümer Castro und Ronciglione herrschte, als
Herzogtum zu Lehen. Nach dem Aussterben der Farnese im Mannesstamm 1731 erbte
der spätere König Karl III. von Spanien als
Großneffe des letzten Farnese. 1735 gab er P. gegen Neapel und Sizilien an
Österreich. Dieses trat 1748 P. zusammen mit dem Herzogtum Guastalla an Karls
III. Bruder Philipp ab. 1802 kamen P. und das 1806 für Napoleons Schwester
Pauline abgetrennte Guastalla an Frankreich und bildeten seit 1808 das
Departement Taro. 1815 wurden P. und Guastalla Napoleons Gemahlin Maria Louise
von Österreich zuerkannt. Bei ihrem Tode fielen sie 1847 an Karl II. Ludwig von
Bourbon-Parma, 1860 durch Volksabstimmung an Sardinien und damit 1861 an das
neue Königreich Italien.
L.: Bazzi, T./Benassi, U., Storia di Parma, Bd. 1ff. 1899ff.; Bernin,
F./Bourgoing, J. de, Maria Louise von Österreich, 1933; Cattelani, R., Parma
nella storia, 1957; Pescatori, A., Il declino di un ducato (1839-1859), 1974.
Passau (Hochstift, Residenz). Nach einer
keltischen Siedlung Boiodorum am Zusammenfluss von Donau, Inn und Ilz
errichteten die Römer um 90 n. Chr. (seit 15 n. Chr. ?) ein um 130 n. Chr.
erstmals bezeugtes gleichnamiges Kastell. Um 150 n. Chr. gründeten sie ein
zweites Lager mit dem Name Batavis für die hier stationierte 9. Bataverkohorte.
453 erbaute der heilige Severin jenseits des Inns ein Kloster. Im 7.
Jahrhundert war in P. ein agilofingischer Herzogshof vorhanden, 737 ein Bischof
(Vivilo), den Bonifatius 739 bestätigte. Das Bistum reichte von der Isar bis
zur Enns sowie im Norden bis zum Arber und wurde 804 bis zur Raab, 874 bis zur
March (907-955 wieder eingeschränkt) und 1043 bis zur Leitha erweitert, doch
gingen Ungarn und Böhmen durch die Errichtung von Gran, Kálocsa, Prag und
Olmütz wieder verloren. Seit 798 unterstand es Salzburg. 886 gewann es
Immunität. Kaiser Otto III. verlieh 999 dem Bischof Markt, Zoll und Bannrechte
in P. 1161/1193 erwarb der Bischof die durch Gaben König
Heinrichs II. (1010 Nordwald zwischen Ilz, Rodl [Rottel] und Donau) reich
gewordene königliche Abtei Niedernburg am
Ostende der Passauer Landzunge. Durch die Belehnung mit dem Ilzgau wurde P.
1217 Fürstbistum. Güter in Sankt Pölten und Mattsee konnten nicht gehalten
werden. 1298, 1367 und 1394 erhoben sich die Bürger vergeblich gegen die
bischöfliche Stadtherrschaft. Durch die Abtrennung der Bistümer Wien
(1468/1469), das 28 der insgesamt 835 Pfarreien Passaus erhielt, Linz (1783)
und Sankt Pölten (1784/1785) wurde das zunehmend von Österreich bestimmte
Bistum P., das 1728 als Gegenleistung für die Errichtung des Erzbistums Wien
die Exemtion von Salzburg erreichte, erheblich verkleinert. Das Hochstift
konnte allerdings die Herrschaft Neuburg am Inn erwerben und die in der Mitte
des 14. Jahrhunderts erlangte, 1487/1506 an Kaiser Friedrich III. veräußerte
Herrschaft Rannariedl zurückgewinnen. Außerdem gehörten ihm die Stadt P., das
Landgericht Oberhaus, die Herrschaften Vichtenstein (1227), Hafnerzell oder
Obernzell, Leoprechting, Wegscheid, Riedenburg (1436), Obernberg (1407), das
Richteramt Waldkirchen, die Schlösser Starhemberg [Stahrenberg] und Pürnstein
[Pihrenstein] und eine Anzahl Dörfer. 1803 kam das dem bayerischen Reichskreis
zugehörige Hochstift mit 18 Quadratmeilen und 55600 Einwohnern in seinen
westlich von Ilz und Inn gelegenen Teilen zu Bayern, im Übrigen zunächst an
Ferdinand von Salzburg-Toskana, 1805 ebenfalls an Bayern. Das Bistum P. wurde
1817/1821 unter veränderter Grenzziehung dem Erzbistum München-Freising unterstellt.
L.: Wolff 144; Zeumer 552 II a 18; Wallner 712 BayRK 6; Großer Historischer
Weltatlas II 66 (1378) G4, III 22 (1648) F4, III 38 (1789) E3; Die Territorien
des Reichs 6, 58; Buchinger, J., Geschichte des Fürstentums Passau, Bd. 1,2
1816ff.; Heuwieser, M., Die Traditionen des Hochstifts Passau, 1930, Neudruck
1988; Maidhof, A., Passauer Urbare, Bd. 1 1933; Oswald, J., Das alte Passauer
Domkapitel, 1933; Heuwieser, M., Geschichte des Bistums Passau, Bd. 1 1939;
Oswald, J., Der organisatorische Aufbau des Bistums Passau im Mittelalter und
in der Reformationszeit, ZRG KA 61 (1941); Schneider, R., Passau. Werden,
Antlitz und Wirksamkeit der Dreiflüssestadt, 1944; Bauerreiss, R.,
Kirchengeschichte Bayerns, Bd. 1ff. 1949ff.; Schwaiger, G., Die altbayerischen
Bistümer Freising, Passau und Regensburg, 1959; Ott, G., Das Bürgertum der
geistlichen Residenz Passau in der Zeit des Barock und der Aufklärung, 1961;
100 Jahre Landkreis Passau. Heimatbuch, 1963; Die Passauer Bistumsmatrikeln,
hg. v. Zinnhobler, R., 1972ff.; Veit, L., Hochstift Passau, 1977, (in)
Historischer Atlas von Bayern, Teil Altbayern; Hartmann, P., Das Hochstift
Passau und das Erzstift Salzburg, Ostbairische Grenzmarken 30 (1988);
Zurstraßen, A., Die Passauer Bischöfe des 12. Jahrhunderts, 1989; Leidl, A.,
Kleine Passauer Bistumsgeschichte, 1989; 1250 Jahre Bistum Passau 739-1989,
Symposion des Institutes für Ostbairische Heimatforschung der Universität
Passau anlässlich des 1250jährigen Bistumsjubiläums 1989, 1989; Die Regesten
der Bischöfe von Passau, Bd. 1 739-1206, bearb. v. Boshof, E., 1992, Bd. 2
1207-1253, 2000, Bd. 3 1254-1282, 2007; Zurstraßen, A., Passau, LexMA 6 1993,
1756; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini,
W., 2003, 1, 591, 1, 2, 441; Knorring, M. v., Die Hochstiftspolitik des
Passauer Bischofs Wolfgang von Salm, 2006.
Pavia (Stadtkommune). Die römische Gründung
Ticinum (49 v. Chr.) am unteren Tessin wurde vermutlich im 4. Jahrhundert Sitz
eines Bischofs und im ausgehenden 5. Jahrhundert (nach 493) eine der Residenzen
Theoderichs des Großen. 572 fiel sie an die Langobarden, die P. zur Hauptstadt
erhoben, 774 aber an die Franken verloren, unter denen P. bis 1024
Krönungsstadt für die Krönung zum König der
Langobarden blieb. Bereits am Ende des 11. Jahrhunderts war es freie Kommune
(1112 Konsuln). 1359 fiel es an Mailand. 1361 errichtete Kaiser Karl IV. auf
der Grundlage der älteren Rechtsschule die Universität. 1713/1714 gelangte P.
mit der Lombardei an Österreich. 1859 kam P. mit der Lombardei (Mailand) an
Sardinien und damit 1861 an das neue Königreich
Italien.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 48 (1300) C2; Hoff, E., Pavia und seine
Bischöfe im Mittelalter, 1943; Vaccari, P., Pavia nell’alto medioevo e nell’età
comunale, 1956; Schmid, E., Pavia und Umgebung, 1958; Storia di Pavia, Bd. 2
L’alto Medioevo, 1987, Bd. 3 Dal libero comune alla fine del principato
indipendente, 1992; Soldi Rondini, G., Pavia, LexMA 6 1993, 1831; Majocchi, P.,
Pavia città regia, 2008.
Pfäfers (Kloster, Residenz), lat. Fabaria. Das
Kloster P. am Kunkelpass bei Ragaz bzw. am Ausgang des Taminatals ins Rheintal
wurde im 8. Jahrhundert als Benediktinerabtei gegründet. Die freie Reichsabtei
(861 Immunität) kam 905 an das Hochstift Konstanz, 909 an Sankt Gallen, 920 an
Chur und wurde 950 wieder unabhängig. 1408 erhielt P. vom König die freie Abtswahl. 1483 erlangten die sieben
alten Orte der Eidgenossenschaft der Schweiz die Grafschaft Sargans und damit
die Schirmherrschaft über die Abtei und ihr Gebiet. 1521 erscheint P., in dem
umfangreiche Fälschungen angefertigt werden, in der Reichsmatrikel. Bis zum
Ende des 18. Jh.s huldigte der Abt dem Reich und ließ sich seine Privilegien
bestätigen. 1798 verzichtete es auf seine Herrschaftsrechte, wurde 1803 zum
neuen Kanton Sankt Gallen geschlagen und 1838 aufgehoben.
L.: Reichsmatrikel 1521; Gmür, M., Urbare und Rödel des Klosters Pfäfers, 1910;
Simon, R., Rechtsgeschichte der Benediktinerabtei Pfäfers, Diss. jur. Bern
1918; Perret, F., Aus der Frühzeit der Abtei Pfäfers, 1958; Vogler, W., Das
Ringen um die Reform und Restauration der Fürstabtei Pfävers 1549-1637, 1972;
Die Abtei Pfäfers. Geschichte und Kultur, hg. v. Vogler, W., 2. A. 1985;
Vogler, W., Pfäfers, LexMA 6 1993, 1992; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 680, 1, 2, 445;
Marquardt, B., Die alte Eidgenossenschaft und das Heilige römische Reich, 2007,
316; Hüeblin, J., Archiv und Fälscherwerkstatt - Das Kloster Pfäfers, 2010.
Pfaffenhofen (Herrschaft). P. an der Roth (Rot) erscheint
am Ende des 12. Jahrhunderts als Teil einer kleinen, nach dem nahen Holzheim
benannten Grafschaft. 1303 verkaufte Graf Ulrich von Berg seine Grafschaft in
Holzheim an den Herzog von Österreich. Zu dessen neuer Grafschaft P. zählten
Leibi und das Rothtal (Rottal) von Kadeltshofen bis Attenhofen. Die Herrschaft
blieb bis 1805 bei Habsburg/Österreich, war aber unter Vorbehalt der
Landeshoheit vielfach verpfändet (1325-1370 Herren von Ellerbach, ab 1448
Ehinger). 1469 erhielt Hans Ehinger die Herrschaft von Herzog Sigmund zu eigen
und verkaufte sie 1495 an Bayern-Landshut. 1505 zog sie König Maximilian nach dem bayerischen Erbfolgekrieg als
Kriegsentschädigung ein, verkaufte sie aber 1507 an die Fugger, unter denen sie
1735 an die Fugger-Kirchberg-Weißenhorn (Fugger zu Kirchberg und Weißenhorn)
kam. Die Landeshoheit fiel 1805 an Bayern.
L.: Wolff 45; Hölzle, Beiwort 4, 45; Gaiser, H./Matzke/Rieber, Kleine
Kreisbeschreibung des Stadt- und Landkreises Neu-Ulm, 1959.
Pfalz (Pfalzgrafschaft bei Rhein, Kurfürstentum,
Regierungsbezirk, Landesteil). Die P. (Kurpfalz, Rheinpfalz, untere Pfalz)
entstand durch die Verlagerung der wohl spätestens im 10. Jahrhundert
entstandenen, fränkischen Pfalzgrafschaft Lothringen vom Niederrhein (Aachen,
Köln, mit Gütern bei Bacharach und Vogteirechten über Trier und Jülich) über
die Mosel zum Mittelrhein und Oberrhein. 1093 wird Heinrich von Laach, der
dritte Gatte der Witwe (Adelheid von Orlamünde) des letzten lothringischen
Pfalzgrafen aus dem Haus der Hezeliniden (Hermann), nach kaiserlicher
Übertragung des Pfalzgrafenamtes (1085) als comes palatinus Rheni
(Pfalzgrafschaft bei Rhein) erstmals genannt. Mit dieser an wechselnde Familien
gelangten Pfalzgrafschaft belehnte 1155/1156 Kaiser Friedrich I. Barbarossa
seinen Stiefbruder Konrad von Staufen und erhob ihn zum Reichsfürsten. Zur
Pfalzgrafschaft kamen Hausgut, Lehnsrechte und Vogteirechte über Speyer, Worms
und Lorsch sowie zunächst auch Trier. 1195 fiel die P. über Konrads Tochter
Agnes vorübergehend an die Welfen. 1214 übertrug sie König
Friedrich II. nach dem kinderlosen Tod des Welfen Heinrich des Jüngeren (1213)
an Ludwig I. von Bayern, dessen Sohn (Otto II.) über die welfische Erbtochter
Agnes auch die Eigengüter der Pfalzgrafen erwarb. (Pforzheim gelangte über eine
weitere Erbtochter an Baden.) Schwerpunkte des Gutes waren Bacharach (12./13.
Jahrhundert) und Alzey (1214 vom König
erhalten). Vom Bischof von Speyer nahm der Pfalzgraf Neustadt, vom Bischof von
Worms Heidelberg (1225) zu Lehen. Weiter erlangte er die Herrschaft über die
Klöster Schönau und Otterberg. Andere Güter wurden nach der Aufhebung Lorschs
(1232) 1247/1344 gewonnen. 1255 kamen durch Teilung Oberbayern (westliche Teile
mit München) und die P. an Herzog Ludwig von Bayern, während Niederbayern mit
Landshut an Heinrich XIII. fiel. 1266/1268 wurden die staufischen Güter um
Sulzbach, 1277/1289 Kaub mit dem dortigen Rheinzoll erworben. Ludwig II. war
somit angesehenster Reichsfürst und wirkte bereits 1257 als Kurfürst mit. 1329
bestimmte der wittelsbachische Hausvertrag von Pavia die Trennung der (unteren)
P. und der oberen P. im bayerischen Nordgau (Oberpfalz) zwischen Regensburg und
Fichtelgebirge, die der älteren pfälzischen Linie zugesprochen wurden, von
Bayern, das an die jüngere bayerische Hauptlinie kam, wobei die Kurwürde
zwischen P. und Bayern wechseln sollte, was die Goldene Bulle 1356 zugunsten
der P. aufhob. Unter Kurfürst Ruprecht I. gewann die Pfalz, die 1329 die
Pfandschaft der Stadt Mosbach (1330 Mosbach, Eberbach, Sinsheim, Neckargemünd,
Germersheim, Annweiler, Trifels) erlangt hatte, unter anderem 1349 Bretten,
1354 Simmern, 1375 Ingelheim, Kaiserslautern, Odernheim, Nierstein und
Oppenheim sowie 1385 die Grafschaft Zweibrücken mit Bergzabern, gab aber 1355
Teile der Oberpfalz für einige Zeit an Böhmen (Neuböhmen). 1386 wurde die
Universität Heidelberg gegründet. Ruprecht II. strebte in der sog.
Rupertinischen Konstitution die Unteilbarkeit der Pfalz an. Nach dem Tod des
1400 zum König gewählten Ruprecht III. (1410),
der die an Böhmen gegebenen Teile der Oberpfalz zurückgewann und die
Grafschaften Kirchberg am Hunsrück sowie (die Vordere Grafschaft) Sponheim (zu
einem Fünftel) und die Reichsvogtei im Elsass (1408) erlangte, wurde die P. in
die vier Linien Kurpfalz (Heidelberg, Amberg, Nabburg), Pfalz-Neumarkt
(restliche Oberpfalz), Pfalz-Simmern (bzw. Pfalz-Zweibrücken-Simmern) (bis
1685) mit der Nebenlinie Pfalz-Zweibrücken (bis 1731) und Pfalz-Mosbach
geteilt. Von diesen Linien starb die Linie Pfalz-Neumarkt (Oberpfalz) 1443 aus
und wurde von Pfalz-Mosbach und Pfalz-Simmern beerbt. 1499 erlosch die Linie
Pfalz-Mosbach und wurde von der Kurpfalz beerbt. Unter Friedrich I. (1449-1476)
wurde die Vormacht der P. am Oberrhein (Erwerb der Reichsgrafschaft Lützelstein
[1492] und Rappolstein, der Reichslandvogtei Hagenau, von Bischweiler, Selz,
Kleeburg und Gebieten an Nahe und Bergstraße [1462], der Grafschaft Löwenstein
[1461/1464]) begründet und die Kurpfalz modern organisiert. 1503 gingen im
bayerischen Erbfolgekrieg die Güter im Elsass an Habsburg, die Grafschaft
Löwenstein an Württemberg und Lauf, Hersbruck und Altdorf an Nürnberg verloren,
doch wurde die neue Linie Pfalz-Neuburg 1508 noch mit Gütern Bayern-Landshuts
ausgestattet. 1556 führte Otto Heinrich (Ottheinrich) die Reformation in seinem
sehr zersplitterten Herrschaftsgebiet ein. 1559 starb mit Ottheinrich von
Pfalz-Neuburg die alte Linie Kurpfalz aus und wurde (1556) in Pfalz-Neuburg von
Pfalz-Zweibrücken (Wolfgang) und in den Kurlanden von Pfalz-Simmern (Friedrich
III.) als mittlerer Kurlinie beerbt. Der neue Kurfürst führte dort sofort den
Calvinismus ein. Infolge der Wahl zum König des
aufständischen Böhmen (1619) verlor Friedrich V. Land und Kurwürde 1623 an
Herzog Maximilian von Bayern, wobei weitere Güter an Habsburg und
Hessen-Darmstadt kamen. Friedrichs Sohn erhielt 1648 die P. und eine neue achte
Kurwürde, während die Oberpfalz und die alte Kurwürde bei Bayern verblieben.
1685 erlosch die Linie Pfalz-Simmern. Ihr folgte die aus Pfalz-Zweibrücken
hervorgegangene katholische Linie Pfalz-Neuburg. Da auch König Ludwig XIV. von Frankreich für die Frau seines
Bruders, Liselotte von der P., Erbansprüche auf Simmern, Kaiserslautern,
Germersheim und Sponheim erhob, kam es zum pfälzischen Erbfolgekrieg
(1688/1697) und der Verwüstung der Pfalz (1697) durch Frankreich, das Straßburg
und Saarlouis behielt, Lothringen aber verlor. Pfalz-Neuburg vermochte sich -
mit Ausnahme Germersheims - zu behaupten. Vorübergehend wurden die alten
Kurrechte und die Oberpfalz zurückgewonnen. Zeitweise gehörte die P. dem Kanton
Odenwald des Ritterkreises Franken an. 1720 wurde die Residenz von Heidelberg
nach Mannheim verlegt und zwischen 1743 und 1748 eine Sommerresidenz in dem
1200 erlangten Schwetzingen eingerichtet. 1742 erlosch die Linie Pfalz-Neuburg.
Sie wurde von Karl Theodor aus der Linie Pfalz-Sulzbach beerbt, der durch
Tausch die Herrschaften Zwingenberg und Ebernburg erlangte und zur Finanzierung
seiner Hofhaltung die Industrie förderte. Wegen Udenheim gehörte unter ihm die
P. seit 1788 zum Kanton Oberrheinstrom des Ritterkreises Rhein. 1777 fiel ihm
Bayern an. Als Folge hiervon wurde der Hof von Mannheim 1778 nach München
verlegt. Der Versuch, Bayern gegen die habsburgischen Niederlande an Österreich
abzugeben, scheiterte 1778/1779 und 1784/1785 an dem Widerstand Preußens. Am
Ende seines Bestehens umfasste das niemals geschlossene, in bunter Gemengelage
mit anderen Herrschaften liegende, von Germersheim bis Bacharach und von
Kaiserslautern bis Mosbach reichende Gebiet der zum kurrheinischen Reichskreis
zählenden P. 8200 Quadratkilometer (bzw. 76 Quadratmeilen) mit rund 300000
Einwohnern. 1801 musste Maximilian I. Joseph aus der 1799 erbenden Linie
Pfalz-Zweibrücken-Birkenfeld die Abtretung der linksrheinischen, seit 1792
besetzten Gebiete an Frankreich (Departement Donnersberg) anerkennen. Das
rechtsrheinische Gebiet wurde 1803 an Baden, Hessen-Darmstadt, Nassau-Usingen
(Nassau) und Leiningen verteilt. 1815 kamen die linksrheinischen Teile von
Frankreich zurück und fielen 1816 weitgehend und um Gebiete Sickingens,
Nassaus, von der Leyens, Leiningens usw. erweitert als Ersatz für Salzburg,
Innviertel und Hausruckviertel an Bayern, im Übrigen an Hessen und Preußen. Der
bayerische Teil bildete zunächst die königlich
bayerischen Lande am Rhein, seit 1836 den bayerischen, von Speyer aus
verwalteten Regierungsbezirk P. (seit 1838 Rheinpfalz). Von Dezember 1918 bis
Juni 1930 war die Pfalz von Frankreich besetzt. (1919 bzw.) 1920 gelangten
Teile der Westpfalz (Homburg, Sankt Ingbert, Blieskastel, insgesamt 418 Quadratkilometer
mit 100000 Einwohnern) zum Saargebiet. Bereits 1940 wurde die P. aus der
Verwaltung Bayerns gelöst und kam nicht mehr zurück. 1945 gehörte die P. zur
französischen Besatzungszone und wurde 1946 wie Rheinhessen und Koblenz-Trier
Teil des Landes Rheinland-Pfalz, wobei sie bis 1968 eigener Regierungsbezirk
war (seit 1968 Rheinhessen-Pfalz).
L.: Wolff 88; Zeumer 552 I 5; Wallner 699 KurrheinRK 4; Großer Historischer
Weltatlas II 34 (1138-1254) F4, II 66 (1378) E4, III 22 (1648) D4, III 38
(1789) C3; Winkelmann-Holzapfel 158; Riedenauer 129; Neumaier 49f., 125, 127,
140; Haselier, G./Sante, G., Die Pfalz - Das Saarland, (in) Geschichte der
deutschen Länder, Bd. 1; Die Territorien des Reichs 5, 8; Tolner, C., Codex
diplomaticus palatinus, 1700; Widder, J., Versuch einer vollständigen
geographisch-historischen Beschreibung der kurfürstlichen Pfalz am Rheine,
1786ff.; Frey, M., Versuch einer geographisch-historisch-statistischen
Beschreibung des königlich baierischen
Rheinkreises, Bd. 1ff. 1836ff.; Häusser, L., Geschichte der rheinischen Pfalz,
Bd. 1f. 1845, 2. A. 1856, Neudruck 1970; Koch, A. u. a., Regesten der
Pfalzgrafen am Rhein, Bd. 1f. 1894ff.; Haberle, D., Pfälzische Bibliographie,
Bd. 1ff. 1907ff.; Schreibmüller, H., Bayern und Pfalz 1816-1916, 1916; Raumer,
K. v., Die Zerstörung der Pfalz 1689, 1930; Pfälzischer Geschichtsatlas, hg. v.
Winkler, W., 1935; Stamer, C., Kirchengeschichte der Pfalz, Bd. 1ff. 1936ff.;
Zimmermann, F., Die Weistümer und der Ausbau der Landeshoheit in der Kurpfalz,
1937; Gerstner, R., Die Geschichte der lothringischen und rheinischen
Pfalzgrafschaft von ihren Anfängen bis zur Ausbildung des Kurterritoriums
Pfalz, 1941; Christmann, E., Die Siedlungsnamen der Pfalz, Bd. 1ff. 1952ff.;
Schütze, C., Die territoriale Entwicklung der rheinischen Pfalz im 14. Jh.,
Diss. phil. Heidelberg 1955; Vogt, W., Untersuchungen zur Geschichte der Stadt
Kreuznach und der benachbarten Territorien im frühen und hohen Mittelalter,
1956; Böhm, G. F., Beiträge zur Territorialgeschichte des Landkreises Alzey,
1956; Weizsäcker, W., Pfälzische Weistümer, 1957ff.; Trautz, F., Die Pfalz am
Rhein in der deutschen Geschichte, 1959; Karst, T., Das kurpfälzische Oberamt
Neustadt an der Haardt, 1960; Schmidt, H., Die Kurpfalz unter den Kurfürsten
der Häuser Neuburg und Sulzbach 1665-1799, (in) Mannheimer Hefte 1962;
Hess-Gotthold, J., Hausmacht und Politik Friedrich Barbarossas im Raume des
heutigen Pfälzer Waldes, 1962; Pfalzatlas, hg. v. Alter, W., 1963ff. (u. a.
Schaab, M./Moraw, P., Territoriale Entwicklung der Kurpfalz von 1156-1792);
Cohn, H., The Government of the Rhine Palatinate in the 15th century, 1965;
Territorialverhältnisse der Gemeinden in Rheinland-Pfalz von 1789 bis zur
Bildung des Landes, Statistik von Rheinland-Pfalz 172 (1967); Haas, R., Die Pfalz
am Rhein, 1967, 2. A. 1968; Weiden, A. v. d., Erste Landesaufnahme in unserem
Landesgebiet und Veröffentlichung des danach gefertigten topographischen
Kartenwerks aus den Jahren 1804-1820, Nachrichtenblatt der Vermessungs- und
Katasterverwaltung Rheinland-Pfalz 12 (1969); Press, V., Calvinismus und
Territorialstaat. Regierung und Zentralbehörden der Kurpfalz 1559-1619, 1970;
Topographische Aufnahme pfälzischer Gebiete durch Offiziere des kgl.
bayerischen Generalstabes 1836-1837, hg. v. Landesvermessungsamt des
Saarlandes, 1973-197474; Spieß, K., Lehnsrecht, Lehnspolitik und
Lehnsverwaltung der Pfalzgrafschaft bei Rhein im Spätmittelalter, 1978; Spieß,
K., Das älteste Lehnsbuch der Pfalzgrafen bei Rhein vom Jahr 1401, 1981; Haas,
R./Probst, H., Die Pfalz am Rhein, 4. A. 1984; Moersch, K., Geschichte der
Pfalz, 1987; Schaab, M., Geschichte der Kurpfalz, Bd. 1f. (Mittelalter)
1988ff.; Hesse, W., Hier Wittelsbach, hier Pfalz. Die Geschichte der
pfälzischen Wittelsbacher von 1214 bis 1803, 1989; Handbuch der baden-württembergischen
Geschichte, hg. v. d. Komm.f. gesch. Landeskunde in Baden-Württemberg, Bd. 1ff.
1990ff.; Maier, F., Die baierische Unterpfalz, 1990; Heimann, H., Hausordnung
und Staatsbildung, 1993; Schaab, M., Pfalzgrafschaft bei Rhein, LexMA 6 1993,
2013; Kurpfalz, hg. v. Schweickert, A., 1997; Ausgewählte Urkunden zur
Territorialgeschichte der Kurpfalz 1156-1505, hg. v. Schaab, M., 1998;
Repertorium der Policeyordnungen der frühen Neuzeit, hg. v. Härter,
K./Stolleis, M., Bd. 3 1999; Die Pfalz im 20. Jahrhundert, hg. v.
Schwarzmüller, T. u. a., 1999; … so geht hervor’ ein neue Zeit, hg. v. Kohnle,
A. u. a, 2003; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W., 2003, 1, 440; Kohnle, A., Kleine Geschichte der Kurpfalz, 2005;
Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 497.
Pfalz-Birkenfeld (Pfalzgrafen, Fürstentum). 1569/1584
entstand durch Teilung von Pfalz-Zweibrücken die Linie P.
(Pfalz-Zweibrücken-Birkenfeld) mit dem zweibrückischen Anteil der Grafschaft
Sponheim um Birkenfeld im Nahetal. Sie zerfiel bald in zwei Zweige, deren
älterer 1671 erlosch. 1671 kam P. an Pfalz-Bischweiler, zu dem seit 1673 durch
Heirat auch die Grafschaft Rappoltstein im Elsass gehörte. Nach dem Anfall
Zweibrückens 1731/1733 nannte sich die Linie Pfalz-Zweibrücken-Birkenfeld. Aus
ihr stammte Maximilian I. Joseph, der 1799 unter Beerbung von Pfalz-Sulzbach
Kurfürst und 1806 König von Bayern wurde.
L.: Häusser, L., Geschichte der rheinischen Pfalz, Bd. 1f., 2. A. 1856,
Neudruck 1970; Wild, K., Die Pfalz-Birkenfelder Linie des Hauses Wittelsbach,
(in) Heimatkalender des Landkreises Birkenfeld, 1966; Haas, R./Probst, H., Die
Pfalz am Rhein, 4. A. 1984.
Pfalz-Neuburg (Fürstentum, Herzogtum). Neuburg an der
Donau wird 680 erstmals genannt. Es war Herzogssitz der bayerischen
Agilolfinger, von 739/742 bis 801/807 auch Bischofssitz. Bei der Absetzung der
Agilolfinger (788) wurde es Königsgut. 1247 fiel
es an die Herzöge von Bayern, 1392 an die Linie Bayern-Ingolstadt, 1445 an
Bayern-Landshut. Als Folge des Landshuter Erbfolgekrieges wurde 1505/1509 aus
Gütern Bayern-Landshuts sowie Bayern-Münchens das Fürstentum P. mit Residenz in
Neuburg und Gütern um Neuburg, Höchstädt, Sulzbach, Weiden und Burglengenfeld
(Lengenfeld) gebildet. 1542/1552 wurde die Reformation eingeführt. 1556 kam es
im Zusammenhang mit dem Erlöschen der alten Linie Kurpfalz, bei dem die Pfalz
1559 an Pfalz-Simmern gelangte, an Pfalz-Zweibrücken. 1569 entstand durch
Teilung von Pfalz-Zweibrücken neben Pfalz-Zweibrücken und Pfalz-Birkenfeld die
jüngere Linie P., von der sich zwei unselbständige Teilfürstentümer um
Hilpoltstein und Sulzbach sowie um Floss, Vohenstrauß und Parkstein-Weiden
abspalteten, die aber schon 1604 bzw. 1597 zurückfielen. 1614 erhielt P. nach
Beendigung des jülich-klevischen Erbfolgestreites infolge der Heirat Philipp
Ludwigs († 1614) mit Anna von Jülich-Kleve Berg und Jülich sowie 1670
Ravenstein und errichtete die Residenz in Düsseldorf (bis 1716). P. kam an den
Sohn Wolfgang Wilhelm, der sein Land rekatholisierte, Teile davon als
Pfalz-Sulzbach an Pfalzgraf August und Hilpoltstein an Pfalzgraf Johann
Friedrich (1644 an P. zurück). 1685 wurde P. nach dem Aussterben der mittleren
pfälzischen Kurlinie (Pfalz-Simmern) neue Kurlinie der Pfalz. 1742 wurde P.,
das seit etwa 1700 als Herzogtum bezeichnet wurde, bei seinem Aussterben von
Pfalz-Sulzbach beerbt. 1803 erhielt P. innerhalb Bayerns eine eigene
Provinzialregierung und wurde seit 1805 Provinz Neuburg genannt. 1808 kam es
zum neugeschaffenen Altmühlkreis. Das insgesamt zum bayerischen Reichskreis
zählende Fürstentum P. war in vier Teile getrennt: der größte Teil lag nördlich
Regensburgs zwischen dem Herzogtum Bayern, dem Hochstift Regensburg und der
Oberpfalz, der zweite Teil erstreckte sich zu beiden Seiten der Donau bei der
Stadt Neuburg, der dritte Teil befand sich auf dem linken Donauufer zwischen
der Markgrafschaft Burgau, dem Fürstentum Oettingen und dem Ulmer Gebiet, und
der vierte Teil lag zwischen der Oberpfalz und dem Fürstentum Ansbach. Das
Fürstentum enthielt die Pflegämter Neuburg, Monheim, Lauingen, Gundelfingen,
Heideck, Hilpoltstein, Allersberg, Hemau, Beratzhausen, Laaber und Lupburg
(Luppurg), Regenstauf, Kallmünz die Landrichterämter Graisbach und
Burglengenfeld, die Landvogteiämter Höchstädt und Neuburg (letzteres mit den
Pflegämtern Rennertshofen [Rennerzhofen], Reichertshofen, Velburg und
Schwandorf) und das Pfleggericht Burgheim.
L.: Wolff 140f.; Zeumer 553 II b 5; Wallner 712 BayRK 4; Großer Historischer
Weltatlas III 22 (1648) E4; III 38 (1789) D3; Die Territorien des Reichs 1, 44;
Häusser, L., Geschichte der rheinischen Pfalz, Bd. 1f. 2. A. 1856, Neudruck
1970; Schröder, A., Die Herrschaftsgebiete im heutigen Regierungsbezirk
Schwaben und Neuburg nach dem Stand von Mitte 1801, Z. hist. Ver. Schwaben und
Neuburg 32 (1906); Neuburg, die junge Pfalz und ihre Fürsten, hg. v. Heider,
J., 1955; Scherl, A., Die pfalzneuburgische Landesaufnahme unter Philipp
Ludwig. Zum 350. Todestag des Kartographen Christoph Vogel, Archivalische Zs.
56 (1960); Heider, F., Landvogteiamt und Landgericht Neuburg a. d. Donau. Seine
Hofmarken, gefreiten Sitze und Dorfgerichte, mit bes. Berücksichtigung von
Strass, Burgheim und Oggermühle, Neuburger Kollektaneenblatt 113 (1960); Press,
V., Fürstentum und Fürstenhaus Pfalz-Neuburg, (in) Gustl Lang, Leben für die
Heimat, hg. v. Ackermann, K. u. a., 1989; Handbuch der bayerischen Geschichte,
hg. v. Spindler, M., Bd. 3, 3 Geschichte der Oberpfalz und des bayerischen
Reichskreises, 3.A. 1995; Repertorium der Policeyordnungen der frühen Neuzeit,
hg. v. Härter, K./Stolleis, M., Bd. 3 1999; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 859.
Pfalz-Neumarkt (Fürstentum), Pfalz-Oberpfalz. Nach dem
Tod König Ruprechts von der Pfalz am 18. 5. 1410
erhielt sein zweitältester ihn überlebender Sohn Johann den größten Teil der
Oberpfalz und begründete die Linie P. mit Sitz in Neumarkt. Sie wurde 1443 von
Pfalz-Mosbach und Pfalz-Simmern (Pfalz-Zweibrücken), das seinen Anteil für
90000 Gulden an Pfalz-Mosbach verkaufte, beerbt. P. wurde später zum
bayerischen Reichskreis gerechnet.
L.: Bosl, K., Das kurpfälzische Territorium „Obere Pfalz“, Zs.f. bay. LG. 26
(1963).
Pfalz-Zweibrücken (Pfalzgrafen, Fürsten, Herzogtum). Das Fürstentum
Zweibrücken, das zu zwei Dritteln aus Stücken der alten Grafschaft Veldenz
(Oberämter Lichtenberg und Meisenheim) und im Übrigen aus der ehemaligen
Grafschaft Zweibrücken (Oberämter Zweibrücken und Neukastel [Neukastell] oder
Bergzabern) entstanden war, fiel mit dem Aussterben der Grafen von Zweibrücken
1390 an die Pfalz. 1410 entstand durch Teilung der Pfalz das Fürstentum
Pfalz-Simmern (Pfalz-Simmern-Zweibrücken) mit Simmern, der Grafschaft
Zweibrücken (Bergzabern, Bischweiler, Guttenberg, Hagenbach, Selz), Veldenz und
Teilen der Grafschaft Sponheim. 1453/1459 spaltete sich von Pfalz-Simmern P.
mit Zweibrücken und Veldenz ab. Seit 1477 war die Residenz in Zweibrücken. 1543
wurde Pfalz-Veldenz durch Abtretung verselbständigt, 1556 kam in Zusammenhang
mit dem Aussterben der älteren, in der Pfalz (Kurpfalz) herrschenden Linie
Pfalz-Neuburg dagegen Pfalz-Neuburg hinzu. 1569 teilte sich P. in P.,
Pfalz-Neuburg (jüngere Linie) und Pfalz-Birkenfeld (Grafschaft Sponheim). 1611
wurde P. in drei Linien geteilt (Zweibrücken, Moschellandsburg
[Moschellandsberg], Kleeburg). 1681/1697 fiel das zum oberrheinischen
Reichskreis zählende P. an die seit 1654 in Schweden regierende Linie Kleeburg
(Karl X., Karl XI., Karl XII.). Von 1714 bis 1718 wurde P. von Karl XII. von
Schweden Stanislaus Leszczynski, dem vertriebenen König
von Polen, überlassen.1734 fiel P. als Erbe an Pfalz-Birkenfeld. Seitdem nannte
sich diese Linie Pfalz-Zweibrücken-Birkenfeld. 1793/1801 kam P. mit 36
Quadratmeilen und rund 60000 Einwohnern unter die Herrschaft Frankreichs. 1799
erbte Pfalz-Birkenfeld die Pfalz mit Bayern. 1816 gelangte das Gebiet
Pfalz-Birkenfelds an Bayern, 1919 und 1945/1946 teilweise (ohne Stadt
Zweibrücken) zum Saargebiet und im Übrigen 1946 zu Rheinland-Pfalz.
L.: Wolff 247; Zeumer 553 II b 7; Wallner 695 OberrheinRK 3; Großer
Historischer Weltatlas III 38 (1789) B3; Die Territorien des Reichs 6, 170;
Lehmann, J., Vollständige Geschichte des Herzogtums Zweibrücken, 1867;
Fabricius, W., Das pfälzische Oberamt Simmern, Mitt. d. hist. Ver. Pfalz 28
(1909); Fabricius, W., Das Oberamt Meisenheim in seiner Entwicklung unter den
Grafen von Veldenz und den Pfalzgrafen von Zweibrücken, Mitt. d. hist. Ver.
Pfalz 36 (1916); Baumann, K., Das Herzogtum Pfalz-Zweibrücken. Umrisse einer Landesgeschichte,
Saarheimat 1960, 10/11; Lillig, K., Rechtssetzung im Herzogtum
Pfalz-Zweibrücken während des 18. Jahrhunderts, 1985; Rose, M., Das
Gerichtswesen, 1994; Repertorium der Policeyordnungen der frühen Neuzeit, hg.
v. Härter, K./Stolleis, M., Bd. 3 1999; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 868
(Pfalz-[Simmern]-Zweibrücken).
Pfeddersheim (Reichsstadt). P. bei Worms wird
erstmals 754 erwähnt, doch war das Gebiet schon in römischer Zeit bewohnt. Nach
dem König hatten das Bistum Metz, die Abtei
Gorze und die Herren von Bolanden und Hohenfels Rechte an dem schon früh
befestigten Dorf. Um 1304 erhob es König
Albrecht von Österreich zur Reichsstadt und stattete es mit dem Recht
Oppenheims aus. Wenig später wurde es an die Herren von Falkenstein, dann an
den Erzbischof von Mainz und seit 1465 an die Pfalz verpfändet, an die es 1648
gänzlich fiel. Über Hessen-Darmstadt kam es 1946 an Rheinland-Pfalz.
L.: Wolff 90; 1200 Jahre Pfeddersheim, 1954; Escher, M. u. a., Die urbanen
Zentren, 2005, 2, 487.
Pforzheim (Damenstift). P. geht auf eine am
Zusammenfluss von Nagold und Enz gelegene römische Siedlung (portus) zurück.
Über (den König?,) die Staufer und die Welfen
kam es an Baden. In P. wurde 1460 ein Kollegiatstift errichtet. Das Damenstift
zu P. war um 1790 wegen Bockschaft Mitglied des Kantons Kraichgau des
Ritterkreises Schwaben.
L.: Winkelmann-Holzapfel 158.
Pfullingen (Reichsdorf?). Das auf älterem
Siedlungsboden gelegene P. an der Echaz wird im 10. Jahrhundert erstmals
erwähnt und war vermutlich Sitz der Grafen des Pfullichgaus. Am 17. 1. 1303
erteilte König Albrecht dem Kloster Zwiefalten
das Recht, den Reichsvogt zu P. abzusetzen. Im 14./15. Jahrhundert kam P. u. a.
von den Remp von P. an Württemberg (1330/1487) und damit 1951/1952 an
Baden-Württemberg.
L.: Dacheröden 185; Wolff 161; Hugo 476; Kuppinger, K., Pfullingen und
Umgebung, 1909; Kinkelin, W., Das Pfullinger Heimatbuch, (2. A.) 1956.
Piasten (Geschlecht, Sammelbezeichnung des
späten 16. Jahrhunderts?). P. sind die sich selbst auf den Bauern Piast aus
Kruschwitz (um 850?) zurückführenden, geschichtlich mit dem 966/967
christianisierten Mieszko (Miezsko) († 992) nachweisbaren,
polnisch-masowisch-schlesischen, durch zahlreiche Heiraten mit vielen deutschen
Häusern verschwägerten Fürsten, die vermutlich in der ersten Hälfte des 10.
Jh.s im Hochland um Gnesen einen Herrschaftskern ausbilden und bis zum Ende des
10. Jh.s verfestigen. Von ihnen dehnte Mieszkos (Miezskos) Sohn Boleslaw I.
Chrobry († 1025) seine Herrschaft von Kiew bis zur Mark Meißen aus. 1137/1138
wurde nach dem Tod Boleslaws III. das Reich in Schlesien, Masowien-Kujawien,
Großpolen und Kleinpolen aufgeteilt. Die polnische, seit 1320 königliche Linie starb 1370 aus und wurde infolge der
Heirat der Großnichte Hedwig des letzten Königs
mit Jagiello von Litauen von den Jagiellonen beerbt. Die herzogliche Linie in
Masowien erlosch 1526. Die schlesische Linie, die anfangs ihre Herschaft nur
durch die Hilfe Kaiser Friedrichs I. Barbarossa sichern konnte, teilte sich in
eine niederschlesische (Niederschlesien) und eine oberschlesische Linie
(Oberschlesien). Die niederschlesischen P. spalteten sich 1248/1252 in die
Linien Glogau (bis 1476/1504) mit Nebenlinien zu Oels und Sagan, Breslau (bis
1290) und Liegnitz (bis 1675) mit Nebenlinien zu Schweidnitz-Jauer,
Münsterberg, Brieg und Wohlau. Die oberschlesische Linie schied sich 1281 in
die Linien Oppeln (bis 1532), Beuthen und Cosel (bis 1355), Ratibor (bis 1336),
Auschwitz (bis vor 1521) und Teschen (bis 1625).
L.: Wutke, K., Stamm- und Übersichtstafeln der schlesischen Piasten, 1911;
Jasinski, K., Rodowód Piastów slaskich, Bd. 1ff. 1973ff.; Jasinski, K., Rodowód
pierwszych Piastów, 1992; Strelczyk, J., Piasten, LexMA 6 1993, 2125; Höfe und
Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W. u. a., 2003,
1, 1, 172; Kara, M., (Der älteste Staat der Piasten), 2009; Mühle, E., Die
Piasten, 2011.
Piemont (Fürstentum). Das Gebiet der westlichen
Poebene und der Westalpen kam unter Kaiser Augustus zum römischen Reich
(Transpadana, Liguria). Nach der Herrschaft der Ostgoten, Byzantiner,
Langobarden und Franken (ab 773/774) fiel es, im 10. Jahrhundert in die Marken
von Ivrea, Turin und Ligurien gegliedert, um 1046 durch Heirat mit der Erbtochter
der Markgrafschaft Turin an die Grafen (ab 1416 Herzöge) von Savoyen, unter
denen es ein Fürstentum bildete. Der Name P. (mlat. Pedemontium, Bergfuß) ist
für einen Teil (Gebiet zwischen Alpen, Po und Sangone) des heutigen P.
(Savoyen-Achaia, Montferrat, Saluzzo, Canavese, Alba, Asti, Acqui, Mortara,
Novara, Vercelli) seit 1240 belegt. Zur Herrschaft der Grafen von Savoyen,
neben denen vor allem die Markgrafen von Saluzzo, die Markgrafen von Montferrat
und Mailand (Visconti) begütert waren, gehörten die Alpenpässe, das Waadtland
(Moudon 1207, Nyon 1293), Cuneo (1382), die Grafschaft Nizza (1388), die
Grafschaft Genf (1401) und seit 1418 das übrige P. sowie bald darauf Vercelli.
1526 ging Genf, 1536 das Waadtland verloren. Außerdem wurde das Herzogtum bis 1559
von Frankreich besetzt. 1587 konnte die Markgrafschaft Saluzzo, 1630/1631 ein
Teil des Herzogtums Montferrat gewonnen werden. 1713/1714 erlangte Savoyen
Sizilien, das es 1717/1719/1720 gegen Sardinien an Österreich geben musste.
Seitdem hieß P. Königreich Sardinien. Von
1797/1801 bis 1814 gehörte P. zu Frankreich. 1815 wurde das Königreich Sardinien mit P. wiederhergestellt. In der
Folge wurde es zum Kristallisationskern des 1861 entstandenen neuen Königreiches Italien.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 78/79 a (1450) F4/5, III 12 (16./17. Jh.)
B2/3; Gribaudi, D., Piemonte e Val d’Aosta, 1960; Storia del Piemonte, hg. v.
Gribaudi, D. u. a., Bd. 1ff. 1960; Zürcher, R., Piemont und das Aosta-Tal,
1976; Beltrutti, G., Storia del Piemonte, 1976; Tabacco, G., Piemonte
medievale, 1985 (Aufsatzsammlung); Nada Patrone, A., Il medioevo in Piemonte,
1986; Il Piemonte e la sua storia, hg. v. Bordone, R. u. a., 1991 (Katalog);
Provero, L., Dai marchesi del Vasto ai primi marchesi di Saluzzo, 1992; Sergi,
G., Piemont, LexMA 6 1993, 2134.
Pinneberg (Herrschaft, Grafschaft). Das erstmals
1351 genannte P. an der Pinnau zwischen Hamburg und Itzehoe war Sitz der
Herrschaft P. 1304 kam sie bei der Landesteilung der Grafen von Holstein an die
Linie Schauenburg (Schaumburg), die auch die Stammgrafschaft (Schaumburg) an
der Weser innehatte. Die Linie Schauenburg (Schaumburg) behauptete die
Herrschaft über das Aussterben der Grafen in Holstein (1459) hinaus und
verlegte die Residenz 1568 von Wedel nach P. Bei ihrem Aussterben 1640 kam P.
an die Landesherren von Holstein, König
Christian IV. von Dänemark und Herzog Friedrich III. von Gottorp (Gottorf).
1649 verkaufte der Herzog von Gottorp (Gottorf) das zu P. zählende Amt
Barmstedt an den königlichen Statthalter
Christian Rantzau. 1650 wurde das Amt zur Reichsgrafschaft Rantzau erhoben.
1726 zog Dänemark die Reichsgrafschaft ein und vereinigte deren Gebiet wieder
mit dem Herzogtum Holstein. Über Preußen (1866) kam P. 1946 an
Schleswig-Holstein.
L.: Wolff 446; Ehlers, W., Geschichte und Volkskunde des Kreises Pinneberg,
1922; Ehlers, W., Die Geschichte der Stadt Pinneberg, 1925; Petersen, L., Über
die Verfassung und Verwaltung der Grafschaft Pinneberg, ZSHG 72 (1944), 201ff.,
73 (1949), 141ff.; Risch, H., Die Grafschaft Holstein-Pinneberg, 1986.
Pisa (Stadtkommune, Stadtstaat). Das aus
einer (ligurischen?) vielleicht schon griechischen, im Übrigen etruskischen
Siedlung hervorgegangene P. am Arno kam 180 v. Chr. an Rom. Seit dem 4.
Jahrhundert war es Sitz eines Bischofs (1092 Erzbischofs). Durch
Sarazenenanfälle veranlasst, begann es den Aufbau einer bedeutenden Flotte, mit
deren Hilfe im 11. Jahrhundert Sardinien und Korsika erobert werden konnten. Im
12. Jahrhundert wurde P. (1155 etwa 50000 Einwohner, 1156-1160 Constitutum usus,
1165-1167 Constitutum legis) freie Kommune (1080/1085 erstmals Konsuln). Nach
der Niederlage von Meliora (1284) ging (1299) Korsika an Genua und wenig später
(1323/1326) Sardinien an die Könige von Aragon
(Aragonien) verloren. 1399 unterstellte sich P. den Visconti (Mailand). 1406
fiel P. an Florenz, unter dessen Herrschaft es mit Ausnahme der Jahre 1494 bis
1509 verblieb, bis es an das neue Königreich
Italien (1861) kam.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 48 (1300) D3; Borchardt, R., Pisa, 1938;
Benvenuti, G., Storia della repubblica di Pisa, Bd. 1f. 2. A. 1962; Sardo, R., Cronaca
di Pisa, 1963; Masetti, A. R., Pisa. Storia urbana, 1964; Guerra, G. del, Pisa
attraverso i secoli, 1967; Benvenuti, G., Storia della repubblica di Pisa,
1968; Bragadin, M., Le repubbliche marinare, 1974; Banti, G., Breve storia di
Pisa, 1989; Garzella, G., Pisa com’era, 1990; Redi, F., Pisa com’era, 1991;
Tolaini, E., Pisa, 1992; Luzzati, M., Pisa, LexMA 6 1993, 2177; Storti Storchi,
C., Intorno ai costituti pisani delle legge e dell’uso, 1998; Ceccarelli Lemut,
M. u. a., I vescovi di Pisa, Rivista di storia della chiesa in Italia 58
(2004), 3; Mitterauer, M./Morrissey, J., Pisa, 2007.
Pleißen bzw. Pleißenland (Gau zwischen Weißer
Elster bzw. weißer Elster und Mulde, Reichsland). Aus älterem Reichsgut um die
Reichsburg Altenburg und neu erworbenen Gütern an der Mulde (Leisnig, Colditz,
Laußig [Lausick]) bildete Kaiser Friedrich I. Barbarossa um 1158 ein Reichsland
(terra Plisnensis) zur Stützung des Reiches im Osten, das von Reichsministerialen
unter einem Landrichter verwaltet wurde. 1195 wurde ihm vorübergehend die als
erledigtes Reichslehen eingezogene Mark Meißen zugeschlagen. Nach 1198
verselbständigten sich verschiedene kleine Herrschaften. Versuche Kaiser
Friedrichs II. und später König Rudolfs von
Habsburg, das Reichsland zu reorganisieren, scheiterten. Seit der Mitte des 13.
Jahrhunderts hatten die Markgrafen von Meißen aus dem Hause Wettin Pfandrechte
am Reichsland P. (1243 Verpfändung für die Mitgift der mit Heinrich von Meißen
vermählten Tochter Friedrichs II., 1252). Im 14. Jahrhundert gliederten sie es
größtenteils (Altenburg, Chemnitz, Zwickau) ihrer Herrschaft ein (Belehnung
1310, endgültiger Übergang 1372/1373). Eigene Herrschaftsgebiete schufen sich
die Herren von Schönburg und einzelne Linien der Vögte von Weida (Reuß). Damit
endete das Reichsland P. S. Schönburg, Reuß, Sachsen, Thüringen.
L.: Curs, O., Deutschlands Gaue im zehnten Jahrhundert, 1908, 17 (Plisina,
Plisni, Gau zwischen Elster und Mulde, Zehma, Boderitz bzw. Böderitz, Drescha,
Großröda, Gödissa, Altenburg); Kötzschke, R./Kretzschmar, H., Sächsische
Geschichte, Bd. 1 1935; Schlesinger, W., Egerland, Vogtland, Pleißenland, (in)
Forschungen zur Geschichte Böhmens und Sachsens, hg. v. Kötzschke, R., 1937;
Bosl, K., Die Reichsministerialität der Salier und Staufer, Bd. 1f. 1950f.;
Schlesinger, W., Die Landesherrschaft der Herren von Schönburg, 1954; Hessler,
W., Mitteldeutsche Gaue des frühen und hohen Mittelalters, 1957, Plisni
(Altenburg, Altkirchen, Boderitz, Drescha, Gödissa, Kauritz, Leesen, Monstab,
Nobitz, Großröda, Schmölln, Zehma); Polenz, P. v., Landschafts- und
Bezirksnamen im frühmittelalterlichen Deutschland, 1961, II, 50; Rübsamen, D.,
Kleine Herrschaftsträger im Pleißenland, 1987; Blaschke, K., Geschichte
Sachsens im Mittelalter, 1990; Blaschke, K., Pleißenland, LexMA 7 1994, 18;
Billig, G., Pleißenland – Vogtland, 2002.
Plön (Herrschaft, Grafschaft, Herzogtum,
Residenz des Grafen von Holstein-Schauenburg bzw. Holstein-Plön). An der Stelle
einer 1139 durch Heinrich von Badwide zerstörten wendischen Burg erbaute Graf
Adolf II. von Schauenburg (Schaumburg) seit 1156/1158 die Burg P. (Plune
„eisfreies Wasser“) am Plöner See südöstlich Kiels. Von 1290 bis 1390 war P.
Sitz einer Nebenlinie der Grafen von Schauenburg (Schaumburg). 1460 kam P. beim
Aussterben der Schauenburger (Schaumburger) an Dänemark und 1564 von König Friedrich II. von Dänemark an Johann den
Jüngeren. 1623 wurde es bei der Teilung Holstein-Sonderburgs (Schleswig-Holstein-Sonderburgs)
Sitz der Linie Holstein-Sonderburg-Plön (Schleswig-Holstein-Plön) und gelangte
bei deren Aussterben 1761 an Dänemark zurück. 1864/1866 fiel Holstein an
Preußen, 1946 an Schleswig-Holstein. S. Holstein-Sonderburg-Plön.
L.: Wolff 445; Hanssen, P., Kurzgefasste zuverlässige Nachricht von den
Holstein-Plönischen Landen, 1759; Kinder, J., Urkundenbuch zur Chronik der
Stadt Plön, 1890; Klüver, W., Plön. Grundzüge und Hauptdaten einer
Stadtgeschichte, 2. A. 1964; Neumann, J., Das Herzogtum Plön unter Herzog
Johann Adolf 1671-1704, (in) ZSHG 93 (1968), 49ff., 94 (1969), 121ff.; Schulze,
T., Die Herzogszeit in Plön 1564-1761, 1983; Freytag, H., Die Lage der
slawischen und frühen deutschen Burg Plön, ZSHG 110 (1985), 27ff.; Plön: 1000 Jahre
Plön, 750 Jahre lübisches Stadtrecht, hg. v. d. Stadt Plön, 1986; Stender, F.,
Geschichte der Stadt Plön, 1986; Willert, H., Anfänge und frühe Entwicklung der
Städte Kiel, Oldesloe und Plön, 1990; Gabriel, I., Plön, LexMA 7 1994, 23; Höfe
und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1,
2, 456; Die Fürsten des Landes. Herzöge und Grafen von Schleswig, Holstein und
Lauenburg, hg. v. Rasmussen, C. u. a., 2008.
Pöchlarn (Herrschaft). Um 15 v. Chr. legten die
Römer an der Einmündung der Erlauf in die Donau einen Hafen sowie ein Lager an.
832 gab König Ludwig der Deutsche das Gebiet
(antiquitus Herilungoburc) an das Hochstift Regensburg. Um 920 hatte dort ein
bayerischer Grenzgraf im Dienste der Ungarn seinen Sitz (Rüdiger von
Bichelaren), doch kam das Gut nach 955 an Regensburg zurück. 1803 wurde P. in
Österreich säkularisiert. S. Regensburg (Hochstift).
L.: Wolff 26, 142; Eheim, F., Heimatbuch der Stadt Pöchlarn, 1967.
Polen (Königreich,
Republik). Um 960 erscheint im von den namengebenden Polanen (zu pole, Feld,
Acker) besiedelten Gebiet zwischen Karpaten und Ostsee an der mittleren
Weichsel und Warthe Herzog Miezsko aus dem Hause der Piasten, der 966 Christ
wurde. Sein Sohn (König) Boleslaw I. Chrobry
(992-1025) dehnte das Reich erheblich aus (Mähren, Lausitz, Gebiet am oberen
Bug und San). Im Jahre 1000 erhielt es mit Gnesen ein eigenes Erzbistum mit den
Suffraganbistümern Breslau, Kolberg, Krakau und Posen. Nach Gebietsverlusten
von 1032/1034 bildeten die Landschaften Großpolen (ab 1239 dux Poloniae
maioris), Masowien, Schlesien, Kleinpolen und Pommern den verbliebenen
Herrschaftsbereich. 1163 wurde Schlesien von P. abgetrennt, 1181 Pommern dem
Deutschen Reich eingegliedert. 1225/1226 kam auf Bitten des Teilfürsten Herzog
Konrads von Masowien der Deutsche Orden ins Land und gewann das Culmer Land
(Kulmer Land, Kulmerland). 1249 fiel Lebus an Brandenburg. 1295 und 1320 ließ
sich der Herzog zum König krönen (Großpolen,
Kleinpolen und einige mittelpolnische Gebiete). König
Kasimir III. (1333-1370) verzichtete zugunsten des Deutschen Ordens auf
Pommerellen (Pomerellen) sowie auf Schlesien (1348), schuf ein allgemeines
polnisches Landrecht und gründete 1364 die Universität Krakau. Nach seinem Tod
gelangten zunächst sein Neffe und dann 1386 infolge Heirat der Erbtochter
(Hedwig) das litauische Haus der Jagiellonen, das außer Litauen auch
Weißrussland und die Ukraine beherrschte, auf den Thron. 1466 musste der
Deutsche Orden die Oberlehnshoheit Polens über Ostpreußen anerkennen und verlor
Pomerellen, das Culmer Land (Kulmer Land, Kulmerland) und Ermland. 1561 kam
Livland an P. Kurland wurde ein Lehen Polens. 1572 starben die Jagiellonen aus.
1629 verlor P. Livland an Schweden, 1657/1670 die Lehnshoheit über Ostpreußen
an Brandenburg, 1654 die Ukraine an Russland. 1697 wurde der dafür zum
Katholizismus übertretende Kurfürst von Sachsen durch Wahl König von Polen. 1763 endete die damit geschaffene
Verbindung aber wieder. 1772, 1793 und 1795 wurde P., dessen Adel gegen den von
Katharina II. von Russland protegierten neuen König
Stanislaus Poniatowski seit 1768 rebellierte, zwischen Russland, Preußen und
Österreich aufgeteilt. In der ersten Teilung (1772) erhielt Österreich
Ostgalizien und Lodomerien und behielt die 1769 besetzte Zips (85000
Quadratkilometer mit mehr als 2000000 Einwohnern). Preußen erlangte Westpreußen
(ohne Danzig und Thorn) sowie Ermland und den Netzedistrikt (35000
Quadratkilometer mit etwa 350000 Einwohnern). Russland gewann das polnische
Livland und Teile von Weißrussland, Polozk, Minsk, Witebsk und Mstislaw (84000
Quadratkilometer mit 1300000 Einwohnern). Dadurch verringerte sich das Gebiet
und die Einwohnerzahl um 30%. In der zweiten Teilung (1793) erhielt Russland
die restlichen Teile Litauens, die Ukraine, die Hälfte von Wolhynien, Podolien,
Nowogrodek (Nowgrodek) und Brest-Litowsk (Brzesk) sowie die noch polnischen
Gebiete von Polozk und Minsk (228000 Quadratkilometer). Preußen erlangte
Danzig, Thorn, Posen, Kalisch, Gnesen, Lodz (Lodsch), Dobrin (Dobrzyn), Tschenstochau
(Czenstochau), einen Teil von Rawa und die Hälfte von Brześć Kujawski
(Brzesk) (58000 Quadratkilometer, 1130000 Einwohner, „Südpreußen“). Dadurch
wurde Polen auf 240000 Quadratkilometer mit 3400000 Einwohnern beschränkt. Bei
der dritten Teilung (1795)kamen das restliche polnische Litauen, der Großteil
von Samogitien, das übrige Schwarzrussland, Podlesien und Wolhynien, ein Stück
von Cholm, Kurland und Semgallen an Rußland (146000 Quadratkilometer),
Sandomir, Lublin, Radom, Teile von Brest-Litowsk (Brzesk), Podlachien und
Masowien an Österreich (51000 Quadratkilometer mit 1000000 Einwohnern) sowie
Teile Masowiens mit Warschau, das Gebiet zwischen Weichsel, Bug und Memel
(Njemen) (Neuostpreußen) sowie ein Teil Krakaus (Neuschlesien) an Preußen
(43000 Quadratkilometer mit 1000000 Einwohnern). 1807 wurde durch Napoleon aus
preußischen Gebieten das Herzogtum Warschau geschaffen, das 1815 in veränderter
Gestalt als Kongresspolen mit Russland in Personalunion vereinigt wurde. Am 11.
11. 1918 wurde die Republik P. gegründet, die 1919 den größten Teil
Westpreußens erhielt. 1939 wurde Polen zwischen dem Deutschen Reich und der
Sowjetunion aufgeteilt, 1945/1990 aber, unter zugunsten der Sowjetunion
erfolgender Verlagerung nach Westen bis zur Oder-Neiße-Grenze, wiederhergestellt.
S. Brandenburg, Breslau, Cammin, Danzig, Deutscher Orden, Ermland, Galizien,
Gnesen, Kulm, Kurland, Lausitz, Lebus, Memelgebiet, Pommerellen (Pomerellen),
Pommern, Posen, Preußen, Schlesien, Teschen.
L.: Beer, A., Die erste Teilung Polens, 1873; Lord, H., The Second Partition of
Poland, 1916; Rhode, G., Geschichte Polens, 3. A. 1980; Hoensch, J., Geschichte
Polens, 1983; Boockmann, H., Deutsche Geschichte im Osten Europas. Ostpreußen
und Westpreußen, 1992; Jasinski, K., Rodowód pierwszych Piastów, 1992; Labuda,
G., Mieszko II król polski 1025-34, 1992; Atlas historyczny miast Polskich, hg.
v. Czacharowski, A., 1993; Gieysztor, A., Polen, LexMA 7 1994, 52; Zernack, K.,
Polen und Russland, 1994; Urban, T., Deutsche in Polen, 4. A. 2000; Bömelburg,
H., Zwischen polnischer Ständegesellschaft und preußischem Obrigkeitsstaat,
1995; Normdurchsetzung in osteuropäischen Nachkriegsgesellschaften, Bd. 3 1997;
Kempen, B., Die deutsch-polnische Grenze, 1997; Urban, T., Von Krakau bis
Danzig, 2000; Davies, N., Im Herzen Europas, 2000; Deutsch-polnische
Beziehungen in Geschichte und Gegenwart, hg. v. Lawaty, A. u. a., Bd. 1f. 2000;
Borodhiej, W., Der Warschauer Aufstand 1944, 2001; Alexander, M., Kleine
Geschichte Polens, 2003; Urban, T., Polen, 2. A. 2003; Wyszkowski, M., (Die
politische Verfassung Großpolens in den Jahren 1138-1296), 2009.
Pomesanien (Hochstift). Das ursprünglich slawisch,
zwischen dem 6. und 8. Jahrhundert pruzzisch besiedelte Gebiet zwischen Nogat,
Sorge, Drewenz, Weichsel und dem Drausensee wurde zwischen 1233 und 1236 vom
Deutschen Orden erobert. 1243 wurde infolge einer Verfügung Papst Innozenz’ IV.
P. als eines der vier Bistümer des Deutschen Ordens begründet. Das bischöfliche
Herrschaftsgebiet umfasste seit 1255 etwa ein Drittel der Diözese (zwei Drittel
fielen an den Deutschen Orden), zu der die alten pruzzischen Gaue P. und
Pogesanien sowie das Marienburger Werder zählten. Bei der Aufteilung des Landes
1250 wählte der Bischof das Gebiet um Marienwerder. 1255 wurde P. dem Erzbistum
Riga unterstellt. 1410 huldigte der Bischof dem König
von Polen. 1466 fiel Marienburg an Polen, doch blieb das weltliche
Herrschaftsgebiet im Ordensbereich. Der letzte katholische Bischof huldigte
Albrecht von Brandenburg als Herzog, trat zum Luthertum über und verzichtete
1527 auf die weltliche Herrschaft. Aus dem Hochstiftsgebiet wurden in Preußen
die Ämter Marienwerder und Riesenburg und das Erbhauptamt Schönberg
(Schöneberg) gebildet. Nach 1587 wurde als Ersatz für den Bischof ein
Konsistorium zu Saalfeld (Salfeld) eingesetzt, das 1751 zugunsten des
Konsistoriums zu Königsberg aufgehoben wurde.
Die kirchliche Aufsicht und später auch den Titel des Bischofs von P. nahm bis
1821 der katholische Bischof von Culm wahr. S. Polen.
L.: Cramer, H., Geschichte des vormaligen Bistums Pomesanien, 1884; Boockmann,
H., Pomesanien, LexMA 7 1994, 82; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen
Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 596.
Pommerellen, Pomerellen (Herzogtum). Das Gebiet an
der unteren Weichsel bzw. zwischen Weichsel und Leba wurde nach dem Abzug der
Germanen von den westslawischen Pomoranen besiedelt. Seit Beginn der zweiten
Hälfte des 10. Jahrhunderts oder seit Anfang des 11. Jahrhunderts stand es
meist unter der Herrschaft Polens und trennte sich vom westlich gelegenen
Pommern. Am Ende des 12. Jahrhunderts (um 1180) entstand unter Sambor I. ein
eigenes Herzogtum (völlig selbständig seit 1227) mit dem Hauptort Danzig. 1271
wurde das Gebiet mit Schlawe vereinigt. Nach dem Aussterben des
Herzogsgeschlechts der Samboriden 1294 kam es zwischen Polen, Brandenburg,
Pommern, Böhmen (als Bewerber um die Krone Polens) und dem von Polen ins Land
gerufenen Deutschen Orden zu Kämpfen um das Land. 1309/1343 (Vertrag von
Soldin, Vertrag von Kalisch) setzte sich der Deutsche Orden weitgehend durch
(Stolp und Schlawe blieben von 1309 bis 1317 bei Brandenburg), verlor aber 1466
das seit dem 15. Jahrhundert als P. (Pomeronia parva), Kleinpommern,
bezeichnete Gebiet an Polen, das P. mit Marienburg, dem Culmer Land (Kulmer Land,
Kulmerland, Culmerland) und Ermland bis 1569 eine Sonderstellung beließ (sog.
Preußen königlichen Anteils, Königspreußen im Gegensatz zum herzoglichen Preußen im
Ostteil). 1772 kam P. an Preußen (Danzig 1793) und bildete 1815 den Hauptteil
der Provinz Westpreußen. 1919 fiel es an Polen. Danzig wurde freie Stadt. Von
1939 bis 1945 gehörte es zum Reichsgau Danzig-Westpreußen. Seit 1945 stand es
unter Verwaltung Polens, an das es 1990 als politische Folge der deutschen
Einheit gelangte.
L.: Forstreuter, K., Deutschordensland Preußen, (in) Geschichte der deutschen
Länder, Bd. 1; Pommerellisches Urkundenbuch, hg. v. Perlbach, M., Teil 1f. (bis
1315) 1881ff., Neudruck 1969; Kauder, V., Das Deutschtum in Posen und
Pommerellen, 1937; Keyser, E., Geschichte des deutschen Weichsellandes, 2. A.
1940; Schumacher, B., Geschichte Ost- und Westpreußens, 7. A. 1987; Historia
Pomorza (Geschichte Pommerns), Bd. 1 (bis 1466) 1969; Slaski, K., Beiträge zur
Geschichte Pommerns und Pommerellens, 1987; Grzegorz, M., Die territorialen
Erwerbungen des Deutschen Ordens in Pommerellen, Zs.f. Ostforschung 38 (1989);
Grzegorz, M., Pommerellen als Gebiet von Siedlungstätigkeit, (in) Beiträge zur
Geschichte des Deutschen Ordens, 2 1993, 87; Strzelczyk, J., Pommerellen, LexMA
7 1994, 82.
Poniatowski (Reichsfürst). 1765 wurde Andreas P.,
Bruder des 1764 gekrönten polnischen Königs, zum
Reichsfürsten erhoben.
L.: Klein 175.
Potsdam (Herrschaft). P. gegenüber der Mündung der
Nuthe in die Havel erscheint 993 erstmals (Poztupimi, Ort des Postampim) in
einer Urkunde König Ottos III. für das Stift
Quedlinburg. Seit dem 12. Jahrhundert war es eine Burg der Markgrafen von
Brandenburg, die den Mittelpunkt einer vielfach verpfändeten Herrschaft in
Brandenburg bildete. 1660 wurde das Städtchen kurfürstliche Residenz der
Markgrafen. Von 1949 bis 1990 kam es über Preußen (Brandenburg) an die Deutsche
Demokratische Republik.
L.: Wolff 387; Geschichte der Stadt Potsdam, hg. v. Haeckel, J./Boschan, R. u.
a., 1912; Jänckel, R., Der Atlas der Herrschaft Potsdam (1679-1683), 1968;
Potsdam, hg. v. Maassen, H., 2. A. 1972; Potsdam. Geschichte der Stadt in Wort
und Bild, hg. v. Uhlemann, M., 1986; Bohm, E., Potsdam, LexMA 7 1994, 134;
Potsdam, hg. v. Hahn, P. u. a., 1995; Hahn, P., Geschichte Potsdams, 2003.
Prag (Hochstift, Erzstift, Residenz). Die
zahlreiche vorgeschichtliche und frühgeschichtliche Fundstellen aufweisende
Siedlung P. (dürre Stelle) an der Moldau bestand im 9. Jahrhundert aus vierzig
Höfen zwischen den Burgen Hradschin und Wyschehrad. Wohl vor 890 wurde in einer
zunächst hölzernen Burg ein Sitz der Přemysliden (Przemysliden)
eingerichtet. 973 (972/973) wurde dort für das von Regensburg aus
christianisierte Böhmen ein Bistum gegründet (Bischof Dietmar). Die Bischöfe
waren ursprünglich Fürsten des Reiches, wurden aber 1198 Lehnsleute des sie
seit dem Investiturstreit ernennenden Herzogs von Böhmen. König Karl IV. ließ 1344 P. unter Lösung von Mainz zum
Erzbistum erheben (Suffragane Olmütz und Leitomischl). 1346 wählte er die Stadt
als Mittelpunkt der böhmischen Länder zur Residenz und gründete 1348 dort die
erste deutsche Universität. Der Bischof bzw. Erzbischof zählte zu den
Reichsfürsten. Das Erstarken des Tschechentums führte dann zur Bewegung des Jan
Hus mit dem ersten Prager Fenstersturz vom 30. 6. 1419, der Säkularisierung der
weltlichen Güter des Erzstiftes und zum böhmischen Aufstand der Protestanten
mit dem zweiten Prager Fenstersturz (23. 5. 1618), der den Dreißigjährigen
Krieg einleitete. 1918 wurde die Stadt P. Hauptstadt der durch Lösung Böhmens
und Mährens von Österreich entstandenen Tschechoslowakei bzw. 1993 Tschechiens.
L.: Wolff 464; Schlüter, O., Prag, 5. A. 1943; Schreiber, R., Prag, 1952;
Handbuch der Geschichte der böhmischen Länder, hg. v. Bosl, K., 1966ff.;
Hilsch, P., Die Bischöfe von Prag in der frühen Stauferzeit, 1969; Rokyta, H.,
Die böhmischen Länder, 1970; Tausend Jahre Bistum Prag 973-1973, 1974; Die
Universität zu Prag, 1986; Hlavácek, I., Prag, LexMA 7 1994, 159; Metropolen im
Wandel, 1995, 185¸; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W., 2003, 1, 481, 1, 2, 461.
Přemysliden (Geschlecht) Przemysliden. Die sich
selbst auf einen Přemysl (Przemysl) zurückführende, zunächst in Levý
Hradec ansässige, gegen Ende des 9. Jahrhunderts nach Prag wechselnde, mit dem
um 890 (874?, 882-884?) getauften Prager Burgherren Boriwoi sichtbar werdende
böhmische Adelsfamilie gewann im beginnenden 10. Jahrhundert die Herrschaft in
Böhmen. 1040 erhielt Bretislaw I. Böhmen als Reichslehen und setzte 1055 eine
200 Jahre beachtete Senioratserbfolge (mit zeitweisen Nebenlinien in Olmütz,
Brünn, Znaim, Lundenburg und Jamnitz) durch. Wartislaw II. erlangte 1075 die
sächsische Ostmark und 1076 die Mark Meißen als Reichslehen sowie 1085/1086 für
sich den Königstitel. 1198 wurde die erbliche Königswürde und 1212 wurden zusätzliche Privilegien
gewonnen. Unter dem mit Margarete von Babenberg verheirateten Ottokar II.
erlitten die P., die auf dem Höhepunkt ihrer Macht Böhmen, Mähren, Österreich,
Steiermark, Kärnten und Krain beherrschten, gegen Rudolf von Habsburg 1278 eine
schwere Niederlage, erlangten aber 1300 über die Erbtochter das Königreich Polen und 1301 über Kunigunde von Ungarn
das Königreich Ungarn. Mit der Ermordung Wenzels
III./Ladislaus’ V. erloschen sie 1306. Über die Tochter Elisabeth kamen die
Güter an Johann von Luxemburg. Eine von Ottokar II. begründete bzw. von Herzog
Nikolaus von Troppau abstammende uneheliche Linie starb 1521 aus.
L.: Wegener, W., Die Premysliden, 1957; Handbuch der Geschichte der böhmischen
Länder, hg. v. Bosl, K., Bd. 1 1966; Stillfried, A., Die Premysliden und der
Ursprung des Hauses Stillfried, 2. A. 1973; Zemlicka, J., Premysl Otakar I.,
1990; Zemlicka, J., Premysliden, LexMA 7 1994, 186; Clemens, E.,
Luxemburg-Böhmen, Wittelsbach-Bayern, Habsburg-Österreich, 2001; Höfe und
Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W. u. a., 2003,
1, 1, 183.
Preußen (Herzogtum, Königreich,
Land). Im 10. Jahrhundert erscheinen erstmals die baltischen Pruzzen (um 965
Brus) bzw. Prußen, die um 1200 zwischen Litauen, Culmer Land (Kulmerland),
Weichsel und Nogat die Gaue Pomesanien, Pogesanien, Warmien (Ermland),
Natangen, Samland, Barten, Nadrauen, Schalauen und Sudauen bewohnten. Um 1225
wandte sich Herzog Konrad I. von Masowien (Polen) an den Deutschen Orden um
Hilfe gegen die Pruzzen bzw. Prußen und übertrug ihm dafür das Culmer Land
(Kulmerland). Kaiser Friedrich II. gewährte 1226 dem Hochmeister Culm (Kulmerland)
und alle noch zu erobernden pruzzischen bzw. prußischen Gebiete. 1283 war die
Eroberung des Landes abgeschlossen, das den Namen der Pruzzen bzw. Prußen auch
unter der Herrschaft des Deutschen Ordens behielt. 1309 erweiterte der Deutsche
Orden sein Herrschaftsgebiet um Pommerellen. Bald wurde das gesamte Land als P.
bezeichnet, ohne dass es auf Dauer eine rechtliche Einheit darstellte. Nach der
Schlacht von Tannenberg (1410) gingen 1411 geringe Gebiete verloren. 1466
musste der Deutsche Orden Pommerellen, das Culmer Land (Kulmerland), das
Ermland, das Ländchen Michelau und die Gebiete von Marienburg, Elbing,
Christburg und Stuhm an Polen abtreten (Preußen königlichen
Anteils, Königspreußen). Für das verbliebene
Gebiet wurde der Hochmeister polnischer Fürst und leistete dem König von Polen einen persönlichen Eid. 1525
vereinbarte der Hochmeister des Deutschen Ordens Albrecht von
Brandenburg-Ansbach mit seinem Onkel König
Sigismund von Polen in einem von Kaiser Karl V. am 14. 11. 1530 wegen
mangelnder Berücksichtigung der Rechte des Reiches für nichtig erklärten
Vertrag die Umwandlung des nach 1466 verbliebenen Deutschen Ordenslandes in das
erbliche, unter (loser) Lehnshoheit Polens stehende Herzogtum P. (Herzog in
Preußen, herzogliches, zur Reformation übertretendes P. mit Königsberg im Gegensatz zum königlich-polnischen,
katholisch bleibenden Westteil [Pommerellen mit <Danzig,> Elbing und
Thorn, späteres Westpreußen]), für das er 1544 die Universität Königsberg gründete. Weiter führte er die Reformation
durch und unterstellte die Bischöfe von Pomesanien und Samland seiner
Herrschaft. Das Herzogtum wurde nach Heirat der Erbtochter (1594) 1618/1619 mit
Brandenburg in Personalunion vereinigt und 1657/1660 vertraglich von der
Lehnshoheit Polens befreit. Damit war es voll souveränes Land der Kurfürsten
von Brandenburg, die 1694 den Kreis Schwiebus an Glogau abgaben. Am 18. 1. 1701
krönte sich Kurfürst Friedrich III. (I.) von Brandenburg (1688-1713), der 1694
die Universität Halle gegründet hatte, mit Zustimmung des Kaisers, den er im
spanischen Erbfolgekrieg unterstützt hatte, in Königsberg
zum König in P., womit politisch die
Rangerhöhung des Kurfürsten von Sachsen durch die Krönung zum König von Polen und die Anwartschaft des Kurfürsten
von Hannover auf die Königskrone in England
ausgeglichen werden sollten. Mit der auf die anderen brandenburgischen Länder
übertragenen Königswürde ging zugleich der Name
des Herzogtums P. auf den brandenburg-preußischen Gesamtstaat über, von dem das
Land P. nicht zum Heiligen Römischen Reich gehörte. Rund 20000 seit dem Edikt
von Potsdam (1685) allmählich einströmende französische Hugenotten brachten
zahlreiche bis dahin unbekannte Kenntnisse und Fertigkeiten in das Land. 1702
erbte Friedrich III. (I.) nach dem Aussterben der Prinzen von Oranien (König Wilhelm III. von England) die Grafschaft Lingen
und das Fürstentum Moers, 1707 das Fürstentum Neuenburg (Neuchâtel) mit der
Grafschaft Valangin. 1707/1729 kaufte er die Grafschaft Tecklenburg sowie die
Erbpropstei über Nordhausen und Quedlinburg. Sein sparsamer und als Amtmann
Gottes pflichtbewusster Sohn Friedrich Wilhelm I. erhielt 1713 am Ende des
spanischen Erbfolgekrieges als Ersatz für Oranien einen Teil des Herzogtums
Geldern (Obergeldern) und erwarb 1720 gegen 2 Millionen Taler von Schweden
Vorpommern bis zur Peene mit Stettin, Usedom und Wollin. Im Inneren baute er
als Soldatenkönig eine straffe Finanzverwaltung
und Heeresverwaltung (mit Generaloberfinanz-, -kriegs- und -domänendirektorium)
auf, wobei er Sparsamkeit, Pünktlichkeit, Uneigennützigkeit, Gehorsam, Ordnung
und Pflichtentreue zu den obersten Geboten des preußischen Beamtentums erhob.
Mit der relativ größten und absolut besten Armee Europas und in krassem Gegensatz
zu seinen eigenen politisch-theoretischen Forderungen brach sein Sohn Friedrich
der Große, der sich erstmals König von P.
nannte, nach dem Tod Kaiser Karls VI. 1740 unter Berufung auf zweifelhafte
Erbansprüche in das zu Österreich gehörende Schlesien ein, das er in den drei
schlesischen Kriegen (1740/1742, 1744/1745, 1756/1763) größtenteils eroberte.
1744 fiel auf Grund einer Anwartschaft von 1694 erbweise Ostfriesland an. 1772
erlangte Friedrich der Große bei der Teilung Polens Westpreußen, das Ermland
und den Netzedistrikt, so dass P. einschließlich des jetzt als Ostpreußen
bezeichneten, mit dem Stammland Brandenburg durch eine Landverbindung
angeschlossenen ursprünglichen Deutschordenslandes im Jahre 1786 195000
Quadratkilometer maß, in denen rund 5,5 Millionen Menschen lebten. Für diesen
Staat, als dessen erster Diener sich der König
sah, verwirklichte er die schon 1713 in Angriff genommene
Rechtsvereinheitlichung auf der Grundlage aufgeklärter, naturrechtlich
beeinflusster Vorstellungen, die in der Inkraftsetzung des Allgemeinen
Landrechts von 1794 ihren Höhepunkt fand. 1791 erwarb P. durch Kauf die
hohenzollerischen Markgrafschaften Ansbach (Brandenburg-Ansbach) und Bayreuth
(Brandenburg-Bayreuth bzw. Brandenburg-Kulmbach). 1795 überließ es dem durch
die Revolution von 1789 aufgerüttelten Frankreich seine gesamten
linksrheinischen Gebiete, erlangte aber in der zweiten und dritten Teilung
Polens (1793, 1795) Danzig, Thorn und Südpreußen (Posen, Warschau, Kalisch)
sowie Neuostpreußen. Als Ausgleich für die linksrheinischen Verluste an
Frankreich (Kleve, Moers, Geldern, Zevenaar [Sevenaer], Huissen, Malburgen
[Malburg], 2391 Quadratkilometer bzw. 48 Quadratmeilen mit 127070 bzw. 137000
Einwohnern) erhielt es am 25. 2. 1803 durch § 3 des Reichsdeputationshauptschlusses
die Hochstifte Hildesheim, Paderborn und Münster (teilweise, Stadt Münster und
Gebiete rechts einer Linie von Olfen [Olphen], Seppenrade [Seperad], Kakesbeck
[Kakelsbeck], Hiddingsel [Heddingschel], Giesking [Ghisschinck], Nottuln [Notteln],
Hülfshoff [Huschhofen], Hohenholte [Nannhold], Nienberge [Nienburg], Uhlenbrock
[Uttenbrock], Gimbte [Grimmel], Schöneflieth [Schönfeld], Greven sowie von dort
an der Ems bis zum Einfluss der Hopstener Aa [Hoopsteraa]), aus dem Erzstift
Mainz das Eichsfeld, Erfurt und Treffurt, die Reichsabteien Herford, Essen,
Quedlinburg, Elten, Werden, Cappenberg sowie die Reichsstädte Mühlhausen,
Nordhausen und Goslar mit 9543 Quadratkilometern (235 Quadratmeilen) und mehr
als einer halben Million (600000) Einwohnern. 1805/1806 gelang gegen Abtretung
Ansbachs (an Bayern) und Kleves und mit der Annexion Hannovers kurzzeitig die
geographische Vereinigung der preußischen Länder. Nach dem Ende des Heiligen
Römischen Reiches kam es zur Auseinandersetzung mit Frankreich, die mit der
Niederlage von Jena und Auerstedt am 14. 10. 1806 endete. Danach verlor P. im
Frieden von Tilsit 1807 alle linkselbischen Länder sowie den größten Teil des
Gewinnes aus den Teilungen Polens und damit mehr als die Hälfte seines Gebiets.
In dieser wegen der Kontributionen und der Kontinentalsperre auch
wirtschaftlich äußerst schwierigen Lage wurden unter Stein und Hardenberg
aufgeklärt-liberale innenpolitische Reformmaßnahmen durchgeführt
(Bauernbefreiung 1807/1811, Städteordnung 1808, Gründung der Universität Berlin
1810, Gewerbefreiheit 1810/1811, Judenemanzipation 1812). Die Niederlage
Frankreichs in Russland 1812 und die Siege bei Leipzig (1813) und Waterloo
(1815) bildeten dann die Grundlage dafür, dass P. auf dem Wiener Kongress 1815
trotz gewisser Verluste in Polen seine frühere Stellung zurückgewinnen (u. a.
Herzogtum Magdeburg, Altmark, Fürstentum Halberstandt, Wernigerode, Hohnstein,
Mansfeld, Norhausen, Mühlhausen, Eichsfeld, Erfurt) und sein Gebiet sogar auf
278000 Quadratkilometer mit 10,4 Millionen Einwohnern vergrößern konnte
(Saargebiet/Saardepartement [mit Verpflichtung zur Entschädigung
Hessen-Homburgs - erfolgt durch Meisenheim, 1866 zurückgefallen -, Oldenburgs -
erfolgt durch Birkenfeld, 1937 zurückgefallen -, Sachsen-Coburg-Saalfelds -
erfolgt durch Lichtenberg, zurückerworben am 31. 5. 1834/15. 8. 1834 -,
Mecklenburg-Strelitzs - erfolgt durch Geldentschädigung - und Pappenheims -
unter Täuschung nie erfolgt -], Jülich-Kleve-Berg [von Bayern, dafür Ansbach
und Bayreuth an Bayern], Niederrhein [Rheinland], Westfalen, Sachsen [Kurkreis
mit Wittenberg, Torgau, Stiftsgebiete von Merseburg und Naumburg bzw.
Naumburg-Zeitz, thüringischer Kreis, Mansfeld, Stolberg, Barby, Walternienburg,
Gommern, Querfurt], Posen). Mit allen Provinzen außer Posen, Ostpreußen und
Westpreußen trat P. dann dem Deutschen Bund bei. Hier verhielt sich P. zunächst
konservativ. Statt der vom König 1810, 1815 und
1820 versprochenen Verfassung kam es 1823 nur zu der befohlenen Errichtung von
Provinzialständen und Provinziallandtagen, die vom grundbesitzenden Adel
beherrscht wurden. Innerhalb Preußens wurden 1824 personal und von 1829 bis
1878 real Ostpreußen und Westpreußen zur Provinz P. vereinigt. Am 31. 5. 1834
wurde Lichtenberg bei Birkenfeld von Sachsen-Coburg gekauft, 1849 kamen die
Fürstentümer Hohenzollern (1850 Regierungsbezirk Sigmaringen der Rheinprovinz)
hinzu, doch wurde 1857 endgültig auf Neuenburg und Valangin verzichtet. 1848
wurden nach schweren Straßenkämpfen zunächst einige liberale Maßnahmen ergriffen
(Aufhebung der Pressezensur, Berufung eines liberalen Ministeriums), nach dem
Sieg der Gegenbewegung aber die gewählte Nationalversammlung aufgelöst und eine
Verfassung erlassen (oktroyiert), nach welcher der fortan verfassungsmäßig
beschränkte König seine exekutiven Rechte unter
Mitwirkung verantwortlicher Minister ausübte und die gesetzgebende Gewalt
gemeinschaftlich mit dem Landtag hatte, wobei das Herrenhaus (1854) sich aus
erblichen oder vom König ernannten Mitgliedern
zusammensetzte und die Mitglieder des Abgeordnetenhauses nach dem
Dreiklassenwahlrecht, das die vermögenden Bevölkerungsgruppen bevorzugte,
gewählt wurden. 1862 wurde Fürst Otto von Bismarck zum Ministerpräsidenten
berufen. Im Verfassungskonflikt über die Finanzierung des Heeres regierte er
gegen und ohne das Parlament. 1866 kam es bei der Verwaltung des 1864 von
Dänemark gewonnenen Landes Schleswig-Holstein zur Konfrontation mit Österreich,
die zur Exekution des Deutschen Bundes gegen P. führte. Die militärische
Niederlage des Deutschen Bundes hatte dessen Auflösung zur Folge. P.
annektierte Hannover, Schleswig-Holstein, Nassau, Hessen-Kassel und Frankfurt
und gewann damit erstmals eine Verbindung zwischen seinen älteren östlichen und
seinen seit 1614 im Nordwesten neu erlangten Gebieten. Mit den übrigen
norddeutschen Ländern bildete es 1867 den Norddeutschen Bund. Nach dem Sieg
über Frankreich im deutsch-französischen Krieg von 1870/1871 kam es am 18. 1.
1871 in Versailles zur Proklamation des preußischen Königs
als Kaiser des neugegründeten Deutschen Reiches, in dem P. zwar nur einer von
25 Bundesstaaten war, aber etwa zwei Drittel des Reichsgebiets (mit den
Industriegebieten Ruhrgebiet, Oberschlesien, Saargebiet) mit etwa drei Fünfteln
der Einwohner des Reiches ausmachte und damit eindeutig eine Vormachtstellung
besaß. 1878 stieg die Zahl seiner Provinzen durch die Aufteilung Preußens in
Ostpreußen und Westpreußen auf zwölf. Nach der Novemberrevolution 1918 dankte
Kaiser Wilhelm II. am 9. 11. 1918 als deutscher Kaiser ab und floh nach Holland.
P. blieb erhalten, musste aber im Friedensvertrag Gebiete abtreten. Die Macht
in P. übernahmen die Sozialdemokratische Partei und die Unabhängige
Sozialdemokratische Partei. Am 30. 11. 1920 erhielt P. eine Verfassung, durch
die es demokratisch-parlamentarischer Freistaat wurde. Am 1. 4. 1929 schloss
sich Waldeck an P. an. 1932 errang die Nationalsozialistische Deutsche
Arbeiterpartei den Wahlsieg. Die preußische Regierung wurde durch die
Notverordnung Franz von Papens vom 20. 7. 1932 ihres Amtes enthoben und durch
den Reichskanzler als Reichskommissar für P. ersetzt. 1933 wurde Hermann Göring
zum neuen preußischen Ministerpräsidenten ernannt. P. wurde als Staat durch das
Gesetz über den Neuaufbau des Reiches vom 30. 1. 1934 aufgelöst. Seit 1934 wurden
nahezu alle preußischen Ministerien mit den entsprechenden Reichsministerien
zusammengelegt. Am 1. 4. 1937 kam es zu einem Gebietsaustausch mit Hamburg und
Oldenburg (Birkenfeld) und zur Eingliederung Lübecks. 1939 umfasste P. 293938
Quadratkilometer mit 41,47 Millionen Einwohnern. 1945 wurde P. auf die vier
Besatzungszonen verteilt. Das Gesetz Nr. 46 des Alliierten Kontrollrats vom 25.
2. 1947 löste P. als Staat formell auf. Seine Gebiete verteilen sich auf
Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Niedersachsen,
Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Polen und die
Sowjetunion. S. Ostpreußen, Südpreußen, Westpreußen, Polen, Pommerellen.
L.: Zeumer 554 II b 63, 3; Forstreuter, K., Deutschordensland Preußen, (in)
Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Bauer 1, 507; Die Territorien des
Reichs 2, 206; Corpus constitutionum Marchicarum ., hg. v. Mylius, C. O., Bd.
1ff. 1737ff.; Novum corpus constitutionum Prussico-Brandenburgensium ., hg. v.
d. preuß. Ak. d. Wiss. Bd. 1ff. 1753ff.; Vollständige Topographie des Königreichs Preußen, hg. v. Goldbeck, J., 1785ff.,
Neudruck 1966ff.; Droysen, J., Geschichte der preußischen Politik (bis 1756),
Bd. 1ff. 2. A. 1868ff.; Isaacsohn, S., Geschichte des preußischen Beamtentums
von den Anfängen bis auf die Gegenwart, Bd. 1ff. 1874ff.; Gesetz-Sammlung für
die königlich Preußischen Staaten; Ranke, L. v.,
Zwölf Bücher preußischer Geschichte (bis 1745), Bd. 1ff. 2. A. 1879; Schade,
T., Atlas zur Geschichte des preußischen Staates, 2. A. 1881; Berner, E.,
Geschichte des preußischen Staates, 1891; Acta Borussica, Denkmäler der
preußischen Staatsverwaltung im 18. Jahrhundert, hg. v. d. preuß. Ak. d. Wiss.,
Bd. 1ff. 1892ff.; Hupp, O., Die Wappen und Siegel der deutschen Städte, Flecken
und Dörfer, Bd. 1 Königreich Preußen, 1896, 3.
unv. A. 1989; Berner, E., Quellen und Untersuchungen zur Geschichte des Hauses
Hohenzollern, Bd. 1ff. 1901ff.; Bornhak, K., Preußische Staats- und
Rechtsgeschichte, 1903; Roedder, H., Zur Geschichte des Vermessungswesens
Preußens, insbesondere Altpreußens aus den ältesten Zeiten bis in das 19.
Jahrhundert, 1908; Preußisches Urkundenbuch, Bd. 1ff. 1909ff.; Atlas der
Verwaltungsorganisation des preußischen Staates und des Deutschen Reiches,
1911; Hintze, O., Die Hohenzollern und ihr Werk, 3. A. 1916, Neudruck 1987;
Schmoller, G., Preußische Verfassungs-, Verwaltungs- und Finanzgeschichte,
1921; Schmidt, E., Rechtsentwicklung in Preußen, 2. A. 1929, Neudruck 1961;
Braubach, M., Der Aufstieg Brandenburg-Preußens 1640-1815, 1933; Wermke, E.,
Bibliographie der Geschichte von Ost- und Westpreußen, 1933; Penck, A., Die
Kartographie Preußens unter Friedrich dem Großen, SB. Akad. Berlin 1933;
Schulze, B., Der Urheber der Schmettauischen Karte von Preußen, Mitt. d.
Reichamts für Landesaufnahme 1933/1934; Hanke, M./Degener, H., Geschichte der
amtlichen Kartographie Brandenburg-Preußens bis zum Ausgang der
friderizianischen Zeit, 1935; Atlas der west- und ostpreußischen
Landesgeschichte, hg. v. Keyser, E., 1937; Schumacher, B., Geschichte Ost- und
Westpreußens, 7. A. 1987; Müller, G./Jurevicz, J./Warren, H., Ostlandatlas,
1942; Keyser, E., Preußenland, (in) Staats- und Verwaltungsgrenzen in
Ostmitteleuropa, 1955; Maschke, E., Preußen. Das Werden eines deutschen
Stammesnamens, Ostdt. Wiss. 1955; Schulze, B., F. Graf v. Schmettau und seine
Kartenwerke, Jb.f. Gesch. Mittel- und Ostdeutschlands 5 (1956);
Schroeder-Hohenwarth, J., Die preußische Landesaufnahme 1816-1875, 1958,
Nachrichten aus dem Karten- und Vermessungswesen R. I. H. 5; Peterson, J.,
Fürstenmacht und Ständetum in Preußen während der Regierung Herzog Georg
Friedrichs 1578-1603, 1963; Atlas östliches Mitteleuropa, hg. v. Meynen,
E./Kraus, T./Mortensen, H./Schlenger, H., 1963ff.; Schultze, J., Forschungen
zur brandenburgischen und preußischen Geschichte, 1964; Übersicht über die
Bestände des Brandenburgischen Landeshauptarchivs Potsdam, 1964, 1967; Schoeps,
H., Preußen. Geschichte eines Staates, 1966; Schierling, C., Der westpreußische
Ständestaat 1570-1586, 1966; Historisch-geographischer Atlas des Preußenlandes,
hg. v. Mortensen, H. u. a., Bd. 1ff. 1968ff.; Krauss, G., 150 Jahre Preußische
Messtischblätter, Z.f. Vermessungswesen 94 (1969); Ibbeken, R., Preußen
1807-1813, 1970; Schoeps, H., Preußen und Deutschland, Wandlungen seit 1763, 2.
A. 1970; Knake, G., Preußen und Schaumburg-Lippe 1866-1933, 1970; Wenskus, R.,
Das Deutschordensland Preußen als Territorialstaat des 14. Jahrhunderts, Bd. 1
1970; Verdenhalven, F., Namensänderungen ehemals preußischer Gemeinden von 1850-1942,
1971; Bibliographie zur Geschichte von Ost- und Westpreußen 1939-70, bearb. v.
Wermke, E., 2. A. 1974; Koselleck, R., Preußen zwischen Reform und Revolution.
Allgemeines Landrecht, Verwaltung und soziale Bewegung 1791-1848, 2. A. 1975;
Vogler, G./Vetter, K., Preußen. Von den Anfängen bis zur Reichsgründung, 4. A.
1975, Neudruck 1987; Grundriss der deutschen Verwaltungsgeschichte 1815-1945,
hg. v. Hubatsch, W., 1975f.; Preußen. Versuch einer Bilanz. Ausstellungsführer,
hg. v. Korff, G., 1981; Heinrich, G., Geschichte Preußens, Staat und Dynastie,
1981; Mirow, J., Das alte Preußen im deutschen Geschichtsbild seit der
Reichsgründung, 1981; Hubatsch, W., Grundlinien preußischer Geschichte. Königtum und Staatsgestaltung 1701-1871, 1983;
Matzerath, H., Urbanisierung in Preußen 1815-1914, 1985; Koch, H., Geschichte
Preußens (A history of Prussia), 1986; Labrenz, H., Das Bild Preußens in der
polnischen Geschichtsschreibung, 1986; Wenskus, R., Ausgewählte Aufsätze zum
frühen und preußischen Mittelalter, 1986; Unruh, G. v., Die
verfassungsrechtliche Stellung Preußens im Norddeutschen Bund und im Deutschen
Reich nach den Verfassungen von 1867/1871 und 1919, (in) Preußen, Europa und
das Reich, 1987; Mehring, F., Zur Geschichte Preußens, 1987; Preußen-Ploetz,
hg. v. Schlenke, M., 1987; Zur Bildungs- und Schulgeschichte Preußens, hg. v.
Arnold, U., 1988; Das nachfriderizianische Preußen 1786-1806, hg. v.
Hattenhauer, H./Landwehr, G., 1988; Rankl, M., Bibliographie zur Literatur Ost-
und Westpreußens mit Danzig 1945-1988, Bd. 1f. 1990; Westfalen und Preußen, hg.
v. Teppe, K. u. a., 1991; Dollinger, H., Preußen. Eine Kulturgeschichte in
Bildern und Dokumenten, 1991; Handbuch der preußischen Geschichte, hg. v.
Büsch, O., Bd. 1ff. 1992ff.; Die Anfänge der ständischen Vertretungen in
Preußen und seinen Nachbarländern, hg. v. Boockmann, H., 1992; Boockmann, H.,
Deutsche Geschichte im Osten Europas. Ostpreußen und Westpreußen, 1992;
Boockmann, H., Preußen, LexMA 7 1994, 194; Hannovers Übergang vom Königreich zur preußischen Provinz, hg. v. Sabelleck,
R., 1995; Salmonowicz, S., Preußen, 1995; Bömelburg, H., Zwischen polnischer
Ständegesellschaft und preußischem Obrigkeitsstaat, 1995; Handbuch der
Geschichte Ost- und Westpreußens, hg. v. Opgenoorth, E., Bd. 3 1998;
Repertorium der Policeyordnungen der frühen Neuzeit, hg. v. Härter,
K./Stolleis, M., Bd. 2 1998; Stribrny, W., Die Könige
von Preußen als Fürsten von Neuenburg-Neuchâtel (1707-1848), 1998; Schubert,
W., Preußen im Vormärz, 1999; Preußens Herrscher, hg. v. Kroll, F., 2000;
Preußen, hg. v. Schoeps, J., 2000; Straub, E., Eine kleine Geschichte Preußens,
2001; Vondenhoff, C., Hegemonie und Gleichgewicht im Bundesstaat, 2001;
Preußens Weg in die politische Moderne, hg. v. Holtz, B. u. a., 2001;
Neugebauer, W., Geschichte Preußens, 2002; Päsler, R., Deutschsprachige
Sachliteratur im Preußenland bis 1500, 2003; Walter, D., Preußische
Heeresreformen, 2003; Kittstein, L., Politik im Zeitalter der Revolution, 2003;
Neugebauer, W., Geschichte Preußens 2004; Dorna, M., Bracia zakonu krzyzackiego
w Prusach w latach 1228-1309 (Die Brüder des Deutschen Ordens in Preußen
1228-1309), 2004; Kulturgeschichte Preußens königlich
polnischen Anteils, hg. v. Beckmann, S. u. a., 2005; Haas, S., Die Kultur der
Verwaltung, 2005; Strauch, D., Birkenfeld, Lichtenberg, Meisenheim etc. (in)
Engagierte Verwaltung für die Wissenschaft, 2007, 487; Jarzebowski, M., Die
Residenzen der preußischen Bischöfe bis 1525, 2007; .Zusammenschlüsse und
Neubildungen deutscher Länder im 19. und 20. Jahrhundert, hg. v. Kretzschmar,
R. u. a., 2013, 51ff., 75ff.
Provence (Grafschaft, Landschaft). Das
ursprünglich von Kelten und Ligurern bewohnte Gebiet zwischen Mittelmeer,
Rhone, Var und Alpen wurde 121 v. Chr. zur römischen Provinz Gallia
transalpina, Gallia Narbonensis, die als älteste römische Provinz in Gallien
bald nur noch provincia hieß. 470/477 kam sie an die Westgoten (bis 507), 509
an die Ostgoten und 536/537 an die Franken. 843 gelangte sie zum Mittelreich
Kaiser Lothars I. Von 855 bis 863 fiel sie an Lothars I. Sohn Karl, 879 an Boso
von Vienne (Königreich Niederburgund, bis 933
mit Hauptstadt Arles), 934 an Hochburgund und damit 1032 an das Deutsche Reich,
dem sie trotz etwa der noch 1365 in Arles erfolgten Krönung Karls IV. immer nur
lose angehörte, auf das sie aber zeitweise einen nicht unbeträchtlichen
kulturellen Einfluss ausübte. Tatsächliche Herren waren die Grafen von Arles
(nach 974 Markgrafen), deren Grafschaft P. 1112 dreigeteilt wurde und in dem
südlich der Durance gelegenen Teil an die Grafen von Barcelona, eine
Seitenlinie des Hauses Barcelona-Aragón kam. 1246 fiel die Grafschaft durch
Heirat an Karl von Anjou, 1382 an das jüngere Haus Anjou und 1481 an
Frankreich, das die P. ab 1660 wie eine französische Provinz verwaltete und
nach 1789 in Departements auflöste. Lediglich östliche Randgebiete um Nizza (u.
a. Monaco) unterfielen anderen Herren und verblieben so beim Heiligen Römischen
Reich. Die 1053/1112 verselbständigte, nördlich der Durance gelegene Grafschaft
Forcalquier kam 1209 zur Grafschaft P. zurück. Die Markgrafschaft P. um Avignon
gelangte von den Grafen von Toulouse im Zuge der Ketzerkreuzzüge allmählich an
den Papst (1274). Hiervon verselbständigte sich im Norden das Fürstentum
Orange/Oranien und kam über Nassau-Oranien durch Annexion 1713 an Frankreich.
Der verbleibende, allmählich schrumpfende Rest des päpstlichen Kirchenstaates
(Comtat Venaissin) fiel 1791 an Frankreich.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 34 (1138-1254) F5; Poupardin, R., Le
royaume de Provence sous les Carolingiens, 1901; Fornery, J., Histoire du Comté
venaissin et de la ville d’Avignon, Bd. 1ff. 1909; Bourilly, V./Busquet, R., La
Provence au moyen âge 1112-1481, 1924; Tournadre, G. de, Histoire du comté de
Forcalquier, 1930; Buchner, R., Die Provence in merowingischer Zeit, 1933;
Busquet, R., Histoire de la Provence, 4. A. 1966, 6. A. 1976; Histoire de la
Provence, hg. v. Baratier, E., 1969; Baratier, E. u. a., Atlas historique:
Provence, Comtat Venaissin, principauté de Monaco, principauté d’Orange, comté
de Nice, 1969; Baratier, E., Documents de l’histoire de la Provence, 1971;
Forbin, M. de, L’Union de la Provence à la France, Mem. Acad. Vaucluse 1981, 19ff.; La Provence
des origines à l’an mille, hg. v. Février, P., 1989; Schottky, M./Coulet, N.,
Provence, LexMA 7 1994, 275; Keck, C., Die Provence in der späteren
Stauferzeit, 1996; Kiesewetter, A., Die Anfänge der Regierung König Karls II., 1999; Aurell, M. u. a., La Provence
au Moyen Âge, 2005.
Putlitz (Herren) Gans von Putlitz. P. an der
oberen Stepenitz wurde 948 von König Otto I. dem
Bistum Havelberg übertragen. 983 wurde es wieder slawisch. Vermutlich 1147
eroberten die ministerialischen Herren Gans Edle zu P.) einen Teil der Prignitz
(Putlitz, Perleberg, Wittenberge, Lenzen, Pritzwalk, Grabow). Sie übten hier landesherrliche
Rechte aus. Sie mussten aber die Lehnshoheit der Bischöfe von Havelberg bzw.
Grafen von Schwerin (Putlitz) und der Markgrafen von Brandenburg (Wittenberge)
anerkennen. Grabow und Lenzen kamen an die Grafen von Schwerin, Pritzwalk an
die Markgrafen von Brandenburg. Später wurde auch Perleberg nach Aussterben der
dortigen Linie als erledigtes Lehen eingezogen. S. Brandenburg.
L.: Wolff 386; Wiese, H., Chronik der Stadt Putlitz, ungedruckt; Schultze, J.,
Die Prignitz, 1956.
Quedlinburg (Abtei, Residenz). In Q. an der Bode im
nordöstlichen Harzvorland bestand schon in karolingischer Zeit neben einer
vermutlich am Ende des 8. Jahrhunderts errichteten Hersfelder Missionskirche
eine Burg, die König Heinrich I. zu seiner
wichtigsten Pfalz ausbaute. 922 ist ein daran anschließender Ort mit Königshof (Quitilingaburg) erstmals erwähnt. 936/7
gründete die Königinwitwe Mathilde mit
Zustimmung ihres Sohnes Otto des Großen auf der Burg das Kanonissenstift Sankt
Servatius, das mit bedeutenden Privilegien ausgestattet wurde (994
Marktprivileg, Münzprivileg und Zollprivileg für die Kaufleute, Güter bis ins
Eichsfeld, Vogtland und Havelland) und dem eine besondere Stellung als
fürstliche Reichsabtei zugedacht war. Der Ort Q. stand unter der Herschaft der
Äbtissin, die nach einem Verzicht auf die Herrschaftsrechte über die Stadt
(1358) 1477 den Versuch der zu dieser Zeit etwa 5000 Einwohner zählenden Stadt
vereitelte, die Reichsunmittelbarkeit zu erlangen. Die Vogtei über das Stift
gewannen in der Mitte des 12. Jahrhunderts die Grafen des Harzgaus, 1273 die
Grafen von Regenstein und 1477 die Wettiner (Sachsen), deren albertinische
Linie 1485 die Schutzherrschaft erhielt. 1539 wurde Q., das zum obersächsischen
Reichskreis zählte, ein evangelisches freies weltliches Stift. 1697 trat
Sachsen (Kursachsen) die Rechte der Schutzvogtei an Brandenburg ab, an das 1648
das umgebende Hochstift Halberstadt gekommen war. 1803/1813 fiel das Fürstentum
Q., dessen Äbtissin zu den rheinischen Prälaten zählte, (mit der Stadt Q. und dem
Flecken Ditfurt bzw. Dithfurth ein Gebiet von 2 Quadratmeilen,) an Preußen. Von
1807 bis 1813 gehörte Q., dessen Stift 1810 aufgelöst wurde, zum Königreich Westphalen, nach 1815 zur preußischen
Provinz Sachsen. Von 1949 bis 1990 kam es damit in Sachsen-Anhalt zur Deutschen
Demokratischen Republik.
L.: Wolff 408f.; Zeumer 552ff. II a 37, 12; Wallner 710 ObersächsRK 24; Großer
Historischer Weltatlas III 22 (1648) E3, III 38 (1789) D2; Gringmuth-Dallmer,
H., Magdeburg-Wittenberg, (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1;
Geschichte zur Tausendjahrfeier der Stadt Quedlinburg, Bd. 1f. 1922; Lorenz,
H./Kleemann, S., Quedlinburgische Geschichte, Bd. 1f. 1922; Lorenz, H.,
Werdegang der 1000jährigen Kaiserstadt Quedlinburg, 1925; Kleemann, S.,
Quedlinburg, 10. A. 1927; Weirauch, H., Der Grundbesitz des Stiftes Quedlinburg
im Mittelalter, Sachsen und Anhalt 14 (1938); Speer, E., Quedlinburg, 2. A.
1954; Speer, E., Quedlinburg und seine Kirchen, 3. A. 1972; Militzer,
K./Przybilla, P., Stadtentstehung, Bürgertum und Rat. Halberstadt und
Quedlinburg bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts, 1980; Schauer, H., Quedlinburg.
Das städtebauliche Denkmal und seine Fachwerkbauten, 1990; Blaschke, K.,
Quedlinburg, LexMA 7 1994, 359; Deutsche Königspfalzen,
Bd. 4, 1996; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W., 2003, 1, 720, 1, 2, 469; Reuling, U., Quedlinburg, 2006;
Kayserlich - frey - weltlich, hg. v. Bley, C., 2009; Kasper, P., Das
Reichsstift Quedlinburg (936-1810), 2014.
Ranis (Herren, Herrschaft). Vermutlich kam R.
bei Pössneck, das 1085 unter Wiprecht von Groitzsch erscheint, als Teil des
Orlalandes vom Erzstift Köln an Friedrich I. Barbarossa. 1198 gab König Otto IV. das Gebiet an Köln zurück. 1199
belehnte König Philipp den Landgrafen von
Thüringen mit dem Gebiet Orla und der Reichsburg R., nach der sich bereits 1194
Herren nannten. Im 13. und 14. Jahrhundert erscheint sie wiederholt in
Landesteilungen der Grafen von Schwarzburg. 1418 ging sie vermutlich durch Kauf
als Reichslehen auf Sachsen über, das R. 1465 den verschwägerten Herren (1495
Reichsfreiherren) von Brandenstein gab, die R. 1571 den Breitenbauch (seit 1902
Breitenbuch) verkaufte (obersächsischer Reichskreis). 1815 fiel R. an Preußen
(Provinz Sachsen), und wurde am 1. 4. 1944 mit dem Regierungsbezirk Erfurt zum
1. 7. 1944 dem Reichsstatthalter von Thüringen unterstellt. Nach der
Kapitulation vom 8. 5. 1945 gelangte es zu Thüringen und mit diesem 1949 zur
Deutschen Demokratischen Republik. 1952 kam es zum Bezirk Gera. Bei der
Wiederherstellung (str.) der Länder Sachsen-Anhalt und Thüringen blieb R. bei
Thüringen.
L.: Reichsmatrikel 1521; Gumpelzhaimer, 176; Wolff 380; Schache, K., Burg
Ranis, 1989.
Rantzau (reichsunmittelbare Grafschaft,
Reichsgrafen). R. bei Plön wird erstmals 1226 erwähnt (Rantzow). Es war
Stammsitz eines 1226/1236 erstmals sicher bezeugten, in mehreren Linien im
deutschen, dänischen und niederländischen Raum verbreiteten holsteinischen
Adelsgeschlechts. Seine Güter lagen um Breitenburg bei Itzehoe und im Südosten
Kiels. 1649 verkaufte Herzog Friedrich III. von Holstein-Gottorp (Gottorf) den
1640 beim Aussterben der Linie Pinneberg der Grafen von Schauenburg
(Schaumburg) an ihn gelangten Anteil der Herrschaft Pinneberg (Barmstedt,
Elmshorn) an den königlichen Statthalter
Christian R. 1650/1651 wurde die Familie in den Reichsgrafenstand erhoben.
Danach hatte sie bis 1726 das Amt Barmstedt als reichsunmittelbare, zum
niedersächsischen Reichskreis und zum westfälischen Reichsgrafenkollegium
gehörige Grafschaft inne. Die Reichsgrafschaft wurde 1726 auf Grund eines
Erbvertrages von 1669/1671 von Dänemark eingezogen, nachdem Wilhelm Adolf R.
seine älteren kinderlosen Brüder hatte ermorden lassen. 1734 gelangte R.
endgültig an Dänemark. Die Allodialgüter kamen 1726 an Katharina Hedwig R. 1739
begann Hans Graf zu R. in Gut Ascheberg bei Plön mit der Abschaffung der
Leibeigenschaft (Bauernbefreiung, Agrarreform). Um 1800 umfasste das Gebiet der
Grafschaft R. 4,5 Quadratmeilen. (1865 kam Barmstedt zu Preußen, 1946 zu
Schleswig-Holstein.)
L.: Wolff 454; Wallner 707 NiedersächsRK 21; Großer Historischer Weltatlas II
22 (1648) D2, III 38 (1789) C1; Ranert, M., Die Grafschaft Rantzau, 1840;
Barmstedt. Stadt und Kirchspiel. Eine geschichtliche Schau, hg. v. Dössel, H.,
Teil 1ff. 1936ff.; Hoffmann, E., Rantzau, LexMA 7 1994, 440.
Ravenna (Erzstift, Exarchat), mhd. Raben.
Vermutlich seit dem 2. Jahrhundert war R. an der Adria Sitz eines 344 erstmals
bezeugten Bischofs (430 Erzbischofs). Am Ende Westroms erhoben Kaiser Honorius
(402), Odoaker und die folgenden Gotenkönige R.
zur Hauptstadt. 552 wurde es Sitz des oströmischen Statthalters (Exarchen) in
Italien, 754 übertrug der fränkische König
Pippin der Jüngere dem Papst den 751 von den Langobarden eroberten Exarchat. Otto
der Große verbriefte zwar dem Papst den Exarchat erneut, unterstellte ihn
mindestens zum größten Teil aber kaiserlicher Verwaltung. Erst König Otto IV. gab diese Rechte auf. König Rudolf von Habsburg verzichtete insgesamt auf
den Kirchenstaat. 1278 unterwarf sich R. dem Papst. Von 1443 bis 1509
unterstand R. Venedig und von 1797 bis 1815 Frankreich. Mit dem Kirchenstaat
kam R. 1860 zu Sardinien bzw. zu Italien (1861).
L.: Goetz, W.,
Ravenna, 2. A. 1913; Ravenna in età veneziana, hg. v. Bolognesi, D., 1986;
Storia di Ravenna, hg. v. Susini, G. u. a. Bd. 1ff. 1990ff.; Vasina, A.,
Ravenna, LexMA 7 1994, 481; Pierpaoli, M., Cronologia Ravennate, 1999; Le carte
del decimo secolo nell’archivio arcivescovile di Ravenna, Bd. 1 hg. v.
Benericetti, R., 1999; Le carte Ravennati del secolo undicesimo, Bd. 6 hg. v.
Benericetti, R., 2010.
Ravensberg (Grafschaft). Die 1082 erstmals sicher
bezeugten Grafen von Kalvelage (Calveslage) bei Lohne bzw. Vechta in Oldenburg
setzten sich um 1100 in R. (ruwe borg) im Teutoburger Wald nordwestlich von
Halle/Westfalen fest, das sie in der Mitte des 12. Jahrhunderts als Lehen der
Herzöge von Sachsen innehatten. Seit 1140 nannten sie sich Grafen von R. Sie
hatten Güter im Osnabrücker Nordland (um Vechta), die sie vielleicht nach 1100
(1119) von den Grafen von Zutphen ererbt hatten, die Grafschaft im Emsland
(Emsgau) aus dem Erbe des ihnen verwandten Grafen Otto von Northeim († 1083),
Güter und Rechte aus Tätigkeiten für Paderborn im Teutoburger Wald (um
Bielefeld, Herford und Halle/Westfalen) sowie weitere verstreute Güter (etwa im
Tal der Wupper). 1214 gründeten sie Bielefeld. 1226 erfolgte eine Teilung.
Jutta von R. verkaufte am 18. 6. 1252 Güter um Vechta und im Emsland an das
Hochstift Münster (Niederstift Münster). 1289/1309 wurden Vlotho und der
Limberg (Lemberg) (wieder) erworben. Nach Aussterben des Mannesstammes 1346 kam
die restliche, wohl 1180 reichsunmittelbar gewordene Grafschaft (um Bielefeld
und Vlotho) über die Nichte (Margarete) des letzten Grafen, die zugleich Erbin der
Grafschaft Berg war, an Jülich, wurde 1409 (pfandweise) um das zunächst
lippische Amt Enger vergrößert, 1609 von Brandenburg und Pfalz-Neuburg in
Besitz genommen, kam aber 1614/1647 ganz an Brandenburg (jülich-klevescher
Erbfolgestreit). Hauptstadt war bis 1719 Bielefeld. 1719 wurde R., für das
Preußen seit 1705 die Aufnahme in das westfälische Reichsgrafenkollegium
beantragte, verwaltungsmäßig mit dem 1648 von Brandenburg erlangten Fürstentum
Minden verbunden. 1807 wurde die bis 1806 dem niederrheinisch-westfälischen
Reichskreis zugehörige, etwa 16 Quadratmeilen umfassende Grafschaft dem Königreich Westphalen einverleibt, 1811 teilweise
unmittelbar zu Frankreich gebracht. 1813 kam sie an Preußen (Provinz
Westfalen). 1946 fiel R. an Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 320; Wallner 701 WestfälRK 3; Großer Historischer Weltatlas II 66
(1378) E2, II 78 (1450) F8, III 22 (1648) D2, III 38 (1789) C1; Ledebur, L. v.,
Das Fürstentum Minden und die Grafschaft Ravensberg, 1825, Neudruck 2009;
Richtering, H./Kittel, E., Westfalen-Lippe, (in) Geschichte der deutschen
Länder, Bd. 1; Weddigen, P., Historisch-geographisch-statistische Beschreibung
der Grafschaft Ravensberg ., 1790; Nitzsch, K., Die Ravensberger
Territorialverfassung im Mittelalter, Diss. phil. Halle 1902; Rossberg, A., Die
Entwicklung der Territorialherrlichkeit in der Grafschaft Ravensberg, Diss.
phil. Leipzig 1909; Terheyden, O., Die Heimat und älteste Geschichte der Grafen
von Calvelage-Ravensberg, Jahresber. d. hist. Ver. f. d. Grafschaft Ravensberg
41 (1927); Herberhold, H., Das Urbar der Grafschaft Ravensberg, Bd. 1ff.
1960ff.; Engel, G., Die Osning-Grafschaft Ravensberg, Westfalen 40 (1962);
Vogelsang, R., Die Grafschaft Ravensberg, (in) Köln-Westfalen 1180-1980, hg. v.
Berghaus, P./Kessemeier, S., 1980, 186ff.; Janssen, W., Ravensberg, LexMA 7
1994, 486; Zunker, D., Adel in Westfalen, 2003, 249 (mit genealogischer
Übersicht).
Recklinghausen (Vest). Das auf einen karolingischen Königshof zurückgehende R. (Ricoldinchuson) wird 1071
(vielleicht schon 965) erstmals genannt. Wohl seit der zweiten Hälfte des 12.
Jahrhunderts wurde das 1228 erstmals erwähnte Gogericht (Vest) R., das sich
westlich Recklinghausens und südlich der Lippe erstreckte, Grundlage einer
Herrschaft des Erzstifts Köln. Das Vest wurde von 1446 bis 1576 an die Herren
von Gemen und ihre Erben, die Grafen von Schaumburg verpfändet. Ende 1802/1803
kam es an den Herzog von Arenberg, 1811 an das Großherzogtum Berg, 1815 an
Preußen (Provinz Westfalen) und 1946 R. an Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 86; Ritz, L., Die ältere Geschichte des Vestes und der Stadt
Recklinghausen, 1903; Körner, J./Weskamp, A., Landkreis Recklinghausen, 1929;
Pennings, H., Geschichte der Stadt Recklinghausen, Bd. 1f. 1930ff.; Dorider,
A., Geschichte der Stadt Recklinghausen 1577-1933, 1955; Der Landkreis
Recklinghausen, hg. v. Lübbersmann, H., 1966; Der Kreis Recklinghausen, hg. v.
Kreis Recklinghausen, 1979; Köbler, G., Gericht und Recht in der Provinz
Westfalen 1815-1945, FS G. K. Schmelzeisen, 1980, 169; 750 Jahre Stadt Recklinghausen,
1236-1986, hg. v. Burghardt, W., 1986; Koppe, W., Stadtgeschichte im
Unterricht, Recklinghausen 900-1950, 1986; Escher, M. u. a., Die urbanen
Zentren, 2005, 2, 501.
Regensburg (freie Stadt, freie Reichsstadt). Nahe
einer älteren vermutlich Radasbona genannten keltischen Siedlung an der Mündung
von Regen (und Naab) in die Donau errichteten die Römer um 80 n. Chr. ein
Kohortenkastell und 179 n. Chr. das Legionskastell Castra Regina bzw. Reginum,
das sie um 400 unzerstört wieder aufgaben. Um 535 nahmen es die Bayern in
Besitz. Ihre agilolfingischen Herzöge richteten dort eine Pfalz ein, die in
Nachfolge von Lorch Hauptsitz wurde. 739 erneuerte Bonifatius das Bistum. 788
fiel bei der Absetzung des bayerischen Herzogs Tassilo III. die Pfalz an den König. Von 918 bis 937 kam R. nochmals an den Herzog,
dann wieder an den König. Infolge seiner
günstigen Verkehrslage entwickelte sich R. zu einer bedeutenden Handelsstadt.
Der Bischof von R. und der Herzog von Bayern, dessen Vorort es bis in die Mitte
des 13. Jahrhunderts war, bemühten sich vor allem nach dem 1185/1196 erfolgten
Aussterben der Burggrafen von R. aus dem Geschlecht der Babonen (Paponen) um
die Erringung der Stadtherrschaft, doch blieb diesen Versuchen der Erfolg
versagt. 1207, 1230 und 1245 erhielt R. von König
Philipp von Schwaben und Kaiser Friedrich II. wichtige Privilegien, so dass es
im Spätmittelalter zu einer der sieben freien Städte aufsteigen konnte, die dem
Reich weder Steuern noch sonstige Abgaben noch Huldigung zu leisten hatten.
1256 trat die Stadt dem rheinischen Städtebund bei. Im 14. und 15. Jahrhundert
sank im Wettbewerb mit Augsburg, Nürnberg und Wien Regensburgs wirtschaftliche
Bedeutung. Von 1486 bis 1492 kam es sogar vorübergehend an Bayern
(Bayern-München). Maximilian I. machte aus der freien Stadt eine kaiserliche
Stadt. 1542 trat R. der Reformation bei, wurde durch Zuwanderung später aber
wieder überwiegend katholisch. Seit 1663 war es der Tagungsort des
immerwährenden Reichstags, seit 1748 Sitz des kaiserlichen Prinzipalkommissärs
Thurn und Taxis. R. führte die erste Stimme auf der schwäbischen Städtebank des
Reichsstädtekollegiums im Reichstag und gehörte dem bayerischen Reichskreis an.
1802/1803 wurde die Reichsstadt R. mit dem Hochstift sowie den Klöstern und Reichsstiften
Sankt Emmeram, Obermünster und Niedermünster unter Fürstprimas Karl Theodor von
Dalberg zum Fürstentum R. vereinigt. 1810 kam sie mit 0,5 Quadratmeilen Gebiet
(der Stadtmark und den Donauinseln Obererer Wöhrd bzw. Oberer Wörth [Oberwörth]
und Unterer Wöhrd bzw. Unterer Wörth [Niederwörth]) an Bayern.
L.: Wolff 152; Zeumer 555 III b 1; Wallner 713 BayRK 17; Großer Historischer
Weltatlas II 66 (1378) G4, III 22 (1648) F4, III 38 (1789) D3; Schroeder
417ff.; Die Territorien des Reichs 6, 36; Gemeiner, K., Regensburger Chronik,
Bd. 1ff. 1800ff., Neudruck 1971; Walderdorff, H. Graf v., Regensburg in seiner
Vergangenheit und Gegenwart, 4. A. 1896; Regensburger Urkundenbuch, Bd. 1 (bis
1350) 1913; Hofmann, A. v., Die Stadt Regensburg, Bd. 1f. 1922; Bastian, F.,
Regensburger Urkundenbuch, 1956; Bosl, K., Die Sozialstruktur der
mittelalterlichen Residenz- und Fernhandelsstadt Regensburg, 1966; Ambronn, K.,
Verwaltung, Kanzlei und Urkundenwesen der Reichsstadt Regensburg im 13.
Jahrhundert, 1968; Hable, H., Geschichte Regensburgs, 1970; Kreuzer, G., 2000
Jahre Regensburger Stadtentwicklung, 1972; Schmid, D., Regensburg I, 1976, (in)
Historischer Atlas von Bayern, Teil Altbayern; Albrecht, D., Regensburg im
WandeL.: Studien zur Geschichte der Stadt im 19. und 20. Jahrhundert, 1984;
Regensburg. Geschichte in Bilddokumenten, hg. v. Kraus, A./Pfeiffer, W., 2. A.
1986; Bauer, K., Regensburg, 4. A. 1988; Schmid, A., Regensburg und Bayern,
1989; Kraus, A., Regensburg, ein Beispiel deutscher Stadtentwicklung, 1989; Schmid,
A., Regensburg. Die Reichsstadt und die Klöster, 1994, Historischer Atlas von
Bayern; Schmid, A., Regensburg, LexMA 7 1994, 563; Regensburg, hg. v. Albrecht,
D., 1994; Regensburg im Mittelalter, hg. v. Wanderwitz, H. u. a., 1995; Schmid,
P., Die Reichsstadt Regensburg, (in) Handbuch der bayerischen Geschichte, hg.
v. Spindler, M., Bd. 3, 3 3. A. 1995, 302; Schmid, A., Regensburg, 1995; Mayer,
S., Das Ringen Bayerns und des Kaiserhofs um die Reichsstadt Regensburg, 1996;
Schmuck, J., Ludwig der Bayer und die Reichsstadt Regensburg, 1997; Trapp, E.,
Welterbe Regensburg, 2008.
Regensburg, Niedermünster (gefürstete Abtei,
Reichsstift, Residenz). An der Stelle einer vorkarolingischen Kirche wird erstmals
um 890 die Abtei Niedermünster in Regensburg genannt. Sie erhielt auf
Veranlassung der Herzogin Judith von Bayern vor allem durch Kaiser Otto I.
reiche Güter. Das Damenstift Niedermünster war seit 1002 reichsunmittelbar
(Immunität, Königsschutz, Vogtwahlrecht) und
stand seit 1229 unter dem Schutz des Papstes. Zu Beginn des 13. Jahrhunderts
wurde die Äbtissin gefürstet. Nach 1654 gehörte sie den rheinischen
Reichsprälaten im Reichstag an und war im bayerischen Reichskreis vertreten.
1802/1803 wurde das im Regensburger Burgfrieden gelegene reichsunmittelbare
Stiftsgebiet mit der Reichsstadt Regensburg, dem Hochstift Regensburg, den
Reichsstiften Sankt Emmeram und Obermünster zum Fürstentum R. vereinigt. 1810
kam es an Bayern. 1821 wurde es Residenz des Bischofs.
L.: Wolff 148; Zeumer 553 II a 37, 15; Wallner 713 BayRK 20; Die Territorien
des Reichs 6, 36; Schönberger, A., Die Rechtsstellung des Reichsstifts
Niedermünster zu Papst und Reich, Bischof, Land und Reichsstadt Regensburg,
Diss. phil. Würzburg 1953; Schlaich, H., Das Ende der Regensburger Reichsstifte
Sankt Emmeram, Ober- und Niedermünster, Verh. d. hist. Ver. f. Oberpfalz und
Regensburg 97 (1956); Wanderwitz, H., Die Reichsstifte Nieder- und Obermünster
bis ins 11. Jahrhundert, FS Kraus, A., 1992, 51; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 716, 1, 2, 421.
Regensburg, Obermünster (gefürstete Abtei,
Reichsstift, Residenz). Das im Südwesten des ehemaligen römischen Legionslagers
nahe dem Benediktinerkloster Sankt Emmeram gelegene Frauenstift Obermünster in
Regensburg wurde vermutlich im 8. Jahrhundert gegründet und ist 866 erstmals
sicher bezeugt. Nach 1002 erhielt es Königsschutz,
1229 päpstlichen Schutz. In der Mitte des 12. Jahrhunderts stand die Vogtei den
Grafen von Scheyern-Wittelsbach zu. Nach 1654 gehörte die Fürstäbtissin zu den
rheinischen Reichsprälaten und zum bayerischen Reichskreis. 1802/1803 wurde das
im Burgfrieden Regensburgs gelegene reichsunmittelbare Gebiet des Reichsstifts
mit der Reichsstadt Regensburg, dem Hochstift Regensburg. und den Reichsstiften
Sankt Emmeram und Niedermünster zum Fürstentum Regensburg vereinigt. 1810 kam
es an Bayern.
L.: Wolff 149; Zeumer 553 II a 37, 16; Wallner 713 BayRK 21; Die Territorien
des Reichs 6, 36; Schlaich, H., Das Ende der Regensburger Reichsstifte Sankt
Emmeram, Ober- und Niedermünster, Verh. d. hist. Ver. f. Oberpfalz und
Regensburg 97 (1956); Hable, G., Geschichte Regensburgs, 1970; Hausberger, K.,
Geschichte des Bistums Regensburg, Bd. 1f. 1989; Wanderwitz, H., Die
Reichsstifte Nieder- und Obermünster bis ins 11. Jahrhundert, FS Kraus, A.,
1992, 51; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W., 2003, 1, 719, 1, 2, 428.
Reichenau (königliches
Kloster, Residenz). Um 724 stiftete der Wanderbischof Pirmin auf der ihm von
Karl Martell überlassenen Sintloozesau genannten Insel im unteren Bodensee eine
Benediktinerabtei, die bald wegen ihres Reichtums R. (Augia dives) hieß. Mit
Hilfe König Karls des Großen gelang es dem Kloster
782 sich aus der Abhängigkeit des Bischofs von Konstanz zu lösen. 981 hatte das
Kloster, das unter den Äbten Hatto (806-822), Walahfrid Strabo (839-848) und
Berno (1008-1049) eines der kulturellen Zentren des Reiches (mit insgesamt 4000
Handschriften) wurde, für den Römerzug mit 60 gepanzerten Reitern höhere
Leistungen zu erbringen als der Bischof von Konstanz. 1123 sind die Welfen als
Vögte nachweisbar, seit 1180 die Staufer, die beträchtliche Teile der im 13.
Jahrhundert zerfallenden Güter erlangten. Die Gewinnung eines weltlichen
Herrschaftsgebiets gelang der gefürsteten Abtei nicht. 1535/1540 verzichtete
der letzte Abt zugunsten des Hochstifts Konstanz auf seine Würde, die Abtei
wurde dem Hochstift Konstanz eingegliedert, 1757 aufgehoben, 1803 mit Konstanz
säkularisiert und Baden einverleibt. 1951/1952 gelangte R. an
Baden-Württemberg.
L.: Wolff 156, 527; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) E5; Brandi, K.,
Die Reichenauer Urkundenfälschungen, 1890; Die Kultur der Abtei Reichenau, hg.
v. Beyerle, K., Bd. 1f. 1925; Die Reichenauer Handschriften, hg. v. Holder, A.,
Bd. 1f. 1971; Die Abtei Reichenau, hg. v. Maurer, H., 1974; Borst, A., Mönche
am Bodensee, 1978; Schmidt, R., Reichenau und Sankt Gallen, 1985; Erdmann, W.,
Die Reichenau im Bodensee, 10. A. 1988; Zettler, A., Reichenau, LexMA 7 1994,
612f.; Richter, M., Neues zu den Anfängen des Klosters Reichenau, ZGO 144
(1996), 1; Rappmann, R./Zettler, A., Die Reichenauer Mönchsgemeinschaft, 1998;
Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W.,
2003, 1, 683, 1, 2, 476; Verblichener Glanz, hg. v. Kreutzer, Thomas, 2007.
Reichsritterschaft. Seit der Mitte des 14. Jahrhunderts
schlossen sich entgegen den Bestimmungen der Goldenen Bulle von 1356 Edelfreie
und frühere Ministeriale vor allem in Schwaben, Franken und dem Rheingebiet zu
Einungen zusammen. 1422 wurden sie durch Kaiser Sigmund anerkannt. 1495
wendeten sie sich gegen die Heranziehung zum gemeinen Pfennig. Seit etwa 1530
leisteten sie stattdessen freiwillige Subsidien und gewannen zunehmend an
Geschlossenheit. 1577 vereinigten sich der Schwäbische Ritterkreis, der
Fränkische Ritterkreis und der Rheinische Ritterkreis mit insgesamt 14 Kantonen
zum Bund der freien R., zu dem von 1651 bis 1678/1681 auch die unterelsässische
Ritterschaft kam. Die Reichsritter waren reichsunmittelbar, wenn sie auch keine
Reichsstandschaft hatten. Voraussetzung für die Aufnahme in die
Ritterschaftsmatrikel war der Besitz eines Rittergutes, doch wurden später auch
Personalisten zugelassen. 1805/1806 wurden die vielfachen Fluktuationen
unterworfenen Reichsritter und ihre etwa 1730 Rittergüter und 450000 Einwohner
umfassenden Territorien mediatisiert. Die Geschichte der R. ist bislang
wissenschaftlich noch nicht völlig befriedigend bearbeitet.
L.: Wolff 15, 506; Die Territorien des Reichs 4, 182; Burgermeister, J.,
Graven- und Ritter-Saal, 1715; Roth von Schreckenstein, Geschichte der
ehemaligen freien Ritterschaft in Schwaben, Franken und am Rheinstrome, 2. A.
1886; Müller, H., Der letzte Kampf der Reichsritterschaft 1790-1815, 1910;
Press, V., Kaiser Karl V., König Ferdinand und
die Entstehung der Reichsritterschaft, 2. A. 1980; Press, V., Kaiser und
Reichsritterschaft, (in) Adel in der Frühneuzeit, hg. v. Endres, R., 1992,
163ff.; Andermann, K., Reichsritterschaft, LexMA 7 1994, 636.
Reil (Reichsdorf). R. im Kröver Reich bei
Kröv an der Mosel verpfändete König Rudolf von
Habsburg 1274 an die Grafen von Sponheim. Am 11. 11. 1374 erlaubte Kaiser Karl IV.
dem Erzbischof von Trier die Einlösung. Dazu kam es aber nicht. Später gelangte
R. zu Preußen (Rheinprovinz) bzw. 1946 zu Rheinland-Pfalz.
L.: Hugo 462, 461.
Remigiusland (Herrschaft). Die vermutlich von
Erzbischof Tilpin in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts gegründete Abtei
Saint Remi in Reims erhielt nach der Aufteilung des fränkischen Reiches von
843, bei der das Erzstift Reims an das Westreich, Teile der Güter des Erzstifts
aber an das Ostreich fielen, 932/952 von Erzbischof Artald die dem Erzstift
Reims, das 940 auch die Grafschaft Reims von König
Ludwig IV. von Frankreich erhielt, wohl am Ende des 6. Jahrhunderts
übertragenen Güter an der Maas und um Kusel (nordwestlich von Kaiserslautern).
Für dieses R. fungierten die Grafen von Veldenz, seit 1444 die Herzöge von
Pfalz-Zweibrücken als Vögte. 1550/1552 musste die Abtei das R. für 8500
Goldgulden an das 1543 geschaffene Pfalz-Veldenz verkaufen. Von dort kam es
1694 beim Aussterben der Linie an die Pfalz und damit 1777 an Bayern. 1946
gelangte das Gebiet an Rheinland-Pfalz.
L.: Remling, F., Urkundliche Geschichte der ehemaligen Abteien und Klöster,
1836; Remling, F., Geschichte der Benediktinerpropstei St. Remigiberg, 1856;
Doll, L., Das Kloster Remigiusberg, (in) Landkreis Kusel, 1959.
Remiremont (Reichsabtei, Residenz). R. (Romarici
mons) in den Vogesen wurde um 620 durch den austrasischen Adeligen Romaric und
den Einsiedler Amé gegründet. Am Ende des 10. Jh.s kam R. unter der Herrschaft
des Kaisers an die Grafen von Metz, die im 11. Jh. Herzöge von Oberlothringen
wurden, Seit dem 11. Jh. wurde R. Stift für adlige Damen. 1307 wurde die
Äbtissin von König Albrecht I. zur Reichsfürstin
ernannt. Seit 1415 wurde der Titel von allen Äbtissinen getragen. 1556
unterstellte Karl III. die Güter seiner Herrschaft. Die in 52 bans (Sprengel)
eingeteilten weltlichen Güter blieben bis zum Ende unverändert.
L.: Hlawitschka, E., Studien zur Äbtissinnenreihe von Remiremont, 1963;
Remiremont, 1985; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W., 2003, 1, 722, 1, 2, 478.
Reuß (Grafen, Fürstentum, Herrschaft). Die
einst zu Thüringen zuzuordnenden reichsministerialischen Herren von Weida, die
von einem bei Mühlhausen ansässigen Geschlecht abstammten, um 1180 mit der
Verwaltung von Reichsgütern an der Elster betraut wurden und vermutlich schon
vor 1193, jedenfalls nachweislich seit 1209 den Titel Vogt (advocatus) führten,
der die Benennung ihres Herrschaftsgebiets als Vogtland (mit Weida, Plauen,
Voigtsberg [Vogtsberg], Ziegenrück, Triptis, Auma, Hof, Ronneburg u. a.)
begründete, spalteten sich 1244 in die Vögte von Weida (bis 1531/1535), die
Vögte von Gera (1550 erloschen) und die Vögte von Plauen. Die Vögte von Plauen
teilten sich 1306 in die Linien Plauen und Reuß von Plauen. Die ältere Linie
der Vögte von Plauen, die von 1426 bis 1439 als Lehen die Burggrafschaft Meißen
und damit die Reichsfürstenwürde erhielt und den Titel auch nach dem Verlust
der Burggrafschaft Meißen fortführte, erlosch 1572. Die jüngere Linie der Vögte
von Plauen wurde von dem 1292/1294 verstorbenen Henricus Ruthenus, deutsch
Heinrich R., der eine Enkelin König Daniels von
Galizien in Russland geheiratet hatte und sich deswegen R. nannte, begründet.
Sie erwarb unter anderem 1451 Oberkranichfeld und 1492 Zeulenroda. Insgesamt
gehörten ihr Güter im Umfang von 21 Quadratmeilen, die aus einem südlichen, bei
weitem größeren und einem nördlichen, kleineren Teil bestanden. 1535 wurde die
Reformation durchgeführt. Die Linie teilte sich nach dem Verlust aller
böhmischen und wettinischen Lehen 1535/1564 in eine ältere Linie
Reuß-Untergreiz (mit der Hälfte von Greiz und den Ämtern Untergreiz und Burgk
[Burg]), eine mittlere, 1616 ausgestorbene Linie Reuß-Obergreiz und eine
jüngere Linie Reuß-Gera. 1572 fielen die Güter der älteren Linie der Vögte von
Plauen an. 1616 wurden Untergreiz und Obergreiz vereint, woraus Reuß-Greiz
entstand. Seit 1668 führten die R. die Bezeichnung der Heinriche mit römischen
Nummern ein. Reuß-Greiz und Reuß-Gera wurden 1673 in den Grafenstand (wetterauische
Reichsgrafen) erhoben und 1778 (Reuß-Greiz) bzw. 1790 (Reuß-Lobenstein) bzw.
1806 (Reuß-Schleiz) gefürstet. Reuß-Greiz unterteilte sich weiter in Reuß-Greiz
(Obergreiz und Untergreiz), Reuß-Burgk (Reuß-Burg) und Reuß-Dölau und
Rothenthal, doch fielen die Güter später wieder an den sich seit 1616
Reuß-Greiz nennenden ursprünglichen Zweig Untergreiz (1768). Reuß-Gera spaltete
sich in Reuß-Gera (mit Gera, Langenberg [Längenberg], 78 Dörfern sowie dem Amt
Saalburg) (bis 1802), (Reuß-Saalburg), Reuß-Schleiz (mit Schleiz, Tanna und
Reichenfels), Reuß-Köstritz (mit Reichenfels) sowie Reuß-Lobenstein, das 1678
weiter zerfiel in Reuß-Hirschberg (bis 1711), Reuß-Lobenstein (mit Lobenstein
und Hirschberg) (bis 1824) und Reuß-Ebersdorf (mit Ebersdorf) (bis 1853). Als
Reuß-Gera 1802 erlosch, fielen die Güter zur einen Hälfte an Reuß-Schleiz, zur
anderen Hälfte an Reuß-Lobenstein und Reuß-Ebersdorf, doch gelangten sie später
überwiegend an Reuß-Schleiz. 1807 traten alle reußischen Linien dem Rheinbund
bei. Reuß-Greiz (bzw. Reuß-Untergreiz) (R. ältere Linie) schloss sich nach dem
Untergang des Deutschen Bundes 1866 dem Norddeutschen Bund an, erhielt 1867
eine Verfassung und trat 1871 dem Deutschen Reich bei. Reuß-Schleiz und
Reuß-Ebersdorf, das 1824 beim Erlöschen von Reuß-Lobenstein dieses beerbte,
vereinigten sich nach Abdankung des Fürsten von Reuß-Ebersdorf bzw.
Reuß-Lobenstein am 1. 10. 1848 zu Reuß jüngere Linie mit der Hauptstadt Gera.
Dieses Fürstentum erhielt 1849 eine 1852 revidierte Verfassung und schloss sich
1866 Preußen an. 1902 übernahm Reuß jüngere Linie die Vormundschaft über Reuß
ältere Linie, das 1927 überhaupt ausstarb. Am 10. 11. 1918 dankte Heinrich
XXVII. von R. (R. jüngere Linie, seit 1930 R.) ab. Zusammen zählten die beiden
verbleibenden Fürstentümer (317 Quadratkilometer, 827 Quadratkilometer) 212000
Einwohner. Am 4. 4. 1919 wurde die Verwaltungsgemeinschaft beider Territorien
zu einem Volksstaat zusammengefasst, der am 30. 4./1. 5. 1920 im Land Thüringen
aufging. Das Land Thüringen kam 1945 zur sowjetischen Besatzungszone und damit
1949 zur Deutschen Demokratischen Republik. 1952 wurde es aufgelöst (str.),
1990 aber wieder begründet.
L.: Wolff 417ff.; Zeumer 553 II b 60, 22; Großer Historischer Weltatlas III 22
(1648) E3, III 38 (1789) D2; Schmidt, B., Geschichte des Reußenlandes, Bd. 1f.
1923ff.; Flach, W., Die Urkunden der Vögte von Weida, Gera und Plauen bis zur
Mitte des 14. Jahrhunderts, 1930; Pasold, A., Geschichte der reußischen
Landesteilungen von der Mitte des 16. Jahrhunderts bis zur Einführung der
Primogenitur im Jahre 1690, 1934; Geschichte Thüringens, hg. v. Patze, H. u.
a., Bd. 2,1 1974; Querfeld, W., Forschungen zur Geschichte des ehemaligen
Reußenlandes, FS H. Eberhardt, 1993, 93.
Reval (Bistum, Reichsfürst, Residenz des
Bischofs), Tallinn (Taani linn Dänenburg). Der Bischof des 1219 von König Waldemar II. von Dänemark gegründeten Bistums
Reval in Livland galt, obgleich er kein weltliches Herrschaftsgebiet hatte und
dem Erzbischof von Lund unterstellt war, seit 1521 als Reichsfürst. 1561 wurde
die Reformation eingeführt und das Bistum aufgelöst.
L.: Wittram, R., Baltische Geschichte 1180-1918, 1954; Mühlen, H. v. zur, Reval
vom 16. bis zum 18. Jahrhundert, 1985; Mühlen, H. v. zur, Reval, LexMA 7 1995,
769f.; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini,
W., 2003, 1, 604, 1, 2, 481.
Rheina-Wolbeck (Fürstentum). An der Furt einer
wichtigen Straße über die Ems wird erstmals 838 ein Königshof
genannt, zu dem eine dem heiligen Dionysius (von Paris) geweihte Pfarrkirche
gehörte. Seit dem 13. Jahrhundert kam Rheine an das Hochstift Münster. 1327
wurde es zur Stadt erhoben. 1463 wurde in der Nähe ein Kloster gegründet. 1803
wurde das aufgegebene Kloster Residenz des aus zwei Ämtern des ehemaligen
Hochstifts Münster für den Herzog Wilhelm Joseph von Looz-Corswarem gebildeten
Fürstentums R. Dieses bestand aus einem 80 Kilometer langen, 10 bis 15
Kilometer breiten Streifen längs der Ems (zwischen Münster und Lingen) und kam
1806 an das Großherzogtum Berg, 1811 an Frankreich, 1815 in seinem südlichen
Teil an Preußen (Provinz Westfalen), in seinem nördlichen Teil an Hannover und
damit 1866 ebenfalls an Preußen. 1946 fiel das Gebiet mit Rheine bis auf einen
kleinen Teil im Norden an Nordrhein-Westfalen.
L.: Führer, A., Geschichte der Stadt Rheine, 1927; Tönsmeyer, J., Das
Landesfürstentum Rheina-Wolbeck, 1962.
Rheinbund (Länderbund, Konföderation). Am 12. 7.
1806 schlossen sich Bayern, Württemberg, der Kurerzkanzler (aus dem früheren
Erzstift Mainz), Baden, Berg und Kleve, Hessen-Darmstadt, Nassau-Usingen,
Nassau-Weilburg, Hohenzollern-Hechingen, Hohenzollern-Sigmaringen, Salm-Salm,
Salm-Kyrburg, Isenburg-Birstein, Arenberg, Liechtenstein und von der Leyen
unter Vergrößerung ihrer Gebiete durch Mediatisierungen und unter Lossagung vom
Reich zu einer etwa ein Drittel des Reiches umfassenden Konföderation unter dem
Protektorat Frankreichs zusammen. Mit Ausnahme Österreichs, Preußens, Pommerns
(Schweden) und Holsteins (Dänemark) traten ihm bis 1808 alle verbliebenen
deutschen Einzelstaaten bei, nämlich am 25. 9. 1806 das Großherzogtum Würzburg,
am 11. 12. 1806 das Königreich Sachsen, am 15.
12. 1806 Sachsen-Weimar, Sachsen-Coburg, Sachsen-Gotha, Sachsen-Hildburghausen,
Sachsen-Meiningen, am 18. 4. 1807 Anhalt-Bernburg, Anhalt-Dessau,
Anhalt-Köthen, Schwarzburg-Rudolstadt, Schwarzburg-Sondershausen, Waldeck,
Lippe-Detmold, Schaumburg-Lippe und vier Linien Reuß, am 15. 11./7. 12. 1807
das Königreich Westphalen, am 10. 2./22. 3. 1808
die Herzogtümer Mecklenburg-Strelitz und Mecklenburg-Schwerin und am 14. 10.
1808 Oldenburg. Damit zählte der R. 39 Einzelstaaten mit 325800
Quadratkilometern und 14,61 Millionen Einwohnern. Am Ende des Jahres 1810
annektierte Frankreich Hamburg, Lübeck, Bremen, Lauenburg, Oldenburg, Arenberg,
Salm-Salm, Salm-Kyrburg und die nördlichen Teile von Westphalen und Berg. 1813
zerfiel der R.
L.: Joachim, E., Die Entwicklung des Rheinbundes, 1886; Bitterauf, T.,
Geschichte des Rheinbundes, Bd. 1 1905; Huber, E., Deutsche
Verfassungsgeschichte, Bd. 1 2. A. 1967.
Rheineck (Reichsstadt ?). 1276 erteilte König Rudolf von Habsburg dem im 13. Jahrhundert von
den Grafen von Werdenberg gegründeten R. im Unterrheintal oberhalb der Mündung
des Rheins in den Bodensee die Rechte einer Reichsstadt. 1415 fiel R. an das
Reich. Ab 1489 ging es als Teil der Landvogtei Rheintal und als Schirmort der
Abtei Sankt Gallen an die Eidgenossenschaft der Schweiz über. Dort wurde es
Teil des Kantons Sankt Gallen.
L.: Wolff 527; Marquardt, B., Die alte Eidgenossenschaft und das Heilige römische
Reich, 2007.
Rheinfelden (Reichsstadt, Herrschaft). Um 1130
gründeten die Herzöge von Zähringen als Erben älterer, von den Königen von Burgund abstammender Herren bzw. Grafen
von R. im Aargau die Stadt R. Nach dem Aussterben der Herzöge von Zähringen
(1218) wurde R. Reichsstadt. Später wurde es an Habsburg verpfändet. Zur
Grafschaft R., die am Ende des 18. Jahrhunderts über den Breisgau Österreichs
zum österreichischen Reichskreis zählte, gehörte seit dem 14. Jahrhundert auch
Wyhlen. Napoleon I. vereinigte 1802 das Fricktal samt R. und Laufenburg mit dem
Aargau. Am 9. 2. 1803 wurden die Gebiete dem Aargau und damit der Schweiz
eingegliedert.
L.: Wolff 41; Wallner 713 ÖsterreichRK 1; Schib, K., Stadtgeschichte von
Rheinfelden, 1961; Die Salier und das Reich, Bd. 1 1991; Struve, T.,
Rheinfeldener, LexMA 7 1995, 783; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005,
2, 517.
Rietberg, Rittberg (Grafschaft). Im Sumpf der
oberen Ems nordwestlich Paderborns errichteten die Grafen von (Werl-)Arnsberg
im 12. Jahrhundert die Burg R. (Rietbike), nach der sich seit 1237 eine
jüngere, mit Gütern nördlich der Lippe abgefundene Linie Grafen von R. nannte.
1353 wurde die kleine Grafschaft durch Lehnsauftragung an das Reich
reichsunmittelbar. 1456 trug der Graf sie den Landgrafen von Hessen zu Lehen
auf, behielt aber die Reichsstandschaft im niederrheinisch-westfälischen
Reichskreis. 1533 wurde die Reformation eingeführt. Beim Aussterben der Grafen
kam die Grafschaft 1562/1577 über die Erbtochter an die Grafen von Ostfriesland
(Cirksena). 1600 verzichtete Enno III. zugunsten seiner Töchter auf R. und
erhielt dafür das mit der Grafschaft seit 1540 in Personalunion verbundene
Harlingerland. R. wurde der Gegenreformation unterzogen. 1690/1702 kam es in
weiblicher Erbfolge an die Grafen von Kaunitz, die damit seit 1699 zu den
westfälischen Reichsgrafen der weltlichen Bank des Reichsfürstenrates des
Reichstags zählten. 1807 wurde das etwa 5,5 Quadratmeilen große R. dem Königreich Westphalen einverleibt und fiel 1815 an
Preußen (Standesherrschaft), 1946 an Nordrhein-Westfalen. Der letzte Graf von
Kaunitz verkaufte 1820/1821 die verbliebenen Rechte an bürgerliche Käufer.
L.: Wolff 358; Zeumer 554 II b 63, 14; Wallner 703 WestfälRK 26; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) E3, III 38 (1789) B3; Richtering,
H./Kittel, E., Westfalen-Lippe, (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1;
Walter, F., Paladine der Kaiserin, 1959; Scherl, H., Die Grafschaft Rietberg
unter dem Geschlecht der Kaunitz, Diss. phil. Innsbruck 1962; Leesch, W., Die
Grafen von Rietberg aus den Häusern Arnsberg und Ostfriesland, (in)
Westfälische Zeitschrift 113 (1963), 283; Klingenstein, G., Der Aufstieg des
Hauses Kaunitz, 1975; Köln-Westfalen 1180-1190, hg. v. Berghaus, P. u. a.,
1980; Hanschmidt, A., 750 Jahre Grafschaft Rietberg, Heimat-Jb. Kreis Gütersloh
1987 (1986); Janssen, W., Rietberg, LexMA 7 1995, 841; Escher, M. u. a., Die
urbanen Zentren, 2005, 2, 521.
Rödelheim (Herren). 788 wird R. im Niddagau erstmals
genannt (Radilnheim). Seit etwa 1150 bestand dort eine Wasserburg, die König Rudolf von Habsburg von Ganerben erwarb und zur
Reichsburg erhob. 1443 veräußerten die 1442 damit belehnten Herren von
Praunheim ihre Rechte an die Kronberg und an Frankfurt am Main. Erben der
Kronberg waren die Grafen von Solms, die 1569 Frankfurt durch drei Viertel von
Niederrad abfanden. Innerhalb Solms’ wurde R. Sitz mehrerer von Solms-Lich bzw.
Solms-Laubach abgespalteten Linien Solms-Rödelheim (erloschen 1640, 1722). 1806
kam R. an Hessen-Darmstadt, 1866 an Preußen und 1945 an Hessen. S.
Solms-Rödelheim.
L.: Wolff 274.
Romansweiler (Reichsdorf), Rumolsweiler. Am 1. 5.
1287 ermächtigte König Rudolf von Habsburg den
Otto von Ochsenstein, unter anderem das Dorf R. im Elsass von den Herren von
Geroldseck auszulösen. Mit dem Elsass kam R. zu Frankreich.
L.: Hugo 472.
Ronsberg (Grafen). 1182/1185 gründeten die Grafen
bzw. seit 1182 Markgrafen von R., die Vögte von Ottobeuren und 1199 Königswähler waren, an der östlichen Günz die
Benediktinerabtei Irsee bei Kaufbeuren. Die an der Günz gelegene Herrschaft R.
gehörte zu Schwäbisch-Österreich. Von dort kam sie an Bayern.
L.: Wolff 46.
Rosenbach (Freiherren, Reichsritter). Im 18. Jahrhundert
zählten die Freiherren von R. mit Teilen von Gaukönigshofen,
das 1808 an Würzburg fiel, zum Kanton Odenwald des Ritterkreises Franken. Mit
Schackau (Schlackau), Bubenbad, Danzwiesen, Eselsbrunn, Gräbenhof, Kleinsassen,
Dietges, Dörmbach, Eckweisbach, Gründcheshof, Harbach, Langenberg, Rupsroth,
Ziegelhof (Ziegelhütte), Teilen von Maßbach samt einem Drittel Weichtungen,
Teilen von Poppenlauer, Thundorf mit Haupertsmühle (Haupersmühle) und Teilen
von Volkershausen waren sie etwa gleichzeitig im Kanton Rhön-Werra
immatrikuliert. Außerdem waren sie seit der Mitte des 16. Jahrhunderts Mitglied
im Kanton Baunach.
L.: Seyler 380; Hölzle, Beiwort 56; Winkelmann-Holzapfel 160; Stetten 37, 188;
Riedenauer 126; Rahrbach 195.
Rotenburg (Herrschaft, Residenz des Bischofs von
Verden). In R. an der Wümme erbaute 1195 der Bischof von Verden die Burg R. In
der Folge wechselte die Burg mit der zugehörigen Herrschaft öfter den Inhaber.
Am Ende des 18. Jahrhunderts gehörte die ehemalige Herrschaft über das Fürstentum
Verden des Königs von Großbritannien zum
niederrheinisch-westfälischen Reichskreis. Über Hannover und Preußen (1866) kam
R. 1946 an Niedersachsen.
L.: Wolff 332; Heyken, E., Rotenburg: Kirche, Burg und Bürger, 1966; Höfe und
Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 2,
496.
Rothenberg, (Rothenburg) (Herrschaft, Ganerben).
Nach dem (Alten) R. bei Nürnberg nannten sich seit der 2. Hälfte des 13.
Jahrhunderts Reichsministeriale, deren Güter um 1300 an die Herren von Wildenstein
und mit dem (Neuen) R. 1360 durch Verkauf an Kaiser Karl IV. kamen. 1401
eroberte König Ruprecht von der Pfalz R. Nach
Anerkennung der Lehnshoheit Böhmens (1465) verkaufte Pfalz-Mosbach R. 1478 an
einige fränkische Ritter, die sog. Ganerben. 1662/1663/1698 verdrängte Bayern,
das nach 1619 die Oberpfalz erworben hatte, die Ganerbschaft aus der zum
bayerischen Reichskreis zählenden Herrschaft, führte die Gegenreformation durch
und verlor die Herrschaft (Neunkirchen am Sand, Schnaittach, Kirchröttenbach,
Bühl, R.) nur zwischen 1706 und 1714 an die Reichsstadt Nürnberg.
L.: Wolff 138; Wallner 712 BayRK 3; Schütz, M., Die Ganerbschaft von Rothenberg
in ihrer politischen, juristischen und wirtschaftlichen Bedeutung, Diss. phil.
Erlangen 1924; Kreuzer, L., Die Herrschaft Rothenberg im Widerstreit zwischen
Kurbayern und Nürnberg, 1975.
Rothenburg (Herzogtum). Nach der nach dem
Aussterben der Grafen von Comburg (Komburg) (1116) an die Staufer gelangten
Burg R. ob der Tauber nannten sich von 1150 bis 1192 mehrere Angehörige des
staufischen Hauses Herzöge von R., womit sie möglicherweise den Anspruch auf
das Herzogtum Franken, das schon kurz nach seiner Vergabe durch Kaiser Heinrich
V. an den späteren König Konrad III. (1116) 1120
an den Bischof von Würzburg gekommen war, betonen wollten. Im 14. Jahrhundert
kamen die Güter überwiegend an die Reichsstadt R. und damit später an Bayern
bzw. Baden-Württemberg.
L.: Bosl, K., Rothenburg im Stauferstaat, 1947; Schlinker, S., Fürstenamt und
Rezeption, 1999, 29.
Rothenburg, Rothenburg ob der Tauber (Reichsstadt).
Auf der Bergnase oberhalb des 970 von den Grafen von Comburg (Komburg) mit
einer Kirche versehenen Dorfes Detwang (Dettwang) im Taubertal errichteten die
Grafen von Comburg (Komburg) die rothe Burg, nach der sie sich im 11.
Jahrhundert ebenfalls benannten. Beim Aussterben der Grafen von
Rothenburg-Comburg (Rothenburg-Komburg) 1116 fiel sie zusammen mit dem
Herzogtum Franken und der Grafschaft im Kochergau an die Staufer, als deren Gut
sie 1144 erstmals genannt wird (Reichsburg nach 1142?). Vor 1241 erhielt der
sich anschließende Ort Stadtrecht (1172?). 1273 zog König
Rudolf von Habsburg ihn an das Reich. Ab 1274 war er Reichsstadt und löste sich
von der Reichslandvogtei. R. gewann trotz zeitweiliger Verpfändung an die
Herren von Hohenlohe vom 14. bis zum 16. Jahrhundert ein ansehnliches, auf drei
Seiten eingezäuntes und befestigtes Landgebiet (Landhege), wurde aber wegen des
Widerstands des Patriziats nie Fernhandelsstadt. 1355 gab Kaiser Karl IV. das
Privileg der Unverpfändbarkeit. 1544 wurde die Reformation eingeführt. Die
Herrschaft der mit Sitz und Stimme im schwäbischen Reichsstädtekollegiums des
Reichstags und im fränkischen Reichskreis vertretenen Stadt umfasste am Ende
des 18. Jahrhunderts die Landvogtei im Gau rechts der Tauber und die kleine
Landvogtei links der Tauber (Teile von Gebsattel, Herrschaft Nordenberg mit
Reichsamt Detwang [Dettwang] und der Hinterburg, Bannerschaft Endsee, Burgen
Gammesfeld [Gammersfeld] und Insingen [Inzingen] mit Zubehör, Burg und
Herrschaft Lichtel [Liental], Burg und Vogtei Seldeneck, Burg und Herrschaft
Gailnau mit Vogtei Wettringen und Gericht zu Brettheim, Oberstetten, Oestheim,
Teile von Archshofen, Burg Diebach und das Deutschordenshaus Rothenburg mit
Gütern). Mit Teilen von Pfahlenheim war R. im Kanton Odenwald des Ritterkreises
Franken immatrikuliert. 1802/1803 kam es mit 5 Quadratmeilen bzw. 370
Quadratkilometern Gebiet, 180 Ortschaften und 24000 Einwohnern an Bayern, 1810
der westliche Teil des Landgebiets an Württemberg und damit 1951/1952 an
Baden-Württemberg.
L.: Wolff 128; Zeumer 555 III b 8; Wallner 693 FränkRK 18; Großer Historischer
Weltatlas II 66 (1378) F4, II 78 (1450) G4, III 22 (1648) E4, III 38 (1789) D3;
Winkelmann-Holzapfel 160; Riedenauer 129; Schroeder 241ff.; Bensen, W.,
Beschreibung und Geschichte der Stadt Rothenburg, 1856; Hölzle, E., Der
deutsche Südwesten am Ende des alten Reiches, 1938; Bosl, K., Rothenburg im
Stauferstaat, 1947; Holstein, K., Rothenburger Stadtgeschichte, 1953;
Woltering, W., Die Reichsstadt Rothenburg ob der Tauber und ihre Herrschaft
über die Landwehr, Bd. 1 1965, Bd. 2 1971; Schnelbögl, F., Die fränkischen
Reichsstädte, Zs. f. bay. LG. 31 (1968); Schnurrer, L., Rothenburg im
schwäbischen Städtebund, 1969, Esslinger Studien 15; Ziegler, P., Die
Dorfordnungen im Gebiet der Reichsstadt Rothenburg, Diss. jur. Würzburg, 1977;
Fränkische Reichsstädte, hg. v. Buhl, W., 1987, 187; Borchardt, K., Die
geistlichen Institutionen in der Reichsstadt Rothenburg ob der Tauber und dem
zugehörigen Landgebiet von den Anfängen bis zur Reformation, 1988; Wendehorst,
A., Rothenburg, LexMA 7 1995, 1050.
Rothenfels (Herrschaft, Grafschaft,
Reichsgrafschaft). Die um die Burg R. liegende Herrschaft R. war ursprünglich
Teil der Grafschaft im Allgäu, die Kaiser Friedrich II. 1243 durch Kauf von den
Grafen von Kirchberg erwarb. 1332 kam sie von den Herren von Schellenberg, die
sie als Reichslehen erlangt hatten, durch Verkauf an das Haus
Montfort-Tettnang. 1471 erhob der Kaiser in Abänderung zweier Verleihungen von
1447 und 1463 die Herrschaft zur Reichsgrafschaft. 1360 wurde das
Herrschaftsgebiet um Immenstadt, 1440 um Staufen und 1785 um Werdenstein
erweitert. 1565 erwarben die Herren von Königsegg
in Oberschwaben durch Kauf die Grafschaft (Linie Königsegg-Rothenfels).
Am Ende des 18. Jahrhunderts gehörten die Grafschaft und die Herrschaft
Staufen, die zusammen 13 Quadratmeilen umfassten, zum schwäbischen Reichskreis
und zum schwäbischen Reichsgrafenkollegium des Reichstags. 1804 vertauschten
die 1629 zu Reichsgrafen aufgestiegenen Herren von Königsegg
R. gegen ungarische Krongüter an Österreich. 1805 fiel R. an Bayern.
L.: Wolff 201; Wallner 685 SchwäbRK 9; Großer Historischer Weltatlas III 22
(1648) E5, III 38 (1789) D4; Crämer, U., Das Allgäu, 1954; Heimatbuch der Stadt
Immenstadt im Allgäu, 1960.
Rottershausen, Ratershausen (Reichsdorf). Nach einer
undatierten Urkunde König Ruprechts hatte das
Reich Gefälle in dem ehemals zum Reichsvogteiamt Schweinfurt gehörigen Dorf R.
bei Schweinfurt, das später zu Bayern kam.
L.: Dacheröden 260; Hugo 460, 456.
Rottweil (Reichsstadt). R. am obersten Neckar
liegt auf dem Gebiet des römischen, um 73 n. Chr. an wichtigen Straßen
angelegten Ortes Arae Flaviae. 771/887 wird die vielleicht aus einem
alemannischen Herzogshof bzw. merowingischen Königshof
des 8. Jahrhunderts entstandene Pfalz Rotumvila (roter Hof) erwähnt, deren
Vögte seit dem 11. Jahrhundert die Herzöge von Zähringen waren. Vermutlich um
die Mitte des 12. Jahrhunderts (1140?) entwickelte sich daneben auf einem
nordwestlich gelegenen Bergsporn eine Siedlung zum Markt, die im 14.
Jahrhundert Reichsstadt (1299 Freiheit von auswärtigen Gerichten, 1358 Kauf des
Königshofes, 1359 Erwerb des Blutbanns,
1383/1401 Erwerb des Reichsschultheißenamtes) wurde. Von 1463/1519 bis
1802/1803 war R., das im 15. und 16. Jahrhundert ein ansehnliches
Herrschaftsgebiet mit 28 Dörfern vor allem aus den Gütern der 1594
ausgestorbenen Grafen von Zimmern gewann, zugewandter Ort der Eidgenossenschaft
der Schweiz. Bis 1784 bestand das seit dem 13. Jahrhundert überlieferte
kaiserliche Hofgericht zu R. Am Ende des 18. Jahrhunderts gehörten der Stadt
das Obervogteiamt (Dietingen und Irslingen, Dunningen, Böhringen, Göllsdorf,
Villingendorf und Talhausen, die Burg Schenkenberg mit Epfendorf, Herrenzimmern
und Seedorf), das Pürschvogteiamt (Teile von Zimmern, Horgen, Hochmössingen und
Winzeln, Bösingen, Stetten, Niedereschach, Fischbach, Neufra, Sinkingen und
Bettlinsbad), das Bruderschaftsoberpflegamt (Deißlingen, Dauchingen, Mühlhausen
und Weilersbach), das Spitaloberpflegamt (Feckenhausen) und die unmittelbar
unter dem Stadtmagistrat stehenden Orte Altstadt, Bernburg, Eckhof, Harthausen
[Harthaus], Hochwald, Hohenstein und Wildeck. 1802/1803 fiel das 4
Quadratmeilen bzw. 220 Quadratkilometer große und rund 13600 Einwohner
umfassende R. noch vor Verkündigung des Reichsdeputationshauptschlusses an
Württemberg und wurde Sitz eines Oberamts. 1951/1952 kam R. an
Baden-Württemberg.
L.: Wolff 215; Zeumer 555 III b 10; Wallner 687 SchwäbRK 32; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) E4, II 72b (bis 1797) B1, II 78 (1450) F4,
III 22 (1648) D4, III 38 (1789) C3; Schroeder 339ff.; Die Territorien des
Reichs 5, 214; Ruckgaber, H., Geschichte der Frei- und Reichsstadt Rottweil,
1835ff.; Thudichum, F., Geschichte der Reichsstadt Rottweil und des
kaiserlichen Hofgerichts daselbst, 1911; Merkle, J., Das Territorium der
Reichsstadt Rottweil, 1913, Darstellungen aus der württembergischen Geschichte
11; Hölzle, E., Der deutsche Südwesten am Ende des alten Reiches, 1938;
Steinhauser, A., Officina Historiae Rottwilensis, 1950; Leist, J., Reichsstadt
Rottweil, 1962; Laufs, A., Die Verfassung und Verwaltung der Stadt Rottweil
1650-1806, 1963; Der Kreis Rottweil, hg. v. Theiss, K./Baumhauer, H., 1963;
Grube, G., Die Verfassung des Rottweiler Hofgerichts, 1969; Planck, D., Arae
Flaviae. Neue Untersuchungen zur Geschichte des römischen Rottweil, Teil 1f.
1975; Burgstahler, F., Rottweil im 19. Jahrhundert, 1989; Weber, E., Städtische
Herrschaft und bäuerliche Untertanen, 1992; Fahlbusch, F., Rottweil, LexMA 7
1995, 1055; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 2, 529; Marquardt, B.,
Die alte Eidgenossenschaft und das Heilige römische Reich, 2007.
Rudolstadt (Stadt, Residenz des Grafen von
Schwarzburg-Rudolstadt). In R. an der Saale erscheinen im frühen 9. Jahrhundert
von Slawen besessene Hufen des Klosters Hersfeld. Seit Anfang des 13.
Jahrhunderts sind dort die Grafen von Orlamünde nachweisbar, von denen R. 1326
Stadtrecht erhielt, aber (endgültig 1340) an die Grafen von Schwarzburg kam.
1361 mussten die Grafen R. von Karl IV. als König
von Böhmen zu Lehen nehmen. Innerhalb Schwarzburgs kam R. an die in Ranis
sitzende Linie. 1552/1599 wurde es Sitz der Linie Schwarzburg-Rudolstadt, das
1920 in Thüringen aufging. Mit diesem kam es von 1949 bis 1990 an die Deutsche
Demokratische Republik.
L.: Wolff 412; Hesse, L., Rudolstadt und Schwarzburg mit ihren Umgebungen,
historisch und topographisch dargestellt, 1816; Renovanz, L., Chronik der
fürstlich-schwarzburgischen Residenzstadt, 1859ff.; Trinckler, H.,
Entstehungsgeschichte und Häuserchronik von Altrudolstadt, 1939; Höfe und
Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 2,
501.
Rügen (Fürsten, Fürstentum). Die 926
Quadratkilometer große Insel R. in der Ostsee war vielleicht seit 500 v. Chr.
von den germanischen Rugiern besiedelt. Nach deren Abzug drangen im 7.
Jahrhundert n. Chr. slawische Ranen ein. Diese wurden 1168 von König Waldemar von Dänemark unterworfen und
christianisiert (Bistum Roskilde). Die von 1162 bis 1325 herrschenden Fürsten
von R. waren Lehnsträger Dänemarks. 1325 fiel R. beim Aussterben der Fürsten an
die Herzöge von Pommern und zählte später zum obersächsischen Reichskreis. 1534
wurde im Herzogtum Pommern die Reformation eingeführt. 1648 kam R. an Schweden,
1815 an Preußen, 1945 an Mecklenburg und damit von 1949 bis 1990 zur Deutschen
Demokratischen Republik. S. Mecklenburg-Vorpommern, Putbus.
L.: Wolff 404; Wehrmann, M., Geschichte der Insel Rügen, Bd. 1f. 2. A. 1923;
Rudolph, W., Die Insel Rügen, 3. A. 1955; Polenz, P. v., Landschafts- und
Bezirksnamen, 1961, II, 56; Scheil, U., Zur Genealogie der einheimischen
Fürsten von Rügen, 1962; Steffen, W., Kulturgeschichte von Rügen bis 1815,
1963; Leciejewicz, L., Rügen, LexMA 7 1995, 1091f.; Büttner, B., Die Pfarreien
der Insel Rügen, 2006; Rügen im Mittelalter, hg. v. Reimann, H. u. a., 2011.
Runkel (Herrschaft). Die Burg R. an einer
vermutlich schon früher befestigten Furt über die Lahn wurde wahrscheinlich vor
1159 von den edelfreien Herren von R. auf Geheiß des Königs
erbaut und ist seit 1159 bezeugt. Sie war Mittelpunkt einer kleinen Herrschaft,
die noch im 12. Jahrhundert durch die Herrschaften zum Westerwald und
Westerburg erweitert wurde. Im 13. Jahrhundert spaltete sich das Haus R. ab.
Die Linie R. erbte 1454/1462 durch Heirat die Grafschaft Wied, die 1244 von den
älteren, im Mannesstamm erloschenen Grafen von Wied in weiblicher Erbfolge an
Graf Bruno von Isenburg und das von ihm begründete neue Haus Wied gelangt war. Die
Linie Westerburg erbte 1468 die Grafschaft Leiningen. R. kam über Nassau 1866
an Preußen (Hessen-Nassau) und 1945 zu Hessen. S. Wied-Runkel.
L.: Wolff 344; Demandt, K., Geschichte des Landes Hessen, 2. A. 1972, Neudruck
1980.
Saalfeld (Reichsabtei?, Stadt). 899 gab König Arnulf dem Babenberger Poppo II. von Thüringen
S. an der Saale zurück. 1014 übertrug Kaiser Heinrich II. S. an Pfalzgraf Ezzo
von Lothringen. 1056 kam S. von dessen Tochter Richeza (von Polen) an das
Erzstift Köln, das 1074 in der ehemaligen ottonischen Reichsburg auf dem
Petersberg das Benediktinerkloster Sankt Peter in S. gründete. Dessen Vogtei
hatte vermutlich seit 1180 der König, seit 1208
der Graf von Schwarzburg, danach auch der Graf von Orlamünde, seit 1344/1345 Wettin.
Seit 1208 war die Rechtsstellung Saalfelds unklar. 1475 und 1497 zählte der Abt
zu den Reichsfürsten. 1536 wurde das im Orlaland, Frankenwald und in Coburg
reich begüterte Kloster dem Grafen von Mansfeld übertragen, von dem es 1533 an
Sachsen (Kursachsen) gelangte. S. selbst wurde 1361 Lehen Böhmens der Grafen
von Schwarzburg. 1389 verkauften sie es an die Wettiner, innerhalb deren es
1485 an die Ernestiner, 1572 an Sachsen-Weimar, 1603 an Sachsen-Altenburg, 1673
an Sachsen-Gotha, 1680 an Sachsen-Saalfeld, 1735 an Sachsen-Coburg-Saalfeld und
1826 an Sachsen-Meiningen kam. 1920 fiel es an Thüringen und mit diesem von
1949 bis 1990 an die Deutsche Demokratische Republik. S. Sachsen-Saalfeld.
L.: Wolff 398; Schamelius, J. M., Historische Beschreibung der vormaligen Abtei
und des Benediktinerklosters zu Saalfeld, 1729; Krauß, E., Die städtebauliche
Entwicklung der Stadt Saalfeld an der Saale, 1934 (Diss. Braunschweig 1933);
Heinemeyer, K., Saalfeld, LexMA 7 1995, 1209; Civitas Salevelt. Geburt einer
Stadt6 (1180-1314), 2008.
Saarbrücken (Grafschaft). Die im ersten
nachchristlichen Jahrhundert an der Kreuzung zweier wichtiger Straßen an einem
Saarübergang beginnenden Siedlungsspuren (vicus Saravus) endeten im 5.
Jahrhundert. 999 wurde die Burg S. anlässlich der Übertragung durch Kaiser Otto
III. an das Hochstift Metz erstmals erwähnt. Sie war seit dem 12. Jahrhundert
Sitz der mit ihr durch die Bischöfe von Metz belehnten, 1080 anlässlich des
Empfanges des Königshofs Wadgassen erstmals
genannten Grafen (Graf Sigibert im Saargau). Sie nannten sich, nachdem 1120 die
Güter im Elsass von den Gütern an Saar und Rhein getrennt worden waren, seit
1123 nach S. Sie waren mit den Staufern verschwägert, hatten zeitweise die
Vogtei über das Hochstift Worms inne und waren vor allem zu beiden Seiten der
Saar sowie im Elsass begütert. 1180/1190 wurden die Güter an Saar und Rhein auf
die Linien S. und Zweibrücken verteilt. Von der Linie S. spaltete sich 1214
Leiningen ab, von Zweibrücken (1385/1394 an die Pfalzgrafen) 1297 die Linie
Bitsch (1570 an Lothringen). Die dadurch auf Güter um S. beschränkten Grafen
von S. starben 1274 aus und wurden infolge Verheiratung Mathildes von S. mit
Simon von Commercy von den Grafen von Saarbrücken-Commercy beerbt. Bei deren
Aussterben fiel die Grafschaft in weiblicher Erbfolge 1381 an die walramische
Linie Nassau-Weilburg der Grafen von Nassau, welche die Güter an Saar und Blies
mit den nassauischen Gütern an Lahn und Main verband. 1442 wurde in eine
linksrheinische Linie (Nassau-Saarbrücken) und eine rechtsrheinische Linie
(Neue Linie Nassau-Weilburg) geteilt. 1527 erbte Nassau-Saarbrücken die
Grafschaft Saarwerden und die Herrschaft Lahr von den Grafen von
Moers-Saarwerden. 1574 zog Lothringen die Grafschaft Saarwerden als wegen
Einführung der Reformation (1. 1. 1574) erledigtes Lehen ein. Ebenso gingen die
Lehen des Hochstifts Metz verloren. Von 1574 an war die seit 1442 abgeteilte
Grafschaft wieder mit Nassau-Weilburg vereinigt. Danach kam sie an die Linie
Ottweiler (Nassau-Ottweiler). 1629 wurde erneut geteilt. Nach vorübergehender
Besetzung von 1681 bis 1697 und Grenzbereinigungen von 1766 kam S. 1793/1801 an
Frankreich, 1815/1816 zu Preußen (Rheinprovinz), 1919 und 1945/1946 zum
Saargebiet sowie 1957 zum Saarland. S. Nassau-Saarbrücken.
L.: Wolff 265; Großer Historischer Weltatlas III 22 (1648) C4; Ruppersberg, A.,
Geschichte der ehemaligen Grafschaft Saarbrücken, Teil 1ff. 2. A. 1908ff.;
Werke, H., Die Machtstellung des Saarbrücker Hauses am Mittel- und Oberrhein im
12. Jahrhundert, Saarbrücker Hefte 5 (1957); Festschrift zur 650jährigen
Verleihung des Freiheitsbriefes an Saarbrücken und St. Johann, hg. v. Herrmann,
H./Klein, H., 1971; Geschichtliche Landeskunde des Saarlands, Bd. 2 1977;
Thomes, P., Kommunale Wirtschaft, 1995; Herrmann, H., Saarbrücken, LexMA 7
1995, 1210; Burg, P., Saarbrücken 1789-1860, 1999; Escher, M. u. a., Die
urbanen Zentren, 2005, 2, 535.
Sachsen (Herzogtum, [Kurfürstentum,] Königreich, Land, Freistaat). Bei den wohl für das
Gebiet nördlich der unteren Elbe um 150 n. Chr. erstmals erwähnten, danach sich
nach Südosten und gemeinsam mit den Angeln auch nach Westen (Britannien)
ausbreitenden, von (König) Karl dem Großen
(772-804) unterworfenen westgermanischen S. (germ. *sahsaz, Schwert, Messer) in
Nordalbingien, Westfalen, Engern und Ostfalen gewannen im 9. Jahrhundert die
zwischen Harz und Weser begüterten Liudolfinger (Liudolf † 868) die Stellung
eines Stammesherzogs der Sachsen. Nach der Wahl der Liudolfinger zum
sächsischen Königshaus des Reiches (919,
Heinrich I., 936ff. Otto I., Otto II., Otto III., Heinrich II.) wurden 966 die
Billunger (Hermann Billung † 973) mit der Wahrnehmung des von der Elbe-Saale
bis zum Rhein reichenden sächsischen Herzogtums betraut, doch beherrschten sie
nur die nördlichen Teile des Herzogtums wirklich. Im südlichen Teil des
Herzogtums richtete Otto I. die Pfalzgrafschaft S. ein, die 1088 bei den Grafen
von Sommerschenburg und 1180 bei den Landgrafen von Thüringen lag und auch
später häufig den Inhaber wechselte, bis sie 1356 zum Zubehör des Herzogtums S.
bestimmt wurde. Nach dem Aussterben der Billunger 1106 kam das Herzogtum nicht
an die askanischen bzw. welfischen Schwiegersöhne sondern an Lothar von
Süpplingenburg, dessen Macht auf dem ihm angefallenen Erbe der Brunonen und
Ottos von Northeim († 1083) beruhte, 1137 aber an die Askanier und 1142 an
Lothars Schwiegersohn Heinrich den Stolzen aus dem Hause der Welfen, neben
denen jedoch vor allem der Erzbischof von Magdeburg und die Askanier eigene
Herrschaftsbereiche ausbauten. Der Welfe Heinrich der Löwe erweiterte Sachsen
um Mecklenburg und das westliche Pommern. Mit seinem Sturz 1180 endete das alte
Herzogtum der Sachsen. An seine Stelle trat neben dem Herzogtum (Engern und)
Westfalen der Erzbischöfe von Köln, dem Herzogtum Braunschweig-Lüneburg (1235)
der Welfen zwischen Elbe und Weser sowie den Hochstiften Münster und Osnabrück
und mehreren Grafschaften (Oldenburg, Hoya, Diepholz, Schaumburg, Bentheim u.
a.) im Westen das um diese Gebiete verkleinerte, aus nicht zusammenhängenden Gebieten
bestehende neue Herzogtum S. der Askanier (Bernhard von Anhalt) in Ostsachsen
(Ostfalen). Dieses gründete sich auf das Land Hadeln zwischen Unterweser und
Unterelbe, auf einst billungisches Gebiet an der Unterelbe (Lauenburg) und
Gebiete um Neuhaus sowie altes askanisches Gut um Wittenberg an der mittleren
Elbe. 1260/1296 teilte sich dieses verbleibende Herzogtum S., das 1227 die
Grafschaft Ratzeburg erworben hatte, in die Linien Sachsen-Lauenburg und
Sachsen-Wittenberg. Das Herzogtum Sachsen-Wittenberg erlangte 1356 durch die
Goldene Bulle die sächsische Kurwürde. Nach dem Aussterben der Herzöge von
Sachsen-Wittenberg fielen Land, Herzogstitel und Kurwürde 1422/1423 für ihre
Hilfe im Kampf gegen die Hussiten als Lehen an die in der Markgrafschaft Meißen
seit 1089/1125 herrschenden Markgrafen von Meißen (Haus Wettin), die 1247 schon
die Landgrafschaft Thüringen erlangt hatten. Damit wurde der Name S. auf die
wettinischen Gebiete (Meißen, Lausitz, Thüringen) übertragen (Obersachsen im
Gegensatz zu dem seitdem als Niedersachsen bezeichneten, ursprünglichen
sächsischen Stammesgebiet). 1423 wurde die Herrschaft Stollberg im Erzgebirge
gewonnen, 1427 die Herrschaft Weida in Thüringen. 1443 und 1451 wurden die
Herrschaften Hohnstein und Wildenstein gekauft. 1439 erwarb S. im
meißnisch-thüringischen Raum die Burggrafschaft Meißen, 1466 von den Grafen von
Reuß die Herrschaft Plauen und damit den Kern des Vogtlandes. Mit dem Kauf von
Finsterwalde 1425, Senftenberg 1448, Beeskow, Storkow 1477 (Wiederkauf) und Sagan
1472 drang S. nach Osten vor. Von 1440 bis 1445 und von 1482 bis 1485 wurden
die zwischenzeitlich entstandenen Teilherrschaften wieder zusammengeführt. 1485
kam es zur Teilung in die ernestinische Linie und die albertinische Linie, die
nicht mehr rückgängig gemacht wurde. Kurfürst Ernst (Ernestiner) erhielt das
Kurland S. (Sachsen-Wittenberg), kleine Teile der Mark Meißen und des
Osterlandes und Pleißenlandes (Eilenburg, Grimma, Borna, Leisnig, Altenburg,
Zwickau, Plauen, Schwarzenberg), den größten Teil Thüringens (Weimar, Gotha,
Eisenach) und die Pflege Coburg, das fränkische Königsberg,
die Schutzherrschaft über das Bistum Naumburg und die Reichsgrafschaft von
Gleichen, Kirchberg und Reuß sowie zum Teil Schwarzburg. Herzog Albrecht
(Albertiner) erlangte die Markgrafschaft Meißen mit den Hauptorten Dresden und
Freiberg, die Ämter Leipzig, Delitzsch-Landsberg, Zörbig, die Pfalzgrafschaft
S. nebst Sangerhausen, Ämter im nördlichen Thüringen, die Schutzherrschaft über
das Bistum Merseburg und über die Reichsgrafen und Herren von
Stolberg-Hohnstein, Mansfeld, Arnstein, Beichlingen, Leisnig, Querfurt und
Schönburg. Gemeinsam blieben die Herrschaft in Schlesien und den Lausitzen
sowie die Schutzherrschaft über Erfurt, Nordhausen, Mühlhausen, Görlitz und das
Hochstift Meißen. Die ernestinische Linie stiftete 1502 für das verloren
gegangene Leipzig die Universität Wittenberg, von der die Reformation ihren
Ausgang nahm und förderte Luther und die Reformation. 1547 unterlag Kurfürst
Johann Friedrich der Großmütige Kaiser Karl V., der daraufhin das Kurland S.
(Sachsen-Wittenberg) der albertinischen Linie übertrug, die seitdem die
Kurwürde führte. Die ernestinische Linie behielt nur die Ämter Weimar, Jena,
Saalfeld, Weida, Gotha und Eisenach sowie Coburg und erhielt 1554 noch die
Ämter Sachsenburg, Altenburg, Herbsleben und Eisenberg. ----- Das 1531 einen
Hof von schätzungsweise 500 Personen umfassende ernestinische Herzogtum teilte
sich 1572 weiter auf. Die zahlreichen Erbteilungen zersplitterten es in eine
Vielzahl kleiner Länder. Dabei entstanden 1572 Sachsen-Coburg-Eisenach
(1572-1596) und Sachsen-Weimar (1572-1603). Sachsen-Coburg-Eisenach teilte sich
1596 in Sachsen-Coburg (1596-1633) und Sachsen-Eisenach (1596-1638). Die Linie
Coburg erlosch 1633 und vererbte die Güter an Sachsen-Eisenach. Die Linie
Eisenach endete 1638. Ihre Güter fielen zu zwei Dritteln an die Linie
Sachsen-Weimar und zu einem Drittel an die Linie Sachsen-Altenburg, die 1603
durch Teilung aus Sachsen-Weimar entstanden war(en). Sachsen-Weimar zerfiel
weiter 1640(/1641) in die Linien Sachsen-Weimar (1640-1672), Sachsen-Eisenach
(1640-1644) und Sachsen-Gotha (1640-1680). Hiervon starb Sachsen-Eisenach 1644
aus, wobei die Güter je zur Hälfte an Sachsen-Weimar und Sachsen-Gotha kamen.
Die Güter Sachsen-Altenburgs fielen bei dessen Aussterben 1672 zu drei Vierteln
(darunter Coburg) an Sachsen-Gotha, zu einem Viertel an Sachsen-Weimar. Im
gleichen Jahr teilte sich Sachsen-Weimar in Sachsen-Weimar (1672-1918),
Sachsen-Eisenach (1672-1741) und Sachsen-Jena (1672-1690), wovon Sachsen-Jena
1690 erlosch und seine Güter an Sachsen-Weimar und Sachsen-Eisenach vererbte,
Sachsen-Eisenach wiederum fiel 1741 an Sachsen-Weimar, das bald Mittelpunkt der
klassischen deutschen Literatur wurde, brachte. 1680/1681 zerfiel Sachsen-Gotha
in die sieben Linien Sachsen-Gotha-Altenburg (1681-1825), Sachsen-Coburg
(1681-1699), Sachsen-Meiningen (1681-1826), Sachsen-Römhild (ohne Landeshoheit)
(1680-1710), Sachsen-Eisenberg (ohne Landeshoheit) (1680-1807),
Sachsen-Hildburghausen (1680-1826) und Sachsen-Saalfeld (ohne Landeshoheit)
(1680-1735, Sachsen-Coburg-Saalfeld). Sachsen-Coburg erlosch 1699 und fiel an
Sachsen-Saalfeld und Sachsen-Meiningen, Sachsen-Eisenberg 1707 und gelangte an
Sachsen-Altenburg. Sachsen-Römhild endete 1710 und fiel an
Sachsen-Gotha-Altenburg, Sachsen-Coburg-Saalfeld, Sachsen-Meiningen und
Sachsen-Hildburghausen. 1741 starb Sachsen-Eisenach aus und kam an
Sachsen-Weimar (Sachsen-Weimar-Eisenach), wobei die beiden Landesteile
verfassungsmäßig bis 1809, verwaltungsmäßig bis 1849 getrennt blieben. 1806
traten die sächsischen Herzogtümer dem Rheinbund bei. 1815 gewann
Sachsen-Coburg-Saalfeld das Fürstentum Lichtenberg an der Nahe, das es am 31.
5. 1834 an Preußen verkaufte. Sachsen-Weimar-Eisenach wurde Großherzogtum,
erhielt einen Teil des Erfurter Gebiets, das vorher fuldische Amt Dermbach
(Dernbach) und die königlich-sächsischen Orte
Weida und Neustadt an der Orla (Neustadt-Orla) und gab sich 1816 eine
Verfassung. Als 1825 Sachsen-Gotha-Altenburg ausstarb, wurden die vier
Herzogtümer Sachsen-Gotha-Altenburg, Sachsen-Hildburghausen,
Sachsen-Coburg-Saalfeld und Sachsen-Meiningen am 12. 11. 1826 durch
Schiedsspruch König Friedrich Augusts I. von S.
in die Herzogtümer Sachsen-Meiningen (1826-1918), Sachsen-Altenburg (1826-1918)
sowie Sachsen-Coburg und Gotha (1826-1918) neu gegliedert, wobei der Herzog von
Sachsen-Hildburghausen unter Verzicht auf dieses Sachsen-Altenburg übernahm,
Sachsen-Meiningen Sachsen-Hildburghausen und das zu Sachsen-Coburg gehörige
Sachsen-Saalfeld erhielt und Sachsen-Coburg mit Sachsen-Gotha in Personalunion
vereinigt wurde. Die(se) vier sächsischen Herzogtümer (Sachsen-Weimar-Eisenach,
Sachsen-Meiningen, Sachsen-Altenburg, Sachsen-Coburg und Gotha), von denen
Coburg 1821, Meiningen 1829 und Altenburg 1831 eine Verfassung erhielten,
traten 1833/1834 dem Deutschen Zollverein, 1867 dem Norddeutschen Bund und 1871
dem Deutschen Reich bei. 1877/1903 wurde Sachsen-Weimar-Eisenach in
Großherzogtum S. umbenannt. Vom 9. bis 14. 11. 1918 dankten die Fürsten ab. Aus
den damit entstandenen Freistaaten bildete sich von 1918 bis 1921 das Land
Thüringen (so ab 1. 5. 1920). Lediglich Coburg fiel an Bayern. ----- Das seit
1547 albertinische Kursachsen, das 1499 die Primogeniturerbfolge einführte,
Beeskow, Storkow und Sorau (1515 an Brandenburg), Sagan (bis 1547) und
Friedland (bis 1515) erwarb, 1547 einen Großteil der Gebiete der ernestinischen
Linie erhielt, 1539/1541 zur Reformation übertrat und 1572 in den
Kursächsischen Konstitutionen sein Recht zu vereinheitlichen versuchte,
erlangte 1559/1591 die evangelisch gewordenen Hochstifte Meißen, Merseburg und
Naumburg sowie 1556/1569 das Vogtland und Teile der Herrschaft Schönburg sowie
1583 Teile der Grafschaft Henneberg, näherte sich im Dreißigjährigen Krieg an Österreich/Habsburg
an und erlangte dafür 1620/1635 die Niederlausitz, die Oberlausitz und das
Erzstift Magdeburg, das 1648/1680 aber an Brandenburg kam. Von der Hauptlinie
spalteten sich 1657 die Nebenlinien Sachsen-Weißenfels (bis 1746),
Sachsen-Merseburg (bis 1738) und Sachsen-Zeitz (bis 1718, Naumburg, Zeitz,
Neustadt, Schleusingen, Suhl) ab, fielen aber bis 1746 wieder zurück. Unter
August dem Starken setzte sich der Absolutismus durch. Dresden wurde als
Hauptstadt ein Kulturzentrum. Der Kurfürst trat zum Katholizismus über und gab
die Rechte an Sachsen-Lauenburg an Hannover, die Erbvogtei über Quedlinburg,
das Reichsschulzenamt über Nordhausen und die Ämter Lauenburg (Lauterberg),
Seweckenberge (Sevenberg), Gersdorf (Gersdorff) und Petersberg (bei Halle) an
Brandenburg, um die Königskrone Polens zu
gewinnen (1697). Danach bestand eine Personalunion mit Polen bis 1763. Am Ende
des 18. Jahrhunderts umfasste S. 450 Quadratmeilen mit 1,35 Millionen
Einwohnern. 1806 wurde Kurfürst Friedrich August III. Mitglied des Rheinbunds,
musste Gebiete an das Königreich Westphalen
abtreten, erhielt dafür den Königstitel und
wurde 1807 in Personalunion Herzog des Herzogtums Warschau. Nach der an der
Seite Frankreichs erlittenen Niederlage in der Völkerschlacht von Leipzig kam
S. 1813 zunächst unter die Verwaltung eines russischen, dann eines preußischen
Gouverneurs. Am 12. 5. 1815 musste S. seine nördlichen Gebiete ([Kurkreis mit
Wittenberg, Stiftsgebiete von Merseburg und Naumburg, thüringischer Kreis,
Mansfeld, Stolberg, Barby, Querfurt], insgesamt 20000 Quadratkilometer, 860000
Einwohner, 57,5 Prozent der Fläche und 42,2 Prozent der Einwohner) an Preußen
abtreten (Ämter Wittenberg [mit den Städten Wittenberg, Kemberg, Zahna und
Schmiedeberg], Gräfenhainichen, Belzig [mit den Städten Belzig, Brück
<Bruck> und Niemegk <Niemeck>], Gommern mit Elbenau [Burggrafschaft
Magdeburg mit der Stadt Gommern], Seyda, Annaburg, Schweinitz [mit den Städten
Schweinitz, Jessen, Schönewalde <Schönwalde>, Herzberg und Prettin],
Pretzsch, Schlieben [mit der Stadt Schlieben und den Herrschaften Baruth und
Sonnewalde], Liebenwerda und Bitterfeld). Dabei kam die Ostoberlausitz
(Görlitz, Lauban) zur preußischen Provinz Schlesien, die Niederlausitz und der
erst 1807 von Preußen übernommene Kreis Cottbus gelangten zur Provinz
Brandenburg und das Gebiet des ehemaligen Herzogtums Sachsen-Wittenberg mit der
Grafschaft Brehna, die Hochstifte Merseburg und Naumburg (Naumburg-Zeitz), die
Grafschaft Barby, der Thüringer Kreis, ein Teil des Neustädter Kreises (Ziegenrück)
sowie Teile der Grafschaft Henneberg bildeten zusammen mit Altmark, Erzstift
Magdeburg, Hochstift Halberstadt (mit Aschersleben), den Grafschaften
Hohnstein, Wernigerode, Stolberg, Querfurt und Mansfeld, Stift Quedlinburg,
Mühlhausen, Nordhausen, Erfurt und dem Eichsfeld sowie der Ganerbschaft
Treffurt die neue Provinz S. (1. 4. 1816, Verordnung vom 30. 4. 1815) mit der
Hauptstadt Magdeburg, die den Rang eines Herzogtums hatte (Gliederung in drei
Regierungsbezirke Magdeburg, Merseburg und Erfurt, Sitz der
Provinzialselbstverwaltung in Merseburg). 1866 kamen Schmalkalden und Ilfeld
hinzu. Am 1. 4. 1944 wurde zum 1. 7. 1944 bezüglich dieser durch das Fürstentum
Anhalt in zwei Teile geteilten und durch mehrere Exklaven und Enklaven
aufgesplitterten Provinz S. mit den Regierungsbezirken Magdeburg, Merseburg und
Erfurt der Reichsstatthalter in Thüringen mit der Wahrnehmung der Aufgaben und
Befugnisse des Oberpräsidenten in der staatlichen Verwaltung des
Regierungsbezirks Erfurt beauftragt (nach der Kapitulation vom 8. 5. 1945 an
Thüringen) und die Provinz in die Provinzen Magdeburg und Halle-Merseburg
aufgeteilt. 1945 gelangte nach dem Rückzug der Truppen der Vereinigten Staaten
von Amerika, die das Gebiet bis zur Elbe besetzt hatten, das Land Anhalt zu
diesen beiden Provinzen und bildete mit ihnen vom 5. 7. 1945 bis 1952 (str.)
das Land (Provinz) Sachsen-Anhalt, das vom 23. 7. 1952 bis 3.10.1990 auf die
Bezirke Magdeburg und Halle aufgeteilt, mit dem Beitritt der Deutschen
Demokratischen Republik zur Bundesrepublik aber wiederhergestellt wurde. -----
Das 1813/1815 nach der Abtretung des nördlichen Teiles an Preußen (Provinz
Sachsen) verbliebene Gebiet des Königreiches S.
(Riesa, Löbau, Bautzen, Kamenz, Zittau, Königstein,
Marienberg, Plauen, Zwickau, Crimmitschau, Leipzig, Chemnitz, Meißen, Dresden,
Großenhain, Oschatz, Grimma, Borna, Rochlitz, Glauchau, Auerbach, Oelsnitz,
Schwarzenberg, Annaberg, Freiberg, Dippoldiswalde, Pirna, Döbeln, Flöha,
Stollberg) umfasste etwa 15000 Quadratkilometer mit 1183000 Einwohnern und
wurde rasch zum ausgeprägten Industriestaat. 1831 erhielt er eine Verfassung
mit Zweikammersystem. 1848/1849 schlug S. mit Hilfe Preußens einen Aufstand
blutig nieder. 1863 gab es sich ein Bürgerliches Gesetzbuch. 1866 blieb S.
trotz der Niederlage des Deutschen Bundes gegen Preußen auf Betreiben Bismarcks
erhalten, musste aber dem Norddeutschen Bund beitreten. 1903 errangen die
Sozialdemokraten fast alle sächsischen Reichstagssitze (rotes S.). Am 10. 11.
1918 wurde in Dresden von den Arbeiterräten und Soldatenräten die Republik S.
ausgerufen. Am 13. 11. 1918 verzichtete der König
auf den Thron. Am 1. 11. 1920 wurde eine Landesverfassung des Freistaats S. in
Kraft gesetzt. 1933 übernahmen die Nationalsozialisten die Macht. 1939 umfasste
das Land S. 14995 Quadratkilometer mit 5230000 Einwohnern. 1945 kam auch der
zuerst von amerikanischen Truppen besetzte Westen Sachsens zur sowjetischen
Besatzungszone. Die westlich der Oder-Neiße liegenden Gebiete der preußischen
Provinz Niederschlesien (Hoyerswerda, Görlitz) wurden dem Land S.
eingegliedert. Die östlich der Neiße gelegene Hälfte des sächsischen Kreises
Zittau mit Kleinschönau, Reichenau, Zittau-Poritsch, Seitendorf, Weigsdorf und
den später im Tagebau untergegangenen Dörfern Reibersdorf und Friedersdorf kam
unter die Verwaltung Polens und damit 1990 an Polen. Am 28. 2. 1947 erließ der
Landtag eine Landesverfassung. 1949 wurde das Land ein Teil der Deutschen
Demokratischen Republik. Am 23. 7. 1952 wurde es aufgelöst (str.) und auf die
Bezirke Chemnitz, Dresden und Leipzig aufgeteilt, zum 3. 10. 1990
wiederbegründet (ohne die Kreise Altenburg und Schmölln, aber mit den Kreisen
Hoyerswerda und Weißwasser). Hauptstadt des rund 4900000 Einwohner zählenden
Landes wurde wieder Dresden. Am 1. 4. 1992 kamen zehn Gemeinden (Elsterberg,
Mühltroff, Pausa, Ebersgrün, Görschnitz, Langenbach [Lengenbach], Ranspach
[Ransbach], Thierbach, Unterreichenau, Cunsdorf) mit 12000 Einwohnern von
Thüringen wieder an Sachsen zurück.
L.: Wolff 374ff., 392ff.; Zeumer 552ff. I 6; Großer Historischer Weltatlas II
34 F3, II 66 (1378) F3, II 78 E2, III 21 (1648) F3, III 22 F3, III 38 (1789)
E2; Blaschke, K./Kretzschmar, H., (Ober-)Sachsen und die Lausitzen, (in)
Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Die Territorien des Reichs 2, 8; Die
Territorien des Reichs 4, 8; Bauer 1, 569; Historischer Atlas von Sachsen
(950-1815), 1816; Süssmilch-Hörnig, M. v., Historisch-geographischer Atlas von
Sachsen und Thüringen, 1861f.; Codex diplomaticus Saxoniae regiae, Bd. 1ff.
1864ff.; Geschichtsquellen der Provinz Sachsen und angrenzender Gebiete, hg. v.
d. hist. Komm. d. Provinz Sachsen 1870ff.; Oeder, M., Die erste
Landesvermessung des Kurstaates Sachsen, hg. v. Ruge, S., 1889; Kirchhoff, A.,
Karte der territorialen Zusammensetzung der Provinz Sachsen, 1891; Beschorner,
H., Denkschrift über die Herstellung eines historischen Ortsverzeichnisses für
das Königreich Sachsen, 1903; Hantzsch, V., Die
ältesten gedruckten Karten der sächsisch-thüringischen Länder 1550-1593, 1906;
Beschorner, H., Geschichte der sächsischen Kartographie im Grundriss, 1907;
Hänsch, E., Die wettinische Hauptteilung von 1485 und die aus ihr folgenden
Streitigkeiten bis 1491, Diss. phil. Leipzig 1909; Bibliographie der
sächsischen Geschichte, hg. v. Bemmann, R./Jatzwauk, J., Bd. 1ff. 1918ff.;
Friedensburg, W., Die Provinz Sachsen, ihre Entstehung und Entwicklung, 1919;
Treitschke, C., Die Landesaufnahmen Sachsens von 1780-1921, Beiträge zur
deutschen Kartographie, hg. v. Praesent, H., 1921; Kessler, E., Die Ämter und
Kreise im Gebiete des Kurfürstentums Sachsen mit Einschluss der Lausitzen von
den Anfängen bis 1815, 1921; Kretzschmar, H., Historisch-statistisches Handbuch
für den Regierungsbezirk Magdeburg, Bd. 1 1926; Meiche, A.,
Historisch-topographische Beschreibung der Amtshauptmannschaft Pirna, 1927;
Beschorner, H., Der geschichtliche Atlas von Sachsen, 1931, Amt und Volk 5;
Schnath, G., Hannover und Westfalen in der Raumgeschichte Nordwestdeutschlands,
1932; Mörtzsch, O., Historisch-topographische Beschreibung der Amtshauptmannschaft
Großenhain, 1935; Kötzschke, R./Kretzschmar, H., Sächsische Geschichte, Bd. 1f.
1935, Neudruck 1965; Mitteldeutscher Heimatatlas, hg. v. d. Hist. Kommission
für die Provinz Sachsen, 1935-1943; Mentz, G., Weimarische Staats- und
Regentengeschichte 1648-1750, 1936; Flach, W., Die staatliche Entwicklung
Thüringens in der Neuzeit, Zs. d. V. f. thür. G. N.F. 35 (1941); Freytag, H.,
Die Herrschaft der Billunger in Sachsen, 1951; Brather, H., Die ernestinischen
Landesteilungen des 16. und 17. Jahrhunderts, 1951; Helbig, H., Der wettinische
Ständestaat, 1955; Blaschke, K., Historisches Ortsnamensverzeichnis von
Sachsen, 1957; Lütge, F., Die mitteldeutsche Grundherrschaft, 2. A. 1957;
Hessler, W., Mitteldeutsche Gaue des frühen und hohen Mittelalters, 1957;
Hömberg, A., Westfalen und das sächsische Herzogtum, 1958; Atlas des Saale- und
mittleren Elbegebietes, hg. v. Schlüter, O./August, O., 1959f.; Polenz, P. v.,
Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, I, 12, II, 22, 51, 52, III, 30,
Sahsonolant, Saxonia, Saxones Volksname, Sachsen; Schnath, G./Lübbing,
H./Möhlmann, G./Engel, F., Geschichte des Landes Niedersachsen, 1962;
Schlesinger, W., Kirchengeschichte Sachsens im Mittelalter, Bd. 1f. 1962;
Sächsische Bibliographie, hg. v. d. Sächsischen Landesbibliothek, 1962ff.;
Handbuch der historischen Stätten, Bd. 8, hg. v. Schlesinger, W., 1965;
Schmidt, G., Die Staatsreform in Sachsen in der ersten Hälfte des 19.
Jahrhunderts, 1966; Geschichte Thüringens, hg. v. Patze, H./Schlesinger, W.,
Bd. 1ff. 1967ff.; Blaschke, K., Sachsen im Zeitalter der Reformation, 1970;
Klein, T., Provinz Sachsen, (in) Grundriss der deutschen Verwaltungsgeschichte
1815-1945, hg. v. Hubatsch, W., 1975f.; Klein, T., Sachsen, 1982; Geschichte
Sachsens, hg. v. Czok, K., 1989; Blaschke, K., Geschichte Sachsens im
Mittelalter, 1990; Sachsen. Eine politische Landeskunde, hg. v. Gerlach, S.,
1993; Sachsen und Mitteldeutschland, hg. v. Hess, U. u. a., 1995; Meyn, J., Vom
spätmittelalterlichen Gebietsherzogtum zum frühneuzeitlichen ”Territorialstaat”,
1995; Ehlers, J. u. a., Sachsen, LexMA 7 1995, 1231ff.; Sachsen 1763-1832, hg.
v. Schirmer, U., 1996; Schirmer, U., Das Amt Grimma, 1996; Becher, M., Rex, Dux
und Gens, 1996; Lück, H., Die kursächsische Gerichtsverfassung 1423-1550, 1997;
Landesgeschichte in Sachsen, hg. v. Aurig, S. u. a., 1997; Geschichte des
sächsischen Adels, hg. v. Keller, K. u. a., 1997; Held, W., August der Starke
und der sächsische Adel, 1999; Gross, R., Geschichte Sachsens, 1999; Sachsen in
Deutschland, hg. v. Retallack, J., 2000; Sächsische Parlamentarier, bearb. v.
Dröscher, E. u. a., 2001; Historisches Ortsnamenbuch von Sachsen, hg. v.
Eichler, E. u. a., 2001; Sachsen in der NS-Zeit, hg. v. Vollnhals, C., 2002;
Keller, K., Landesgeschichte Sachsen, 2002; Vötsch, J., Kursachsen, das Reich
und der mitteldeutsche Raum zu Beginn des 18. Jahrhunderts, 2003;
Diktaturdurchsetzung in Sachsen, hg. v. Behring, R. u. a., 2003; Höfe und
Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 446,
880; Richter, M., Die Bildung des Freistaates Sachsen, 2004; Die Herrscher
Sachsens, hg. v. Kroll, F., 2004; Hesse, C., Amtsträger der Fürsten im
spätmittelalterlichen Reich, 2005; Hädecke, W., Dresden, 2006; Geschichte der
Stadt Dresden, hg. v. Blaschke, K. u. a., Bd. 1-3, 2006; Schirmer, U.,
Kursächsische Staatsfinanzen (1456-1656), 2006; Krüger, N., Landesherr und
Landstände in Kursachsen, 2007; Moritz von Sachsen, hg. v. Blaschke, K., 2007;
Ott, T., Präzedenz und Nachbarschaft. Das albertinische Sachsen und seine
Zuordnung zu Kaiser und Reich im 16. Jahrhundert, 2008; Ostsiedlung und
Landesausbau in Sachsen, hg. v. Bünz, E., 2008; .Zusammenschlüsse und
Neubildungen deutscher Länder im 19. und 20. Jahrhundert, hg. v. Kretzschmar,
R. u. a., 2013, 51ff.
Sachsen (Pfalzgrafschaft). Im südlichen Teil des
Herzogtums S. richtete König Otto I. die
Pfalzgrafschaft S. ein. Sie stand 1088 den Grafen von Sommerschenburg, 1180 den
Landgrafen von Thüringen, 1247/1264 dem Haus Wettin, 1291 den Markgrafen von
Brandenburg und 1347 dem Haus Wettin zu. Sie umfasste zunächst das Gebiet um
Lauchstädt, seit etwa 1350 auch das Gebiet um Allstedt. Die Goldene Bulle von
1356 ordnete sie als Zubehör des Herzogtums S. ein.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) G3, III 22 (1648) F3; Starke, H.
D., Die Pfalzgrafen von Sachsen, Diss. phil. Kiel 1953; Starke, H., Die
Pfalzgrafen von Sachsen bis zum Jahre 1088, Braunschweig. Jb. 36 (1955), 24.
Sachsen-Altenburg (Herzogtum, Freistaat).
Sachsen-Wittenberg, 1260 aus dem nach der Absetzung Herzog Heinrichs des Löwen
(1180) geschaffenen Herzogtum Sachsen gebildet, spaltete sich 1485 in die
albertinische Linie und die ernestinische Linie. Die ernestinische Linie
erhielt den größten Teil Thüringens und das Vogtland. Sie splitterte ab 1572 in
zahlreiche Teilherzogtümer auf. Dabei entstand 1572 Sachsen-Weimar und hieraus
1603 das nach dem bereits 976 als Ausstattungsgut des Bistums Zeitz erwähnten,
1328 an die Wettiner gefallenen Altenburg an der Pleiße nördlich von Zwickau
benannte S. Dieses erlangte 1640 aus dem Erbe Sachsen-Coburgs Coburg,
Hildburghausen und Römhild, 1660 einige hennebergische Ämter (u. a. Meiningen).
Seine Güter kamen beim Aussterben der Linie 1672 zu drei Vierteln an
Sachsen-Gotha, zu einem Viertel an Sachsen-Weimar. 1680 zerfiel Sachsen-Gotha
unter anderem in Sachsen-Gotha-Altenburg (daneben Sachsen-Meiningen,
Sachsen-Coburg, Sachsen-Römhild, Sachsen-Hildburghausen). Später kamen die
Ämter Altenburg und Ronneburg, die Städte und Ämter Eisenberg, Camburg
(Camberg) und Stadtroda (Roda) und das Amt Kahla an Sachsen-Gotha-Altenburg und
die Ämter Saalfeld, Gräfenthal und Probstzella an Coburg-Saalfeld. Am Ende des
18. Jahrhunderts gehörten S. und Sachsen-Gotha zur weltlichen Bank des
Reichsfürstenrates des Reichstags und zum obersächsischen Reichskreis. 1825
erlosch das Haus. Am 12. 11. 1826 erfolgte durch Schiedsspruch König Friedrich Augusts I. von Sachsen eine umfassende
Neuordnung in die Herzogtümer S., Sachsen-Coburg und Gotha und
Sachsen-Meiningen. Herzog Friedrich von Sachsen-Hildburghausen erhielt für
seinen Verzicht auf Sachsen-Hildburghausen das neue S. Dieses S. erlangte am
29. 4. 1831 eine Verfassung und trat 1833/1834 dem Deutschen Zollverein, 1867
dem Norddeutschen Bund und 1871 dem Deutschen Reich bei. 1910 umfasste es 1324
Quadratkilometer mit 216100 Einwohnern. Im November 1918 dankte der Herzog ab.
Der Freistaat S. schloss sich dem Land Thüringen (1. 5. 1920) an, dessen Gebiet
von 1949 bis 1990 zur Deutschen Demokratischen Republik gehörte.
L.: Wolff 398; Zeumer 553 II b 13; Wallner 709f. ObersächsRK 9, 18; Großer
Historischer Weltatlas III 38 (1789) D2; Schneider, F./Tille, A., Einführung in
die thüringische Geschichte, 1931; Geschichte Thüringens, hg. v. Patze,
H./Schlesinger, W., Bd. 1ff. 1967ff.; Roubitscheck, Die Altenburger Landesvermessung
und die von ihr abgeleiteten Kartenwerke, Wiss. Z. der Martin-Luther-Univ.
Halle-Wittenberg, Math.-nat. Reihe 7 (1958); Wolfrum, A., Die Sozialdemokratie
im Herzogtum Sachsen-Altenburg zwischen 1848 und 1920, 2003.
Sachsen-Coburg (Herzogtum). 1353 erlangten die Wettiner
(Markgrafen von Meißen) Coburg und teilten es 1485 der ernestinischen Linie zu.
S. entstand als sächsisches Teilherzogtum aus Sachsen-Coburg-Eisenach 1596 und
erlosch 1633. 1680/1681 teilte sich von Sachsen-Gotha erneut S. ab, das 1699
erlosch. Nach langwierigen Erbstreitigkeiten fiel Coburg 1735 an
Sachsen-Saalfeld unter der Landeshoheit Sachsen-Gothas, womit
Sachsen-Coburg-Saalfeld entstand. Am Ende des 18. Jahrhunderts gehörte S. der
weltlichen Bank des Reichsfürstenrates des Reichstags an. Um 1800 zählte S.
(auch) zum Kanton Baunach des Ritterkreises Franken. Das durch zahlreiche
Prozesse und Misswirtschaft hochverschuldete Land trat 1806 dem Rheinbund und
1815 dem Deutschen Bund bei. 1826 gab der Herzog Saalfeld und das Amt Themar an
Sachsen-Meiningen ab und erhielt dafür Sachsen-Gotha und die Ämter Königsberg und Sonnefeld. S. Sachsen-Coburg und Gotha.
L.: Zeumer 553 II b 11; Großer Historischer Weltatlas III 38 (1789) D2;
Riedenauer 129; Nicklas, C., Das Haus Sachsen-Coburg, 2003; Dressel, C. v., Die
Entwicklung von Verfassung und Verwaltung in Sachsen-Coburg 1800-1826, 2007.
Sachsen-Coburg und Gotha (Herzogtum, Freistaat).
Sachsen-Wittenberg, 1260 aus dem nach der Absetzung Heinrichs des Löwen
geschaffenen Herzogtum Sachsen entstanden, spaltete sich 1485 in die
albertinische Linie und in die ernestinische Linie, die den größten Teil
Thüringens und das Vogtland erhielt. Sie zersplitterte ab 1572 in zahlreiche
Teilherzogtümer. Dabei entstand 1572 Sachsen-Coburg-Eisenach und 1596
Sachsen-Coburg, das 1633 erlosch, wobei die Güter an Sachsen-Weimar und
Sachsen-Altenburg fielen. Aus den Gütern Sachsen-Altenburgs kam 1672 Coburg an
Sachsen-Gotha. Dieses zerfiel 1680 in Sachsen-Gotha-Altenburg und
Sachsen-Coburg, das 1699 erlosch. Nach dem Erlöschen Sachsen-Eisenbergs und
Sachsen-Römhilds entstanden unter anderem Sachsen-Gotha-Altenburg und
Sachsen-Coburg-Saalfeld. Am Ende des 18. Jahrhunderts gehörten Sachsen-Gotha
und Sachsen-Coburg der weltlichen Bank des Reichsfürstenrates des Reichtags an.
Am 12. 11. 1826 erfolgte durch Schiedsspruch König
Friedrich Augusts I. von Sachsen eine umfassende Neuordnung in die Herzogtümer
Sachsen-Altenburg, S. und Sachsen-Meiningen. S. bestand unter Personalunion aus
den beiden Herzogtümern Sachsen-Coburg und Sachsen-Gotha. 1833/1834 trat es dem
Deutschen Zollverein bei, erhielt am 3. 5. 1852 eine Verfassung
(Landesgrundgesetz) und wurde 1867/1871 Mitglied des Norddeutschen Bundes bzw.
des Deutschen Reiches. 1893 trat die englische Linie des Hauses Coburg die
Nachfolge an. Am 14. 11. 1918 dankte der Herzog ab. Der Freistaat Gotha ging am
1. 5. 1920 im Land Thüringen auf. Der Landesteil Coburg kam durch
Volksabstimmung am 1. 7. 1920 zu Bayern. 1945 gehörte Thüringen zur
sowjetischen Besatzungszone und damit von 1949 bis 1990 zur Deutschen
Demokratischen Republik. Am 23. 7. 1952 wurde es aufgelöst (str.), am 3. 10.
1990 wieder begründet.
L.: Zeumer 552ff. II b 11, 12; Schneider, F./Tille, A., Einführung in die
thüringische Geschichte, 1931; Geschichte Thüringens, hg. v. Patze,
H./Schlesinger, W., Bd. 1ff. 1967ff.
Sachsen-Coburg-Saalfeld (Herzogtum). Seit 1690 bestand das
Fürstentum Sachsen-Saalfeld der ernestinischen Linie der Herzöge von Sachsen
mit dem Sitz in Saalfeld an der Saale. 1735 entstand durch den Anfall
Sachsen-Coburgs an Sachsen-Saalfeld das Herzogtum S. Es gehörte am Ende des 18.
Jahrhunderts zur weltlichen Bank des Reichsfürstenrats des Reichstags. Es
umfasste aus dem Bestand Sachsen-Coburgs Stadt und Amt Coburg und die
Gerichtsbezirke Gestungshausen, Lauter (Unterlauter), Rodach, Neustadt an der
Heide und Steinheid, aus dem Bestand Sachsen-Saalfelds die Ämter Saalfeld,
Gräfenthal und Probstzella. Außerdem hatte es zwei Drittel des Amtes Themar
Hennebergs. 1710 kamen Teile Sachsen-Römhilds hinzu. Um 1800 zählte S. auch zum
Kanton Baunach des Ritterkreises Franken. Das durch viele Prozesse und durch
Misswirtschaft hochverschuldete Land trat 1806 dem Rheinbund und 1815 dem
Deutschen Bund bei. 1816 erhielt es das Fürstentum Lichtenberg an der Nahe.
1826 gab der Herzog Saalfeld und das Amt Themar an Sachsen-Meiningen ab und
erlangte dafür die Ämter Königsberg und
Sonnefeld. Coburg wurde Teil des neuen Herzogtums Sachsen-Coburg und Gotha.
L.: Wolff 397; Bauer 1, 607; Geschichte Thüringens, hg. v. Patze,
H./Schlesinger, W., Bd. 1ff. 1967ff.; Strauch, D., Birkenfeld, Lichtenberg,
Meisenheim etc. (in) Engagierte Verwaltung für die Wissenschaft, 2007, 487
Sachsen-Hildburghausen (Herzogtum). Hildburghausen an der Werra
dürfte in fränkischer Zeit gegründet worden sein und wird 1234 erstmals
erwähnt. Über die Grafen von Henneberg-Bodenlaube (Henneberg-Botenlauben) (bis
1234), das Hochstift Würzburg (bis 1304), die Markgrafen von Brandenburg, die
Herrschaft Coburg, die Grafen von Henneberg-Schleusingen (1316) und die
Burggrafen von Nürnberg (1353) kam es 1374 mit dem Amt Heldburg durch Heirat an
die Landgrafen von Thüringen/Markgrafen von Meißen. Hier fiel es 1572 innerhalb
des Hauses Wettin/Sachsen an die Linie Sachsen-Coburg, nach deren Aussterben
1638-1640 an Sachsen-Altenburg und 1672-1680 an Sachsen-Gotha. 1680 wurde es
bei der Teilung nach Ernst dem Frommen Residenz des Herzogtums S. (aus dem
Bestand Sachsen-Coburgs Hildburghausen, Heldburg, Eisfeld, 1683 Königsberg [1683] und die Klosterämter Veilsdorf, und
1705 Sonnefeld [1705], aus Henneberg das Amt Behrungen [, 1714]), das zunächst
unter der Aufsicht Sachsen-Gothas stand, aber 1702 volle Landeshoheit erhielt.
Infolge übergroßen Aufwands musste 1769 die kaiserliche
Zwangsschuldenverwaltung hingenommen werden. Das in weiblicher Erbfolge
erlangte Cuylenburg bzw. Culemborg wurde 1720 an die Generalstaaten der
Niederlande verkauft. Um 1800 zählte S. zu den Kantonen Rhön-Werra und Baunach
des Ritterkreises Franken. 1826 kam bei der umfassenden Neuordnung der
sächsischen Herzogtümer die Linie S. nach Sachsen-Altenburg. Die Güter
Sachsen-Hildburghausens fielen bis auf die Ämter Königsberg
und Sonnefeld an Sachsen-Meiningen.
L.: Wolff 397; Großer Historischer Weltatlas III 38 (1789) D2; Riedenauer 129;
Human, A., Chronik der Stadt Hildburghausen, 1886; Hildburghausen 1324-1924.
Festschrift zur 600-Jahr-Feier der Stadt, 1924; Kaiser, E., Südthüringen, 2. A.
1954.
Sachsen-Meiningen (Herzogtum, Volksstaat). Das Dorf
Meiningen an der Werra wird 982 erstmals erwähnt. Es war Mittelpunkt der dem
Reich gehörigen Meiningeromark (Meiningermark) und kam zunächst an das Stift
Sankt Peter und Alexander in Aschaffenburg. 1007 gab es König Heinrich II. an das Hochstift Würzburg. Um die Mitte des 12.
Jahrhunderts gründeten die Bischöfe von Würzburg die Stadt Meiningen. Sie kam
1434 als Pfand, 1542 als Lehen an die Grafen von Henneberg-Schleusingen. Nach
deren Aussterben (1583) fiel sie an das Haus Wettin (Sachsen) und wurde 1660
der ernestinischen Linie (Sachsen-Altenburg) zugeteilt. Ab 1680 war Meiningen
Residenz des aus der Aufteilung Sachsen-Gothas entstandenen Herzogtums S. Zu
ihm gehörten Meiningen und mehrere vormals hennebergische Ämter. 1699 kamen
Teile Sachsen-Coburgs (Städte und Ämter Schalkau, Sonneberg, Neuhaus, Salzungen
und das Amt Altenstein), 1710 Teile Sachsen-Römhilds (mit dem Amt Römhild)
hinzu. Um 1790 zählte S. zum Kanton Rhön-Werra des Ritterkreises Franken. 1807
trat das im ausgehenden 18. Jahrhundert abgerundete Herzogtum dem Rheinbund,
1815 dem Deutschen Bund bei. 1823 erhielt das Land eine am 23. 8. 1829
verbesserte Verfassung. Am 12. 11. 1826 erfolgte nach dem Aussterben der Linie
Sachsen-Gotha-Altenburg durch Schiedsspruch König
Friedrich Augusts I. von Sachsen eine umfassende Neuordnung der zersplitterten
ernestinischen Linie in die Herzogtümer Sachsen-Altenburg, Sachsen-Coburg und
Gotha sowie S., zu dem von Sachsen-Coburg-Saalfeld Saalfeld und das Amt Themar
sowie von Sachsen-Hildburghausen alle Güter ausgenommen Königsberg und Sonnefeld kamen. S. trat 1867/1871 dem Norddeutschen
Bund bzw. dem Deutschen Reich bei. Es umfasste 1910 2468 Quadratkilometer mit
278800 Einwohnern. Am 10. 11. 1918 dankte der Herzog ab. Der am 5. 11. 1918
gebildete Volksstaat/Freistaat ging am 1. 5 1920 im Land Thüringen auf. Dieses
kam 1945 zur sowjetischen Besatzungszone und damit von 1949 bis 1990 zur
Deutschen Demokratischen Republik. Am 25. 7. 1952 wurde es aufgehoben (str.),
am 3.10.1990 wieder begründet.
L.: Wolff 397; Großer Historischer Weltatlas III 38 (1789) D2; Riedenauer 129;
Bauer 1, 631; Schneider, F./Tille, A., Einführung in die thüringische
Geschichte, 1931; Pusch, H., Meiningen. Aufsätze zur Stadtgeschichte, 1937; Das
Meininger Heimatbuch, hg. v. Ansorg, A. u. a., 1954; Geschichte Thüringens, hg.
v. Patze, H./Schlesinger, W., Bd. 1ff. 1967ff.
Sachsen-Saalfeld (Fürstentum, Herzogtum). Saalfeld an der
Saale wird 899 erstmals genannt. Es war ursprünglich Königshof
und wurde im 10. Jahrhundert zur Pfalz ausgebaut. 1014 kam es an Pfalzgraf Otto
von Lothringen und über dessen Tochter Richenza 1056 an den Erzbischof von
Köln. 1057 ist die Burg bezeugt. Sie und die zugehörige Siedlung wurden
1167/1188 von Kaiser Friedrich I. Barbarossa zurückerworben. 1208 verpfändete König Otto IV. den Ort an die Grafen von Schwarzburg.
1389 kaufte ihn das Haus Wettin (Markgrafen von Meißen). Seit 1680 bestand auf
Grund der Aufteilung Sachsen-Gothas das zum obersächsischen Reichskreis
zählende Fürstentum S., seit 1735 das Herzogtum Sachsen-Coburg-Saalfeld. 1826
kam es an Sachsen-Meiningen.
L.: Wallner 710 ObersächsRK 18; Wagner, C./Grobe, L., Chronik der Stadt
Saalfeld, 1874; Richter, R., Saalfeld und Umgebung, 1874; Krauß, E., Die
städtebauliche Entwicklung der Stadt Saalfeld an der Saale, 1934; Geschichte
Thüringens, hg. v. Patze, H./Schlesinger, W., Bd. 1ff. 1967ff.
Säckingen (Abtei, Residenz). 522 (?, 7. Jh.?)
gründete der irische Mönch Fridolin auf einer später abgegangenen Insel des
Hochrheins nördlich Basels auf altem Siedlungsboden eine klösterliche, wohl von
Poitiers beeinflusste Zelle, die älteste mönchische Niederlassung bei den
Alemannen. 878 erscheint die Frauenabtei Seckinga. Ihre Laienäbte erweisen S.
zu dieser Zeit als Königskloster. Umfangreiche Güter
bestanden in Churrätien und in Glarus. Im 11. Jahrhundert wurde S.
Kanonissenstift. 1173 kam S. nach dem Aussterben der Grafen von Lenzburg unter
die Oberherrschaft (Vogtei) der Grafen von Habsburg. Die 1307 gefürstete
Äbtissin blieb aber Herrin des Ortes, der vor 1250 Stadtrecht erhalten hatte.
Bis 1805 war S. eine der vier vorderösterreichischen Waldstädte. 1805/1806
wurde die Abtei aufgehoben und S. kam an Baden und damit 1951/1952 an
Baden-Württemberg. S. Waldstädte.
L.: Wolff 41; Malzacher, J., Geschichte von Säckingen, 1911; Vorderösterreich,
hg. v. Metz, F., 3. A. 1978; Jehle, F., Die Geschichte des Stiftes Säckingen,
2.A 1984; Zotz, T., Säckingen, LexMA 7 1995, 1244f. ; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 723, 1, 2, 503;
Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 2, 542.
Sagan (Herzogtum, Residenz), Żagań.
Durch Teilung des schlesischen Herzogtums Glogau entstand von 1273/1274 bis
1304, von 1322 bis 1394 und von 1413 bis 1472 ein selbständiges Fürstentum S.
mit Sitz in dem 1252 zum Herzogtum Glogau gelangten, vor 1260 um eine deutsche
Stadt erweiterten S. Dieses stand seit 1329 unter der Lehnshoheit Böhmens. 1472
kam es durch Kauf an Wettin (Sachsen). 1504 starben die Herzöge von
Glogau-Sagan aus. 1549 wurde die Reformation eingeführt. 1549 gab es Moritz von
Sachsen gegen böhmische Exklaven an König
Ferdinand I. (Habsburg). Von 1627 bis 1634 stand es Wallenstein zu und kam 1646
an die Fürsten Lobkowitz. 1742 musste Österreich S. an Preußen abgeben. In
Preußen wurde S. 1785 von Herzog Peter Biron von Kurland gekauft und 1845 an
seine mit Edmund von Talleyrand-Périgord verheiratete Tochter Dorothea vererbt.
1945 kam S. unter die Verwaltung Polens und damit 1990 als politische Folge der
deutschen Einheit an Polen. S. Glogau-Sagan.
L.: Wolff 486; Heinrich, A., Geschichte des Fürstentums Sagan, 1911; Sagan und
Sprottau, hg. v. Bein, W., 1992; Menzel, J., Sagan, LexMA 7 1995, 1254; Höfe
und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1,
2, 507.
Saint-André, Saint André (Freiherren, Reichsritter).
Von 1765 bis 1805 zählten die Freiherren von S. mit dem ihnen aus der
Verlassenschaft von Ludwig Christoph Leutrum von Ertingen angefallenen
Rittergut Wankheim mit Kreßbach und Eck zum Kanton Neckar bzw.
Neckar-Schwarzwald-Ortenau des Ritterkreises Schwaben. Mit Teilen von Königsbach waren sie im Kanton Kraichgau
immatrikuliert. Wegen des 1789 von den Rassler erworbenen Lobenbach waren sie
auch Mitglied des Kantons Odenwald des Ritterkreises Franken, in dem sie seit
dem späten 17. Jahrhundert auftraten.
L.: Roth von Schreckenstein 2, 592; Hölzle, Beiwort 63, 65; Hellstern 212, 219;
Stetten 37; Riedenauer 126.
Salem, Salmansweiler, Salmannsweiler, Saalmannsweiler
(Abtei, Reichsstift). 1134 wurde vom Kloster Lützel im Elsass aus im Dorf
Salmansweiler bzw. Salmannsweiler im Altsiedelland der Salemer Aach bei
Überlingen das Zisterzienserkloster S. gegründet und durch den Stifter Guntram
von Adelsreute ausgestattet. 1142 übergab der Stifter die Abtei König Konrad III. Danach übten die Staufer eine
Schutzvogtei aus. Rudolf von Habsburg beauftragte die Landvögte von
Oberschwaben mit dem Schutz. 1354 sicherte König
Karl IV. gegenüber den Ansprüchen der Grafen von Werdenberg-Heiligenberg S. die
Stellung als Reichsstift (gefreites Stift). 1487 erhob Kaiser Friedrich III. S.
zur Reichsabtei. Die volle Landeshoheit im Kerngebiet seiner Herrschaft gewann
das zu den schwäbischen Prälaten des Reichstags gehörige S. aber erst 1637
durch einen Vertrag mit den Grafen von Heiligenberg. Am Ende des 18.
Jahrhunderts umfassten die Güter der zum schwäbischen Reichskreis zählenden
Abtei die Oberämter S., Elchingen (Unterelchingen), Ostrach und Schemmerberg,
die Obervogteiämter Münchhöf (Münchhof) und Stetten am kalten Markt, das
Pflegamt Ehingen sowie die Pflegen Frauenberg, Konstanz, Messkirch, Pfullendorf
und Überlingen und die Propstei Birnau, insgesamt ein Gebiet von 6
Quadratmeilen. Bei der Säkularisation von 1802/1803 kam es an die Markgrafen
von Baden, welche die Klostergebäude zum Wohnsitz nahmen. Das Amt Schemmerberg
fiel an Thurn und Taxis. 1951/1952 gelangte S. an Baden-Württemberg.
L.: Wolff 180; Zeumer 552 II a 36, 1; Wallner 686 SchwäbRK 19; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) E5, III 38 (1789) C4; Hölzle, E., Der
deutsche Südwesten am Ende des alten Reiches, 1938; Günter, H., Kloster Salem,
2. A. 1973; Rösener, W., Reichsabtei Salem. Verfassungs- und
Wirtschaftsgeschichte des Zisterzienserklosters von der Gründung bis zur Mitte
des 14. Jahrhunderts, 1974; Salem, hg. v. Schneider, R., 1984; Schmid, H., Die
ehemaligen salemischen Besitzungen Oberriedern und Gebhardsweiler, Freiburger
Diözesan-Archiv 108 (1988); Morimond et son Empire, 1994, 175; Rösener, W., Salem,
LexMA 7 1995, 1293.
Salm (Grafen, gefürstete Grafschaft, Fürsten,
Fürstentum). 1019 spaltete das an der Mosel begüterte Geschlecht der Grafen von
Luxemburg die Grafen von Gleiberg (im 12. Jh. erloschen) und die Grafen von S.
ab, die sich nach der in den Ardennen gelegenen Burg S. bei Vielsalm in der
späteren belgischen Provinz Luxemburg benannten und mit Hermann von S.
1081-1088 einen deutschen Gegenkönig zu Heinrich
IV. stellten. 1163/1165/1204 teilte sich das Geschlecht in die Linien
Niedersalm (Altsalm) mit Alfter und Gütern in den Ardennen und Obersalm mit der
Burg S. bei Schirmeck im Unterelsass sowie der Grafschaft S. in den Vogesen,
den Herrschaften Mörchingen, Püttlingen und Warsberg in Lothringen sowie
Rotselaar (Rotzlar) in Brabant. Die Linie Niedersalm (Altsalm) starb 1416 aus.
Ihr Gebiet kam (1455) über den Neffen des letzten Grafen an die Herren von
Reifferscheid (und Dyck), die sich seitdem Salm-Reifferscheid nannten. Dieses
Haus teilte sich bald in mehrere Linien (1639 Bedburg [nordwestlich Kölns],
Dyck [südwestlich von Neuß], Raitz [in Böhmen]), die fast ausnahmslos im 18.
Jahrhundert in den Reichsfürstenstand aufgenommen wurden. Als Personalisten
hatten sie Sitz und Stimme im niederrheinisch-westfälischen Reichskreis.
Salm-Reifferscheid-Bedburg erhielt 1803 als Entschädigung für den Verlust der
linksrheinischen Gebiete an Frankreich das aus mainzischen und würzburgischen
Ämtern gebildete Fürstentum Krautheim, das 1806/1826/38 an Württemberg kam und
beerbte 1888 die Linie Dyck. Salm-Reifferscheid-Dyck erhielt 1816 den
preußischen Fürstentitel. Obersalm kam nach dem Aussterben im Mannesstamm mit
der Hälfte seiner Güter 1459/1475 durch Heirat an die Wild- und Rheingrafen
(Wildgrafen und Raugrafen bzw. Rheingrafen), die auch den Namen S. übernahmen
und um 1500 noch die lothringische Herrschaft Diemeringen mit Finstingen
(Fénétrange) und Ogéviller (Eigenweiler) erlangten (1793 an Frankreich). Durch
Teilung entstanden mehrere Linien. Die jüngere Linie Dhaun teilte sich
1574/1588 in S., Grumbach und Dhaun (bis 1750). Davon wurde die Linie S. 1623
in den Reichsfürstenstand erhoben und erhielt 1654 (immer für denjenigen, der
das Land erbte,) Sitz und Stimme im Reichsfürstenrat. Die Linie Salm-Kyrburg
mit Gütern in den Niederlanden (Belgien) wurde 1743 reichsfürstlich. 1641
gewann S. durch Heirat mit Maria Anna von Bronckhorst die Herrschaft Anholt in
Westfalen und Güter in den Niederlanden, vor 1676 das 1740 zum niederländischen
Herzogtum erhobene Hoogstraten (Antwerpen) und 1700 das Fürstentum Arches-Charleville
(die Fürstentümer Arches und Charleville) in den Ardennen. Der 1738 im
Mannesstamm erloschenen Linie S. folgte Fürst Nikolaus Leopold mit dem Titel
eines Fürsten von Salm-Salm. 1763 gewann Salm-Kyrburg die niederländischen
Fürstentümer Horn (Hornes) (westlich Roermonds) und Overijse (Overisque) (in
Limburg). Die zum oberrheinischen Reichskreis zählenden katholischen Linien
Salm-Salm und Salm-Kyrburg erhielten für den Verlust ihrer linksrheinischen
Güter an Frankreich (1793, 1801) 1803 Teile des Hochstifts Münster (Amt Ahaus
[zwei Drittel für Salm-Salm, ein Drittel für Salm-Kyrburg], Amt Bocholt [zwei
Drittel für Salm-Salm, ein Drittel für Salm-Kyrburg], Herrschaft Gemen,
Anholt), insgesamt 39 Quadratmeilen mit 59000 Einwohnern (als Fürstentum).
Hauptstadt diees Füstentums S. war von 1803 bis 1805 das vorher zum Hochstift
Münster gehörige Borken, dann Bocholt, Hauptstadt Salm-Kyrburgs war Ahaus.
1810/1811 kam das seit 1806 souveräne Fürstentum an Frankreich, 1815 an
Preußen. Die jüngere lutherische Linie der Wild- und Rheingrafen zu Grumbach
(Salm-Grumbach) erhielt 1802 die ehemals münsterische Herrschaft Horstmar und
nannte sich seitdem Salm-Horstmar. Horstmar kam 1806 an Berg. 1816 wurden die
Grafen von Salm-Grumbach Fürsten von Salm-Horstmar in Preußen. S. a. Salm-Salm.
L.: Wolff 57, 262; Zeumer 553 II b 49 (, 554 II b 63, 18); Wallner 696
OberrheinRK 16; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) C/D3, III 38 (1789)
A/B2; Fahne, A., Die Grafen und Fürsten zu Salm, 1866; Kleinschmidt, A., Geschichte
von Arenberg, Salm und Leyen 1789-1815, 1912; Schaudal, L., Les comtes de Salm,
1921; Dunkhase, H., Das Fürstentum Krautheim, 1968; Moreau, J., Dictionnaire de
géographie historique, 1972, 244.
Samland (Bistum). 1243 gründete der päpstliche
Legat Wilhelm von Modena für die Gebiete des Deutschen Ordens nördlich des
Pregel bis zur Memel das Bistum S. mit einem in drei Teile aufgeteilten Drittel
des noch zu erobernden Gebiets als weltlichem Herrschaftsgebiet. Zwischen (1246
bzw.) 1252 und 1265 gelang die Eroberung durch den Deutschen Orden. 1255 wurde
das Bistum nach der Unterwerfung der Pruzzen durch den Deutschen Orden dem
Erzbistum Riga unterstellt. 1264 nahm der Bischof seinen Sitz in Fischhausen.
1294 wurde die Stiftung des Domkapitels endgültig vollzogen. 1322 wurden die
Gebiete des Bischofs (um Fischhausen, nördlich Königsbergs
und nördlich Insterburgs) von den Gebieten des dem Deutschen Orden
inkorporierten Domkapitels dauerhaft getrennt. 1525 führte der Bischof die
Reformation ein und trat die weltliche Herrschaft an Herzog Albrecht von
Brandenburg ab. 1587 wurde das Bistum aufgehoben und stattdessen ein
Konsistorium in Königsberg geschaffen.
L.: Urkundenbuch des Bistums Samland, hg. v. Woelky, C./Mendthal, H., Bd. 1ff.
1891ff.; Das westliche Samland, hg. v. Schlicht, O., 1920, Neudruck 2001;
Polenz, P. v., Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, II, 50; Der Landkreis
Samland, bearb. v. Gusovius, P., 1966; Boockmann, H., Samland, LexMA 7 1995,
1342; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini,
W., 2003, 1, 605; Biskup, R., Das Domkapitel von Samland, 2007.
Sankt Blasien (Reichsabtei, gefürstete Abtei).
Das Benediktinerkloster S. südlich des Feldbergs im Hochschwarzwald, das
vermutlich von Rheinau aus im 9. Jahrhundert als Cella Alba gegründet wurde,
wird 858 erstmals greifbar. Am Ende des 9. Jahrhunderts erhielt es die
Reliquien des heiligen Blasius. 983 wurde es selbständig, erwarb reiche Güter
bis zur Albquelle am Feldberg und zum Schluchsee (u. a. von den Herren von Krenkingen),
erlangte 1065 ein Immunitätsprivileg König
Heinrichs IV. und kam 1218, nach dem Aussterben der nach Lösung aus der Vogtei
des Bischofs von Basel seit 1125 amtierenden zähringischen Schutzvögte, unter
die Schutzherrschaft des Reiches, das sie unter Konrad IV. an Habsburg
(Schutzvogtei und Kastvogtei) verpfändete. Bemühungen um die
Reichsunmittelbarkeit blieben erfolglos. 1361 fiel S. unter die Landeshoheit
Österreichs. Wegen der 1613 gekauften Herrschaft Bonndorf zählte der Abt zu den
schwäbischen Reichsgrafen. 1729 wurden Oberried und Kappel (bei Freiburg)
erworben, daneben als Lehen Österreichs die Herrschaft Staufen und Kirchhofen
in der Oberrheinebene. 1746 wurde der Abt in den Reichsfürstenstand erhoben.
Durch § 26 des Reichsdeputationshauptschlusses vom 25. 2. 1803 kam die Abtei an
den Johanniterorden (Malteserorden). Nach der Säkularisation fiel S. 1806 an
Baden und damit 1951/1952 an Baden-Württemberg. Der größte Teil der Mönche
übersiedelte nach Sankt Paul in Kärnten.
L.: Wolff 41; Zeumer 553 II b 61, 15; Großer Historischer Weltatlas III 38
(1789) C4; Rieder, K., Die Aufhebung des Klosters Sankt Blasien, 1907;
Schmieder, J., Das Benediktinerkloster Sankt Blasien, 2. A. 1936; Hölzle, E.,
Der deutsche Südwesten am Ende des alten Reiches, 1938; Büttner, H., Sankt
Blasien und das Elsass, 1939; Ott, H., Studien zur Geschichte des Klosters
Sankt Blasien im hohen und späten Mittelalter, 1963; Ott, H., Die
Klostergrundherrschaft Sankt Blasien im Mittelalter, 1969; Ott, H., Sankt
Blasien, 1975, (in) Germania Benedictina V: Baden-Württemberg; Ott, H., Sankt
Blasien, LexMA 7 1995, 1136f.; Urkundenbuch des Klosters St. Blasien im
Schwarzwald, hg. v. Braun, J., 2003.
Sankt Egidien, Sankt Aegidien (Kloster). Das
Kloster S. in Nürnberg, bei dem sich ursprünglich der Wirtschaftshof der Burg
des Königs befand, erscheint in der
Reichsmatrikel von 1521.
L.: Reichsmatrikel 1521.
Sankt Gallen (Reichsabtei, Kanton; Residenz).
612/613 gründete der heilige Gallus eine Niederlassung iroschottischer Mönche
im Steinachtal, die 719/720 in ein Kloster verwandelt wurde (Neugründung,
747/748 Benediktinerkloster). 818 löste Kaiser Ludwig der Fromme das Kloster
vom Hochstift Konstanz (endgültige Zinsfreiheit 854) und erhob es unter
Verleihung der Immunität zum königlichen Kloster.
Dieses wurde eine der wichtigsten Stätten früher deutscher Kultur (Notker von
S., umfassende Bibliothek), der reiche Güter zuflossen (160000 Morgen Land).
Seit 1180 hatte das Reich die Vogtei. 1206 wurde der Abt zum Reichsfürsten
erhoben. In der Folge gewann die Abtei ein ansehnliches Herrschaftsgebiet mit
der Stadt S., dem sog. Fürstenland und Appenzell (bis zum Anfang des 15.
Jahrhunderts), wozu 1468 durch Kauf noch die Grafschaft Toggenburg kam.
1345/1379 erwarb sie die Vogtei in den Niedergerichtsbezirken des Klosters.
Zwischen 1401 und 1408/1411 errangen die Untertanen in Appenzell mit
Unterstützung der Eidgenossen der Schweiz ihre Unabhängigkeit. 1437 schloss der
Abt ein Landrecht mit Schwyz. 1451 wurde der Fürstabt durch Vertrag mit Zürich,
Luzern, Schwyz und Glarus zugewandter Ort der Eidgenossenschaft. 1457
verzichtete er auf die Herrschaft in der Stadt S. 1521 verlegte er seinen Sitz
nach Rorschach. In der seit 1524 eindringenden Reformation erwarb die Stadt S.
rechtswidrig (von Zürich und Glarus) alle Klosterrechte und verlor Toggenburg,
doch wurde das damit säkularisierte Kloster 1531/1532 mit Toggenburg
wiederhergestellt. 1798 wurde das Stift, dessen Abt an der Stellung als
Reichsfürst festhielt und das wegen Mooweiler (Untermooweiler, Unter-Mooweiler,
Mohweiler) zum Kanton Hegau (Hegau-Allgäu-Bodensee, Bezirk Allgäu-Bodensee) des
Ritterkreises Schwaben zählte, säkularisiert und zur Helvetischen Republik
geschlagen (Kantone Säntis, Linth). Die Herrschaft Neuravensburg in
Oberschwaben, über die das Kloster 1699 den Blutbann erlangt hatte, fiel 1803
als Entschädigung für Tarasp an den Fürsten Dietrichstein und kam 1806 an
Württemberg und das Gebiet damit 1951/1952 zu Baden-Württemberg. Am 3. 5. 1805
wurde das Kloster vom großen Rat (Parlament) des 1803(/1815) gebildeten Kantons
S. aufgehoben. Der Kanton S. bestand aus den Herrschaftsgebieten der Abtei S.,
der Stadt S., den gemeinen Herrschaften bzw. Landvogteien Uznach und Gaster mit
Gams (gemeine Herrschaft von Schwyz und Glarus seit 1436), Sargans (gemeine
Herrschaft von Zürich, Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden, Zug und Glarus seit
1482/1483 sowie von Bern seit 1712), Werdenberg mit Wartau (Herrschaft von
Glarus seit 1517), Sax (Herrschaft Zürichs seit 1615), Rheintal mit Rheineck
(gemeine Herrschaft von Zürich, Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden, Zug und
Glarus seit 1491 sowie von Appenzell seit 1500 und Bern seit 1712) sowie der
autonomen Stadt Rapperswil, die seit 1464 unter der Schutzherrschaft von Uri,
Schwyz, Unterwalden und Glarus sowie seit 1712 von Glarus, Zürich und Bern
gestanden hatte.
L.: Wolff 532; Ruch Anhang 82; Urkundenbuch der Abtei Sankt Gallen, hg. v.
Wartmann, H. u. a., Bd. 1ff. 1863ff.; Die Rechtsquellen des Kantons Sankt
Gallen, hg. v. Gmür, M. u. a., Bd. 1ff. 1903ff.; Ehrenzeller, W., Sankt Galler
Geschichte, Spätmittelalter und Reformation, Bd. 1f. 1931ff.; Thürer, G., Sankt
Galler Geschichte, Bd. 1f. 1953ff.; Duft, J., Die Stiftsbibliothek Sankt
Gallen, 1961; Chartularium Sangallense, hg. v. d. Herausgeber- und Verlagsgemeinschaft
Chartularium Sangallense, bearb. v. Clavadetscher, O., Bd. 3 1983; Duft,
J./Gössi, A., Die Abtei St. Gallen, 1986; Rösener, W., Der Strukturwandel der
St. Galler Grundherrschaft vom 12.-14. Jahrhundert, ZGO 137 (1989); Ziegler,
E., Sitte und Moral in früheren Zeiten, 1991; Die Kultur der Abtei Sankt
Gallen, hg. v. Vogler, W., 1993; Robinson, P., Die Fürstabtei St. Gallen und
ihr Territorium 1463-1529, 1995; Vogler, W., Sankt Gallen, LexMA 7 1995,
1153ff.; Das Kloster St. Gallen im Mittelalter, hg. v. Ochsenbein, P., 1999;
St. Gallen, hg. v. Wunderlich, W., 1999; Schaab, R., Mönch in Sankt Gallen,
2003.; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini,
W., 2003, 1, 689, 1, 2, 545; Marquardt, B., Die alte Eidgenossenschaft und das
Heilige römische Reich, 2007; Vita sancti Galli vetustissima, hg. v. d.
Stiftsbibliothek, 2012.
Sankt Georgen (im Schwarzwald)
(Reichskloster). Die Adligen Hezelo (Vogt Reichenaus), Hesso und Konrad
gründeten 1083 ein Benediktinerkloster in Königseggwald
bei Saulgau (Walda), verlegten es aber auf Verlangen des Hirsauer Abts 1084
nach S. im Quellgebiet der Brigach. Vögte des Klosters waren (nach einem
päpstlichen Privileg der freien Vogtswahl von 1095) spätestens seit 1104 die
Herzöge von Zähringen. Nach ihrem Aussterben war S. reichsunmittelbar. Danach
wurden die Herren von Falkenstein von König
Friedrich II. mit der Vogtei belehnt. Sie verkauften einen Teil ihrer Rechte
1444 an die Grafen von Württemberg und vererbten den anderen Teil an Hans von
Rechberg, dessen Erben ihn 1532 an König
Ferdinand, den damaligen Herrn Württembergs, gaben. Ungeachtet einer
Bestätigung der Reichsunmittelbarkeit durch Kaiser Karl V. von 1521 führte
Württemberg 1536 die Reformation durch und wandelte die Vogtei in Landeshoheit
um. Die Mönche zogen 1536 nach Rottweil und danach nach Villingen. 1548 kehrten
sie zurück, zogen aber 1648 erneut nach Villingen. 1810 kam S. an Baden und
damit 1951/1952 an Baden-Württemberg.
L.: Wolff 162; Kalchschmidt, K., Geschichte des Klosters Sankt Georgen, 1895;
Heinemann, B., Geschichte von Sankt Georgen im Schwarzwald, 1939; Ruhrmann, J.,
Das Benediktinerkloster Sankt Georgen 1500-1655, Diss. phil. Freiburg 1961;
Wollasch, H., Die Anfänge des Klosters Sankt Georgen im Schwarzwald, 1964;
Stockburger, E., Sankt Georgen, 1972; Zettler, A., Sankt Georgen, LexMA 7 1995,
1158f.
Sankt Moritz, Saint-Maurice (Stift), lat.
Agaunum. Der burgundische König Sigismund
gründete 515 am Grab des heiligen Mauritius (Ende des 3. Jahrhunderts) am
Großen Sankt Bernhard eine Abtei mit reichen Gütern im Wallis, Waadtland und in
Burgund. 830 wurde das Kloster in ein Chorherrenstift verwandelt. Im späten 8.
Jahrhundert kam S. an Hochburgund und 1034 an Savoyen. 1128 wurden
Regularkanoniker eingesetzt. Seit dem Ende des 13. Jahrhunderts wurde S.
Kollegiatstift. 1457/1536 wurden die Rechte durch Bern und Freiburg im Üchtland
eingeschränkt.
L.: Wolff 536; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) D5; Coutaz, G., Saint
Maurice d’Agaune, LexMA 7 1995, 1182f.
Sardinien (Insel, Königreich).
Sarden werden bereits am Ende des 13. vorchristlichen Jahrhunderts in
ägyptischen Quellen erwähnt. Seit dem 9. Jahrhundert wurde die nach ihnen
benannte Insel von den Phönikern bzw. Karthagern besiedelt. 238/237 v. Chr. kam
sie an Rom, später an Wandalen (um 456) und Ostrom (534). Seit dem 6.
Jahrhundert gewann der Papst zunehmenden Einfluss in dem zwischen 803/804 und
1014 von zahlreichen Sarazenenüberfällen heimgesuchten Land. In der Mitte des
11. Jahrhunderts erlangte Pisa mit Hilfe des Papstes die Herrschaft. 1297
belehnte der Papst das spanische Haus Aragon bzw. Aragonien mit der Insel. 1718
kam sie nach dem spanischen Erbfolgekrieg an Österreich und 1720 von Österreich
im Tausch gegen Sizilien an Savoyen. Dieses bildete als Königreich S. den Kristallisationspunkt für das 1861 entstandene Königreich Italien.
L.: Carta-Raspi, E., Breve storia di Sardegna, 1950; Zeddo, T., La Sardegna nel
primo medio evo, 1956; Zeddo, T., Studi sulla Sardegna medioeviale, 1958; Mori,
A., Sardegna, 1966; Satta-Branca, A., La Sardegna attraverso i secoli.
Leggende, storie, cronacche, 1970; Sanna, S. A., Sardinien-Bibliographie, 1974;
Boscolo, A., La Sardegna bizantina e altogiudicale, 1978; Pauli, R., Sardinien.
Geschichte, Kultur, Landschaft. Entdeckungsreisen auf einer der schönsten
Inseln im Mittelmeer, 1986; Casula, F., La Sardegna catalano-aragonese, 1990;
Simbula, P., Sardinien, LexMA 7 1995, 1378ff.
Sardinien-Piemont (Königreich) s. Sardinien
Savoyen (Grafen, Herzöge), frz. La Savoie. Das
Gebiet zwischen Genfer See, Rhone und der Mont-Cenis-Gruppe war zunächst von
den keltischen Allobrogern bewohnt, die 121 v. Chr. von den Römern unterworfen
wurden, die es der Provinz Gallia Narbonensis bzw. Viennensis zuteilten. Im 4.
Jahrhundert (um 390) wurde es Sapaudia (kelt., Waldland) genannt. 443 siedelten
die Römer die Reste der von den Hunnen geschlagenen Burgunder dort an. 534
eroberten die Franken das Reich der Burgunder. Seit 838 gehörte das Gebiet (806
Saboia) zu Hochburgund, seit 934 zum Königreich
Burgund, das 1032/1033 zum deutschen Reich kam. Das burgundische
Grafengeschlecht der Humbertiner (Graf Humbert Weißhand 1003-1048) erwarb 1025
das Aostatal, um 1033 das Chablais, das obere Isèretal, das obere Wallis und um
1050 durch Heirat die Markgrafschaft Turin (1091). Seit 1125 nannte es sich
nach S. 1232 erlangten die Grafen Chambéry und machten es zur Hauptstadt sowie
Pinerolo bzw. Pignerolo. 1268/1269 drangen sie ins Waadtland vor. 1310/1313
wurden die Grafen zu Reichsfürsten erhoben. 1361 trennte Kaiser Karl IV. S. vom
1349 an Frankreich gefallenen Arelat, unterstellte es unmittelbar dem Reich und
ernannte den Grafen 1365 zum Reichsvikar im Arelat. 1388 erwarben die Grafen
Nizza, 1401 die Grafschaft Genf (ohne die Stadt). 1416 erhob der spätere Kaiser
Sigmund die Grafen zu Herzögen und belehnte sie 1422 mit der Reichsgrafschaft
Genf. Im 15. Jahrhundert waren die Herzöge von S. die mächtigsten Fürsten
Norditaliens, die ihren Machtschwerpunkt zunehmend nach Piemont verlagerten.
1512/1521 wurden sie dem oberrheinischen Reichskreis eingegliedert. Von 1536
bis 1559 war S. von Frankreich besetzt, weshalb die Hauptstadt von Chambéry
nach Turin verlegt wurde. 1534/1536 gingen Genf und Wallis an die Eidgenossen,
Waadtland, Gex und Chablais an Bern verloren, doch kam Chablais 1564 gegen
Verzicht auf Genf, Waadtland und Wallis zurück. 1601 mussten die westlichen
Gebiete Bresse, Bugey (Burgey), Valromey und Gex, 1631 gegen einen Teil von
Montferrat auch Pinerolo (Pignerolo) und Perosa (Perusa) (bis 1696) an Frankreich
abgetreten werden. 1713 wurden Teile von Montferrat und Mailand sowie das Königreich Sizilien gewonnen, das jedoch bereits
1719/1720 unter Beibehaltung des Königstitels
gegen Sardinien (an Österreich) abgegeben werden musste (Königreich Sardinien bzw. Sardinien-Piemont). 1738
wurden Novara und Tortona (Tartona), 1748 weitere Gebiete erlangt. 1801 schied
S. aus dem Reich aus. 1860 wurden das Stammland S. sowie Nizza an Frankreich
als Gegenleistung für die Hilfe gegen Österreich und für die Einigung Italiens,
dessen Könige die Familie seit 1861 stellte,
überlassen.
L.: Zeumer 553 II b 36; Großer Historischer Weltatlas II 34 (1138-1254) F4, II
66 (1378) D6, II 78 (1450) F4, III 22 (1648) C6; Berthaut, H., La carte de
France 1750-1898, 1899; Hellmann, S., Die Grafen von Savoyen und das Reich bis
zum Ende der staufischen Periode, 1900; Kienast, W., Die deutschen Fürsten im
Dienst der Westmächte, Bd. 1ff. 1924ff.; Just, L., Das Haus Savoyen, 1940;
Bohner, T., Das Haus Savoyen, 1941; Hayward, F., Histoire de la maison de
Savoie, Bd. 1ff. 1941; Avezou, R., Histoire de la Savoie, 1963; Lequin,
C./Mariotte, J., La Savoie du moyen âge, 1970; Moreau, J., Dictionnaire de
géographie historique, 1972, 248; Histoire de la Savoie, hg. v. Gichonnet, P.,
1973; Duranthon, M., La carte de France, son histoire 1678-1979, 1978; Boutier,
R., Atlas historique français, 1979; Brondy, R. u. a., La Savoie, 1984; Demotz,
B., Savoyen, LexMA 7 1995, 1415ff.; Schlinker, S., Fürstenamt und Rezeption,
1999, 105; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W. u. a., 2003;, 1, 187, 890; Demotz, B., Le comté de Savoie du XXe
au XVe siècle, 2000.
Sayn-Vallendar (Herren). 1052 gab Kaiser Heinrich III.
seinen Königshof im 836 bereits erwähnten
Vallendar bei Koblenz an das Stift Sankt Simon und Judas in Goslar. 1232
erlangte Graf Heinrich von Sayn Gerichtsbarkeit und Hoheit im Dorf Vallendar.
Bei der Teilung der Saynschen Güter 1294 kam die Herrschaft Vallendar an Graf
Engelbert. Dessen Enkel erhielt durch Heirat (vor 1345) der Erbtochter der
Grafen von Wittgenstein diese Grafschaft. 1374 übertrug Graf Johann von Sayn
die Lehnsrechte über Vallendar an das Erzstift Trier, das 1392 drei Viertel der
Herrschaft käuflich erwarb, 1441 aber ein Viertel wieder zurückverkaufte. 1681
gewann das Erzstift Trier in einem Vergleich nach langwierigem Prozess vor dem
Reichskammergericht die Landeshoheit über die ganze Herrschaft und belehnte die
Grafen mit der Hälfte der Herrschaft, die es 1767 aber käuflich wieder erwarb.
Über Nassau und Preußen (1866) kam Vallendar 1946 an Rheinland-Pfalz.
L.: Gensicke, H., Landesgeschichte des Westerwaldes, 2. A. 1987.
Schaffhausen (Reichskloster). Das 1049/1050 (22.
November 1049?) von Graf Eberhard von Nellenburg auf Eigengut in S. begründete
Kloster erlangte seit dem frühen 12. Jahrhundert zahlreiche königliche Schutzbriefe und damit die Stellung eines
Reichsklosters. Wichtigstes Gut war der ihm 1080 vom Stifter übertragene Ort
S., der sich aber seit 1190 allmählich von S. befreite. 1529 wurde S. säkularisiert.
S. Schaffhausen (Kanton).
L.: Schudel, E., Der Grundbesitz des Klosters Allerheiligen, 1936; Zotz, T.,
Schaffhausen, LexMA 7 1995, 1434f.; Bänteli, K./Gamper, R./Lehmann, P., Das
Kloster Allerheiligen in Schaffhausen, 1999.
Schauen (Reichsherrschaft). Das Dorf S. am Harz
wurde 1530 von dem Kloster Walkenried an die Grafen von Stolberg-Wernigerode
verkauft und später wiederholt verpfändet. 1616 fiel es an das Domkapitel
Halberstadt, 1648 als unmittelbares Reichslehen an die Herzöge von Braunschweig-Lüneburg
und 1665/1672 an Waldeck. 1689 erwarb es der hannoverische Kammerpräsident O.
Grote, der im gleichen Jahre zum Reichsfreiherren erhoben wurde. Die nicht
einem Reichskreis zugeteilte Reichsherrschaft gelangte 1808 an das Königreich Westphalen und 1815 an Preußen. S. kam mit
der Provinz Sachsen Preußens von 1949 bis 1990 zur Deutschen Demokratischen
Republik.
L.: Wolff 501; Reinecke, A., Geschichte der freien Reichsherrschaft Schauen,
1889.
Schaumburg (Grafschaft). Die Burg S. oder Schauenburg
bei Rinteln an der mittleren Weser wurde am Anfang des 12. Jahrhunderts von
einem vielleicht aus dem Magdeburger Raum (Sandersleben) stammenden
Grafengeschlecht erbaut, das um 1030 mit der Grafschaft zwischen Rinteln und
Hameln belehnt war und sich nach der Burg nannte, jedenfalls bereits seit
Jahren bzw. Jahrzehnten im Mindener Raum bzw. an der Mittelweser verwurzelt
erscheint. 1110 (1111) wurden die Grafen von S. nach dem gewaltsamen Tode des
Grafen Gottfried von dem sächsischen Herzog Lothar von Süpplingenburg mit der
Grafschaft Holstein und Stormarn (Nordalbingien) belehnt. Zwischen 1201/1205
und 1224/1247 mussten die Grafen zugunsten Dänemarks auf Holstein verzichten.
1241/1273 teilte sich das Haus in eine Kieler, vor allem in Holstein und Stormarn
begüterte, 1315 ausgestorbene Linie und eine Itzehoer Linie. 1295/1297 wurden
die Grafschaften S. und Holstein der Itzehoer Linie auf zwei Linien verteilt,
neben denen noch eine 1390 ausgestorbene Linie Plön bestand. Die holsteinische
bzw. Rendsburger Linie (Herzogslinie) vereinigte nach und nach alle Güter mit
Ausnahme der Stammgrafschaft S. und der Herrschaft Pinneberg und erwarb
zeitweise Schleswig tatsächlich, 1375/1386 als Lehen Dänemarks. Bei ihrem
Aussterben 1459 kamen Schleswig und Holstein auf Grund des Vertrages von Ripen
an das Haus Oldenburg, das 1448 den Thron in Dänemark bestiegen hatte. Die
Schauenburger (Schaumburger) bzw. Holstein-Schauenburger
(Holstein-Schaumburger) Linie (jüngeres Haus S.), welche die zum
niederrheinisch-westfälischen Reichskreis zählende, sich am Ende des 14.
Jahrhunderts zwischen Steinhuder Meer, Weserbergland, Weser und Deister
erstreckende Stammgrafschaft S. und 1307/1314 die holsteinische Herrschaft
Pinneberg erhalten, 1377 die seit 1399 an Lippe verpfändete, im 16. Jahrhundert
endgültig verlorene Grafschaft Sternberg, 1492 durch Heirat bzw. Erbfall die
bis 1635 gewahrte Herrschaft Gemen mit dem Pfand am Vest Recklinghausen (bis
1573) und 1573 durch Erbfall die Herrlichkeit Bergen in Nordholland erworben
hatte (1641 verkauft), starb 1622 in der Hauptlinie und 1640 in der Nebenlinie
Gemen kurz nach der Gründung der Universität Rinteln (1619 Stadthagen, 1621
Rinteln, 1810 aufgehoben) und der Verlegung der Residenz nach Bückeburg aus.
Ihre Ansprüche auf die Güter der 1390 ausgestorbenen Linie von Plön bzw. auf
Holstein waren 1459 durch Geldleistungen und den Behalt von Pinneberg
abgefunden worden. (Die neben dem Herzogtum H. bestehende Grafschaft Holstein
wurde nach dem Aussterben der Grafen von Holstein und Stormarn 1640 an den König von Dänemark verkauft). 1643 kam die Herrschaft
Pinneberg an die Landesherren von Holstein, König
Christian IV. von Dänemark und Herzog Friedrich III. von Holstein-Gottorp
(Gottorf). Die Grafschaft S. wurde 1647/1648 aufgeteilt, wobei Braunschweig-Lüneburg
einige Vogteien mit Lauenau und Bokeloh, Hessen-Kassel als in Personalunion
verbundene Grafschaft S. die Ämter S., Rodenberg und das halbe Amt Sachsenhagen
(insgesamt 8,5 Quadratmeilen Gebiet) sowie das Haus Lippe-Alverdissen (Lippe) über
die Mutter des letzten Grafen von S. die übrigen Gebiete (Bückeburg,
Stadthagen, Hagenburg, Arensburg und das halbe Amt Sachsenhagen, insgesamt 8
Quadratmeilen mit 20000 Einwohnern) unter nomineller Oberhoheit Hessen-Kassels
erhielt (Schaumburg-Lippe). Der hessische Anteil mit Rinteln, der seit 1821 als
Exklave der Provinz Niederhessen zugeteilt war, kam 1866 an Preußen (Provinz
Hessen-Nassau, 1932 Provinz Hannover) und 1946 an Niedersachsen.
Schaumburg-Lippe bestand bis 1946. Zum 1. 11. 1946 ging das Gebiet der gesamten
alten Grafschaft S., die dem westfälischen Reichsgrafenkollegium angehört
hatte, über Preußen in Niedersachsen auf.
L.: Wolff 347f.; Zeumer 554 II b 63, 6; Wallner 703 WestfälRK 19, 22; Schnath,
G./Lübbing, H./Engel, F., Niedersachsen, (in) Geschichte der deutschen Länder,
Bd. 1; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) E2, III 22 (1648) D2, III 38
(1789) C1; Die Territorien des Reichs 6, 152; Schmidt, G., Die alte Grafschaft
Schaumburg, 1920; Möller, H., Studien zur Rechtsgeschichte der
„Schauenburgischen Lande“ in Holstein, 1939; Engel, F., Geschichte der
Grafschaft Schaumburg, (in) Geschichte des Landes Niedersachsen, ein Überblick,
1962; Busch, F., Schaumburgische Bibliographie, 1964; Maack, W., Die Grafschaft
Schaumburg, 2. A. 1964; Wieden, H. bei der, Schaumburgische Genealogie, 1966;
Maack, W., Die Geschichte der Grafschaft Schaumburg, 1986; Steinwascher, G.,
Die frühe Geschichte des Klosters Rinteln und ihre Bedeutung für den Aufbau der
Grafschaft Schaumburg, Niedersächs. Jb. f. LG. N.F. 58 (1986); Laur, W., Die
Ortsnamen in Schaumburg, 1993; Hemann, F., Schaumburg, LexMA 7 1995, 1443;
Husmeier, G., Geschichtliches Ortsverzeichnis für Schaumburg, 2008; Eick, S.,
Die Kanzlei und das Urkundenwesen der Grafen von Holstein-Schaumburg zwischen
1189 und 1209, 2008; Schaumburg im Mittelalter, hg. v. Brüdermann, S., 2013.
Scheer (Burg, Herrschaft). Vor 1267 kam die
Burg S. an der Donau bei Sigmaringen an den Grafen von Montfort, der S. 1289 an
König Rudolf von Habsburg verkaufte, es aber 1314
wieder als Pfand erhielt. Seit 1368 war S. mit der Grafschaft Friedberg
vereinigt und kam 1452/1454 an die Truchsessen von Waldburg, unter denen es
Sitz einer eigenen Linie wurde. Über Württemberg fiel S. 1951/1952 an
Baden-Württemberg. S. Friedberg-Scheer, Scherra, Waldburg.
L.: Wolff 180; Großer Historischer Weltatlas III 39 (1803) C3; Polenz, P. v.,
Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, S. 305, s. Scherra; Der Kreis Saulgau,
1971.
Schirgiswalde (Herrschaft). S. am Oberlauf der Spree
war schon früh eine selbständige Gutsherrschaft im Landgericht Bautzen. In der
Mitte des 14. Jahrhunderts gelangte es an die Berka von der Duba (von Duba) auf
Hohnstein, die es der Herrschaft Tollenstein-Schluckenau zuteilten und an die
Herren von Luttitz verlehnten. 1481 ging die Herrschaft an die Herren von
Schleinitz über. 1572 erwarben die Luttitz einen Teil ihres Schirgiswalder
Lehens als Allod. 1628 gelangte es an das Domstift Bautzen. Als die Oberlausitz
1635 an Sachsen fiel, blieb S. bei Böhmen und wurde zur Enklave. 1702 erwarb
das Domstift Bautzen weitere Teile käuflich und löste S., das 1665 vom Kaiser
bzw. König von Böhmen das Stadtrecht erhalten
hatte, damit von Tollenstein-Schluckenau. Die staatsrechtliche Zugehörigkeit zu
Böhmen (Österreich) wurde dadurch nicht berührt. 1809 musste Österreich die
böhmische Enklave in Sachsen, S. mit Neuschirgiswalde und Petersbach (mit 1834
insgesamt 1319 Einwohnern), an Sachsen abtreten, doch zog sich die Vollziehung
bis zum 4. 7. 1845 hin. Erst mit der in diesem Zeitpunkt erfolgenden Übergabe
durch den Kreishauptmann von Leitmeritz an einen Vertreter des Königs von Sachsen endete das staatsrechtliche
Kuriosum dieser unter geistlicher Herrschaft stehenden politischen Einheit. Bis
dahin wurde S. von einem böhmischen Stadtrichter, der vom Domstift Bautzen
vergütet wurde, zwei Beisitzern und 20 Repräsentanten des Gemeinwesens regiert,
wobei Steuerfreiheit und Zollfreiheit herrschten.
L.: Wolff 470; Stoy, F., Geschichte der Stadt Schirgiswalde, 1895; Nottarp, H.,
Ein geistlicher Staat in Deutschland von 1809-1845, FS Heckel, 1959, 86ff.
Schleithal,Schleythal (Reichsdorf). Am 20. 8. 1504 nahm König Maximilian I. unter anderem das Reichsdorf S.
zwischen Weißenburg und Lauterburg im Elsass in seinen Schutz. Mit dem Elsass kam
es an Frankreich.
L.: Hugo 472, 470.
Schlesien (Herzogtum, Kronland). Das Gebiet an der
mittleren und oberen Oder zwischen Sudeten, Mährischer Pforte, Beskiden, der
Wasserscheide zwischen Oder und Warthe sowie der Bartsch-Obra-Niederung war
zunächst von Skythen und Kelten besiedelt, wurde aber schon vor der Zeitenwende
von den germanischen Vandalen eingenommen. Deren links der Oder um den Zobten
ansässiger Teilstamm der Silingen wurde in allmählicher Ausdehnung namengebend
für das gesamte Gebiet. Nach dem Abzug der Germanen im 5. Jahrhundert drangen
Slawen ein. Im 10. Jahrhundert unterstand S. Böhmen, seit etwa 990 (bis auf das
Glatzer Land) Polen, wobei Polen eine Art Oberhoheit des Reichs anerkannte,
wodurch S. in eine mittelbare Verbindung zum deutschen Reich kam. Im Jahre 1000
wurde unter Mitwirkung Kaiser Ottos III. das Bistum Breslau gegründet und dem
Erzbistum Gnesen unterstellt. 1138 entstand durch Erbteilung der Piasten
(Polen) das piastische Teilfürstentum (Krakau mit) S. mit einem eigenen Herzog,
der allerdings schon 1146 zu seinen staufischen Verwandten vertrieben wurde.
Von Kaiser Friedrich I. Barbarossa zurückgeführt, teilte sich das Herzogshaus
1173/1202 in die zwei Linien Breslau (mit Liegnitz;, Breslau, Oppeln,
Niederschlesien;, Mittelschlesien und teilweise Oberschlesien) bzw. Schlesien
bzw. Niederschlesien und das unbedeutendere restliche Oberschlesien (mit
Ratibor, Beuthen, Teschen und Pless, 1201 Oppeln) bzw. Oppeln, wobei beide,
seit 1202 unabhängige Teile dem Reich tributpflichtig waren (und König Rudolf von Habsburg 1280 sogar die vasallitische
Huldigung, die Schlesien unter die Reichsfürstentümer einfügte, erreichte).
Zahlreiche Einwanderer aus Sachsen und Thüringen verstärkten die Beziehungen
zum Reich. Seit 1249 bzw. 1251 entstanden durch Erbteilungen in Niederschlesien
die Teilherzogtümer Breslau, Liegnitz und Glogau, 1278 Jauer, 1281 Schweidnitz.
Glogau seinerseits zerfiel in Sagan, Steinau und Oels. Dazu kamen Brieg und
Münsterberg. In Oberschlesien entstanden 1281 die Herzogtümer Oppeln, Ratibor
und Teschen. Weitere Teilungen und Vereinigungen folgten ([Cosel] Kosel,
Beuthen, Falkenberg, Groß Strehlitz [Strehlitz] [1313-1460], Troppau). Daneben
besaß der Bischof von Breslau das Fürstentum Neiße. 1327/1329 unterstellten
sich, nachdem schon Wenzel III. seit 1300 über sämtliche oberschlesische
Herzogtümer hatte verfügen können, alle oberschlesischen und bis auf
Schweidnitz-Jauer, die 1353 durch Heirat Annas von Schweidnitz-Jauer an Kaiser
Karl IV. kamen, alle niederschlesischen Herzöge, die insgesamt alle die
deutsche Zuwanderung förderten, zum Schutz vor Polen der Lehnshoheit der zum
deutschen Reich gehörigen Krone von Böhmen, die 1306/1310 an das Haus Luxemburg
gekommen war (1327 Teschen, Falkenberg, Cosel-Beuthen, Auschwitz, Ratibor,
Oppeln und Breslau, 1329 Sagan, Oels, Steinau, Liegnitz-Brieg, 1331 Glogau,
1336 Münsterberg [, 1342 das Bistumsland Neiße-Ottmachau]). Umgekehrt
verzichteten die Könige von Polen 1335, 1339,
1356 und 1372 auf ihre Ansprüche auf S., das nunmehr nicht mehr über Polen,
sondern - neben den Akten von 1163 und 1280 - über Böhmen dem Reich verbunden
war. Im Verhältnis zu Böhmen standen dabei lehnsrührige schlesische Herzöge
neben eigenen Erbfürstentümern der Krone Böhmens (1462 Troppau, Münsterberg,
Oels, Glatz, 1475 Sagan, 1523 Jägerndorf, 1551 Beuthen). Im 15. Jahrhundert
fielen Teile Oberschlesiens an Polen, 1482 Crossen an Brandenburg und 1472
Sagan an Sachsen (bis 1549). Dagegen wurde Troppau neu zu S. gezählt. 1526
gelangte ganz S. mit Böhmen im Erbwege an Habsburg bzw. Österreich, das seit
1570/1621 die Gegenreformation des von 1522 bis 1555 zu neun Zehnteln
protestantisch gewordenen Landes durchführte. Dabei waren Schweidnitz-Jauer,
Glatz, Breslau, seit 1532 Oppeln-Ratibor, Teschen, Neiße und seit 1544 Glogau
Erbfürstentümer Österreichs, während die übrigen Herzogtümer nur in
Lehnsabhängigkeit standen. Brandenburg erhob auf Grund eines 1537
geschlossenen, 1546 aber für nichtig erklärten Erbvertrags Ansprüche auf
Liegnitz, Brieg, Wohlau und das 1621 in Vollstreckung der Reichsacht Georg von
Brandenburg entzogene Jägerndorf, wurde 1686 durch Überlassung des Kreises
Schwiebus zur Aufgabe seiner Ansprüche veranlasst, gab den Kreis aber 1695
gegen Geldentschädigung zurück. Nach dem auf dieser Grundlage zwischen König Friedrich dem Großen von Preußen und Erzherzogin
Maria Theresia von Österreich geführten ersten schlesischen Krieg kamen
(1742/1744) Niederschlesien, große Teile Oberschlesiens und die Grafschaft
Glatz Böhmens an Preußen, während die südwestlichen Teile der Fürstentümer
Neiße, Troppau und Jägerndorf und die Fürstentümer Teschen und Bielitz (etwa
ein Sechstel) bei Österreich blieben und zunächst als Herzogtum Oberschlesien
und Niederschlesien eingerichtet und von 1782 bis 1849 mit Mähren vereinigt wurden,
aber ab 1849 als Herzogtum S. ein durch einen Landespräsidenten in Troppau
verwaltetes österreichisches Konland S. (Österreichisch-Schlesien) mit der
Hauptstadt Troppau bildeten. Die Teilungen Polens brachten eine Verbreiterung
der Landbrücke zu den anderen preußischen Ostprovinzen. 1815 wurde die aus den
1742 erworbenen schlesischen Gebieten und der Grafschaft Glatz gebildete
Provinz S. Preußens um Teile der Oberlausitz erweitert. Durch die
Industrialisierung wurde sie eine der reichsten Provinzen und wurde 1919 in
Oberschlesien und Niederschlesien geteilt. 1918/1919 kam das Kronland S.
Österreichs (Österreichisch-Schlesien), vergrößert um das bis dahin preußische
Ländchen Hultschin (Hultschiner Ländchen) und verkleinert um den 1922 an Polen
fallenden Ostteil des Teschener Gebiets (Ostoberschlesien) an die
Tschechoslowakei, 1938 zum Gau Sudetenland. An Polen fielen Gebiete der
niederschlesischen Kreise Guhrau, Militsch, Groß Wartenberg (Großwartenberg)
und Namslau (512 Quadratkilometer mit 26000 Einwohnern) und Teile
Oberschlesiens. 1934/1938 wurden die seit 1919 bestehenden preußischen
Provinzen Oberschlesien und Niederschlesien (26981 Quadratkilometer, 3,204
Millionen Einwohner, Regierungsbezirke Breslau und Liegnitz) vereinigt. 1939
wurden Ostoberschlesien, das Olsagebiet und weitere Grenzgebiete Polens S.
eingegliedert. 1941 wurde S. wieder in die Provinzen Oberschlesien und
Niederschlesien geteilt. 1945 kam S. mit Ausnahme des kleinen Gebiets westlich
der Lausitzer Neiße (Hoyerswerda, Görlitz, Rothenburg), das von 1949 bis 1990
an die Deutsche Demokratische Republik fiel, unter die Verwaltung Polens und
damit 1990 als politische Folge der deutschen Einheit an Polen. Die deutsche
Bevölkerung wurde überwiegend vertrieben. S. a. Beuthen, Bielitz, Breslau,
Brieg, Falkenberg, Glatz, Glogau, Goschütz, Hultschin (Hultschiner Ländchen),
Jägerndorf, Jauer, Kosel (Cosel), Liegnitz, Militsch, Münsterberg, Neiße,
Niederschlesien, Oberschlesien, Oels, Oppeln, Pless, Ratibor, Sagan,
Schweidnitz, Steinau, Strelitz, Teschen, Trachenberg, Troppau, Wartenberg,
Wohlau.
L.: Wolff 472ff.; Birke, E., Schlesien, (in) Geschichte der deutschen Länder,
Bd. 1; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) I3, III 22 (1648) H3; Die
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Handbuch von Oberschlesien, 1864, Neudruck 1984; Grünhagen, C., Geschichte
Schlesiens, Bd. 1ff. 1884ff.; Schlesische Landeskunde, hg. v. Frech, F./Kampfers,
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H./Belée-Vogt, L., Oberschlesische Bibliographie, Bd. 1ff. 1938; Deutsches
Städtebuch, hg. v. Keyser, E., Bd. 1 1939; Grögler, A., Das Landkartenwesen von
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Tragödie Schlesiens 1945-46, 1952; Rister, E., Schlesische Bibliographie, Bd.
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Mitteleuropa, hg. v. Bundesministerium für Vertriebene, Bd. 1 1953;
Sudetendeutscher Atlas, hg. v. Meynen, E., 1954; Kuhn, W., Siedlungsgeschichte
Oberschlesiens, 1954; Krallert, W., Atlas zur Geschichte der deutschen
Ostsiedlung, 1958; Polenz, P. v., Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, III, 27;
Schlesisches Urkundenbuch, hg. v. Appelt, H., 1963ff.; Niederschlesien unter
polnischer Verwaltung, hg. v. Bahr, E./König,
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schlesischen Mundart im Mittelalter, 1971; Bahr, E. u. a., Oberschlesien nach
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Schlesien, (in) Grundriss der deutschen Verwaltungsgeschichte 1815-1945, hg. v.
Hubatsch, W., 1975f.; Schlesien im 18. Jahrhundert (Karte 1:500000); Menzel,
J., Formen und Wandlungen der mittelalterlichen Grundherrschaft in Schlesien,
(in) Die Grundherrschaft im späten Mittelalter, Bd. 1 hg. v. Patze, H., 1983;
Geschichtlicher Atlas von Schlesien, hg. v. Petry, L./Menzel, J., 1985; Loebel,
H., Schlesien, 1987; Sommer, F., Die Geschichte Schlesiens, 1987; Trux, E., Schlesien
in der Biedermeierzeit, 1987; Geschichte Schlesiens, Bd. 1 Von der Urzeit bis
zum Jahre 1526, hg. v. Petry, L., 5. A. 1988, Bd. 2 Die Habsburger Zeit
1526-1740, hg. v. Petry, L., 2. A. 1988, Bd. 3 Preußisch-Schlesien 1740-1945,
Österreichisch-Schlesien 1740-1918/45, hg. v. Menzel, J., 1999; Weber, M., Das
Verhältnis Schlesiens zum Alten Reich in der frühen Neuzeit, 1989; Kontinuität
und Wandel, hg. v. Baumgart, P., 1990; Weber, M., Das Verhältnis Schlesiens zum
Alten Reich, 1992; Schlesien, hg. v. Conrads, N., 1994; Schlesisches
Städtebuch, hg. v. Johanek, P. u. a., 1995; Menzel, J., Schlesien, LexMA 7
1995, 1481ff.; Schlesien und die Schlesier, hg. v. Bahlcke, J., 1996;
Schlinker, S., Fürstenamt und Rezeption, 1999, 205; Hofmann, A., Die Nachkriegszeit
in Schlesien, 2000; Bartosz, J./Hofbauer, H., Schlesien, 2000; Höfe und
Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 895;
Filip, V. u. a., Schlesien, Georg von Podiebrad und die römische Kurie, 2005;
Rüther, A., Region und Identität, 2010.
Schleswig (Bistum, Residenz). Um 948 wurde unter
Kaiser Otto dem Großen ein Bistum S. eingerichtet, das nach zwischenzeitlicher
Verwüstung vom Erzbistum Bremen (Hamburg-Bremen) gelöst und 1103 Lund
unterstellt wurde. 1268 verlegte der Bischof, dem der Erwerb eines eigenen
Herrschaftsgebiets nicht gelang, seinen Sitz nach Schwabstedt. Von 1541 an
waren die Bischöfe lutherisch. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts zog der König von Dänemark die Güter ein und hob 1624 das
Bistum auf.
L.: Schubert, H./Feddersen, E., Kirchengeschichte Schleswig-Holsteins, 1907ff.;
Boockmann, A., Geistliche und weltliche Gerichtsbarkeit im mittelalterlichen
Bistum Schleswig, 1967; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg.
v. Paravicini, W., 2003, 1, 608, (1,) 2, 517.
Schleswig (Herzogtum, Residenz). Seit
karolingischer Zeit war das Gebiet an Eider und Schlei zwischen Dänemark und
dem fränkisch-deutschen Reich umstritten. Zwischen 1025 und 1035 verzichtete
Kaiser Konrad II. hierauf. Etwa zu dieser Zeit übernahm die nördlich der Schlei
gelegene Siedlung S. die vorher dem südlich der Schlei gelegenen Handelsplatz
Haithabu zugekommene Vorortstellung. Seit Ende des 11. Jahrhunderts/Anfang des
12. Jahrhunderts setzte der König von Dänemark
Verwandte als Statthalter (lat. praefectus, dän. jarl) für dieses Gebiet
(Südjütland) ein. Dem Statthalter Knut Laward (1115-1131) gelang es seit 1115,
seine Herrschaft auch über die slawischen Abodriten im östlichen Holstein
(Wagrien) auszudehnen. Schon im 12. Jahrhundert und dann seit 1232 trug der
Statthalter den Titel Herzog (lat. dux) und behauptete mit Hilfe der seit 1237
verschwägerten Grafen von Holstein aus dem Haus Schauenburg (Schaumburg) die
relative Selbständigkeit Schleswigs gegenüber Dänemark (1261 Erblichkeit als
Fahnenlehen Dänemarks). 1326 erzwang Graf Gerhard III. von Holstein den
Ausschluss der einheitlichen Herrschaft über Dänemark und S. und sicherte sich
1330 eine Anwartschaft auf das (staatsrechtlich) damit von Dänemark getrennte
S. 1375 starb das dänisch-schleswigsche Herzogshaus aus. 1386 erlangte der Graf
von Holstein das Herzogtum S. als Lehen Dänemarks. Seitdem blieben S. und das
vom Reich lehnbare Holstein in fester staatsrechtlicher Verbindung
(Schleswig-Holstein). 1440 musste der König von
Dänemark den Grafen von Holstein die erbliche Belehnung mit dem Herzogtum S.
Dänemarks zugestehen. 1448 veranlasste der Graf von Holstein die Wahl seines
Neffen Christian von Oldenburg zum König von
Dänemark (Christian I.). Als mit Adolf VIII. das Haus Schauenburg (Schaumburg)
der Grafen von Holstein und Herzöge von S. 1459 ausstarb, wählten die Stände am
2. 3. 1460 König Christian I. von Dänemark, Graf
von Oldenburg, zum Herzog von Schleswig (Personalunion Dänemarks mit
Schleswig-Holstein). 1474 erhob Kaiser Friedrich III. Holstein, Dithmarschen,
Wagrien und Stormarn zum reichsunmittelbaren Herzogtum. Nach Christians Tode
1481 wählten die Stände seine beiden Söhne (König
Johann von Dänemark und Friedrich) zu Landesherren. 1490 teilten beide das Land
bei ideeller Einheit in einen königlichen
(Segeberger) Anteil und einen herzoglichen (Gottorper [Gottorfer]) Anteil in
bunter Gemengelage. Friedrich wurde 1524 zum König
von Dänemark gekrönt und vereinigte die Herzogtümer Schleswig und Holstein
wieder.
L.: Falck, N., Das Herzogtum Schleswig in seinem gegenwärtigen Verhältnis zu
dem Königreich Dänemark und zu dem Herzogtum
Holstein, 1816, Neudruck 2008; Sach, A., Geschichte der Stadt Schleswig nach
urkundlichen Quellen, 1875; Philippsen, H., Kurzgefasste Geschichte der Stadt
Schleswig, 1926; Brandt, O., Geschichte Schleswig-Holsteins, 6. A. 1966;
Brandt, O./Klüver, W., Geschichte Schleswig-Holsteins, 8. A. 1981; Greve, K.,
Zentrale Orte im Herzogtum Schleswig, 1987; Die Stadt im westlichen Ostseeraum,
Bd. 1 1995, 47; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W., 2003, 1, 905; Die Fürsten des Landes. Herzöge und Grafen von
Schleswig, Holstein und Lauenburg, hg. v. Rasmussen, C. u. a., 2008.
Schleswig-Holstein (Herzogtümer, Land, Provinz). 1326
erzwang Graf Gerhard III. von Holstein den Ausschluss der einheitlichen
Herrschaft über Dänemark und Schleswig. Nach Aussterben des
dänisch-schleswigschen Herzogshauses 1375 erlangte er 1386 das Herzogtum
Schleswig als Lehen Dänemarks. Seitdem blieben Schleswig als Lehen Dänemarks
und Holstein als Lehen des Reiches in fester staatsrechtlicher Verbindung. Nach
dem Aussterben der schauenburgischen (schaumburgischen) Grafen von Holstein und
Herzöge von Schleswig kamen Schleswig und Holstein 1459/1460 auf Grund des
Vertrages von Ripen an den König von Dänemark
aus dem Haus Oldenburg (Christian I.), das 1448 den dänischen Thron bestiegen
hatte. 1474 erhob Kaiser Friedrich III. Holstein, Dithmarschen, Wagrien und
Stormarn zum reichsunmittelbaren Herzogtum, doch blieb Dithmarschen zunächst
die Unabhängigkeit. Nach einer vorübergehenden Teilung (1490 königlicher Segeberger und herzoglicher Gottorper
[Gottorfer] Anteil bei ideeller Einheit) der seitdem in Personalunion
beherrschten Länder Schleswig und Holstein wurden diese 1524 unter Dänemark
wieder vereinigt. Seit 1528 wurde die Reformation eingeführt. König Friedrichs Sohn Christian III. teilte 1544
Schleswig-Holstein in bunter Gemengelage mit seinen zwei Stiefbrüdern in drei
Herrschaftsbereiche, wodurch erneut ein königlicher
(und 1580 ein herzoglicher) Landesteil entstand. Zum Gottorper (Gottorfer)
Anteil des jüngsten Bruders Adolf gehörten unter anderem Apenrade,
Südschleswig, Stapelholm, Husum, Eiderstedt, Kiel, Neumünster, Oldenburg in
Holstein, Cismar, Neustadt, Trittau und Reinbek (Reinbeck), zum Haderslebener,
1581 aufgeteilten Anteil Herzog Johanns des Älteren Hadersleben, Rendsburg
(1581 königlich), Tondern, Lügumkloster, Fehmarn
(1581 herzoglich), zum königlichen Sonderburger
Anteil Christians und später Friedrichs II. Alsen, Aerö (Arrö), Flensburg,
Bredstedt und holsteinische Gebiete um Segeberg, Oldesloe, Plön, Steinburg,
Reinfeld und Ahrensbök. König und Herzog
wechselten sich in der gemeinschaftlichen Regierung beider Länder ab. Gemeinsam
unterwarfen die drei Brüder 1559 Dithmarschen und teilten es auf. 1581 wurde
der Haderslebener Anteil Johanns des Älteren zwischen König
Friedrich II. und Herzog Adolf von Gottorp (Gottorf) geteilt. König Christians III. Sohn und Nachfolger trat seinem
Bruder Herzog Johann dem Jüngeren, der 1581 Reinfeld, Sundewitt und
Rude-Kloster erhalten hatte, ein Drittel des Sonderburger Anteils ab
(Sonderburg, Norburg, Aerö [Arrö], Plön, Ahrensbök). Diese Teilung wurde von
den Ständen nicht anerkannt, sodass die sog. abgeteilten Herren, die beim Tode
Johanns des Jüngeren die bis zum 18. Jahrhundert weitgehend aussterbenden
Linien Schleswig-Holstein-Sonderburg (Sonderburg), Schleswig-Holstein-Norburg
(Norburg), Schleswig-Holstein-Glücksburg (Glücksburg) und
Schleswig-Holstein-Plön (Plön) bildeten, von denen
Schleswig-Holstein-Sonderburg (Sonderburg) 1623 sich nochmals in
Schleswig-Holstein-Augustenburg (Augustenburg) und Schleswig-Holstein-Beck
(Beck-Glücksburg) teilte, keine Landesherrschaft in ihren Gebieten hatten. Seit
1565 begann unter Herzog Adolf von Gottorp (Gottorf) die eigenständige Politik
der Herzöge von Schleswig. 1640 fiel die (schauenburgische [schaumburgische])
Grafschaft Pinneberg beiden Hauptlinien an. 1665 wurde die Universität Kiel
gegründet. 1658 erzwang der Herzog von Gottorp (Gottorf) den Verzicht Dänemarks
auf die Souveränität über den herzoglichen Anteil in Schleswig, wogegen
Dänemark später militärisch wie politisch vorging, so dass schließlich 1721 der
König von Dänemark als alleiniger Landesherr von
den Ständen anerkannt und das Haus Gottorp (Gottorf) auf den zersplitterten
herzoglichen Anteil in Holstein beschränkt wurde. 1767/1773 gaben die Herzöge
von Gottorp (Gottorf), die 1762 die Krone Russlands gewonnen hatten, ihre
Herrschaft über Holstein auf und erhielten dafür Oldenburg und Delmenhorst. Die
nun wieder geeinten Herzogtümer Schleswig und Holstein gehörten zu Dänemark,
waren aber verwaltungsmäßig selbständig. 1806 blieb S. bei Dänemark. Der Wiener
Kongress von 1815 erklärte Holstein zum Glied des Deutschen Bundes. In der
Folge begann Dänemark, Schleswig enger mit Dänemark zu verbinden und dadurch
von Holstein zu trennen. 1846 erklärte der König
Schleswig als zu Dänemark gehörig, so dass eine Beschränkung des Erbrechts der
Linie Schleswig-Holstein-Augustenburg
(Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg) auf Holstein in Aussicht stand.
1848 fielen beide Herzogtümer von Dänemark ab. Am 12. 4. 1848 wurde Schleswig
in den Deutschen Bund aufgenommen. 1850 setzte sich Dänemark aber vollständig
durch und gab am 15. 2. 1854 Schleswig und am 11. 6. 1854 Holstein eine
Verfassung. Nach weiteren Streitigkeiten, in deren Verlauf beim Aussterben der königlichen Linie 1863 die allein verbleibenden Linien
Schleswig-Holstein-Augustenburg (Augustenburg) und Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg
(Beck-Glücksburg) der Sonderburger Linie Erbansprüche erhoben, und dem
deutsch-dänischen Krieg von 1864 musste Dänemark am 30. 10. 1864 S. und
Lauenburg an Preußen und Österreich abtreten, die es zunächst gemeinsam
verwalteten. 1866 musste Österreich, das ein schleswig-holsteinisches Herzogtum
befürwortet hatte, sein Einverständnis mit der Einverleibung
Schleswig-Holsteins in Preußen erklären. Die Erbansprüche des Großherzogs von
Oldenburg wurden durch Geld und das holsteinische Amt Ahrensbök abgefunden.
1920 fiel Nordschleswig auf Grund einer Abstimmung, bei der sich 75000 Stimmen
für Dänemark und 25000 für Deutschland aussprachen, an Dänemark. 1937 wurde
Lübeck mit S. und Altona mit Hamburg vereinigt. 1945 kam ein der Stadt Ratzeburg
gegen Osten hin vorgelagertes kleines Gebiet mit Ziethen, Bäk und Mechow von
Mecklenburg an Schleswig-Holstein. 1946 wurde durch Verordnung der britischen
Militärregierung aus der Provinz S. Preußens das Land S. gebildet.
L.: Scharff, A., Schleswig-Holstein, (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd.
1; Die Territorien des Reichs 2, 140; Bauer 1, 687; Geerz, F., Geschichte der
geographischen Vermessungen und der Landkarten Nordalbingiens vom Ende des 15.
Jahrhunderts bis zum Jahre 1859, 1859; Carstens, W., Die Landesherrschaft der
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Schleswig-Holstein, Zs. der ges. f. schlesw.-holst. Gesch. 55 (1926), 287;
Geschichte Schleswig-Holsteins, hg. v. Pauls, V./Klose, O., 1934ff.; Schott,
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1660-1721, 1960; Schleswig-Holstein, hg. v. Thiede, K., 1962; Handbuch der
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Landesbeschreibung der zwei Herzogtümer Schleswig und Holstein 1652, neu hg. v.
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Schleswig, Holstein, Lauenburg vor 1864, 1969; Jürgensen, K., Die Gründung des
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adligen Eigenwirtschaft in Schleswig-Holstein, (in) Die Grundherrschaft im
späten Mittelalter, Bd. 1, hg. v. Patze, H., 1983; Hildebrandt, F., Die
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Schleswig-Holsteins Weg in die Moderne, hg. v. Paetau, R., 1988; Fuhrmann, K.,
Die Auseinandersetzung zwischen königlicher und
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Band 9 Dänemark und Schleswig-Holstein, hg. v. Tamm, D., 2008; Bernstein, A.,
Die Gebietsreform in Schleswig-Holstein, 2010.
Schleswig-Holstein-Glücksburg,
Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg (Herzogtum). 1210 begründeten
Zisterziensermönche das Rudekloster. Dieses wurde 1538 säkularisiert. 1564
erhielt der jüngere Sohn des Königs von Dänemark
(Christians III.), Johann der Jüngere, ein Drittel des königlichen
Anteils von Schleswig-Holstein (Sonderburg, Aerösköbing, Norburg, Plön,
Ahrensbök). Dazu kamen nach dem Tod Johanns des Älteren von
Schleswig-Holstein-Hadersleben (1581) das Rudekloster, das Kloster Reinfeld,
der königliche Anteil des Sundewitt und Güter
auf Aerö (Aeroe). 1582 baute Johann der Jüngere an der Stelle des Rudeklosters
Glücksburg. Sein Sohn Philipp machte Glücksburg zur Hauptstadt des ihm
vererbten Herzogtums S. 1779 starb die Linie S. aus und wurde von Dänemark
beerbt. Eine jüngere Linie Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg wurde aus
dem Hause Schleswig-Holstein-Beck 1825 begründet. S.
Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg.
L.: Kruse, H., Aus der Vergangenheit Glücksburgs, 1925.
Schleswig-Holstein-Glückstadt (Herzogtum). Bei Teilungen
Schleswig-Holsteins von 1490 und 1544/1581 entstand der königliche Anteuil an Schleswig-Holstein. 1616/1617 gründete König Christian IV. von Dänemark den Nordseehafen
Glückstadt. 1648 verlegte der König die
Regierungs- und Justizkanzlei der Herzogtümer königlichen
Anteils hierher. Seitdem wurde das Herzogtum S. genannt. Um 1800 umfasste das
Gebiet des zum niedersächsischen Reichskreis zählenden Herzogtums etwa 70
Quadratmeilen. Der holsteinische Teil bildete das Herzogtum
Holstein-Glückstadt. 1866 kam Glückstadt zu Preußen, 1946 zu
Schleswig-Holstein.
L.: Zeumer 553 II b 32; Wallner 706 NiedersächsRK 6; Großer Historischer
Weltatlas III 22 (1648) D1.
Schleswig-Holstein-Gottorp(-Oldenburg), Schleswig-Holstein-Gottorf (Herzogtum),
(Schleswig-Holstein-Gottorp-Oldenburg),. Nachdem 1460 Schleswig und Holstein
auf Grund des Vertrages von Ripen an das 1448 in Dänemark an die Macht gelangte
Haus Oldenburg gekommen waren und 1490 und 1544/1581 Schleswig und Holstein
zwischen dem König von Dänemark und dem Herzog
von Gottorp (Gottorf) in bunter Gemengelage geteilt worden waren, bildete der
herzogliche Anteil das Herzogtum S. (Schleswig-Holstein-Gottorf). Ab 1721
verblieb dem Haus Gottorp (Gottorf) nur noch der holsteinische Anteil des
Herzogtums als Herzogtum Holstein-Gottorp (Gottorf). 1767/1773 gaben die
Herzöge von Gottorp (Gottorf), von denen 1767 Karl Peter Ulrich als Peter III.
den Thron von Russland bestieg, ihre Herrschaft in Schleswig-Holstein zugunsten
Dänemarks auf. Die sog. bischöfliche Linie der Gottorper (Gottorfer), die das
Hochstift Lübeck mit Eutin innehatte, erhielt durch Vertrag Oldenburg. Um 1800
umfasste das Gebiet des zum niedersächsischen Reichskreis zählenden Herzogtums
etwa 70 Quadratmeilen. S. Holstein, Oldenburg.
L.: Großer Historischen Weltatlas III 22 (1648) D 1.
Schleswig-Holstein-Sonderburg (Herzogtum). Sonderburg auf der Insel
Alsen erscheint 1253 als Burg und 1257 als Ort. 1461 erhielt es Stadtrecht. Bei
der Teilung von 1564 kam es mit Norburg, Arrö (Aerö), Plön und Ahrensbök an
Herzog Johann den Jüngeren, den Stammvater der Sonderburger Linien, dem zwar
die Stände die Huldigung verweigerten, so dass er nur abgeteilter Herr und
nicht an der gemeinschaftlichen Regierung Schleswig-Holsteins beteiligt war,
der aber in seinem Sonderburger Herzogtum alle Rechte eines regierenden Herren
wahrnahm.( Er erwarb 1581 bei der Aufteilung Schleswig-Holstein-Haderslebens
Reinfeld in Holstein, den Sundewitt sowie die Güter des Rudeklosters und erbaute
das Schloss Glücksburg.) Bei seinem Tod (1622) begründete sein Sohn Alexander
die Sonderburger Linie (Schleswig-Holstein-Sonderburg), Friedrich die Norburger
Linie (Schleswig-Holstein-Norburg), Philipp der Ältere die Glücksburger Linie
(Schleswig-Holstein-Glücksburg) und Joachim Ernst die Plöner Linie
(Schleswig-Holstein-Plön). Das Sonderburger Haus
(Schleswig-Holstein-Sonderburg) spaltete sich weiter auf in fünf Linien, von
denen nur Schleswig-Holstein-Augustenburg (Augustenburg) und Schleswig-Holstein-Beck
(Beck) Bedeutung bekamen. 1667/1668 zog König
Friedrich III. von Dänemark das verschuldete Herzogtum Sonderburg ein. 1866 kam
Sonderburg mit Schleswig zu Preußen, 1871 zum Deutschen Reich. 1920 fiel es mit
Nordschleswig an Dänemark.
L.: Sønderborg slot, hg. v. Norn, O. u. a., Kopenhagen 1963.
Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg (Herzogtum). An Stelle des am 6. 9. 1210
gegründeten, 1538 säkularisierten Rudeklosters erbaute Herzog Johann der
Jüngere, der jüngste Sohn König Christians III.
von Dänemark aus dem Hause Oldenburg, der nach dem Tode Christians III. 1564
von König Friedrich II. ein Drittel des königlichen Anteils von Schleswig-Holstein
(Sonderburg, Aeroeskoebing [Aerösköbing], Norburg, Plön, Ahrensbök) erhielt, zu
dem nach dem Tod Herzog Johanns des Älteren 1581 noch Rudekloster, Reinfeld,
Sundewitt (königlicher Anteil) und Güter auf der
Insel Arrö (Aerö) kamen, 1582-1587 das Schloss Glücksburg. Johanns Sohn, Herzog
Philipp, erhob Glücksburg zur Hauptstadt seines ihm vererbten Herzogtums S. Als
das Herzoghaus 1779 ausstarb, übernahm der König
von Dänemark als Herzog von Schleswig-Holstein die Güter. S.
Schleswig-Holstein-Glücksburg
L.: Kruse, H., Aus der Vergangenheit Glücksburgs, 1925; Brandt, O./Klüver, W.,
Geschichte Schleswig-Holsteins, 8. A. 1981.
Schlettstadt (Reichsstadt), frz. Sélestat. S. an der
Ill im Unterelsass wird 735 erstmals als Königsgut
erwähnt. Es kam im 11. Jahrhundert an das Kloster Sankt Fides in S., im 13.
Jahrhundert an den Bischof von Straßburg. Nach dem Aussterben der Staufer wurde
es 1292 eigens zur Stadt erhoben (Reichsstadt). Von 1354 bis 1648 war es
Mitglied des elsässischen Zehnstädtebunds. 1634/1648 kam es mit dem Elsass an
Frankreich. Von 1871 bis 1918 gehörte es zum deutschen Reichsland
Elsass-Lothringen.
L.: Wolff 296; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) D4, III 22 (1648) C4;
Gény, J., Die Reichsstadt Schlettstadt und ihr Anteil an den sozialpolitischen
und religiösen Bewegungen der Jahre 1490-1536, 1900; Gény, J., Schlettstädter
Stadtrechte, 1909; Krischer, J., Die Verfassung und Verwaltung der Reichsstadt
Schlettstadt im Mittelalter, 1909; Wentzke, P., Geschichte der Stadt
Schlettstadt, 1910; Bronner, A., Stadt Schlettstadt, 1929; Witte, H.,
Schlettstadt, 1984; Rapp, F., Schlettstadt, LexMA 7 1995, 1488; Escher, M. u.
a., Die urbanen Zentren, 2005, 2, 549.
Schlüchtern (Kloster, Grafschaft). Vermutlich im
frühen 9. Jahrhundert wurde in S. (993 Sluohderin) an der oberen Kinzig ein wohl
mit Fulda verbundenes Kloster gegründet. 993 ließ sich das Hochstift Würzburg
von König Otto III. Ansprüche auf S. bestätigen.
Würzburgs Einfluss wurde seit dem 12. Jahrhundert durch die Vogtei der Herren
von Grumbach zurückgedrängt. 1243 kam die nördliche Hälfte des Vogteigebiets an
die Herren von Trimberg, die südliche Hälfte an die Herren von Steckelberg,
1307 an die Grafen von Rieneck-Rothenfels. 1316 erlangten die Herren bzw.
Grafen von Hanau die südliche und 1371 auch die nördliche Hälfte (Grafschaft
S.). 1656 verzichtete Würzburg auf seine Rechte, nachdem das Kloster 1539 zur
Reformation übergeführt worden war. 1609 wurde die Klosterverfassung
aufgehoben. Über Hanau kam S. an Hessen-Kassel, Preußen (1866) und Hessen
(1945).
L.: Wolff 270; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) E3; Schiele, F., Die
Reformation des Klosters Schlüchtern, 1907; Zimmermann, E., Hanau, Stadt und
Land, 2. A. 1917; Nistahl, M., Studien zur Geschichte des Klosters Schlüchtern
im Mittelalter, 1986; Müller, H., Geschichte und Geschichten aus Schlüchtern,
1994.
Schönborn (Reichsritter, Freiherren, Grafen). Nach
dem Ort S. bei Limburg an der unteren Lahn nannte sich ein 1284 erstmals sicher
bezeugtes rheinisches, aus der Ministerialität aufgestiegenes Adelsgeschlecht.
Seit dem späten Mittelalter gehörte es mit verschiedenen, bis zur ersten Hälfte
des 17. Jahrhunderts mit Ausnahme eines Zweiges aussterbenden Linien zur
rheinischen Reichsritterschaft (Ritterkreis Rhein). Im 17. Jahrhundert
verlagerte es seinen Schwerpunkt nach Franken. 1642 wurde Johann Philipp von
Schönborn Bischof von Würzburg, 1647 Erzbischof von Mainz. Als Folge hiervon
erlangte das Geschlecht für längere Zeit eine hervorgehobene Stellung. 1663
wurde es in den Freiherrenstand, 1701 in den Reichsgrafenstand erhoben. Wegen
der 1671 erworbenen Herrschaft Reichelsberg gehörten die Grafen von S. zu den
fränkischen Grafen der weltlichen Bank des Reichsfürstenrats des Reichstags.
1701/1704 erwarben sie die reichsständische Herrschaft Wiesentheid und damit
eine zweite Stimme im fränkischen Reichsgrafenkollegium. Seit der Mitte des 17.
Jahrhunderts waren die Grafen von S. in den Kantonen Odenwald, Steigerwald,
Gebirg (ab Mitte des 18. Jahrhunderts) und Baunach (seit etwa 1790)
immatrikuliert. Die im 18. Jahrhundert entstandene Linie Schönborn-Heusenstamm
erlosch 1801. Von den Grafen von Schönborn-Wiesentheid zweigten sich 1801 und
1811 die Grafen von Schönborn-Buchheim in Österreich und die Grafen von S. in
Böhmen ab. Um 1800 zählten sie mit Heusenstamm, Gravenbruch (Grafenbruch),
Hausen, Obertshausen, Patershäuser Hof, Schloss S., Huckelheim,
Bromelbergerhof, Dörnsteinbach, Großblankenbach, Großkahl, Großlaudenbach,
Hauenstein, Hauhof, Kahler Glashütte (Kahler), Königshofen,
Krombach, Langenborn, Mensengesäß, Oberschur, Oberwestern, Polsterhof,
Schneppenbach, Unterschur, Waag, Wesemichshof (Wesemichshofen), Schöllkrippen
und Michelbach zum Kanton Odenwald des Ritterkreises Franken. Wegen Gaibach und
Zeilitzheim waren sie im Kanton Steigerwald immatrikuliert. Weiter waren sie
mit der Hälfte von Dorn-Assenheim (Dornassenheim) Mitglied im Kanton
Mittelrheinstrom und mit Badenheim im Kanton Oberrheinstrom des Ritterkreises
Rhein. Michelbach fiel 1808 an Hessen-Darmstadt und Huckelheim, Oberwestern,
Schöllkrippen, Großlaudenbach und Kahl an Aschaffenburg und damit später an
Bayern. Die Herrschaften Wiesentheid und Reichelsberg kamen 1806/1810 durch
Mediatisierung an Bayern. Der Ort S. gelangte 1479 über Katzenelnbogen an
Hessen, 1803 an Nassau-Usingen (Nassau), 1866 an Preußen und 1946 an
Rheinland-Pfalz.
L.: Zeumer 554 II b 62, 9, 62, 10; Stieber; Roth von Schreckenstein 2, 595;
Winkelmann-Holzapfel 162; Bechtolsheim 22, 65f.; Riedenauer 127; Stetten 39,
187f.; Domarus, M., Würzburger Kirchenfürsten aus dem Hause Schönborn, 1951;
Schröcker, A., Besitz und Politik des Hauses Schönborn vom 14. bis zum 18.
Jahrhundert, (in) Mitteilungen des österreich. Staatsarchivs 26 (1973); Die
Grafen von Schönborn, hg. v. Maué, H. u. a., 1989; Bott, K., Bibliographie zur
Geschichte des Hauses Schönborn, 1991; Schraut, S., Das Haus Schönborn, 2004.
Schöntal (reichsunmittelbare Abtei, Reichsabtei).
Nach der Mitte des 12. Jahrhunderts (1153?, vor 1157) gründete der fränkische
Ritter Wolfram von Bebenburg auf seinem Gut Neusaß an der Jagst das Zisterzienserkloster
Neusaß, das vor 1163 nach S. (Hoefelden) verlegt und dementsprechend umbenannt
wurde. 1157 erhielt es die Bestätigung des Kaisers und 1176/1177 die des
Papstes. 1418 erlangte es die Reichsunmittelbarkeit, wurde aber 1495 durch
Übertragung der Vogtei seitens Königs Maximilian
dem Erzstift Mainz unterstellt. 1671 erwarb S. die im Kanton Odenwald des
Ritterkreises Franken immatrikulierte reichsritterschaftliche Herrschaft
Aschhausen mit Teilen von Bieringen und Teilen von Sershof, gewann jedoch weder
Reichsstandschaft noch Kreisstandschaft. Am Ende des 18. Jahrhunderts umfasste
das unmittelbare Gebiet der Abtei 0,5 Quadratmeilen mit 300 Einwohnern. Sie
hatte insgesamt noch folgende Güter: S., Aschhausen, Bieringen mit Weltersberg,
Diebach, Oberkessach mit Hopfengarten und Weigental (Weigenthal),
Westernhausen, halb Berlichingen, die Höfe Büschelhof, Eichelshof, Halberg,
Halsberg, Muthof, Neuhof, Neusaß, Sershof, Schleierhof, Spitzenhof, den
Propsteihof zu Mergentheim, den Schöntaler Hof in Heilbronn und über 4500
Morgen Land. Um 1800 zählte S. zum Kanton Odenwald. 1802/1803 kam es mit sieben
Dörfern und etwa 3100 Einwohnern an Württemberg und wurde aufgehoben. 1951/1952
fiel S. über Württemberg an Baden-Württemberg.
L.: Wolff 101, 493; Winkelmann-Holzapfel 162; Großer Historischer Weltatlas II
66 (1378) E4; Riedenauer 129; Erzberger, M., Die Säkularisation in Württemberg
von 1802-1810, 1902; Betzendörfer, W., Kloster Schöntal, 1937; Hölzle, E., Der
deutsche Südwesten am Ende des alten Reiches, 1938; Die Kunstdenkmäler in
Württemberg. Ehemaliges Oberamt Künzelsau, bearb. v. Himmelheber, G., 1962;
Mellentin, E., Kloster Schöntal, 1964; 825 Jahre Kloster Schöntal, 1982; Eberl,
I., Schöntal, LexMA 7 1995, 1539f.
Schramberg (Herrschaft). S. an der Schiltach im
Schwarzwald wird 1293 als Burgsiedlung erstmals erwähnt. Die Herrschaft S. geht
zurück auf die mittelalterliche Herrschaft Falkenstein, deren Zweig Ramstein
seine Güter um 1448 an Hans von Rechberg von Hohenrechberg veräußerte. Nach
Ausbau der Burg S. und Bildung der Herrschaft S. verkaufte der Enkel 1526 die
Herrschaft an seinen Schwager Hans von Landenberg von Breitenlandenberg, die
Nachkommen 1547 an Rochus Merz von Staffelfelden, dessen Nachfolger Gottfried
Zotter von Berneck 1583 für 15000 Gulden an Habsburg/Österreich. Von 1594 bis
1806 war S. Mittelpunkt einer zum österreichischen Reichskreis zählenden, 1648
von den aus Sachsen kommenden Freiherren von Bissingen-Nippenburg erworbenen
Herrschaft in Vorderösterreich. Danach fiel es an Württemberg und damit
1951/1952 an Baden-Württemberg.
L.: Wolff 45; Wallner 713 ÖsterreichRK 1; Dambach, O., Ort und Herrschaft
Schramberg, 1904; Stemmler, E., Die Grafschaft Hohenberg, 1905; Forderer, J.,
Schramberg, 1958; Vorderösterreich an oberem Neckar und oberer Donau, hg. v.
Zekorn, A. u. a., 2002; Schramberg, hg. v. Museums- und Geschichtsverein
Schramberg e. V. u. a., 2004; Archiv der Grafen von Bissingen und Nippenburg
Hohenstein, bearb. v. König, J., 2005.
Schussenried (Kloster, Reichsabtei) (seit 1966 Bad
Schussenried). In dem bereits jungsteinzeitlich besiedelten und um 700 erstmals
erwähnten Ort errichteten Konrad und Berengar von S. 1183 bei ihrer Burg ein
Prämonstratenserkloster, das 1183 die Bestätigung des Kaisers und 1215 des
Papstes erhielt. König Heinrich (VII.) nahm es
1227 in den Schutz des Reiches. Das 1376 reichsunmittelbar gewordene Kloster,
das im 14. und 15. Jahrhundert durch Kauf und Inkorporation 14 Pfarreien
gewann, wurde 1440 Abtei. 1487 gewährte Kaiser Friedrich III. Freiheit von
fremden Gerichten, 1512 verlieh Kaiser Maximilian I. den Blutbann im
Niedergerichtsbezirk. Die Abtei erlangte die Herrschaft über die Ortschaften
S., Michelwinnaden, Otterswang, Reichenbach, Stafflangen, Winterstettendorf und
Allmannsweiler, insgesamt einem Gebiet von 2,6 Quadratmeilen Größe mit rund
3400 Einwohnern. Sie hatte Sitz und Stimme im schwäbischen
Reichsprälatenkollegium und beim schwäbischen Reichskreis. 1803 wurde S.
säkularisiert und kam durch § 24 des Reichsdeputationshauptschlusses vom 25. 2.
1803 an die Grafen von Sternberg (Sternberg-Manderscheid), 1806 an Württemberg
und damit 1951/1952 an Baden-Württemberg.
L.: Wolff 188; Zeumer 552 IIa 36,11; Erzberger, M., Die Säkularisation in
Württemberg von 1802-1810, 1902; Hölzle, E., Der deutsche Südwesten am Ende des
alten Reiches, 1938; Erler, B., Das Heimatbuch von Schussenried, 1950; Kasper,
A., Die Bau- und Kunstgeschichte des Prämonstratenserstifts Schussenried, Teil
1f. 1957/1960; Koupen, H., Die Anfänge des schwäbischen Prämonstratenserstifts
Schussenried, Analecta Praemonstratentsia 85 (2009) 31ff.
Schuttern (Reichsabtei). Das Benediktinerkloster
S. an der S. bei Lahr wurde wohl vor 753 gegründet. 817 wurde es unter den 14
reichsten Reichsabteien genannt. Kaiser Otto II. gewährte ihm 975 das Recht der
freien Wahl des Abtes. 1009 kam es durch König
Heinrich II. an das Hochstift Bamberg. Vögte waren zunächst die Herzöge von
Zähringen, dann die Herren von Tiersburg bzw. Diersburg (1235), die Herren von
Geroldseck (1377), welche die Stadt S. errichteten, sowie die Pfalzgrafen bei
Rhein (1486/1495). 1805 fiel das in die Reichsmatrikel von 1521 aufgenommene,
in der Ortenau, im Breisgau, im Elsass, in Schwaben und in Lothringen begüterte
Kloster an Baden, das es am 31. 8. 1806 aufhob. Mit Baden kam S. 1951/1952 an
Baden-Württemberg.
L.: Wolff 41; Heizmann, L., Benediktinerabtei Schuttern in der Ortenau, 1915;
Andermann, K., Schuttern, LexMA 7 1995, 1593f.
Schwaben (Herzogtum, Reichslandvogtei Oberschwaben
und Niederschwaben). Das nach der germanischen Völkerschaft der Sweben
bezeichnete S. umfasste ursprünglich die (spätere) deutsche Schweiz, das
Elsass, Südbaden, Südwürttemberg und das Gebiet bis zum Lech und wurde zunächst
von den swebischen Alemannen besiedelt und nach ihnen benannt. Das ältere, seit
dem 6. Jahrhundert ausgebildete Herzogtum der Alemannen wurde 746 von den
Franken beseitigt. 843 kam Alemannien zum ostfränkischen Reich, in dem es
zunehmend als S. bezeichnet wurde. Mehrere Geschlechter rangen miteinander um
die Macht (Hunfridinger, Alaholfinger). Nach dem Aussterben der ostfränkischen
Karolinger wechselte die Würde des Herzogs von S. zwischen verschiedenen
Familien (Hunfridinger/Burchardinger, Konradiner, Babenberger/Liudolfinger).
Heinrich IV. übertrug sie 1079 seinem Schwiegersohn Friedrich von Büren bzw.
Staufen, dessen Geschlecht die durch Anfall welfischer, Pfullendorfer,
Lenzburger und zähringischer Güter vermehrte Würde bis 1268 (Herzog Konradin)
innehatte. Nach Aussterben der Familie bereicherten sich die Großen des Landes,
vor allem die Grafen von Württemberg, am Reichsgut und Herzogsgut und
verhinderten die Wiederherstellung des Herzogtums S. durch König Rudolf von Habsburg, der zwar das Herzogtum
seinem Sohn Rudolf († 1290) verlieh, unter dessen Enkel Johann Parricida aber
der Titel erlosch. Immerhin vereinigte Rudolf von Habsburg die Reste des
Reichsgutes in Reichslandsvogteien. Von diesen verlor die nördlich der Donau
gelegene Reichslandvogtei Niederschwaben rasch an Bedeutung. Dagegen vermochte
die südlich der Donau gelegene Reichslandvogtei Oberschwaben, gestützt auf
ursprünglich welfisch-staufische Rechte um Ravensburg und seit 1415 auf das
Gebiet der sog. Freien auf der Leutkircher Heide, sich zu behaupten. 1378 wurde
ihr die Reichslandvogtei Niederschwaben zugeschlagen. Sitz der Landvogtei
(Reichslandvogtei in Oberschwaben und Niederschwaben) war die Ravensburg, seit
1647 Altdorf (Weingarten). Eine umfassende Wiedergewinnung der alten
Reichsrechte gelang freilich nicht. Lediglich um Altdorf (Weingarten) blieb ein
bescheidenes Herrschaftsgebiet bestehen. Die Landvogtei wurde mehrfach
verpfändet. 1541 kam sie als Reichspfandschaft endgültig an Österreich
(Schwäbisch-Österreich). Ihre Landeshoheit erfasste rund 25000 Einwohner, doch
bestanden Geleitsrechte, Forstrechte, Gerichtsrechte und Vogteirechte auch
gegenüber vielen anderen oberschwäbischen Reichsständen. 1805 kam die zum
österreichischen Reichskreis zählende Vogtei an Württemberg. Das Gebiet der
Freien auf der Leutkircher Heide (Amt Gebrazhofen) fiel 1805 an Bayern und 1810
an Württemberg und damit 1951/1952 an Baden-Württemberg.
L.: Wolff 43, 136; Wallner 713 ÖsterreichRK 1; Großer Historischer Weltatlas II
34 (1138-1254) F4; Gönner, E./Zorn, W., Schwaben, (in) Geschichte der deutschen
Länder, Bd. 1; Stälin, P., Geschichte Württembergs, Bd. 1 1882ff.; Baumann, F.,
Forschungen zur schwäbischen Geschichte, 1898; Schröder, A./Schröder, H., Die
Herrschaftsgebiete im heutigen Regierungsbezirk Schwaben und Neuburg nach dem
Stand von Mitte 1801, Z. hist. Ver. Schwaben und Neuburg 32 (1906); Schröder,
A., Die staatsrechtlichen Verhältnisse im Bayerischen Schwaben um 1801, Jb.
Hist. Ver. Dillingen 19 (1906); Weller, K., Die freien Bauern in Schwaben, ZRG
54 (1934); Ernst, F., Zur Geschichte Schwabens im ausgehenden Mittelalter, (in)
Festgabe Bohnenberger, 1938; Weller, K./Weller, A., Besiedlungsgeschichte
Württembergs vom 3. bis 13. Jahrhundert, 1938; Bader, K., Der deutsche
Südwesten in seiner territorialstaatlichen Entwicklung, 2. unv. A. 1978;
Tüchle, H., Kirchengeschichte Schwabens, Bd. 1f. 1950ff.; Historisches
Ortsnamenbuch von Bayern, hg. v. der Komm. f. bay. LG. (1952ff.), Teil
Schwaben; Zorn, W., Historischer Atlas von Schwaben, Schwäbische Bll. 4 (1953);
Historischer Atlas von Bayerisch Schwaben, hg. v. Zorn, W., 1955; Gönner,
E./Müller, M., Die Landvogtei Schwaben, (in) Vorderösterreich, hg. v. Metz, F.,
3. A. 1978; Polenz, P. v., Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, II, 22, 51, 52,
94, III, 27, Swabun, Volksname, Landname, Swabolant, Svavaland, Swabo richi,
Suevia, Schwaben; Lautenbacher, G., Bayerisch Schwaben, 1968; Weller,
K./Weller, A., Württembergische Geschichte im südwestdeutschen Raum, 8. A.
1975; Maurer, H., Der Herzog von Schwaben, 1978; Blickle, P./Blickle, R.,
Schwaben von 1268 bis 1803, 1979; Hofacker, H., Die schwäbischen
Reichslandvogteien im späten Mittelalter, 1980; Fried, P./Lengle, P., Schwaben
von den Anfängen bis 1268, 1988; Früh- und hochmittelalterlicher Adel in
Schwaben und Bayern, hg. v. Eberl, I., 1988; Graf, K., Das Land Schwaben im
späten Mittelalter, (in) Regionale Identität und soziale Gruppen im deutschen
Mittelalter, 1992, 127; Baum, W., Die Habsburger in den Vorlanden, 1993; Zotz,
T., Schwaben, LexMA 7 1995, 1598ff.; Handbuch der bayerischen Geschichte, hg.
v. Spindler, M., Bd. 3, 3 3. A. 1997; Geschichte Schwabens bis zum Ausgang des
18. Jahrhunderts, hg. v. Kraus, A., 2001; Zettler, A., Geschichte des
Herzogtums Schwaben, 2003; Das Reich in der Region während des Spätmittelalters
und der frühen Neuzeit, hg. v. Kießling, R. u. a., 2005; Adel im Wandel, hg. v.
Bumiller, C. u. a., 2006; Die Integration in den modernen Staat, hg. v.
Hoffmann, C. u. a., 2007.
Schwäbisch Gmünd (Reichsstadt) (1805-1934 Gmünd).
Bereits im 8. Jahrhundert befand sich vemutlich im Gebiet von S. an der oberen
Rems eine Zelle (Gamundias, möglicherweise ist damit aber Saargemünd gemeint)
der Abtei Saint-Denis (Saint Denis) bei Paris. 1162 wird S. erstmals erwähnt.
Unter König und Kaiser Friedrich I. Barbarossa
war es Verwaltungsmittelpunkt des umliegenden, aus Königsgut
stammenden Hausguts der Staufer. 1241 erschien es im Reichssteuerverzeichnis.
Mit dem Aussterben der Staufer in der Mitte des 13. Jahrhunderts wurde es
Reichsstadt. 1430 gewann die Stadt pfandweise das Reichsschultheißenamt. 1544
erwarb sie die Herrschaft Bargau. Mit einem 3 Quadratmeilen bzw. 160
Quadratkilometer großen und etwa 15000 Einwohner umfassenden Herrschaftsgebiet
(Bettringen, Spraitbach, Bargau, Iggingen) kam die katholisch gebliebene, mit
Sitz und Stimme im Reichstag und im schwäbischen Reichskreis vertretene Stadt
1802/1803 an Württemberg und wurde Sitz eines Oberamts. Mit Württemberg fiel
sie 1951/1952 an Baden-Württemberg.
L.: Wolff 216; Zeumer 555 III b 13; Wallner 688 SchwäbRK 46; Schroeder 361ff.;
Grimm, M., Geschichte der ehemaligen Reichsstadt Gmünd, 1867; 800 Jahre Stadt
Schwäbisch Gmünd 1162-1962, Festbuch, hg. v. Funk, E./Dietenberger, E., 1962;
Urkunden und Akten der ehemaligen Reichsstadt Schwäbisch Gmünd 777-1500, bearb.
v. Nitsch, A., Teil 1f. 1966ff.; Schwäbisch Gmünd. Beiträge zur Gegenwart und
Geschichte der Stadt, hg. v. Scherer, P., 1971; Spranger, P., Schwäbisch Gmünd
bis zum Aussterben der Staufer, 1977; Die Staufer und Schwäbisch Gmünd, 1977;
Der Ostalbkreis, 1978; Graf, K., Gmündner Chroniken im 16. Jahrhundert, 1984;
Geschichte der Stadt Schwäbisch Gmünd, hg. v. Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd,
1984; Lorenz, S., Schwäbisch Gmünd, LexMA 7 1995, 1605; Herrmann, K. u. a.,
Schwäbisch Gmünd, 2006.
Schwäbischer Reichskreis. Der 1521 für das Gebiet
zwischen Rhein, Lech, Wörnitz, Philippsburg-Wimpfen-Dinkelsbühl (ausgenommen
die Reichsritterschaft und andere Reichsunmittelbare sowie die
vorderösterreichischen Gebiete) geschaffene Schwäbische Reichskreis umfasste
1792 folgende Mitglieder: Geistliche Fürsten: Konstanz, Augsburg, Ellwangen und
Kempten; Weltliche Fürsten: Württemberg, Baden (für Baden-Baden, Baden-Durlach
und Baden-Hachberg), Hohenzollern, Lindau, Stift Buchau, Auersperg (für
Tengen), Fürstenberg (für Heiligenberg), Oettingen, Schwarzenberg (für
Klettgau), Liechtenstein und Thurn und Taxis (für Friedberg-Scheer); Prälaten:
Salem, Weingarten, Ochsenhausen, Elchingen, Irsee, Ursberg, Kaisheim,
Roggenburg, Rot, Weißenau, Schussenried, Obermarchtal (Marchtal), Petershausen,
Wettenhausen, Zwiefalten, Gengenbach, Neresheim, Heggbach, Gutenzell,
Rottenmünster, Baindt, Söflingen und Isny; Grafen und Herren: Landkomtur der
Deutschordensballei Elsass und Burgund bzw. Elsass-Schwaben-Burgund (als Komtur
zu Altshausen), Oettingen-Baldern-Katzenstein (Oettingen-Baldern),
Oettingen-Spielberg oder Oettingen-Wallerstein, Fürstenberg (für Stühlingen,
Kinzigtal, Baar, Messkirch und Gundelfingen), Königsegg-Aulendorf,
Königsegg-Rothenfels, Truchsessen von Waldburg,
Mindelheim (seit 1617 Bayern), Eberstein (seit 1660 Baden), Tettnang (seit 1783
Österreich), Wiesensteig (seit 1645 Bayern), Eglingen (seit 1726 Thurn und
Taxis), Hans, Marx und Jakob Fugger’sche Linien, Hohenems (seit 1759
Österreich), Rechberg (von der Reichsritterschaft bestritten), Justingen (seit
1751 Württemberg), Bonndorf (seit 1582 Abtei Sankt Blasien), Eglofs,
Thannhausen (Tannhausen), Geroldseck (Hohengeroldseck) (seit 1711 von der
Leyen) und Sickingen; Reichsstädte: Augsburg, Ulm, Esslingen, Reutlingen,
Nördlingen, Schwäbisch Hall, Überlingen, Rottweil, Heilbronn, Schwäbisch Gmünd,
Memmingen, Lindau, Dinkelsbühl, Biberach, Ravensburg, Kempten, Kaufbeuren, Weil
der Stadt, Wangen, Isny, Leutkirch, Wimpfen, Giengen, Pfullendorf, Buchhorn,
Aalen, Bopfingen, Buchau, Offenburg, Gengenbach und Zell am Harmersbach. Durch
den Reichsdeputationhauptschluss 1803 verringerte sich die Zahl der Stände von
88 auf 41. Nachfolgestaaten waren Bayern, Württemberg, Baden,
Hohenzollern-Hechingen, Hohenzollern-Sigmaringen, Liechtenstein und von der
Leyen. Kreisausschreibende Fürsten und Kreisdirektoren waren der Bischof von
Konstanz (seit 1803 Baden) und der Herzog von Württemberg. Tagungsort war meist
Ulm. Am 30. 4. 1808 erlosch der Kreisverband formal.
L.: Gumpelzhaimer 53; Wolff 153; Hünlin, D., Neue Staats- und Erdbeschreibung
des Schwäbischen Kreises, 1780; Borck, H., Der Schwäbische Reichskreis im
Zeitalter der französischen Revolutionskriege, 1970; Laufs, A., Der Schwäbische
Kreis, 1971; Neipperg, R. Graf v., Kaiser und schwäbischer Kreis (1714-1733),
1991; Wüst, W., Die „gute“ Policey im Reichskreis, 2001; Hölz, T., Krummstab
und Schwert. Die Liga und die geistlichen Reichsstände Schwabens, 2001;
Neuburger, A., Der schwäbische Reichskreis zwischen Konfessionskonflikt und
Kriegsbeendigung, 2010.
Schwäbisches Reichsgrafenkollegium. Um 1530
entwickelte sich aus älteren Vereinigungen schwäbischer Herren und Grafen (z.
B. 21. 11. 1407 Rittergesellschaft mit Sankt Jörgenschild, 1488 Schwäbischer
Bund, Ende 15. Jahrhundert Grafenverein) ein Kollegium, das seit etwa 1540 im
Reichsfürstenrat eine Kuriatstimme hatte. Mitglieder waren (um 1795) das
Reichsstift Buchau, der Landkomtur der Ballei (Elsass und Burgund bzw.)
Elsass-Schwaben-Burgund als Komtur zu Altshausen, Fürstenberg, Oettingen-Wallerstein,
Oettingen-Spielberg, Oettingen-Baldern (Oettingen-Baldern-Katzenstein), die
Truchsessen von Waldburg (Zeil-Zeil, Zeil-Wurzach, Wolfegg-Wolfegg,
Wolfegg-Waldsee), Königsegg-Aulendorf, Königsegg-Rothenfels, Österreich (seit 1782 wegen
Tettnang), Bayern (seit 1769 wegen Wiesensteig und Mindelheim), Baden (seit
1747 wegen Eberstein), Fugger (seit 1654/1708), Württemberg (seit 1754 wegen
Justingen), Traun (seit 1654 wegen Eglofs), Sankt Blasien (seit 1662 wegen
Bonndorf), Stadion (seit 1708 wegen Thannhausen [Tannhausen]), von der Leyen
(seit 1710/1711 wegen Geroldseck [Hohengeroldseck]), Thurn und Taxis (seit 1727
wegen Eglingen), Sinzendorf, Khevenhüller (seit 1737), Kuefstein (seit 1737),
Colloredo (seit 1653/1741), Harrach (seit 1752), Sternberg (seit 1752),
Neipperg (seit 1766), Waldstein-Wartenberg (seit 1774/1775), Trauttmannsdorff
(seit 1779) und Sickingen (seit 1791). Mit dem Ende des Heiligen Römischen
Reiches (deutscher Nation) 1806 löste sich das schwäbische
Reichsgrafenkollegium, das im Reichstag dem Corpus Catholicorum zugerechnet
wurde, auf.
L.: Zeumer 553 II b 61; Hoffmann, M., Versuch einer Theorie von der inneren
Collegialverfassung des schwäbischen Reichsgrafenstandes, 1788.
Schwabsburg (Burg, Reichsdorf [Reichsgut]). S. bei
Nierstein südwestlich von Mainz erscheint als Burg erstmals 1257. Am 16. 1.
1315 verpfändete König Ludwig der Bayer dem
Erzbischof von Mainz unter anderem S. Am 25. 12. 1356 verpfändete Kaiser Karl
IV. S. an die Stadt Mainz, am 12. 2. 1375 an Kurfürst Ruprecht von der Pfalz.
Über die Pfalz und Hessen-Darmstadt kam es wie Oppenheim 1946 an
Rheinland-Pfalz.
L.: Hugo 468, 466; Zimmermann, W., Zur Geschichte Schwabsburgs (ungedruckt).
Schwalenberg (Grafen, Grafschaft). Nach der von
Oldenburg an die obere Weser verlegten, 1225 zuerst genannten Burg S. nannte
sich seit 1127 ein seit 1101 fassbares Adelsgeschlecht (Widukind I.), das
vermutlich aus einem engrischen Grafengeschlecht hervorging. Es hatte Eigen und
Lehen zwischen Herford und Höxter sowie um Korbach und Waldeck. Es erwarb neben
anderen Rechten die Vogtei über das Hochstift Paderborn (1124-1189), die
Vizevogtei über das Stift Corvey und die Vogtei über Höxter. Nach dem Sturz
Heinrichs des Löwen 1180 gewann es eine beherrschende, fast reichsunmittelbare
Stellung zwischen Herford und Höxter. Wenig später spaltete es die Linien
Pyrmont (1194-1494), Waldeck (1219 bzw. 1228/1229 bzw. vor 1231) und Sternberg
(um 1240, 1243-1377) ab. Das gegen 1300 in zwei Teile zerfallene restliche
Herrschaftsgebiet (u. a. Schieder) gelangte 1365 nach dem Aussterben des Hauses
an Lippe (drei Viertel) und Paderborn (ein Viertel). Bis 1762 wurde S. von
lippischen Nebenlinien genutzt. 1808 kam S. an Lippe, Oldenburg und Stoppelberg
an das Königreich Westphalen als Nachfolger des
Hochstifts Paderborn. Mit Lippe fiel S. 1947 an Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 326,349; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) E3, III 38 (1789)
B3; Rasch, H., Stadt und Land Schwalenberg, 1957; Forwick, F., Die
staatsrechtliche Stellung der ehemaligen Grafen von Schwalenberg, 1963;
Johanek, P., Schwalenberg, LexMA 7 1995, 1610; Zunker, D., Adel in Westfalen,
2003, 146 (mit genealogischer Übersicht).
Schwänberg (freie Leute), Am 26. 2. 1409 bestätigte
König Ruprecht die Pfandschaft der freien Leute
zu S. bei Herisau dem Eberhard von Ramschwag.
L.: Hugo 474, 473.
Schwarzach (Reichsabtei). Möglicherweise 758
gründete Graf Ruthart mit seiner Frau das Kloster S. bei Rastatt, das
vielleicht ursprünglich in der Arnulfsau am Rhein lag. 961 genehmigte König Otto der Große den Tausch von Gütern in 19 Orten
auf der Baar gegen Neuershausen im Breisgau und Dinglingen bei Lahr. 1032 gab
Kaiser Konrad II. die Abtei dem Hochstift Speyer. Seit dem 16. Jahrhundert
entstanden Streitigkeiten mit den Markgrafen von Baden-Baden wegen der
Landeshoheit über das Klostergebiet, doch kam ein seit 1721 deswegen vor dem
Reichskammergericht geführter Prozess nicht mehr zu Ende. 1803 fiel S. an Baden
und damit 1951/1952 an Baden-Württemberg.
L.: Wolff 164; Harbrecht, A., Die Reichsabtei Schwarzach, (in) Die Ortenau
31-37 (1951-1957).
Schwarzburg (Grafen, Fürsten). Vermutlich
ursprünglich nach der Käfernburg bei Arnstadt, seit 1123 nach der 1071 erstmals
erwähnten Burg S. an der Schwarza in der Landgrafschaft Thüringen benannten sich
Grafen von S., die den seit Anfang des 11. Jahrhunderts auftretenden Sizzonen
entstammten und seit 1059/1072 den Grafentitel (des thüringischen
Längwitzgaues) führten. Ihre Güter lagen um Käfernburg, Remda, Ilmenau,
Stadtilm und Plaue. Durch geschicktes Verhalten nach der Doppelwahl von 1198
gewannen die Grafen zu ihren älteren Reichslehen (S., Königsee,
Ehrenstein) weitere Reichsgüter (1208-1389 Saalfeld, 1208/1212 Blankenburg,
1310-1383 Stadtroda). 1332 kauften sie den Anteil Hersfelds an Arnstadt, 1333
erwarben sie die Herrschaft Leuchtenburg und erlangten 1334 Rudolstadt von den
Grafen von Orlamünde, 1340 Frankenhausen von den verwandten Grafen von
Beichlingen sowie 1356 Sondershausen von den verwandten Grafen von Hohnstein.
Seit der Zeit Karls IV. bekleideten sie das Erzstallmeisteramt und bis 1708 das
Reichserbjägeramt. Allerdings kam es seit dem Ende des 12. Jahrhunderts
mehrfach zu Erbteilungen (1160/1184-1385 Schwarzburg-Käfernburg, Güter dann an
die Markgrafen von Meißen, an die Grafen von Weimar-Orlamünde [1302] und an S.
[1315], 1276/1349 Schwarzburg-Blankenburg). Außerdem galten die Grafen von S.
seit 1342/1344 als Vasallen des Hauses Wettin (Meißen) und waren damit von der
Reichsunmittelbarkeit bzw. vom Reichsfürstenstand ausgeschlossen. Seit dem 15.
Jahrhundert gliederte sich das Gebiet S. auf in die seit 1485 unter der
Oberhoheit der Albertiner stehende Unterherrschaft um Sondershausen und die
unter Oberhoheit der Ernestiner stehende, mit Reichsstandschaft begabte
Oberherrschaft am Thüringer Wald. 1564 erlosch Schwarzburg-Schwarzburg und
wurde von Schwarzburg-Blankenburg beerbt. 1571/1584/1599 entstanden nach kurzer
Vereinigung der gesamten Lande unter Graf Günther XL. († 1552) und Einführung
der Reformation (1535/1545) sowie dem Erwerb von Leutenberg (1564) die
Hauptlinien Schwarzburg-Arnstadt bzw. Schwarzburg-Sondershausen, das ein
Drittel der oberen südthüringischen Güter (Arnstadt) und zwei Drittel der
unteren Grafschaft (Sondershausen) erhielt, und Schwarzburg-Rudolstadt, das
unter anderem S., Rudolstadt, Blankenburg, das 1534 aufgehobene Kloster
Paulinzella und Frankenhausen gewann (1571-1594 Nebenlinie
Schwarzburg-Frankenhausen). Beide zählten zum obersächsischen Reichskreis. Sie
wurden unter Beseitigung der Oberherrschaft Sachsens (Kursachsens) 1697 bzw.
1710 in den jüngeren Reichsfürstenstand erhoben und 1754 zum Reichsfürstenrat
zugelassen. Beide Fürstentümer traten 1807 dem Rheinbund, 1815 dem Deutschen
Bund, 1866/1867 dem Norddeutschen Bund und 1871 dem Deutschen Reich bei. 1816/1821
erhielt Schwarzburg-Rudolstadt, 1841 auch Schwarzburg-Sonderhausen eine
Verfassung. Nach dem Aussterben der Fürsten von Schwarzburg-Sondershausen 1909
wurde Schwarzburg-Sondershausen mit Schwarzburg-Rudolstadt in Personalunion
vereinigt. Am 22. 11. 1918 dankte der Fürst ab. Die danach vorhandenen beiden
Freistaaten gingen am 1. 5. 1920 im Land Thüringen auf, das 1945 zur
sowjetischen Besatzungszone und von 1949 bis 1990 zur Deutschen Demokratischen
Republik kam und am 25. 7. 1952 in dieser aufgelöst (str.), zum 3. 10. 1990
aber wieder begründet wurde.
L.: Wolff 410; Zeumer 553II b 59; Wallner 710 ObersächsRK 14, 15; Großer
Historischer Weltatlas II (1378) F3, III 22 (1648) E3, III 38 (1789) D2;
Heydenreich, L., Historia des ehemals Gräf. nunmehro Fürstl. Hauses
Schwarzburg, 1743; Dobenecker, O., Regesta Thuringiae, Bd. 1ff. (bis 1288)
1896ff.; Erichsen, J., Die Anfänge des Hauses Schwarzburg, 1909; Herrmann, K.,
Die Erbteilungen im Hause Schwarzburg, Diss. phil. Halle 1920; Lammert, F.,
Verfassungsgeschichte von Schwarzburg-Sondershausen, 1920; Rein, B., Die
Rudolstädter Fürsten im 19. Jahrhundert, Zs. d. Ver. f. thür. Gesch. u.
Altertumskunde, 1939; Schlesinger, W., Die Entstehung der Landesherrschaft, Bd.
1 1941; Handbuch der historischen Stätten Deutschlands, Thüringen, hg. v.
Patze, H., 1968, 2. A. 1989; Hess, U., Geschichte der Schwarzburg-Rudolstadt,
1994; Bünz, E., Schwarzburg, LexMA 7 1995, 1620.
Schwarzburg-Blankenburg (Grafen). Aus der 1274 von Schwarzburg
abgespalteten Linie S. entstammte der 1349 gewählte Gegenkönig Günther (XXI.) zu Karl IV. Sie erwarb 1340 aus
dem Erbe der Grafen von Orlamünde unter anderem Rudolstadt sowie 1356 von den
Grafen von Hohnstein auf Grund einer Erbverbrüderung von 1325 die Herrschaft
Sondershausen. 1564 vereinigte sie beim Aussterben von Schwarzburg-Schwarzburg
unter Graf Günther XL. die gesamten Güter in einer Hand.
L.: Herrmann, K., Die Erbteilungen im Hause Schwarzburg, Diss. phil. Halle
1920; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W.
u. a., 2003;, 1, 192
Schwarzenberg (Herrschaft). Im ausgehenden 12.
Jahrhundert (um 1170) wurde die Burg S. am Schwarzwasser im Erzgebirge
errichtet. Sie war Mittelpunkt der Herrschaft S. (mit Eibenstock, Jugel,
Rittersgrün, Sosa, Crandorf, Breitenbrunn, Grünstädtel, Pöhla (Kleinpöhla),
Bermsgrün und S.), die vielleicht von den Herren von Lobdeburg-Elsterberg
errichtet wurde und 1382 Lehen der Burggrafen von Leisnig seitens der
Markgrafen von Meißen und, als formeller Oberlehnsherren, der Könige von Böhmen war. 15331535 kam S. an Sachsen und
damit von 1949 bis 1990 an die Deutsche Demokratische Republik.
L.: Wolff 379; Fröbe, W., Herrschaft und Stadt Schwarzenberg bis zum 16.
Jahrhundert, 1930; Fritschen, W. v., (in) Sächs. Heimatblätter 7 (1961).
Schweigen, Schweiger (Reichsdorf). Am 22. 1. 1379
verpfändete König Wenzel dem Kurfürsten Ruprecht
von der Pfalz unter anderem das Dorf S. südwestlich von Bergzabern bei
Weißenburg im Elsass, das Ruprecht aus der Pfandschaft des Grafen Emich von
Leiningen gelöst hatte. Über die Pfalz kam es 1815 an Bayern und 1946 an
Rheinland-Pfalz.
L.: Hugo 472.
Schweinfurt (Reichsstadt). Eine an einer Mainfurt
vermutlich im 7. Jahrhundert entstandene Siedlung erscheint 791 als Suinvurde. Im
10./11. Jahrhundert tritt eine Burg S. auf, nach der sich wohl mit den älteren
Babenbergern verwandte, reich begüterte (Ammerthal, Creußen, Kronach)
Markgrafen von S. benannten, die 1057 ausstarben und ihre Güter vor allem
(1100) dem Erzstift Magdeburg und (1112) dem Hochstift Eichstätt (sowie etwa
den 1108 und 1149 nachweisbaren Herren von Wonsees) hinterließen. Die danach
auf Reichsboden entstandene Siedlung unterhalb der Burg war am Anfang des 13.
Jahrhunderts Stadt und wurde spätestens 1254 Reichsstadt. Nach einer Zerstörung
wurde sie 1259 neu erbaut und von den Grafen von Henneberg und dem Hochstift
Würzburg in Besitz genommen. Allerdings konnte sie sich allmählich dem Zugriff
des Hochstifts Würzburg und auch der Hochstiftsvögte (Grafen von Henneberg)
entziehen. 1282 befreite König Rudolf von
Habsburg sie von fremder Gerichtsbarkeit. 1361 und 1386 löste sie sich aus der
1354 nach mehreren früheren Verpfändungen erfolgten Verpfändung an Würzburg.
1362 erhielt sie das Recht der freien Ammannwahl (Reichsvogtswahl), 1443 den
Blutbann. 1542 schloss sie sich der Reformation an. 1554 wurde die Stadt, die
Sitz und Stimme im fränkischen Reichskreis hatte und im schwäbischen
Reichsstädtekollegium des Reichstags vertreten war, völlig zerstört. 1802/1803
kam sie mit 2 Quadratmeilen Gebiet und 6000 Einwohnern an Bayern, von 1810 bis
1814 zum Großherzogtum Würzburg, 1814 wieder an Bayern.
L.: Wolff 130; Zeumer 555 III b 19; Wallner 693 FränkRK 23; Großer Historischer
Weltatlas II 66 (1378) F3, II 78 (1450) G3, III 22 (1648) E3, III 38 (1789) D2;
Schroeder 245ff.; Stein, F., Monumenta Suinfurtensia, 1875; Dirian, H., Das
Schweinfurter Stadtregiment während der Reichsstadtzeit, 1954; 700 Jahre Stadt
Schweinfurt 1254-1954, 1954; Holzner, L., Schweinfurt am Main, 1964; Fuchs, A.,
Schweinfurt. Die Entwicklung einer fränkischen villula zur Reichsstadt
Schweinfurt, 1972; Reichsstädte in Franken, hg. v. Müller, R., 1987; Bundschuh,
J., Beschreibung der Reichsstadt Schweinfurt, 1989; Schweinfurt im 19.
Jahrhundert, 1991; Fahlbusch, F., Schweinfurt, LexMA 7 1995, 1640; Vor 1000
Jahren. Die Schweinfurter Fehde und die Landschaft am Obermain, hg. v.
Schneider, E. u. a., 2004.
Schweiz (Land). Nach der Aufteilung des
karolingischen Reiches gehörte das Gebiet der späteren S. im westlichen Teil zu
Burgund, im östlichen Teil zum deutschen Reich. 1032/1033 kam das Königreich Burgund zum Reich. 1127 traten die Herzöge
von Zähringen, die während des Investiturstreites Zürich als Reichslehen
gewonnen hatten, als Rektoren von Burgund die Nachfolge der ausgestorbenen
Grafen von Burgund an. Bei ihrem Aussterben 1218 zerfiel ihr Herrschaftsgebiet
in teilweise reichsunmittelbare Teilherrschaften. 1231 kaufte König Heinrich (VII.) zur Sicherung des Gotthardpasses
den Grafen von Habsburg, die über die Grafen von Kiburg (Kyburg) das Erbe der
Herzöge von Zähringen erlangt hatten, die Leute von Uri ab und versprach ihnen
ewige Reichsunmittelbarkeit. 1240 erlangten die Leute von Schwyz ein ähnliches
Privileg von Kaiser Friedrich II., konnten sich aber gegen Habsburg nicht
durchsetzen. Am Anfang des Monats August 1291 schlossen sich wenige Tage nach
dem Tod Rudolfs von Habsburg die drei im ehemaligen Herzogtum Schwaben
gelegenen Landschaften (Waldstätte) Uri mit Altdorf, Schwyz mit Schwyz und
Unterwalden (Nidwalden mit Stans und Obwalden mit Sarnen) in einem ewigen
Bündnis gegen die Grafen von Habsburg und jede andere herrschaftliche
Einmischung zusammen. König Heinrich VII. dehnte
am 3. 6. 1309 die Reichsunmittelbarkeit auf Unterwalden aus. Das Gebiet der
drei Bündnispartner wurde ein einem Reichsvogt unterstellter Gerichtsbezirk.
Als die Herzöge von Österreich aus dem Hause Habsburg auf Grund eines
Überfalles von Schwyz auf Kloster Einsiedeln gegen die Schwyzer militärisch
vorgingen, wurden sie am 15. 11. 1315 bei Morgarten besiegt. Als Eidgenossen
bekräftigten Schwyz, Uri und Unterwalden (Waldstätte), auf die bald auch der
Name der Schwyzer (Switenses, Swicenses, Anfang 14. Jahrhundert Sweizer)
allgemein überging, daraufhin ihren Bund. 1318 begaben sich die Herzöge ihrer
gräflichen Rechte. Bald verlor der Reichsvogt seine Bedeutung. 1332 schloss
sich Luzern dem Bund an, 1351 die freie Reichsstadt Zürich, 1352 Glarus und
Zug, 1353 das 1218 Reichsstadt gewordene Bern (achtörtiger Bund,
Eidgenossenschaft der acht alten Orte, Bezeichnung als Orte seit 1426). 1386
und 1388 wurde Habsburg bei Sempach und Näfels erneut geschlagen. 1411 schloss
sich Appenzell, das der Herrschaft Sankt Gallens entkommen wollte, an, 1415
wurde der restliche Aargau als Untertanenland einverleibt. Im Süden griff Uri
nach dem Wallis, dem Urserental und dem Tessin aus. 1450 wurde nach einer durch
den Streit um Toggenburg ausgelösten Entfremdung Zürich zurückgewonnen, 1460
dem habsburgischen Erzherzog von Tirol der Thurgau entrissen. 1481 wurden
Freiburg und Solothurn aufgenommen, womit die Eidgenossenschaft erstmals über
den deutschsprachigen Raum hinausgriff. 1495 lehnten die Eidgenossen Beschlüsse
des Reichstags, die sie mit der Einführung des gemeinen Pfennigs und des
Reichskammergerichts an das Reich binden wollten, ab. 1499 lösten sie sich
tatsächlich vom Reich. 1501 zwangen sie Basel und Schaffhausen zum Eintritt.
1513 wurde Appenzell als 13. Ort aufgenommen. 1512/1526 wurde ein Teil der
Lombardei (Tessin, Veltlin), 1563 von Bern das Waadtland gewonnen. Die durch
die Reformation (Zwingli, Calvin) drohende Spaltung konnte verhindert werden,
doch wurde die S. konfessionell gespalten, wobei sieben Orte katholisch
blieben. 1648 schied die Eidgenossenschaft mit 13 Orten und 10 zugewandten Orten
(Reichsabtei und Stadt Sankt Gallen, Biel, Rottweil, Mülhausen, Genf,
Neuenburg, Hochstift Basel [1579], Wallis, Graubünden) aus dem Reich aus, dem
seitdem aus dem betreffenden Gebiet nur noch der Reichsabt von Sankt Gallen und
der Bischof von Basel angehörten. Die einzelnen Orte entwickelten bis zum 17.
Jahrhundert überwiegend eine aristokratische Verfassung und verwalteten ihre
Landgebiete wie die ihnen gemeinsam gehörenden Gebiete in deutlicher
Abhängigkeit. 1798 griff auf Ruf der Anhänger der revolutionären Ideen
Frankreich ein und errichtete die Helvetische Republik. Seitdem heißen die Orte
Kantone. Mülhausen, das Hochstift Basel, Biel, Neuenburg und Genf kamen zu
Frankreich, das Veltlin zur Zisalpinischen Republik. Auf Grund eines Aufstands
gab Napoleon am 19. 2. 1803 eine neue Verfassung für die 13 alten und 6 neuen
Kantone (Sankt Gallen, Graubünden, Aargau, Thurgau, Tessin und Waadt). Wallis
wurde verselbständigt und 1810 Frankreich einverleibt, Neuenburg von 1806 bis
1813 ein Fürstentum des französischen Marschalls Berthier. 1814 kamen die von
Frankreich entrissenen Gebiete mit Ausnahme Veltlins zurück. Das Hochstift
Basel fiel an Bern. Genf, Wallis und Neuenburg vermehrten die Zahl der Kantone
auf 22. 1815 wurde die dauernde Neutralität des am 7. 8. 1815 errichteten
lockeren Staatenbundes anerkannt. Die Verfassung vom 12. 9. 1848 machte die S.
zu einem Bundesstaat. Die Verfassung vom 29. 5. 1874 verstärkte die
Bundesgewalt. 1978 spaltete sich von Bern der Kanton Jura ab, so dass seitdem
insgesamt 26 Kantone und Halbkantone bestehen. Da die Halbkantone bei dem für
Verfassungsabstimmungen erforderlichen sog. Ständemehr (Mehrheit der
Ständestimmen) nur eine halbe Stimme haben, setzt sich die S.
verfassungsrechtlich aus 23 Ständen zusammen. Zum 1. 1. 2000 wurde die
Verfassung überarbeitet (z. B. Streikrecht, Sozialziele, Recht des Kindes).
L.: Wolff 517; Haselier, G., Die Oberrheinlande, (in) Geschichte der deutschen
Länder, Bd. 1; Die Territorien des Reichs 5, 278; Dierauer, J., Geschichte der
schweizerischen Eidgenossenschaft, Bd. 1ff. 4. A. 1912ff.; Heusler, A.,
Schweizerische Verfassungsgeschichte, Basel 1920; Gagliardi, E., Geschichte der
Schweiz, Bd. 1ff. 3. A. 1938; Historisch-biographisches Lexikon der Schweiz,
hg. v. Türler, H. u. a., Bd. 1-8 1921ff.; Gasser, A., Die territoriale
Entwicklung der Schweizer Eidgenossenschaft 1291-1797, 1932; Quellenwerk zur
Entstehung der Schweizer Eidgenossenschaft, Abt. 1ff. 1933ff.; Näf, W., Die
Eidgenossenschaft und das Reich, 1940; Mayer, T., Die Entstehung der Schweizer
Eidgenossenschaft und die deutsche Geschichte, DA 6 (1943); Blumer, W.,
Bibliographie der Gesamtkarten der Schweiz von Anfang bis 1802, hg. v. d.
Schweizerischen Landesbibliothek Bern, 1957; Historischer Atlas der Schweiz,
hg. v. Ammann, H./Schib, K., 2. A. 1958; Pfister, R., Kirchengeschichte der
Schweiz, 1964; Handbuch der Schweizer Geschichte, Bd. 1f. 1971f.; Meyer, B.,
Die Bildung der Eidgenossenschaft im 14. Jahrhundert, 1972; Bohnenblust, E.,
Geschichte der Schweiz, 1974; Ruffieux, R., La Suisse de l’entre-deux-guerres,
e 1974; Im Hof, U., Geschichte der Schweiz, 5. A. 1991, 7. A. 2001, 8. A: 2007;
Peyer, H. C., Verfassungsgeschichte der alten Schweiz, Zürich 1978, Neudruck
1980; Braun, R., Das ausgehende Ancien Régime in der Schweiz, 1984;
Schuler-Adler, H., Reichsprivilegien und Reichsdienste der eidgenössischen Orte
unter König Sigmund 1410-1437, 1985; Mattmüller,
M., Bevölkerungsgeschichte der Schweiz, Bd. 1f 1987; Furrer, N., Glossarium
Helvetiae Historicum, Ortsnamen 1991; Greyerz, H. v. u. a., Geschichte der
Schweiz, 1991; Schweizer Lexikon, Bd. 1ff. 1991ff.; Handbuch der historischen
Stätten der Schweiz, hg. v. Reinhardt, V., 1996; Böning, H., Der Traum von
Freiheit und Gleichheit, 1998; Kästli, T., Die Schweiz, 1998; Historisches Lexikon
der Schweiz, hg. v. d. Stiftung Historisches Lexikon der Schweiz, Bd. 1ff.
2002ff.
Schwinghofen (Reichsdorf). Am 20. 8. 1504 nahm König Maximilian I. unter anderem das Reichsdorf S.
bei Weißenburg im Elsass in seinen Schutz.
L.: Hugo 469, 470.
Schwyz (Gebiet, freie Leute?, Kanton). Das 972
erstmals als Suittes bezeichnete Gebiet zwischen Vierwaldstätter See, Zuger See
und Zürichsee unterstand dem Kloster Einsiedeln und der Reichsvogtei Zürich.
Die freien Bewohner erlangten aber unter der landgräflichen Gewalt der 1173 den
Grafen von Lenzburg in der Reichsvogtei folgenden Grafen von Habsburg
(Laufenburg) 1240 durch Kaiser Friedrich II. in Parallele zu den Leuten von Uri
Freiheitsrechte, aus denen sie die Reichsunmittelbarkeit ableiteten, die von Habsburg
stets bestritten wurde. 1273 fiel S. an König
Rudolf von Habsburg. Nach dessen Tode 1291 schloss die Landsgemeinde ein ewiges
Bündnis mit Uri und Unterwalden. Durch den Sieg bei Morgarten gewannen diese
drei Landsgemeinden politische Selbständigkeit. Im 14. und 15. Jahrhundert
dehnte S. seinen Herrschaftsbereich aus (Untermarch 1386, Einsiedeln 1394/1424,
Küssnacht 1402, Mittelmarch 1405, Pfäffikon und Wollerau 1440, gemeinsam mit
Glarus 1436 Uznach und Gaster). Von 1798 bis 1803 gehörte es zum Kanton
Waldstätte der Helvetischen Republik, wurde dann aber wieder hergestellt. 1817
erlangte es Gersau. 1831 erhielt es eine Verfassung, die 1876 und 1898
modernisiert wurde.
L.: Wolff 522; Großer Historischer Weltatlas II 72 b (bis 1797) F2;
Fassbind-Rigert, T., Geschichte des Kantons Schwyz, Bd. 1ff. 1832ff.; Castell,
A., Geschichte des Landes Schwyz, 1954; Walder, U., Brevier Schwyz, 1987;
Schwyz – Portrait eines Kantons, 1991; Wiger, J., Schwyz, LexMA 7 1995, 1651f.
; Adler, B., Die Entstehung der direkten Demokratie, 2006.
Seebach (Reichsdorf). Am 20. 8. 1504 nahm König Maximilian I. unter anderem das Reichsdorf S.
bei Selz (Seltz im Elsass) in seinen Schutz. Mit dem Elsass kam S. zu
Frankreich.
L.: Hugo 473, 470.
Seefeld (Herrschaft). S. bei Hollabrunn in
Niederösterreich war im Hochmittelalter Sitz des im 12. Jahrhundert erstmals
erwähnten, ursprünglich hochfreien, vermutlich aus der bayerischen Oberpfalz
stammenden Geschlechts der Kadolte (Kadolz), das sich seit etwa 1160 nach S.
nannte. Um die neu errichtete Burg S. erwarben sie ein ansehnliches
Herrschaftsgebiet, zu dem andere Güter kamen (1192 vom Hochstift Passau
Feldsberg). Nach dem Tod des letzten der Kadolte kurz nach 1268 zog König Rudolf von Habsburg die Güter größtenteils ein
und übertrug sie vor 1282 - vielleicht wegen der verwandtschaftlichen Bindungen
der Burggrafen von Nürnberg/Raabs - an die Burggrafen von Nürnberg und damit
später an die Markgrafen von Brandenburg. Diese Reichslehen, die von den
Burggrafen von Nürnberg bzw. den Markgrafen von Brandenburg von 1292 bis 1594
an die Kuenringer weiterverliehen und danach an Johann Wilhelm von Schönkirchen
und 1629 an die Grafen zu Hardegg gegeben wurden, kamen innerhalb Brandenburgs
später an Ansbach. Trotz gegenteiliger Bestrebungen Österreichs blieben die
Güter Reichslehen. 1779 verzichtete Preußen auf die Lehnsherrlichkeit zugunsten
Österreichs. 1834 umfasste die Herrschaft 2273 untertänige Objekte mit über
10000 Personen in 29 Orten.
L.: Herold, P., Die Herren von Seefeld-Feldsberg, 2000; Zehetmayr, R., Urkunde
und Adel, 2010.
Seeheim (Herrschaft). 874 gab König Ludwig der Deutsche seine Güter zu S. bei
Darmstadt dem Kloster Lorsch. 1239 war die dort errichtete Burg in der Hand der
Herren von Münzenberg. Später kauften die Grafen von Erbach die Anteile der
Ganerben von Tannenberg an S. auf, mussten S. aber 1510 den Landgrafen von
Hessen zu Lehen auftragen. 1711/1714 verkauften sie das Amt S. an
Hessen-Darmstadt, über das S. 1945 zu Hessen kam.
L.: Hölzle, Beiwort 41.
Seeland (Grafschaft). Das Mündungsgebiet von
Schelde, Rhein und Maas mit den vorgelagerten Inseln war schon in römischer
Zeit besiedelt. Im späten 7. Jahrhundert verstärkte sich die Einbeziehung in
das fränkische Reich. 1012 erhielten die Grafen von Flandern das Land westlich
der Osterschelde als Reichslehen. Um 1090 verliehen sie die Inseln zwischen den
Scheldearmen an die Grafen von Holland weiter. 1323 verzichtete Flandern
gegenüber Holland auf die Lehnshoheit. Von 1345/1358 bis 1428 war die
Grafschaft S. bei Wittelsbach (Bayern). Mit Holland war S. Führer im Kampf
gegen Spanien, an das Flandern 1556 über Habsburg (1477) und Burgund (1384)
gekommen war. 1587 schloss sich S. der Republik der Vereinigten Niederlande an.
Der festländische Teil Seelands wurde von den Niederlanden 1577 erobert, ihnen
1648 überlassen und bildete bis 1795/1796 als Staatsflandern ein
Generalitätsland. Danach wurde es, 1810 auch das übrige Seeland, von Frankreich
annektiert. 1814 wurden S. und Staatsflandern (Seeländisch Flandern) als
Provinz S. Teil des Königreiches der Vereinigten
Niederlande.
L.: Wolff 71; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) B3; Empel, M.
van/Pieters, H., Zeeland door de eeuwen heen, 1931ff.; Lemmink, F., Het
ontstaan van de staten van Zeeland, Diss. Nimwegen 1951; Polenz, P. v.,
Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, (I, 50,) II, 23, 48, 55, 96, Seoland*,
Zeeland; Algemene Geschiedenis der Nederlanden, Bd. 4 1980; Sicking, L.,
Seeland, LexMA 7 1995, 1674f.
Segeberg (Burg, Herrschaft, Residenz des Grafen
von Schaumburg bzw. Holstein-Segeberg). 1137 (?) errichtete Kaiser Lothar von
Süpplingenburg auf einem Kalkberg an der Trave die Burg S. (Sigeberg). 1273 kam
sie an die Kieler Linie des Schauenburger (Schaumburger) Grafenhauses Holstein
und wurde Sitz einer besonderen Linie Holstein-Segeberg. 1316 fiel sie an die
Rendsburger Linie (Holstein-Rendsburg). Bei den Landesteilungen
Schleswig-Holsteins blieb sie beim königlichen
Anteil.
L.: Wolff 445; Rieken, A., Das Amt Segeberg, innerer Aufbau und
siedlungsgeschichtliche Grundlagen, Diss. 1963; 850 Jahre Bad Segeberg, hg. v.
Segeberg, 1984; Erdmann-Degenhardt, A., Im Schatten des Kalkbergs. Geschichte
von Burg, Kloster und Stadt Segeberg, 1988; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 2, 532.
Seligenstadt (Reichsstadt). Im Bereich des heutigen
S. am Untermain bestand nach vorgeschichtlichen Siedlungen ein römisches
Kastell der zweiten Hälfte des 1. Jahrhunderts n. Chr. 815 erhielt Einhard, der
Biograph Karls des Großen, von Kaiser Ludwig dem Frommen das Königsgut Obermühlheim am Main, wo er nach 828 die
Benediktinerabtei S. (842/847 Saligunstat) gründete. Diese kam 939 an das
Reich, 1002 an den Bischof von Würzburg und 1063 an das Erzstift Mainz. In der
Stauferzeit wurde die daneben entstandene Siedlung Reichsstadt. 1309 gelangte
sie an das Erzstift Mainz. 1803 fiel sie bei der Säkularisation an
Hessen-Darmstadt und damit 1945 an Hessen.
L.: Wolff 80; Seibert, L., Die Verfassung der Stadt Seligenstadt im
Mittelalter, Diss. phil. Gießen 1910; Koch, J., Die Wirtschafts- und
Rechtsverhältnisse der Abtei Seligenstadt im Mittelalter, 1940; Schopp, M., Die
weltliche Herrschaft der Abtei Seligenstadt 1478 bis 1803, 1966; Müller, O.,
Die Einhard-Abtei Seligenstadt am Main, 1973; Schopp, J., Seligenstadt, 1982;
Braasch-Schwersmann, U., Seligenstadt, LexMA 7 1995, 1732ff.
Serbien (Königreich, Staat, Land) s. a. Jugoslawien
Siebenbürgen (Fürstentum, Großfürstentum, Kronland). Das
Gebiet im Karpatenbogen wurde 107 n. Chr. von den Römern, nach 274 von den
Ostgoten und Gepiden sowie später von den Petschenegen besetzt, ehe es an
Ungarn kam. König Geisa II. (1141-1161) rief
(2000 bis 3000) moselfränkische Siedler ins Land. König
Andreas II. schenkte zunächst 1211 dem Deutschen Ritterorden das Land Burza
(Burzenland), entriss es ihm jedoch 1225 wieder, nachdem er die deutschen, bald
meist als Sachsen bezeichneten Siedler 1224 mit umfassenden Freiheiten
ausgestattet hatte. Zur Abwehr der Türkengefahr wurden zahlreiche befestigte
Kirchenburgen errichtet. 1520 setzte sich die Reformation durch. Nach dem
Zusammenbruch Ungarns und dem teilweisen Anfall an Habsburg bzw. Österreich
1526 hielten sich die Fürsten von S. geschickt zwischen Habsburg/Österreich und
den Türken und waren faktisch unabhängig, seit 1541 aber zu Tribut an die
Türken verpflichtet. 1567 gewann der Fürst die Krone von Polen. 1583 gewährte
er ein bis 1867 gültiges Landrecht. 1595 anerkannte er die Oberherrschaft des
Reiches und übergab 1597 dem Kaiser S. 1604/1605 wurden die kaiserlichen
Amtsträger vertrieben. 1622 wurde Fürst Bethlen als deutscher Reichsfürst
anerkannt und erhielt bis 1624/1626 mehrere Herzogtümer in Schlesien. 1686
erkannte Kaiser Leopold die von den Türken eingesetzten Apafi als Fürsten an.
1687 besetzte Herzog Karl V. von Lothringen das Land. 1691 verzichtete der
Fürst zugunsten Habsburgs auf die Herrschaft, so dass S. habsburgisches Gebiet
wurde. 1765 wurde S. zum Großfürstentum erhoben. Kaiser Joseph II. vereinigte
S. bis 1790 mit Ungarn. 1848 wurde S. eigenes Kronland Österreichs, 1867 aber
Ungarn eingegliedert. Am 8. 1. 1919 schloss es sich Rumänien an (1920
verwirklicht), kam 1940 in seiner nördlichen Hälfte mit dem ungarisch
besiedelten Szeklerland (unter Bevölkerungsumsiedlungsmaßnahmen) an Ungarn und
1944/1947 wieder an Rumänien zurück. Unter der Herrschaft des Sozialismus
siedelten zahlreiche Rumäniendeutsche aus.
L.: Hermann, G. v., Das alte Kronstadt, 1802, Neudruck 2009; Marienburg, L.,
Die Geographie des Großfürstentums Siebenbürgen, 1813, Neudruck 1986;
Urkundenbuch zur Geschichte der Siebenbürger Sachsen, Bd. 1ff. 1892ff.;
Teutsch, G./Teutsch, F., Geschichte der Siebenbürger Sachsen Bd. 1ff. 1907ff.;
Depner, M., Das Fürstentum Siebenbürgen im Kampf gegen Habsburg, 1938;
Matthiae, A., Siebenbürgen, 3. A. 1962; Teutsch, F., Kleine Geschichte der
Siebenbürger Sachsen, 3. A. 1965; Kutschera, R., Landtag und Gubernium in
Siebenbürgen, 1985; Verus, S., Siebenbürgen, 1986; Gündisch, G., Aus Geschichte
und Kultur der Siebenbürger Sachsen, 1987; Forschungen über Siebenbürgen und
seine Nachbarn, hg. v. Glassl, H./Benda, K., 1987/1988; Horedt, K., Das
frühmittelalterliche Siebenbürgen, 1988; Schaser, A., Siebenbürgen unter der
Habsburger Herrschaft im 18. Jahrhundert, Siebenbürgische Semesterblätter 3
(1989); Köpeczi, B., Kurze Geschichte Siebenbürgens, 1990; Schenk, A., Deutsche
in Siebenbürgen, 1992; Lexikon der Siebenbürgener Sachsen, hg. v. Myß, W.,
1993; Gündisch, K., Das Patriziat siebenbürgischer Städte, 1993; Siebenbürgen
zur Zeit der Römer, hg. v. Schuller, W., 1994; Siebenbürgen zwischen den beiden
Weltkriegen, hg. v. König, W., 1995; Göckenjan,
H., Siebenbürgen, LexMA 7 1995, 1840; Arens, M., Habsburg und Siebenbürgen 1600-1605,
2001; Roth, H., Kleine Geschichte Siebenbürgens, 2. A. 2003, 3. A. 2007,
Siebenbürgisch-sächsisches Wörterbuch, Bd. 9 2006; Moldt, D., Deutsche
Stadtrechte im mittelalterlichen Siebenbürgen, 2008.
Siegburg (Unterherrschaft). Die S. an der Sieg
wird 1065 erstmals erwähnt (Sigeburch). Um 1064 gründete Erzbischof Anno II.
von Köln dort eine Benediktinerabtei, der er die Burg, die angrenzende Siedlung
und weitere Güter (u. a. Troisdorf) übertrug. König
Heinrich IV. gewährte für den Ort S. Marktrecht, Münzrecht und Zollrechte. 1182
war S. Stadt unter dem Abt als Stadtherrn. 1676 wurden Abtei und Stadt eine
Unterherrschaft des Herzogtums Berg. Das Kloster wurde 1803 aufgehoben, jedoch
1914 wieder Benediktinerabtei. 1815 kam S. an Preußen, 1946 an Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 324; Schwaben, P., Geschichte der Stadt, Festung und Abtei Siegburg
im Herzogthum Berg, 1826, Neudruck 1987; Lau, F., Quellen zur Rechts- und
Wirtschaftsgeschichte der rheinischen Städte, 1907; Hottes, K., Die zentralen
Orte im Oberbergischen Lande, 1954; Roggendorf, H., Bibliographie von Stadt und
Abtei Siegburg, 1963; Heimatbuch der Stadt Siegburg, hg. v. Roggendorf, H., Bd.
1ff. 1964ff.; Urkunden und Quellen zur Geschichte von Stadt und Abtei Siegburg,
hg. v. Wisplinghoff, E., Bd. 1 1964; Nölle, F., Siegburg und Troisdorf, 1975;
Das Erzbistum Köln, Teil 2: Die Benediktinerabtei Siegburg, bearb. v.
Wisplinghoff, E., 1975; Herborn, W., Der Besitz der Benediktinerabtei Siegburg
in der Stadt Köln, (in) Siegburger Studien 25 (1995); Groten, M., Siegburg,
LexMA 7 1995, 1846; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 2, 557.
Sigmaringen (Grafschaft). S. an der oberen Donau
wird 1077 als Burg eines unbekannten, möglicherweise mit den Grafen von
Pfullendorf und Altshausen-Sulmetingen verwandten, 1083 bezeugten
Hochadelsgeschlechts erstmals erwähnt. Die am Fuße der Burg entstehende
Siedlung wurde im 13. Jahrhundert Stadt und erhielt 1362 das Stadtrecht
Pfullendorfs. Über die Grafen von Helfenstein (um 1272) und die Grafen von
Montfort kam S. um 1290 an König Rudolf von
Habsburg und vor 1325 (1323?) als Pfand an die Grafen von Württemberg sowie von
dort 1399 als Pfand an die Grafen von Werdenberg. Seit 1460 galt S. als
reichslehnbare Grafschaft. 1482 erlangte Habsburg einen Anspruch auf S. für den
Fall des Aussterbens der Grafen von Werdenberg. 1534 fiel beim Aussterben der
Grafen von Werdenberg die Grafschaft S. an Habsburg bzw. Österreich und von
dort 1535 als Lehen Österreichs an die schwäbische Linie der Grafen von
Hohenzollern (S. und Veringen) Seitdem nannte sich die Linie
Hohenzollern-Sigmaringen. Das Gebiet kam über Preußen (1849) 1951/1952 an
Baden-Württemberg. S. Hohenzollern-Sigmaringen.
L.: Wolff 46, 168; Mayer, D., Die Grafschaft Sigmaringen und ihre Grenzen im
16. Jahrhundert, 1959; 900 Jahre Sigmaringen, 1977; Kaufhold, W./Seigel, R.,
Schloss Sigmaringen und das fürstliche Haus Hohenzollern, 2. A. 1978; Richter,
G. u. a., Der Landkreis Sigmaringen. Geschichte und Gestalt, 1981; Schöntag,
W., Sigmaringen im 19. und 20. Jahrhundert, Blätter des Schwäbischen Albvereins
93 (1987); Sigmaringen, hg. v. Kuhn-Rehfus, M., 1989; Handbuch der
baden-württembergischen Geschichte, Bd. 2 1995, 376; Lorenz, S., Sigmaringen,
LexMA 7 1995, 1886f.
Sinzig (Reichsstadt). S. im Mündungsgebiet der
Aar erscheint nach älteren Siedlungen 762 als palatium Sentiacum (nachweisbare Königsaufenthalte 762, 842, 876, 1152, 1158, 1174,
1180, 1192, 1193). Die Königspfalz gab Kaiser
Lothar 855 an das Marienstift Aachen, den Ort 1065 König
Heinrich IV. an das Erzstift Bremen. Gleichwohl blieb S. Reichsgut. Seit dem
13. Jahrhundert war es zwischen dem Erzstift Köln und der Grafschaft Jülich
umstritten und verlor im Streit infolge zahlreicher Verpfändungen die
Reichsunmittelbarkeit. In der Mitte des 16. Jahrhunderts kam es an Jülich und
über Preußen 1946 an Rheinland-Pfalz.
L.: Wolff 322; Bruchhäuser, K., Heimatbuch der Stadt Sinzig, 1953; Helbach, U.,
Das Reichsgut Sinzig, 1989; Schewe, D., Geschichte Sinzigs, 2004; Escher, M. u.
a., Die urbanen Zentren, 2005, 2, 564.
Sitten (Hochstift, Residenz des Bischofs), frz.
Sion. Das schon am Ende des 4. Jahrhunderts in Octodurus (Octodurum)
(Martigny/Martinach) an der oberen Rhone bestehende, bis zum 8. Jahrhundert zum
Erzbistum Vienne gehörige Bistum wurde im 6. Jahrhundert (vor 585?/612) nach S.
(Sedunum) verlegt, das nach den von Caesar bezeugten keltischen Seduni benannt
ist und im 5. Jahrhundert an die Burgunder gefallen war. 999 gab der König von Burgund (Hochburgund) wohl auf Grund einer
umstrittenen Übertragung Karls des Großen dem Bischof die Grafschaft Wallis,
die der seit dem 8. Jahrhundert zum Erzbistum Tarentaise gehörigen Diözese in
etwa entsprach. Mit dem Übergang Burgunds an das deutsche Reich 1032/1033 wurde
der Bischof wie die Bischöfe von Lausanne und Genf mit seinem weltlichen
Herrschaftsgebiet Reichsfürst. 1156 wurden die Herzöge von Zähringen
Hochstiftsvögte. Nach deren Aussterben 1218 geriet das Hochstift allmählich in
den Einflussbereich der Grafen von Savoyen, denen gegenüber schon König Heinrich VI. 1188 die Zugehörigkeit des
Hochstifts zum Reich (ad coronam imperii) besonders betont hatte. Seit 1365
führten die Grafen/Herzöge den Titel eines Reichsvikars für den Bereich S.
(Genf und Lausanne). 1403 schloss der Bischof einen ewigen Bund mit Uri, Unterwalden
und Luzern. 1475 erkämpfte er die Unabhängigkeit und gewann das Unterwallis
zurück. 1513 wurde S. exemtes Bistum. Im 16. und 17. Jahrhundert (seit 1628)
verlor der Bischof im zunehmend romanisierten Hochstift nahezu jede weltliche
Herrschaft. Zugleich endete mit der Festigung der Schweiz die Verbindung zum
Reich (1648) und schließlich 1798 auch die weltliche Herrschaft.
L.: Wolff 536; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) D5; Besson, M., Les
origines des évêches de Genève, Lausanne et Sion, 1906; Inesch, D., Das
Domkapitel von Sitten, Bll. aus der Walliser Geschichte 6 (1922); Eggs, J.,
Geschichte des Wallis, 1930; Zermatten, M., Sion, capitale aristocratique et
paysanne, 1944; Blondel, L., Les origines de Sion et son developpement urbain
au cours des siècles, Valesia 8 (1953); Dubois, F./Lugon, A., Sitten, LexMA 7
1995, 1940f.; Das Bistum Sitten, bearb. v. Andenmatten, B. u. a., 2001; Höfe
und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1,
611, 1, 2, 534.
Sizilien (Insel). Die bis 241 v. Chr von den
Puniern an die Römer gelangte, seit 664/827/902 von Arabern beherrschte
Mittelmeerinsel S. (25426 Quadratkilometer) wurde 1061/1072 (Palermo) von den
Normannen erobert und seit 1130 als Königreich
bezeichnet. Durch die Heirat König Heinrichs VI.
mit der normannischen Erbtochter Konstanze (1186) trat das Königreich (Neapel mit) S. in Verbindung zum Reich,
fiel aber 1268 mit dem Aussterben der Staufer an Karl von Anjou, 1282 an Peter
III. von Aragon, den Schwiegersohn des Staufers Manfred. Am Ende des
Mittelalters wurde S. eine Provinz des Königreichs
Spanien. 1714 gelangte S. an (den Urenkel Philipps II. von Spanien, Viktor
Amadeus II. von Savoyen-)Piemont. Von 1719/1720 bis 1735 gehörte es auf Grund
eines Ländertausches (gegen Sardinien) zu Österreich, kam dann aber durch
Ländertausch an das Königreich Neapel und auf
Grund einer Volksabstimmung vom 21. 10. 1860 an das Königreich
Sardinien bzw. das 1861 neu entstandene Italien.
L.: Schillmann, F., Sizilien, Geschichte und Kultur, 1935; Pispisa, E., Regnum
Siciliae, 1988; Finley, M./Mack Smith, D./Duggan, C., Geschichte Siziliens und
der Sizilianer, 1989; Takayama, H., The Administration, 1993; Rill, B.,
Sizilien im Mittelalter, 1995; Wirth, G. u. a., Sizilien, LexMA 7 1995, 1950ff.;
Mirto, C., Il regno dell’isola di Sicilia e delle isole adiacenti, 2000;
Cuozzo, E., La cavalleria nel regno normanno di Sicilia, 2002; Becker, J., Graf
Roger I. von Sizilien, 2008; Tocco, F., Il regno di Sicilia tra Angioini e
Aragonensi, 2008.
Slowenien (Republik). Das Gebiet östlich der
oberen Adria wurde im 7. Jahrhundert von Slawen besiedelt. Seit dem Ende des 8.
Jahrhunderts war es Teil des fränkischen Reiches bzw. des deutschen
(römisch-deutschen) Reiches (Heiligen römischen Reichs) (Kärnten, Steiermark,
Görz, Krain). Seit 1848 forderten die slawischsprachigen Bewohner eine
besondere Verwaltungseinheit innerhalb Österreichs. 1918 löste sich der
slowenische Nationalrat von Österreich. Die an das Königreich
der Serben, Kroaten und Slowenen gefallenen Teile von Krain, Kärnten und
Steiermark bildeten mit Teilen Ungarns (Prekmurje, Übermurgebiet) das
Verwaltungsgebiet S. 1920 kam das westliche Innerkrain an Italien. 1941 wurde
Oberkrain (ohne Laibach) mit den ehemals kärntnerischen und steirischen Gebieten
dem Deutschen Reich, Unterkrain mit Laibach Italien und das Übermurgebiet
Ungarn zugeteilt. Nach 1945 wurde S. um Teile Julisch-Venetiens vergrößert in
Jugoslawien wiederhergestellt. 1991 löste es sich von Jugoslawien ab.
L.: Vilfan, S., Rechtsgeschichte der Slowenen, 1968; Wolfram, H., Die Geburt
Mitteleuropas, 1987; Steindorff, L./Stih, P., Slovenen, LexMA 7 1995, 2008f.;
Griesser-Pečar, T., Das zerrissene Slowenien 1941-1946, 2003; The Land
Between, hg. v. Luthar, O., 2008.
Soden, (Reichsdorf) (seit 1947 Bad Soden am
Taunus). 1035 gab Kaiser Konrad II. dem Kloster Limburg an der Haardt (Hardt)
den königlichen Hof zu Sulzbach mit Teilen des
Gebiets der später zur Vogtei Sulzbach gehörenden Dörfer Altenhain, Neuenhain,
Schneidhain (Schneidenhain) und S. Die freien Bauern wurden hiervon nicht
betroffen. 1191 wird S. am Taunus erstmals erwähnt. 1282 stellten sich die
freien Bauern von S. und Sulzbach unter den Schutz der Stadt Frankfurt am Main
und verpflichteten sich dafür zur Heeresfolge. Die Dörfer Neuenhain, Altenhain
und Schneidhain (Schneidenhain) gerieten dagegen unter die Herrschaft der Vögte
des Klosters Limburg für die Güter der Vogtei Sulzbach, nämlich der Herren von
Eppstein, später der Grafen von Stolberg-Königstein.
1450 gelangten S. und Sulzbach auf Grund eines Frankfurter Darlehens pfandweise
ganz unter die Herrschaft Frankfurts, das zeitweilig auch den Limburger Fronhof
erwarb. Als das Kloster Limburg 1561 an die Pfalz (Kurpfalz) fiel, musste
Frankfurt den Fronhof an die Pfalz herausgeben und in eine Teilung der hohen
Obrigkeit in den Dörfern einwilligen. 1613 gelang es S. und Sulzbach, sich
durch Rückzahlung von 800 Gulden rechtlich von der Frankfurter Herrschaft zu
befreien. 1650 trat die Pfalz die Vogtei Sulzbach an das Erzstift Mainz ab.
1656 einigten sich Frankfurt und das Erzstift Mainz über die Rechte der
gemeinsamen Herrschaft in Sulzbach und S. 1803 fielen Sulzbach und S. an
Nassau-Usingen (Nassau) und damit 1866 an Preußen und 1945 an Hessen.
L.: Hugo 462; Wolff 506; Moser, K. v., Die Reichsfreiheit der Gerichte und
Gemeinden Sulzbach und Soden, 1753; Straub, V., Aktenmäßige Deduktion und
rechtsgründliche Widerlegung auf das Impressum: Die Reichfreiheit deren
Gerichten und Gemeinden in Sulzbach und Soden, 1754 ungedruckt; Kaufmann, E.,
Geschichte und Verfassung der Reichsdörfer Soden und Sulzbach, 2. A. 1981.
Solms (Herren, Grafen). 1129 wird anlässlich
der Stiftung des Klosters Schiffenberg durch die Gräfin von Gleiberg das
edelfreie, im Lahngau beiderseits der mittleren Lahn begüterte Geschlecht der
Herren von S. (Sulmese) mit Sitz in Solms-Oberdorf, dann in Burgsolms (1160)
westlich Wetzlars erstmals erwähnt. Es erlangte vermutlich über die Herren von
Merenberg, Grafen von Gleiberg und Grafen von Luxemburg Güter der Konradiner.
Seit 1226 erscheinen Grafen von S., die Güter an der Lahn und in Oberhessen
hatten, sich aber nur in schweren Auseinandersetzungen mit den Landgrafen von
Hessen behaupten konnten. Um 1250/1260 spalteten sich die Grafen in die Linien
Solms-Burgsolms (bis 1415), Solms-Königsberg
(bzw. Hohensolms, bis 1363, Güter an Hessen) und das verbleibende
Solms-Braunfels. 1417/1418/1420 erlangten die Grafen das von den Herren von
Hagen bzw. Arnsburg bzw. Münzenberg gekommene Erbe der Herren von Falkenstein
(zwei Drittel, ein Drittel an Eppstein) in der Wetterau (Münzenberg, Lich,
Wölfersheim, Södel, Hungen, Laubach, Butzbach), konnten es aber nicht mit den
Stammgütern vereinigen. Von Solms-Braunfels leiteten sich 1420/1436 die beiden
Hauptlinien Solms-Braunfels und Solms-Lich ab, von denen Solms-Lich seit 1461
bedeutender wurde. Solms-Braunfels zerfiel 1602 in Solms-Braunfels,
Solms-Greifenstein (mit Wölfersheim) und Solms-Hungen. Davon erloschen
Solms-Braunfels, das 1471 die kaiserliche Befreiung von fremder Gerichtsbarkeit
und 1495 das Bergregal gewann, 1693 (an Solms-Greifenstein) und Solms-Hungen
1678 (an Solms-Greifenstein und Solms-Braunfels). Solms-Greifenstein nannte
sich Solms-Braunfels und wurde 1742 Reichsfürstentum. Seine Ämter Greifenstein
und Braunfels kamen 1806 an Nassau, 1815 an Preußen und 1945 an Hessen, seine
Ämter Hungen, Gambach und Wölfersheim, Anteile an Grüningen, Münzenberg und
Trais-Münzenberg fielen 1806 an Hessen-Darmstadt. Solms-Lich teilte sich in
Solms-Lich und Solms-Laubach. Hiervon spaltete sich Solms-Lich, das 1461 durch
Heirat Güter Kronbergs aus der Falkensteiner Erbschaft (Rödelheim, Assenheim,
Niederursel) erbte sowie 1479 Nieder-Weisel (Niederweisel) erlangte, 1494 die
kaiserliche Befreiung von fremder Gerichtsbarkeit, 1507 das Bergregal und seit
1537 Herrschaften im obersächsischen Reichskreis (1537 Sonnewalde in der
Niederlausitz, 1544 Pouch bei Bitterfeld an der Mulde, 1596 Baruth in
Brandenburg südöstlich von Berlin sowie 1602 Wildenfels in Sachsen südöstlich
von Zwickau) gewann, 1628 aber Königsberg
verlor, in das 1718 erloschene Solms-Lich und in Solms-Hohensolms, das sich
nach 1718 Solms-Lich-Hohensolms (Solms-Lich und Hohensolms) nannte. Seit 1792
war es Reichsfürstentum (Solms-Hohensolms-Lich). Seine Ämter Lich und
Nieder-Weisel (Niederweisel) kamen 1806 an Hessen-Darmstadt, sein Amt
Hohensolms 1806 an Nassau, 1815 an Preußen und 1945 an Hessen. Solms-Laubach
teilte sich 1561 in Solms-Sonnewalde (bis 1615) und Solms-Laubach. Dieses
zerfiel 1607 in Solms-Rödelheim mit Assenheim (bis 1640), Solms-Laubach (bis
1676), Solms-Sonnewalde (mit Sonnewalde, Groß Leipe (Großleipa) und Schköna)
und Solms-Baruth. Solms-Baruth spaltete sich in Solms-Baruth, Solms-Rödelheim
und Solms-Laubach. Solms-Rödelheim zerfiel in Solms-Rödelheim (bis 1722) und
Solms-Assenheim, dessen Ämter Rödelheim und Nieder-Wöllstadt (Niederwöllstadt)
mit einem Anteil an Assenheim 1806 an Hessen-Darmstadt kamen. Solms-Laubach
fiel mit Laubach, Utphe und Anteilen an Münzenberg und Trais-Münzenberg 1806 an
Hessen-Darmstadt und durch Solms-Wildenfels (Solms-Sachsenfeld, Solms-Baruth,
Solms-Wildenfels) mit Engelthal (Engeltal) und der Abtei Arnsburg 1806
ebenfalls an Hessen-Darmstadt. Am 4. 4. 1571 war als Gesetz für alle solmischen
Lande die Gerichtsordnung und Landordnung der Grafschaft S. und Herrschaften
Münzenberg, Wildenfels und Sonnewalde erlassen worden. Durch § 16 des
Reichsdeputationshauptschlusses vom 25. 2. 1803 hatten die Fürsten und Grafen
zu S., die im frühen 18. Jahrhundert auch Mitglied im Kanton Odenwald des
Ritterkreises Franken gewesen waren, für die Herrschaften Rohrbach,
Scharfenstein und Hirschfeld sowie für ihre Ansprüche auf die Abtei Arnsburg
und das Amt Cleeberg/Kleeberg die Abteien Arnsburg und Altenberg (Altenburg)
erhalten.
L.: Deren Graveschafften Solms unnd Herrschaft Mintzenberg Gerichtsordnung,
1571; Wolff 273; Zeumer 552ff. II b 60, 4-8; Wallner 696f. OberrheinRK 19, 30,
37, 38; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) E3, III 22 (1648) D3, III 38
(1789) B3; Riedenauer 129; Neumaier 47, 99; Solms-Laubach, R. Graf zu,
Geschichte des Grafen- und Fürstenhauses Solms, 1865; Uhlhorn, F., Geschichte
der Grafen von Solms im Mittelalter, 1931; Kissel, O., Neuere Territorial- und
Rechtsgeschichte des Landes Hessen, 1961; Demandt, K., Geschichte des Landes
Hessen, 2. A. 1972, Neudruck 1980, 505; Rupp, J., Kleine Geschichte des Solmser
Landes, 1985; Battenberg, F., Solmser Urkunden, Bd. 5 1986; Schwind, F., Solms,
LexMA 7 1995, 2036.
Solms-Hungen (Grafen). Hungen bei Gießen, an der
alten Straße durch die kurzen Hessen gelegen, wird 782 als Houngen/Hoingen
erstmals in einer Gabe König Karls des Großen an
die Reichsabtei Hersfeld erwähnt. Im 14. Jahrhundert gewannen die Herren von
Falkenstein als Vögte Hersfelds die Herrschaft. 1418/1419 fiel Hungen beim
Aussterben der Herren von Falkenstein an die Grafen von Solms. Von 1602 bis
1678 herrschte dort die von Solms-Braunfels abgespaltete Linie S., die von
Solms-Greifenstein und Solms-Braunfels beerbt wurde. 1806 kam Hungen an
Hessen-Darmstadt.
L.: Das Buch der Stadt Hungen, 1961.
Solms-Lich (Grafen, Fürsten). Durch Teilung der
Grafschaft Solms entstand 1409/1420/1436 die Linie der Grafen von S.(, die sich
später S. und Hohensolms nannte). Sie erbte 1461 durch Heirat Kronberger Güter
aus der Falkensteiner Erbschaft (Rödelheim, Assenheim, Niederursel), erlangte
1479 Nieder-Weisel, 1494 die kaiserliche Befreiung von fremder Gerichtsbarkeit,
1507 das Bergregal und seit 1537 Herrschaften im obersächsischen Reichskreis
(1537 Sonnenwalde in der Niederlausitz, 1544 Pouch bei Bitterfeld an der Mulde,
1596 Baruth in Brandenburg südöstlich Berlins, 1602 Wildenfels in Sachsen
südöstlich Zwickaus). 1628 verlor sie das Amt Königsberg.
1562/1563 führte sie die Reformation ein. Sie spaltete sich in die Linie S. (1718
erloschen) und in die Linie Solms-Hohensolms, die sich nach 1718
Solms-Lich-Hohensolms nannte. 1792 wurde sie in den Reichsfürstenstand erhoben
und gehörte zu den wetterauischen Grafen der weltlichen Bank des
Reichsfürstenrats des Reichstags. 1806 fiel das Fürstentum an Hessen-Darmstadt.
S. Solms-Hohensolms, Solms-Lich und Hohensolms (Solms-Lich-Hohensolms).
L.: Zeumer 553 II b 60, 5; Uhlhorn, F., Geschichte der Grafen von Solms im
Mittelalter, 1931.
Solothurn (Reichsstadt, Kanton). An der Stelle einer
bisher archäologisch nicht erwiesenen keltischen Siedlung errichteten die Römer
das keltisch bezeichnete Kastell Salodurum. Das danach im Osten von Alemannen
und im Westen von Burgundern besetzte Gebiet kam 888 an das Königreich Burgund und 1032 mit diesem an das Reich.
Seit 1127 unterstand es der Vogtei der Herzöge von Zähringen und wurde nach
deren Aussterben 1218 Reichsstadt. Von 1295 an verbündete diese sich mit Bern
und erwarb seit 1389 Gebiete im Aaretal und im Jura (Herrschaften Buchegg 1391,
Falkenstein 1402/1420, Olten 1426, Gösgen [Obergösgen, Niedergösgen] 1458),
nachdem sie von Kaiser Ludwig dem Bayern 1344 das Stadtschultheißenwahlrecht
und die Verfügung über Münze und Zoll sowie von Kaiser Karl IV. 1360 das
Stadtschultheißenamt und 1365 die Hochgerichtsbarkeit erworben hatte. 1481
wurde S. in die Eidgenossenschaft der Schweiz aufgenommen, nachdem es 1353
durch den Eintritt Berns in die Eidgenossenschaft bereits zugewandter Ort
geworden war. 1803 wurde das stets katholisch und aristokratisch-oligarchisch
gesinnte, territorial zerrissene S. Kanton der Schweiz (791 Quadratkilometer).
Verfassungsänderungen erfolgten 1814, 1830, 1856, 1875 und 1887.
L.: Wolff 525f.; Großer Historischer Weltatlas II 72 (bis 1797) D2; Meyer, K.,
Solothurnische Verfassungszustände zur Zeit des Patriziates, 1921; Amiet, B.,
Die solothurnische Territorialpolitik von 1344 bis 1532, 1929; Amiet, B.,
Solothurnische Geschichte, Bd. 1ff. 1952ff.; Solothurner Urkundenbuch, bearb.
v. Kocher, A., Bd. 1, 2 1952ff.; Sigrist, H. u. a., Solothurn, 3. A. 1972;
Solothurn, bearb. v. Schubinger, B., 1990; Noser, O., Solothurn, LexMA 7 1995,
2038f.
Sommerhausen (Reichsdorf). Am 28. 8. 1297 verpfändete König Adolf (von Nassau) unter anderem die zwei Dörfer S. (Bartholomäi-Ahausen) und Winterhausen (Nikolai-Ahausen) an den Bischof von Würzburg.
Spanien (Land, Königreich).
In der ehemaligen römischen Provinz S. gründeten nebeneinander und nacheinander
Vandalen (409-429), Sweben (409-585) und Westgoten (ab 415) Reiche, bis seit 711
die Araber auf einen Hilferuf einer westgotischen Gruppe von Süden vordrangen.
Gegen diese richtete König Karl der Große seit
795 die spanische Mark ein, die bis Barcelona und Pamplona reichte und einem
selbständig werdenden Markgrafen unterstand. Zugleich erhielt sich in S. ein Königreich Asturien, von dem aus später die Araber
wieder zurückgedrängt wurden (Reconquista). Im 10./11. Jahrhundert entstanden
dann als christliche Herrschaftsgebiete die Königreiche
von Aragon und Kastilien. Alfons X. von Kastilien, Sohn einer Tochter Philipps
von Schwaben, begehrte 1255 das Herzogtum Schwaben und 1257 die deutsche Königskrone. Peter III. von Aragon erlangte als
Schwiegersohn des Staufers Manfred 1282 Sizilien. Aragon erwarb weiter 1324
Sardinien und 1442 das Königreich Neapel,
Kastilien eroberte 1236 Cordoba, 1248 Sevilla und 1262 Cadiz. 1469 heiratete
Isabella von Kastilien († 1504) Ferdinand II. von Aragon († 1516). Gemeinsam
gewannen sie 1492 die letzte arabische Herrschaft auf spanischem Boden in
Granada. 1495 heiratete der spanische Kronprinz Juan die Tochter (Margarete) König Maximilians und der Sohn (Philipp) König Maximilians die spanische Prinzessin Juana
(Johanna). 1504 wurde Philipp König von
Kastilien. 1516 erwarb sein Sohn Karl (V.) Aragon. 1519 wurde er zum deutschen König gewählt, so dass S. samt seinen Kolonien mit dem
Reich in Personalunion trat. 1526/1556 wurden die Güter aufgeteilt, wobei die
italienischen und burgundischen Güter an S. kamen. Deutsche und spanische
Habsburger blieben aber durch dauernde Wechselheiraten eng verbunden. Beim
Aussterben der spanischen Habsburger 1700 kam es zum spanischen Erbfolgekrieg
zwischen Frankreich und dem Reich. Im Ergebnis fielen die spanischen Güter in
Italien und den Niederlanden an Österreich, während Frankreich (Philipp von
Anjou) S. und, nach dem polnischen Thronfolgekrieg (1733ff.) und dem
österreichischen Erbfolgekrieg (1742ff.), Sizilien sowie Parma und Piacenza
gewann.
L.: Ballester y Castell, R., Bibliografia de la historia de Espana, 1921;
Schreiber, G., Deutschland und Spanien, 1936; Maunz, T., Das Reich der
spanischen Großmachtzeit, 1944; Madariaga, S. de, Spanien. Land, Volk und
Geschichte, 1983; Heine, H., Geschichte Spaniens in der frühen Neuzeit
(1400-1800), 1984; Schröder, T., Spanien, 5. A. 2006; Christlicher Norden -
Muslimischer Süden, hg. v. Tischler, M. u. a., 2011.
Speyer (Hochstift, Residenz des Bischofs). In
der ursprünglich keltischen, an der Mündung des Speyerbachs in den Rhein
gelegenen Siedlung Noviomagus, die den Hauptort der (germanischen,) um 58 v.
Chr. von Caesar unterworfenen Nemeter (civitas Nemetum) bildete, wurde
vermutlich bereits im 3. oder 4. Jahrhundert ein Bischofssitz eingerichtet, der
(nach Untergang und Erneuerung?) 614 mit Bischof Hulderich erstmals bezeugt ist.
Zunächst gehörte er zum Erzbistum Trier, seit 748/780 bis zu seiner Auflösung
1801 zum Erzbistum Mainz. Sein ursprünglich zum alemannischen, dann zum
fränkischen Stammesgebiet gezählter Sprengel reichte von der Hauptwasserscheide
im Pfälzerwald bis zum Neckartal und Murrtal und von Selz und Oos bis zur
Isenach und zum Kraichbach. Wichtigstes Kloster war Weißenburg im Elsass, das
1546 erworben wurde. Schon im 7. Jahrhundert erhielten die Bischöfe reiches Königsgut im Speyergau (Bienwald an der Grenze zu Frankreich,
8. Jh.?), wozu weitere Gaben Herzog Konrads des Roten wie Kaiser Ottos des
Großen im 10. Jahrhundert kamen. 1030 wurde der Neubau des Domes begonnen.
Zwischen 1050 und 1060 gewann der Bischof das ansehnliche Gebiet um Bruchsal
(1056 Lusshardt [Lußhaardt]) und die Grafschaften des Speyergaus und Ufgaus
bzw. Uffgaus. Von 1111 an begann sich allerdings die Stadt S. aus der
Herrschaft der Bischöfe zu lösen, was ihr bis zum Ende des 13. Jahrhunderts
gelang, so dass der Bischof 1371 seinen Sitz in das 784 erstmals genannte und
seit 1316 zum Hochstift gehörige Udenheim an der Mündung des Saalbaches in
einen Altrheinarm verlegte. Das Hochstift des späteren Mittelalters bestand aus
zwei Hauptgebieten beiderseits des Rheins um Bruchsal, Deidesheim, Herxheim, Lauterburg
und Weißenburg. Von 1371 bis 1723 war Udenheim, das zur Festung Philippsburg
ausgebaut wurde, fast ständig Residenz des Bischofs. Danach siedelte der
Bischof nach Bruchsal um. Wegen Brombach, Neckarsteinach, Darsberg, Grein und
Teilen von Langenthal (Langental) war der Bischof um 1790 Mitglied des Kantons
Odenwald des Ritterkreises Franken(, wegen Oberöwisheim das Domkapitel im
Kanton Kraichgau des Ritterkreises Schwaben). Die linksrheinischen Teile des
zum oberrheinischen Reichskreis zählenden Hochstifts, das am Ende des 18.
Jahrhunderts 28 Quadratmeilen mit 55000 Einwohnern und 300000 Gulden Einkünfte
umfasste, kamen im 17. Jahrhundert (1681-1697) bzw. 1801 an Frankreich, 1816 an
Bayern, die rechtsrheinischen Teile (16 Quadratkilometer) 1802/1803 an Baden.
Von den ritterschaftlichen Gütern fielen Brombach 1808 an Baden und damit
1951/1952 an Baden-Württemberg, die übrigen Teile an Hessen-Darmstadt und damit
1945 an Hessen. 1817 wurde ein neues, die Pfalz (Rheinpfalz) Bayerns
umfassendes Bistum S. innerhalb des Erzbistums Bamberg errichtet.
L.: Wolff 233; Zeumer 552 II a 10; Wallner 695 OberrheinRK 5; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) E4, III 22 (1648) D4, III 38 (1789) C3;
Winkelmann-Holzapfel 163f.; Stetten 186f.; Remling, F., Geschichte der Bischöfe
zu Speyer, Bd. 1ff. 1852ff.; Remling, F., Neuere Geschichte der Bischöfe zu
Speyer, 1867; Bühler, A., Die Landes- und Gerichtsherrschaft im
rechtsrheinischen Teil des Fürstbistums Speyer vornehmlich im 18. Jahrhundert,
ZGO N.F. 38 (1925); Maass, H., Verwaltungs- und Wirtschaftsgeschichte des
Bistums Speyer 1743-70, Diss. phil. Göttingen 1933; Stamer, L.,
Kirchengeschichte der Pfalz, Bd. 1ff. 1936ff.; Doll, A., Das alte Speyer, 1950;
Handbuch des Bistums Speyer, 1961; Bohlender, R., Dom und Bistum Speyer. Eine
Bibliographie, 1963; Drollinger, K., Kleine Städte Südwestdeutschlands. Studien
zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der Städte im rechtsrheinischen Teil des
Hochstifts Speyer bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts, 1968; Schaab, M., Territoriale
Entwicklung der Hochstifte Speyer und Worms, (in) Pfalzatlas, Textband, 20. H.
(1972); Duggan, L., Bishop and Chapter, The Governance of the Bishopric of
Speyer to 1552, 1978; Meller, J., Das Bistum Speyer, 1987; Fouquet, G., Das
Speyerer Domkapitel im späten Mittelalter (ca. 1350-1540), 1987; Fouquet, G.,
Ritterschaft, Hoch- und Domstift Speyer, Kurpfalz, ZGO 137 (1989); Friedmann,
A., Die Beziehungen der Bistümer Worms und Speyer zu den ottonischen und
salischen Königen, 1994; Andermann, K., Speyer, LexMA
7 1995, 2095f.; Handbuch der baden-württembergischen Geschichte, Bd. 2, hg. v.
Schaab, M., 1995, 481; Ehlers, C., Metropolis Germaniae, 1996;Krey, H.,
Bischöfliche Herrschaft im Schatten des Königtums,
1996; Neumann, H., Sozialdisziplinierung in der Reichsstadt Speyer, 1997;
Gresser, G., Das Bistum Speyer bis zum Ende des 11. Jahrhunderts, 1998; Höfe
und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1,
612, 1, 2, 541; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 492, 2, 572.
Speyer (Reichsstadt, freie Reichsstadt). Um 150
n. Chr. nannte Ptolemäus das ursprünglich keltische Noviomagus, das den
Hauptort der (germanischen,) 58 v. Chr. von Cäsar unterworfenen Nemeter
(civitas Nemetum) bildete. 496 wurde der Ort von den Franken erobert und im 6.
Jahrhundert erstmals als Spira bezeichnet. 614 ist S. (nach Untergang und
Erneuerung?) als Bischofssitz sicher bezeugt. 843 kam es zum Ostreich. Durch
ein Privileg Kaiser Ottos I. von 969 erlangte der Bischof die vermutlich
anfänglich königliche Stadtherrschaft. 1084
wurden aus Mainz geflohene Juden angesiedelt. Weitere Privilegien von 1104 und
1111 führten 1294 zur Befreiung der von Saliern und Staufern sehr häufig
aufgesuchten Stadt von der bischöflichen Herrschaft. In der Folge war S.
Reichsstadt. Bereits mit den spätmittelalterlichen Judenverfolgungen begann
aber ein allmählicher Abstieg. Immerhin war S. aber noch seit 1471 mit Peter
Drach ein hervorragender Druckort und von 1526/1527 bis 1689 Sitz des
Reichskammergerichtes. 1523/1538/1540 führte es die Reformation ein. 1689 wurde
S., das zum oberrheinischen Reichskreis zählte, von Frankreich fast völlig
zerstört und erst 1714 zur Wiederbesiedelung freigegeben. Seit dem frühen 18.
Jahrhundert war es im Kanton Odenwald des Ritterkreises Franken immatrikuliert.
Von 1794 bis 1814 war es Sitz eines französischen Arondissements im Département
Mont-Tonnerre (Donnersberg). 1815/1816 fiel es mit 1 Quadratmeile Gebiet und
5000 Einwohnern an Bayern und wurde Sitz der pfälzischen (rheinpfälzischen)
Bezirksregierung Bayerns. 1946 kam es zu Rheinland-Pfalz.
L.: Wolff 290; Zeumer 554 III a 5; Wallner 699 OberrheinRK 52; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) E4, II 78 (1450), III 22 (1648) D4, III 38
(1789) C3; Weiß, C., Geschichte der Stadt Speyer, 1876; Doll, A., Das alte
Speyer, 1950; (Polenz, P. v., Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, S. 306;)
Bohlender, R., Dom und Bistum Speyer. Eine Bibliographie, 1963; Klotz, F.,
Speyer. Kleine Stadtgeschichte, 1971; Roland, B., Speyer. Bilder aus der Vergangenheit,
2. A. 1976; Voltmer, E., Reichsstadt und Herrschaft: Zur Geschichte der Stadt
Speyer im hohen und späten Mittelalter, 1981; Geschichte der Stadt Speyer, hg.
v. d. Stadt Speyer, 2. A. 1983; Andermann, K., Speyer, LexMA 7 1995, 2096ff.;
Ammerich, H., Kleine Geschichte der Stadt Speyer, 2008.
Speyergau (Gau zwischen Lauter und Speyerbach,
Reichslandvogtei). Zur Rückgewinnung und Verwaltung des Reichsguts um Speyer
richtete König Rudolf von Habsburg die
Reichslandvogtei S. ein, deren Bedeutung aber rasch schwand.
L.: Curs, O., Deutschlands Gaue im zehnten Jahrhundert, 1908, 20 ([Speiergau,]
Spirihgeuue, Spyrensis, Spirehkewe, Spirehkeuui, Spirechgouue, Spirihgouue,
Spirigovue, Spirichowe, Gau zwischen Lauter und Speyerbach, Deidesheim,
Weißenburg, Steinweiler, Oberotterbach, Niederotterbach, Dörrenbach bzw.
Dierbach, Gleisweiler, Hochstadt, Speyerdorf, Wollmesheim); Gysseling, M.,
Toponymisch Woordenboek, 1960, 929; Polenz, P. v., Landschafts- und
Bezirksnamen, 1961, II, 16, 18, 23, 24, 26, 27, 30, IV, 18, Spirahgouwe, pagus
Spirensis, Nemetis, Namnetis, Spirensis comitatus, ‚Speyergau‘, zum Ortsnamen
Speyer, S. 306; Moreau, J., Dictionnaire de géographie historique, 1972, 260;
Niemeyer, W., Der pagus des frühen Mittelalters in Hessen, 1968, 80 (Altrip,
Wachenheim); Bauer, T., Die mittelalterlichen Gaue, 2000 (Eisenberg in der
Pfalz?, Battenberg in der Pfalz, Limburg an der Haardt, Helmbach, Lambrecht in
der Pfalz).
Spiegelberg (Grafschaft). Die 1217 erstmals
erwähnten, mit 1132 genannten Grafen von Poppenburg gleichen Grafen von S. bei
Salzhemmendorf südöstlich Hamelns konnten trotz Verlustes ihrer namengebenden
Burg an die Edelherren von Homburg (1238) um Coppenbrügge östlich von Hameln
eine kleine Herrschaft mit fünf Dörfern einrichten. Mit dem Erlöschen des
Geschlechts fiel sie 1557 an Braunschweig-Calenberg als Lehnsherrschaft heim.
Das Lehen wurde unter Vorbehalt der Landeshoheit bis 1583 an eine Nebenlinie
Lippes, von 1584 bis 1631 der Grafen von Gleichen und danach an Nassau-Oranien
ausgegeben. 1792 gehörte der König von England
bzw. Hannover wegen der etwa 1,3 Quadratmeilen großen Grafschaft S. zu den
westfälischen Grafen der weltlichen Bank des Reichsfürstenrats des Reichstags
und zum niederrheinisch-westfälischen Reichskreis. 1819 verkaufte Nassau-Oranien
S. an Hannover. Mit diesem kam es 1866 an Preußen und 1946 an Niedersachsen.
L.: Wolff 357f.; Zeumer 554 II b 63, 12; Wallner 705 WestfälRK 49; Schnath, G.,
Die Herrschaften Everstein, Homburg und Spiegelberg, 1922; Hartmann, P., Die
Grafen von Poppenburg-Spiegelberg, Nds. Jb. f. LG. 18 (1941), 117; Vogell, H.,
Geschichte und Beschreibung der alten Grafschaft Spiegelberg älterer und
neuerer Zeit, 1976.
Spitz (Herrschaft). 1148 erscheint S. in der
Wachau erstmals, nachdem bereits 830 der locus Wahowa von König Ludwig dem Deutschen an das Kloster
Niederaltaich gegeben worden war. Niederaltaich gab die Güter zum großen Teil
an die Herzöge von Bayern zu Lehen, die sie an die Kuenringer und andere
weitergaben. Nach dem bayerischen Erbfolgestreit von 1504 musste Bayern die
Herrschaft an Österreich abtreten.
L.: Lechner, K., Die herzoglich bayerischen Lehen im Lande unter der Enns, 1930
(ungedruckt); Schöner, E., Abriss der Geschichte des Marktes Spitz, 1960.
Spoleto (Herzogtum). Im 6. Jahrhundert (um
575/576) gründete ein langobardisches Adelsgeschlecht in S., das in römischer
Zeit municipium (Spoletium) gewesen war, an der Straße von Rom nach Ravenna ein
vom König verhältnismäßig unabhängiges Herzogtum
(Dukat), das allmählich fast das ganze östliche Mittelitalien umfasste. Karl
der Große ließ das Herzogtum gegen Anerkennung seines Königtums
bestehen, bezog das Gebiet aber organisatorisch in das fränkische Reich ein.
899 wurde (der fränkische) Herzog Wido II. König
und 891 Kaiser von Italien, doch verlor danach das Herzogtum an Bedeutung. Otto
der Große sah das Herzogtum als ein vom König zu
vergebendes Lehen an. Seit Ende des 11. Jahrhunderts wurde es als Amt an
Reichsministeriale ausgetan. Gleichzeitig erhielt der Papst Ansprüche auf das
Gebiet. 1213 wurde es ihm von König Friedrich
II. überlassen, später aber wieder bestritten. 1274 erkannte König Rudolf von Habsburg den Übergang auf den Papst
an.
L.: Silchmüller, R., Die Herzöge von Spoleto 967-1268, Diss. phil. Berlin 1919
(masch.schr.); Müller, P., Topographische und genealogische Untersuchungen zur
Geschichte des Herzogtums Spoleto und der Sabina von 800-1100, Diss. phil.
Greifswald 1930; Il ducato di Spoleto, 1983; Gasparri, S., Spoleto, LexMA 7
1995, 2128f.
Sponheim (Grafschaft). 1044 erscheinen erstmals
Grafen von S. (ursprünglich Spanheim), die sich seit der ersten Hälfte des 12.
Jahrhunderts nach der Burg S. westlich (Bad) Kreuznachs benannten und
vermutlich mit den karolingischen Hererichen und den Saliern verwandt waren.
Sie bauten im 12. Jahrhundert zwischen Nahe und Mosel ein ansehnliches
Herrschaftsgebiet auf (u. a. seit Anfang des 12. Jhs. Kreuznach). Graf
Meginhard (um 1118-1155) erbte infolge Heirats mit Mechthild von Mörsberg die
halbe Grafschaft Nellenburg bei Schaffhausen mit Erbgütern der Grafen von Bar
und der einstigen Herzöge von Lothringen. 1223/1233 (vor 1237) wurde (bis auf
die Burgen Sponheim und Dill) die Grafschaft nach dem Tod des mit der
Erbtochter (Adelheid) der Grafen von Sayn verheirateten Grafen Gottfried III.
(1218) geteilt. Der älteste Sohn Johann I. erhielt die Hintere Grafschaft S.
(Sponheim-Starkenburg, Güter an der Mosel und Birkenfeld, Sitz in Starkenburg
an der Mosel, später Grevenburg an der Mosel). Der zweite Sohn Heinrich, der
über seine Frau Agnes von Heinsberg die Herrschaft Heinsberg erhielt,
begründete die Geschlechter der Herren von Heinsberg, Grafen von Looz bzw. Loon
und Blankenheim (bis 1469) und der Herren von Löwenburg im Siebengebirge (bis
zum Ende des 14. Jahrhunderts). Der jüngste Sohn Simon erhielt die Vordere
Grafschaft S. um Kreuznach. Simons Sohn Heinrich erwarb durch Heirat die Güter
der Herren von Bolanden um Kirchheim und Dannenfels am Donnersberg
(Kirchheim[bolanden], Seitenlinie bis 1397) und verkaufte Böckelheim
(Schlossböckelheim) an das Erzstift Mainz. Außerdem erwarben die Grafen von
Sponheim-Kreuznach 1348 durch Heirat die Herrschaft Vianden. 1414 starb die
Linie Vordere Grafschaft aus. Die Vordere Grafschaft S. gelangte zu vier
Fünfteln an die Hintere Grafschaft S., zu einem Fünftel an die Pfalz. Beim
Erlöschen der Linie Hintere Grafschaft 1437 teilten sich nach einem Vertrag von
1425 die Grafen von Veldenz und die Markgrafen von Baden in die Güter, doch
blieb das Erbe real ungeteilt. Veldenz wurde 1444 von Pfalz-Zweibrücken beerbt,
das 1559 auch den Anteil der Pfalz an der Vorderen Grafschaft erhielt. 1707
wurde die Vordere, 1776 die Hintere Grafschaft S. zwischen Pfalz-Zweibrücken
und Baden real geteilt. S. zählte zum oberrheinischen Reichskreis. --- Mit den
Grafen von S. verwandt waren die Spanheimer, die um 1020 über die Erbtochter
der Sighardinger Lavant (Lavanttal) und andere Güter in Kärnten erheirateten
und zeitweise als Herzöge von Kärnten wirkten, und deren Seitenlinie, die zur
Zeit der salischen Könige bzw. Kaiser (Heinrich
IV. und Heinrich V.) aus Kärnten nach Bayern gekommenen Grafen von Ortenburg.
Die herzogliche Linie erlosch 1279, die der Grafen von Lebenau 1229, die der
Grafen von (Ortenburg-)Kraiburg 1248.
L.: Wolff 166, 259; Wallner 696 OberrheinRK 15, 17; Großer Historischer
Weltatlas II 66 (1378) D4, III 22 (1648) C2, III 38 (1789) B3; Lehmann, J., Die
Grafschaft und die Grafen von Spanheim, 1869; Fabricius, W., Erläuterungen zum
geschichtlichen Atlas der Rheinprovinz, 6 1914; Dotzauer, W., Die Vordere
Grafschaft Sponheim als pfälzisch-badisches Kondominium 1437-1707/08, 1963
(Diss. phil. Mainz 1962); Zöllner, E., Geschichte Österreichs, 8. A. 1990,
81ff.; Mötsch, J., Regesten des Archivs der Grafen von Sponheim 1065-1437, T. 1
1987; Mötsch, J., Genealogie der Grafen von Sponheim, Jb. f. westdeutsche LG.
13 (1987); Dopsch, H., Spanheimer, LexMA 7 1995, 2076; Dotzauer, W., Geschichte
des Nahe-Hunsrück-Raumes, 2001; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1,
482.
Stablo (Fürstabtei, Residenz des Fürstabts),
frz. Stavelot. Kurz vor 650 (648?) (bzw. 650/651) gründete der heilige Remaclus
unter Ausstattung durch den merowingischen Hausmeier Grimoald und König Sigibert III. die Benediktinerabtei S. in den
Ardennen bei Lüttich. Sie war von Anfang an durch Personalunion mit dem
ebenfalls von Grimoald (auf Königsgut)
gestifteten Malmedy verbunden. Sie wurde Hauptort eines geschlossenen
Herrschaftsgebiets. Als gefürstete Reichsabtei nahm sie seit dem 12.
Jahrhundert eine bedeutende Stellung im Reich ein. Sie gewann (wie Malmedy)
Sitz und Stimme im Reichstag und später im niederrheinisch-westfälischen
Reichskreis. Das Gebiet beider Abteien umfasste das Fürstentum Stablo mit den
Klöstern und Städten Stablo und Malmedy und die Grafschaft Logne mit dem
Schloss Logne und den Gebieten Xhignesse und Hamoir. 1794 verloren beide
Abteien die Reichsunmittelbarkeit. Mit ihrem Gebiet (17 Quadratmeilen) kam die
Abtei S. (mit Malmedy) am 1. 10. 1795 an Frankreich, das sie 1796 mit Malmedy
aufhob. 1815 fiel Malmedy an Preußen, S. an die Niederlande und 1830 an
Belgien. Malmedy kam am 24. 7. 1920/20. 9. 1920 nach Volksabstimmung an
Belgien, war aber von 1940 bis 1945 von Deutschland besetzt.
L.: Wolff 333; Zeumer 552 II a 34; Wallner 702 WestfälRK 13; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) C3, D3, III 22 (1648) B3, III 38 (1789) B2;
Villiers, F., Histoire chronologique des abbés-princes de Stavelot, Bd. 1ff.
1878ff.; Halkin, J./Roland, C., Recueil des chartes de Stablo-Malmédy, Bd. 1f.
1909ff.; Boix, F., Etude sur l’abbaye et principauté de Stavelot-Malmédy (bis
1021), 1924; Legrand, W., L’eglise abbatiale de Stavelot, (in) Bulletin de la
Société d’art et d’histoire du diocèse de Liège 43 (1963), 183ff.; George, P.,
Stablo, LexMA 7 1995, 2163; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich,
hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 693, 1, 2, 547.
Stade (Grafschaft). Die zuerst 929 bezeugten
Udonen (Luder, Liuthar) hatten umfangreiche Güter zwischen Niederelbe und
Niederweser. 1017 wurde an Stelle von Harsefeld, das 1007/1010 zum Kloster
umgewandelt wurde, S. (Stethu) Hauptsitz dieses mit Widukinden, Immedingern,
Liudolfingern und Billungern sowie Saliern und Welfen verwandten
nordsächsischen, sich seit 1063/1064 nach S. benennenden Geschlechts. 1063
musste es die Lehnsherrschaft des Erzstifts Bremen über die Grafschaft S.
anerkennen. Durch Heirat Graf Udos III. mit Irmgard von Plötzkau gewann es
umfangreiche Güter hinzu. 1128 verlor es die 1056 zur Verwaltung in königlichem Auftrag erhaltene Nordmark. Beim Erlöschen
der Grafen 1144 gab der Bruder des letzten Grafen, der 1148 bis 1168 Erzbischof
von Bremen war, die Eigengüter um Alsleben-Halle und um Magdeburg an das
Erzstift Magdeburg, die Eigengüter um S. an das Erzstift Bremen, das sie aber
erst 1236 nach langem Streit mit den Welfen, die sie 1145 an sich gezogen
hatten, zu erlangen vermochte. Über Hannover und Preußen (1866) kam S. 1946 zu
Niedersachsen.
L.: Wolff 430; Hucke, R., Die Grafen von Stade, 1956; Wohltmann, H., Die
Geschichte der Stadt Stade an der Niederelbe, 1956; Bohmbach, J., Urkundenbuch
der Stadt Stade, 1981; Pischke, G., Herrschaftsbereiche der Billunger, der
Grafen von Stade, der Grafen von Northeim und Lothars von Süpplingenburg, 1984;
Geschichte der Stadt Stade, hg. v. Bohmbach, J., 1994; Petke, W., Stade, LexMA
7 1995, 2167f.; Drecktrah, V., Die Gerichtsbarkeit in den Herzogtümern Bremen
und Verden, 2002; Winzer, H., Studien zu den Beziehungen zwischen den Grafen
von Katlenburg und den Grafen von Stade im Mittelalter, 2011.
Stargard (Herrschaft, Land, Residenz des Fürsten
bzw. Herzogs von Mecklenburg). Die Burg S. bei Neubrandenburg war Mittelpunkt
des nach ihr benannten umliegenden Landes S., das von slawischen Redariern
besiedelt war und zunächst zu Pommern gehörte. 1236 wurde es vom Herzog von
Pommern-Stettin an die Markgrafen von Brandenburg abgetreten. 1298/1299/1304
kam es vergrößert im Wege der Mitgift als Lehen Brandenburgs an die Fürsten von
Mecklenburg. 1347 erhob König Karl IV. zum Dank
für Unterstützung das Land S. unter Lösung der Lehnsverhältnisse Mecklenburgs
zu Sachsen und Brandenburg zum erblichen Reichslehen Mecklenburgs, woraufhin
dieses 1348 die Herzogswürde erlangte. Von 1352 bis 1471 gehörte es zur Linie
Mecklenburg-Stargard, die außerdem die Länder Sternberg und Eldenburg sowie
zeitweise brandenburgisches Pfandgut innehatte, von 1701 bis 1934 zur Linie
Mecklenburg-Strelitz. Über diese zählte es zum niedersächsischen Reichskreis.
Mit Mecklenburg kam es 1945 in die sowjetische Besatzungszone und damit von
1949 bis 1990 zur Deutschen Demokratischen Republik. S. a. Mecklenburg-Stargard
(; Mecklenburg-Vorpommern).
L.: Wolff 443; Wallner 706 NiedersächsRK 10; Witte, H., Mecklenburgische
Geschichte, 1909; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W., 2003, 1, 2, 549.
Stauf (Herrschaft). S. bei Kirchheimbolanden
kam noch in merowingischer Zeit vom König an die
Erzbischöfe von Trier, von denen es als Lehen an die Herren von S. gelangte.
Von ihnen fiel die Herrschaft im 13. Jahrhundert an die Grafen von Eberstein,
dann an die Grafen von Sponheim und über die Herren von Dannenfels 1393/1394 an
Nassau-Saarbrücken und Nassau-Weilburg. S. zählte zum oberrheinischen
Reichskreis. 1815 kam es an Bayern, 1946 an Rheinland-Pfalz.
L.: Wolff 265; Schreibmüller, H., Burg und Herrschaft Stauf in der Pfalz,
1913f.
Staufen (Herrschaft). Am Ende des 18.
Jahrhunderts zählte die Herrschaft S., die zusammen mit der Grafschaft
Rothenfels 13 Quadratmeilen umfasste, unter den Grafen Königsegg-Rothenfels
zum schwäbischen Reichskreis.
L.: Wolff 201; Wallner 685 SchwäbRK 9.
Staufer (Geschlecht). Die Anfänge der vielleicht
im Ries beheimateten und zeitweilig mit der Würde der Pfalzgrafen von Schwaben
bekleideten (oder vielleicht auch aus dem Elsass stammenden) S. reichen bis in
die erste Hälfte des 11. Jahrhunderts zurück. Stammsitz war zunächst Büren
(Wäschenbeuren), nach dem sich Friedrich von Büren († 1055) benannte, der durch
seine Heirat mit Hildegard von Egisheim Güter im Elsass (Schlettstadt, Teile
des Hagenauer Forstes) gewann. Sein Sohn Friedrich († 1105) erhielt als
Schwiegersohn König Heinrichs IV. 1079 im
Gefolge des Investiturstreites das Herzogtum Schwaben und erbaute die
namengebende Burg Stauf auf dem Hohenstaufen bei Göppingen. 1125/1138 erlangten
die S., die auch die 1108 letztmals genannten Grafen von Comburg (Komburg)
beerbten, das Erbe der Salier, 1138 mit Konrad III. den deutschen Thron. Unter
(Kaiser) Friedrich I. Barbarossa wurden Schwaben, Elsass, das Rhein-Maingebiet,
Ostfranken, Oberpfalz, Egerland (Aussterben der Diepoldinger 1146), Vogtland,
Pleißenland, das nördliche Thüringen und der Harzraum um Goslar Königslandschaften. In Schwaben fielen zusätzlich die
Güter Welfs VI. (1179/1191) und der Grafen von Pfullendorf (1180) an. 1184/1186
gelang die Eheverbindung Heinrichs VI. mit Konstanze von Sizilien, das
1189/1194 gewonnen wurde. Der frühe Tod Heinrichs VI. (1197) und der
Thronstreit Philipps von Schwaben mit dem Welfen Otto IV. nach der Doppelwahl
von 1198 erschütterten die staufische Herrschaft dann allerdings zutiefst.
Hinzu kam, dass Friedrich II. zwar sein normannisches Erbgut in einen
zentralistischen Beamtenstaat umwandelte, in Deutschland aber durch die
Fürstengesetze von 1220 (Confoederatio cum principibus ecclesiasticis) bzw.
1231/1232 (Statutum in favorem principum) die Rechte der Landesherren festigte.
Nach Friedrichs II. Tod (1250) sowie seines Sohnes Konrad IV. Tod (1254)
zerfiel die Herrschaft der Staufer in Deutschland. Bei ihrem Aussterben 1268
(Enthauptung Konradins, des Sohnes Konrads IV., in Neapel) fielen die Güter in
verschiedene Hände.
L.: Weller, K., Die staufische Städtegründung in Schwaben, Württemberg. Vjh.
N.F. 1930; Diederich, A., Staufer und Welfen, 1938; Steuermann, H., Die
Hausmachtpolitik der Staufer von Herzog Friedrich I. bis König Konrad III. 1079-1152, 1939; Maschke, E., Das
Geschlecht der Staufer, 1943; Bosl, K., Die Reichsministerialität der Salier
und Staufer, 1950/19511, Neudruck 1968/1969; Engels, O., Die Staufer, 6. A.
1994; Schwarzmaier, H., Die Heimat der Staufer, 1976; Engels, O.,
Stauferstudien, 1988; Die Staufer im Süden, hg. v. Kölzer, T., 1996;
Hechberger, W., Staufer und Welfen, 1996; Engels, O., Staufer, LexMA 8 1996,
76; Staufische Stadtgründungen am Oberrhein, hg. v. Reinhardt, E. u. a., 1998;
Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W. u.
a., 2003, 1, 1, 195; Weller, T., Die Heiratspolitik, 2004; Escher, M. u. a.,
Die urbanen Zentren, 2005, 1, 505; Grafen, Herzöge, Könige,
hg. v. Seibert, H. u. a., 2007.
Steiermark (Mark, Herzogtum, Bundesland). In das
Gebiet zwischen den nördlichen Kalkalpen, dem oststeirischen Hügelland und dem
pannonischen Tiefland, das schon in der Altsteinzeit besiedelt war, wanderten
im 1. Jahrtausend n. Chr. die Noriker ein, mit denen sich später die keltischen
Taurisker vermischten. 15 v. Chr./45 n. Chr. wurde das Land von den Römern
erobert und als römische Provinz Noricum eingegliedert. Nach dem Durchzug
verschiedener Germanenstämme während der Völkerwanderung wurde es seit 582
weitgehend von Slawen (Slowenen) besiedelt. 772 wurde es von Bayern besetzt und
788 dem fränkischen Reich einverleibt. Nach zeitweiliger Herrschaft der Ungarn
wurde nach der Schlacht auf dem Lechfeld (955) 976 das Herzogtum Kärnten
gebildet. Die zu Kärnten gehörige Kärntnermark (Mark an der Mur 970, marchia
Carantana, karantanische Mark mit dem Mittelpunkt Hengistburg bei Wildon)
unterstand zunächst bis 1035 den Grafen von Eppenstein, dann den Grafen von
Wels-Lambach und seit etwa 1050/1056 den Markgrafen aus dem Geschlecht der
Grafen von Traungau (Otakare) mit dem Sitz Steyr (Styraburg). 1122 wurde sie
mit der Obersteiermark verbunden. Die Markgrafen Leopold (1122-1129) und
Ottokar III. (1129-1164) setzten unter Beerbung der Grafen von Eppenstein
(1122), Sponheim (1147, u. a. Mark an der Drau) und Formbach-Pitten (1158) ihre
Herrschaft durch und schufen die nun nach der Burg Steyr benannte
Markgrafschaft S. 1180 wurden beim Sturz Heinrichs des Löwen Obersteiermark und
Mittelsteiermark zum Herzogtum erhoben und damit lehnsrechtlich von Bayern, zu
dem sie zwischenzeitlich gelangt waren, gelöst. 1186/1192 fiel dieses Herzogtum
nach dem Aussterben der Traungauer auf Grund eines Erbvertrages von 1186
(Georgenberger Handfeste) an die verwandten Babenberger. Nach deren Aussterben
1246 kam die 1236 als Reichsland bezeichnete S. 1251 an König Ottokar II. von Böhmen, 1254 nach Aufteilung durch
Vereinbarung an Ungarn (Gebiete zwischen Enns und Hausruck sowie um
Pitten-Wiener Neustadt an Österreich), von 1260 bis 1276 an Böhmen und 1282
durch König Rudolf von Habsburg an Habsburg.
Etwa zu dieser Zeit war auch der innere Ausbau durch deutsche Siedler
vollendet. 1311 kam das Sanntal hinzu. 1379 gelangte die S. an die
leopoldinische Nebenlinie Habsburgs, 1411 an den steirischen Zweig mit Sitz in
Graz (S., Kärnten, Krain, Inneristrien, Triest). Dieser gewann bis 1493 alle
habsburgischen Länder, von denen die 1456 um die Grafschaft Cilli und 1482 um
das Gebiet von Windischgraz vermehrte S. durch zahlreiche Einfälle der Türken
(seit 1471) und Ungarn verwüstet wurde. Von 1564 bis 1619 gehörte die S. zu den
innerösterreichischen Ländern (Innerösterreich) mit weitgehender
Selbständigkeit. 1585 gründete Erzherzog Karl die Universität Graz. Im 18.
Jahrhundert wurden die Reste der innerösterreichischen Sonderstellung
beseitigt. 1919/1920 kam das südliche, zu 86% von Slowenen besiedelte Drittel
der S. (Untersteiermark) an Jugoslawien, während die übrige S. als Bundesland
bei der Republik Österreich verblieb. Von 1938 (22. 5. 1938) bis 1945 war das 3965
Quadratkilometer umfassende Bundesland Burgenland mit der Hauptstadt Eisenstadt
zwischen Niederösterreich (Niederdonau) und Steiermark (Südburgenland mit
Güssing, Jennersdorf, Oberwart) aufgeteilt. Ab April 1941 unterstand die 1918
von Österreich getrennte Untersteiermark (erweitert um die Save-Gebiete und
sechs oberkrainische Gemeinden sowie verringert um das Gebiet Prekmurje)
rechtstatsächlich dem Gauleiter der Steiermark als dem Leiter der eingesetzten
Zivilverwaltung des Deutschen Reiches und war damit vorübergehend wieder der S.
eingegliedert.
L.: Wolff 27; Wallner 713 ÖsterreichRK 1; Großer Historischer Weltatlas II 34
(1138-1254) G4, II 66 (1378) H5, II 78 (1450) G4, III 22 (1648) F5; Lechner,
K., Steiermark (Karantanische Mark), (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd.
1; Schmutz, K., Historisch-topographisches Lexikon von Steiermark, Bd. 1ff.
1822f.; Urkundenbuch des Herzogthums Steiermark, hg. v. Zahn, J. v., Bd. 1ff.
1875ff.; Zahn, J. v., Ortsnamenbuch der Steiermark im Mittelalter, 1893; Pirchegger,
H., Die Pfarren als Grundlage der politisch-militärischen Einteilung der
Steiermark, (in) Abhandlungen zum Historischen Atlas der österreichischen
Alpenländer, (in) Archiv für österr. Gesch. 102 (1913); Mell, A./Pirchegger,
H., Steirische Geschichtsbeschreibungen als Quellen zum historischen Atlas der
österreichischen Alpenländer, Beitr. z. Erforschung steirischer
Geschichtsquellen 37-40 (1914); Pirchegger, H., Steiermark, (in) Erläuterungen
zum Historischen Atlas der österreichischen Alpenländer, 1917, 1957; Mell, A.,
Grundriss der Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte des Landes Steiermark, Bd.
1f. 1929; Heimatatlas der Steiermark, hg. v. hist. Ver. d. Steiermark,
1946-1949; Mayer, F./Kaindl, R./Pirchegger, H., Geschichte der Steiermark, Bd.
1ff. 4./5. A. 1958ff.; Atlas der Steiermark, hg. v. d. steiermärkischen
Landesregierung, Redaktion Morawetz, S./Straka, M., 1949-1970, Erläuterungen
1973; Polenz, P. v., Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, II, 50, III, 25, 31,
Steiermsark, Landname, Stirlant; Pirchegger, H., Die Untersteiermark in der
Geschichte ihrer Herrschaften und Gülten, Städte und Märkte, 1962; Stock, K.,
Bibliographien, Sammelbibliographien und andere geographische Hilfsmittel der
Steiermark, 1969; Die Steiermark. Land, Leute, Leistung, hg. v. Sutter, B.,
1971; Paschinger, H., Steiermark, 1974; Das Werden der Steiermark, hg. v.
Pferschy, G., 1980; Woisetschläger, K., Steiermark, 1982; 800 Jahre Steiermark
und Österreich, hg. v. Pickl, O., 1992; Amon, K./Liebmann, M.,
Kirchengeschichte der Steiermark, 1993; Obersteiner, G., Theresianische
Verwaltungsreformen im Herzogtum Steiermark, 1993; Ebner, H., Steiermark, LexMA
8 1996, 95ff.; Karner, S., Die Steiermark im 20. Jahrhundert, 2000; Binder,
D./Ableitinger, A., Steiermark, 2001; Baltl, H., Die Steiermark im
Frühmittelalter, 2004.
Sternberg (Land). Nach 1250 erbaute das Erzstift
Magdeburg am Schnittpunkt alter Straßen im Land Lebus die 1300 erstmals
erwähnte Burg S. Das umliegende Gebiet kam 1287 pfandweise an Brandenburg und
von dort um 1450 bis 1724 an die Winning. Am Ende des 18. Jahrhunderts gehörte
das 42 Quadratmeilen umfassende Land S., das die unmittelbaren Städte Drossen
und Reppen, die Ämter Frauendorf, Bischofsee und Neuendorf, das
Johanniterritterordensherrenmeistertum Sonnenburg, die Kommenturei Lagow und
die Lehnstädte S. und Königswalde umfasste, über
die Markgrafen von Brandenburg zum obersächsischen Reichskreis. Über
Brandenburg kam S. 1945 (Verwaltung) bzw. als Folge der deutschen Einheit 1990
(vollständig) an Polen. S. Polen.
L.: Wolff 390f.; Wallner 708 ObersächsRK 1; Freier, W., Das Land Sternberg,
1892.
Stockerau (Herrschaft). S. (1012 Stockerowe) an
der Donau bei Wien kam vom König an das
Hochstift Regensburg, von diesem als Lehen an die Kreuzenstein bzw. Grafen von
Formbach und nach deren Aussterben im 13. Jahrhundert an Österreich. 1748
kaufte es sich frei und wurde eine eigene Herrschaft. Diese ging in
Niederösterreich auf.
L.: Starzer, A., Geschichte der Stadt Stockerau, 1911; Brückner, J., Sozial-
und Wirtschaftsgeschichte des Marktes Stockerau, Diss. Wien 1953; Nikel, H.,
Pfarre und Kirche Stockerau, 1893-1914, 1983.
Stolberg (Grafen, Grafschaft [, Fürsten9). In S.
am Südharz bei Sangerhausen wurde vermutlich im 10./11. Jahrhundert eine Burg und
im 12. Jahrhundert eine Bergbausiedlung begründet. Nach S. benannten sich seit
1210 (Stalberg) die von den Grafen von Hohnstein oder den Grafen von Kirchberg
abstammenden Grafen von S., die um 1200 erstmals bezeugt sind. Ihre Güter lagen
vornehmlich östlich des Harzes (S., Hayn, 1341 Rossla, Bennungen, 1417 untere
Grafschaft Hohnstein, 1413/1417 Kelbra und Heringen gemeinsam mit Schwarzburg,
1443 Heringen, 1465 Questenberg). 1548 teilte sich das Haus nach der 1539
eingeführten Reformation in eine rheinische, 1631 erloschene Linie und eine
Harzer Linie. Diese zerfiel 1645 in die sich nach dem von ihnen 1429 erlangten
Wernigerode nennende Linie Stolberg-Wernigerode und in die Linie
Stolberg-Stolberg. Von Stolberg-Wernigerode zweigte sich 1677 die 1742 zu Reichsfürsten
erhobene, 1804 erloschene Linie Stolberg-Gedern ab, von Stolberg-Stolberg 1706
Stolberg-Rossla, das 1893 gefürstet wurde. Das Gebiet der etwa 5,5
Quadratmeilen großen Grafschaft S. teilten sich im 18. Jahrhundert die Linien
Stolberg-Stolberg (Stadt und Amt S., Amt Hayn) und Stolberg-Rossla (Ämter
Rossla, Questenberg, Ebersburg, Bärenrode [Berenrode] und Wolfsberg). Die
Grafen von S. (Stolberg-Stolberg) waren im Wetterauer Reichsgrafenkollegium und
im obersächsischen Reichskreis. 1738 mussten sie eine Oberhoheit und
Lehnshoheit Sachsens anerkennen. Nach § 17 des Reichsdeputationshauptschlusses
vom 25. 2. 1803 erhielten sie für die Grafschaft Rochefort und ihre Ansprüche
auf Königstein eine Rente von 30000 Gulden. 1803
wurden die Grafen von S. mediatisiert. Ihre Güter kamen an Sachsen
(Kursachsen), 1807 an das Königreich Westphalen,
(Stolberg-Stolberg) 1815 zu Preußen (Provinz Sachsen) und 1945 (sowie erneut
1990) zu Sachsen-Anhalt.
L.: Wolff 416; Wallner 710 ObersächsRK 17 a, b; Gringmuth-Dallmer, H.,
Magdeburg-Wittenberg, (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) F3, III 38 (1789) D2; Stolberg-Wernigerode,
B. Graf zu, Geschichte des Hauses Stolberg, hg. v. Mülverstedt, G. v., 1883;
Regesta Stolbergica, hg. v. Mülverstedt, G. v., 1885; Katalog der fürstlich
Stolberg-Stolbergischen Leichenpredigtsammlungen, hg. v. Wecken, F., Bd. 1ff.
1927ff.; Grosse, W., Geschichte der Stadt und Grafschaft Wernigerode, 1929;
Oelsner, M. u. a., Wernigerode, 2. A. 1964; Zöllner, W., Stolberg, LexMA 8
1996, 190.
Stolberg-Gedern (Grafen, Fürsten, Reichsfürsten). Gedern
bei Büdingen kam 780 an Lorsch. Die Burg Gedern wurde von den von den Herren
von Büdingen abstammenden Herren von Ortenberg errichtet. Ihre Güter fielen an
die Herren von Breuberg, die 1316 dem Erzstift Trier die Hälfte Gederns zu
Lehen auftrugen, 1323 an die Trimberg, 1376 an die Eppstein-Königstein und 1535 an Stolberg. Seit 1677 war Gedern
Sitz der 1742 gefürsteten Linie S., die 1804 von Stolberg-Wernigerode beerbt
wurde. 1806 kam Gedern zu Hessen-Darmstadt und von dort zu Isenburg, 1816
wieder zu Hessen-Darmstadt und damit 1945 an Hessen. S. Stolberg.
L.: Zeumer 553 II b 60, 11; Thomée, H., Chronik der Stadt Gedern, 1956.
Stormarn (Landschaft, Sturmariun). S. in
Nordalbingien war das Gebiet der zu den Sachsen zählenden Sturmarii zwischen
Holstein im Westen und Wenden im Osten. Im Mittelalter gehörte das hinter
Holstein zurücktretende S. teils den Grafen von Schauenburg (Schaumburg) teils
der Plöner Herzogslinie, im 16. und 17. Jahrhundert teils zum königlichen Anteil, teils zum Gottorper (Gottorfer)
Anteil Schleswig-Holsteins. 1864/1866 kam es an Preußen und 1946 an
Schleswig-Holstein.
L.: Wülfingen, C. Bock v./Frahm, W., Stormarn, 1938; Nordstormarnsches Heimatbuch,
1952; Sahrhage, H., Südstormarn, 1960; Polenz, P. v., Landschafts- und
Bezirksnamen, 1961, III, 18f., 24, 26, 306, s. Sturmariun (Stormere); Carsten,
R., Das alte Stormerland. Kultur- und Siedlungsgeschichte, 1979; Wulf, M.,
Heimatkundliche Aufsätze, 1987; Hoffmann, E., Stormarn, LexMA 8 1996, 194;
Bock. G., Studien zur Geschichte Stormarns im Mittelalter, 1996.
Straßburg (freie Reichsstadt). Die Römer
errichteten um 16 n. Chr. an der Mündung der Ill in den Rhein das 74 n. Chr.
erstmals auf einem Meilenstein genannte Lager Argentorate, aus dem sich ein
bedeutender Handelsort entwickelte. Im 4. Jahrhundert kam er an die Alemannen
und wurde mit diesen 496/506 dem fränkischen Reich einverleibt. Seit Ende des
6. Jahrhunderts erscheint der Name Strateburgum, Stratisburgo. 843 kam der Ort,
an dem 842 die Könige Ludwig der Deutsche und
Karl der Kahle die Straßburger Eide geschworen hatten, zu Lotharingien, 870 zu
Ostfranken und entwickelte sich zu einem wichtigen Handelsplatz, über den der
Bischof 974/982 die Herrschaft gewann. Um 1150 wurde das Stadtrecht
aufgezeichnet. 1262 konnte sich die Stadt gewaltsam von der Herrschaft der
Bischöfe befreien und wurde Reichsstadt (1358 freie Stadt). Sie zählte etwa
10000 Einwohner und gewann allmählich ein ansehnliches Herrschaftsgebiet. 1332
erlangten die Zünfte die Teilnahme an der Stadtherrschaft. 1350 schloss sich S.
dem elsässischen Zehnstädtebund an. Bis zur zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts
stieg die Zahl der Einwohner auf 25000-30000. 1529/1531 nahm die Stadt die
Reformation an. 1621 wandelte sie das 1538 gegründete Gymnasium zur Universität
um. 1681 wurde S. von Frankreich besetzt und in Form einer Realunion
eingegliedert, seit 1780 zunehmend französisiert. Die Universität, an der
Goethe studiert hatte, wurde 1793 aufgelöst. .Am Ende des 18. Jahrhunderts
gehörten der Stadt das Amt Illkirch (Illkirch-Grafenstaden[,
Illkirch-Grafenstadten], Illwickersheim, Niederhausbergen, Schiltigheim und
Ittenheim), das Dorf Eckbolsheim des Stiftes Sankt Thomas und die Herrschaften
Barr, Marlenheim und Wasselnheim. Von 1871 bis 1918 war sie Hauptstadt des
deutschen Reichslandes Elsass-Lothringen (mit 1905 nur noch 3 %
französischsprachigen Bürgern), von 1940 bis 1944 deutsch besetzt (Universität
eröffnet).
L.: Wolff 295; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) D4, II 78 (1450) F4,
III 22 (1648) C4; Die Territorien des Reichs 5, 72; Urkunden und Akten der
Stadt Straßburg, bearb. v. Wiegand, M. u. a., Bd. 1-14 1879ff.; Seyboth, A.,
Das alte Straßburg vom 13. Jahrhundert bis zum Jahre 1870, 1890; Borries, E.
v., Geschichte der Stadt Straßburg, 1909; Polaczek, E., Straßburg, 1926;
Crämer, U., Die Verfassung und Verwaltung Straßburgs 1521-1681, 1931; Hölzle,
E., Der deutsche Südwesten am Ende des alten Reiches, 1938; Alexander,
A./Wentzcke, P., Straßburg. Bibliographie, Dt. Archiv für Landes- und
Volksforschung 7 (1944); Streitberger, I., Der königliche
Prätor von Straßburg, 1685 bis 1789, 1961; Dollinger, P., Strasbourg. Du passé
au présent, 1962; Wunder, G., Das Straßburger Gebiet, 1965 (Diss. jur. Münster
1965); Wunder, G., Das Straßburger Landgebiet, Territorialgeschichte der
einzelnen Teile des städtischen Herrschaftsbereiches vom 13. bis 18.
Jahrhundert, 1967 (Diss. phil. Straßburg 1967); Moreau, J., Dictionnaire de
géographie historique, 1972, 261; Hertner, P., Stadtwirtschaft zwischen Reich
und Frankreich. Wirtschaft und Gesellschaft Straßburgs 1650-1714, 1973;
Histoire de Strasbourg, hg. v. Livet, G. u. a., 1980ff.; Forstmann, W./Haug,
E./Pfaehler, D./Thiel, G., Der Fall der Reichsstadt Straßburg und seine Folgen.
Zur Stellung des 30. September 1681 in der Geschichte, 1981;
Stadtsprachenforschung unter besonderer Berücksichtigung der Verhältnisse der
Stadt Straßburg im Spätmittelalter und der frühen Neuzeit, hg. v. Bauer, G.,
1988; Histoire de Strasbourg, hg. v. Livet, G. u. a., 1988; Strasbourg,
Schoepflin et l’Europa, hg. v. Vogler, B. u. a., 1996; Rapp, F., Straßburg,
LexMA 8 1996, 213ff.; Cornelissen, C. u. a., Grenzstadt Straßburg, 1997; Bauer,
T., Lotharingien als historischer Raum, 1997; Escher, M. u. a., Die urbanen
Zentren, 2005, 2, 595; Lutterbeck, K., Politische Ideengeschichte als
Geschichte administrativer Praxis, 2011.
Straubing (Burg, Dorf, Stadt, Herrschaft, Residenz
des Herzogs von Bayern). Auf älterem Siedlungsland am römischen Limes wurde im
früheren keltorömischen Sorviodurum vermutlich um 550 eine neue Siedlung der
Bayern errichtet, die über den Herzog von Bayern 788 an den König der Franken fiel. 1029 kam der Königshof von Bischof Bruno von Augsburg an das
Hochstift Augsburg. Dessenungeachtet erhob der Herzog von Bayern 1218 den Ort
zur Stadt. 1353 wurde diese Sitz des Herzogtums Straubing-Holland (bis
1425/1429, tatsächlicher Sitz in S. nur von 1353 bis 1358 und von 1387/1389 bis
1397). Danach kam S. an Bayern-München, in dem Herzog Ernst 1435 die dem
jüngeren Herzog Albrecht heimlich angetraute Augsburger Baderstochter Agnes
Bernauer ertränken ließ. 1535 löste S. die letzten grundherrschaftlichen Rechte
Augsburgs ab. S. Bayern-Straubing.
L.: Wolff 137; Urkundenbuch der Stadt Straubing, hg. v. Solleder, F., 1911ff.;
Keim, J., Heimatkundliche Geschichte von Straubing, 1958; Walke, N., Das
römische Donaukastell Straubing, Sorviodurum, 1965; Straubing. Das neue und
alte Gesicht einer Stadt im altbayerischen Kernland, hg. v. Bosl, K., 1968;
Straubing. Landgericht, Rentkastenamt und Stadt, bearb. v. Fraundorfer, W.,
1974; Störmer, W., Straubing, LexMA 8 1996, 230; Forster, M., Die
Gerichtsverfassung und Zivilgerichtsbarkeit in Straubing, Diss. jur. Regensburg
1999; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini,
W., 2003, 1, 2, 566.
Südtirol (Gebiet, Landschaft). Seit dem 6.
Jahrhundert wurde das südlich an den Brennerpass angrenzende Gebiet durch
Bayern besiedelt. Seit dem 12. Jahrhundert setzten sich hier die Grafen von
Tirol durch. Die Sprachgrenze festigte sich bei Salurn (Salurner Klause). Ab
1866 verlangten italienische Politiker (Irredentisten, zu [1877] Italia
irredenta, unerlöstes Italien) die Angliederung des Gebiets (von Dalmatien,
Görz, Istrien, Triest, Tessin, Nizza, Malta, Korsika sowie) um Trient an das
neue, 1861 entstandene Königreich Italien,
teilweise auch die Ausdehnung bis zum Brenner. 1910 lebten in S. knapp 7000
Italiener (3 % der Bevölkerung). 1919 wurde im Frieden von St. Germain in
Erfüllung eines Italien 1915 für seinen Kriegseintritt gegebenen Versprechens
sowohl das italienischsprachige Trentino als auch entgegen dem Grundsatz der
Selbstbestimmung das deutschsprachige S. auf der südlichen Seite des Brenners Italien
angeschlossen, als Provinz Trentino-Alto Adige organisiert und seit 1922
intensiv italienisiert (Ettore Tolomei), was von Adolf Hitler seit 1923 als
Preis für die Unterstützung seiner Bewegung durch den italienischen Faschismus
anerkannt wurde. Am 21. 10. 1939 wurde zwischen Hitler und Mussolini ein
umfassender Umsiedlungsplan vereinbart. Daraufhin entschieden sich etwa 86% der
deutschen und ladinischen Bewohner für eine Umsiedlung ins Deutsche Reich
(Option, wahrgenommen von 74500 Südtirolern), doch verhinderte der Krieg eine
(vollständige) Verwirklichung dieses Planes. 1943 wurde S. (nach dem Wechsel
Italiens auf die Seite der Alliierten) der deutschen Verwaltung unterstellt.
Nach 1945 beanspruchte Österreich vergeblich das Gebiet, dessen Teilautonomie
innerhalb Italiens in ihrem Umfang streitig ist. Durch die Erstreckung des
vereinbarten Autonomiestatuts über die Region Bozen hinaus auf die gesamte
Region Trentino-Alto Adige erreichte Italien, dass die in S. überwiegende
deutschsprachige Bevölkerung (1910 97 %, 1939 76 %, 1961 66%, 1981 71%) im
Autonomiegebiet nur eine durch besondere geldliche Förderung zunehmend in
Italien eingefügte Minderheit bildet. S. Tirol.
L.: Ritschel, H., Diplomatie um Südtirol, 1962; Handbuch der Südtiroler
Ortsnamen, 1966; Steurer, L., Südtirol zwischen Rom und Berlin 1919-39, Diss.
phil. Wien 1975; Schober, R., Die Tiroler Frage auf der Friedenskonferenz von
Saint Germain, Innsbruck 1982; Mittermaier, K., Südtirol, 1986; Riedmann, J.,
Geschichte Tirols, 3. A. 2001; Ermacora, F., SüdtiroL.: Die verhinderte
Selbstbestimmung, 1991; Südtirol von A-Z, 1996; Steininger, R., Südtirol im 20.
Jahrhundert, 1997; Egen, A. v., Die Südtirol-Frage, 1997; Grigolli, S.,
Sprachliche Minderheiten, 1997; Steininger, R., Südtirol im 20. Jahrhundert,
Dokumente, 1999; Steininger, R., Südtirol 1918-1999, 1999; Steininger, R.,
Südtirol, 2000; Südtirol Chronik, koord. v. Thaler, B., 2000; Lill, R.,
Südtirol in der Zeit des Nationalismus, 2002; Durnwalder, M., Die Reform des
Südtiroler Autonomiestatuts, 2005; Lechner, S., Die Eroberung der
Fremdstämmigen, 2005; Zeindl, G., Meran im Mittelalter, 2009; Fontana, J.,
Unbehagen - Südtirol unter der Militärverwaltung 4. 11. 1918-31. 7. 1919, 2009.
Sulzbach (Grafen, Grafschaft). Zu Anfang des 11.
Jahrhunderts entstand auf einem felsigen Kalkberg die Burg S., nach der sich
seit 1071 Grafen von S. nannten, die von dem Babenberger Herzog Ernst I. von
Schwaben († 1015) und der Konradinerin Gisela abstammen und deren Stammvater
Berengar 1003 Graf im Nordgau war. Neben Eigen hatten sie Lehen Bambergs im
westlichen Nordgau und in Österreich sowie die Vogtei über das Hochstift
Bamberg. 1057 gewannen sie weitere Güter aus dem Erbe der ausgestorbenen Grafen
von Schweinfurt. 1071 wurden sie erstmals als Grafen genannt. 1188 erlosch das
Geschlecht. Seine Güter fielen an die Staufer und verwandte bayerische
Adelsgeschlechter, vor allem die Grafen von Hirschberg. Die Grafschaft S. kam
1269 teilweise, nach dem Aussterben der Grafen von Hirschberg 1305 vollständig
an die wittelsbachischen Herzöge von Bayern, 1329 an deren pfälzische Linie.
Von 1349/1353 bis 1373 war S. unter Karl IV. Hauptort der luxemburgischen Güter
der Krone Böhmens in der Oberpfalz (Neuböhmen), kam dann aber wieder an Bayern
zurück. 1505 wurde es nach dem Landshuter Erbfolgekrieg Teil Pfalz-Neuburgs,
von 1610/1616/1656 bis 1742 Sitz des Fürstentums Pfalz-Sulzbach. Danach fiel
das zum bayerischen Reichskreis zählende) S. infolge (der Beerbung der Pfalz
bzw. Pfalz-Neuburgs durch Pfalz-Sulzbach 1742 und) der Beerbung Bayerns durch
die Pfalz 1777 (Pfalz-Sulzbach) wieder mit Bayern zusammen. S. Pfalz-Sulzbach.
L.: Wolff 141; Wallner 712 BayRK 5; Gack, G., Geschichte des Herzogthums
Sulzbach, Neudruck 1988; Pfeiffer, R./Wiedemann, H., Sulzbach in der deutschen
Geschichte, 1965; Piendl, M., Herzogtum Sulzbach, Landrichteramt Sulzbach,
Oberpfälzer Heimat 14 (1970); Sturm, H., Das wittelsbachische Herzogtum
Sulzbach, 1980; Schmid, A., Sulzbach, LexMA 8 1996, 304; Dendorfer, J., Adelige
Gruppenbildung und Königsherrschaft, 2004;
Hochmittelalterliche Adelsfamilien in Altbayern, Franken und Schwaben, hg. v.
Kramer, F. u. a., 2005.
Sulzbach (Reichsdorf). 1035 gab Kaiser Konrad II.
dem Kloster Limburg an der Haardt (Hardt) bei Dürkheim (Bad Dürkheim) an der
Weinstraße den königlichen Hof zu S. mit Teilen
des Gebiets der später zur Vogtei S. gehörenden Dörfer Altenhain, Neuenhain,
Schneidhain und Soden im Taunus. Die freien Bauern wurden hiervon nicht
betroffen. 1282 stellten sich die freien Bauern von Soden und S. unter den
Schutz der Stadt Frankfurt am Main und verpflichteten sich dafür zur
Heeresfolge. 1450 gerieten Soden und S. auf Grund eines Frankfurter Darlehens
pfandweise ganz unter die Herrschaft Frankfurts. Als das Kloster Limburg 1561
an die Pfalz (Kurpfalz) fiel, musste Frankfurt in eine Teilung der hohen
Obrigkeit einwilligen. 1613 gelang es Soden und S., sich durch Rückzahlung
rechtlich von der Frankfurter Herrschaft zu befreien. 1650 trat die Pfalz die
Vogtei S. an das Erzstift Mainz ab. 1656 einigten sich Frankfurt und das
Erzstift Mainz über die Rechte der gemeinsamen Herrschaft in S. und Soden. 1803
fielen S. und Soden an Nassau-Usingen (Nassau) und damit 1866 an Preußen und
1945 an Hessen.
L.: Hugo 463; Wolff 506; Kaufmann, E., Geschichte und Verfassung der Reichsdörfer
Soden und Sulzbach, 2. A. 1981.
Sulzbürg (Reichsherrschaft). Nach S. bei Neumarkt
in der Oberpfalz nannte sich seit 1217 ein Reichsministerialengeschlecht, das
vielleicht auf den in der Umgebung König Konrads
III. erscheinenden Gottfried von Wettenhofen zurückgeht, sich seit dem Ende des
13. Jahrhunderts nach den von ihnen beerbten, schon um 1120 bezeugten
Edelfreien von Wolfstein nannte und das Kloster Seligenporten gründete.
Niedersulzbürg kam vor 1291 an die verschwägerten Reichsministerialen von Stein
(Hilpoltstein), später an die Gundelfingen und Hohenfels, 1403/1404 zusammen
mit dem 1397 verliehenen Hochgericht an die (S. bzw.) Wolfstein. Obersulzbürg
fiel Ende des 13. Jahrhunderts an die Grafen von Hirschberg, danach an Bayern
und 1330 als Lehen an die Herren von Dürnwang und wurde um 1350 von den
Wolfstein gekauft. Das um 1130 urkundlich fassbare Reichsgut Pyrbaum gelangte
vor 1346 von den verschwägerten Reichsministerialen Rindsmaul an die von
Wolfstein. 1353 wurde die Reichsunmittelbarkeit des um S. und Pyrbaum liegenden
Gebiets ausdrücklich anerkannt. 1354 wurden die Wolfstein vom kaiserlichen
Landgericht befreit. 1496 nahmen sie Niedersulzbürg zu Lehen. 1523 wurden sie
in den Reichsfreiherrenstand, 1673 in den Reichsgrafenstand erhoben. S., das
aus dem Bergschloss und Markt Obersulzbürg und einer Anzahl Dörfer bestand, und
Pyrbaum mit Schloss und Markt Pyrbaum bildeten zunächst eine einzige
Herrschaft, doch wurde seit 1480 Pyrbaum in den kaiserlichen Lehnsbriefen als
einzelne Herrschaft angesehen. 1561 wurde die Reformation eingeführt. 1740
kamen die zum bayerischen Reichskreis zählenden Herrschaften nach Aussterben
der Wolfstein, die seit 1668 Mitglieder des fränkischen Reichsgrafenkollegiums
waren, auf Grund einer Lehnsanwartschaft von 1562 an Bayern. Nach dem Tod
Herzog Maximilians III. Josef, der 1769 auch die Allode der Wolfstein erlangt
hatte, fielen S. und Pyrbaum mit 2 Quadratmeilen an das Reich, das sie 1779 der
Regierung Bayerns unterstellte. S. Wolfstein zu S.
L.: Wolff 150; Wallner 712 BayRK 15; Böhm, J., Die ehemalige Wolfsteinische
Reichsgrafschaft Sulzbürg-Pyrbaum, (in) Das Bayerland 8 (1897), 280; Wappler,
K., Das Sulzbürger Landl, 1957; Heinloth, B., Neumarkt, 1967, (in) Historischer
Atlas von Bayern, Teil Altbayern.
Sundergau (Gau zwischen Inn und Isar, Sundergeuue,
Sundergouue, Sundargouwe)
L.: Curs, O., Deutschlands Gaue im zehnten Jahrhundert, 1908, 21 (Oberhaching,
Unterhaching, Huppenberg, Hechenberg, Königsdorf,
Karpfsee, Weidfilz bzw. Weidfitze, Wolfratshausen, Vogtareuth, Neuching,
Tegernsee); Polenz, P. v., Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, II, 36, 37,
Sundargouwe.
Sylt (Harde, Landschaft). Die Insel S. wurde
im Frühmittelalter von Nordfriesen besiedelt. Sie bildete eine der 13 Harden
der nordfriesischen Uthlande. Seit dem 13. Jahrhundert stand der Norden der
Insel (Listland) unter der Herrschaft des Stifts Ripen. Von 1386 teilten sich
der König von Dänemark und der Herzog von
Schleswig den Besitz der Insel. 1435 kam S. zum Herzogtum Schleswig, doch blieb
List bis 1864 bei Dänemark. Innerhalb Schleswig-Holsteins hatte S. weitgehende
Selbstverwaltung. Mit Schleswig-Holstein gelangte es 1866 zu Preußen und damit
1946 zu Schleswig-Holstein.
L.: Sylt. Geschichte und Gestalt einer Insel, hg. v. Hansen, M./Hansen, N.,
1967.
Tangermünde (in Sachsen-Anhalt) (königliche Residenz, kurfürstliche Residenz des
Markgrafen von Brandenburg)
L.: Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003,
1, 2, 573, 575; Tangermünde, die Altmark und das Reichsrecht, hg. v. Lück, H.,
2006.
Teck (Herzöge). Die Burg T. in der
Schwäbischen Alb ist erstmals 1152 bezeugt. Sie war Sitz einer vor 1187 entstandenen
Nebenlinie der Herzöge von Zähringen, die sich seit (etwa 1186 bzw.) 1187
Herzöge von T. nannte, sich 1218 beim Aussterben der Herzöge von Zähringen mit
einer Geldabfindung zufriedengab und sich am Ende des 13. Jahrhunderts in die
Linien Oberndorf mit Gütern im Neckargau und Owen mit Gütern um T. teilte.
Schon früh musste die Vogtei über das Reichsgut Rottweil an den König zurückgegeben werden. 1303 verkaufte die Linie
Oberndorf ihre Hälfte der Herrschaft an Habsburg bzw. Österreich. Im Wettstreit
mit Habsburg kauften die Grafen von Württemberg 1317 die Herrschaft Rosenfeld
von der Linie Oberndorf, die 1363 verarmt ausstarb, und gewannen von 1319 bis
1323 pfandweise und 1381/1386 endgültig das Gebiet um T. (T., Kirchheim,
Verkauf der Hälfte der Herrschaft T. durch die jüngere Linie 1381/1385). Die
Linie Owen erwarb 1365 die Herrschaft Mindelheim und veräußerte 1374 die 1363
ererbte Herrschaft Oberndorf an die Grafen von Hohenberg. Mit Ludwig von T.,
Patriarch von Aquileja, starb das Geschlecht 1439 aus. 1495 verlieh König Maximilian I. wegen der von den T. stammenden
Güter den Grafen von Württemberg den Titel Herzog von T. Das Herzogtum
Württemberg und T. gehörte am Ende des 18. Jahrhunderts zum schwäbischen
Reichskreis. Der Sohn Alexanders von Württemberg, Graf Franz von Hohenstein
(1837-1900) erhielt 1863 den Titel Fürst von T., 1871 Herzog von T.
L.: Wolff 159; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) E4; Die schwäbische
Alb, hg. v. Wagner, G., 1958; Gründer, I., Studien zur Geschichte der Herrschaft
Teck, 1963; Wolf, A., König für einen Tag, 2. A.
1995; Wolf, A., Teck, LexMA 8 1996, 517f.; Schlinker, S., Fürstenamt und
Rezeption, 1999, 40; Götz, R., Die Herzöge von Teck, 2009.
Tegernsee (Reichsabtei). 746 (oder um 760)
gründete das bayerische Adelsgeschlecht der Huosi die Benediktinerabtei T.
(Tegarinseo) am Tegernsee, von der aus das Alpenvorland christianisiert wurde.
788 kam T. an den fränkischen König. Nach dem
Verlust vieler Güter an Herzog und Adel und dem Verfall infolge der Ungarneinfälle
erfolgte unter Kaiser Otto II. 978 eine Neugründung, die sich den Ideen der
Gorzer Reform anschloss und eine eindrucksvolle Blütezeit erlebte (Ruodlieb,
Ende des 11. Jahrhunderts). Unter Heinrich IV. wurde T. Reichsabtei. Im 13./14.
Jahrhundert sank T. zu einem Adelskloster herab.Im 15. Jahrhundert ging die
Reichsunmittelbarkeit durch Verzicht zugunsten Bayerns verloren. 1803 wurde T.
säkularisiert und die Bibliothek nach München gebracht.
L.: Geiger, S., Tegernsee, ein Kulturbild, 1936; Hartig, M., Die
Benediktinerabtei Tegernsee 746-1803, 1946; Die Traditionen des Klosters
Tegernsee 1003-1242, hg. v. Acht, P., 1952; Ruppert, K., Das Tegernseer Tal,
1962; Angerer, J., Die Bräuche der Abtei Tegernsee, 1968; Flohrschütz, G., Die
Dienstmannen des Klosters Tegernsee, Oberbayerisches Archiv 112 (1988);
Störmer, W., Tegernsee, LexMA 8 1996, 524; Die Tegernseer Briefsammlung des 12.
Jahrhunderts, hg. v. Plechl, H., 2002; Buttinger, S., Das Kloster Tegernsee und
sein Beziehungsgefüge im 12. Jahrhundert, 2004.
Templerorden (Orden). Um 1120 gründete der aus der
Champagne stammende Ritter Hugo von Payens (bzw. Payns) zum Schutz der nach dem
ersten Kreuzzug zuströmenden Pilger in Jerusalem nahe dem ehemaligen Tempel
Salomons den T. als ersten geistlichen Ritterorden. Dieser zog sich 1291 nach
Zypern und 1306 nach Frankreich zurück, hatte aber schon früher auch
bedeutenden Anteil an der deutschen Ostsiedlung vor allem in der Neumark (1232
Küstrin). Am 13. 10. 1307 beschlagnahmte der König
von Frankreich alle Güter des Ordens und ließ alle Tempelritter verhaften. Am
3. 4. 1312 hob das Konzil von Vienne den T. auf. Seine Güter in Deutschland
fielen an den Deutschen Orden und den Johanniterorden.
L.: Campbell, G. A., Die Templerritter, 1938; Melville, M., La vie des Templiers,
8. A. 1951; Neu, H., Bibliographie des Templerordens 1927-1965, 1965; Prutz,
H., Entwicklung und Untergang des Templerordens, 1972; Demurger, A., Vie et
mort de l’ordre du Temple, 1985; Demurger, A., Die Templer. Aufstieg und
Untergang 1118 bis 1314, 1991; Barber, M., The New Knighthood, 1994; Demurger,
A., Templer, LexMA 8 1996, 534ff.
Teupitz (Herrschaft). T. bei Potsdam war
Mittelpunkt der kleinen, bei der ersten Erwähnung 1307 den von Plötzke (bzw.
Plotzick?) in der Lausitz gehörigen, etwa 20 Ortschaften umfassenden Herrschaft
T. Sie unterstand seit 1350 innerhalb Meißens den Schenken von Landsberg. 1432
erkannten diese die Lehnshoheit Brandenburgs an, doch blieb T. im Verband der
Lausitz ein Lehen Böhmens bis 1742. Kurz vor dem Aussterben verkauften die
Schenken das Gebiet an Preußen. Mit Brandenburg kam T. von 1949 bis 1990 zur
Deutschen Demokratischen Republik. S. Königswusterhausen.
L.: Wolff 388; Hoffmann, F., Geschichte von Schloss und Stadt Teupitz, 1902;
Biedermann, R., Geschichte der Herrschaft Teupitz und ihres
Herrschaftsgeschlechts der Schenken von Landsberg, (in) Der deutsche Herold 64
(1933), 65 (1934).
Thorn (Abtei, Frauenstift). 902 (bzw. bor 992)
gründete die Gräfin Hilswind von Stryen bzw. Strien auf ihrem von König Zwentibold gegebenen Eigengut in T. (in der
Diözese Lüttich) an der Maas ein Stift. 1292 bestätigte König Adolf von Nassau die Freiheit dieses Stifts. 1494 nahm es König Maximilian in seinen Schutz. 1521 wurde T. als
reichsunmittelbares Stift in die Reichsmatrikel aufgenommen, doch übernahmen
seit 1602 die Grafen von Lippe die Matrikularbeiträge. Seit 1665 versuchten die
spanischen Niederlande, die Reichsfreiheit einzuschränken. 1792 gehörte das
etwa 1,5 Quadratmeilen große, rund 3400 Einwohner zählende Stift zu den rheinischen
Prälaten der geistlichen Bank des Reichsfürstenrats des Reichstags. Am Ende des
18. Jahrhunderts war es dem niederrheinisch-westfälischen Reichskreis
zugeordnet, zählte nach der Reichsmatrikel von 1776 mit Echternach zu den
ungangbaren Posten und wurde mit 1 zu Pferd bzw. 12 Gulden in Anschlag
gebracht. Die beiden letzten Äbtissinnen waren zugleich Äbtissinnen von Essen
und führten den Fürstentitel. Im Gefolge der Revolution in Frankreich wurde das
Stift aufgehoben.
L.: Gumpelzhaimer 150; Wolff 335; Zeumer 553 II a 37, 19; Wallner 704 WestfälRK
40; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 2, 608.
Thüringen (Landgrafschaft, Land, Freistaat). Das
Gebiet zwischen Harz, Thüringer Wald, (Unstrut,) Werra und Saale wurde in der
Nachfolge anderer germanischer Völkerschaften im 5. Jahrhundert n. Chr. von den
vielleicht im Namen an die Hermunduren anknüpfenden Thüringern eingenommen, die
erstmals im letzten Drittel des 4. Jahrhunderts (um 400 bei Vegetius) als (von
Grahn-Hoek auf die gotischen Terwinger zurückgeführte) Toringi erscheinen. Ihr
sich noch darüberhinaus erstreckendes Reich zwischen Donau, Main, Werra und
Elbe wurde 531/533/534 von den Franken und Sachsen vernichtet und seine
Angehörigen unter fränkische Herrschaft gebracht (634-717/719 Herzogtum) und
christianisiert. Die Klöster Fulda und Hersfeld sowie das Erzstift Mainz
(Erfurt) erwarben umfangreiche Güter. Mit dem Übergang des deutschen Königtums auf die sächsischen Liudolfinger und der
Bildung weiter östlich liegender Marken wurde T. vom Grenzland zu einem
Kerngebiet des Reiches mit Pfalzen in Nordhausen, Merseburg, Arnstadt, Ohrdruf,
Wechmar, Heiligenstadt, Mühlhausen?, Gebesee, Saalfeld, Dornburg, Kirchberg
(bei Jena), Erfurt, Tilleda, Wallhausen und Allstedt. Unter den gräflichen Geschlechtern
gewannen die aus einer Seitenlinie der Grafen von Rieneck in Mainfranken
stammenden, auf der 1044 erbauten Schauenburg bei Friedrichroda ansässigen, am
Pass der Hohen Sonne des Thüringerwaldes sowie um Sangerhausen begüterten
Ludowinger (1039 Ludwig der Bärtige) die Vorherrschaft und wurden von König Lothar III. um 1130 (1130/1131) mit dem Titel
Landgrafen ausgezeichnet. 1122/1137 erlangten sie aus der Heirat mit der
Erbtochter (Hedwig) der Gisonen (Grafen von Gudensberg) Güter in Hessen um
Marburg und Gudensberg südwestlich von Kassel. 1180 erwarben sie beim Sturz
Heinrichs des Löwen zu ihren thüringischen und hessischen Gütern die
Pfalzgrafschaft Sachsen (Hosgau bzw. Hassegau) als Reichslehen und Güter an der
Werra, oberen Weser und Leine (bis 1247). Sie erbauten schon vor 1080 auf
fuldisch-hersfeldischem Gut die Wartburg, später die Neuenburg (Neuburg) an der
unteren Unstrut, die Runneburg (Weißensee) und die Marburg an der Lahn, doch
gelang ihnen die Zusammenfassung ihrer Güter nicht. 1247 starben sie mit
Heinrich Raspe im Mannesstamm aus. T. fiel (endgültig 1263/1264) über eine
Schwester Heinrich Raspes auf Grund einer Eventualbelehnung von 1243 an die in
weiblicher Linie mit den Ludowingern verwandten wettinischen Markgrafen von
Meißen, Hessen über eine Erbtochter (Sophie) an die Grafen von Brabant
(Landgrafen von Hessen), womit einerseits die Trennung von Thüringen und Hessen
und andererseits die Aufgabe der selbständigen Einheit T. eingeleitet wurde.
1265 überließ der Wettiner Heinrich der Erlauchte T. an seinen Sohn Albrecht
den Entarteten. 1293/1294 verkaufte Markgraf Albrecht der Entartete von Meißen
T. an König Adolf von Nassau, doch konnten die
Markgrafen von Meißen 1307 in der Schlacht bei Lucka die Mark Meißen und T.
zurückgewinnen. Seitdem erweiterten sie ihre Herrschaft in T. zu Lasten der
Grafen und des Reichs (Vogtei über die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen,
Erwerb der Herrschaft Coburg 1347/1353 sowie von fünf hennebergischen Ämtern
mit Hildburghausen 1374 und des Pleißenlandes mit Altenburg 1310/1372/1373),
doch blieben die Herrschaftsgebiete von Schwarzburg, Henneberg, Gleichen und
Reuß (Vögte von Weida, Gera und Plauen), Erfurt, Mühlhausen und Nordhausen
sowie die Güter des Deutschen Ordens bestehen. Dementsprechend hatten die
Markgrafen von Meißen, die von 1379 bis 1440 einen eigenen
landgräflich-thüringischen Zweig abteilten, im Norden einen langen Streifen von
der Elster über Weißenfels und Freyburg bis Langensalza, weiter ein Gebiet um
Eisenach, Salzungen, Gotha und Zella-Mehlis und schließlich fast den gesamten
Süden des Landes. 1423 gewann die Meißener Linie der Wettiner das Herzogtum
Sachsen-Wittenberg und die damit verbundene Kurfürstenwürde. Seitdem nannten
sich alle Wettiner Herzöge (von Sachsen), wie dies auch Herzog Wilhelm tat,
unter dem T. nochmals von 1445 bis 1482 eigenständig wurde. 1485 teilte das
Haus Wettin in die Kurlinie der Ernestiner, die das südliche Gebiet zwischen
Eisenach, Sonnewalde, Zwickau, Coburg und Wittenberg bzw. Buttstädt erhielt,
und die Linie der Albertiner, an die das nördliche Gebiet von Groitzsch bis
Treffurt (Weißensee, Freyburg, Sangerhausen, Langensalza, Tennstedt,
Thamsbrück, Laucha, Nebra) fiel. 1547 verlor die ernestinische Linie die
Kurwürde an die albertinische Linie und wurde auf das inzwischen zur
Reformation übergetretene Gebiet von T. beschränkt, für das sie 1548 die
Universität Jena gründete. Seit 1572 wurde T. bzw. Sachsen immer weiter
aufgeteilt und zersplitterte allmählich vollständig. Nach dem Aussterben der
verschuldeten Grafen von Henneberg verwalteten die Albertiner und Ernestiner
deren Gebiete zunächst gemeinsam, teilten sie aber 1660 auf. Von 1657 bis 1746
bildete der sog. Thüringer Kreis um Weißenfels den Hauptbestandteil von
Sachsen-Weißenfels, von 1657 bis 1718 das 1564 gewonnene Hochstift Naumburg mit
den ehemals hennebergischen Gütern (Schleusingen, Suhl) den Hauptbestandteil
von Sachsen-Zeitz. Am Ende des 17. Jahrhunderts bestanden im Rahmen des
obersächsischen Reichskreises zehn Linien der Ernestiner, neun der Reuß und
drei der Schwarzburg in T. Außerdem hatte das Erzstift Mainz die Herrschaft
über Erfurt und einen Teil des Eichsfeldes gewonnen und war Brandenburg mit dem
Saalkreis nach T. vorgedrungen. 1803 fielen Erfurt, das Eichsfeld, Nordhausen
und Mühlhausen, 1806 die albertinischen Teile an Preußen. 1807 verlor Preußen
alle linkselbischen Gebiete. Von 1807 bis 1813 gehörten Mühlhausen, Nordhausen
und das Eichsfeld zum Königreich Westphalen,
Erfurt mit seinem Gebiet zu Frankreich. 1815 erlangte Preußen die verlorenen
Gebiete zurück und gewann die albertinischen Teile Thüringens, die es 1816 auf
die Bezirke der Regierung in Thüringen zu Erfurt (Weißensee, Langensalza,
Tennstedt) und der Regierung des Herzogtums Sachsen zu Merseburg (Weißenfels,
Freyburg, Eckartsberga, Heldrungen, Sachsenburg, Sittichenbach, Wendelstein,
Sangerhausen) aufteilte (1. 4. 1816 preußische Provinz Sachsen mit Herzogtum
Magdeburg, Altmark, Fürstentum Halberstadt, Wernigerode, Hohnstein, Mansfeld,
Nordhausen, Mühlhausen, Eichsfeld, Erfurt, Wittenberg, Torgau, Merseburg,
Naumburg-Zeitz, Stolberg, Querfurt, Barby, Ziegenrück, Schleusingen, Heringen,
Kelbra, Hauptstadt Magdeburg, Sitz der Provinzialselbstverwaltung in Merseburg,
Gliederung in die Regierungsbezirke Magdeburg, Merseburg und Erfurt). Insgesamt
bestanden 1815 im thüringischen Raum neben umfangreichen Gütern Preußens und
Exklaven und Enklaven die zwölf kleinen Staaten Sachsen-Weimar-Eisenach,
Sachsen-Gotha-Altenburg, Sachsen-Meiningen, Sachsen-Hildburghausen,
Sachsen-Coburg-Saalfeld, Schwarzburg-Rudolstadt, Schwarzburg-Sondershausen,
Reuß ältere Linie, Reuß jüngere Linie zu Gera (Reuß-Gera), Ebersdorf
(Reuß-Ebersdorf), Schleiz (Reuß-Schleiz) und Lobenstein (Reuß-Lobenstein). Am
13. 11. 1826 erfolgte, nachdem Sachsen-Weimar-Eisenach bereits 1815 zum
Großherzogtum erhoben worden war (seit 1877 Großherzogtum Sachsen), durch
Schiedsspruch König Friedrich Augusts I. von
Sachsen die Neugliederung in die sächsischen Herzogtümer Sachsen-Meiningen,
Sachsen-Altenburg sowie Sachsen-Coburg und Gotha. Nach Abdankung der Fürsten im
November 1918 entstanden acht Freistaaten (vier der Ernestiner, zwei der
Schwarzburg, zwei der Reuß). Sie schlossen sich mit Ausnahme Coburgs, das zu
Bayern kam, am 30. 4./1. 5. 1920 entgegen den Wünschen Preußens zum Land T. mit
der Hauptstadt Weimar zusammen, das sich am 11. 2. 1921 eine Verfassung gab.
Der Name T. begann nunmehr über das ursprüngliche Gebiet zwischen Werra, Saale,
Harz und Thüringer Wald hinaus Gebiete östlich der Saale und südlich des
Thüringer Waldes zu umfassen (Herrschaftsgebiete der ernestinischen Wettiner).
1933 wurde die Landesregierung einem Reichsstatthalter unterstellt. Am 1. 7.
1944 wurde der bisher zur Provinz Hessen-Nassau (Preußens) gehörige Kreis
Schmalkalden in den Regierungsbezirk Erfurt umgegliedert und der
Reichsstatthalter in Thüringen mit der Wahrnehmung der Aufgaben und Befugnisse
des Oberpräsidenten in der staatlichen Verwaltung des Regierungsbezirks Erfurt
beauftragt. In diesem Umfang fiel T. im April 1945 unter amerikanische, am 1.
7. 1945 unter sowjetische Besatzungsverwaltung. Am 17. 9. 1945 kamen auf Grund
des sog. Wanfrieder Abkommens zur Sicherung von Transporten auf der
Eisenbahnlinie Göttingen-Bebra die hessischen Dörfer Sickenberg, Asbach,
Vatterode, Weidenbach und Hennigerode östlich der Bahnlinie an die sowjetische
Besatzungszone (Thüringen), Werleshausen und Neuseesen westlich der Bahnlinie
samt einem östlich der Bahnlinie verlaufenden Geländestreifen an die
amerikanische Besatzungszone (Hessen). Am 20. 12. 1946 erhielt T. eine
Verfassung. 1948 wurde der Regierungssitz von Weimar nach Erfurt verlegt. Von
1949 bis 1990 war T. Teil der Deutschen Demokratischen Republik. Am 23. 7. 1952
ging es in den Bezirken Erfurt, Gera und Suhl auf (str.), wurde aber am 3. 10.
1990 (mit rund 2700000 Einwohnern) wiederhergestellt (einschließlich der Kreise
Altenburg, Artern und Schmölln). Hauptstadt wurde Erfurt.
L.: Wallner 708 ObersächsRK 2; Großer Historischer Weltatlas II 34 (1138-1254)
G3, II 66 (1378) F3; Eberhardt, H., Thüringen, (in) Geschichte der deutschen
Länder, Bd. 1; Die Territorien des Reichs 4, 8; Thüringische Geschichtsquellen,
Bd. 1ff. 1854ff.; Cassel, P., Thüringische Ortsnamen, 1856 und 1858, Neudruck
1983; Süssmilch-Hörnig, M. v., Historisch-geographischer Atlas von Sachsen und
Thüringen, 1861f.; Werneburg, A., Die Namen der Ortschaften und Wüstungen
Thüringens, 1884, Neudruck 1983; Regesta diplomatica necnon epistolaria
historiae Thuringiae, bearb. v. Dobenecker, O., Bd. 1ff. 1896ff.; Hantzsch, V.,
Die ältesten gedruckten Karten der sächsisch-thüringischen Länder 1550-1593,
1906; Beschorner, H., Oeder und Thüringen, Beitr. Thür.-sächs. Gesch., FS O.
Dobenecker, 1929; Schneider, F./Tille, A., Einführung in die thüringische
Geschichte, 1931; Kaiser, E., Landeskunde von Thüringen, 1933; Pasold, A.,
Geschichte der reußischen Landesteilungen von der Mitte des 16. Jh. bis zur
Einführung der Primogenitur im Jahre 1690, 1934; Mentz, G., Ein Jahrhundert
thüringischer Geschichtsforschung, 1937; Maschke, E., Thüringen in der Reichsgeschichte,
Zs. d. Ver. f. thür. Gesch. u. Altertumskunde 32 (1937); Lauter, K., Die
Entstehung der Exklave Ostheim vor der Rhön, 1941; Lehmann, J., Beiträge zu
einer Geschichte der thüringischen Kartographie bis zur Mitte des 19.
Jahrhunderts, Diss. Greifswald 1932, und Jb. der Kartographie 1941 (1942);
Brather, H., Die ernestinischen Landesteilungen des 16. und 17. Jahrhunderts,
1951; Atlas des Saale- und mittleren Elbegebietes, hg. v. Schlüter, O./August,
O., Teil 1ff. 2. A. 1959ff.; Koerner, F., Die Lage und die Besitzstetigkeit der
Machtkerne in Thüringen während des ausgehenden Mittelalters, 1960; Patze, H.,
Die Entstehung der Landesherrschaft in Thüringen, 1962; Patze, H.,
Bibliographie zur thüringischen Geschichte, Bd. 1f. 1965ff.; Geschichte Thüringens,
hg. v. Patze, H./Schlesinger, W., Bd. 1ff. 1967ff.; Handbuch der historischen
Stätten: Thüringen, hg. v. Patze, H., 1968; Klein, T., Thüringen, 1983;
Geschichte Thüringens. Politische Geschichte der Neuzeit, hg. v. Patze, H.,
1984; Hess, U., Geschichte Thüringens 1866-1914, hg. v. Wahl, V., 1991;
Historische Landeskunde Mitteldeutschlands – Thüringen, hg. v. Heckmann, H., 3.
A. 1991; Bühner, P., Kurzer Abriss über die Geschichte des albertinischen
Thüringen, Mühlhäuser Beiträge 14 (1991), 31; Petersohn, J., De ortu principum
Thuringie, DA 48 (1992), 585; Hessen und Thüringen, 1992; Hess, U., Geschiche
der Behördenorganisation der thüringischen Staaten, 1993; Kleinstaaten und
Kultur in Thüringen, hg. v. John, J., 1994; Werner, M., Thüringen, LexMA 8 1996,
747ff.; Schildt, B., Bauer – Gemeinde – Nachbarschaft, 1996; Assing, H.,
Brandenburg, Anhalt und Thüringen im Mittelalter, 1997, Thüringen-Handbuch, hg.
v. Post, B. u. a., 1999; Grahn-Hoek, H., Stamm und Reich der frühen Thüringer,
Zs. d. Ver. f. thür. Geschichte 56 (2002), 7; Müller, C., Landgräfliche Städte
in Thüringen, 2003; Wittmann, H., Im Schatten der Landgrafen, 2005; Hoffmann,
R., Die Domänenfrage in Thüringen, 2006; Landstände in Thüringen, hg, v.
Thüringer Landtag, 2008; Wittmann, H., Im Schatten der Landgrafen, 2008 (Herren
von Heldrungen, Grafen von Buch, Grafen von Wartburg-Brandenburg)Fleischhauer,
M., Der NS-Gau Thüringen 1939-1945, 2009; .Zusammenschlüsse und Neubildungen
deutscher Länder im 19. und 20. Jahrhundert, hg. v. Kretzschmar, R. u. a.,
2013, 125ff.
Thurn und Taxis (Fürsten), Tour et Tassis. Die
ursprünglich aus der Lombardei stammende, de la Torre benannte, dann nach der
Vertreibung aus Mailand durch die Visconti am Berg Tasso (Taxis) bei Bergamo
angesiedelte Adelsfamilie Taxis (1251 Omodeo de Tassis aus Cornello bei
Bergamo), die 1489/1490 mit der Errichtung einer Botenlinie von Innsbruck nach
Brüssel beauftragt worden war, aus der Franz von Taxis 1500 maitre der Posten
Erzherzogs Philipps des Schönen von Österreich (1478-1506, 1481 Regent
Burgunds, 1505 Regent Aragons) geworden war, Johann Baptista von Taxis 1518 von
König Karl (V.) das Postmonopol in Spanien
erlangt hatte und Leonhard von Taxis 1595 den Titel eines
Reichsgeneralpostmeisters bekommen hatte und die 1615 mit dem erblichen
Reichspostgeneralat betraut worden war, erhielt von König
Philipp IV. von Spanien 1635 das Recht der Führung des Titels und Wappens der
Grafen de la Tour et Valsassina und 1649 in Spanien sowie 1650 im Reich die
Genehmigung zur Führung des Doppelnamens T. 1512 wurde sie geadelt, 1515
erlangte sie erblichen Adel. 1597 wurde die von ihr als Lehen innegehabte Post
zum Regal erklärt. 1608 wurde sie in den Reichsfreiherrenstand, 1624 in den
Reichsgrafenstand und 1695 in den Reichsfürstenstand erhoben (Virilstimme
1754). 1701 verlor sie Gut und Amt in den spanischen Niederlanden und siedelte
1702 nach Frankfurt über, nach Erhalt des Prinzipalkommissariats beim Reichstag
nach Regensburg (1748). Neben reichsritterschaftlichen Gebieten (1647 wegen des
erheirateten und später an die Reichlin von Meldegg [Meldegg] vererbten Horn im
Kanton Kocher des Ritterkreises Schwaben, 1648 ein Viertel Wäschenbeuren)
kaufte sie 1723 die reichsständische Herrschaft Eglingen. Im kurrheinischen
Reichskreis hatte sie seit 1724 Sitz und Stimme auf Grund eines Darlehens von
80000 Reichstalern. 1785/1786 wurde sie Inhaber der 1787 gefürsteten
Reichsgrafschaft Friedberg-Scheer. 1797 kam sie auf die Fürstenbank des
schwäbischen Reichskreises. 1802 verlor sie alle linksrheinischen Posten,
erhielt dafür aber am 25. 2. 1803 durch § 13 des
Reichsdeputationshauptschlusses die Reichsstadt Buchau, die Reichsabteien
Buchau, Obermarchtal (Marchtal), Neresheim, das zu Salem gehörige Amt Ostrach
mit der Herrschaft Schemmerberg und den Weilern Tiefenhülen (Tiefental),
Frankenhofen und Stetten und die Dominikanerinnenklöster in Ennetach und Sießen
mit insgesamt 530 Quadratkilometern und etwa 17000 Einwohnern als
Reichsfürstentum Buchau mit Virilstimme im Reichsfürstenrat. 1806 wurde sie
zugunsten Bayerns, Württembergs und Hohenzollern-Sigmaringens mediatisiert,
erhielt jedoch 1815 durch die Deutsche Bundesakte eine reichsunmittelbare
Stellung. Am 1. 7. 1867 musste sie die gesamte Postorganisation gegen 3
Millionen Taler an Preußen abtreten. 1899 erhielt sie den bayerischen Titel
eines Herzogs zu Wörth und Donaustauf. Sitz der fürstlichen Hauptlinie blieb
Regensburg. 2000 erfolgte eine Verlegung von Sankt Emmeram in Regensburg nach
Prüfening.
L.: Wolff 92; Zeumer 553 II b 58; Wallner 701 BurgRK 1; Großer Historischer
Weltatlas II 39 (1803) C3; Klein 161; Schulz 273; Lohner, B., Geschichte und
Rechtsverhältnisse des Fürstenhauses Thurn und Taxis, 1895; Ohmann, F., Die
Anfänge des Postwesens unter den Taxis, 1909; Hölzle, E., Der deutsche
Südwesten am Ende des alten Reiches, 1938; Herberhold, F., Das fürstliche Haus
Thurn und Taxis in Oberschwaben, (in) Zs. f. württemb. LG. 13 (1954); Thurn und
Taxis-Studien, hg. v. Piendl, M., 1961ff.; Gollwitzer, H., Die Standesherren,
2. A. 1964; Piendl, M., Thurn und Taxis 1517-1867, Archiv für dt.
Postgeschichte 1 (1967); Dallmeier, M., Quellen zur Geschichte des europäischen
Postwesens, 1977; Piendl, M., Das fürstliche Haus Thurn und Taxis, 1980;
Behringer, W., Thurn und Taxis, 1990; Szabo, T., Taxis, LexMA 8 1996, 515f.;
Reiser, R., Die Thurn und Taxis, 1998; Ruhnau, R., Die fürstlich Thurn und
Taxissche Privatgerichtsbarkeit, 1998; Schröck, R., Gloria von Thurn und Taxis,
2003.
Tiefenbach (Reichshof). Am 29. 3. 1351 erlaubte König Karl IV. der Witwe Eberhards von Bürglen unter
anderem den Reichshof T. im Thurgau an Hermann von Breitlandenburg zu
verpfänden. Am 1. 2. 1464 erlaubte Kaiser Friedrich III. dem Abt von Sankt
Gallen die Reichsvogtei über T. von Burkhard Schenk einzulösen.
L.: Dacheröden 217; Hugo 474, 473.
Tirol (Grafschaft, Bundesland). Das
Einzugsgebiet von Lech, Inn, Drau und Etsch in den Alpen war zunächst von
Kelten bewohnt. Seit 16/15 v. Chr. gliederten es die Römer den Provinzen
Rätien, Noricum (östlich des Ziller) und Venetia et Histria ein. Später drangen
Alemannen, Langobarden und Slawen ein, die aber im 6. bis 8. Jahrhundert von
den Bayern verdrängt wurden. 788 kam das Gebiet bis Bozen und ins Pustertal mit
Bayern an die Franken und wurde eingedeutscht. 952 schuf König Otto der Große die Mark Verona und unterstellte
sie dem Herzog von Bayern, der sie 976 an das Herzogtum Kärnten verlor. Cadore
fiel an das Hochstift Freising (973-1510), das Unterinntal an das Hochstift
Regensburg. 1004/1027/1091 kamen die Grafschaften um den Brennerpass an die Hochstifte
Brixen (oberes Eisacktal, Inntal, Pustertal, vorderes Zillertal) und Trient
(Etschtal, Vinschgau, unteres Eisacktal). Die Bischöfe von Brixen und Trient
galten im 13. Jahrhundert als Reichsfürsten, doch verloren sie zahlreiche
Rechte an ihre Vögte. Von den miteinander konkurrierenden Adelsgeschlechtern
der Grafen von Eppan, Andechs und T. (ab 1141) setzten sich die nach der Burg
T. (ältester erhaltener Balken von 1106, Brand um 1300) bei Meran benannten,
zunächst mit der Grafschaft im Vinschgau belehnten Grafen von T. durch und
erlangten in der Mitte des 12. Jahrhunderts (um 1150) die Vogtei des Hochstifts
Trient und damit seit dem 13. Jahrhundert allmählich Bozen, 1210 nach den
Grafen von Andechs die Vogtei des Hochstifts Brixen sowie 1248 die Grafenrechte
der Grafen bzw. Herzöge von Andechs-Meranien und nach 1250 der Grafen von
Eppan. 1253 starben sie aus und vererbten über die Tochter Albrechts III. von
T. die Grafschaft T. an die Grafen von Görz. Diese teilten 1267/1271 ihre Güter
in eine Görzer und eine Tiroler Linie. In der Tiroler Linie sicherte Graf
Meinhard II. (1249-1295) mit Gewalt, Geschick, Geld und Glück eine vergrößerte
Grafschaft T. zwischen Ziller, Arlberg, Avisio und Mühlbacher Klause. 1363 gab
Margarete Maultasch trotz je einer Heiratsverbindung mit den Luxemburgern und
Wittelsbachern das vielerseits begehrte T., das seit 1330 als Reichslehen galt,
an ihren Vetter Herzog Rudolf IV. von Österreich, der zugleich die Vogtei über
das Hochstift Trient gewann. 1379 kam T., das durch Salzburg und Görz von den
anderen habsburgischen Ländern getrennt war, an die leopoldinische Linie der
Habsburger. 1373 wurde Primiero, 1396 Lodron, 1412 Valsugana und 1440 Arco
gewonnen. Bereits 1379 bzw. von 1400 ab war Schloss Tirol Sitz einer Tiroler
Nebenlinie Habsburgs. 1420 verlegte Herzog Friedrich IV. von Tirol bzw.
Österreich die Residenz von Meran nach Innsbruck. König
Maximilian (I.), der 1490 T. von der Seitenlinie zurückerlangt hatte, erwarb
1500 das Erbe der Grafen von Görz (vordere Grafschaft Görz, Osttirol),
1504/1505 von Bayern nach dem Landshuter Erbfolgekrieg die Landgerichte
Kitzbühel, Kufstein und Rattenberg sowie 1509/1511 und 1521/1523 von Venedig
Ampezzo, Ala, Mori, Riva und Rovereto. Seit dem 16. Jahrhundert wurde T.
vielleicht wegen des Alters seiner Grafschaften als gefürstete Grafschaft
bezeichnet. 1564 bildete sich erneut eine tirolische Linie des Hauses Habsburg,
die 1648 das Elsass an Frankreich verlor und bis zu ihrem Aussterben 1665, bei
dem das zum österreichischen Reichskreis zählende T. wieder an die Hauptlinie
Österreich bzw. Habsburg zurückfiel, in Innsbruck, das 1669 eine
gegenreformatorische Universität erhielt, residierte. Im 17. Jahrhundert gab
der Bischof von Chur seine Leute im Vinschgau an T. ab. Tarasp blieb bei T.
(1684 Fürsten von Dietrichstein). 1803 wurden die Hochstifte Trient und Brixen
säkularisiert und mit T. vereinigt. 1805 fiel T. an Bayern. Nach dem
erfolglosen, in Absprache mit Habsburg erfolgten Freiheitskampf Andreas Hofers
gegen Bayern und Frankreich 1809 wurde T. geteilt, wobei der Norden bis Meran
und Klausen an Bayern kam, der Süden an das Königreich
Italien, der Osten (östliches Pustertal, Lienz) zu den illyrischen Provinzen.
1814 fiel ganz T. wieder an Österreich. 1815 erhielt es die ehemaligen Gerichte
Salzburgs im Zillertal, Brixental und Iseltal (mit Windisch-Matrei) (Matrei in
Osttirol), wurde 1919 aber wieder geteilt, wobei Nordtirol und Osttirol (Lienz)
zum österreichischen Bundesland T. wurden, das zu 97 % deutschsprachige
Südtirol bis zum Brenner dagegen an Italien kam. Von 1938 bis 1945 umfasste der
Reichsgau Tirol auch Vorarlberg und seit 1943 Bozen, Trient und Belluno, der
Reichsgau Kärnten auch Osttirol.
L.: Wolff 36; Wallner 713 ÖsterreichRK 1; Großer Historischer Weltatlas II 34
(1138-1254) G4, II 48 (1300) D1, II 66 (1378) F5, II 78 (1450) G4, III 22
(1648) E5, III 38 (1789) D4; Die Territorien des Reichs 1, 86; Lechner, K.,
Tirol, (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Voltelini, H. v.,
Immunität, grund- und leibherrliche Gerichtsbarkeit in Südtirol, (in)
Abhandlungen zum Historischen Atlas der österreichischen Alpenländer, Archiv f.
österr. Geschichte 94 (1907); Stolz, O., Deutschtirol, (in) Erläuterungen zum
historischen Atlas der österreichischen Alpenländer, 1910; Stolz, O., Geschichte
der Gerichte Südtirols, Archiv f. österr. Geschichte 102 (1913); Voltelini, H.
v., Welsch-Tirol, (in) Erläuterungen zum historischen Atlas der
österreichischen Alpenländer, 1919; Stolz, O., Politisch-historische
Landesbeschreibung von Tirol, 1. TeiL.: Nordtirol, Archiv f. österr. Geschichte
107 (1923/26); Stolz, O., Die Ausbreitung des Deutschtums in Südtirol im Lichte
der Urkunden, Bd. 1ff. 1927ff.; Battisti, C., Dizionario toponomastico Atesino
(Oberetscher Namensbuch), 1936-1941; Tiroler Urkundenbuch, hg. v. Huter, F.,
1937ff.; Stolz, O., Politisch-historische Landesbeschreibung von Südtirol,
1937; Wiesflecker, H., Die Regesten der Grafen von Tirol, 1949ff.; Wopfner, H.,
Bergbauernbuch, 1951ff.; Sterner-Rainer, S., Tirol, (in) Erläuterungen zum historischen
Atlas der österreichischen Alpenländer, 1954; Stolz, O., Geschichte des Landes
Tirol, Bd. 1 1955; Hochholzer, H., Das geschichtliche Raumgefüge der
Kulturlandschaft Oberitaliens, 1956; Polenz, P. v., Landschafts- und
Bezirksnamen, 1961, I, 9, Territorialname; Tirol-Atlas, hg. v. Troger,
E./Leidlmair, A., 1969ff.; Rambold, J., Vinschgau. Landschaft, Geschichte und
Gegenwart am Oberlauf der Etsch, 4. A. 1980; Riedmann, J., Die Beziehungen der
Grafen und Landesfürsten von Tirol zu Italien bis zum Jahre 1335, 1977; Grass,
N., Zur Stellung Tirols in der Rechtsgeschichte, FS H. Baltl, 1978, 229;
Köfler, W., Land, Landschaft, Landtag. Geschichte der Tiroler Landtage von den
Anfängen bis zur Aufhebung der landständischen Verfassung 1808, 1985;
Geschichte des Landes Tirol, hg. v. Fontana, J., Bd. 1f. 1985f.; Tirol im
Jahrhundert nach anno neun, hg. v. Kühebacher, E., 1986; Gelmi, J.,
Kirchengeschichte Tirols, 1986; Riedmann, J., Geschichte Tirols, 3. A. 2001;
Forcher, M., Tirols Geschichte in Wort und Bild, 3. A. 1988; Tirol und der
Anschluss, hg. v. Albrich, T., 1988; Laich, M., Zwei Jahrhunderte Justiz in
Tirol und Vorarlberg, 1990; Grass, N., Tirol, HRG 4, 1991, 244; Baum, W.,
Margarete Maultasch, 1994; Das Elsass und Tirol, hg. v. Thurnher, E., 1994;
Riedmann, J., Tirol, LexMA 8 1996, 800ff.; Tirol, hg. v. Gehler, M., 1999;
Schlinker, S., Fürstenamt und Rezeption, 1999, 210; Schober, R., Von der
Revolution zur Konstitution, 2000; Schennach, M., Tiroler Landesverteidigung
1600-1650, 2002; Albertoni, G., Die Herrschaft des Bischofs, 2003; Heitmeier,
I., Das Inntal, 2005; Schober, R., Tirol zwischen den beiden Weltkriegen, Teil
1f. 2005ff.: Freiheit und Wiederaufbau. Tirol in den Jahren um den
Staatsvertrag, hg. v. Fornwagner, C. u. a., 2007; Margarete Maultasch, hg. v.
Hörmann-Thurn und Taxis, J., 2007; Feller, C., Das Rechnungsbuch Heinrichs von
Rottenburg, 2009; Fasser, M., Ein Tirol - zwei Welten, 2009; Rebitsch, W.,
Tirol in Waffen, 2009; Oberhofer, A., Der andere Hofer, 2009; Schennach, M.,
Revolte in der Region, 2009; Abschied vom Freiheitskampf?, hg. v. Mazohl, B. u.
a., 2009; Für Freiheit, Wahrheit und Recht!, hg. v. Hastaba, E. u. a., 2009;
Tiroler Urkundenbuch, 2. Abt. Die Urkunden zur Geschichte des Inn-, Eisack- und
Pustertals, Bd. 1 Bis zum Jahr 1140, bearb. v. Bitschnau, M. u. a., 2009; Die
Wolkensteiner, hg. v. Pfeifer, G. u. a., 2009; Kern, F., Der Mythos Anno Neun,
2010; Landi, W., Die Grafen von Eppan, 2010.
Tortona (Stadtkommune). Das antike Dertona an
der Scrivia kam um 120 v. Chr. von den Ligurern an die Römer und am Anfang des
7. Jahrhunderts an die Langobarden. Die mittelalterliche Stadt T. (Konsuln
1122) wurde 1155 von Kaiser Friedrich I. Barbarossa im Kampf gegen den
Städtebund der Lombardei zerstört. Seit der Mitte des 14. Jahrhunderts (1347)
gehörte sie zum Herrschaftsbereich der Visconti von Mailand. 1738 fiel T. an
Sardinien und kam damit 1861 an das neue Königreich
Italien.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 48 (1300) C2; Sisto, A., I feudi imperiali
del Tortonese, 1956; Goggi, C., Notizie per la storia di Tortona, 2. A. 1963;
Goggi, C., Storia dei comuni e delle parrocchie della diocesi di Tortona, 2. A.
1966; Rozzo, U., Tortona, 1971; Oppl, F., Stadt und Reich, 1986; Bordone, R.,
Tortona, LexMA 8 1996, 883f.
Toskana (Markgrafschaft, Großherzogtum),
Toscana. Die ursprünglich etruskische T. zwischen Tiber, Apennin und Mittelmeer
wurde nach dem Zusammenbruch des weströmischen Reiches von den Ostgoten besetzt
und ging dann an die Langobarden (568-774) über. König
Karl der Große fasste nach seiner Eroberung die langobardischen Herzogtümer
Lucca, Chiusi und Florenz in der Markgrafschaft Tuszien mit Sitz in Lucca
zusammen. Sie kam nach 1000 an die Herren von Canossa. Seit dem späten 11.
Jahrhundert strebten die Städte nach Sebständigkeit (Florenz, Pisa, Lucca,
Siena u. a.). Kaiser Friedrich I. Barbarossa ließ 1162 durch Reinald von Dassel
als Legaten für Tuszien auf Grund der Markgrafenrechte eine neue Herrschaft
aufbauen, doch bildete sich bereits 1181 ein tuszischer Städtebund gegen ihn.
1197 wandten sich die Städte erneut gegen den König.
Erst Kaiser Friedrich II. vermochte die daraus sich ergebenden Unruhen zu
beenden. Mit dem Tod des Stauferkönigs Manfred
(1266) begann dann der Übergang an Florenz (Medici). 1530 kam Florenz und damit
die T. durch Kaiser Karl V. wieder unter die Herrschaft des Reiches. Als der
letzte Medici 1737 die Reichslehenszugehörigkeit Toskanas bestritt, wurde T.
1738 an Franz I. von Lothringen übergeben. 1801 musste Ferdinand III. T.
abtreten. Er erhielt durch den Reichsdeputationshauptschluss vom 25. 2. 1803
das Erzstift Salzburg, die Propstei Berchtesgaden, den jenseits von Ilz und Inn
auf österreichischer Seite gelegenen Teil des Hochstifts Passau (mit Ausnahme
der Ilzstadt und Innstadt) sowie die in den Bistümern Salzburg und Passau
gelegenen Kapitel, Abteien und Klöster. Dazu kam das Bistum Eichstätt mit
Ausnahme der Ämter Sandsee, Wernfels bzw. Spalt, Abenberg, Arberg/Ornbau und
Wahrberg (Vahrnberg) bzw. Herrieden, die an Bayern fielen. 1805 gelangten
Salzburg und Berchtesgaden an Österreich und musste Ferdinand III. Würzburg an
Napoleon abtreten, womit die Reichszugehörigkeit endete. 1815 kam T. mit
Piombino und Elba an Ferdinand III. zurück. 1860 wurde durch Beschluss einer
Landesversammlung Habsburg-Lothringen abgesetzt und T. dem Königreich Italien (1861) einverleibt.
L.: Reumont, A. v., Geschichte Toskanas seit dem Ende des florentinischen
Freistaates, Bd. 1f. 1876f.; Schneider, F., Die Reichsverwaltung Toskanas, Bd.
1 1914; Luzzati, M., Firenze e la Toscana, 1986; Pesendorfer, F., Die
Habsburger in der Toskana, 1988; Weiquet, J., Le grand-duché de Toscane sous
les derniers Medicis, 1990; Etruria, Tuscia, Toscana, hg. v. Luzzati, M., 1992;
Luzzati, M., Toskana, LexMA 8 1996, 886.
Toul (Hochstift, Residenz des Bischofs).
Vielleicht im späten 4. Jahrhundert wurde in T. (Tullum Leucorum) an der oberen
Mosel ein Bistum, das dem Erzbistum Trier unterstand, gegründet. 879/925 kam T.
zum ostfränkischen Reich. Die Bischöfe wurden vielfach privilegiert (927, 974).
Das Bistum T. reichte von den Vogesen und Sichelbergen bis in die Nähe der
Marne. 1261 ging die Grafschaft T. an den Bischof über. 1286 erlangten die
Herzöge von Lothringen durch den Bischof die Schirmvogtei über das Bistum und
beherrschten damit das weltliche Herrschaftsgebiet weitgehend. Zugleich fiel
das Besetzungsrecht des Bischofsstuhls bis zum Ende des Mittelalters an den
Papst. Nachdem sich die Stadt T. aus der bischöflichen Herrschaft gelöst hatte,
verlegte der Bischof seine Residenz nach Liverdun (Liverdon). Unter Kaiser
Maximilian I. leistete das Hochstift dann wieder Abgaben an das Reich. 1552
besetzte der König von Frankreich T. als
Reichsvikar. 1648 trat das Reich das Hochstift an Frankreich ab. Das Bistum
bestand aus sechs Vogteien (u. a. mit Liverdun [Liverdon] an der Mosel und
Vicherey). 1801 wurde das Bistum aufgehoben, 1817 als neues Bistum mit dem 1777
abgetrennten Nancy vereinigt.
L.: Wolff 301f.; Die Territorien des Reichs 5, 96; Pimodan, G. de, La réunion
de Toul à la France et les derniers évêques-comtes souverains, 1885; Martin,
E., Histoire des diocèses de Toul, Nancy et St. Dié, Bd. 1ff. 1900ff.; Morret,
B., Stand und Herkunft der Bischöfe von Metz, Toul und Verdun im Mittelalter,
1911; Choux, J., Recherches sur le diocèse de Toul, 1952; Bönnen, G., Toul,
LexMA 8 1996, 906f.; Bauer, T., Lotharingien als politischer Raum, 1997;
Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 466; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 617, 1, 2, 584;
Petry, C., Faire des sujets du roi, 2006.
Treffen (Herrschaft). Die Gegend von T. (878
Trebina) bei Villach in Kärnten war schon in keltisch-römischer Zeit besiedelt.
In karolingischer Zeit bestand dort Königsgut.
Auf dieses gründete sich vermutlich die Herrschaft T. Seit 1125 erscheinen
Grafen von T. Vielleicht 1163 kam T. an Aquileja, 1361 an den Herzog von
Österreich.
L.: Kohla, F., Kärntens Burgen, 1953; Meyer, T. u. a., Besitz und Herrschaft im
Raum Treffen am Beispiel der Eppensteiner und ihrer Nachfolger, der Grafen von
Treffen, Carinthia I 199 (2009), 103.
Trient (Hochstift, Residenz des Bischofs). An
der mittleren Etsch gründeten Räter oder Kelten eine Siedlung, die 24 v. Chr. an
die Römer überging (Tridentum) und von diesen im 2. Jahrhundert n. Chr. zur
colonia erhoben wurde. Seit dem 4. Jahrhundert (um 350) war sie Bischofssitz
(um 400 Bischof Vigilius, seit dem 5. Jahrhundert Suffragan von Aquileja).
Später wurde sie Mittelpunkt eines langobardischen Herzogtums und einer
fränkischen Grafschaft. 952 kam T. als Teil der Mark Verona an Bayern.
1004/1027 entstand durch kaiserliche Übertragungen (1004 Grafschaft T., 1027
Grafschaft Bozen [von der Grafschaft Norital abgetrennt], Grafschaft Vinschgau)
das reichsunmittelbare, über die Diözese ausgreifende Hochstift T. Seine Vögte
waren seit etwa 1150 die Grafen von Tirol, die im Norden des Herrschaftsgebiets
Güter an sich zogen und die Rechte der Grafen von Eppan erlangten, seit 1363 (die
Grafen von) Habsburg. Trotz erheblicher Einschränkungen (seit dem 13.
Jahrhundert allmählicher Verlust Bozens, endgültig 1462/1531, seit etwa 1300
Grenze zu Tirol an der Einmündung des Avisio in die Etsch) durch die Vögte und
gewisser Verluste im Süden an Venedig (4 Vikariate, Rovereto, Riva 1411, 1416,
1440) blieb das Hochstift bis 1803 selbständig. Um 1800 umfasste das Hochstift
ein Gebiet von 75 Quadratmeilen und hatte 155000 Einwohner. 1803 fiel es an
Tirol und damit von 1805 bis 1809 an Bayern und von 1810 bis 1813 an das Königreich Italien, 1814 an Österreich, 1919 mit
Südtirol an Italien. Das Bistum war von 1772 bis 1825 exemt, bis es Salzburg
unterstellt wurde (1929 exemt).
L.: Wolff 46; Zeumer 552 II a 19; Wallner 714 ÖsterreichRK 2; Großer Historischer
Weltatlas II 48 (1300) D1, II 66 (1378) F5/6, II 78 (1450) G4, III 22 (1648)
E5, III 38 (1789) D4; Die Territorien des Reichs 1, 86; Huber, A., Die
Entstehung der weltlichen Territorien der Hochstifte von Trient und Brixen,
Archiv f. österr. Gesch. 63 (1882); Atz, K./Schatz, A., Der deutsche Anteil des
Bistums Trient, Bd. 1ff. 1902ff.; Voltelini, H. v., Die ältesten Statuten von
Trient, Archiv für Kunde österreichischer Geschichtsquellen 92 (1903), 83;
Voltelini, H., Das welsche Südtirol, 1919, Erläuterungen zum historischen Atlas
der österreichischen Alpenländer I 3; Cucchetti, G., Storia del Trentino, 1939;
Hochholzer, H., Das geschichtliche Raumgefüge Oberitaliens, 1956; Bertoldi, F.,
Vecchia Trento, 1958; Rinaudo, C., Atlante storico, 1959; Polenz, P. v.,
Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, IV, 18, Tridentinum; Kögl, J., La
sovranità dei vescovi di Trento e di Bressanone, 1964; Sayn-Wittgenstein, F.
Prinz zu, Südtirol und das Trentino, 2. A. 1965; Hootz, R., Südtirol, Trentino,
1973; Il Trentino nel Settecento fra Sacro Romano Impero e antichi stati
italiani, hg. v. Mozzarelli, C./Olmi, G., 1985; Riedmann, J., Trient, LexMA 8
1996, 989f.; Bellabarba, M., La giustizia ai confini, 1996; Petzold, M., Das
Pontifikat Erzbischof Boemunds II. von Trier (1354-1362); Santifaller, L., Das
Trientner Domkapitel, 2000; Curzel, E., I canonici e il Capitolo della
cattedrale di Trento, 2001; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich,
hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 619, 1, 2, 586; Storia del Trentino Bd. 3, hg.
v. Castagnetti, A. u. a., 2004; Lo Preiato, M., La costituzione politica della
città, 2009.
Trier (Erzstift, Kurfürstentum, Residenz des
Erzbischofs). 16-13 v. Chr. gründete Augustus an wichtigen Straßen im Gebiet
der keltisch-germanischen Treverer an der mittleren Mosel die Stadt Augusta
Treverorum. Sie blühte rasch auf und wurde Hauptort der Provinz Belgica. 275 n.
Chr. wurde sie durch die Franken zerstört, wurde aber danach vor allem von
Kaiser Konstantin zur mit 60000-70000 Einwohnern größten römischen Stadt
nördlich der Alpen wiederaufgebaut (Sitz der Praefectura Galliarum) und in der
zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts Sitz eines Bistums (314 Bischof Agricius).
475 wurde sie von den Franken erobert, die den römischen Palast zur Pfalz
umwandelten. 843 kam sie zum Reich Kaiser Lothars, 870/879 zum ostfränkischen
Reich. 897 wurde T. vom König mit dem Bannforst
im Hunsrück ausgestattet. 902 erlangte der im 6. Jahrhundert und kurz vor 800
zum Erzbischof (Suffragane Metz, Toul, Verdun) erhobene Bischof die Herrschaft
über die 882/892 von Normannen verwüstete Stadt, 936 das Recht der Königskrönung. 973 gewann er einen Bannforst in der
Eifel. 1018 erhielt er den Königshof Koblenz und
Güter im Westerwald, 1139 die Reichsabtei Sankt Maximin vor T. 1197 verzichtete
der Pfalzgraf zugunsten des Erzbischofs auf die Hochstiftsvogtei. Im 13.
Jahrhundert wurde der Erzbischof in die Gruppe der Kurfürsten aufgenommen. Am
Ende des 13. und Anfang des 14. Jahrhunderts gelang es, eine Landverbindung
zwischen den Gütern an der mittleren Mosel um Trier und dem mittleren Rhein um
Koblenz herzustellen und die Reichspfandschaften Boppard und Oberwesel zu
gewinnen. 1427 wurden Teile der Reichsgrafschaft Daun, 1452 Manderscheid, 1545
die Grafschaft Virneburg und 1576 Prüm (Personalunion) erlangt. 1473 gründete
der Erzbischof eine bis 1798 bestehende Universität in T. 1669 wurde ein
Landrecht erlassen. Zuletzt umfasste das zum kurrheinischen Reichskreis
zählende Hochstift 151 Quadratmeilen mit 280000 Einwohnern. 1794/1801 fielen
die linksrheinischen Güter an Frankreich, 1803 wurden die rechtsrheinischen
Güter säkularisiert und an Nassau-Weilburg gegeben. 1806 kam hiervon einiges an
das Großherzogtum Berg. Das Erzbistum wurde 1801 Mecheln, 1815 Köln
unterstellt. Die meisten Trierer Güter kamen 1815 unmittelbar oder 1866 über
Nassau an Preußen, das Koblenz zum Verwaltungsmittelpunkt erhob, und damit 1946
an Rheinland-Pfalz.
L.: Wolff 82ff.; Zeumer 552 I 2; Wallner 700 KurrheinRK 2; Großer Historischer
Weltatlas II 34 (1138-1254) F4, II 66 (1378) D3, III 22 (1648) C3, III 38
(1789) B2; Die Territorien des Reichs 5, 50; Hontheim, J. v., Historia
Trevirensis diplomatica, Bd. 1ff. 1750; Marx, J., Geschichte des Erzbistums
Trier, Bd. 1ff. 1858ff.; Goerz, A., Regesten der Erzbischöfe zu Trier 814-1503,
Bd. 1f. 1859ff., Neudruck 1969; Knetsch, G., Die landständische Verfassung und
reichsritterschaftliche Bewegung im Kurstaat Trier, 1909; Just, L., Das
Erzbistum Trier und die Luxemburger Kirchenpolitik von Philipp II. bis Joseph
II., 1931; Michel, F., Handbuch des Bistums Trier, bearb. v. Bistums-Archiv
1952; Zur Geschichte der geistlichen Gerichtsbarkeit und Verwaltung der Trierer
Erzbischöfe im Mittelalter, 1953; Ewig, E., Trier im Merowingerreich, 1954;
Gensicke, H., Landesgeschichte des Westerwaldes, 2. A. 1987; Geschichte des
Trierer Landes, hg. v. Laufner, R., Bd. 1 (bis 925), 1964; Pauly, F., Aus der
Geschichte des Bistums Trier, Teil 1: Von der spätrömischen Zeit bis zum 12.
Jahrhundert, 1968; Weber, H., Frankreich, Kurtrier, der Rhein und das Reich
1623-1635, 1969; Laufner, R., Die Ausbildung des Territorialstaates der
Kurfürsten von Trier, (in) Vortr. und Forsch. 14 1970; Sperling, W., Der
Trierer Raum in der voramtlichen topographischen Kartographie, Mitteilungsblatt
des dt. Vereins für Vermessungswesen. Landesverein Rheinland-Pfalz 21 (1971);
Holbach, R., Stiftsgeistlichkeit im Spannungsfeld von Kirche und Welt, 1982;
Janck, D., Das Erzbistum Trier während des großen abendländischen Schismas
(1378-1417), 1983; Janssen, F. R., Kurtrier in seinen Ämtern, vornehmlich im
16. Jahrhundert, 1985; Aufklärung und Tradition, Kurfürstentum und Stadt Trier
im 18. Jh., hg. v. Franz, G., 1988; Bodsch, J., Burg und Herrschaft. Zur
Territorial- und Burgenpolitik der Erzbischöfe von Trier im Hochmittelalter bis
zum Tod Dieters von Nassau († 1307), 1989; Kerber, D., Herrschaftsmittelpunkte
im Erzstift Trier, 1995; Schieffer, C., Trier, LexMA 8 1996, 997ff.;
Repertorium der Policeyordnungen der frühen Neuzeit, hg. v. Härter,
K./Stolleis, M., Bd. 1 1997; Pundt, M., Metz und Trier, 1998; Höfe und
Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 421,
1, 2, 588; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 474; Brommer, P.,
Kurtrier am Ende des alten Reichs, 2008.
Triest (Stadt, reichsunmittelbare Stadt
Österreichs, Kronland). Die seit dem 2. vorchristlichen Jahrhundert römische
Stadt Tergeste wurde 178 v. Chr. mit dem römischen Istrien verbunden. Seit dem
6. Jahrhundert war sie Bischofssitz. 787/788 kam sie zum fränkischen Reich. Im
Mittelalter gewann sie Selbständigkeit gegenüber dem Bischof, der die
Stadtherrschaft im 10. Jahrhundert (948) gewonnen hatte, gelangte aber 1202
durch Vertrag an Venedig. 1382 schloss sie sich nach wechselnden
Herrschaftsverhältnissen Habsburg an. 1797, 1805 und 1809 besetzte, Frankreich
die Stadt. 1809 wurde sie an die illyrischen Provinzen Frankreichs gegeben, kam
aber 1814 an Österreich zurück, das sie 1815 seinem Königreich
Illyrien zuteilte, 1818 in den Deutschen Bund aufnehmen ließ, 1849 - um der
italienischen Unabhängigkeitsbewegung entgegenzukommen - zur
reichsunmittelbaren Stadt erklärte und 1867 mit seinem Umland zu einem eigenen
Kronland erhob. Am 31. 10. 1918 wurde T. von Italien besetzt und ihm 1919
abgetreten. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde es von den Alliierten besetzt.
1945 sollte es internationaler Freistaat werden (1947 Territorio Libero di
Trieste, mit 831 Quadratmilometern und 371000 Einwohnern), wurde aber 1954 an
Italien zurückgegeben. Sein zugehöriges Hinterland wurde zwischen Italien
([Zone A] im Norden und Westen) und Jugoslawien ([Zone B] im Süden) aufgeteilt.
L.: Wolff 35; Wallner 713 ÖsterreichRK 1; Tamaro, A., Storia di Trieste, Bd.
1f. 1924;
Nepitello, S., Storia di Trieste, 1934; Zahorsky, A., Triest. Schicksal einer
Stadt, 1962; Bloise, D. u. a., La magistrature cittadine, 1982; Cammarosano,
P., Triest, LexMA 8 1996, 1003f.; Fogar, G., Trieste in guerra, 1999; Valdevit,
G., Il dilemma Trieste, 1999; Sluga, G., The Problem of Trieste and the
Italo-Yugoslav Border, 2001.
Troppau (Fürstentum, Herzogtum, Residenz des
Herzogs). T. an der Oppa in Oberschlesien entstand im 11. Jahrhundert. Um 1200
trat im Zuge der deutschen Ostsiedlung eine Stadt hinzu. Um 1269 übertrug König Ottokar II. von Böhmen einem seiner natürlichen
Söhne die sog. Troppauer Provinz um T. 1318 wurde dieses zu Mähren zählende
Oppaland selbständiges Fürstentum (Herzogtum) unter einer přemyslidischen
(przemyslidischen) Nebenlinie. Von 1336 bis 1365 stand es in Personalunion mit
dem Herzogtum Ratibor, womit der Anschluss an Schlesien eingeleitet wurde. 1377
wurde es in die Fürstentümer Jägerndorf und T. geteilt, wovon Jägerndorf 1384
an Oppeln fiel. 1460 kam T., das nunmehr zu Schlesien gezählt wurde, durch Kauf
an die Familie Podiebrad, 1485 durch Tausch an Matthias Corvinus, von 1490 bis
1501 an dessen Sohn Johann, von 1501 bis 1511 durch Kauf an Sigismund von Polen
und 1526 mit Böhmen unter die Oberhoheit Habsburgs bzw. Österreichs. Von 1614
bis 1781 hatten es Herzöge aus dem Haus Liechtenstein als Lehen Österreichs.
1742 kam es entlang der Oppa zur Teilung. Der nördliche Teil fiel an Preußen,
der südliche Teil bildete bis 1918 einen Teil des Kronlands Schlesien
Österreichs (Österreichisch-Schlesiens) und kam 1918/1919 an die
Tschechoslowakei. Das Gebiet Preußens gelangte 1945/1990 an Polen.
L.: Wolff 480, 488; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) I3; Biermann,
G., Geschichte der Herzogtümer Troppau und Jägerndorf, 1874; Troppau.
Schlesische Hauptstadt zwischen Völkern und Grenzen, hg. v. Schremmer, E., 1984;
Seidl, E., Das Troppauer Land, 1992; Menzel, J., Troppau, LexMA 8 1996, 1045;
Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W.,
2003, 1, 2, 590.
Turin (Markgrafschaft). Die am Zusammenfluss
von Dora Riparia und Po angelegte römische Siedlung colonia Iulia Augusta
Taurinorum wurde im späten 4. Jahrhundert Sitz eines im frühen 5. Jahrhundert
von Vercelli verselbständigten Bischofs. Über Goten und Burgunder kam es 568 an
die Langobarden und 773/774 an die Franken. 827 und 880 sind fränkische Grafen
von T. nachgewiesen. Zunächst unter den Markgrafen von Ivrea wurde T. um 950
Mittelpunkt einer bis zum Tod des letzten Markgrafen (1091) bestehenden Mark.
Danach traten Bischof und Stadt hervor (1147/1149 consules). 1280 kam T. an Savoyen
(1418 endgültig eingegliedert). Nach 1418 wurde es Sitz der Hauptlinie der
Grafen (1536 Vorherrschaft Frankreichs). 1861 gelangte es in Sardinien-Piemont
zum neuen Königreich Italien.
L.: Sergi, G., Potere e territorio, 1981; Storia di Torino, hg. v. Comba, R. u.
a., Bd. 1ff. 1993ff.;
Sergi, G., I confini del potere, 1995; Sergi, G., Turin, LexMA 8 1996, 1100.;
Sergi, G., Storia di Torino, 1997; Storia di Torino 2 (1280-1536) hg. v. Comba,
R., 1997.
Ulm (Reichsstadt). An einem wichtigen
Donauübergang nahe der Einmündung von Blau und Iller errichtete neben älteren
Besiedlungsspuren vermutlich in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts
(768-782) das Kloster Reichenau auf von König
Karl dem Großen gegebenem Königsgut einen
Stützpunkt, der 854 erstmals als Königspfalz
Ulma erwähnt wird. 1096/1098 gelangte U. an die Staufer. 1134 wurde es von den
Welfen und vom König zerstört. Zwischen 1163 und
1181 erhielt es von Kaiser Friedrich I. Barbarossa Stadtrecht und gab später
sein Recht an zahlreiche andere Städte (Memmingen, Saulgau, Biberach,
Meersburg, Langenau, Dinkelsbühl, Leipheim, Kempten, Schwäbisch Gmünd) weiter.
Im 13. Jahrhundert (1258? Aussterben der mit der Reichsvogtei begabten Grafen
von Dillingen, 1274?) wurde U. Reichsstadt. Im Spätmittelalter gewann es mit
Hilfe der im Leinenhandel und Barchenthandel erzielten Erlöse mit rund 830
Quadratkilometern eines der größten reichsstädtischen Herrschaftsgebiete, das
bis ins obere Filstal reichte (1377/1385 Herrschaften Langenau und Albeck von
den Grafen von Werdenberg, 1396 Geislingen von den Grafen von Helfenstein und
1453 Leipheim von Württemberg). Zwischen 1357 und 1361 erlosch die
Reichsvogtei. 1397 gewann U. den Blutbann. 1377 begann es mit dem Bau des
Münsters. 1384/1395 kaufte es der Abtei Reichenau ihre alten Pfarrrechte ab.
1530 bekannte die Stadt sich zur Reformation und trat dann dem Schmalkaldischen
Bund bei. U. hatte Sitz und Stimme auf dem Reichstag und im schwäbischen
Reichskreis. Seit dem 17. Jahrhundert war es ständiger Tagungsort des schwäbischen
Reichskreises. Am Ende des 18. Jahrhunderts bestanden seine Güter aus der
oberen Herrschaft (Herrschaft Albeck und Teile der Grafschaft Helfenstein) mit
den Oberämtern Albeck, Langenau und Leipheim, den Ämtern Bermaringen, Böhringen
(Unterböhringen), Lonsee, Nellingen, Stötten, Stubersheim und Süßen und den
Orten Lehr und Mähringen. Außerdem hatte U. noch die Orte Ersingen,
Grimmelfingen und Gögglingen, ferner Anteile an den Orten Markbronn, Ringingen
und Wippingen. 1802/1803 fiel U. mit 17 Quadratmeilen bzw. 1260
Quadratkilometern und insgesamt 50000 Einwohnern an Bayern, 1810 mit dem
nördlich der Donau und westlich der Iller gelegenen Teil ihres Gebiets an
Württemberg. Danach wurde es Sitz der württembergischen Landvogtei an der
Donau. Über Württemberg kam es 1951/1952 an Baden-Württemberg.
L.: Wolff 211; Zeumer 555 III b 4; Wallner 685 SchwäbRK 6; Großer Historischer
Weltatlas II 66 (1378) E4, II 78 (1450) F4, III 22 (1648) E4, III 38 (1789) D3;
Schroeder 203ff.; Die Territorien des Reichs 5, 194; Ulmisches Urkundenbuch,
Bd. 1ff. 1873ff.; Hohenstatt, O., Die Entwicklung des Territoriums der
Reichsstadt Ulm, 1911; Lübke, K., Die Verfassung der freien Reichsstadt Ulm am
Ende des alten Reichs, Diss. jur. Tübingen 1935; Hölzle, E., Der deutsche
Südwesten am Ende des alten Reiches, 1938; Neusser, G., Das Territorium der
Reichsstadt Ulm im 18. Jahrhundert, 1964; Pee, H., Ulm, 2. A. 1967; Geiger, G.,
Die Reichsstadt Ulm vor der Reformation, 1971; Der Stadt- und Landkreis Ulm,
1972; Schmitt, U., Villa regalis Ulm und Kloster Reichenau, 1974; Schmolz, H.,
Herrschaft und Dorf im Gebiet der Reichsstadt Ulm, (in) Stadt und Umland, hg.
v. Maschke, E./Sydow, J., 1974; Wiegandt, H., Ulm, 1977; Der Stadtkreis Ulm.
Amtliche Kreisbeschreibung, 1977; Specker, H., Ulm. Stadtgeschichte, 1977;
Pfeifer, U., Die Geschichtsschreibung der Reichsstadt Ulm von der Reformation
bis zum Untergang des Alten Reiches, 1981; Göggelmann, H., Das Strafrecht der
Reichsstadt Ulm bis zur Carolina, 1984; Poh, M., Territorialgeschichte des
Alb-Donau-Kreises und der Stadt Ulm, 1988; Wiegandt, H., Ulm, 1989; Handbuch
der baden-württembergischen Geschichte, Bd. 2 1995, 731ff.; Lorenz, S., Ulm,
LexMA 8 1996, 1190ff.; Repertorium der Policeyordnungen der frühen Neuzeit, Bd.
8, hg. v. Kremmer, S. u. a., 2007.
Ungarn (Land). Die von Donau und Theiß
durchflossene, von den Karpaten umschlossene Tiefebene wurde zunächst von
Illyrern, Jazygen, Thrakern und Kelten bewohnt. 29 v. Chr. besetzte der
römische Prinzeps Augustus Mösien, 11-8 v. Chr. Tiberius Pannonien. Nach
zwischenzeitlichem Zustrom von Germanen wurde das gesamte Gebiet am Ende des 4.
Jahrhunderts von den Hunnen erobert. An ihre Stelle traten bald wieder Germanen
und danach Awaren und Südslawen, die unter König
Karl dem Großen in eine gewisse Abhängigkeit vom fränkischen Reich kamen. In
den Jahren nach 881 besetzten Magyaren (Ungarn) aus dem von ihnen spätestens
seit dem 5. Jahrhundert verwendeten Raum zwischen Ural, mittlerer Wolga und
Kama die gesamte Donauebene (895/896 Landnahme im Karpatenbecken). Unter dem
sie einenden Arpaden Geisa (Geza 970/972-997) als Großfürsten wurde das
vielleicht 500000 Köpfe zählende Volk christianisiert. Geisas Sohn Wajk
(Stephan der Heilige, 1001 König) heiratete die
Tochter des Herzogs von Bayern und begründete mit Hilfe Bayerns eine strenge
Alleinherrschaft. 1001 wurde das Erzbistum Gran (Észtergom) eingerichtet. Die
zwischen 1044 und 1100 entstandene Lehnshoheit des Kaisers wurde wieder
abgeschüttelt. Im 12. Jahrhundert wurden nacheinander Kroatien, Dalmatien,
Galizien und weitere Gebiete im Osten unterworfen. König
Andreas III. heiratete Gertrud von Andechs-Meranien und sicherte Siebenbürgen
mit Hilfe des Deutschen Ordens und herbeigerufener deutscher Bauern. König Bela IV. (1235-1270) nahm U. zum Schutz gegen
die Mongolen wieder vom Reich zu Lehen. Nach dem Aussterben der Arpaden (1301)
gewann Karl I. Robert von Anjou (1308) den Thron. 1358 wurde die Küste
Dalmatiens von Venedig erworben, 1370 Polen gewonnen (bis 1386). Ludwig der
Große vermählte seine Tochter mit dem Luxemburger Sigismund (1368-1437), den U.
nach schweren Kämpfen 1387 als König anerkannte.
Er verlor 1396 an die Türken die Walachei, Bosnien und Serbien, 1412 an Polen
die Moldau und andere Gebiete. Ihm folgte der mit seiner Tochter Elisabeth
vermählte Habsburger Albrecht V. (1437-1439), dann der nachgeborene Wladislaw
(Ladislaus) I. Postumus (1440-1457) und später der Sohn des zum Reichsverweser
gewählten Johann Hunyadi, Matthias Corvinus (1458-1490). Er gewann 1479 Mähren,
Schlesien und die Lausitz von Böhmen, 1485 Niederösterreich, Oststeiermark und
Wien von Österreich. Nach seinem Tod folgten auf Grund einer Gegenbewegung des
Adels Wladislaw II. (Ladislaus) von Böhmen und dessen Sohn Ludwig. Nach dessen
Niederlage bei Mohacs am 29. 8. 1526 gegen die Türken fiel U. östlich der Linie
Plattensee-Adria (Mitte und Süden) an das Osmanische Reich, im Übrigen auf
Grund Erbrechts und Wahl an Habsburg bzw. Österreich (Westen und Norden).
Gleichzeitig verselbständigte sich (im Osten) Siebenbürgen bis 1687. 1699 kam
ganz U. an Österreich. 1782 wurde Siebenbürgen mit U. vereinigt. Das 1804
errichtete Kaisertum Österreich schloss U. ein. Nach einem Aufstand 1849 wurde
U. einer harten Militärdiktatur unterworfen, die 1867 nach der Niederlage
Österreichs gegen Preußen (1866) durch einen Dualismus Österreich-Ungarn
abgelöst wurde. Am 11. 11. 1918 wurde U. Republik. 1945 verließ etwa die Hälfte
der (1941) 500000 in Ungarn lebenden Deutschen das Land.
L.: Timon, A., Ungarische Verfassungs- und Rechtsgeschichte, 2. A. 1909;
Szekfü, J., Der Staat Ungarn, 1918; Domanovsky, S., Geschichte Ungarns, 1923;
Hóman, B., Ungarns Mittelalter, Bd. 1f. 1940f.; Dokumentation der Vertreibung
der Deutschen aus Ostmitteleuropa Bd. 2: Das Schicksal der Deutschen in Ungarn,
1956; Polenz, P. v., Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, II, 51, Ungerland,
Landname, Ungarn, Pannonien; Bogyay, T., Grundzüge der Geschichte Ungarns,
1967; Die Geschichte Ungarns, hg. v. Planényi, E. (ins Deutsche übersetzt von
Alpári, T./Alpári, P.), 1971; Székely, A., Kleine ungarische Geschichte (ins
Deutsche übersetzt von Alpári, T./Alpári, P.), 1974; Halász, Z., Kurze
Geschichte Ungarns (ins Deutsche übersetzt von Köster, G.), 1974; Bogyay, T.
v., Grundzüge der Geschichte Ungarns, 3. A. 1977; Hoensch, J., Geschichte
Ungarns 1867-1983, 1984; Boshof, E., Das Reich und Ungarn in der Zeit der
Salier, Ostbairische Grenzmarken 28 (1986); Adrianyi, G., Beiträge zur
Kirchengeschichte Ungarns, 1986; Südosteuropa-Handbuch, Bd. 5, Ungarn, hg. v.
Grothusen, K., 1987; Die Geschichte Ungarns von den Anfängen bis zur Gegenwart,
hg. v. Hanák, P., 1988; Sugar, P./Hanak, P., History of Hungary, 1990; Hoensch,
J., Ungarn-Handbuch, 1991; Bak, J., Ungarn, LexMA 8 1996, 1224ff.; Fata, M.,
Ungarn, 2000; Molnár, M., A Concise History of Hungary, 2001; Krauss, K.,
Deutsche Auswanderer in Ungarn, 2003; Varga, G., Unganr und das reich, 2003;
Dalos, G., Ungarn, 2004.
Unterelsass (unterelsässische Ritterschaft bzw.
Unterelsässische Ritterschaft). Von 1651 bis 1678/1681 war auch Unterelsass
(die unterelsässische Ritterschaft bzw. Unterelsässische Ritterschaft) der
Reichsritterschaft angeschlossen, ehe sie 1680 unter die Herrschaft Frankreichs
geriet. 1773 zählten zum Kanton U. (der Reichsritterschaft) 40 Familien
(Andlau, Berkheim [Berckheim], Bernhold von Eschau [1775/1816], Berstett
[1893/1970], Bettendorf [Bettendorff], Birkenwald [Birckenwald] [1783], Bock
von Bläsheim und Gerstheim [1791/1792], Bodeck von Ellgau [1907], Böcklin von
Böcklinsau, Dettlingen, Eckbrecht von Dürckheim, Flachslanden [Ende 18. Jh.],
Gail, Gailing [Gayling von Altheim] [1940/1987], Glaubitz, Gohr zu Nahrstett
[1936], Grempp von Freudenstein [Gremp von Freudenstein] [20. Jh.], Haffner von
Wasselnheim [Wasslenheim] [1800], Albertini [1808], Joham von Mundolsheim
[1820], Kageneck, Landsberg [Landsperg] [1837/1842], Müllenheim, Neuenstein,
Oberkirch [1882/um 1930], Rathsamhausen [1819/1890], Röder von Diersburg,
Schauenburg, Schenk zu [von] Schmidtburg, Schönau [Schönau-Zell] [1847], Streit
von Immendingen [1858], Ulm zu Erbach, Volz von Altenau [Voltz von Altenau]
[1757/1807], Wangen [zu Geroldseck am Wasichen], Weitersheim [1839], Wetzel von
Marsilien [1797/1810], Wurmser von Vendenheim [1844/1851], Zorn von Bulach,
Zorn von Plobsheim [nach 1860], Zuckmantel von Brumath [1781/1789]).
L.: Wolff 296; Kageneck, A. Graf v., Über die Anerkennung des Freiherrenstandes
elsässisch-deutscher Familien durch König Ludwig
XV. im Jahre 1773, Deutsches Adelsarchiv 1963/1964 (1965), 15ff.
Urfersheim (Reichsdorf). Am 24. 9. 1300 verlieh König Albrecht dem Albert von Hohenlohe 200 Mark als
Burglehen und verpfändete ihm dafür unter anderem das Reichsdorf U. Dieses kam
später an Bayern.
L.: Hugo 460.
Uri (Kanton). Das seit dem 7. Jahrhundert
von Alemannen besiedelte Gebiet zwischen Sankt Gotthard und Vierwaldstätter See
war im 8. Jahrhundert, in dem U. 732 erstmals erwähnt wird, Herzogsgut, das
durch die Karolinger Königsgut wurde. 853 gab König Ludwig der Deutsche Königsgut
im Land an das Kloster Fraumünster (Frauenmünster) in Zürich. Danach gehörte es
zur Reichsvogtei Zürich, die seit dem 10. Jahrhundert die Grafen von Lenzburg,
seit 1173 die Herzöge von Zähringen und von 1218 bis 1226 pfandweise die Grafen
von Habsburg innehatten, die danach aber an das Reich zurückkam. 1231
bestätigte König Heinrich (VII.) die
Reichsunmittelbarkeit (Reichsvögte Grafen von Rapperswil?), die 1274 auch König Rudolf von Habsburg anerkannte, nachdem U. im
Interregnum infolge seiner Abgelegenheit tatsächlich weitgehende Selbständigkeit
erlangt hatte. 1291 schloss sich U. mit Schwyz und Unterwalden gegen Habsburg
im Bund der Waldstätte zusammen. Seit 1335 ist kein Reichsvogt in U. mehr
nachweisbar. 1359 kaufte U. die Güter des von den Grafen von Rapperswil
begünstigten Klosters Wettingen und löste danach auch die Rechte des
Fraumünsters (Frauenmünsters) in Zürich ab. Darüber hinaus dehnte es sich auf
Kosten von Glarus, der Abtei Engelberg und von Schwyz aus. 1410 nahm U. die
Reichsvogtei Urseren in ein ewiges Landrecht auf und errang so die Herrschaft
über die seit dem 13. Jahrhundert erschlossene Straße über den Sankt Gotthard.
1441 erlangte es von Mailand das Pfand an der Levantina, 1479/1480 diese
selbst. Zusammen mit Unterwalden und Schwyz gewann U. Blenio, Riviera und Bellinzona.
1516 wurde in der Eidgenossenschaft der südliche und westliche Teil des Tessins
erworben. 1798 kam der katholisch gebliebene Kanton mit Schwyz und Unterwalden
zum Kanton Waldstätte der Helvetischen Republik, wurde aber 1803 mit rund 1075
Quadratkilometern wiederhergestellt. 1928 wurde die Landsgemeinde durch
Urwahlen ersetzt.
L.: Wolff 521; Großer Historischer Weltatlas II 72 (bis 1797) F3; Matt, L. v.
u. a., Uri, Basel 1946; Oechslin, M./Dahinden, H., Land am Gotthard, Zürich
1965; Innerschweiz und frühe Eidgenossenschaft, Bd. 2 1995; Hitz, F., Uri,
LexMA 8 1996, 1297.
Ursberg, Ursperg (Abtei, Reichsstift, Kloster).
Zwischen 1119 und 1125 gab Werner IV. von Schwabegg U. an der Mindel bei
Bayersried dem Prämonstratenserorden, der dort (als Doppelstift) sein erstes,
bereits 1143 in den Schutz des Königs
aufgenommenes Kloster in Deutschland gründete, in dem 1229/1230 Burchard von U.
seine Chronik verfasste und das um 1350 zur Abtei erhoben wurde. Die Vogtei war
seit dem 13. Jahrhundert Reichslehen. Seit 1301 gehörte U. zur Markgrafschaft
Burgau. 1792 zählte U., das ein geschlossenes Herrschaftsgebiet mit 10 Dörfern
(1775 Tiefenried) mit etwa 17,5 Quadratmeilen und 3500 Einwohnern hatte, zu den
schwäbischen Prälaten der geistlichen Bank des Reichsfürstenrats des Reichstags
und zum schwäbischen Reichskreis. 1802/1803 wurde U. von Bayern säkularisiert.
L.: Wolff 185; Zeumer 552 II a 36, 6; Prim, F., Das Reichsgotteshaus Ursberg,
1960; Peters, W., Die Gründung des Prämonstratenserstifts Ursberg, Zs. f. bay.
LG. 43 (1980), 575; Lohmüller, A., Das Reichsstift Ursberg, 1987; Seibert, U.,
Ursberg, LexMA 8 1996, 1329f.; Kreuzer, G., Das Prämonstratenserstift Ursberg
(in) Suevia Sacra, hg. v. Liebhart, W. u. a., 2001.
Utrecht (Herrschaft, Niederstift). Am Ort einer
ehemaligen römischen Militärstation Traiectum (Übergang) ad Rhenum entstand
nach einer wahrscheinlich bereits am Ende des 6. Jahrhunderts bezeugten Kirche
spätestens in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts das Köln unterstellte
Bistum U. Der Sitz des Bischofs wurde zugleich Mittelpunkt einer Herrschaft U.,
die dem Bischof zustand (Niederstift U.). 1528/1529 trat Bischof Heinrich von
Bayern das Hochstift U. an Kaiser Karl V. ab. Dieser vereinigte das Niederstift
1536 verwaltungsmäßig mit Holland. 1579 trat das Niederstift als Provinz U. mit
rund 25 Quadratmeilen (U., Amersfoort, Rhenen, Wijk-bij-Duurstede [Wyk by
Duurstede], Montfoort, Oberquartier, Niederquartier, Eemland, Quartier
Montfoort) der Union der Niederlande (Generalstaaten) bei. Unter der Herrschaft
Frankreichs bildete es mit einem Teil Hollands das Département Zuiderzee, kam
1815 aber wieder als eigene Provinz an das Königreich
der Niederlande.
L.: Wolff 72; Oppermann, O., Untersuchungen zur Geschichte von Stadt und Stift
Utrecht, vornehmlich im 12. und 13. Jahrhundert, Westdt. Zs. 27/28 (1908/1909);
Reese, W., Die Niederlande und das Reich, Bd. 1 (bis 14. Jh.) 3. A. 1943.
Utrecht (Hochstift, Herrschaft, Oberstift,
Residenz des Bischofs). Am Ort einer ehemaligen römischen Militärstation Traiectum
(Übergang) ad Rhenum entstand nach mehreren erfolglosen Versuchen (1. Hälfte 7.
Jh., 690 Willibrord) erst in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts ein
(friesisches) Bistum, das dem Erzbischof von Köln untergeordnet war und das
Gebiet der heutigen Niederlande nördlich der Waal bis fast zur Ems umfasste.
Unter Bischof Adalbold (1010-1026) wurde 1024 die Grafschaft Drente südlich von
Groningen gewonnen, danach weitere Güter und Rechte (Teisterbant 1026,
Grafschaft am Ostufer der Zuiderzee 1042, Grafschaft im Hamaland 1046,
Westfriesland 1064, Staveren 1077, Oostergo (Ostergau), Westergo (Westergau)
1086, Ijsselgau 1086). Später entzogen sich die reichsfürstlichen Bischöfe
zunehmend dem königlichen Einfluss und
verfolgten eigene herrschaftliche Interessen, zu denen allerdings die Grafen
von Holland, die Stadt Utrecht sowie die Grafen von Geldern in Wettbewerb
traten. Ihr Herrschaftsgebiet zerfiel in die nach 1108 durch Geldern getrennten
Teile um U. im Westen (später sog. Niederstift mit U. zwischen Rhein und
Zuiderzee) sowie im Osten das Land zwischen Deventer und Groningen (später sog.
Oberstift bzw. Overijssel, zwischen Ijssel, Bentheim und Münster). Seit 1439
beanspruchte Burgund die Schutzherrschaft über U. (sowie Lüttich und Cambrai).
1528/1529 übertrug Bischof Heinrich von Bayern, der sich mit Geldern in Krieg
befand und einem Aufruhr im eigenen Herrschaftsgebiet gegenüberstand, das
Hochstift an Kaiser Karl V. als Nachfolger Burgunds. In der Folge annektierte
Habsburg das Herrschaftsgebiet. Das Niederstift wurde 1536 verwaltungsmäßig mit
Holland vereinigt und damit vom Oberstift (Overijssel) getrennt. Es trat 1579
als Provinz U. mit rund 25 Quadratmeilen (U., Amersfoort, Rhenen,
Wijk-bij-Duurstede bzw. Wijk-bij-Duurstedt, Montfoort, Oberquartier, Niederquartier,
Eemland, Quartier Montfoort) der Union der Niederlande (Generalstaaten) bei.
(1579/)1648 löste sich U. (Overijssel mit Drenthe) mit der Union der
Niederlande (Generalstaaten) vom Reich. Am Ende des 18. Jahrhunderts bildete U.
unter der Herrschaft Frankreichs mit einem Teil Hollands das Département
Zuidersee (Zuiderzee), kam 1815 aber wieder zum Königreich
Niederlande.
L.: Wolff 72f.; Großer Historischer Weltatlas II 74 (1363-1477) E1; Oppermann,
O., Untersuchungen zur Geschichte von Stadt und Stift Utrecht, vornehmlich im
12. und 13. Jahrhundert, Westdt. Zs. 27/28 (1908/09); Oorkondenboek van het
sticht Utrecht tot 1301, hg. v. Muller, S. u. a., Bd. 1ff. 1920ff.; Berkelbach
van der Sprenkel, J., Geschiedenis van het bisdom Utrecht van 1281-1305, 1923;
Reese, W., Die Niederlande und das Reich, Bd. 1 (bis 14. Jh.) 3. A. 1943;
Blijstra, R., 2000 jaar Utrecht, 1968; Große, R., Das Bistum Utrecht und seine
Bischöfe im 10. und frühen 11. Jahrhundert, 1987; Utrecht, 1988; Vlierden, M.
van, Utrecht, 1988; Utrecht tussen kerk en staat, hg. v. Stuip, R. u. a., 1991;
Große, R., Utrecht, LexMA 8 1996, 1351; Bauer, T., Lotharingien als
historischer Raum, 1997; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich,
hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 620, 1, 2, 604; Kuys, J., Kerkelijke
organisatie in het middeleeuwse bisdom Utrecht, 2004.
Uzwil, Uezwil, Uezwile, Urzwile (freie Leute).
Am 26. 2. 1409 bestätigte König Ruprecht dem
Eberhard von Ramschwag die freien Leute zu U. bei Sankt Gallen als
Reichspfandschaft.
L.: Hugo 474, 473.
Valangin, Valengin (Grafschaft). Die Grafen von
V. waren eine 1584 zurückkehrende Nebenlinie der Grafen von
Neuenburg/Neuchâtel. Deren Fürstentum kam nach dem Aussterben des Hauses
Orléans-Longueville 1707 durch Wahl der Stände an König
Friedrich I. in Preußen als testamentarischen Erben des 1702 mit Wilhelm III.
von England ausgestorbenen Hauses Oranien. 1805 überließ König Friedrich Wilhelm III. Neuenburg/Neuchâtel gegen
Hannover an Napoleon und dieser es 1806 an seinen Marschall Berthier. 1814 kam
es an Preußen zurück und wurde als 21. Kanton in die Eidgenossenschaft der
Schweiz aufgenommen. Am 1. 3. 1848 sagte es sich von Preußen los. Am 20. 4.
1857 verzichtete Preußen endgültig auf seine Rechte. 1861 gab der König von Preußen auch den Titel Graf von V. auf.
L.: Wolff 538; Thévenaz, L., Histoire du pays de Neuchâtel, 1948; Stribrny, W.,
Die Könige von Preußen als Fürsten von
Neuenburg-Neuchâtel, 1998.
Vallendar (Herrschaft). V. am unteren Mittelrhein
gegenüber von Koblenz wird anlässlich der Kirchenweihe 836 erstmals genannt.
1052 gab Kaiser Heinrich III. seinen Königshof
zu V. an das Stift Sankt Simon und Judas in Goslar. Am Ende des 13.
Jahrhunderts war der Hof in den Händen der Herren von Tomburg, im 15.
Jahrhundert kam er durch Heirat an die Burggrafen von Rheineck und die Waldbott
von Bassenheim. Im Dorf V. erlangte 1232 der Graf von Sayn die Herrschaft. Bei
der Teilung Sayns 1294 fiel die Herrschaft V. an Graf Engelbert, dessen Enkel
durch Heirat vor 1345 die Grafschaft Wittgenstein erbte. Durch Verkauf und
Rückkauf 1392/1441 kam es zur gemeinsamen Herrschaft von Sayn-Wittgenstein mit
dem Erzstift Trier. In dem daraus erwachsenden Rechtsstreit erlangte Trier 1681
durch Vergleich die Landeshoheit über die gesamte Herrschaft und belehnte die
Grafen von Sayn mit der Hälfte, die es 1767 durch Kauf aber wieder erwarb. Über
Trier gehörte V. zum kurrheinischen Reichskreis. Über Nassau und Preußen kam es
1946 an Rheinland-Pfalz. S. a. Sayn-Vallendar.
L.: Wolff 83, 285; Graafen, R., Vallendar, (in) Berichte zur Deutschen
Landeskunde 33/1 (1964); Gensicke, H., Landesgeschichte des Westerwaldes, 2. A.
1987; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 2, 629.
Veltlin (Tal, Landschaft, Untertanenland), ital.
Valtellina. Das Tal der oberen Adda war nach königlichen
Übertragungen im 10. und 11. Jahrhundert zum großen Teil in den Händen der
Bischöfe von Como, Pavia und Chur. Im Streit zwischen Como und Mailand geriet
es im 14. Jahrhundert unter die Herrschaft der Visconti bzw. Mailands. 1500
fiel es an Frankreich und 1512 infolge Eroberung als Untertanenland an
Graubünden. Reformationsversuche wurden 1620 unterdrückt. 1799 wurde das V.
Teil der Zisalpinischen Republik. 1814/1815 kam es mit der Lombardei an Österreich,
1859 an Sardinien und damit an das neue Königreich
Italien (1861).
L.: Wolff 535; Großer Historischer Weltatlas II 72 (bis 1797) H4; Camenisch,
E., Geschichte der Reformation und Gegenreformation in den italienischen
Südtälern Graubündens und den ehemaligen Untertanenländern Chiavenna, Veltlin
und Bormio, 1950; Besta, E., Storia della Valtellina e della Val Chiavenna, Bd.
1, 2 Mailand 1955/1964.
Venaissin (Grafschaft). 1229 trat Graf Raimund
VII. von Toulouse das V. in der Provence links der unteren Rhone (Carpentras,
Venasque, Avignon) im Königreich Burgund an den
Papst ab. 1234 erhielt er es als Lehen der Kirche zurück. Nach dem Aussterben
der Grafen beanspruchte Frankreich die Grafschaft. Dem Papst gelang es aber
1274, die Ansprüche abzuwehren. 1791 annektierte Frankreich die Grafschaft.
1797 erklärte sich der Papst mit der Entziehung einverstanden.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 34 (1138-1254) F5; Moreau, J.,
Dictionnaire de géographie historique, 1972, 286.
Venedig (Herzog, Stadtstaat). Seit dem Einbruch
der Langobarden in Oberitalien (568) entstanden in dem in römischer Zeit als
Venetia et Istria bezeichneten Gebiet innerhalb vorgelagerter Lagunen am
Nordende der Adria feste Siedlungen auf zunächst auseinanderliegenden Inseln,
die der Herrschaft von Byzanz unterfielen. Nach der Beseitigung des Exarchats
von Ravenna (751) verselbständigte sich der Ort trotz Fortbestandes der
byzantinischen Oberhoheit unter einem dux (Dogen). Bald wurde er zum
Haupthandelsplatz zwischen Ostrom und dem fränkischen Reich. Unter Kaiser Otto
dem Großen wurde eine gewisse Oberhoheit des Reiches anerkannt. Otto III.
verlieh dem Dogen Peter Orseolo II. den Titel dux Venetiae et Dalmatiae bzw.
dux Veneticorum et Dalmaticorum. In der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts
begründete V., das eben den alten Namen Rialto (ripa alta, hohes Ufer) abgelegt
hatte, den Veroneser Bund gegen den Kaiser von 1164, doch lenkten seine
Auseinandersetzungen mit Byzanz es ab. 1338 könnten rund 160000 Einwohner die
Lagunenorte bewohnt haben. 1339 begann nach dem Erwerb zahlreicher Güter im
Mittelmeer mit dem Gewinn der Mark Treviso die Bildung eines festländischen
Herrschaftsgebiets, das 1404/1405 über Padua, Vicenza, Verona, Brescia und
später fast bis Mailand, Cividale, Alpen, Adda und Po reichte (Feltre, Belluno,
Friaul). 1435 erklärte sich der Doge Francesco Foscari bereit, die
festländischen Erwerbungen, die altes Reichsgut waren, vom Kaiser zu Lehen zu
nehmen. Seit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts verlor V., das zwecks
Verhinderung der Verlandung 1488 die Umleitung der größten der in die Lagune
einmündenden Flüsse in die Adria beschloss, wichtige Positionen im Mittelmeer
(1462 Lesbos, 1470 Euböa, 1503 Lepanto, Koron, Navarino und Ägina) und mit der
Entdeckung des Seewegs nach Ostindien (1498) auch sein Monopol im Südosthandel.
Seit 1477 gewann es zwar Teile des Herzogtums Mailand und des Hochstifts
Trient, erlitt aber 1509 eine schwere Niederlage gegen Reich, Papst, Spanien
und Frankreich und verlor die neapolitanischen Häfen an Spanien, die Romagna an
den Papst und Riva, Rovereto und Ala an Österreich. 1510 annektierte es die 973
an das Hochstift Freising gelangte Grafschaft Cadore im Osten der Dolomiten.
1566 kam Naxos, 1570 Zypern (Cypern) und 1669 Kreta an die Türken. Seit dem 18.
Jahrhundert wurde V. zunehmend Protektorat Österreichs. 1797 besetzte
Frankreich V. Österreich erhielt das Gebiet östlich der Etsch und Dalmatien,
das übrige Land wurde der Zisalpinischen Republik und 1805 dem Königreich Italien Frankreichs angegliedert, zu dem
1805 auch noch der östliche Teil und Dalmatien kamen. 1809 wurden die
Departements Passerino (Udine) und Istrien (Capo d'Istria) mit Frankreichs
Illyrischen Provinzen vereinigt. 1815 gelangten Venedigs Gebiete zusammen mit
der Lombardei als Lombardo-Venezianisches Königreich
an Österreich, das sie 1866 an das neue Königreich
Italien (1861) abtreten musste.
L.: Kretschmayr, H., Geschichte von Venedig, Bd. 1ff. 1905ff.; Romanin, S.,
Storia documentale di Venezia, Bd. 1ff. 2. A. 1912f.; Battistella, A., La
Repubblica di Venezia, 1921; Pölnitz, G. v., Venedig, 1951; Hochholzer, H., Das
geschichtliche Raumgefüge Oberitaliens, 1956; Storia di Venezia, hg. v. Centro
internaz. delle arti e del costume, 1957; Eickhoff, E., Ven edig, Wien und die
Osmanen, 1970, 2. A. 1992, 3. A. 2008; Stato, società e giustizia, hg. v.
Cozzi, G., 1980; Cozzi, G., Repubblica di Venezia e stati italiani, 1982;
Zorzi, A., Venedig. Geschichte der Löwenrepublik, 1987; Fees, I., Reichtum und
Macht im mittelalterlichen Venedig, 1988; Ventura, P., Venedig. Geschichte
einer Stadt, 1988; Calimani, R., Die Kaufleute von Venedig. Die Geschichte der
Juden in der Löwenrepublik, 1988; Rösch, G., Der venezianische Adel bis zur
Schließung des großen Rats. Zur Genese einer Führungsschicht, 1989;
Castagnetti, A., Il Veneto, 1990; Storia di Venezia, Bd. 1ff. 1992ff.; Ortalli,
G., Venedig, LexMA 8 1996, 1459ff.; Venetien Istituto regionale per la storia
del movimento di liberazione nel Friuli-Venezia Giulia, Friuli e Venezia
Giulia, 1997; Heller, K., Venedig, 1999; Rösch, G., Venedig, 2000; Venice
Reconsidered, hg. v. Martin, J. u. a., 2000; Fees, I., Eine Stadt lernt
schreiben, 2002; Chauvard, J., La circulation des biens à Venise, 2005;
Landwehr, A:, Die Erschaffung Venedigs, 2007; Eickhoff, E., Venedig - spätes
Feuerwerk, 2006, 2. A. 2007; Dorigo, W., Venezia romanica, 2003; Mathieu, C.,
Inselstadt Venedig, 2007; Gottsmann, A., Venetien 1859-1866 (mit Karte);
Müller, R., Immigrazione e cittadinanza nella Venezia medievale, 2010 rund 3630
Menschen von 1200 bis 1500).
Venningen (Freiherren, Reichsritter). Die V. waren
mit Dühren, Eichtersheim;, Grombach, Neidenstein, Rohrbach und Weiler Mitglied
des Kantons Kraichgau des Ritterkreises Schwaben. Seit 1518 hatten sie sieben
Zwölftel von Königsbach bei Pforzheim als Lehen
Brandenburgs, die sie 1650 an Daniel Rollin de Saint-André (Saint André)
verkauften. Von 1614 bis 1629 waren sie wegen eines Schlosses zu Talheim auch
im Kanton Kocher immatrikuliert. Im 18. Jahrhundert gehörten sie zum
Ritterkreis Rhein.
L.: Roth von Schreckenstein 2, 595; Hölzle, Beiwort 63; Winkelmann-Holzapfel
166; Schulz 273; Lurz, M., Die Freiherren von Vennungen, 1997.
Vercelli (Stadtkommune). Bei dem von den Ligurern
an die Römer gelangten V. (Vercellae) an der Sesia wurden 101 v. Chr. die
Kimbern von den Römern geschlagen. Seit etwa 340 war der Ort Sitz eines
Bischofs, später Mittelpunkt eines Herzogtums der Langobarden und einer
fränkischen Grafschaft. Seit dem 12. Jahrhundert (1141) sind consules in der
durch Handel reich werdenden Stadt bezeugt. Nach inneren Parteikämpfen fiel V.
1335 an die Visconti bzw. Mailand, 1427 an Savoyen und kam über Sardinien mit
diesem zum Königreich Italien (1861).
L.: Großer Historischer Weltatlas II 48 (1300) C2; Maragnoni, G., Vercelli,
1931; Brizio, A. M., Vercelli, 1935; Keller, H., Adelsherrschaft und städtische
Gesellschaft in Oberitalien, 1979; Ordano, R., Storia di Vercelli, 1982;
Andenna, G., Vercelli, LexMA 8 1996, 1495ff.; Libro delle investiture del
comune di Vercelli, hg. v. Degrandi, A., 2005; I Libri iurium duecenteschi del
comune di Vercelli, hg. v. Fissore, G., 2 1-2, 2009
Verden (Hochstift, Fürstentum, Herzogtum,
Residenz des Bischofs). V. an der Aller wird 810 erstmals als Ferdi (Furt)
erwähnt. Vielleicht wurde um 785 oder etwas später von König
Karl dem Großen dort ein Bistum gegründet. 985 erhielt der Mainz unterstellte
und seit 849 nachweisbare Bischof die Grafenrechte im Sturmigau und das
Marktrecht und Münzrecht für V., das 1192 erstmals Stadt genannt wird. Die erst
im 12. Jahrhundert erkennbare Diözese reichte von V. bis in die Altmark. Das im
12. und 13. Jahrhundert entstandene weltliche Herrschaftsgebiet der seit dem
Ende des 12. Jahrhunderts in Rotenburg residierenden Bischöfe war sehr klein
und umfasste an geschlossenem Gut nur V., einige Dörfer der Umgebung (1283/1288
Dörverden, Schneverdingen, Visselhövede, Scheeßel, Freibann in Neuenkirchen und
Hellwege) und die Herrschaft Rotenburg an der Wümme. 1566 wurde das Bistum
reformiert. Das Hochstift, das seit 1512 zum niederrheinisch-westfälischen
Reichskreis gehörte, kam unter lutherische Administration erst
Braunschweig-Wolfenbüttels, später Dänemarks und Schwedens (1632). 1648 fiel es
als säkularisiertes, später mit Bremen verbundenes Herzogtum an Schweden, wurde
1712/1714 nach hannoverscher Eroberung von Dänemark an Hannover verkauft und
1719 von Schweden abgetreten. 1806 wurde es (mit 24 Quadratmeilen mit 20000
Einwohnern) von Preußen besetzt, 1807 von Frankreich, das es 1810 annektierte.
1813/1815 kam es wieder an Hannover und damit 1866 an Preußen und 1946 an
Niedersachsen.
L.: Wolff 331f.; Zeumer 553 II b 23; Wallner 702 WestfälRK 10; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) E2, III 22 (1648) D2, III 38 (1789) C1;
Schnath, G./Lübbing, H./Engel, F., Niedersachsen, (in) Geschichte der deutschen
Länder, Bd. 1; Wichmann, F., Untersuchungen zur ältesten Geschichte des Bistums
Verden, Diss. phil. Göttingen 1905; Siedel, A., Untersuchungen über die
Entwicklung der Landeshoheit und der Landesgrenzen des ehemaligen Fürstbistums
Verden bis 1586, 1915; Müller, E., Die Entstehungsgeschichte der sächsischen
Bistümer unter Karl dem Großen, Diss. phil. Göttingen 1938; Engelke, B., Die
Grenzen und Gaue der älteren Diözese Verden, Niedersächs. Jb. f. LG. 21 (1948);
Der Landkreis Verden, hg. v. Seedorf, H., 1962; Drögereit, R., Dom und Bistum
Verden, 1970; Dom und Bistum Verden an der Aller. Ergebnisse neuer Forschung,
bearb. v. Stellmann, M., 1970; Der Landkreis Verden, bearb. v. Berner, F.,
1972; Geschichte Niedersachsens, hg. v. Patze, H., Bd. 1 1977; Nerger, K.,
Verden unter schwedischer Hoheit, 1986; Fiedler, B., Die Verwaltung der
Herzogtümer Bremen und Verden in der Schwedenzeit 1652-1712, 1987; Vogtherr,
D., Bistum und Hochstift Verden, (in) Geschichte des Landes zwischen Elbe und
Weser, Bd. 2 1995, 279; Schubert, E., Verden, LexMA 8 1996, 1499f.; Geschichte
Niedersachsens, hg. v. Schubert, E., Bd. 2,1 1997; Urkundenbuch der Bischöfe
und des Domkapitels von Verden, Bd. 1f., hg. v. Mindermann, A., 2001ff.;
Immunität und Landesherrschaft, hg. v. Kappelhoff, B. u. a., 2002; Drecktrah,
V., Die Gerichtsbarkeit in den Herzogtümern Bremen und Verden, 2002; Höfe und
Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 627,
1, 2, 607.
Verden (Reichsstadt). Das erstmals 810 genannte
V. an der Aller erscheint 1192 als Stadt. Diese löste sich allmählich von der
Herrschaft des Bischofs und wurde seit 1405 als Reichsstadt behandelt. Da sie
bei der Aufstellung der Reichsmatrikel 1521 mit einem angeblich zu hohen Ansatz
von 60 Gulden monatlich belastet wurde, schwankte sie zwischen
Reichsstandschaft und Landstandschaft. 1554 bat der Rat um Exemtion von der
Reichsmatrikel.
L.: Wolff 332; Hodenberg, W. v., Verdener Geschichtsquellen, Bd. 1f. 1856ff.;
Meyer, C., Stadtgeschichte von Verden, 1913; Weise, E., Stadt und Bistum Verden
im Mittelalter, Mitt. d. Stader Geschichtsvereins 30 (1955), 35ff.; Der
Landkreis Verden, bearb. v. Berner, F., 1972; Schünemann, D., Vor- und
Frühgeschichte der Stadt Verden, 1986; Schöttler, W., Die Stadt Verden im
Kürfürstentum und Königreich Hannover, 1986;
Siemers, J., Verden, 1986; Nerger, K., Geschichte der Stadt Verden, 1992.
Verdun (Hochstift, Residenz des Bischofs), mhd.
Virten. Um 350 gründete Sanctinus das stets klein bleibende (ca. 3000 Quadratkilometer)
Bistum V. an der Maas. Unter dem merowingischen König
Dagobert I. erhielt es reiche Güter. In der Mitte des 9. Jahrhunderts wurde es
dem Erzbistum Trier unterstellt. 879 kam es zu Ostfranken. 997 bestätigte
Kaiser Otto III. dem Hochstift die Übertragung der Grafschaft V. durch die
bisherigen Grafen (Reichsunmittelbarkeit). Die Vogtei fiel in der Mitte des 12.
Jahrhunderts von den Grafen von Bar an die Stadt V. bzw. an das Patriziat. Das
Bistum geriet danach aber in starke Abhängigkeit vom Papst. Nach dem Aufstieg
Verduns zur Reichsstadt wählte der Bischof Hattonchâtel zum Verwaltungssitz
seines nicht sehr großen, im Kern der Diözese an der oberen Maas gelegenen
weltlichen Herrschaftsgebiets, das bald deutlich von Lothringen abhängig wurde.
1552 besetzte Frankreich, dem Moritz von Sachsen ohne Legitimation die
Schutzherrschaft über das Hochstift eingeräumt hatte, als Reichsvikar die
calvinistisch gewordene Stadt und später das Hochstift. 1648 kamen beide an
Frankreich. Bis 1711 blieb V. als Bistum Trier unterstellt.
L.: Wolff 302; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) C4; Die Territorien
des Reichs 5, 96; Roussel, N., Histoire ecclésiastique et civile de Verdun, Bd.
1f. 2. A. 1864/1865; Clouet, M., Histoire de Verdun et du pays Verdunois, Bd.
1ff. 1867ff.; Morret, B., Stand und Herkunft der Bischöfe von Metz, Toul und
Verdun, 1911; Hübinger, P., Die weltlichen Beziehungen der Kirche von Verdun zu
den Rheinlanden, 1935; (Polenz, P. v., Landschafts- und Bezirksnamen, 1961,
309, Virdunensis, comitatus, pagus, territorium;) Histoire de Verdun, hg. v.
Girardot, 1982; Hirschmann, F., Verdun, LexMA 8 1996, 1505ff.; Bauer, T.,
Lotharingien als historischer Raum, 1997; Puhl, R., Die Gaue und Grafschaften
des frühen Mittelalters im Saar-Mosel-Raum, 1999, 369 (Verdungau) ; Escher, M.
u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 465; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 630, 1, 2, 607;
Petry, C., Faire des sujets du roi, 2006.
Verona (Markgrafschaft, Stadtkommune, Stadtstaat).
V. an der mittleren Etsch kam vielleicht von den Rätern 89 v. Chr. an die
Römer. Wahrscheinlich war es seit dem 3. Jahrhundert Sitz eines Bischofs. Nach
dem Sieg über Odoaker 489 errichtete in dem deutsch Bern genannten Ort
Theoderich der Große (Dietrich von Bern) seine Residenz. Unter den Langobarden
war Verona Sitz des Königs Alboin, ab 572 eines
langobardischen Herzogs, ab 774 eines fränkischen Grafen. 952 trennte König Otto I. zur Sicherung des Brennerübergangs das
Gebiet an der Etsch als Mark Verona vom Reich Berengars von Ivrea ab und
belehnte damit den Herzog von Bayern. 976 kam diese Mark zum neuen Herzogtum
Kärnten, war aber seit dem Aussterben der Eppenstein (Eppensteiner) 1122 nur
noch durch Personalunion mit ihm verbunden, wurde später als Mark Treviso
bezeichnet und verlor im Interregnum (1254-1273) ihre sachliche Bedeutung. Am
Anfang des 12. Jahrhunderts erlangte die Stadt Selbständigkeit (1136 Konsuln).
1164/1167 war sie maßgeblich an der Gründung des lombardischen Städtebunds beteiligt.
1193 erwarb sie Garda und erweiterte damit ihr Herrschaftsgebiet erheblich.
Nach einer Blütezeit unter Ezzelino da Romano (1222-1259, 1254 rund 30000
Einwohner) und den della Scala (Scaliger 1262-1387, 1263 Signorie) fiel V.
1387/1389 an die Visconti von Mailand und 1405 an Venedig. Mit Venetien kam es
1797 an Österreich, 1805 zum Königreich Italien
Frankreichs, 1814 wieder an Österreich und 1866 mit Venetien an das neue Königreich Italien (1861).
L.: Großer Historischer Weltatlas II 18 (919-1056) G4, 66 (1378) F6; Cipolla,
C., La storia politica di Verona, Verona 1954; Verona e il suo territorio, hg.
v. Istituto per gli studi storici veronesi, 1960ff.; Mor, C. G., Verona e il
suo territorio, 1964; Cipolla, C., Compendio della storia politica di Verona,
1976; Castagnetti, A., La Marca veronese-trevigniana, 1986; Varanini, G.,
Verona, LexMA 8 1996, 1546ff.
Vicenza (Stadtkommune). V. am Bacchiglione wurde
49 n. Chr. römisches Munizipium (Vicetia). Im 6. Jahrhundert wurde es Sitz
eines Bischofs und eines langobardischen Herzogs (568/569), nach 774 eines
fränkischen Grafen. Seit 952 gehörte es der Mark Verona an. Stadtherr wurde der
Bischof. Im 12. Jahrhundert entwickelte sich V. zur freien Gemeinde (1147
consules). 1167 schloss es sich dem Städtebund der Lombardei (Lombardenbund)
an. 1236 und 1311 wurde es von Verona erobert und kam dann 1404 mit Verona zu
Venedig, 1797 an Österreich, 1805 an das Königreich
Italien Frankreichs, 1814 wieder an Österreich und 1866 mit Venetien zum neuen Königreich Italien (1861).
L.: Großer Historischer Weltatlas II 48 (1300) D2; Rumor, S., Bibliografica
storia della città e provincia di Vicenza, Bd. 1f. 1916ff.; Mori, C., Vicenza e
la sua provincia, 1932; Bognetti, G. u. a., Vicenza nell'alto Medio Evo, 1959;
Storia di Vicenca, hg. v. Cracco, G., Bd. 2 1988; Varanini, G., Vicenca, LexMA
8 1996, 1624f.
Vienne (Erzstift). V. an der Rhone kam als
Hauptort der keltischen Allobroger 121 v. Chr. an die Römer (Vienna). 314 war
es Vorort der diokletianischen Diözese Viennensis und Sitz eines Bischofs (Ende
des 3. Jahrhunderts?), seit 430 eines Erzbischofs. Um 468 wurde es Hauptort der
Burgunder. 534 fiel es an die Franken. 879 bestimmte Graf Boso von V. es zum
Hauptort des von ihm gegründeten Königreichs
Niederburgund, das 928 in Hochburgund aufging. 1023 wurden die Erzbischöfe
Grafen, verloren aber die Grafschaft im 12. Jahrhundert an die Grafen der
Dauphiné. 1448 erreichte Frankreich in der Nachfolge der Grafen der Dauphiné
die Anerkennung als Lehnsherr. 1730/1801 wurde das Erzstift aufgehoben.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 6 c (7./8. Jh.) A1; Faure, C., Histoire de la
réunion de Vienne á la France, 1907; Clément, P., Vienne sur le Rhône. La ville et les habitants, 1955; Cavard, P.,
Vienne, 1975; Chomel, V., Vienne, LexMA 8 1996, 1646ff.
Vogtland (Reichsland). Das Gebiet an der oberen
Weißen Elster zwischen oberer Saale und dem Quellgebiet der Zwickauer Mulde,
das nach dem Abrücken der Germanen vom 6. bis 9. Jahrhundert von Sorben besetzt
wurde, wurde seit dem 10. Jahrhundert als Teil des Reiches angesehen. 1122
wurde Plauen kirchlicher Mittelpunkt. Vermutlich setzte bereits Kaiser
Friedrich I. Barbarossa Vögte (Vogtei über Kirchengut Quedlinburgs um Gera?)
als Verwalter ein. Seit 1209 nannte sich ein Geschlecht, das vielleicht aus der
Gegend von Mühlhausen (oder aus der Gegend von Zeitz) stammte, ursprünglich zur
Ministerialität der Welfen gehörte und bereits seit 1122 in Weida die
Reichsrechte verwaltete, Vögte (advocati) von Weida. Die von den Vögten
geleitete Ansiedlung ostfränkischer, bayerischer und thüringischer Bauern nahm
die slawische Vorbevölkerung in sich auf. Den Vögten gelang die allmähliche
Umwandlung ihres Reichsamts in Reichslehen. Ihr Herrschaftsgebiet um Pausa, Voigtsberg
(Vogtsberg), Weida, Gera und Plauen erhielt den Namen V. (1317 woyte lande,
1343 terra advocatorum). Es erstreckte sich zwischen der oberen Saale
(Ziegenrück, Saalburg, Lobenstein), der Regnitz (Hof), dem Egerland (Asch,
Selb, Adorf), der Pleiße (Werdau, Schmölln), Gera und Ronneburg. In ihm lagen
auch Güter etwa der Grafen von Everstein, der Grafen von Lobdeburg, der Grafen
von Orlamünde und der Markgrafen von Meißen. Seit der zweiten Hälfte des 13.
Jahrhunderts strebten sowohl die Markgrafen von Meißen wie auch die Könige von Böhmen nach der Herrschaft über das Gebiet.
Seit der Mitte des 14. Jahrhunderts gingen die Güter dem durch häufige
Erbteilungen geschwächten Geschlecht zunehmend verloren (Voigtsberg [Vogtsberg]
1357, Mylau 1367, Wiesenburg bis 1394, Schönfels-Werdau bis 1398, Weida
1404-1427). 1373 wurden Hof und das Regnitzland an die Burggrafen von Nürnberg
verkauft, 1459/1466 nahmen die Wettiner (Kursachsen) das V. vom König von Böhmen zu erblichem Lehen. 1466 zogen sie
die Herrschaft Plauen von einer als Burggrafen von Meißen titulierten Linie der
Vögte an sich. 1485 kam das V. an die ernestinische Linie der Wettiner. Nur
Güter um Greiz, Schleiz und Lobenstein blieben in der Hand der von den Vögten
abstammenden Grafen von Reuß. 1547 musste Plauen von der ernestinischen Linie
mit anderen böhmischen Lehen an Burggraf Heinrich IV. von Meißen aus dem Hause
Plauen (Heinrich V. von Plauen, Kanzler von Böhmen) zurückgegeben werden, fiel
aber 1559 als Pfand, 1575 endgültig beim Aussterben der Burggrafen an Sachsen
(seit 1602 vogtländischer Kreis) und kam damit von 1949 bis 1990 an die
Deutsche Demokratische Republik.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 34 (1138-1254) G3, II 66 (1378) F/G3;
Biedermann, J., Geschlechts-Register der loeblichen Ritterschafft im
Voigtlande, 1752, Neudruck 1989; Vogel, W., Über den Titel ”Advocatus” der
Herren von Weida, Gera und Plauen, Diss. phil. Jena 1905; Schmid, B.,
Geschichte des Reußenlandes, Bd. 1f. 1923ff.; Leipoldt, J., Die Geschichte der
ostdeutschen Kolonisation im Vogtland, Diss. phil. Leipzig 1927, Mitt. d. Ver.
f. vogtländ. Gesch. und Altertumskunde 26 (1928); Flach, W., Die Urkunden der
Vögte von Weida, Gera und Plauen bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts, 1930;
Schlesinger, W., Egerland, Vogtland, Pleißenland, (in) Forschungen zur
Geschichte Sachsens und Böhmens, hg. v. Kötzschke, R., 1937; Kötzschke, R., Das
Vogtland als Grenzraum in der deutschen Geschichte, 1940; Wille, H./Pritsche,
W., Vogtland, 1961; Werner, M., Vogtland, LexMA 8 1996, 1815; Neumeister, P.,
Beobachtungen und Überlegungen zur Herkunft der Vögte, N. A. f. sächs. Gesch.
68 (1997), 1; Billig, G., Pleißenland – Vogtland, 2002; Das nördliche Vogtland
um Greiz, hg. v. Hempel, G. u. a., 2006.
Volterra (Stadtkommune). Im 7./6. Jh. v. Chr. entstand
das etruskische Velathri, das später zum römischen Volaterrae wurde. Seit der
zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts hatte dort ein Bischof seinen Sitz. Nach 774
n. Chr. wurde es Sitz eines Grafen. Im 11. und 12. Jahrhundert erhielt V.
zahlreiche kaiserliche Privilegien und erlangte im 13. Jahrhundert die Freiheit
von der Stadtherrschaft des Bischofs. 1361, endgültig 1472, fiel es an Florenz,
das als Herzogtum 1737 an Österreich, 1801 zum Königreich
Etrurien Frankreichs, 1808 zu Frankreich, 1814 an Österreich und schließlich
1859 zu Sardinien bzw. (1861) zu Italien kam.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 48 (um 1300) D3; Fiumi, E., Statuti di
Volterra, 1951; Ferrini, P., Volterra, 1954; Volpe, G., Toscana medievale,
1964; Luzzati, M., Volterra, LexMA 8 1996, 1844.
Vorderösterreich (Herrschaftsgruppe, Güterkomplex). Zu
dem ursprünglichen Hausgut der Grafen von Habsburg (in der Schweiz und) im
Elsass erwarben die Habsburger, von denen sich schon (König)
Rudolf I. um eine Erneuerung des 1268 erloschenen Herzogtums Schwaben bemüht
hatte, 1368 Freiburg im Breisgau und die Landgrafschaft Breisgau, 1381 die
Landvogtei in Schwaben und die Gebiete der Grafen von Hohenberg, 1398 Sargans,
1403 von Habsburg-Laufenburg Laufenburg und Säckingen, 1504/1505 die Landvogtei
Hagenau im Elsass (1551/1556/1771) und die Ortenau (1551/1556) sowie
verschiedene 1369 an Wittelsbach verlorene Gebiete. 1379 fielen diese Güter an
die leopoldinische Linie Habsburgs (bis 1490). Seit dem 15. Jahrhundert (1444)
kam für sie der Name vordere Lande (vor dem Arlberg) auf, später die
Bezeichnung V. Bis 1499 gingen die südwestlichen Güter an die Eidgenossenschaft
der Schweiz verloren. Seit 1536 wurden aus dem Elsass die Landgrafschaft
Oberelsass mit Sitz in Ensisheim und die Reichslandvogtei im Elsass mit der
Schutzvogtei über 40 Reichsdörfer und die elsässischen Reichsstädte außer
Straßburg, aus dem Breisgau die Grafschaft Hauenstein und Herrschaft Laufenburg
sowie die Herrschaften Kastelberg und Schwarzenberg, Kürnberg (Kirnberg),
Rheinfelden und Triberg, aus Schwäbisch-Österreich die Markgrafschaft Burgau,
die Reichsgrafschaft Hohenberg, die Landgrafschaft Nellenburg (Stockach) und
die Landvogtei in Oberschwaben und Niederschwaben, die Stadt Konstanz (1548),
aus Vorarlberg die Herrschaft Hohenems (1765) und die Grafschaft Feldkirch
sowie von sonstigen Gütern die Landvogtei Ortenau (Offenburg), die
Reichsgrafschaft Tettnang (1780) mit der Herrschaft Argen und Wasserburg und
die Reichsgrafschaft Falkenstein in der Pfalz (1745/1765) sowie Lindau (1804)
und Rothenfels (1804) als V. bezeichnet. Dieses gehörte größtenteils dem
österreichischen Reichskreis an. Von 1564 bis 1665 standen die Güter innerhalb
Habsburgs der Tiroler Linie zu. 1648 gingen das Gebiet im Elsass und Breisach
an Frankreich über, 1679 auch Freiburg im Breisgau. 1697 kamen Breisach und
Freiburg im Breisgau zurück. Zuletzt umfasste V. 9000 bzw. 25000
Quadratkilometer mit 400000 bzw. 670000 Einwohnern und 161000 Gulden
Einkünften. Die Verwaltung erfolgte zunächst in Innsbruck und für Elsass und
Breisgau in Ensisheim (seit 1651 Freiburg im Breisgau), seit 1752/1759 in
Freiburg im Breisgau, seit 1782 aber wieder (für Vorarlberg) in Innsbruck. 1803
musste der Breisgau an den Herzog von Modena abgetreten werden. 1804 kam er,
verkleinert um das an die Schweiz gefallene Fricktal, an seinen Schwiegersohn
Ferdinand von Österreich-Este. 1805 fielen Breisgau und Ortenau an Baden, die
übrigen Teile Vorderösterreichs an Württemberg (, Hohenzollern) und Bayern, die
auch die 1804 erworbenen Gebiete von Lindau und die Reichsgrafschaft Königsegg-Rothenfels erhielten. 1810 tauschten Baden,
Württemberg und Bayern untereinander Gebiete aus. 1814/1816 fiel Vorarlberg
außer einigen Teilen der Reichsgrafschaft Bregenz und Hohenems an Österreich
zurück.
L.: Wolff 40; Großer Historischer Weltatlas III 22 (1648) D5; Haselier, G., Die
Oberrheinlande, (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Die Territorien
des Reichs 4, 256; Hölzle, E., Der deutsche Südwesten am Ende des alten
Reiches, 1938; Stolz, O., Geschichtliche Beschreibung der ober- und
vorderösterreichischen Länder, 1943; Feine, H., Die Territorialbildung der
Habsburger im deutschen Südwesten, ZRG GA 67 (1950); Bader, K., Der deutsche
Südwesten in seiner territorialstaatlichen Entwicklung, 2. unv. A. 1978;
Vorderösterreich, hg. v. Metz, F., 1959, 3. A. 1978, 4. A. 2000;
Vorderösterreich in der frühen Neuzeit, hg. v. Maier, H./Press, V., 1989;
Speck, D., Die vorderösterreichischen Landstände im 15. und 16. Jahrhundert,
1989; Baum, W., Die Habsburger in den Vorlanden, 1993; Scheibelreiter, G.,
Vorderösterreich, LexMA 8 1996, 1848; Vorderösterreichische Regierung und
Kammer 1753-1805, Bd. 1ff. 1998ff.; Die Habsburger im deutschen Südwesten, hg.
v. Quarthal, F. u. a., 1999; Vorderösterreich am oberen Neckar und oberer
Donau, hg. v. Zekorn, A. u. a. 2002.
Wachau (Tal). 823/830 ist der Name Wahowa für
die Gegend um Spitz in Niederösterreich bezeugt, die durch König Ludwig den Deutschen an Niederaltaich kam. Von
dort ging sie an die Herzöge von Bayern, welche die Kuenringer (bzw. Herren von
Kuenring) und im 14. und 15. Jahrhundert die Herren von Maissau belehnten.
Später bildete unter allmählicher Ausdehnung des Inhalts der Bezeichnung das
Tal W. einen Selbstverwaltungsbezirk, dessen besondere Rechte im 18. Jahrhundert
bezeugt wurden. Im 19. Jahrhundert wurde der Name auf das Donautal zwischen
Krems, Emmersdorf, Mautern und Melk erstreckt.
L.: Stowasser, O., Das Tal Wachau und seine Herren von Kuenring, 1927; Lechner,
K., Die herzoglich bayrischen Lehen im Lande unter der Enns, 1930 (ungedr.);
Polenz, P. v., Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, II, 44 Wachouwa; Eppel, F.,
Die Wachau, 1964.
Waldburg-Scheer (Grafen, Truchsessen),
Waldburg-Friedberg-Scheer. Scheer an der Donau bei Sigmaringen kam 1267 an den
Grafen von Montfort, der es 1289 an König Rudolf
von Habsburg verkaufte. 1314 verpfändete Habsburg Scheer an die Grafen von
Montfort, seit 1369 vereinigt mit der Grafschaft Friedberg. Beide kamen
1452-1454 an die Truchsessen von Waldburg. Scheer wurde bald Sitz einer
eberhardischen, später einer jakobischen Linie. 1786 wurde Friedberg-Scheer,
das über die Truchsessen zum schwäbischen Reichskreis zählte und seit 1680 nur
noch Mannlehen Österreichs war, durch die Erben der 1772 ausgestorbenen Linie
Waldburg-Trauchburg an die Fürsten von Thurn und Taxis verkauft. Deren 1787
geschaffene reichsunmittelbare gefürstete Grafschaft kam 1806 an Württemberg
und damit das Gebiet 1951/1952 an Baden-Württemberg.
L.: Gumpelzhaimer 85; Mayer, D., Die Grafschaft Sigmaringen und ihre Grenzen im
16. Jahrhundert, 1959; Der Kreis Saulgau, 1971.
Waldeck (Grafschaft, Fürstentum, Freistaat). Die
Burg W. (1120 Waldekke) über der Eder im alten Stammesherzogtum Sachsen kam vor
1180 vermutlich von den Grafen von Ziegenhain an die seit Anfang des 11.
Jahrhunderts nachweisbaren Grafen von Schwalenberg (südöstlich Detmolds). Sie
wurde Mittelpunkt von Gütern um Arolsen, die durch Heirat von den Herren von
Itter angefallen oder aus der Vogtei des Hochstifts Paderborn gewonnen worden
waren. Nach dem Sturz des Lehnsherren Heinrich des Löwen 1180 nannten sich die
Grafen auch Grafen von W. Für eine Linie wurde 1219 bzw. 1228/1229 das Gebiet
an der mittleren Eder um W. und Korbach von der Grafschaft Schwalenberg
(Schwalenberg-Sternberg) abgetrennt. Umgeben von den Erzstiften Köln und Mainz
sowie der Landgrafschaft Hessen gelang den zum wetterauischen
Reichsgrafenkollegium zugeordneten Grafen bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts
der Ausbau der Herrschaft (1263/1294 Gericht Wildungen, 1288 Burg Lichtenfels
mit Fürstenberg und Sachsenberg, 1414/1415 Gogericht Flechtdorf von den
Padberg). 1349 wurde W. Reichslehen und damit als reichsunmittelbar anerkannt.
1431/1438 kam es in den 1397 entstandenen Linien Landau (südöstlich Arolsens)
und W. unter Landeshoheit und Lehnshoheit Hessens (später Hessen-Kassels). 1495
beerbte die Linie W. die Linie Landau. Danach wurde das seit 1525 allmählich
lutherische W. mehrfach (1507 drei Linien, 1607 zwei Linien) (Eisenberg,
Wildungen) geteilt, errang aber 1625 durch Erbvertrag die zum westfälischen
Reichsgrafenkollegium gehörige, ursprünglich schwalenbergische Grafschaft
Pyrmont an der mittleren Weser und 1639/1648 die Herrschaften Cuylenburg
(Kuilenburg, niederl. Culemborg) und Tonna sowie 1648 die Landeshoheit und 1682
(Georg Friedrich v. W.)/1711 (Hauptlinie) die Reichsfürstenwürde (1719
Virilstimme im Reichsfürstenrat) und wurde beim Aussterben der Linie Eisenberg
unter der Linie Wildungen 1692 vereinigt (seit 1728 Residenz in Arolsen). Das
Haus kam nicht in den Reichsfürstenrat. Es zählte zum oberrheinischen
Reichskreis (Fürstenbank). Durch den Beitritt zum Rheinbund erhielt es, ebenso
wie das für die Zeit von 1805/1806-1813 für einen Bruder des Fürsten
geschaffene Fürstentum Waldeck-Pyrmont, 1807 die Souveränität. Im Januar 1814
gab Fürst Friedrich dem Land eine Verfassung, die jedoch infolge des
Widerspruchs der Stände nicht in Kraft trat. Nach Beitritt zum Deutschen Bund
am 8. 6. 1815 erhielt W. am 19. 4. 1816 eine neue Verfassung. Das Fürstentum
umfasste die 13 Städte Korbach, Niederwildungen, Mengeringhausen,
Sachsenhausen, Rhoden, Sachsenberg, Landau, Freienhagen, Waldeck, Züschen,
Fürstenberg, Altwildungen und Arolsen und die Ämter Eisenberg, Arolsen,
Waldeck, Wildungen und Lichtenfels. 1847 wurde durch Schiedsspruch des
Deutschen Bundes endgültig Hessen-Kassels Lehnshoheit aufgehoben. Im Krieg von
1866 unterstützte W. Preußen, auf das es in einem Akzessionsvertrag 1867 zum 1.
1. 1868 auch die Verwaltung des Landes (z. B. der Justiz mit Amtsgerichten in
Arolsen, Bad Wildungen und Korbach sowie dem zuständigen Landgericht und
Oberlandesgericht in Kassel) übertrug, so dass neben einem preußischen
Landesdirektor der Fürst nur den Ertrag der Domänen, das Begnadigungsrecht, das
Kirchenregiment und ein Zustimmungsrecht zu Gesetzen des fortbestehenden
Landtags behielt. Prinzessin Emma von W. heiratete den letzten König der Niederlande aus dem Hause Oranien. Am 13.
11. 1918 wurde W. Freistaat (Waldeck-Pyrmont) mit einer vorläufigen Verfassung
vom 15. 4. 1919. 1922 wurde Pyrmont mit der Provinz Hannover Preußens
vereinigt, nach der 1926 seitens Preußens erfolgten Kündigung des
Akzessionsvertrags am 1. 4. 1929 auf Grund einer Volksabstimmung auch das
Hauptland W. (mit drei Landkreisen und rund 60000 Einwohnern) in die Provinzen Hannover
bzw. Hessen-Nassau Preußens eingegliedert. 1945 kam W. als Kreis zu Hessen.
L.: Wolff 268; Zeumer 554 II b 63, 15; Wallner 695 OberrheinRK 9; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) E3, III 22 (1648) D3, III 38 (1789) B3;
Klein 160; Curtze, C., Geschichte und Beschreibung des Fürstentums Waldeck,
1850; Schultze, V., Waldeckische Landeskunde, 2. A. 1929; Bockshammer, U.,
Ältere Territorialgeschichte der Grafschaft Waldeck, 1958; Kissel, R. O.,
Neuere Territorial- und Rechtsgeschichte des Landes Hessen, 1961; Engelhard,
K., Die Entwicklung der Kulturlandschaft des nördlichen Waldeck seit dem späten
Mittelalter, 1967; Waldeckische Landeskunde, hg. v. Martin, B./Wetekam, R.,
1971; Klein, T., Waldeck, (in) Mitteldeutschland, hg. v. Klein, T., 1981; Menk,
G., Grundzüge der Geschichte Waldecks in der Neuzeit, Perspektiven und
Perseveranz kleinstaatlicher Politik, Hess. Jb. für LG. 37 (1987); Murk, K.,
Vom Reichsterritorium zum Rheinbundstaat, 1995; Murk, K., Waldeck, LexMA 8
1996, 1946; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 433; Menk, G.,
Waldeck im Dritten Reich, 2010.
Waldsassen (reichsunmittelbares Kloster). Das
Zisterzienserkloster W. bei Marktredwitz wurde (um) 1133 von Markgraf Diepold
III. von Vohburg auf ehemaligem Reichsland gegründet. Beim Tod des Stifters kam
es 1146 an den König. 1147 wurde es bei freier
Vogtwahl unter königlichen Schutz gestellt und
jedenfalls 1214 reichsunmittelbar. Im Interregnum (1254-1273) ging die
Schirmherrschaft auf die Přemysliden (Przemysliden) über, 1414 auf die
Wittelsbacher (Pfalz). Das Kloster konnte seine Güter rasch vermehren und hatte
in der Mitte des 14. Jahrhunderts die Herrschaft über das sog. Stiftland
(Stiftsland). Um die Mitte des 16. Jahrhunderts gelang es der Pfalz, die das
Kloster am Anfang des 15. Jahrhunderts (1414) statt Böhmen zur Schutzmacht
gewählt hatte, W. die Reichsunmittelbarkeit zu entziehen. 1571 wurde es
säkularisiert und kam 1623/1628/1648 mit der Oberpfalz an Bayern. 1661/1669
wurde es nach der Gegenreformation wiederhergestellt. Bei seiner Auflösung
(1803) fiel es mit 1050 Quadratkilometern Güter und 19000 Einwohnern an Bayern.
L.: Großer Historischer Weltatlas III 38 (1789) E3; Krausen, E., Die Klöster
des Zisterzienserordens in Bayern, 1953; Sturm, H., Eger. Geschichte einer Reichsstadt,
Bd. 1 2. A. 1960, Bd. 2 1952; Schmid, A., Waldsassen, LexMA 8 1996, 1959.
Walldorf (Ganerbschaft). 982 gab Kaiser Otto II.
Gut in Meiningen und W. (Walachdorf) bei Meiningen an das Petersstift in
Aschaffenburg, 1009 König Heinrich II. an das Hochstift
Würzburg. Nach W. benannte sich eine 1176 erstmals bezeugte Familie. Am Anfang
des 15. Jahrhunderts kam W. als Lehen an die Marschalk von Guthmannshausen.
1920 fiel W. an Thüringen und damit von 1949 bis 1990 an die Deutsche
Demokratische Republik.
L.: Geschichtlicher Atlas von Hessen, Inhaltsübersicht 34.
Walldorf (Reichsdorf). W. bei Heidelberg ist seit
770 in Vergabungen an das Kloster Lorsch bezeugt. Am 17. 6. 1230 überließ es König Heinrich dem Pfalzgrafen Otto. Bis 1803 stand es
unter der Herrschaft der Pfalz und kam dann an Baden, 1951/1952 an
Baden-Württemberg.
L.: Hugo 469; Stocker, C., Chronik von Walldorf, 1888; Hess, M., Unser
Walldorf, 1950.
Wallis (Kanton), frz. Valais. Das von Kelten
bewohnte Tal der obersten Rhone (vallis poenina) wurde 25 v. Chr. von den
Römern erobert und später in die Provinz Raetia (Rätien) eingefügt. In der
Mitte des 5. Jahrhunderts drangen Burgunder in den unteren Teil (Unterwallis),
später Alemannen in den oberen Teil (Oberwallis) ein. 534 kam das Gebiet an die
Franken, 843 an Lotharingien, 888 an das Königreich
Hochburgund, in dem König Rudolf II. dem Bischof
von Sitten Grafschaftsrechte verlieh, und mit diesem 1032 an das Deutsche
Reich. 1403 schloss der Bischof von Sitten, der damit als Graf von W. reichsunmittelbar
geworden war, zusammen mit den im Kampf gegen die bis 1260 das Unterwallis
erobernden Grafen von Savoyen ihn unterstützenden oberwallisischen Bauern einen
Bund mit den Eidgenossen der Schweiz (Luzern, Uri, Unterwalden). Seit 1475 war
das W. zugewandter Ort der Eidgenossenschaft. 1475/1476 eroberten Bischof und
Oberwallis Unterwallis und verwalteten es als gemeine Herrschaft. 1528
verzichtete Savoyen auf dieses Gebiet. Die Reformation wurde unterdrückt.
1613/1634 verzichtete der Bischof unter Druck auf seine Rechte als Landesherr.
1798 wurde das W. von Frankreich besetzt (Kanton der Helvetischen Republik),
1802 zur unabhängigen Republik erhoben und 1810 wegen der Alpenübergänge mit
Frankreich vereinigt (Departement Simplon). 1814 wurde es als Kanton in die
Schweiz aufgenommen (5226 Quadratkilometer). 1815 erhielt es eine Oberwallis
bevorzugende Verfassung, die mehrfach geändert wurde (1839, 1848, 1907).
L.: Wolff 535f.; Großer Historischer Weltatlas II 72 (bis 1797) D4; Documents
relatifs à l’histoire du Valais, Bd. 1-8 1875ff.; Heusler, A., Rechtsquellen
des Cantons Wallis, 1890; Grenat, P.,. Histoire moderne du Valais de 1536 à
1815, 1904; Die Walliser Landratsabschiede, Bd. 1ff. 1916ff.; Eggs, J.,
Walliser Geschichte, Bd. 1 1930; Moreau, J., Dictionnaire de géographie
historique, 1972, 279 Valais; Biffiger, K./Ruppen, O., Wallis. Erbe und
Zukunft, 1975; Carlen, L., Kultur des Wallis im Mittelalter, 1981; Fibicher,
A., Walliser Geschichte, Bd. 1ff. 1983ff.; Carlen, L., Kultur des Wallis
1500-1800, 1984; Rouiller, J., Le Valais, 1995; Coutaz, G., Wallis, LexMA 8
1996, 1985ff.; Schnyder, C., Reformation und Demokratie im Wallis (1524-1613),
2002.
Wallsee (Herren). Die ursprünglich dem Kloster
Weißenburg, den Welfen und den Staufern dienenden, zwischen Donau und Iller
begüterten ministerialischen Herren von W. (Waldsee, Bad Waldsee in
Oberschwaben) kamen vermutlich mit König Rudolf
von Habsburg oder Albrecht I. aus Schwaben in das Ennstal (W. bei Amstetten).
1331 verkauften sie ihre Stammherrschaft an Habsburg bzw. Österreich. Sie
erwarben in verschiedenen Linien (Linz bis 1400, Enns bis 1483, Graz bis 1363,
Drosendorf) Herrschaften in Oberösterreich, wo sie das Amt der Hauptmannschaft
innehatten, Niederösterreich und der Steiermark. 1383-1388 errichteten sie die
Burg Neuen Wallsee (Neuenwallsee). 1471 erkauften sie Fiume. 1483 starb das
Geschlecht mit der Ennser Linie im Mannesstamm aus. Nach dem Tod der letzten,
mit Siegmund von Schaunberg verheirateten Wallseerin kam W. 1506 an die Grafen
von Reichenberg, danach an die Weltzer-Spiegelfeld bzw. Welzer-Spiegelfeld
(1570), Kölnpöck (1576), Weiß (1614), Saint-Julien (Saint Julien) (1630), Daun
(1757) und Grafen von Stechinelli-Wieckenberg (1810). S. Waldsee.
L.: Samwer, C., Geschichte von Wallsee, 1889; Doblinger, M., Die Herren von
Wallsee, Arch. f. österr. Geschichte 95 (1906); Hruza, K., Die Herren von
Wallsee, 1995; Zehetmayr, R., Urkunde und Adel, 2010.
Wangen (Reichsstadt). W. im Allgäu ist 815 in einer
Gabe an Sankt Gallen erstmals bezeugt. Wahrscheinlich im 12. Jahrhundert
gründete das Kloster Sankt Gallen am Schnittpunkt zweier Fernstraßen hier einen
Markt. Vermutlich 1216/1217 wurde W. durch Kaiser Friedrich II. als Vogt Sankt
Gallens zur Stadt erhoben. 1273 zog König Rudolf
von Habsburg Wangen, dessen Vogtei nach 1251 mehrfach verpfändet wurde, an sich
und verlieh ihm 1286 das Stadtrecht Überlingens. Aus erneuten Verpfändungen an
Sankt Gallen (1298) und die Grafen von Montfort (1330) löste sich die zu dieser
Zeit auf 700 Einwohner geschätzte Stadt (1347). 1394 erwarb sie das Ammannamt
und 1402 den Blutbann und war damit trotz bis 1608 bestehender grundherrlicher
Rechte Sankt Gallens Reichsstadt. Diese hatte Sitz und Stimme auf dem Reichstag
und beim schwäbischen Reichskreis. Die Stadt war Sitz der Kanzlei des Kantons
Hegau (Hegau-Allgäu-Bodensee) des Ritterkreises Schwaben. 1802/1803 fiel sie
mit 1,5 Quadratmeilen bzw. 50 Quadratkilometern (Deuchelried mit Haldenberg und
Oflings, Wohmbrechts-Thann, Niederwangen, Eglofs [1516-1582], Neuravensburg
[1586-1608]) und 4500 Einwohnern an Bayern, 1810 mit einem Teil des Gebiets an
Württemberg, wo sie Sitz eines Oberamts wurde, und gelangte so 1951/1952 an
Baden-Württemberg.
L.: Wolff 221; Zeumer 555 III b 24; Wallner 689 SchwäbRK 72; Schroeder 233ff.;
Scheurle, A., Wangen im Allgäu. Das Werden und Wachsen der Stadt, 2. A. 1975;
Walchner, K., Alt Wangener Erinnerungen, 1955, 1960; Der Kreis Wangen 1962;
Handbuch der baden-württembergischen Geschichte, Bd. 2 1995; Lorenz, S.,
Wangen, LexMA 8 1996, 2030.
Warspach (Reichsdorf). Am 20. 8. 1504 nahm König Maximilian unter anderem das Reichsdorf W. bei
Weißenburg in seinen Schutz auf. Es kam mit dem Elsass zu Frankreich.
L.: Hugo 473, 470.
Weilburg (Burg, Herrschaft). In W. an der Lahn
lag vermutlich schon in merowingischer Zeit Königsgut.
Die Konradiner, die Grafen des Lahngaus waren, erbauten eine 906 erstmals
genannte Burg. Nach ihnen kam das Gebiet 993/1002 als Reichslehen an das
Hochstift Worms. Dieses verlor seine Güter 1195/1294 an die Grafen von Nassau,
die seit 1124 Vögte des Hochstifts waren. 1355 wurde W. Sitz der Linie
Nassau-Weilburg. 1816 wurde die Residenz Nassaus nach Wiesbaden verlegt. W. kam
1866 an Preußen, 1945 an Hessen. S. Nassau-Weilburg.
L.: Wolff 265; Schaal, K., Weilburg, LexMA 8 1996, 2115; Escher, M. u. a., Die
urbanen Zentren, 2005, 2, 661.
Weingarten (Reichsstift, Reichsabtei). In der
ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts (nach? 934, um 1000?) gründeten die Welfen
ein Frauenkloster neben dem 1053 erstmals erwähnten Dorf Altdorf. Nach dem
Brand von 1053 wurde die Benediktinerinnenabtei von den Welfen als Hauskloster
auf den Martinsberg verlegt und W. genannt. 1056 wurden die Nonnen durch Mönche
aus dem oberbayerischen Altomünster ersetzt. Spätestens 1191 kamen Dorf und
Kloster an die Staufer. 1268 wurde das von Welfen, Staufern und anderen reich
begabte Kloster reichsunmittelbar (1274 bezeugt). Das Dorf Altdorf wurde unter König Rudolf von Habsburg Sitz der Verwaltung der
Landvogtei Oberschwaben, die den Schirm über das Kloster ausübte. In Verträgen
von 1531 und 1533 mit Österreich, das 1486 pfandweise die Landvogtei erlangt
hatte, konnte W. seine Reichsunmittelbarkeit behaupten, verblieb aber mit dem
größten Teil seines Gebiets unter der Landeshoheit der Landvogtei. 1802 wurde
W., das Sitz und Stimme im schwäbischen Reichsprälatenkollegium und beim
schwäbischen Reichskreis hatte und dem die freie Reichsritterherrschaft
Blumenegg, die Herrschaften Brochenzell und Liebenau, die Gerichte Ausnang
(Auswang) und Waldhausen (Unterwaldhausen), die Ämter Hagnau, Hasenweiler,
Esenhausen, Frohnhofen, Blönried, Blitzenreute, Aichach, Bergatreute, Schlier,
Bodnegg, Karsee, die Zehntämter jenseits und diesseits der Schussen und das
Priorat Hofen am Bodensee mit 1227 Gütern und Höfen in verschiedenen Ämtern,
insgesamt 6 Quadratmeilen bzw. 320 Quadratkilometer Gebiet mit 14000 bzw. 11000
Einwohnern und 120000 Gulden Einkünften, gehörte, von Nassau-Oranien-Dillenburg
säkularisiert und fiel 1806/1808 mit einem Teil seines früheren Gebiets an
Württemberg. 1865 wurde der Name W. auf den Ort Altdorf übertragen. Über
Württemberg gelangte W. 1951/1952 an Baden-Württemberg.
L.: Wolff 181; Zeumer 552 II a 36, 2; Wallner 686 SchwäbRK 20; Die Territorien
des Reichs 5, 232; Erzberger, M., Die Säkularisation in Württemberg 1802-1810,
1902; König, E., Die süddeutschen Welfen als
Klostergründer, Vorgeschichte und Anfänge der Abtei Weingarten, 1934;
Festschrift zur 900-Jahr-Feier des Klosters Weingarten 1056-1956, hg. v. Spahr,
G., 1956; Reinhardt, R., Restauration, Visitation, Inspiration. Die
Reformbestrebungen der Benediktinerabtei Weingarten von 1567 bis 1627, 1960;
Scherer, P., Reichsstift und Gotteshaus Weingarten im 18. Jahrhundert, 1969;
Spahr, G., Die Basilika Weingarten, 1974; Weingarten, 1975, Germania
Benedictina V: Baden-Württemberg; Riechert, U., Oberschwäbische Reichsklöster
im Beziehungsgeflecht mit Königtum, Adel und
Städten (12.-15. Jahrhundert). Dargestellt am Beispiel von Weingarten, Weißenau
und Baindt, 1986; Weingarten, 1992; Zotz, T., Weingarten, LexMA 8 1996, 2132f.
Weinsberg (Reichsstadt). Das Gebiet um W. bei
Heilbronn war altes Reichsgut, auf dem wohl im 10. Jahrhundert die Reichsburg W.
errichtet wurde. 1140 wurde die damals calwisch-welfische Burg von König Konrad III. erobert (Bericht von den Weibern von
W.). Nach der staufischen Burg nannten sich ministerialische Herren von W.,
denen aber nach dem Untergang der Staufer die Ausbildung eines eigenen
Herrschaftsgebiets nicht gelang. 1428 erreichte die Stadt W. ihr Ziel, als
Reichsstadt anerkannt zu werden. 1440 wurde W. nach gewaltsamer Einnahme an die
Pfalz verpfändet. 1450 kam die Burg mit der Stadt an die Pfalz, 1504 durch
Eroberung mit der Stadt, die in jahrelangem, vergeblichem Kampf mit den Herren
von W. die Reichsunmittelbarkeit wiederzugewinnen versuchte, an Württemberg.
1525 wurde sie niedergebrannt. Über Württemberg fiel sie 1951/1952 an
Baden-Württemberg.
L.: Wolff 161; Weismann, E., Zur Geschichte der Stadt Weinsberg, 1960; Burg und
Stadt Weinsberg, Quellen und Zeugnisse ihrer Geschichte im Mittelalter, hg. v.
d. Stadt Weinsberg, 1977; Schuler, P., Weinsberg, LexMA 8 1996, 2133f.
Weißenau(, Weissenau) (Reichsabtei). Die seit 990
bestehende Einsiedelei W. wurde 1145 unter Mitwirkung des welfischen
Ministerialen Gebizo von Bigenburg (Bisenberg) zu einer
Prämonstratenserpropstei und 1257 zur Abtei erhoben. 1164 nahm Kaiser Friedrich
I. Barbarossa das Kloster unter seinen Schutz und legte damit den Grund für die
Reichsunmittelbarkeit. Die hohe Gerichtsbarkeit übte die Landvogtei Schwaben
Österreichs aus. 1760 erwarb die dem schwäbischen Prälatenkollegium des
Reichstags und dem schwäbischen Reichskreis angehörige Reichsabtei die hohe
Obrigkeit über das Klöster und drei Dörfer. 1802/1803 kam W. durch § 24 des
Reichsdeputationshauptschlusses vom 25. 2. 1803 mit 0,5 Quadratmeilen Gebiet an
die Grafen von Sternberg (Sternberg-Manderscheid), 1806 an Württemberg. 1835
wurde es von Württemberg durch Kauf erworben. 1951/1952 fiel es mit Württemberg
an Baden-Württemberg.
L.: Wolff 188; Zeumer 552 II a 36, 10; Wallner 689 SchwäbRK 85; Großer
Historischer Weltatlas III 38 (1789) C4; Erzberger, M., Die Säkularisation in
Württemberg 1802-1810, 1902; Reden-Dohna, A. v., Reichsstandschaft und
Klosterherrschaft. Die schwäbischen Reichsprälaten im Zeitalter des Barock,
1982; Riechert, U., Oberschwäbische Reichsklöster im Beziehungsgeflecht mit Königtum, Adel und Städten (12.-15. Jahrhundert).
Dargestellt am Beispiel von Weingarten, Weißenau und Baindt, 1986.
Weißenburg, Weißenburg in Bayern (Reichsstadt). Vom
1. bis 3. Jahrhundert bestand an der schwäbischen Rezat das römische Kastell
Biriciana, das 253 n. Chr. von den Alemannen zerstört wurde. 867 wird in
unmittelbarer Nähe hierzu der vielleicht in der Mitte des 8. Jahrhunderts
geschaffene fränkische Königshof Uuizinburc
bezeugt, der an das Kloster Metten gegeben wurde. 889 kam ein Teil des königlichen Forstes an das Hochstift Eichstätt. 1188
wird W. burgus, 1241 im Reichssteuerverzeichnis Stadt genannt. Vermutlich seit
dem Ende des 13. Jahrhunderts, jedenfalls 1339, war W. Reichsstadt. 1525 wurde
die Reformation in der zum fränkischen Reichskreis zählenden Stadt eingeführt.
1802 fiel W., 1 Quadratmeile groß mit 6000-6500 Einwohnern, an Bayern, 1804 an
Preußen und 1806 mit Ansbach wieder an Bayern.
L.: Wolff 130; Zeumer 555 III b 30; Wallner 693 FränkRK 27; Großer Historischer
Weltatlas II 66 (1378) F4, II 78 (1450) F4, III 22 (1648) C4, III 38 (1789) D3;
Schroeder 254ff.; Hofmann, H., Gunzenhausen-Weißenburg, 1960; Strassner, E.,
Land- und Stadtkreis Weißenburg in Bayern, 1966; Strassner, E., Weißenburg,
(in) Historisches Ortsnamenbuch von Bayern, hg. v. d. Komm. für bay.
Landesgeschichte, 1966; Uuizinburg-Weißenburg 867-1967, Beiträge zur
Stadtgeschichte, 1967; Fahlbusch, F., Weißenburg - Werden und Wachsen einer
fränkischen Kleinstadt, Jb. für fränkische Landesforschung 48 (1988);
Fahlbusch, F., Weißenburg, LexMA 8 1996, 2139; Haberkorn, P., Weißenburg in
Bayern, 1996; Die Regesten der Reichsstadt Weißenburg, hg. v. Jäger, U., 2002;
Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W.,
2003, 1, 697.
Weißenburg, Weißenburg im Elsass (gefürstete
Propstei, Residenz des Fürstpropsts), Wissembourg. In der zweiten Hälfte des 7.
Jahrhunderts wurde in W. eine 661 erstmals urkundlich erwähnte
Benediktinerabtei gegründet, die wohl nach der Mitte des 8. Jahrhunderts Königskloster wurde. Sie wurde von König bzw. Kaiser Karl dem Großen sehr gefördert und
war einer der kulturellen Mittelpunkte des fränkischen Reichs (Weißenburger
Katechismus 789, Otfrids Krist 870). Seit Otto dem Großen und damit de Mitte
des 10. Jahrhunderts galt sie als reichsunmittelbar und wurde 973 Fulda,
Reichenau und Prüm gleichgestellt. Seit dem 13. Jahrhundert nahm der Abt eine
reichsfürstliche Stellung ein. Im 14. und 15. Jahrhundert wurde die Abtei von
der Reichsstadt W. und dem umliegenden Adel schwer bedrängt. 1524 wurde sie in
ein weltliches Kollegiatstift umgewandelt. Dieses wurde 1546 mit dem Hochstift
Speyer vereinigt und, nachdem W. 1672 an Frankreich gefallen war, 1789
aufgelöst.
L.: Wolff 296; Zeumer 552 II a 32; Traditiones Wizenburgenses. Die Urkunden des
Klosters Weißenburg 661-864, hg. v. Doll, A., 1979; Dette, C., Liber
possessionum Wizenburgensis, Edition mit Kommentierung, 1987; Ludwig, U.,
Weißenburg, LexMA 8 1996, 2138f.; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen
Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 2, 617
Weißenburg, Weißenburg im Elsass (Reichsstadt),
frz. Wissembourg. Neben der in der zweiten Hälfte des 7. Jahrhunderts
gegründeten Benediktinerabtei W. im Elsass entstand ein 1187 erstmals genannter
Ort. Er löste sich langsam aus der Herrschaft des Abts. Bereits 1354 schloss er
sich dem Zehnstädtebund der elsässischen Reichsstädte an, obwohl der Kaiser
erst 1442 den Treueid an den Abt aufhob. 1672 wurde die Reichsstadt von
Frankreich annektiert, das ihr aber bis 1789 eine Sonderstellung als königliche Freistadt beließ.
L.: Wolff 296; Ludwig, U., Weißenburg, LexMA 8 1996, 2138; Escher, M. u. a.,
Die urbanen Zentren, 2005, 2, 664.
Weißenhorn (Herrschaft). W. (1215/1220 Wizenhorn)
an der Roth (Rot) wird 1160 als Gut der Herren von Neuffen erstmals genannt.
Mit der Grafschaft Marstetten kam die zugehörige Herrschaft an die Herzöge von
Bayern. 1505 erhielt König Maximilian für seine
Beteiligung an dem beim Aussterben der Herzöge von Bayern-Landshut
ausbrechenden Erbfolgekrieg das zuvor von Bayern-Landshut mehrfach verpfändete
W. und die Grafschaft Marstetten. 1507 verpfändete er W. zusammen mit den
Herrschaften Kirchberg (Oberkirchberg), Pfaffenhofen und Wullenstetten an die
Grafen Fugger (Fugger-Kirchberg-Weißenhorn, Linie Kirchberg und W.). 1805/1806
kam die innerhalb Schwäbisch-Österreichs zum österreichischen Reichskreis
zählende Herrschaft zu Bayern. S. Neuffen.
L.: Wolff 45; Wallner 714 ÖsterreichRK 1; Hölzle, Beiwort 4; Holl, J.,
Geschichte der Stadt Weißenhorn, 1904; Wylicil, E., Bilder aus der
Vergangenheit von Weißenhorn, 1958.
Welfen (Geschlecht). Die W. sind ein
fränkisches (bayerisches, Wurzeln am Lech aufweisendes?, schwäbisches?), in
karolingischer Zeit um Maas und Mosel bzw. Metz begütertes, seit dem 12.
Jahrhundert als W. bezeichnetes Adelsgeschlecht, das seit der Mitte des 8.
Jahrhunderts nördlich des Bodensees um Altdorf/Weingarten Güter erlangte. Mit
Graf Welf I. († 820/825) beginnt die gesicherte Stammreihe des bald in
verschiedene (westfränkische [bis 887/888], burgundische, alemannische) Linien
aufgeteilten Geschlechts. Seine Tochter Judith († 843) war mit Kaiser Ludwig
dem Frommen, seine Tochter Emma († 876) mit König
Ludwig dem Deutschen verheiratet. Von seinem Sohn Konrad († 863) stammen über
Konrad den Jüngeren die burgundische, 1032 ausgestorbene Linie der Rudolfinger,
die 888 die Herrschaft über das Königreich
Burgund (Hochburgund) erlangte, und über Welf II. die schwäbische Linie ab, die
seit König Konrad I. umfangreiche Allodialgüter
und Lehnsgüter in Schwaben, Rätien und Bayern (u. a. der Grafen von Bregenz)
erlangte. Sie erlosch mit Welf III., 1047 Herzog von Kärnten, 1055 im
Mannesstamm. Das Erbe ging über auf den Sohn seiner (nach Italien
verheirateten) Schwester Kunigunde (Kunizza) und des aus
langobardisch-oberitalienischem Haus stammenden Markgrafen Albrecht (Azzo) II. von
Este, Welf IV. (1030/1040-1107), denen Heinrich IV. 1070 mit dem Herzogtum
Bayern (Welf I.) belehnte. Sein Sohn Heinrich der Schwarze (um 1074-1126)
heiratete Wulfhild, eine der beiden Erbtöchter des 1106 ausgestorbenen
sächsischen Herzogshauses der Billunger. 1137 erlangten die W. unter Heinrich
X. dem Stolzen (um 1100-1139), der Gertrud, die Tochter Kaiser Lothars III.,
ehelichte, auch die Würde des Herzogs von Sachsen. 1180 verlor deren mit
Mathilde von England verheirateter Sohn Heinrich der Löwe (1129-1191) die
Herzogtümer Bayern und Sachsen, nicht aber das Eigengut Braunschweig-Lüneburg,
das – nach dem glücklosen Zwischenspiel Ottos IV. als deutscher König und Kaiser - 1235 zum Herzogtum (Ottos des
Kinds) erhoben wurde, aber durch zahlreiche Erbteilungen seit 1267
zersplitterte (Grubenhagen, Wolfenbüttel, Göttingen, Calenberg, Lüneburg,
Dannenberg). Der Linie Calenberg des Neuen Hauses Lüneburg gelang 1692 der
Aufstieg zum Kurfürstentum Hannover (1714-1837 Personalunion mit England), das
1866 von Preußen einverleibt wurde. 1918 verlor das älteste noch bestehende
europäische Adelsgeschlecht auch Braunschweig.
L.: Krüger, E., Der Ursprung des Welfenhauses und seiner Verzweigungen in
Süddeutschland, 1898; Diederich, A., Staufer und Welfen, 1938; Bader, K., Der
deutsche Südwesten in seiner territorialstaatlichen Entwicklung, 2. unv. A.
1978; Fleckenstein, J., Die Herkunft der Welfen und ihre Anfänge in
Süddeutschland, (in) Studien und Vorarbeiten zur Geschichte des großfränkischen
und frühdeutschen Adels, hg. v. Tellenbach, G., 1957; Schnath, G., Das
Welfenhaus als europäische Dynastie, (in) Schnath, G., Streifzüge durch
Niedersachsens Vergangenheit, 1968; Schmid, K., Welfisches Selbstverständnis,
(in) FS G. Tellenbach, 1968; Zillmann, S., Die welfische Territorialpolitik im
13. Jahrhundert, 1975; Geschichte der Welfen, hg. v. Heine, A., 1986; Pischke,
G., Die Landesteilungen der Welfen, 1987; Heinrich der Löwe und seine Zeit, hg.
v. Luckhardt, J. u. a., Bd. 1ff. 1995; Die Welfen und ihr Braunschweiger Hof,
hg. v. Schneidmüller, B., 1995; Hechberger, W., Staufer und Welfen, 1996;
Schneidmüller, B., Welfen, LexMA 8 1996, 2147ff.; Seibert, H., Heinrich der
Löwe und die Welfen, HZ 268 (1998), 375; Die Welfen, hg. v. Ay, K. u. a., 1998;
Schneidmüller, B., Die Welfen, 2000; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W. u. a., 2003, 1, 1, 204;
Weller, T., Die Heiratspolitik, 2004; Welf IV., hg. v. Bauer, D. u. a., 2004;
Pfannkuche, G., Patrimonium - feudum - territorium, 2011.
Wels-Lambach (Grafen). Nach der bei dem römischen
Ovilava entstandenen, 776 belegten ursprünglich königlichen
Burg Wels nannten sich Grafen, die 1091 mit Bischof Adalbero von Würzburg
ausstarben. Ihre Güter, darunter das Kloster Lambach (1056), fielen an die
Grafen von Formbach, die Grafen von Regau, die Otakare und das Hochstift
Würzburg und um 1220 durch Kauf an die Babenberger. 1653 gab König Ferdinand IV. die Burgvogtei Wels an die Fürsten
von Auersperg.
L.: Wolff 27; Meindl, K., Geschichte der Stadt Wels, 1878; Dungern, O. v.,
Genealogisches Handbuch zur bairisch-österreichischen Geschichte, 1931;
Tyroller, F., Die Grafen von Wels-Lambach, (in) Wegener, W., Genealogische
Tafeln zur mitteleuropäischen Geschichte, 1962ff.; Ebner, H., Wels-Lambacher,
LexMA 8 1996, 2155.
Wemding (Herrschaft). 798 gab König Karl der Große den Hof W. (Uemodinga) an das
Kloster Sankt Emmeram in Regensburg. Im 11./12. Jahrhundert war W. Lehen der
von Werd (Donauwörth). Später gelangte es an die Grafen von Hirschberg, 1306
durch Kauf an die Grafen von Oettingen. 1467 erwarb der Herzog von
Bayern-Landshut den Ort mit zugehöriger Herrschaft. 1503 kam W. an
Bayern-München. S. Bayern.
L.: Wolff 136.
Wentsiga (Gau westlich der mittleren Leine,
Ventsgoi, Venzigavvi, Densigau). S. Wenzengau.
L.: Curs, O., Deutschlands Gaue im zehnten Jahrhundert, 1908, 23 (Lutter am
Barenberg, Königsdahlum bzw. Dahlum?); Hessler,
W., Mitteldeutsche Gaue des frühen und hohen Mittelalters, 1957, 118 Densigau
(Jerstedt); Gysseling, M., Toponymisch Woordenboek, 1960, 1060 Wentsgoi;
Polenz, P. v., Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, II, 33, 40, Wentsiga,
Venzigavvi, Wentsgoi, Densiga.
Wenzelstein (bei Prag) (Residenz König Wenzels aus den Grafen von Luxemburg 1411-1421)
L.: Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W.,
2003, 1, 2, 621.
Wenzengau (Gau westlich der mittleren Leine,
Ventsgoi, Venzigavvi, Wentsiga, Densigau).
L.: Curs, O., Deutschlands Gaue im zehnten Jahrhundert, 1908, 23 (Lutter am
Barenberg, Königsdahlum bzw. Dahlum?); Hessler,
W., Mitteldeutsche Gaue des frühen und hohen Mittelalters, 1957, 118 Densigau
(Jerstedt); Gysseling, M., Toponymisch Woordenboek, 1960, 1060 Wentsgoi;
Polenz, P. v., Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, II, 33, 40, Wentsiga, Venzigavvi,
Wentsgoi, Densiga.
Werdenstein (reichsritterschaftliche Herrschaft).
Die Burg W. bei Sonthofen war Allod der 1239 erscheinenden Herren von W., die
später Erbkämmerer des Stifts Kempten waren. Sie nahmen in der früheren Neuzeit
ihre Güter von Habsburg zu Lehen. 1659 erwarben sie die Herrschaft
Dellmensingen bei Ulm. 1785 verkaufte der letzte Baron von W. die Herrschaft W.
an die Grafen von Königsegg-Rothenfels. Von
ihnen kam sie an Bayern.
L.: Hölzle, Beiwort 47; Ullrich, A./Rottenkolber, J., Geschichte der
Reichsritter von Werdenstein, Allgäuer Heimatbücher 3 (1927).
Wernigerode (Grafschaft). 1121 verlegten die aus dem
Süden stammenden Grafen von Haimar (Haymar) bei Hildesheim, die neben
Grafschaftsrechten auch die Verwaltung des Reichsforstes am Nordostharz
innehatten, ihren Sitz auf die 1213 erstmals genannte, einer bedeutsamen
Straßenkreuzung benachbarte Burg W. am nördlichen Harz. Sie erlangten die
Vogtei über die Klöster Drübeck und Ilsenburg und 1343 von den Grafen von
Regenstein die Grafschaftsrechte um W. 1268 trugen sie W. den Markgrafen von
Brandenburg zu Lehen auf, 1381 dem Erzstift Magdeburg. 1429 ging die Grafschaft
nach dem Aussterben des Geschlechts an die Grafen von Stolberg über. 1449 kam
die Lehnsherrschaft von Magdeburg wieder an Brandenburg. Seit 1645 nannte sich
eine der Linien der früh der Reformation angeschlossenen Grafen von Stolberg
Stolberg-Wernigerode. Nach 1680 kamen die landesherrlichen Rechte mehr und mehr
an Brandenburg/Preußen. 1714 wurden die zum obersächsischen Reichskreis
zählenden Grafen durch Übergang der Militär- und Steuerhoheit zugunsten
Preußens mediatisiert, behielten aber zunächst noch einige Hoheitsrechte. 1807
kam die Grafschaft an das Königreich Westphalen,
1814/1822 wieder an Preußen. Bis 1876/1869/1931 behielten die 1890 in den
Fürstenstand erhobenen Grafen, deren Grafschaft 1876 Preußen gänzlich
inkorporiert wurde, standesherrliche Vorrechte. W. fiel über die Provinz
Sachsen Preußens von 1949 bis 1990 (in Sachsen-Anhalt) an die Deutsche
Demokratische Republik. S. a. Stolberg-Wernigerode.
L.: Wolff 415ff.; Wallner 710 ObersächsRK 17 c; Großer Historischer Weltatlas
II 66 (1378) F3, III 22 (1648) E3, III 38 (1789) D2; Drees, H., Geschichte der
Grafschaft Wernigerode, 1916; Grosse, W., Geschichte der Stadt und Grafschaft
Wernigerode, 1929; Oelsner, M. u. a., Wernigerode, 2. A. 1964; Blaschke, K.,
Wernigerode, LexMA 9 1998, 11.
Wertheim (Grafschaft). 779/795 erscheint das
rechtsmainische Dorf Kreuzwertheim (W.) am Main, das 1009 ein Marktprivileg erhielt.
Die in ihrer Herkunft ungewissen, 1132 erstmals bezeugten Grafen von W., die
sich (ursprünglich vielleicht nach einer Burg Walm am Untermain? und) seit 1132
nach der linksmainischen Höhenburg W. nannten und nach der Niederlage der
Grafen von Henneberg gegen das Hochstift Würzburg von diesem die zuvor in den
Händen der Henneberger befindliche Grafschaft als Lehen erhielten, bauten auf
Zentrechte und Vogteirechte gegründet eine ansehnliche Herrschaft beiderseits
des Mains und an der unteren Tauber auf und legten zwischen 1192 und 1244 die
Stadt W. an. 1327 gewannen sie Teile der Herrschaft Breuberg, die 1407 einer
1497 die Hauptlinie beerbenden Nebenlinie zugeteilt wurde. Unter Kaiser Karl
IV. nahmen die Grafen 1362 ihre Güter von Böhmen zu Lehen. Unter Graf Georg II.
(1521-1530) führten sie die Reformation ein. Nach dem Aussterben des zum
fränkischen Reichsgrafenkollegium gehörigen Geschlechts 1556/1574 fielen die
Güter zum kleineren Teil an die verwandten Erbach, zum größeren Teil an die
verschwägerten Grafen von Stolberg(-Königstein-Rochefort).
Über deren jüngste Erbtochter Anna kam die Grafschaft 1598/1600 großenteils an
die nach Jahren gemeinsamer Herrschaft (seit 1574) ihre Mitregenten
ausschaltenden Grafen von Löwenstein, die sich seitdem Grafen von
Löwenstein-Wertheim nannten, aber in schweren Kämpfen mit dem Hochstift
Würzburg bis 1670/1667 fast alle wertheimischen Güter außerhalb der Grafschaft
verloren. Sie besaßen in der Grafschaft die Stadt W., jeweils einen Teil der
Ämter Remlingen und Schwanberg, die Ämter Königheim,
Laudenbach, Kleinheubach und die Herrschaft Breuberg. 1806 kam die Grafschaft,
die Sitz und Stimme beim fränkischen Reichsgrafenkollegium und beim fränkischen
Reichskreis hatte und etwa 12 Quadratmeilen (abzüglich umstrittener Gebiete 5
Quadratmeilen oder 282 Quadratkilometer) und 13739 Einwohner [1803] in der
Stadt Wertheim und knapp 30 Dörfern und Flecken umfasste, mit den Gütern links
des Mains (W.) an Baden, im Übrigen an das Fürstentum Aschaffenburg, 1810 an
das Großherzogtum Frankfurt und 1814 an Bayern. S. a. Löwenstein-Wertheim.
L.: Wolff 121; Zeumer 554 II b 62, 4; Wallner 692 FränkRK 10; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) E4, III 38 (1789) C3; Die Territorien des
Reichs 4, 214; Ortmann, W., Die Stadt Wertheim am Main, Diss. Darmstadt, 1950;
Mader, K., Entstehung und Entwicklung der Stadt Wertheim, Mainfrk. Jb. 4
(1952); Friese, A., Der Lehenhof der Grafen von Wertheim im späten Mittelalter,
Mainfränk. Hefte 21 (1955); Ehmer, H., Wertheim im Großherzogtum Baden, 1979;
Ehmer, H., Geschichte der Grafschaft Wertheim, 1989; Wendehorst, A., Wertheim,
LexMA 9 1998, 12; Stockert, H., Adel im Übergang, 2000; Bachmann, M., Lehenhöfe
von Grafen und Herren im ausgehenden Mittelalter. Das Beispiel Rieneck,
Wertheim und Castell, 2000; Gläser, S., Die Mediatisierung der Grafschaft
Wertheim, 2006; Rückert, P., Stadt - Land - Heimat. Wertheim und seine
Grafschaft, Wertheimer Jb. 2006/2007, 17ff.
Westfalen (Herzogtum, Provinz, Landesteil). 775
werden die W. (Westfalai) als Teil der Sachsen neben Engern und Ostfalen
erstmals erwähnt. Nach ihnen wurde das seit Beginn des letzten vorchristlichen
Jahrtausends von Germanen und seit dem Abzug der in den Franken aufgehenden
Stämme nach Westen von Sachsen besetzte Gebiet zwischen unterer Hunte und Ruhr,
Senne und Issel benannt. Im 12. Jahrhundert wurde der Name W. wiederbelebt und
auf das Land zwischen Weser und Rhein ausgedehnt, wobei gleichzeitig Engern als
Gebietsbezeichnung schwand. Beim Sturz Heinrichs des Löwen 1180 wurde aus dem
südwestlichen Teil Sachsens (östliches Sauerland mit nördlich angrenzenden
Gebieten südlich der Lippe) das Herzogtum W. mit dem Mittelpunkt Arnsberg
gebildet, das (als Herzogtum in W. und Engern) an das Erzstift Köln kam, das
bereits Arnsberg, Werl, Rüthen und die Grafschaft Volmarstein innegehabt hatte.
Das kölnische Herrschaftsgebiet umfasste später nur den Kern des heutigen W. Im
übrigen kam dieser Raum zu den Landesherrschaften der Bischöfe von Minden,
Münster, Osnabrück und Paderborn sowie der Grafen zur Lippe, von der Mark und
Ravensberg (daneben Tecklenburg, Limburg, Steinfurt, Gemen, Hoya, Schaumburg,
Pyrmont, Waldeck, Rietberg, Everstein, Schwalenberg, Sternberg, Spiegelberg).
1368 wurde von Köln die restliche Grafschaft Arnsberg erworben. 1444/1449 ging
Soest an Kleve verloren und Arnsberg bzw. Brilon wurde Vorort. Das kölnische,
seit 1512 dem kurrheinischen Reichskreis angehörige Westfalen, ohne Vest
Recklinghausen, kam 1803 mit rund 3965 Quadratkilometern und 195000 Einwohnern
mit Ausnahme des an Hessen-Kassel gefallenen Volkmarsen an die Landgrafen von
Hessen-Darmstadt. Andere Teile Westfalens fielen an Preußen, Arenberg, Croy und
Salm, während Lippe und Waldeck fortbestanden. Außer Hessen-Darmstadt, Lippe
und Waldeck wurden diese Staaten 1807/1810 beseitigt, wobei westfälisches
Gebiet im Norden an das Großherzogtum Berg und im Süden an Hessen-Darmstadt kam
und Napoleon unter anderem aus Braunschweig, dem größten Teil Hessen-Kassels,
hannoverschen und sächsischen Gebieten sowie den preußischen Stücken Paderborn,
Minden, Ravensberg, Münster, Hildesheim, Goslar, Altmark, Magdeburg,
Halberstadt, Hohnstein, Quedlinburg, Eichsfeld, Mühlhausen, Nordhausen und
Stolberg-Wernigerode das Königreich Westphalen
mit der Hauptstadt Kassel bildete. Dieses wurde 1810 um Gebiet Hannovers
vergrößert, zugleich aber durch Abtrennung des Nordwestens (westlich der Linie
Bielefeld-Lauenburg) an Frankreich verkleinert. 1813 zerbrach es. 1815/1816
fiel das heutige W. (westfälische Güter Preußens außer Kleve und Nieder-Lingen
[Niederlingen], Herzogtum W. mit Wittgenstein, weiter Korvei [Corvey, Corvei]
Dortmund [durch Tausch mit Hannover], Amt Reckenberg, Arenberg, Salm,
Steinfurt, Gemen, Gronau, Rietberg, Rheda, Limburg, durch Tausch mit
Nassau-Weilburg Kreis Siegen) mit Ausnahme von Osnabrück, Lippe und Waldeck an
Preußen (30. 4. 1815 Provinz W. [auch mit Oberstift Münster, Vest
Recklinghausen, Anholt, Bentheim, Dülmen, Rheine <Rheina> Bocholt,
Horstmar, Neunkirchen <Neukirchen>, ohne Niederstift Münster], seit 1816
mit Herzogtum W. und Grafschaften Wittgenstein, seit 1851 mit Lippstadt,
zuletzt 20214 Quadratkilometer), am 23. 8. 1946 - zusammen mit (Teilen) der
preußischen Rheinprovinz und Lippe – an das neugebildete Land
Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 86; Wallner 700 KurrheinRK 3; Großer Historischer Weltatlas II 34
(1138-1254) F3, II 66 (1378) E3, III 22 (1648) D3, III 38 (1789) B3;
Richtering, H./Kittel, E., Westfalen-Lippe, (in) Geschichte der deutschen
Länder, Bd. 1; Seibertz, J., Landes- und Rechtsgeschichte des Herzogtums Westfalen,
Bd. 1f. 1839; Seibertz, J., Urkundenbuch zur Landes- und Rechtsgeschichte des
Herzogtums Westfalen, Bd. 1ff. 1839ff.; (Kleinschmidt, A., Geschichte des Königreichs Westphalen, 1893;) Hammerschmidt, W., Die
provinziale Selbstverwaltung Westphalens, 1909; Hartmann, J., Geschichte der
Provinz Westfalen, 1912; Der Raum Westfalen, hg. v. Aubin, H./Philippi, F., Bd.
1ff. 1931ff.; Trende, A., Aus der Werdezeit der Provinz Westfalen (1933);
Braubach, M./Schulte, E., Die politische Neugestaltung Westfalens 1795-1815,
1934; Keyser, E./Stoob, H., Deutsches Städtebuch 1939-1974, Bd. 3, Rothert, H.,
Westfälische Geschichte, Bd. 1ff. 1949ff., 2. A. 1962; Teilband 2; Wrede, G.,
Die westfälischen Länder im Jahre 1801, Politische Gliederung, Übersichtskarte,
1953; Westfälische Bibliographie, bearb. v. d. Stadt- und Landesbibliothek
Dortmund, Bd. 1ff. 1952ff.; Engel, J., Karten des westfälischen Raums aus dem
16. Jahrhundert, 1957; Le Coq, Topographische Karte von Westfalen im Jahre
1805, 1957; Polenz, P. v., Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, I, 10, 12, III,
10, Westfalahun, Volksname, Landname (Westfala); Krauss, G., Geschichtliche
Entwicklung der topographischen Landesaufnahme in den Rheinlanden und
Westfalen, Rhein. Vjbll. 29 (1964); Gemeindestatistik des Landes
Nordrhein-Westfalen. Bevölkerungsentwicklung 1816-1871 und 1871-1961, Beitr.
zur Statistik des Landes Nordrhein-Westfalen, Sonderreihe Volkszählung 1961, 3
c u. d, 1966; Hömberg, A., Westfälische Landesgeschichte, 1967; Engel, G.,
Politische Geschichte Westfalens, 3. A. 1970; Kunst und Kultur im Weserraum
800-1600, Ostwestfäl. weserländische Forschungen zur gesch. Landeskunde, hg. v.
Stoob, H., 3 (1971); (Berding, G., Herrschafts- und Gesellschaftspolitik im Königreich Westphalen, 1973; )Leesch, W., Quellen und
Erläuterungen zur Karte „Politische und administrative Gliederung um 1590“ im
geschichtlichen Handatlas von Westfalen, Westfäl. Forschungen 26 (1974); Zur
Karte „Gemeindegrenzen 1965“, Westfäl. Forschungen 24 (1972); zur Karte
„Gemeindegrenzen 1897“, Westfäl. Forschungen 26 (1974); Geschichtlicher
Handatlas von Westfalen, hg. v. Hartlieb, A. v./Wallthor, U./Kohl, W., 1. Lief.
1975; Westfälischer Städteatlas, hg. und bearb. v. Stoob, H., 1. Lief. 1975;
Köbler, G., Gericht und Recht in der Provinz Westfalen (1815-1945), FS G.
Schmelzeisen, 1980, 166ff.; Klueting, H., Die Säkularisation im Herzogtum
Westfalen 1802-1834, 1980; Engel, G., Politische Geschichte Westfalens, 4. A.
1980; Geschichtlicher Handatlas von Westfalen, hg. v. Provinzialinstitut für Westfälische
Landes- und Volksforschung des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe, 2. Lief.,
1982; Westfälische Geschichte, hg. v. Kohl, W., 1983f.; Klein, H.,
Kartographische Quellen zur westfälischen Landeskunde, Zusammenstellung der in
Berlin vorhandenen Bestände des 16. bis 19. Jahrhunderts, T. 2, Spezialkarten
und Register zu den Teilen 1 und 2, Westfälische Forschungen 35 (1985); Engel,
G., Die Westfalen. Volk, Geschichte, Kultur, 1987; Keinemann, F., Westfalen im
Zeitalter der Restauration und der Julirevolution 1815-1833. Quellen zur
Entwicklung der Wirtschaft, zur materiellen Lage der Bevölkerung und zum
Erscheinungsbild der Volksabstimmung, 1987; Rösener, W., Grundherrschaft und
Bauerntum im hochmittelalterlichen Westfalen, Westfälische Zs. 139 (1989);
Bockhorst, W., Westfalen. Ein Gang durch die Geschichte, 1991; Westfalen und
Preußen, hg. v. Teppe, K. u. a., 1991; Kohl, W., Kleine westfälische
Geschichte, 1994; Engelbrecht, J., Landesgeschichte Nordrhein-Wetfalens, 1994;
Janssen, W., Territorialbildung und Territorialorganisation
niederrheinisch-westfälischer Grafschaften, (in) Hochmittelalterliche
Territorialstrukturen in Deutschland und Italien, 1996, 71; Johanek, P.,
Westfalen, LexMA 9 1998, 22ff.; Klueting, H., Geschichte Westfalens, 1998;
Zunker, A., Adel in Westfalen, 2003; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren,
2005, 1, 411; Das Herzogtum Westfalen. Das kurkölnische Herzogtum Westfalen,
hg. v. Klueting, H., 2009.
Westheim (Reichsdorf). Am 24. 9. 1300 verlieh König Albrecht dem Albrecht von Hohenlohe 200 Mark als
Burglehen und verpfändete ihm dafür unter anderem die königlichen
Dörfer W., Urfersheim und Dachstetten (Oberdachstetten). Später kam W. an
Bayern.
L.: Hugo 460.
Westhofen (Reichshof[, Reichsdorf, Freiheit]).
Vermutlich aus sächsischer Zeit stammt der 1255 erstmals erwähnte, aber noch
nicht genau ermittelte Reichshof W. an der Ruhr bei Dortmund. 1255 kam der Hof,
neben Brackel (Brakel), Elmenhorst und Dortmund einer von vier Königshöfen um die Reichsstadt Dortmund, als Pfand von
König Wilhelm von Holland an die Grafen von der
Mark. 1401 wurden die Rechte der Freiheit W. bestätigt. Über Preußen fiel W.
1946 an Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 319; Hugo 470, 469; Nieland, L., Der Reichshof Westhofen im
Mittelalter, (in) Beiträge zur Geschichte Dortmunds und der Grafschaft Mark 50
(1953).
Westphalen (Königreich).
Durch Dekret vom 18. 8. 1807 bildete Napoleon nach dem Frieden von Tilsit, in
dem Preußen alle linkselbischen Gebiete aufgeben musste, für seinen Bruder
Jerôme ein Königreich W. mit 688 Quadratmeilen
bzw. fast 40000 Quadratkilometern und fast 2 Millionen Einwohnern. Es bestand
nach Ausweis des Art. 1 der Konstitution vom 15. 11. 1807 aus dem bisherigen
Herzogtum Braunschweig (Braunschweig-Wolfenbüttel), aus Hessen-Kassel (ohne
Hanau, [Schmalkalden und] Niederkatzenelnbogen [Niedergrafschaft
Katzenelnbogen]) nebst Rinteln und Schaumburg, aus den hannoverschen Gebieten
Göttingen, Grubenhagen nebst den Zubehörungen von Elbingerode, Osnabrück und im
Harz, aus den linkselbischen preußischen Gebieten Altmark, Magdeburg, aus dem
Gebiet von Halle (an der Saale), aus Halberstadt, Stolberg, Wernigerode
(Stolberg-Wernigerode), Hohnstein, Hildesheim, Quedlinburg, Goslar, Eichsfeld,
Mühlhausen, Nordhausen, Minden, Ravensberg, Paderborn und Münster, aus den
sächsischen Ämtern Gommern, Barby und Treffurt sowie dem sächsischen Anteil an
der Grafschaft Mansfeld, aus Corvey-Höxter (Corvey) und aus der
Reichsgrafschaft Kaunitz-Rietberg (Rietberg). Es war Mitglied des Rheinbunds.
Hauptstadt war Kassel. Am 15. 10. 1807 erhielt das als aufgeklärter Modellstaat
gedachte Königreich eine von liberalen
Grundsätzen beherrschte Verfassung (Volksvertretung mit 70 Vertretern des
Grundeigentums, 15 der Kaufleute und Fabrikanten sowie 15 der Gelehrten), mit
der auch der Code Napoléon als Gesetzbuch eingeführt wurde. Politische Ziele
waren die Beseitigung der Standesvorrechte, die Befreiung von der
Leibeigenschaft und die Einführung der Gewerbefreiheit. Faktisch wurde das in
die Departements Elbe, Saale, Harz, Oker, Leine, Werra, Fulda und Weser
eingeteilte Land diktatorisch regiert. Die Universitäten Helmstedt, Rinteln und
Paderborn wurden aufgelöst, die Klöster und Stifte aufgehoben. 1809 kam es zu
Aufständen. Am 14. 10. 1810 erhielt das Königreich
aus der Auflösung Hannovers 468 Quadratmeilen mit 647000 Einwohnern (Hannover
ohne Lauenburg). Am 12. 10. 1810 musste es Abtretungen im Nordwesten an
Frankreich zulassen. Am 1. 10. 1813/26. 10. 1813 zerfiel das
scheinkonstitutionelle Königreich. Hessen-Kassel
lebte sofort wieder auf, die übrigen Gebiete wurden zunächst von einem
Zentralverwaltungsrat geführt und 1815 meist an die früheren Herren
zurückgegeben.
L.: Kleinschmidt, A., Geschichte des Königreichs
Westphalen, 1893; Weidemann, J., Neubau eines Staates. Das Königreich Westphalen, 1936; Kohl, W., Die Verwaltung
der östlichen Departements des Königreichs
Westphalen 1807-14, 1937; Berding, G., Herrschafts- und Gesellschaftspolitik im
Königreich Westphalen, 1973; Regierungsakte des Königreiches Westphalen, hg. v. Rob, K., 1992; Nedden,
C. zur, Die Strafrechtspflege im Königreich
Westphalen, 2003.
Westpreußen (Landschaft, Gebiet, Provinz). 1466 trat
der Deutsche Orden im zweiten Thorner Frieden Pommerellen, (Danzig,) Kulm (mit
Thorn) (Kulmerland), Elbing, Christburg und Marienburg samt den Hochstiften
Ermland und Kulm an Polen ab (Polnisch Preußen, Königlich
Preußen). Dieses versuchte die seitdem W. genannten Gebiete einzugliedern und
zu polonisieren. 1659 wurde W. Polen angegliedert. Das im Dreißigjährigen Krieg
und im Nordischen Krieg schwer verwüstete Land wurde mit Ausnahme der Städte,
des Ermlandes und Marienwerders in der Folge im Wesentlichen polnisch. 1772
fiel in der ersten Teilung Polens Preußens königlich-polnischer
Anteil mit Pommerellen, Culm (Kulm, (Kulmerland) ohne Thorn, Westpomesanien,
Ermland und den Kreisen Deutsch Krone (Deutschkrone) und Flatow, insgesamt rund
36000 Quadratkilometer mit 600000 Einwohnern, an Preußen, wodurch eine
Landverbindung zwischen der Mark Brandenburg und Ostpreußen entstand, jedoch
Polen von der Ostsee abgeschnitten wurde. 1773 erhielt dieses sog. Neupreußen
(ohne Ermland und Deutsch Krone bzw. Deutschkrone) die Bezeichnung W. In der
zweiten Teilung Polens (1793) kamen Danzig und Thorn hinzu. Preußen förderte
das Land in kurzer Zeit erheblich. Von 1807 bis 1813 war Danzig Freie Stadt.
1815 wurde die preußische Provinz W. neu errichtet und 1824 personal, 1828 real
mit Ostpreußen vereinigt (Provinz Preußen). Seit 1878 bildete es wieder eine
eigene Provinz Preußens. 1919 kam deren größter Teil entgegen dem Grundsatz der
Selbstbestimmung ohne Abstimmung als polnischer Korridor zur Ostsee an Polen,
Danzig wurde freie Stadt. Die östlich der Weichsel gelegenen Gebiete
(Marienburg, Marienwerder, Rosenberg, Stuhm) blieben auf Grund einer
Volksabstimmung vom 11. 7. 1920, bei der sich 93 % der Einwohner für
Deutschland entschieden, beim Reich und bildeten zusammen mit Elbing den
Regierungsbezirk W. der Provinz Ostpreußen. Die nicht an Polen gefallenen
südwestlichen Gebiete wurden mit dem Rest Posens zur preußischen Provinz
Grenzmark Posen-Westpreußen verbunden. 1939 wurden die ostpreußischen Kreise
Elbing, Marienburg, Marienwerder, Rosenberg und Stuhm mit Danzig und den
zurückeroberten Gebieten Polens zum Reichsgau Danzig-Westpreußen zusammengefasst.
1945 kam das Gebiet unter die Verwaltung Polens und gelangte 1990 als
politische Folge der deutschen Einheit an Polen.
L.: Forstreuter, K., Deutschordensland Preußen, (in) Geschichte der deutschen
Länder, Bd. 1; Bär, M., Die Behördenverfassung in Westpreußen seit der
Ordenszeit, 1912; Schumacher, B., Geschichte Ost- und Westpreußens, 7. A. 1987;
Wermke, E., Bibliographie der Geschichte von Ost- und Westpreußen, 1933;
Schierling, C., Der westpreußische Ständestaat 1570-1586, 1966; Bibliographie
zur Geschichte von Ost- und Westpreußen 1939-70, bearb. v. Wermke, E., 2. A.
1974; Rauschning, H., Die Abwanderung der deutschen Bevölkerung aus Westpreußen
und Posen, hg. v. Kessler, W., 1988; Westpreußen im Wandel der Zeit, hg. v.
Heimatkreis Stuhm/Westpreußen, 1989; Rankl, M., Bibliographie zur Literatur
Ost- und Westpreußens mit Danzig, Bd. 1f. 1990; Boockmann, H., Deutsche
Geschichte im Osten Europas. Ostpreußen und Westpreußen, 1992; Handbuch der
Geschichte Ost- und Westpreußens, hg. v. Opgenoorth, E., 2,1 1994; Bömelburg,
H., Zwischen polnischer Ständegesellschaft und preußischem Obrigkeitsstaat,
1995; Handbuch der Geschichte Ost- und Westpreußens, hg. v. Opgenoorth, E., Bd.
3 1998; Allgemeine Kartensammlung Westpreußen, bearb. v. Bliß, W., 2000; Mast,
P, Ost- und Westpreußen und die Deutschen in Litauen, 2000.
Wetterau (Landvogtei, Reichslandvogtei). Das
Gebiet zwischen Taunus, Vogelsberg, Lahn und Main kam seit 15 n. Chr. unter
römischen Einfluss und wurde um 85 in die Provinz Germania superior einbezogen.
In der Mitte des 3. Jahrhunderts gaben die Römer es an Germanen (Alemannen, am
Ende des 5. Jahrhunderts Franken) preis. Seit karolingischer Zeit erscheint
dann die vom Fluß Wetter ausgehende Bezeichnung Wetter-eiba (2. Hälfte des 8.
Jahrhunderts, Grafschaft gegen Ende des 9. Jahrhunderts, nach 840 bis 1036 in
der Hand der Konradiner), die im 13. Jahrhundert durch W. ersetzt wurde. Nach
1036 zog der König die W. an sich. 1043 gab er
einen Teil an Fulda. Anderes gelangte an die Ministerialen von Arnsburg bzw.
Münzenberg. Daneben traten Grafen bzw. Herren von Nidda, Büdingen,
Buchen-Hanau, Selbold-Gelnhausen, Solms, Nürings, Diez, Nassau, Katzenelnbogen
und Eppstein hervor. Bereits Kaiser Friedrich I. Barbarossa versuchte unter
Nutzung alter Rechte, das Gebiet als Reichsland zu gewinnen. Sein Enkel
Friedrich II. bildete eine von König Rudolf von
Habsburg nach 1273 erneut aufgegriffene Reichslandvogtei, welche die
Reichsgrafschaften Isenburg, Hanau, Eppstein, Katzenelnbogen, Nassau, Solms,
Leiningen, Ziegenhain, Wertheim und Wied, die Reichsganerbschaften Friedberg,
Gelnhausen, Kalsmunt, Staden, Lindheim, Dorheim und Reifenberg (Reiffenberg)
sowie die Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar in einem
losen Rahmen zusammenschloss. Seit 1419 wurde das Amt des Reichslandvogts nicht
mehr besetzt. Seine Aufgaben wurden teilweise von dem wetterauischen
Reichsgrafenkollegium wahrgenommen, das im 16. Jahrhundert Stimmrecht im
Reichsfürstenrat gewann. 1803 kamen die einzelnen Herrschaften im Westen an
Nassau und damit 1866 an Preußen und 1945 an Hessen, im Osten an
Hessen-Darmstadt und damit 1945 ebenfalls an Hessen.
L.: Demandt, K., Die Mittelrheinlande, (in) Geschichte der deutschen Länder,
Bd. 1; Alber, E., Kurze Beschreibung der Wetterau, 1550; Wettermann, O.,
Bericht von der Wetterau, 1608; Arnoldi, J., Aufklärungen in der Geschichte des
deutschen Reichsgrafenstandes, 1802; Landau, G., Beschreibung des Gaues
Wettereiba, 1855; Curs, O., Deutschlands Gaue im zehnten Jahrhundert, 1908, 23
Wedereiba, Wettereiba, Gau um die Wetter (Obererlenbach und Niedererlenbach
bzw. Erlenbach, Seulberg bzw. Sahlburg, Trais-Horloff bzw. Traishorloff,
Ostheim, Büdesheim); Uhlhorn, F., Grundzüge der Wetterauer
Territorialgeschichte, Friedberger Geschichtsblätter 8 (1927); Mittermaier, F.,
Studien zur Territorialgeschichte der südlichen Wetterau, Mitt. d. oberhess.
Geschichtsvereins N. F. 31 (1933); Glöckner, K., Das Reichsgut im
Rhein-Maingebiet, Archiv f. hess. Geschichte N. F. 18 (1934); Gysseling, M.,
Toponymisch Woordenboek, 1960, 1068; Polenz, P. v., Landschafts- und
Bezirksnamen, 1961, II, 21, 29, 44, 92, III, 16, 25, 30, 31; Kropat, W., Reich,
Adel und Kirche in der Wetterau, 1965; Niemeyer, W., Der pagus des frühen
Mittelalters in Hessen, 1968, 112; Schwind, F., Die Landvogtei in der Wetterau,
1972; Herrmann, F., Von der Vorzeit zum Mittelalter, 1989; Schmidt, G., Der
Wetterauer Grafenverein, 1989; Schwind, F., Wetterau, LexMA 9 1998, 46;
Geschichte von Wetterau und Vogelsberg, hg. v. Stobbe, R., Bd. 1 1999; Escher,
M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 525.
Wettiner (Geschlecht). Die W. stammen vielleicht
von einem 822 genannten Grafen Rikbert in Sachsen oder von Herzog Burchard
(Burkhard) von Schwaben ab. Sie waren vermutlich zuerst im Liesgau und im Harzgau
(erster sicherer Ahnherr Graf Friedrich im Harzgau 875, dessen Nachkommen mit
den aus Schwaben stammenden Burchardingern (Burkhardingern) im frühen 10.
Jahrhundert in Verbindung traten,) begütert, wechselten bis zur
Jahrtausendwende aber in den Hosgau an der Saale. Danach wurden Eilenburg an
der Mulde, um 1030 als Lehen die Ostmark (Niederlausitz) und um 1050 Camburg
erlangt. Noch vor 1100 nannten sie sich nach der Burg Wettin bei Halle an der
Saale. 1089 erhielt Heinrich I. von Eilenburg die Markgrafschaft Meißen als
Lehen. Seit 1123 kam das Erbe des Hauses Groitzsch hinzu (Grafschaft Groitzsch
1143). Nach der Teilung von 1156 in die fünf Teilherrschaften Niederlausitz
(bis 1185), Wettin (bis 1217), Groitzsch (bis 1210), Brehna (bis 1290) und
Meißen wurden die meisten Güter bis 1290 in der Linie Meißen wieder vereinigt,
wobei die Grafschaft Brehna aber an Sachsen, die Grafschaft Wettin 1217 an
Brehna, 1288 an das Erzstift Magdeburg und damit 1680 an Brandenburg und die
Grafschaft Groitzsch durch Verkauf an das Hochstift Merseburg kamen. Markgraf
Heinrich III. gewann im thüringisch-hessischen Erbfolgekrieg 1247/1264
Thüringen. 1307 konnte das gesamte noch vorhandene Gebiet in der Schlacht bei
Lucka gegen König Albrecht von Habsburg
verteidigt werden. 1344 wurde die Grafschaft Orlamünde erworben. 1379/1382
wurde vorübergehend in drei Teile geteilt (Osterland[, dazu 1353 Coburg],
Thüringen[, dazu 1385 Grafschaft Käfernburg sowie durch Heirat Hildburghausen
und Heldburg], Meißen [dazu der größte Teil des Vogtlands]). Hinzu kamen
Gebiete in Böhmen und die Vogtei über Quedlinburg. Friedrich (IV. bzw.) I. der
Streitbare erhielt 1423 nach dem Aussterben der Askanier als Lohn für seine
Hilfe gegen die Hussiten das Herzogtum Sachsen-Wittenberg mit der Kurwürde. 1446
kam es zu einer weiteren Teilung. 1485 wurde in die ernestinische Linie und die
albertinische Linie geteilt.
L.: Blaschke, K./Kretzschmar, H., (Ober-)Sachsen und die Lausitzen, (in)
Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Eberhardt, H., Thüringen, (in) Geschichte
der deutschen Länder, Bd. 1; Hofmeister, G., Das Haus Wettin, 1889; Posse, O.,
Die Wettiner, 1897; Posse, O., Die Wettiner Genealogie, erg. v. Kobuch, M.,
1994; Helbig, H., Der wettinische Ständestaat, 1980; Streich, B., Zwischen
Reiseherrschaft und Residenzbildung. Der wettinische Hof im späten Mittelalter,
1989; Sachsen, A. Herzog zu, Die albertinischen Wettiner, Geschichte des
sächsischen Königshauses, 1763-1932, 1989;
900-Jahr-Feier des Hauses Wettin, Regensburg 26. 4.-1. 5. 1989, 1089-1989. Festschrift
des Vereins zur Vorbereitung der 900-Jahr-Feier des Hauses Wettin, hg. v.
Polenz, H. v./Seydewitz, G. v., 1989; Philippi, H., Die Wettiner in Sachsen und
Thüringen, 1989; Blaschke, K., Geschichte Sachsens im Mittelalter, 1990;
Pätzold, S., Die frühen Wettiner, Diss. phil. Göttingen 1996; Pätzold, S., Die
frühen Wettiner, 1997; Marquis, B., Meißnische Geschichtsschreibung des späten
Mittelalters, 1998; Blaschke, K., Wettiner, LexMA 9 1998, 50; Leisering, E.,
Die Rechte der Wettiner als Reichsfürsten, N. A. f. sächs. Gesch. 69 (1999),
233; Rogge, J., Herrschaftsweitergabe, 2002; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W. u. a., 2003, 1, 1, 213;
Weller, T., Die Heiratspolitik, 2004; Rogge, J., Die Wettiner, 2005; Die Wettiner
und ihre Herrschaftsgebiete, bearb. v. Leisering, E., 2006; Gross, R., Die
Wettiner, 2007; Wejwoda, M.Kirche und Landesherrschaft - das Hochstift Meißen
und die Wettiner im 13. Jahrhundert, 2007 (Magisterarbeit); Winkel, H.,
Herrschaft und Memoria. Die Wettiner und ihre Hausklöster im Mittelalter, 2010;
Kaiser, U., Das Amt Leuchtenburg 1479-1705, 2011.
Wetzlar (Reichsstadt, Grafschaft). Die
Konradiner, die Grafen des Lahngaus waren, errichteten um 914/915 (?) am
Zusammenfluss von Wetzbach und Lahn sowie am Lahnübergang der Straße von
Frankfurt nach Köln auf ehemaligem Reichsgut eine Kirche und ein Marienstift.
Nach dem Aussterben der Konradiner um die Mitte des 10. Jahrhunderts fiel der
Ort W. (1142 Witflaria) an den König. Dieser
fügte ihn im 12. Jahrhundert in das Reichsland der Wetterau ein. Zwischen 1165
und 1180 (Privileg Friedrichs I. Barbarossa) wurde W. Stadt. Diese erhielt
Frankfurter Recht und wurde Reichsstadt (1288 Brücke über die Lahn). Die
günstige Verkehrslage zwischen Frankfurt und Köln sowie die
Eisenerzverarbeitung und die Wollweberei führten zu beachtlicher
wirtschaftlicher Blüte (mit etwa 6000 Einwohnern), ehe es seit der Mitte des
14. Jahrhunderts zum Niedergang (1370 Stadtbankrott) kam. Reichsvögte der
Reichsvogtei W. waren nach den Herren bzw. Grafen von Merenberg von 1328 bis
1536 die Grafen von Nassau-Weilburg/Nassau-Saarbrücken, von 1536 bis 1802/1803
die Landgrafen von Hessen bzw. Hessen-Darmstadt. 1373 wurde zur Abwehr der
Grafen von Solms ein Schutzverhältnis mit Hessen begründet. 1542 wurde die
Reformation eingeführt. Von 1693 bis 1806 war W., das zum oberrheinischen
Reichskreis zählte, Sitz des Reichskammergerichts. 1802/1803 (1,4
Quadratmeilen, 6000 Einwohner) verlor es die Reichsfreiheit, gehörte von 1803
bis 1813 als Grafschaft W. zum Staat des Fürstprimas von Dalberg (1810
Großherzogtum Frankfurt) und kam 1815 zu Preußen (Rheinprovinz, seit 1932
Provinz Hessen-Nassau). 1945 fiel es an Hessen.
L.: Wolff 292; Zeumer 554 III a 14; Wallner 699 OberrheinRK 54; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) E3, II 78 (1450), III 22 (1648) D3, III 38
(1789) B3; Die Territorien des Reichs 4, 40; Schroeder 423ff.; Urkundenbuch der
Stadt Wetzlar, Bd. 1ff. 1911ff.; Rau, H., Geschichte der Reichsstadt Wetzlar,
1928; Regel, F., Wetzlar, Herborn, Dillenburg, 1931; Schönwerk, A., Geschichte
von Stadt und Kreis Wetzlar, 2. A. 1975; Uhlhorn, F., Wetzlar und Limburg.
Untersuchungen zur territorialgeschichtlichen Dynamik der Landschaft an der
unteren Lahn, FS T. Mayer, Bd. 2 1955; Kissel, O., Neuere Territorial- und
Rechtsgeschichte des Landes Hessen, 1961; Heitzenröder, W., Reichsstädte und
Kirche in der Wetterau, 1982; Hahn, H., Untersuchungen zur Geschichte der
Reichsstadt Wetzlar im Mittelalter, 1984; Felschow, E., Wetzlar in der Krise
des Spätmittelalters, Diss. phil. Gießen, 1984; Moraw, P., Die Städtepolitik
Kaiser Karls IV. (1346-1378) unter besonderer Berücksichtigung von Wetzlar,
(in) Mitteilungen des Wetzlarer Geschichtsvereins 31 (1985); Felschow, E.,
Betrachtungen zur spätmittelalterlichen Stadtverfassung am Beispiel der Städte
Gießen und Wetzlar, Hess. Jb. für LG. 39 (1989); Hahn, H., Altständisches
Bürgertum zwischen Beharrung und Wandel. Wetzlar 1689-1870, 1991; Fahlbusch,
F., Wetzlar, LexMA 9 1998, 52; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 2,
673; Schieber, S., Normdurchsetzung im frühneuzeitlichen Wetzlar, 2008.
Wickrath, Wickradt, Wickerad, Wykradt
(Herrschaft, freie Reichsherrschaft). 1068 wird in einer gefälschten Urkunde
die Burg W. an der oberen Niers südlich Mönchengladbachs bzw. südwestlich
Düsseldorfs erstmals genannt. Um sie entstand eine kleine Herrschaft der Herren
von W., zu der noch die Herrschaft Schwanenberg nordwestlich von Erkelenz
zählte. 1310 war sie Lehen Gelderns. König
Maximilian verlieh das Reichslehen W. seinem Rat Heinrich von Hompesch. 1502
fiel es an die Freiherren von Quadt, die 1752 in den Reichsgrafenstand erhoben
wurden. Die Reformation drang nicht völlig durch. 1792 gehörte der Graf von
Quadt wegen der Herrschaft W. (1,5 Quadratmeilen, 3000 Einwohner) zu den
westfälischen Grafen der weltlichen Bank des Reichsfürstenrates des Reichstags
und zum niederrheinisch-westfälischen Reichskreis. 1794 wurde die Herrschaft
von Frankreich besetzt. 1813/1815 kam sie an Preußen, 1946 W. an
Nordrhein-Westfalen. S. Are-Wickrath.
L.: Wolff 365f.; Zeumer 554 II b 63, 25; Wallner 704 WestfälRK 45;
Husmann-Trippel, J., Geschichte der ehemaligen Herrlichkeit bezw.
Reichsgrafschaft und der Pfarre Wickrath, 1909ff.
Wideho (Reichsdorf, Widehr). Am 22. 1. 1379
verpfändete König Wenzel dem Kurfürsten von der
Pfalz unter anderem das Reichsdorf W., das dieser von Graf Emich von Leiningen
ausgelöst hatte.
L.: Hugo 469, 464.
Wien (Reichsstadt, Residenz des Herzogs von
Österreich bzw. Erzherzogs von Österreich bzw. Königs,
seit 1611/1612 ständige Residenz der Habsburger als Landesfürsten und Kaiser).
Nach einer keltischen Siedlung Vindobona am Einfluss der Wien in die Donau
gründeten die Römer um 100 n. Chr. ein gleichnamiges, um 130 n. Chr. erstmals
erwähntes Lager (im Bereich Freyung/Herrengasse). Dieses wurde 166 und 400 von
Germanen zerstört und zuletzt 493/550 erwähnt. 881 erscheint dann die Siedlung
W. (Wenia). Diese fiel 1130/1135 an die Babenberger. Spätestens 1156 wurde sie
zu ihrem Hauptsitz ausgebaut. Um 1200 war sie vielleicht die größte deutsche
Stadt nach Köln. 1221 erhielt sie Stadtrecht. 1237-1238 und 1246-1250 wurde sie
reichsunmittelbar. 1251 kam sie an König Ottokar
II. von Böhmen, 1276 an König Rudolf von
Habsburg. 1365 erhielt sie eine Universität. 1469 wurde sie Bischofssitz
innerhalb der Erzdiözese Salzburg, 1722/1723 Erzbischofssitz. Seit 1438/1439
wurde sie trotz des kurzen Überganges an Ungarn (1485-1490) allmählich Residenz
des Kaisers des Heiligen Römischen Reiches (1800 etwa 231000 Einwohner), 1806 Hauptstadt
des Kaiserreichs Österreich und 1918 Hauptstadt der Republik Österreich.
L.: Wolff 25; Quellen zur Geschichte der Stadt Wien, 1845ff.; Tietze, H., Wien,
1931; Walter, F., Wien, Bd. 1ff. 1940ff.; Gugitz, G., Bibliographie zur
Geschichte und Stadtkunde von Wien, Bd. 1ff. 1947ff.; Gall, F., Alma Mater
Rudolphina 1365-1965, 1965; Neumann, A., Vindobona. Die römische Vergangenheit
Wiens, 1971; Endler, F., Das k. und k. Wien, Wien 1977; Historischer Atlas von
Wien, hg. v. Wiener Stadt- und Landesarchiv, 1981; Csendes, P., Das Wiener
Stadtrechtsprivileg von 1221, 1986; Czeike, F., Wien und Umgebung, 1988; Die
Wiener Stadtbücher, 1395-1430, Bd. 1, 1395-1400, hg. v. Brauneder, W. u. a.,
1989; Csendes, P., Geschichte Wiens, 2. A. 1990; Europas Städte zwischen Zwang
und Freiheit, 1995, 233; Metropolen im Wandel, 1995, 263; Csendes, P., Wien,
LexMA 9 1998, 85; Opll, F., Das große Wiener Stadtbuch, 1999; Wien, hg. v.
Csendes, P. u. a., Bd. 2f. 2003ff.; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 2, 624.
Wiesbaden (Herrschaft, Reichsstadt). Im Bereich
von W. wurden auf älteren Siedlungsspuren seit etwa 14 n. Chr. römische Lager
und Siedlungen errichtet. Die durch ihre Thermen gekennzeichnete Zivilsiedlung Aquae
Mattiacorum (Aquae Mattiacae) wurde von der Mitte des ersten nachchristlichen
Jahrhunderts an Vorort der Mattiaker. Um 400 wurde der Ort alemannisch, um 500
fränkisch. 829 erscheint W. als Mittelpunkt des Gaues Königssundern
(Königssondergaus, Königssunderngaus)
zwischen Walluf und Kriftel. Zu Beginn des 13. Jahrhunderts war W., dessen
Badebetrieb 1233/1234 erneut hervortrat, vorübergehend Reichsstadt. Zwischen
1242 und 1281 kam es als Reichslehen an die walramische Linie der Grafen von
Nassau. Die Burg wurde Nebenresidenz der Grafen von Nassau-Idstein. 1744 wurde
W. Hauptstadt des Fürstentums Nassau-Usingen, 1806 Hauptstadt des Herzogtums
Nassau. 1866 fiel es an Preußen, 1945 an Hessen, dessen Hauptstadt es wurde.
L.: Wolff 265; Heymach, F., Geschichte der Stadt Wiesbaden, 1925; Henche, A.,
Chronik der Stadt Wiesbaden, 1937; Quetsch, J., Wiesbaden. Stadt und Landschaft
in Vergangenheit und Gegenwart, 1957; Müller, K., Preußischer Adler und
Hessischer Löwe. 100 Jahre Wiesbadener Regierung 1866-1966, 1967; Schaefer, A.,
Von der Römersiedlung zur Landeshauptstadt, 2. A. 1973; Schoppa, H., Aquae
Mattiacae. Wiesbadens römische und alamannisch-merowingische Vergangenheit,
1974; Geschichte der Stadt Wiesbaden, hg. v. Magistrat der Stadt Wiesbaden, Bd.
2 1980; Weichel, T., Die Bürger von Wiesbaden, 1997; Escher, M. u. a., Die
urbanen Zentren, 2005, 2, 677.
Wildeshausen (Stift, Herrschaft). W. an der Hunte
südöstlich Oldenburgs wird anlässlich der Gründung des Alexanderstifts W. durch
Graf Waltpert, einen Enkel Herzog Wídukinds von Sachsen, erstmals erwähnt
(Wigaldinghus). 855 gewährte König Ludwig der
Deutsche Immunität und königlichen Schutz. 872
gab Graf Waltpert den Ort W. an das Stift. Im 11. Jahrhundert unterstand der
Ort den Billungern, die um 1100 die Vogteirechte einem Zweig der Grafen von
Oldenburg übertrugen, während die Welfen dem Domkapitel von Bremen das
Propsteigut überließen. Um 1150 erbaute Graf Heinrich von Oldenburg die Burg W.
Eine Linie der Grafen von Oldenburg wurde in W. ansässig (Oldenburg-Wildeshausen9
und verband mit ihrem Amt vorübergehend die Grafschaften Vlotho und
Tecklenburg. 1270 kam W. beim Aussterben der Grafen als erledigtes Lehen an das
Erzstift Bremen, während andere Güter an die Grafen von Hoya fielen. Um 1500
gelangte W. infolge mehrfacher Verpfändungen (1429-1465 Münster, 1493 Wilhelm
von dem Bussche bzw. Wilhelm von dem Busche) unter den Einfluss des Hochstifts
Münster, (im niedersächsischen Reichskreis) 1634 an Schweden, 1649 zum
Herzogtum Bremen und Verden Schwedens, 1675 an das Hochstift Münster, 1699 nach
Ablösung erneut an Schweden, 1700 als Pfand und 1714 zu Eigentum an Hannover
sowie 1803 vorübergehend, 1813/1826 endgültig an Oldenburg und damit 1946 an
Niedersachsen. S. Oldenburg-Wildeshausen.
L.: Wolff 431; Wallner 706 NiedersächsRK 25; Großer Historischer Weltatlas III
38 (1789) C1; Haase, C., Mittelalterliche Rechtsquellen der Stadt Wildeshausen,
1953; Lübbing, H./Jäkel, W., Geschichte der Stadt Wildeshausen, 1970;
1270-1970. 700 Jahre Stadt Wildeshausen, hg. v. Boning, H., 1970; Streich, G.,
Klöster, Stifte und Kommenden, 1986; Eckhardt, A., Beiträge zur Geschichte der
Stadt Wildeshausen, 1995; Schindler, R., Wildeshausen, LexMA 9 1998, 115;
Eckhardt, W., Wildeshausen, 1999.
Wilgartswiesen (Reichsdorf). 828 gab Wiligart den Hof
W. (Wiligartawisa) bei Annweiler und Bergzabern an das Kloster Hornbach. Die
Vogteirechte standen der Herrschaft Falkenburg zu. Falkenburg wird 1246 als
Reichsburg erwähnt. Am 22. 1. 1379 verpfändete König
Wenzel dem Kurfürsten Ruprecht von der Pfalz unter anderem das Reichsdorf W.
bei Annweiler, das dieser von Graf Emich von Leiningen ausgelöst hatte. Später
war die Pflege Falkenburg Leiningen und Pfalz bzw. Pfalz-Zweibrücken gemeinsam.
Der Anteil Leiningens kam an Leiningen-Dagsburg-Falkenburg, 1774 an
Leiningen-Hartenburg, 1785 Zweibrücken. Über Bayern gelangte W. 1946 an
Rheinland-Pfalz.
L.: Hugo 469, 465; Munzinger, H., Wilgartswiesen und Falkenburg, 1928.
Wimpfen (Reichsstadt) (, Bad Wimpfen). An der
Mündung der Jagst in den Neckar bestand in römischer Zeit ein 85-90 n. Chr.
erbautes Kastell. Die zugehörige Siedlung (vicus Alisinensium) war Hauptort des
Umlands. Vermutlich im 7. Jahrhundert (um 670) kam der Ort an den Bischof von
Worms. Neben diesem W. im Tal, das um das 1068 erstmals genannte Ritterstift
St. Peter angelegt wurde, entstand W. am Berg, das vor 1200 (vom Bischof von
Worms) an die Staufer gelangte. Sie erbauten dort um 1200 eine Pfalz, neben der
sich eine Stadt entwickelte, die nach dem Erlöschen der Staufer 1274/1278 Sitz
der Reichslandvogtei in Schwaben bzw. Niederschwaben wurde. Vom 13. (1224?)
oder 14. Jahrhundert (bis 1802 war sie Reichsstadt. Im 15. Jahrhundert ging W.
im Tal allmählich in W. am Berg auf. 1523 drang die Reformation ein, ohne sich
vollständig durchzusetzen. 1552 wurden W. im Tal und W. am Berg endgültig
vereinigt. 1649/1650 musste W., das seit dem 14. Jahrhundert einen bedeutenden
Oberhof beherbergte und Sitz und Stimme auf dem Reichstag und beim schwäbischen
Reichskreis hatte, sein kleines Herrschaftsgebiet größtenteils verkaufen. 1802
fiel das 0,6 Quadratmeilen große W. an Baden. Seit 1803 war W. Enklave
Hessen-Darmstadts, welches das Ritterstift 1802 säkularisiert hatte. 1952 kam
W. durch Volksabstimmung an Baden-Württemberg.
L.: Wolff 222; Zeumer 555 III b 29; Wallner 689 SchwäbRK 84; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) E4, III 22 (1648) D4, III 38 (1789) C3;
Schroeder 401ff.; Frohnhäuser, L., Geschichte der Reichsstadt Wimpfen, 1870;
Arens, F., Die Königspfalz Wimpfen, 1967;
Schroeder, K., Wimpfen. Verfassungsgeschichte einer Stadt und ihres
Verhältnisses zum Reich, 1973; Schroeder, K., Das alte Reich und seine Städte.
Untergang und Neubeginn, 1991; Seibert, H., Wimpfen, LexMA 9 1998, 223.
Windisch-Matrei (Herrschaft), Matrei in Osttirol. Matrei
bei Lienz wird erstmals 1160 genannt. Um 1200 ging die Herrschaft W. (so seit
1334 wegen der einstigen Zugehörigkeit zu Kärnten) an das Erzstift Salzburg
über. Seit 1648 war sie an die Lasser verpfändet. 1810 kam sie an das Königreich Illyrien Frankreichs, 1813 an Tirol.
L.: Wolff 133.
Windsheim(, Bad Windsheim) (Reichsstadt). W. bei
Uffenheim kam 791 (Kopie des 12. Jahrhunderts, Winedesheim) von König Karl dem Großen an den Bischof von Würzburg. Die
um 1200 planmäßig angelegte Marktsiedlung fiel um 1235 (1235/1237) an das Reich
zurück und wurde um 1280 Stadt. Trotz wiederholter Verpfändungen an Würzburg
und an die Hohenzollern erlangte W. 1295 die Befreiung von den benachbarten
Landgerichten, 1433 die Bestätigung der Gerichtshoheit, 1464 die Bestätigung
des Blutbannes und 1496 die Anerkennung der vollen Gerichtsbarkeit des Rates
innerhalb der Mauern. Damit war sie vom 15. Jahrhundert bis 1802 Reichsstadt.
Am Ende des 14. Jahrhunderts hatte sie zwischen 2500 und 3000 Einwohner. Von
1521 bis 1555 wurde die Reformation in der Stadt eingeführt. Sie zählte zum
fränkischen Reichskreis und gehörte um 1800 den Kantonen Odenwald und
Steigerwald des Ritterkreises Franken an. 1796 unterstellte sie sich
vorübergehend dem Schutz Preußens. Danach fiel sie mit 1 Quadratmeile Gebiet
und 4000 Einwohnern 1802 an Bayern, 1804 an Preußen, 1806 an das von Frankreich
besetzte Bayreuth und 1810 endgültig an Bayern. Seit 1961 trägt W. den Namen
Bad Windsheim.
L.: Wolff 129; Zeumer 555 III b 21; Wallner 693 FränkRK 26; Großer Historischer
Weltatlas II 66 (1378) F4, III 22 (1648) E4, III 38 (1789) D3; Riedenauer 129;
Schroeder 248ff.; Pastorius, M., Kurze Beschreibung der Reichsstadt Windsheim
1692, 1692, Neudruck 1980; Schultheiß, W., Die Entwicklung Windsheims vom Markt
des Hochstifts zur Reichsstadt im 13. Jahrhundert, Jb. d. hist. Ver. f.
Mittelfranken 73 (1953), 17; Hofmann, H., Neustadt-Windsheim, 1953, (in)
Historischer Atlas von Bayern, Teil Franken R I 2; Rößler, H., Die Reichsstadt
Windsheim von der Reformation bis zum Übergang an Bayern, Zs. f. bay. LG. 19
(1956); Schultheiß, W., Urkundenbuch der Reichsstadt Windsheim 741-1400, 1963;
Estermann, A., Bad Windsheim. Geschichte einer Stadt in Bildern, 1967;
Schnelbögl, F., Die fränkischen Reichsstädte, Zs. f. bay. LG. 31 (1968), 421;
Korndörfer, W., Studien zur Geschichte der Reichsstadt Windsheim vornehmlich im
17. Jahrhundert, Diss. phil. Erlangen-Nürnberg, 1971; Rabiger, S., Bad
Windsheim. Geschichte - Zeugnisse - Informationen, 1983; Reichsstädte in Franken,
hg. v. Müller, R., Bd. 1ff. 1987; Fahlbusch, F., Windsheim, LexMA 9 1998, 235.
Winterhausen (Reichsdorf). Am 28. 8. 1297 verpfändete
König Adolf (von Nassau) unter anderem die
beiden Dörfer Sommerhausen (Bartholomäi-Ahausen) und W. (Nikolai-Ahausen) an
den Bischof von Würzburg.
L.: Dacheröden 220; Hugo 455.
Witten (Herrschaft). W. an der Ruhr erscheint
1214 erstmals. Möglicherweise aus einem Königshof
ging der Schultenhof der Ritter von W. hervor, den diese den Grafen von
Isenberg-Limburg zu Lehen auftrugen. Seit dem 15./16. Jahrhundert bis 1806 war
die daraus entstandene Herrschaft innerhalb der Grafschaft Mark bzw. seit dem
17. Jahrhundert Brandenburgs (bzw. Preußens) kaiserliches Lehen. Über Preußen
kam W. 1946 an Nordhrein-Westfalen.
L.: Wolff 319; Witten. Werden und Weg einer Stadt, 1961; Wüstenfeld,
G./Wüstenfeld, W., Witten - Stadt an der Ruhr, 1971; Zemter, W., Witten. Aus
alter Zeit, 1981; Schoppmeyer, H., Zur Siedlungsgeschichte des Raumes Witten im
Mittelalter, Jb. des Vereins für Orts- und Heimatkunde in der Grafschaft Mark
86, 1988; Schoppmeyer, H., Zur Siedlungsgeschichte Wittens, 1988.
Wittenburg (Land). König
Waldemar von Dänemark teilte die Grafschaft Ratzeburg auf und gab die Länder W.
und Boizenburg an die Grafschaft Schwerin.
L.: Wolff 443.
Wolfenbüttel (Fürstentum, Residenz des Herzogs von
Braunschweig-Lüneburg bzw. Braunschweig-Wolfenbüttel). W. an der Oker im
nördlichen Harzvorland, der südlichste aller -büttel-Orte, wird 1118 erstmals
erwähnt (Wulferesbutle), ist aber vermutlich erheblich älter (7./8.?, 10./11.
Jahrhundert). Die Burg W. unterstand zunächst den brunonisch-welfischen, später
reichsministerialischen Herren von Asseburg (Gunzelin von W.) und wurde nach
der Zerstörung der Herrschaft durch die Welfen (1255) 1283 von diesen wieder
aufgebaut. 1267 erhielt Herzog Heinrich der Lange bei der Teilung
Braunschweig-Lüneburgs (Braunschweig-Wolfenbüttels) die Gebiete um
Braunschweig-Wolfenbüttel, Einbeck-Grubenhagen und Göttingen. Von 1279 bis 1292
gehörte W. zusammen mit Gütern um Gandersheim und Seesen einer eigenen Linie.
1345 kam W. an Herzog Magnus I. Seit 1432 war W. Hauptsitz der Herzöge von
Braunschweig-Wolfenbüttel. 1495 gelangte es zum Fürstentum
Braunschweig-Wolfenbüttel, das 1635 an die Linie Lüneburg-Dannenberg
(Braunschweig, Wolfenbüttel, Helmstedt, Gandersheim, Holzminden, Blankenburg in
3 getrennten Landesteilen) und 1735 an die Linie Braunschweig-Bevern fiel.
1753/1754 wurde die Residenz des Fürstentums von W. nach Braunschweig verlegt.
1946 kam W. mit Braunschweig an Niedersachsen. S. Braunschweig-Wolfenbüttel.
L.: Wolff 438f.; Schnath, G./Lübbing, H./Engel, F., Niedersachsen, (in)
Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Meier, P., Untersuchungen zur
Geschichte der Stadt Wolfenbüttel, Jb. d. Geschichtsvereins für das Herzogtum
Braunschweig 1 (1902), 1; Karpa, O., Wolfenbüttel, 2. A. 1965; Thöne, F.,
Wolfenbüttel, Geist und Glanz einer alten Residenz, 2. A. 1968; Busch, S.,
Hannover, Wolfenbüttel und Celle, 1969; Beiträge zur Geschichte der Stadt
Wolfenbüttel, hg. v. König, J., 1970; Ohnesorge,
K., Wolfenbüttel, 1974; Zur Stadtgeschichte Wolfenbüttels, hg. v. Reuter, H.,
1988; Casemir, K./Ohainski, U., Das Territorium der Wolfenbütteler Herzöge um
1616, 1996; Ohainski, U., Wolfenbüttel, LexMA 9 1998, 304; Medefind, H., Die
Kopfsteuerbeschreibung des Fürstentums Braunschweig-Wolfenbüttel von 1678,
2001; Klingebiel, T., Ein Stand für sich? Lokale Amtsträger in der frühen
Neuzeit, 2002; Auf dem Weg zur herzoglichen Residenz, hg. v. Schwarz, U., 2003;
Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W.,
2003, 1, 2, 639.
Wolfstein (Reichsstadt). Wahrscheinlich unter
Kaiser Friedrich I. Barbarossa entstand zur Sicherung des Reichslands bei
Kaiserslautern die Burg Altwolfstein bei Kassel. Daneben gründete König Rudolf von Habsburg 1275 auf Reichsgut die
reichsunmittelbare Stadt W. Nach verschiedenen Verpfändungen kam sie an die
Pfalz und von 1605 bis 1673 an Pfalz-Simmern. 1815 gelangte W. zu Bayern, 1946
zu Rheinland-Pfalz.
L.: Wolff 245; Jung, O., Das alte Wolfstein (1275-1950), (1950).
Worms (Hochstift, Residenz des Bischofs). Seit
346 (?), sicher bezeugt seit 614, ist die ursprünglich keltische, dann
germanische, dann römische Siedlung Borbetomagus/Vormatia Sitz eines Bischofs,
der im 8. Jahrhundert dem Erzbistum Mainz eingegliedert war. Seine Diözese zog
sich sichelförmig vom Saargebiet bzw. Kaiserslautern nach Guntersblum/Oppenheim
und dem unteren Neckar (Ladenburg, Wimpfen). Die Vogtei lag bis 1156 bei den
Grafen von Saarbrücken, danach bei den Pfalzgrafen bei Rhein. Dem Bischof
gelang trotz erheblicher Bedeutung in der Stauferzeit nur der Erwerb eines
kleinen Herrschaftsgebiets im Westen. Seit etwa 1330 stieg der Einfluss der
Pfalzgrafen auf das Hochstift. Residenz wurde bald Ladenburg. In der
Reformation ging mehr als die Hälfte der Pfarreien der Diözese verloren. Seit
1648 war das Bistum meist in Personalunion mit Mainz oder Trier verbunden. Um
1790 war der Bischof von W. wegen Neckarsteinach, Darsberg, Grein und Teilen
von Langenthal (Langental) Mitglied des Kantons Odenwald des Ritterkreises
Franken. 1797/1801 fielen die linksrheinischen Güter des zuletzt 8
Quadratmeilen mit 20000 Einwohnern und 85000 Gulden Einkünften umfassenden, zum
oberrheinischen Reichskreis zählenden Hochstifts an Frankreich, 1803 die
rechtsrheinischen Teile an Baden und Hessen-Darmstadt. 1805 wurde das Bistum
aufgelöst und 1817/1821 sein Sprengel auf Mainz, Speyer, Freiburg und
Rottenburg aufgeteilt. 1814 kamen die linksrheinischen Teile an Bayern und
Hessen-Darmstadt.
L.: Wolff 232; Zeumer 552 II a 8; Wallner 696 OberrheinRK 14; Großer
Historischer Weltatlas II 34 (1138-1254) F4, III 22 (1648) D4, III 38 (1789)
C3; Winkelmann-Holzapfel 169; Schannat, J., Historia episcopatus Wormatiensis,
Bd. 1f. Frankfurt 1734; Wormatia Sacra, 1925; Seiler, A., Das Hochstift Worms
im Mittelalter, Diss. phil. Gießen 1936; Sofsky, G., Die verfassungsrechtliche
Lage des Hochstifts Worms, 1955; Schaab, M., Die Diözese Worms im Mittelalter,
Freiburger Diözesanarchiv 86 (1966); Friedmann, A., Die Beziehungen der
Bistümer Worms und Speyer zu den ottonischen und salischen Königen, 1994; Das Bistum Worms, hg. v. Jürgensmeier,
F., 1997; Bönnen, G., Worms, LexMA 9 1998, 330; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 636, 1, 2, 645;
Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 491.
Worms (Reichsstadt, freie Stadt). Im 2.
Jahrhundert n. Chr. erscheint der Name Borbetomagus für eine im alten Siedlungsland
errichtete keltische Siedlung, die im 1. Jahrhundert v. Chr. an die
germanischen Vangionen und 50 v. Chr. an die Römer gefallen war. Seit 346 (?),
sicher bezeugt seit 614, ist dieser Ort Sitz eines Bischofs. 413 wurde er
Mittelpunkt des Reiches der 436 von den Hunnen besiegten und danach
umgesiedelten Burgunder, 436 alemannisch und 496 fränkisches Königsgut. Seit dem 7. Jahrhundert erscheint der Name
Warmatia. Dorthin verlegten die fränkischen Könige
ihre zunächst in Neuhausen errichtete, 790/803 (?) abgebrannte Pfalz. 898/979
gingen königliche Rechte auf den Bischof über.
Bischof Burchard I. von Worms (1000-25) verdrängte den König
aus der Stadt. Im Investiturstreit standen die Bürger auf der Seite der Könige und erhielten dafür 1074 Zollfreiheit und
andere eigenständige Rechte. Weitere Freiheitsbriefe gewährte Kaiser Friedrich
I. Barbarossa 1156 und 1184. 1273 wurde die Reichsfreiheit der Stadt durch König Rudolf von Habsburg anerkannt, doch bestanden
weiter bischöfliche Rechte. 1498/1499 erneuerte die Stadt in weitgehender
Romanisierung ihr Recht in einer Reformation. Sehr früh ging sie zum Luthertum
über. 1659 lehnte W., das nur sein unmittelbares linksrheinisches Umland (ca.
2000 Hektar) unter seine Herrschaft bringen konnte, das Angebot des Kurfürsten
der Pfalz ab, Residenz zu werden. 1689 wurde die dem oberrheinischen
Reichskreis angehörige Stadt von Frankreich fast völlig zerstört. 1797/1801
fiel sie als Landstadt von 6000 Einwohnern, die im Kanton Odenwald des
Ritterkreises Franken inkorporiert war, an Frankreich (Ende der
Reichsunmittelbarkeit), 1814/1816 unter die Verwaltung Bayerns und Österreichs,
1816 an Hessen-Darmstadt und 1946 an Rheinland-Pfalz.
L.: Wolff 290; Zeumer 554 III a 4; Wallner 699 OberrheinRK 55; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) E4, III 38 (1789) C3; Riedenauer 129;
Quellen zur Geschichte der Stadt Worms, hg. v. Boos, H., Bd. 1ff. 1886ff.;
Boos, H., Geschichte der rheinischen Städtekultur mit besonderer
Berücksichtigung der Stadt Worms, Bd. 1ff. 2. A. 1897ff.; Illert, F. M.,
Alt-Worms, 1925; Müller, W., Die Verfassung der freien Reichsstadt Worms am
Ende des 18. Jahrhunderts, 1937; Illert, F. M., Die alte Stadt, 1953; Illert,
F., Worms im wechselnden Spiel der Jahrtausende, 1958; (Polenz, P. v.,
Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, II, 61;) Hüttmann, H., Untersuchungen zur
Verfassungs-, Verwaltungs- und Sozialgeschichte der freien Reichsstadt Worms
1659-1789, 1970; Illert, G., Worms, so wie es war, 1976; Der Statt Wormbs
Reformation, hg. v. Köbler, G., 1985; Keilmann, B., Der Kampf um die
Stadtherrschaft in Worms während des 13. Jahrhunderts, 1985; Grünewald, M., Die
Römer in Worms, 1986; Friedmann, A., Die Beziehungen der Bistümer Worms und
Speyer zu den ottonischen und salischen Königen,
1994; Breuer, H., Die politische Orientierung von Ministerialität und
Niederadel im Wormser Raum, 1997; Bönnen, G., Worms, LexMA 9 1998, 330; Escher,
M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 2, 688.
Wunstorf (Reichsstadt?). Um 865 gründete der
Bischof von Minden auf seinem Eigengut Uonheresthorp ein Kanonissenstift, das König Ludwig der Deutsche 871 seinem Schutz
unterstellte. Im 12. Jahrhundert belehnte der Bischof von Minden die Grafen von
Roden mit der Vogtei über das Stift und die 1181 als civitas erwähnte
bürgerliche Siedlung, welche die Vögte allmählich so weit aus der
Stiftsherrschaft lösten, dass 1247 eine Gesamtherrschaft vereinbart wurde. 1261
wurde W. Stadt mit Mindener Recht (1290 Rat). 1446 verkauften die Grafen von
Roden ihren Anteil an das Hochstift Hildesheim. 1447 ging er an die Herzöge von
Braunschweig-Lüneburg (1494 Calenberg). Insgesamt nahm W. eine eigentümliche
Stellung zwischen Landstandschaft und Amtsässigkeit ein. 1521 und 1776
erscheint es in der Reichsmatrikel. Seit dem 17. Jahrhundert bezog der
Landesherr die Stadt immer stärker in das Land ein. Über Hannover und Preußen
(1866) kam sie 1946 an Niedersachsen. Das Stift W. blieb stets vom Bischof
abhängig.
L.: Gumpelzhaimer 190; Wolff 436; Leyser, P., Historia comitum Wunstorpiensium,
2. A. 1726, hg. v. Kaus, E./Krause, R., 2000; Geschichte der Grafen von
WunstorfOhlendorf, H., Geschichte der Stadt Wunstorf, hg. v. Hartmann, W.,
1957; Gercke, A., Die Altstadt Wunstorf, 1965; Simon, H., Wunstorf, 1969;
Eickels, K. van, Wunstorf, LexMA 9 1998, 369.
Württemberg (Grafen, Herzogtum, Königreich, Land, Landesteil). 1081/1083/1092
erscheint die neu errichtete Burg Wirtinisberc auf dem Rotenberg zwischen
Esslingen und Cannstatt im alten Stammesherzogtum Schwaben. Nach ihr nannten
sich (fränkische?, von dem salischen Herzog Konrad von Kärnten abstammende?)
Herren von W. (1081/1083 Konrad, 1089/1092 Conradus de Wirtineberc), die seit
1135/1139 als Grafen (Grafschaft im Remstal) auftraten, zunächst im mittleren
Neckartal und Remstal begütert waren und - vielleicht nach einer Unterbrechung
um 1150 - zu Beginn des 13. Jahrhunderts das ganze mittlere und untere Remstal
mit Waiblingen und Schorndorf erlangt hatten. Wichtigste Grundlagen der
Herrschaftsbildung wurden Leibeigenschaft, Mannsteuer, Ortsherrschaft und
Steuer. Durch Heirat erwarben sie um 1245 von den Markgrafen von Baden
Stuttgart (stuot-gart), das im 14. Jahrhundert (1321) Sitz des Hofes und
Mittelpunkt der Grafschaft und ab 1482 offiziell Hauptstadt und Residenzstadt
wurde. Dazu kamen Zollrechte und Geleitsrechte an wichtigen Straßen wie der
Fernstraße von Speyer nach Ulm. Nach dem Untergang der Staufer rissen sie
Reichsgut im erheblichen Umfang an sich (Waiblingen). 1259 wurde Graf Ulrich I.
Marschall des Reiches über ganz Schwaben und kaufte die Grafschaft Urach (Urach,
Münsingen, Pfullingen, Nürtingen). Eberhard I. gewann 1298 die Landvogtei
Schwaben und vergrößerte das Herrschaftsgebiet um fast die Hälfte (Backnang,
Calw [1308], Göppingen [1319], Hohenstaufen [1319], Dornstetten [1320],
Neuffen, Rosenfeld, Neuenbürg, Glemsgaugrafschaft mit Hohenasperg). 1324/1325
kamen durch Kauf Reichenweier und Horburg im Elsass, 1330 Landvogtei Wimpfen,
1336 Markgröningen, 1339 Vaihingen, 1343 Tübingen mit dem Reichsforst
Schönbuch, die halbe Herrschaft Teck mit Kirchheim, Winnenden, die Grafschaft
Aichelberg, Grötzingen und 1381 von den Herzögen von Teck (Verkauf der zweiten
Hälfte) Kirchheim hinzu. Eberhard III. erhielt die Herrschaft Schalksburg mit
Balingen und Onstmettingen sowie dem Rest von Bietigheim. Eberhard IV. erwarb
durch Heirat 1397/1409 die Grafschaft Mömpelgard (bis 1796/1802). 1420 umfasste
W. als die größte Grafschaft des Reiches nach einem Verzeichnis der
württembergischen Lehen und Eigengüter als Reichslehen die Grafschaft W. mit
den Städten Stuttgart, Cannstatt (Canstatt, Cannstadt), Leonberg, Waiblingen
und Schorndorf, den Zoll zu Göppingen, die Grafschaft Aichelberg mit der Stadt
Weilheim und die Vogtei zu Jesingen, das Herzogtum Teck mit den Städten und
Schlössern Kirchheim, Gutenberg, Wielandstein und Hahnenkamm, die Grafschaft
Neuffen, die Grafschaft Urach mit den Städten Urach, Wittlingen und Münsingen,
die Pfalzgrafschaft Tübingen mit den Städten Tübingen, Herrenberg, Böblingen,
Sindelfingen und dem Forst Schönbuch, die Grafschaft Calw mit Stadt Calw, Wildbad
und Zavelstein, die Grafschaft Vaihingen mit den Städten Vaihingen,
Oberriexingen (Riexingen), Horrheim und Hohenhaslach (Haslach), die Herrschaft
Magenheim mit der Stadt Brackenheim, die Stadt Markgröningen als ein Fahnlehen,
die Grafschaft Asperg, die Herrschaft Horburg und die Grafschaft Wickisau
(Willisau) mit der Stadt Reichenweier im Elsass, die auf der rechten Rheinseite
oberhalb Breisach gelegene Burgfeste Sponeck, die Herrschaft Waldhausen bei
Welzheim, die Herrschaft Nagold mit den Städten Nagold und Haiterbach
(Haitersbach), die Herrschaft Urslingen mit dem Städtchen Rosenfeld, zeitweise
die Grafschaft Sigmaringen mit der gleichnamigen Stadt und die Feste und die
Hälfte von Herrschaft und Stadt Hornberg. Eigengüter lagen zu Tuttlingen (Wittlingen),
Nürtingen, Grötzingen, Waldenbuch, Lichtenstein, Leofels, Schiltach, Dornhan,
Fautsberg (Vogtsberg), Großgartach und Kleingartach (Gartach), Güglingen,
Lauffen (Laufen), Backnang, Winnenden, Marbach, Göppingen, Schülzburg
(Schilzburg), Hundersingen, Sternenfels, Bilstein bei Reichenweier, Ramstein,
Ebersberg, Reichenberg, Waldenstein, Bittenfeld, Hoheneck, Schalksburg,
Balingen, Blankenhorn, Bietigheim, Blankenstein, halb Rechtenstein, Ingersheim,
Ebingen, Veringen, Achalm, Hohenstaufen, Lauterburg, Rosenstein, Gundelfingen,
Oberndorf und Wasseneck. Dazu kamen als Lehen von der Krone Böhmens: Burg und
Stadt Neuenbürg (Neuenburg), Burg und Stadt Beilstein, Lichtenberg und
Großbottwar (Bottwar) und als ein Lehen des Hochstifts Bamberg Dornstetten. 1441/1442
wurde das damit bereits große, aber in sich noch recht uneinheitliche Land
geteilt. Ludwig I. begründete die Linie Urach, Ulrich V. die Linie Neuffen bzw.
Stuttgart (mit Nebenlinie Württemberg-Mömpelgard ab 1498, die 1593 die
Hauptlinie beerbte). 1471/1473 wurde der Erwerb der Grafschaft Sulz
abgeschlossen. 1482 stellte Eberhard V. im Bart von der Uracher Linie
(1450-1496), der Gründer der Universität Tübingen (1477), die Einheit des
Landes wieder her (Vertrag von Münsingen), erließ eine Landesordnung (1495) und
erreichte 1495 vom Kaiser für die größte Grafschaft des Reichs die Erhebung zum
Herzog und die Einordnung des Landes als Reichslehen, womit zugleich eine
Vereinheitlichung der unterschiedlichen Besitzrechte gegeben war. Nach seinem
Tode gewann zwar W. 1504 noch das Maulbronner Klostergut, die Reichsgrafschaft
Löwenstein und die Ämter Besigheim, Weinsberg, Neuenstadt, Möckmühl und
Heidenheim, doch erlangte der Landtag wachsenden Einfluss (1514), fiel W. wegen
der Annexion Reutlingens von 1520 bis 1534 überhaupt an das Reich (1520-1522)
bzw. Österreich und musste danach bis 1599 die Lehnshoheit Österreichs
(Reichsafterlehen) anerkennen. Um 1535 wurde die Reformation eingeführt, 1555
ein romanistisch geprägtes Landrecht erlassen. Im Dreißigjährigen Krieg wurde
das zum schwäbischen Reichskreis zählende Land zweimal besetzt, verlor
(zeitweilig ein Drittel seines Gebiets und) zwei Drittel seiner ursprünglichen
450000 Einwohner und geriet danach in einen allgemeinen Niedergang. 1617 wurde
in eine Hauptlinie und die Nebenlinien Württemberg-Mömpelgard (bis 1723) und
Württemberg-Weiltingen (bis 1705) geteilt. 1649 spaltete sich
Württemberg-Neuenstadt, 1674 Württemberg-Winnental ab. Im 18. Jahrhundert
gelang die weitgehende Entmachtung des Landtags. 1733 übernahm die 1674
entstandene Nebenlinie Württemberg-Winnental die Nachfolge der ausgestorbenen
Hauptlinie. Territorial kamen Justingen (1751), Bönnigheim und Sterneck, sowie
die halbe Reichsgrafschaft Limpurg (nach 1781) hinzu, so dass das Land nunmehr
9400 Quadratkilometer mit 620000 Einwohnern umfasste. Wegen Untereisesheim war
der Herzog Mitglied des Kantons Kraichgau des Ritterkreises Schwaben, wegen
weiterer Güter auch Mitglied des Kantons Odenwald des Ritterkreises Franken.
1803 wurde der Herzog Kurfürst. Als Entschädigung für den Verlust
linksrheinischer Güter an Frankreich 1796/1801 (Mömpelgard, Gebiete im Elsass
[Horburg, Reichenweier], Freigrafschaft Burgund, 7 Quadratmeilen mit 14000
Einwohnern) bekam er 1803 durch § 6 des Reichsdeputationshauptschlusses unter
der Auflage verschiedener Renten die Propstei Ellwangen, die Abteien Schöntal
und Zwiefalten, fünf Klöster und Stifte (Comburg, Rottenmünster,
Heiligkreuztal, Oberstenfeld, Margarethausen) sowie die neun Reichsstädte
Reutlingen, Esslingen, Rottweil, Heilbronn, Giengen, Aalen, Weil der Stadt,
Schwäbisch Hall und Schwäbisch Gmünd nebst dem Dorf Dürrenmettstetten,
insgesamt 29 Quadratmeilen mit 120000 Einwohnern). Außerdem erhielt W. an
geistlichen Gütern: Im Jahre 1803 vier Klöster in Schwäbisch Gmünd, Kloster
Gotteszell, das Karmeliterkloster in Heilbronn und das Benediktinerinnenkloster
Mariaberg, drei Klöster in Rottweil und das Augustinerkloster in Weil der
Stadt. Im Jahre 1804 fielen das Kapuzinerkloster in Rottweil und 1805 die
Johanniterkommenden Affaltrach, Hemmendorf, Rottweil und Dätzingen und die
Deutschordenskommende Heilbronn an W. 1806 folgten die Deutschordenskommenden
Altshausen und Kapfenburg, das Kapuzinerkloster Bartenstein, das Bruderhaus in
Bernstein, das Dominikanerinnenkloster Binsdorf, das Chorherrenstift
Ehingen-Rottenburg, das Kollegiatstift und das Dominikanerinnenkloster in Horb,
die Dominikanerinnenklöster Kirchberg, Löwental (Löwenthal) bei Friedrichshafen
und Oberndorf, das Wilhemiten- bzw. Benediktinerkloster in Mengen, die
Kapuzinerklöster Michaelsberg (Michelsberg), Pfedelbach und Rottenburg, das
Karmelitenkloster in Rottenburg, die Franziskanerklöster Oeffingen und Waldsee,
das Benediktinerkloster Wiblingen und das Benediktinerinnenkloster Urspring.
1807 gelangte das Franziskanerinnenkloster Neuhausen, 1809 das gleiche
Ordenskloster in Schwäbisch Gmünd und Mergentheim, die Kapuzinerklöster in
Mergentheim und Wurmlingen an W. 1810 erhielt es die Kapuzinerklöster in
Biberach, Schwäbisch Gmünd und Weil der Stadt, das Klarissinnenkloster in
Heilbronn und das Franziskanerkloster Saulgau, 1811 die Kapuzinerklöster in
Langenargen und Neckarsulm und das Franziskanerinnenkloster in Wiesensteig und
schließlich 1830 die Kapuzinerklöster in Ellwangen, Riedlingen und Wangen. Mit
der Anlehnung an Frankreich wurden 1805/1806 die Königswürde
(30. 12. 1805), die österreichischen Güter in Oberschwaben (Landvogtei mit Sitz
in Altdorf) und mehrere Grafschaften gewonnen. Der König
trat dem Rheinbund bei und verheiratete seine Tochter 1807 an Jerôme Bonaparte.
1809 erhielt er das Deutschmeistergebiet von Mergentheim, 1810 Ulm und andere
Reichsstädte, so dass das Land nach verschiedenen Grenzausgleichsverträgen mit
Baden, Bayern und Hohenzollern-Hechingen (1806-1813) 19511 Quadratkilometer mit
1,1 Millionen Einwohnern umfasste. Eine im März 1815 erlassene Verfassung
scheiterte. 1816 trat der König dem Deutschen
Bund bei. Sein Nachfolger gewährte am 25. 9. 1819 eine Verfassung. Durch
Vereinbarung vom 25. 11. 1870 wurde der Beitritt zum Deutschen Reich unter
Wahrung von Sonderrechten für Post, Eisenbahn, Biersteuer und Branntweinsteuer
vorbereitet und bald vollzogen. Am 30. 11. 1918 legte der König die Krone nieder (Erlöschen der Hauptlinie
1921). Am 26. 4./25. 9. 1919 trat eine neue Verfassung in Kraft. Im März 1933
übernahmen die Nationalsozialisten die Regierung. Im September/Oktober 1945
wurde W. in die Länder Württemberg-Hohenzollern (französische Besatzungszone)
und Württemberg-Baden (amerikanische Besatzungszone) aufgeteilt. Nach der
Volksabstimmung vom 9. 12. 1951 gingen beide Länder in Baden-Württemberg auf.
S. a. Neuwürttemberg.
L.: Wolff 159; Zeumer 553 II b 26; Wallner 684 SchwäbRK 1; Winkelmann-Holzapfel
169; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) E4, II 78 (1450) F4, III 22
(1648) D4, III 38 (1789) C3; Riedenauer 129; Gönner, E./Zorn, W., Schwaben,
(in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Die Territorien des Reichs 5, 168;
Sattler, C., Geschichte des Herzogtums Würtenberg unter der Regierung der
Graven und Herzöge, 1777; Stälin, C., Wirtembergische Geschichte, Bd. 1ff.
1841ff.; Die württembergischen Oberamtsbeschreibungen, 1844ff.;
Gaisberg-Schöckingen, F. v., Das Königshaus und
der Adel von Württemberg, 1910; Wirtembergisches Urkundenbuch, hg. v. königlichen Staatsarchiv in Stuttgart, Bd. 1ff.
1849ff.; Stälin, P., Geschichte Wirtembergs, Bd. 1f. 1882ff.; Württembergische
Geschichtsquellen, hg. v. d. Komm. f. Landesgeschichte, Bd. 1ff. 1894ff.;
Bibliographie der württembergischen Geschichte, hg. v. Heyd, W., Bd. 1ff.
1895ff.; Mock, A., Die Entstehung der Landeshoheit der Grafen von Wirtemberg,
1927; Hertlein, F. u. a., Die Römer in Württemberg, Bd. 1ff. 1928ff.; Veeck,
W., Die Alamannen in Württemberg, 1931; Weller, K., Die Grafschaft Württemberg
und das Reich bis zum Ende des 14. Jahrhunderts, Württemberg.
Vierteljahreshefte für Landesgeschichte 38 (1932); Hölzle, E., Württemberg im
Zeitalter Napoleons, 1937; Hölzle, E., Der deutsche Südwesten am Ende des alten
Reichs, 1938; Bader, K., Der deutsche Südwesten, 2. unv. A. 1978; Dehlinger,
A., Württembergs Staatswesen in seiner geschichtlichen Entwicklung bis heute,
Bd. 1f. 1950ff.; Deutsches Städtebuch, hg. v. Keyser, E./Stoob, H., 1939-1974,
Bd. 4 Teilbd. 2; Müller, E., Kleine Geschichte Württembergs, 1963; Miller,
M./Sauer, P., Die württembergische Geschichte. Von der Reichsgründung bis
heute, 1971; Jänichen, H./Schröder, K., 150 Jahre amtliche Landesbeschreibung
in Baden-Württemberg, Zs. für württemberg. LG. 38 (1974); Weller, K./Weller,
A., Württembergische Geschichte im südwestdeutschen Raum, 10. A. 1989;
Philippe, R., Württemberg und der westfälische Friede, 1976; Kann, J., The
Making of a State: Württemberg 1593-1793, London 1984; Wicki, H., Das Königreich Württemberg im ersten Weltkrieg, 1984; 900
Jahre Haus Württemberg, hg. v. Uhland, R., 3. A. 1985; Vann, J., Die
Entwicklung eines Staates, Württemberg 1593-1793 (Aus d. Engl. übers. v.
Nicolai, K./Nicolai, H.), 1986; Barth, C., Geschichte von Württemberg, 1986;
Haas, E., Württemberg, oh deine Herren! Ein Streifzug durch die württembergische
Geschichte, 1986; Buszello, H., Der Oberrhein in Geschichte und Gegenwart, Von
der Römerzeit bis zur Gründung des Landes Baden-Württemberg, 1986; Beiträge zur
Geschichte der Landkreise in Baden und Württemberg, hg. v. Landkreis
Baden-Württemberg, 1987; Saurer, P., Napoleons Adler über Württemberg, Baden
und Hohenzollern, 1987; Gerner, J., Vorgeschichte und Entstehung der
württembergischen Verfassung im Spiegel der Quellen (1815-1819), 1989; Frey,
S., Das württembergische Hofgericht (1460-1618), 1989; Stievermann, D.,
Landesherrschaft und Klosterwesen im spätmittelalterlichen Württemberg, 1989;
Handbuch der baden-württembergischen Geschichte, hg. v. d. Komm. f.
geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, Bd. 1ff. 1990ff.;
Holzgerlingen, 1995; Molitor, S., 1495: Württemberg wird Herzogtum, 1995;
Eberl, I., Württemberg, LexMA 9 1998, 375; Regesten zur Geschichte von
Württemberg 1325-1392, 1998; Repertorium der Policeyordnungen der frühen
Neuzeit, hg. v. Härter, K./Stolleis, M., Bd. 3 1999; Schlinker, S., Fürstenamt
und Rezeption, 1999, 182; Keitel, C., Herrschaft über Land und Leute, 2000;
Schnabel, T., Geschichte von Baden und Württemberg 1900-1952, 2001;
Biographisches Handbuch der württembergischen Landtagsabgeordneten 1815-1933,
bearb. v. Raberg, F., 2001; Württembergisches Klosterbuch, hg. v. Zimmermann,
W., 2003; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W. u. a., 2003, 1, 1, 225, 909 (Württemberg mit Mömpelgard);
Württemberg 1797-1816/19, bearb. v. Paul, I., 2004; Hesse, C., Amtsträger der
Fürsten im spätmittelalterlichen Reich, 2005; Mann, B., Kleine Geschichte des Königreichs Württemberg, 2006; Der württembergische
Hof im 15. Jahrhundert, hg. v. Rückert, P., 2006; Das Herzogtum Württemberg zur
Zeit des Dreißigjährigen Krieges im Spiegel von Steuer- und
Kriegsschadensberichten 1629-1655, hg. v. Hippel, W. v., 2007; 1806 –
Souveränität für Baden und Württemberg. Beginn der Modernisierung?, hg. v.
Schindling, A. u. a., 2007; Weber, R., Kleine Geschichte der Länder Baden und
Württemberg 1918-1945, 2008.
Würzburg (Hochstift, Großherzogtum, Residenz des
Bischofs). 704 wird linksmainisch W. (Virteburh, um 700 Uburzis), dem bereits
in vorchristlicher Zeit bedeutende keltische Siedlungen vorangehen, als
Mittelpunkt eines fränkischen (thüringischen) Herzogtums bezeugt. 741/742
richtete Bonifatius einen in die rechtsmainische Talsiedlung gelegten
Bischofssitz (Bischof Burchard) für Ostfranken ein, der Mainz unterstellt
wurde. Die Diözese reichte vom Thüringer Wald (bzw. südlich von Hersfeld) bis
zur Hohenloher Ebene (bzw. südlich von Schwäbisch Hall) und von Böhmen bis an
Neckar und Spessart. Die Grundlage weltlicher Herrschaft bildeten reiche
Schenkungen Karlmanns und König Pippins (752/753
Immunität). Um 800 ist W. als Königspfalz
belegt. Vor allem von Kaiser Otto II. erhielt W. weitere Güter. 1007 wurde W.
durch die Gründung des Bistums Bamberg beschnitten. 1030 war der Bischof
Stadtherr, gegen den sich Stadt (1069 urbani cives, 1147 Juden bezeugt) und
Zünfte von 1248 bis etwa 1400 vergeblich wendeten. 1168 bestätigte Kaiser
Friedrich I. Barbarossa den Bischöfen die herzogliche Gewalt in Franken, doch
kam das Herzogtum nicht zur tatsächlichen Entfaltung. Der Ausbau des zwischen
Eltmann und Gemünden beiderseits des Mains und bis Marktheidenfeld
linksmainisch sowie im Grabfeld, in der Rhön, im Bauland, in Markt Bibart und
(bis 1542) Meiningen begüterten Hochstifts (u. a. 1297 Kissingen) erfolgte in
heftigen Auseinandersetzungen mit den Grafen von Henneberg als Hochstiftsvögten.
1400 wurden bürgerliche Befreiungsversuche endgültig unterdrückt. Der Bischof
hatte Sitz und Stimme im Reichsfürstenrat und beim fränkischen Reichskreis.
Durch die Reformation erlitt das Bistum bedeutende Verluste, die Julius Echter
von Mespelbrunn (1573-1617), der Erneuerer der 1410 erstmals gegründeten
Universität (1582), wieder wettmachte. 1633 wurde W. mit Bamberg als Herzogtum
Franken an Herzog Bernhard von Weimar als Lehen Schwedens gegeben, aber bereits
1634 wieder verselbständigt. Im späteren 17. Jahrhundert zählte der Bischof zum
Kanton Steigerwald des Ritterkreises Franken. Um 1790 war der Bischof Mitglied
des Ritterkreises Franken und zwar außer in den Kantonen Steigerwald und
Baunach im Kanton Odenwald wegen Teilen von Gollachostheim, Haltenbergstetten,
Eichhof, Ermershausen, Eulenhof, Neubronn, Niederstetten, Oberndorf,
Rinderfeld, Streichental, Wermutshausen und Teilen von Pfahlenheim und im
Kanton Rhön-Werra wegen Teilen von Nordheim/Rhön, Büchold, Teilen von
Elfershausen, Mittelsinn mit Aura, Teilen von Obersinn, Teilen von jeweils
Burglauer, Eichenhausen, Leutershausen, Maßbach samt zwei Dritteln Weichtungen,
Poppenlauer und Unsleben. 1802/1803 fiel das 90 Quadratmeilen (mit 262000
Einwohnern und 3 Millionen Gulden Einkünften) umfassende Hochstift mit 54
Ämtern an Bayern (72 Quadratmeilen), Württemberg, Hessen-Darmstadt und
Leiningen. 1805 kam es von Bayern gegen Tirol, Brixen und Trient an den
Habsburger Ferdinand von Toskana. Unter ihm gehörte es vom 30. 9. 1806 bis 1814
als Großherzogtum W. zum Rheinbund. Durch Grenzbereinigungsverträge mit den
Nachbarländern wurde der Umfang des Gebiets seit 1807 verändert. 1810 kam
Schweinfurt hinzu. Am 3. 6. 1814 gelangte W. erneut an Bayern. Das Bistum W.
wurde 1817 erneuert und dem Erzbistum Bamberg unterstellt.
L.: Wolff 99; Zeumer 552 II a 7; Wallner 691 FränkRK 1; Großer Historischer
Weltatlas II 66 (1378) F4, II 22 (1648) E3, III 38 (1789) D4; Riedenauer 129;
Winkelmann-Holzapfel 169f.; Zimmermann, G., Franken, (in) Geschichte der
deutschen Länder, Bd. 1; Die Territorien des Reichs 4, 98; Neumaier 15, 19f.,
24, 52, 87, 132; Monumenta Boica, Bd. 37ff. 1864ff.; Chroust, A., Geschichte
des Großherzogtums Würzburg. Die äußere Politik des Großherzogtums Würzburg,
1932; Beck, M./Büttner, H., Die Bistümer Würzburg und Bamberg in ihrer
politischen und wirtschaftlichen Bedeutung für die Geschichte des deutschen
Ostens, 1937; Endrich, P./Dinklage, K., Vor- und Frühgeschichte der Stadt
Würzburg, 1951; Herbipolis iubilans, 1200 Jahre Bistum Würzburg, 1952; Bosl,
K., Würzburg als Reichsbistum, FS T. Mayer, 1954; Hofmann, H., Die Würzburger
Hochstiftskarte des Oberleutnants von Fackenhofen 1791, Mainfränk. Hefte 24
(1956); Scherzer, W., Georg Conrad Jung (1612-1691) und die Entwicklung der
Kartographie im Hochstift Würzburg, Ber. zur dt. Landeskunde 25 (1960);
Wendehorst, A., Das Bistum Würzburg, Bd. 1f. 1962ff.; Wendehorst, A., Das
Bistum Würzburg, Freiburger Diözesanarchiv 86 (1966); Schubert, E., Die
Landstände des Hochstifts Würzburg, 1967; Bilz, W., Die Großherzogtümer
Würzburg und Frankfurt, Diss. phil. Würzburg 1968; Bosl, K., Franken um 800, 2.
A. 1969; Lindner, K., Untersuchungen zur Frühgeschichte des Bistums Würzburg
und des Würzburger Raumes, 1972; Schich, W., Würzburg im Mittelalter, 1977;
Trüdinger, K., Stadt und Kirche im spätmittelalterlichen Würzburg, 1978;
Würzburg, hg. v. Wendehorst, A., 1981; Hoffmann, H., Das Lehenbuch des
Fürstbischofs Albrecht von Hohenlohe 1345-1372, 1982; Götz, H., Würzburg im 16.
Jahrhundert Bürgerliches Vermögen und städtische Führungsschichten zwischen
Bauernkrieg und fürstbischöflichem Absolutismus, 1986; Wendehorst, A., Das
Bistum Würzburg, 4 Das Stift Neumünster in Würzburg, 1989; Veith, P., Regesten
aus Würzburger Urkunden, 1990; Chronik der Bischöfe von Würzburg, Bd. 1ff., hg.
v. Wagner, U. u. a., 1992ff.; 1200 Jahre Bistum Würzburg, hg. v. Lenssen,
J./Wamser, L., 1992; Link, T., Die Reichspolitik des Hochstifts Würzburg, 1995;
Wendehorst, A., Würzburg, LexMA 9 1998, 377; Geschichte der Stadt Würzburg, hg.
v. Wagner, U., Bd. 1ff. 2001ff.; Schäfer, D., Geschichte Würzburgs, 2003; Höfe
und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1,
638, 1, 2, 648; Süßmann, J., Vergemeinschaftung durch Bauen, 2007.
Wusterhausen s. Königswusterhausen
Zähringen (Herzog). Möglicherweise von den bis 746
als alemannische Herzöge auftretenden Alaholfingern (Bertholden) stammt das
alemannische Geschlecht der Bertholde (um 1000 Berthold Graf im Thurgau, 999
Marktrecht, Münzrecht und Zollrecht für Villingen, unter Kaiser Heinrich II.
Graf im Breisgau) ab, das einen Teil der Baar und Grafschaften im
Oberrheingebiet innehatte. Vermutlich war es in weiblicher Linie auch mit den
Staufern verwandt. Der um 1037/1038 in Italien in königlichem
Auftrag tätige Berthold erwarb wohl durch Heirat der Tochter (Richwara) des
Herzogs von Schwaben Güter um Weilheim/Limburg im Neckargau. Berthold I. wurde
von 1061 bis 1077 Herzog von Kärnten mit der Mark Verona. Nach seinem Tode
(1078) spaltete sich unter seinem Sohn Hermann die Linie (der Markgrafen von)
Baden ab. Berthold II. († 1111) war von 1092 bis 1097/1098 Gegenherzog von
Schwaben gegen den Staufer Friedrich II. Er behielt auch nach dem 1098 gegen
Überlassung Zürichs als Reichslehen erfolgten Verzicht auf Schwaben den Titel
eines Herzogs bei, nannte sich aber nach der Übernahme des Erbes der Grafen von
Rheinfelden (vor allem in Burgund) nach der wohl nach 1078 erbauten Burg Z. bei
Gundelfingen nahe Freiburg im Breisgau. Nach der Aussöhnung mit dem Kaiser
(1098) bauten die Herzöge durch den Erwerb von Klostervogteien (Sankt Peter,
Sankt Georgen, Sankt Blasien, Hochstift Bamberg), des Rektorats über Burgund
(1127, danach Herzogstitel) (1156 Vogteien über die Hochstifte Genf, Lausanne
und Sitten), der Reichsvogtei über Zürich, durch Rodung im südlichen
Schwarzwald und Gründung von Städten (Freiburg im Breisgau 1120?, Freiburg im
Üchtland 1157, Bern 1160/1191) ein von Offenburg bis in die spätere Westschweiz
reichendes, durch Städtegründungen und Klosterstiftungen verdichtetes Herrschaftsgebiet
auf (1173 Teile des Erbes der Grafen von Lenzburg). 1187 spaltete sich die
Linie der Herzöge von Teck ab. 1198 wurden die Vogtei über Schaffhausen und die
Hälfte von Breisach gewonnen. Nach dem Aussterben im Mannesstamm 1218 fielen
die Güter an die Grafen von Urach (Grafen von Freiburg, Grafen von
Fürstenberg), die Grafen von Kiburg (Kyburg) und die Herzöge von Teck. Andere
Teile wurden Reichsgut. Wichtigste Nachfolgeherrschaften waren danach
Fürstenberg, Baden, Vorderösterreich und die Eidgenossenschaft der Schweiz.
L.: Haselier, G., Die Oberrheinlande, (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd.
1; Caspart, J., Die Urheimat der Zähringer auf der schwäbischen Alb, (in)
Württemberg. Vjh. 3 (1880); Heyck, E., Geschichte der Herzöge von Zähringen,
1891, Neudruck 1980; Krüger, E., Zur Herkunft der Zähringer, ZGO N.F. 6 (1891),
7 (1892); Heyck, E., Urkunden, Siegel und Wappen der Herzöge von Zähringen,
1892; Flamm, H., Der Titel Herzog von Zähringen, ZGO N.F. 30 (1915); Hamm, E.,
Die Städtegründungen der Herzöge von Zähringen in Südwestdeutschland, 1932;
Hölzle, E., Der deutsche Südwesten am Ende des alten Reiches, 1938; Mayer, T.,
Der Staat der Herzöge von Zähringen, (1935), (in) Mayer, T., Mittelalterliche
Studien, 1959; Sütterlin, B., Geschichte Badens, Bd. 1 1965; Die Zähringer, hg.
v. Schmid, K./Schadek, H., 1986; Die Zähringer. Eine Tradition und ihre
Erforschung, hg. v. Schmid, K., 1986; Die Zähringer. Anstoß und Wirkung, hg. v.
Schadek, H./Schmid, K., 1990; Die Zähringer, Schweizer Vorträge und neue
Forschungen, hg. v. Schmid, K., 1990; Zotz, T., Zähringer, LexMA 9 1998, 466;.
Parlow, U., Die Zähringer, 1999; Schlinker, S., Fürstenamt und Rezeption, 1999,
31; Weller, T., Die Heiratspolitik, 2004; Escher, M. u. a., Die urbanen
Zentren, 2005, 1, 505.
Zell (am Harmersbach) (Reichsstadt). Z. im
Schwarzwald wird 1139 (Cella) erstmals erwähnt. Es war eine Zelle des Klosters
Gengenbach, der dieses Stadtrecht verlieh. Nach der Mitte des 13. Jahrhunderts
wurde Z., das als Lehen Bambergs der Zähringer bei deren Aussterben 1218 an
Kaiser Friedrich II. gekommen war und das König
Rudolf von Habsburg nach einem 1265 durch König
Konradin erfolgten Verkauf an die Herren von Geroldseck wieder an das Reich
gezogen hatte, reichsunmittelbar. Es war stets die kleinste aller Reichsstädte,
hatte Sitz und Stimme auf dem Reichstag und beim schwäbischen Reichskreis und
wurde zusammen mit Offenburg und Gengenbach mehrfach verpfändet. Mit ihnen
schloss es sich 1575 im Bund der sog. Vereinsstädte zur Abwehr der Eingliederungsbestrebungen
der seit 1556 zu Österreich gehörenden Ortenau zusammen. 1718 musste es die
Unabhängigkeit des Reichstals Harmersbach anerkennen. 1803 fiel es mit etwa 2
Quadratmeilen Gebiet (Nordrach, Biberach, Oberentersbach und Unterentersbach)
und rund 2900 Einwohnern an Baden und kam damit 1951/2 an Baden-Württemberg.
L.: Wolff 227; Zeumer 555 III b 33; Wallner 688 SchwäbRK 62; Schroeder 307ff.;
Disch, F., Chronik der Stadt Zell am Harmersbach, 1937.
Zips (Landschaft), ungar. Szepes, slowak.
Spiš. Seit etwa 1150 siedelten Deutsche auf der südlich der Hohen Tatra
gelegenen Hochebene der Z. (Zipser Sachsen). 1271 erhielten die Einwohner der
dortigen Städte vom König von Ungarn eine
gewisse Selbstverwaltung. 1412 wurden von König
Sigmund 13 Städte an Polen verpfändet. Das durch die Hussitenkriege verwüstete
Land kam schließlich an Habsburg. Während hier die von Ferdinand I. tolerierte
Reformation den Erhalt des Deutschtums begünstigte, ging seit der
Gegenreformation (1674) der Anteil der Deutschen zurück. 1772 kamen die an
Polen verpfändeten Städte an Österreich zurück. Nach dem
österreichisch-ungarischen Ausgleich des Jahres 1867 geriet das Deutschtum
unter verstärkten Druck. 1876 wurde die Selbstverwaltung aufgehoben. 1919 fiel
die Z. (Spiš) an die Tschechoslowakei, aus der die meisten deutschstämmigen
Einwohner 1945 vertrieben wurden. 1993 kam die Z. (Spiš)zur Slowakei.
L.: Fausel, E., Das Zipser Deutschtum, 1927; Spiš v kontinuite casu, hg. v.
Svorc, P., 1995; Marsina, R., Zips, LexMA 9 1998, 626.
Zug (Stadt, Kanton). Z. am Zuger See wurde
um 1200 von den Grafen von Kiburg (Kyburg) gegründet. 1273 kaufte König Rudolf von Habsburg die dortigen Kiburger
(Kyburger) Rechte. 1352 wurde die Stadt von den sie umgebenden Orten der
Eidgenossenschaft der Schweiz zum Eintritt in diese gezwungen und 1368 von
Habsburg aus seiner Herrschaft entlassen. 1400 erwarb sie den Blutbann. 1415
wurde sie reichsunmittelbar. Im 15. Jahrhundert gewann sie Anteile an der
Verwaltung einzelner gemeiner Herrschaften. Im Jahre 1604 wurden Spannungen
zwischen der Stadt Z. und ihrem Umland durch Vertrag beigelegt. 1798 wurde Z.
dem Kanton Waldstätte einverleibt, 1803/1815 aber in den alten Grenzen als
kleinster Kanton der Schweiz (239 Quadratkilometer) wiederhergestellt. Die
Verfassung von 1814 wurde 1848, 1876 und 1894 verändert.
L.: Wolff 523; Großer Historischer Weltatlas II 72 (bis 1797) F2; Chronik der
Innerschweiz, hg. v. Koch, H. u. a., Bd. 1, 2 1947; Gruber, E., Die Geschichte
des Kantons Zug, 1968; Die Rechtsquellen des Kantons Zug, bearb. v. Gruber, E.,
Bd. 1 1971; Meyer, T., Zug, LexMA 9 1998, 683.
Zürich (Reichsstadt). Am Ort des römischen
Turicum (am Lindenhof) gründete Kaiser Karl der Große neben einem Königshof das Chorherrenstift Großmünster Z. (810/820
Zurih), König Ludwig der Deutsche 853 die
Reichsabtei Fraumünster (Frauenmünster). Die Reichsvogtei (Kastvogtei) hierüber
kam 1098/1173 als Erbe der Grafen von Lenzburg (10. Jahrhundert) an die Herzöge
von Zähringen. Mit deren Aussterben 1218 erlangte Z. Reichsunmittelbarkeit. Mit
Hilfe König Rudolfs von Habsburg unterwarf Z.
den umwohnenden Adel. Am Ende des 13. Jahrhunderts brachte es das Fraumünster
(Frauenmünster) und das Großmünster unter seine Herrschaft. 1291 schloss es ein
erstes Bündnis mit Uri und Schwyz. Von 1313 bis 1336 verband es sich mit den
Habsburgern. 1351 schloss es sich der Eidgenossenschaft der Waldstätte an. Bald
wurde es, begünstigt durch die Lage an der Straße vom Sankt Gotthard nach
Basel, Mittelpunkt der Eidgenossenschaft der Schweiz. Bereits im 14. Jahrhundert
erlangte es ein ansehnliches Herrschaftsgebiet am Zürichsee (Wädenswil 1342,
Zollikon 1358, Küsnacht am Zürichsee 1384, Thalwil [Talwil] 1385). Zwischen
1400 und 1415 erwarb es die Herrschaften am See Greifensee (1402), Grüningen
(1408), Regensberg (1409), die Reichsgrafschaft Kiburg (Kyburg) (1424/1452) und
ein Stück des östlichen Aargaus (Freiamt, Kelleramt, Steinhausen [1415],
Andelfingen [1434]). In der Reichsmatrikel von 1521 wurde es nicht mehr
geführt. Unter Zwingli setzte sich seit 1523 die Reformation durch. 1648
erlosch die Reichszugehörigkeit mit der übrigen Eidgenossenschaft der Schweiz.
Seit 1712 übernahm Z. zusammen mit Bern wieder die 1531 verlorene Führung der
Eidgenossenschaft. S. Zürich (Kanton).
L.: Wolff 518f.; Großer Historischer Weltatlas II 72 (bis 1797) F2; Bluntschli,
J., Staats- und Rechtsgeschichte der Stadt und Landschaft Zürich, 2 Teile 2. A.
1856; Urkundenbuch der Stadt und Landschaft Zürich, Bd. 1ff. 1888ff.;
Dändliker, K., Geschichte der Stadt und des Kantons Zürich, Bd. 1ff. 1908ff.;
Largiadèr, A., Die Anfänge der zürcherischen Landschaftsverwaltung, 1932;
Weiss, L., Verfassung und Stände des alten Zürich, 1938; Largiadèr, G.,
Geschichte von Stadt und Landschaft Zürich, Bd. 1f. 1943 ff; Kunz, E., Die
lokale Selbstverwaltung in den zürcherischen Landgemeinden im 18. Jahrhundert,
Zürich 1948; Kläui, P./Imhof, E., Atlas zur Geschichte des Kantons Zürich,
1951; (Polenz, P. v., Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, II, 16, 23, 30, 31,
32, Zurihgouwe, pagus Thuregum, Duricinum, Turegia provincia, ‚Zürichgau‘;)
Karte des Kantons Zürich aus dem Jahre 1667 in 56 Messtischblättern von Gugger,
H. C., hg. v. Imhof, E./Winkler, E., 1967; Raiser, E., Städtische
Territorialpolitik im Mittelalter, Diss. phil. Hamburg 1969; Plattner, A., Die
Herrschaft Weinfelden, 1969; Vogt, E./Meyer, E./Peyer, H. C., Zürich von der
Urzeit zum Mittelalter, 1971; Dietrich, C., Die Stadt Zürich und ihre
Landgemeinden während der Bauernunruhen von 1489 bis 1525, 1985; Zürich.
Geschichte einer Stadt, hg. v. Schneebeli, R., 1986; Geschichte des Kantons
Zürich, Bd. 1 1995; Hürlimann, K., Zürich, LexMA 9 1998, 790; Kleine Zürcher
Verfassungsgeschichte 1218-2000, hg. v. Staatsarchiv des Kantons Zürich 2000;
Koch, B., Neubürger in Zürich, 2002; Vonrufs, U., Die politische Führungsgruppe
Zürich (1450-1489), 2002; Müller, M., Gesellschaftlicher Wandel und
Rechtsordnung, 2005; Die Entstehung der neuen Zürcher Kantonsverfasssung, 2006;
Marquardt, B., Die alte Eidgenossenschaft und das Heilige römische Reich, 2007,
261.
Zweibrücken (Grafschaft[, Herzogtum], Residenz
desPfalzgrafen von Pfalz-Zweibrücken). An der Fernstraße von Lothringen zum
Rhein erscheint um 1170 die Burg Z. am Schwarzbach der Grafen von Saarbrücken.
Sie war ab 1182/1188 bzw. 1185/1190Sitz der von Saarbrücken abgeteilten
Grafschaft Z. (u. a. mit Lichtenberg und Meisenheim von der früheren Grafschaft
Veldenz, Neukastel oder Bergzabern, Pirmasens [1182-1570], Vogtei über Hornbach
und Altenmünster in Mainz). Hinzu kam aus dem Erbe der Grafen von Eberstein
Stauf am Donnersberg und die sog. Rheindörfer. Allod in Lothringen (Linder,
Mörsberg, Saargemünd) wurde 1297/1302 gegen das Lehen Bitsch an die Herzöge von
Lothringen gegeben. 1333 wurde geteilt (Zweibrücken-Zweibrücken [mit Grafschaft
Z. und Amt Bergzabern] und Zweibrücken-Bitsch). Die Güter
Zweibrücken-Zweibrückens fielen 1385 vom letzten Grafen durch Verkauf zur
Hälfte und 1394 ganz an die Pfalz (Kurpfalz), Allode an das bis 1570 bestehende
Zweibrücken-Bitsch. 1410 wurde in der Pfalz durch Erbteilung das Fürstentum
Pfalz-Simmern geschaffen, das 1416 das 1393 verpfändete Z. auslöste. 1477 wurde
Z. Residenz der Pfalzgrafen von Pfalz-Zweibrücken. 1523/1533 drang die
Reformation ein. Von 1676/1677 bis 1697 war Z.von Frankreich besetzt. 1681/1697
fiel Pfalz-Zweibrücken an die seit 1654 in Schweden regierende
Zweibrücken-Kleeburger Linie der Pfalz. Von 1714 bis 1718 unterstand es seitens
Schwedens dem vertriebenen König von Polen
Stanislaus Leszczynski. 1734 fiel es an Pfalz-Birkenfeld, das 1799 Bayern
erbte. 1793/1801 kam das zum oberrheinischen Reichskreis zählende
Pfalz-Zweibrücken mit 36 Quadratmeilen Gebiet und 60000 Einwohnern an
Frankreich, 1816 an Bayern, 1919 und 1945/1946 teilweise (ohne Stadt
Zweibrücken) zum Saargebiet und im Übrigen 1946 zu Rheinland-Pfalz. S. a.
Pfalz-Zweibrücken, Saargebiet.
L.: Wolff 247ff.; Wallner 695 OberrheinRK 3; Großer Historischer Weltatlas II
66 (1378) D4, III 22 (1648) C4; Die Territorien des Reichs 6, 170; Molitor, L.,
Geschichte einer deutschen Fürstenstadt, 1885; Zweibrücken. 600 Jahre Stadt
1352-1952, 1952; Das barocke Zweibrücken und seine Meister, hg. v. Dahl,
J./Lohmeyer, K., 2. A. 1957; Pöhlmann, C., Regesten der Grafen von Zweibrücken,
bearb. v. Doll, A., 1962; Geschichtliche Landeskunde des Saarlandes Bd. 2 1977;
Rose, M., Das Gerichtswesen, 1994; Herrmann, H., Zweibrücken, LexMA 9 1998,
717; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W.,
2003, 1, 2, 658; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 484, 2, 702.
Zwickau (Reichsstadt [?]). Z. am Übergang der
Straße von Böhmen nach Goslar über die Zwickauer Mulde ist erstmals 1118
(Zwiccowe) als Gut der Gräfin von Groitzsch bezeugt. Die vor 1145 (bzw. vor
1150) entstandene deutsche Siedlung (nach 1170? Stadt) erlebte unter den Staufern
einen deutlichen Aufschwung (Reichsstadt) und kam um 1200 (1206?) an die
Markgrafen von Meißen. Unter König Rudolf von
Habsburg wurde Z. dem Reich wieder angenähert (vor 1290-1362), doch wurde 1308
Z. bereits wieder Pfandgut bzw. musste Schutzherrschaft anerkennen. Innerhalb
der Markgrafschaft Meißen kam das etwa 4000 Einwohner zählende Z. 1485 an die
ernestinische Linie, 1547 an die albertinische Linie und über Sachsen von 1949
bis 1990 an die Deutsche Demokratische Republik.
L.: Wolff 379; Herzog, E., Chronik der Kreisstadt Zwickau, Bd. 1f. 1839ff.;
Fritzsch, E./Busies, R., Zwickau, 3. A. 1968; Blaschke, K., Zwickau, LexMA 9
1998, 732.