Der Herzog in der deutschen Landesgeschichte (679)
Von daher ist die deutsche Geschichte auch und nicht zuletzt eine Geschichte der deutschen Länder und der sie beherrschenden Dynastien. Sie wurde dies spätestens mit der Aufteilung der alten auf die Stämme bezogenen Herzogtümer in die festeren Territorien, wie sie etwa schon 1156 mit der Abtrennung des neuen Herzogtums Österreich vom alten Herzogtum der Bayern sichtbar zu werden beginnt und 1180 mit der erfolgten Aufteilung des überkommenen Herzogtums der Sachsen ganz augenfällig ist. Sie blieb dies bis zur Gegenwart, in der noch immer alle bedeutenden deutschen Staaten aus einer Mehrzahl von Ländern zusammengesetzt sind.
Das damit in seinen Grundzügen festgelegte «Historische Lexikon der deutschen Länder» will - ausgehend von der Reichsunmittelbarkeit im Heiligen Römischen Reich (deutscher Nation) - in erster Linie in notwendiger Kürze alle wichtigeren Länder und Herrschaften der Deutschen im Sinne historischer, in ihrem Gewicht ganz unterschiedlicher Bausteine der gesamtdeutschen Entwicklung erfassen. Es nimmt dabei als seinen Ausgangspunkt, wie schon der Titel zeigt, den Begriff des Landes, wie er das Verfassungsrecht der Gegenwart kennzeichnet. Schon die verhältnismäßig wenigen Länder aber beispielsweise in der Bundesrepublik Deutschland sind im Einzelfall in vielfacher Hinsicht ganz unterschiedlich. Diese Verschiedenheit nimmt zu, wenn man die weiteren deutschen oder deutschsprachigen Länder oder Staaten einbezieht und sie vervielfacht sich darüber hinaus, wenn man die tatsächliche geschichtliche Entwicklung berücksichtigt. Weil die gegenwärtigen Länder aus ganz unterschiedlichen, in mannigfaltiger Weise in der Dimension Zeit zugleich auch personengebundenen Ansatzpunkten (Herzogtümern, Fürstentümern, Grafschaften, Herrschaften, Herrlichkeiten, Gerichten, Städten, Dörfern, Tälern und Bünden) entstanden und von ganz verschiedenen Familien und Einzelmenschen geprägt sind, kann an dem formellen namengebenden Begriff des Landes nicht wirklich festgehalten werden. Vielmehr müssen inhaltlich zahllose weitere Gegebenheiten berücksichtigt werden, welche nicht selbst zum Land geworden, sondern in einem Land aufgegangen sind, ohne dass dies in jedem Zeitpunkt der geschichtlichen Entwicklung absehbar gewesen wäre. Über diesen noch immer engen und nicht immer leicht handhabbaren Rahmen hinaus sollen zahlreiche zusätzliche Artikel das Gesamtverständnis erleichtern. Bedeutsamere Einheiten sind dabei in der Regel ausführlicher, unbedeutendere kürzer beschrieben, gelegentlich sogar überhaupt nur ohne weitere Angaben aufgeführt, so unbefriedigend dies im Einzelfall auch sein mag.
Die der freundlichen Betreuung des Verlages zu verdankende siebente Auflage bringt das Werk auf den neuesten Stand. Sie verwertet die zahlreichen und wichtigen, mir liebenswürdigerweise von Max Mühlbauer nach jahrelanger, mühevoller Forschungstätigkeit gegebenen Hinweise und fügt zusätzlich insbesondere die in den bisherigen Auflagen ausgesparten Landschaftsbezeichnungen (Gaue) des Frühmittelalters ein, die nach der Wanderung der anfangs schriftlosen Völker in den geschriebenen Quellen sichtbar werden und den Territorien und damit der Zeit ab 1180 (Sturz Herzog Heinrichs des Löwen und Aufteilung des Herzogtums der Sachsen) bzw. 1156 (Aufteilung des Herzogtums der Bayern in Bayern und Österreich) vorausgehen. Außerdem legt sie formal die neue deutsche Rechtschreibung zu Grunde.
Mit Einverständnis des durch reiche Gaben italienischer Güter belohnten Papstes verdrängte 751 der arnulfingische Hausmeier Pippin den merowingischen König. Pippins Sohn war Karl der Große, der 773/774 die Langobarden in Italien besiegte, 788 den Herzog von Bayern entmachtete und zwischen 772 und 804 die Sachsen niederrang, so dass sich das Reich der Franken nunmehr von den Pyrenäen bis zur Eider und von der Kanalküste bis Mittelitalien erstreckte. Als ihn Papst Leo III. am Weihnachtstag des Jahres 800 in Rom zum Kaiser krönte, verlieh er mehr als 300 Jahre nach dem Untergang Westroms dem Aufstieg der Franken zur führenden Macht in Europa symbolisch den angemessenen Ausdruck.
Allerdings gliederten bereits die Enkel Karl des Großen nach merowingischen Vorbildern 843, 870 und 879/880 das Gallorömer, Burgunder, Alemannen, Friesen, Sachsen, Thüringer Bayern, Langobarden und Italoromanen einschließende, mit Hilfe von Herzögen in Herzogtümern und Grafen in Grafschaften oder Gauen verwaltete Reich der Franken in mehrere Teile. Dabei wurden im östlichen Teil zwischen Rhein und Elbe, Nordsee und Alpen vor allem die Menschen (Franken, Alemannen, Bayern, Thüringer, Sachsen und Friesen) vereinigt, welche die (germanisch/)germanistische Volkssprache (ahd. diotisk, zu ahd. diot „Volk“) verwendeten und sich dadurch von den (französischen) Romanen im Westen (Gallien) und den (italienischen) Romanen im Süden (Italien) deutlich unterschieden. Bei der Aufteilung des lotharingischen Mittelreiches wurde das Ostreich in den Westen (und das Westreich in den Osten) bis Maastricht, Trier und Metz ausgedehnt.
Als 1125 der letzte salische Kaiser Heinrich V. kinderlos verstarb, entschieden sich die Königsmacher unter stärkster Beeinflussung durch den Papst für seinen Gegenspieler, den sächsischen, die Ostsiedlung (Mecklenburg, Pommern, später auch Schlesien) wieder aufgreifenden Herzog (1106) Lothar von Supplinburg (Süpplingenburg), dem schon 1127 Konrad von Staufen als Enkel des salischen Königs Heinrich IV. als zunächst erfolgloser Gegenkönig gegenübertrat. Bei Lothars söhnelosem Tod (1137) wählten einige Fürsten auf Betreiben des Erzbischofs von Trier 1138 Konrad von Staufen, weil der noch von Lothar von Supplinburg vorgeschlagene Herzog der Bayern und Sachsen, Heinrich der Stolze aus dem Hause der Welfen, Schwiegersohn Lothars, der römischen Kirche und den deutschen Fürsten als Inhaber zweier der insgesamt vorhandenen vier großen Herzogtümer zu mächtig erschien. Als neuer anerkannter König entzog Konrad III. folgerichtig dem Welfen in Halbierung seiner Macht das Herzogtum der Bayern und belehnte 1139 damit seinen Halbbruder Leopold IV. von Babenberg. 1156 gab zwar Konrads III. Nachfolger, der Staufer Friedrich I. Barbarossa, zwecks friedlichen Ausgleichs Bayern seinem welfischen, im Besitz des Herzogtums der Sachsen befindlichen Vetter Heinrich dem Löwen wieder zurück, löste dabei jedoch das im Südosten Bayerns gelegene Österreich vom Herzogtum der Bayern ab und erhob es zu einem eigenen territorialen, nicht mehr länger auf ein Volk oder einen Stamm bezogenen Herzogtum Österreich. Weil ihn aber Heinrich der Löwe bei seinen italienischen Unternehmungen im Stich ließ, entzog er 1180 in der abschließenden Auseinandersetzung mit Heinrich dem Löwen dem Welfen nicht nur beide Herzogtümer (Bayern und Sachsen) ganz, sondern teilte auch das Herzogtum der Sachsen in gleicher Weise in territoriale Herzogtümer auf und vergab das verbliebene Herzogtum (Rest-)Sachsen (ohne Westfalen) an die Askanier und (Rest-)Bayern (ohne Österreich und Steiermark) an die Wittelsbacher. Damit war an die Stelle der großen Stammesgebiete (der Bayern und Sachsen) das von den Bewohnern verselbständigte kleinere Land (Bayern, Sachsen) getreten. Nach dem alten Grundsatz „teile und gebiete“ hatte sich somit der König einer grundsätzlichen Gefahr entledigt.
Hinzu kam, dass der staufische, durch Heirat das normannische Sizilien gewinnende Kaiser Heinrich VI., der zu Beginn des Jahres 1196 den Fürsten noch die Umwandlung des deutschen Reiches in eine Erbmonarchie vorschlug, bereits 1197 im Alter von 32 Jahren starb. Seinem Bruder Philipp von Schwaben setzten einige Fürsten auf Betreiben des Erzbischofs von Köln den zweiten Sohn Heinrichs des Löwen als Gegenkönig Otto IV. entgegen, wobei freilich keinem von beiden wirklich Erfolg vergönnt war. Bald danach traten unter dem Staufer Friedrich II. mit den Erzbischöfen von Mainz, Köln und Trier, dem König von Böhmen, dem Pfalzgrafen bei Rhein, dem Herzog von Sachsen und dem Markgrafen von Brandenburg sieben Fürsten als Königswähler hervor, von deren Entscheidung nunmehr der König bis zum Ende des Heiligen Römischen Reiches grundsätzlich abhängig war und denen es 1356 gelang, sich die Vorrechte der Primogeniturerbfolge und der Nichtevokation sowie der Nichtappellation in der Goldenen Bulle Karls IV. von Luxemburg festschreiben zu lassen.
Hauptgegenstand ihrer Interessen war demgemäß nicht mehr das Reich. Vielmehr wurde die Mehrung ihrer eigenen Güter ihr wichtigstes Anliegen. Als bedeutsamste Entscheidungen in dieser Richtung erwiesen sich auf Dauer dabei die Belehnung der eigenen Söhne mit dem Herzogtum Österreich durch König Rudolf von Habsburg im Jahre 1282 und die Belehnung des königlichen Feldherren und Rates Burggraf Friedrich von Zollern (Hohenzollern) mit der kurberechtigten Markgrafschaft Brandenburg durch den habsburgischen König Sigmund im Jahre 1417, während der Übergang Thüringens von den Ludowingern (1247/1264) und Sachsens von den Askaniern (1423) an die Wettiner wegen deren zahlreichen Erbteilungen ohne allgemeinere Auswirkungen blieb.
Das Kurfürstenkolleg: 1. Erzbischof von Mainz, 2. Erzbischof von Trier, 3. Erzbischof von Köln, 4. König von Böhmen, 5. Pfalzgraf bei Rhein (bzw. Herzog von Bayern), 6. Kurfürst von Sachsen, 7. Kurfürst von Brandenburg (seit 1618 in Personalunion auch Herzog des aus verbliebenem Deutschen Ordensland gebildeten Herzogtums Preußen, 1701 König in Preußen), 8. Herzog von Braunschweig-Lüneburg (seit 1692).
Reichsfürstenrat: a) Geistliche Bank: 1. Herzog von Österreich (seit 1477/1493 Erbe Burgunds [ohne Provence und Dauphiné], seit 1526 auch König von Böhmen und Ungarn), 2. Herzog von Burgund, 3. Erzbischof von Salzburg, 4. Erzbischof von Besançon, 5. Hoch- und Deutschmeister, Bischöfe (bzw. Bischof) von: 6. Bamberg, 7. Würzburg, 8. Worms, 9. Eichstätt, 10. Speyer, 11. Straßburg, 12. Konstanz, 13. Augsburg, 14. Hildesheim, 15. Paderborn, 16. Freising, 17. Regensburg, 18. Passau, 19. Trient, 20. Brixen, 21. Basel, 22. Münster, 23. Osnabrück, 24. Lüttich, 25. Lübeck, 26. Chur, 27. Fulda, 28. Abt von Kempten, 29. Propst von Ellwangen, 30. Johanniter-Meister, 31. Propst von Berchtesgaden, 32. Propst von Weißenburg, Äbte (bzw. Abt) von 33. Prüm, 34. Stablo, 35. Corvey, 36. Schwäbische Prälaten, 37. Rheinische Prälaten.
63. (Westfälische Grafen) (von): 1. Markgraf von Ansbach wegen Sayn-Altenkirchen, 2. Burggraf von Kirchberg wegen Sayn-Hachenburg, 3. König in Preußen wegen der Grafschaft Tecklenburg, 4. Wied-Runkel wegen der oberen Grafschaft Wied, 5. Fürst zu Wied-Neuwied (Direktor dieses Kollegiums), 6. Landgraf von Hessen-Kassel und Graf zu Lippe-Bückeburg wegen der Grafschaft Schaumburg, 7. Herzog zu Holstein-Gottorp-Oldenburg bzw. Holstein-Gottorf wegen Oldenburg und Delmenhorst, 8. Grafen von der Lippe, 9. Graf von Bentheim, 10. König von England wegen der Grafschaft Hoya, 11. König von England wegen der Grafschaft Diepholz, 12. König von England wegen der Grafschaft Spiegelberg, 13. Fürst und Grafen von Löwenstein bzw. Löwenstein-Wertheim wegen Virneburg, 14. Fürst von Kaunitz wegen Rietberg, 15. Fürst von Waldeck wegen der Grafschaft Pyrmont, 16. Graf von Törring wegen der Grafschaft Gronsveld bzw. Gronsfeld, 17. Graf von Aspremont wegen der Grafschaft Reckheim oder Reckum, 18. Fürsten zu Salm wegen der Grafschaft Anholt, 19. Grafen von Metternich wegen der Herrschaft(en) Winneburg und Beilstein, 20. Fürst zu Anhalt-Bernburg-Schaumburg wegen der Grafschaft Holzappel, 21. Grafen von Sternberg wegen der Grafschaft(en) Blankenheim und Gerolstein, 22. Grafen von Plettenberg wegen Wittem, 23. Grafen von Limburg-Styrum wegen der Herrschaft Gemen, 24. Graf von Wallmoden wegen der Herrschaft Gimborn und Neustadt bzw. Gimborn-Neustadt, 25. Graf von Quadt wegen der Herrschaft Wickrath, 26. Grafen von Ostein wegen der Herrschaft Millendonk bzw. Myllendonk, 27. Grafen von Nesselrode wegen der Herrschaft Reichenstein, 28. Grafen zu der Mark wegen der Grafschaft Schleiden, 29. Grafen von Schaesberg wegen der Grafschaft Kerpen und Lommersum bzw. Kerpen-Lommersum 30. Grafen zu Salm-Reifferscheid wegen der Herrschaft Dyck, 31. Grafen zu der Mark wegen Saffenburg (Sassenburg), 32. Grafen von Platen wegen Hallermunt, 33. Grafen von Sinzendorf wegen Rheineck.
1. Österreichischer Reichskreis: Erzherzogtum Österreich ob der Enns (Oberösterreich) und Österreich unter der Enns (Niederösterreich), (Innerösterreich mit) Herzogtum Steiermark (Karantanische Mark], Herzogtum Kärnten, Herzogtum Krain, Herzogtum Friaul österreichischen Anteils, gefürstete Grafschaft Tirol (auch [zusammen mit Vorderösterreich] als Oberösterreich bezeichnet), (Vorderösterreich mit) Landgrafschaft im Breisgau, Schwäbisch-Österreich, Vorarlbergische Herrschaften, Hochstift Trient, Hochstift Brixen, Deutscher Orden: Ballei Österreich und Ballei an der Etsch, Herrschaft Tarasp(, Hochstift Chur).
2. Burgundischer Reichskreis: Herzogtum Brabant, Herzogtum Limburg, Herzogtum Luxemburg, Grafschaft Flandern, Grafschaft Hennegau, Grafschaft Namur, Oberquartier des Herzogtums Geldern.
5. Bayerischer Reichskreis: Erzstift Salzburg, Herzogtum Bayern nebst Oberpfalz, Hochstift Freising, Fürstentümer Neuburg (Pfalz-Neuburg) und Sulzbach (Pfalz-Sulzbach), Hochstift Regensburg, gefürstete Landgrafschaft Leuchtenberg, Hochstift Passau, gefürstete Grafschaft Sternstein (Störnstein), gefürstete Propstei Berchtesgaden, gefürstete Abtei zu Sankt Emmeram in Regensburg, Grafschaft Haag, Grafschaft Ortenburg, gefürstete Abtei Niedermünster in Regensburg, Herrschaft Ehrenfels, gefürstete Abtei Obermünster in Regensburg, Herrschaften Sulzbürg und Pyrbaum, Herrschaft Hohenwaldeck, Herrschaft Breiteneck bzw. Breitenegg, Reichsstadt Regensburg.
6. Schwäbischer Reichskreis: Hochstift Konstanz, Hochstift Augsburg, fürstliche Propstei Ellwangen, fürstliche Abtei Kempten, Herzogtum Württemberg und Teck, obere Markgrafschaft Baden (Baden-Baden), untere Markgrafschaft Baden (Baden-Durlach), Markgrafschaft Hachberg, gefürstete Grafschaft Hohenzollern-Hechingen, Grafschaft Hohenzollern-Sigmaringen, gefürstete Frauenabtei Lindau, gefürstete Frauenabtei Buchau, gefürstete Grafschaft Tengen bzw. Thengen, Grafschaft Heiligenberg, Grafschaft Oettingen, gefürstete Landgrafschaft im Klettgau, Fürstentum Liechtenstein, Abtei Salem (bzw. Salmansweiler bzw. Salmannsweiler), Abtei Weingarten, Abtei Ochsenhausen, Abtei Elchingen, Abtei Irsee, Abtei Ursberg, Abtei Kaisheim (Kaisersheim), Abtei Roggenburg, Abtei Rot, Abtei Weißenau, Abtei Schussenried, Abtei Marchtal bzw. Obermarchtal, Abtei Petershausen, Propstei Wettenhausen, Abtei Zwiefalten, Abtei Gengenbach, Abtei Heggbach, Abtei Gutenzell, Abtei Rottenmünster, Abtei Baindt, Deutscher Orden: Kommende Mainau (Teil der Ballei Elsass-Burgund bzw. Elsass-Schwaben-Burgund [bzw. Elsass und Burgund]), Landgrafschaft Stühlingen, Landgrafschaft Baar, Herrschaft Wiesensteig, Herrschaft Hausen, Herrschaft Messkirch, Herrschaften Tettnang und Argen, Lande des fürstlichen Hauses Oettingen-Wallerstein, Lande der Erbtruchsessen zu Waldburg-Zeil-Zeil und Waldburg-Zeil-Wurzach, Lande der Erbtruchsessen Waldburg-Wolfegg-Wolfegg und Waldburg-Wolfegg-Waldsee, Lande der Erbtruchsessen zu Waldburg-Scheer-Scheer und Waldburg-Trauchburg (Waldburg-Zeil-Trauchburg), Grafschaft Rothenfels und Herrschaft Stauffen (bzw. Staufen), Grafschaft Königsegg und Herrschaft Aulendorf, Herrschaften Mindelheim und Schwabegg, Herrschaft Gundelfingen, Grafschaft Eberstein, Lande der Grafen Fugger, Grafschaft Hohenems, Herrschaft Justingen, Grafschaft Bonndorf, Herrschaft Eglofs, Herrschaft Thannhausen, Grafschaft Hohengeroldseck bzw. Geroldseck, Herrschaft Eglingen, Reichsstadt Augsburg, Reichsstadt Ulm, Reichsstadt Esslingen, Reichsstadt Reutlingen, Reichsstadt Nördlingen, Reichsstadt Schwäbisch Hall, Reichsstadt Überlingen, Reichsstadt Rottweil, Reichsstadt Heilbronn, Reichsstadt Schwäbisch Gmünd, Reichsstadt Memmingen, Reichsstadt Lindau, Reichsstadt Dinkelsbühl, Reichsstadt Biberach, Reichsstadt Ravensburg, Reichsstadt Kempten, Reichsstadt Kaufbeuren, Reichsstadt Weil (der Stadt), Reichsstadt Wangen, Reichsstadt Isny, Reichsstadt Leutkirch, Reichsstadt Wimpfen, Reichsstadt Giengen, Reichsstadt Pfullendorf, Reichsstadt Buchhorn, Reichsstadt Aalen, Reichsstadt Bopfingen, Reichsstadt Buchau, Reichsstadt Offenburg, Reichsstadt Gengenbach, Reichsstadt Zell am Harmersbach bzw. Zell.
8. Niederrheinisch-westfälischer Reichskreis: Hochstift Münster, Herzogtum Kleve nebst den Grafschaften Mark und Ravensberg (1614 an Brandenburg), Herzogtümer Jülich und Berg (1614 an Pfalz-Neuburg), Hochstift Paderborn, Hochstift Lüttich, Hochstift Osnabrück, Fürstentum Minden, Fürstentum Verden, gefürstete Abtei Corvey, gefürstete Abteien Stablo und Malmedy, Abtei Werden, Abtei Kornelimünster, gefürstete Abtei Essen, Frauenstift Thorn, Frauenstift Herford, Lande der Fürsten zu Nassau-Diez, Fürstentum Ostfriesland, Fürstentum Moers, Grafschaft Wied, Grafschaft Sayn, Grafschaft Schaumburg (teils zu Hessen-Kassel, teils zu Lippe gehörig), Grafschaften Oldenburg und Delmenhorst, Grafschaft Lippe, Grafschaft Bentheim, Grafschaft Steinfurt, Grafschaften Tecklenburg und Lingen, Grafschaft Hoya, Grafschaft Virneburg, Grafschaft Diepholz, Grafschaft Spiegelberg, Grafschaft Rietberg, Grafschaft Pyrmont, Grafschaft Gronsveld (bzw. Gronsfeld), Grafschaft Reckheim, Herrschaft Anholt, Herrschaften Winneburg und Beilstein, Grafschaft Holzappel, Herrschaft Wittem, Grafschaften Blankenheim und Gerolstein, Herrschaft Gemen, Herrschaft Gimborn und Neustadt bzw. Gimborn-Neustadt, Herrschaft Wickrath, Herrschaft Millendonk (bzw. Myllendonk), Herrschaft Reichenstein, Grafschaft Kerpen und Lommersum (bzw. Kerpen-Lommersum), Grafschaft Schleiden, Grafschaft Hallermunt, Reichsstadt Köln, Reichsstadt Aachen, Reichsstadt Dortmund.
9. Obersächsischer Reichskreis: Sachsen (kursächsische Lande), Mark Brandenburg, Lande der Herzöge zu Sachsen ernestinischer Linie: Fürstentum Sachsen-Weimar, Fürstentum Sachsen-Eisenach, Fürstentum Sachsen-Coburg, Fürstentum Sachsen-Gotha, Fürstentum Sachsen-Altenburg, Lande der Fürsten von Hatzfeld, Fürstentum Querfurt, Herzogtum Pommern schwedischen Anteils, Herzogtum Pommern preußischen Anteils, Fürstentum Cammin bzw. Kammin, Fürstentum Anhalt, Abtei Quedlinburg, Abtei Gernrode, Stift Walkenried, Fürstentum Schwarzburg-Sondershausen, Fürstentum Schwarzburg-Rudolstadt, Grafschaft Mansfeld, Grafschaften Stolberg und Wernigerode, Grafschaft Barby, Herrschaften der Grafen von Reuß, Herrschaften der Grafen von Schönburg, Grafschaft Hohnstein nebst den Herrschaften Lohra und Klettenberg.
10. Niedersächsischer Reichskreis: Herzogtum Magdeburg, Herzogtum Bremen, Fürstentum Lüneburg (Celle), Fürstentum Grubenhagen (Braunschweig-Grubenhagen), Fürstentum Calenberg (Braunschweig-Calenberg), Fürstentum Wolfenbüttel (Braunschweig-Wolfenbüttel), Fürstentum Halberstadt, Herzogtum Mecklenburg-Schwerin, Herzogtum Mecklenburg-Güstrow, Herzogtum Holstein-Glückstadt, Herzogtum Holstein-Gottorp bzw. Holstein-Gottorf, Hochstift Hildesheim, Herzogtum Sachsen-Lauenburg, Hochstift Lübeck, Fürstentum Schwerin, Fürstentum Ratzeburg, Fürstentum Blankenburg, Grafschaft Rantzau, Reichsstadt Lübeck, Reichsstadt Goslar, Reichsstadt Mühlhausen, Reichsstadt Nordhausen, Reichsstadt Hamburg, Reichsstadt Bremen.
Nicht in diese sechs bzw. zehn Reichskreise eingekreist waren: Königreich Böhmen, Markgrafentum Mähren, Markgrafentum Oberlausitz, Markgrafentum Niederlausitz, Herzogtum Schlesien preußischen und böhmischen Anteils, Grafschaft Glatz, Herrschaft Asch, Reichsstift Burtscheid, Propstei Cappenberg, Herrschaft Dreis, Herrschaft Dyck, Frauenstift Elten, Herrschaft Freudenberg (bzw. Freudenburg), Herrlichkeit Hörstgen nebst Rittersitz Frohnenburg (bzw. Frohnenbruch), Land Hadeln, Grafschaft Homburg, Herrschaft Jever, Herrschaft Kniphausen, Reichsherrschaft Landskron, Herrschaft Lebach, Reichsherrschaft Mechernich, Grafschaft Mömpelgard, Herrschaft Nalbach, Herrschaft Oberstein, Herrschaft Pyrmont, Herrschaft Rhade (bzw. Rath), Herrschaft Rheda, Herrschaft Richold, Herrschaft Saffenburg, Reichsherrschaft Schauen, Herrschaft Schaumburg, Herrschaft Schönau, Abtei Schönthal (bzw. Schöntal), Herrschaft Schwarzenholz, Herrschaft Stein, Herrschaft Wasserburg, Herrschaft Wildenberg (bzw. Wildenburg), Kirchspiel Winden, Herrschaft Wylre, Grafschaft Fagnolle (sowie die Reichsritter und die Reichsdörfer).
Der Kaiser, als Erzherzog zu Österreich: für Steiermark eine, für Krain eine, für Kärnten eine und für Tirol eine (insgesamt 4 Stimmen); der Kurfürst von der Pfalz, als Herzog von Bayern: für das Herzogtum Berg eine, für Sulzbach (Pfalz-Sulzbach) eine, für Niederbayern eine und für Mindelheim eine (insgesamt 4 Stimmen); der König von Preußen, als Herzog von Magdeburg: für Erfurt eine und für das Eichsfeld eine (insgesamt 2 Stimmen); der Kurerzkanzler bzw. Kurfürst (von Mainz) Reichserzkanzler: für das Fürstentum Aschaffenburg eine (1 Stimme); der Kurfürst von Sachsen: als Markgraf zu Meißen eine, für die Burggrafschaft Meißen eine und für Querfurt eine (insgesamt 3 Stimmen); der Kurfürst von Sachsen, wechselweise mit den Herzögen von Sachsen-Weimar und von Sachsen-Gotha: für Thüringen eine (1 Stimme); der König von England, als Herzog von Bremen: für Göttingen (Braunschweig-Göttingen) eine (1 Stimme); der Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel: für Blankenburg eine (1 Stimme); der Markgraf von Baden: für Bruchsal anstatt Speyer eine, und für Ettenheim anstatt Straßburg eine (insgesamt 2 Stimmen); der Herzog von Württemberg: für Teck eine, für Zwiefalten eine und für Tübingen eine (insgesamt 3 Stimmen); der König von Dänemark, als Herzog von Holste(in) für Plön eine (1 Stimme); der Landgraf von Hessen-Darmstadt: für das Herzogtum Westfalen eine und für Starkenburg eine (insgesamt 2 Stimmen); der Landgraf von Hessen-Kassel: für Fritzlar eine und für Hanau eine (insgesamt 2 Stimmen); der Herzog von Modena: für den Breisgau eine und für die Ortenau eine (insgesamt 2 Stimmen); der Herzog von Mecklenburg-Strelitz: für Stargard eine (1 Stimme); der Herzog von Arenberg: seine auf diesseitige Lande versetzte Virilstimme (1 Stimme); der Fürst von Salm-Salm: eine eigene Stimme, die vorher mit Salm-Kyrburg gemeinschaftlich war (1 Stimme); der Fürst von Nassau-Usingen eine (1 Stimme); der Fürst von Nassau-Weilburg eine (1 Stimme); der Fürst von Hohenzollern-Sigmaringen eine (1 Stimme); der Fürst von Salm-Kyrburg eine (1 Stimme); der Fürst von Fürstenberg: für Baar und Stühlingen eine (1 Stimme); der Fürst von Schwarzenberg: für Klettgau eine (1 Stimme); der Fürst von Thurn und Taxis: für Buchau eine (1 Stimme); der Fürst von Waldeck eine (1 Stimme); der Fürst von Löwenstein-Wertheim eine (1 Stimme); der Fürst von Oettingen-Spielberg eine (1 Stimme); der Fürst von Oettingen-Wallerstein eine (1 Stimme); der Fürst von Solms-Braunfels eine (1 Stimme); die Fürsten von Hohenlohe-Neuenstein eine (1 Stimme); der Fürst von Hohenlohe-Waldenburg-Schillingsfürst bzw. Hohenlohe-Schillingsfürst eine (1 Stimme); der Fürst von Hohenlohe-Waldenburg-Bartenstein bzw. Hohenlohe-Bartenstein eine (1 Stimme); der Fürst von Isenburg-Birstein eine (1 Stimme); der Fürst von Kaunitz: für Rietberg eine (1 Stimme); der Fürst von Reuß-Plauen-Greiz bzw. Reuß-Greiz eine (1 Stimme); der Fürst von Leiningen eine (1 Stimme); der Fürst von Ligne: für Edelstetten eine (1 Stimme); der Herzog von Looz bzw. Looz-Corswarem: für Wolbeck eine (1 Stimme).
Innerhalb der im Reichsfürstenrat erfassten Reichsfürsten galten dabei, weil sie schon auf dem Augsburger Reichstag von 1582, auf dem man die bis dahin jedem Fürsten verliehenen Virilstimmen (53 weltliche Virilstimmen bei 46 geistlichen Virilstimmen, gegenüber 1792 64 weltliche Virilstimmen bei 38 geistlichen Virilstimmen und zuletzt 61 weltliche Virilstimmen bei 33 geistlichen Virilstimmen) auf die gerade vorhandenen Herrschaftsgebiete festgelegt hatte, erfasst worden waren, Österreich, Bayern, Pfalz-Lautern, Pfalz-Simmern, Pfalz-Neuburg, Pfalz-Zweibrücken, Pfalz-Veldenz, Sachsen-Weimar, Sachsen-Eisenach, Sachsen-Coburg, Sachsen-Gotha, Sachsen-Altenburg, Brandenburg-Ansbach, Brandenburg-Kulmbach, Braunschweig-Celle bzw. Lüneburg, Braunschweig-Calenberg, Braunschweig-Grubenhagen, Braunschweig-Wolfenbüttel, Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-Güstrow, Württemberg, Hessen-Kassel, Hessen-Darmstadt, Baden-Baden, Baden-Durlach, Baden-Hachberg, Holstein-Glückstadt, Savoyen, Leuchtenberg, Anhalt, Henneberg, Nomeny, Mömpelgard und Arenberg als altfürstliche Häuser (der 14 altfürstlichen Dynastien, 1776 9). Zu den nach 1582 in den Reichsfürstenstand erhobenen (14, 1767 13) neufürstlichen Häusern gehörten demgegenüber Hohenzollern, Eggenberg (1717 ausgestorben), Lobkowitz, Salm, Dietrichstein, Piccolomini (bis 1757), Nassau-Hadamar (bis 1771), Nassau-Dillenburg, Nassau-Siegen (bis 1743), Auersperg, Portia (bis 1776), Ostfriesland, Fürstenberg, Schwarzenberg, Waldeck, Mindelheim (vorübergehend für den Herzog von Marlborough), Liechtenstein, Thurn und Taxis und Schwarzburg, weiter die aus den Reichsgrafen hervorgegangenen, nicht mit Virilstimmen begabten Häuser Colloredo, Hohenlohe, Isenburg, Leiningen, Oettingen, Rosenberg, Sayn, Schönburg, Solms, Stolberg, Waldburg und Wied sowie die nach 1803 hinzugekommenen Häuser Metternich, Trauttmannsdorf und Windischgrätz.
Im Übrigen erhielt Russland den größten Teil des Herzogtums Warschau als Königreich (Kongresspolen) in Personalunion, erlangte Preußen die nördliche Hälfte Sachsens, die Rheinlande, Westfalen, das verbliebene schwedische Vorpommern, Danzig, Thorn und Posen, gewann Österreich (wieder) Vorarlberg, Tirol, Salzburg, [Inn- und Hausruckviertel 1816], Kärnten, Krain, Istrien, Kreis Tarnopol, Lombardo-Venetien, Toskana und Modena [bei Verlust des Breisgaues und der südlichen Niederlande] und erreichte die Schweiz die Kantone Wallis, Neuenburg und Genf sowie die Sicherung der immerwährenden Neutralität.
Der überwältigende Sieg Preußens und der ihm folgenden deutschen Staaten gegen Frankreich 1870/1871 im Ringen um die Thronfolge in Spanien erlaubte dann freilich bald den Beitritt der wenigen verbliebenen süddeutschen Staaten und die Umwandlung des norddeutschen Bundes in ein Reich. Dieses zweite, von Preußen beherrschte Deutsche Reich umfasste 540742 Quadratkilometer mit 56,37 Millionen Einwohnern. Es gliederte sich nur noch in die Länder bzw. die Königreiche Preußen, Bayern, Sachsen, Württemberg, die Großherzogtümer Baden, Hessen bzw. Hessen-Darmstadt, Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-Strelitz, Sachsen-Weimar bzw. Sachsen-Weimar-Eisenach bzw. Sachsen(-Weimar-Eisenach), Oldenburg, die Herzogtümer Braunschweig, Sachsen-Meiningen, Sachsen-Altenburg, Sachsen-Coburg-Gotha bzw. Sachsen-Coburg und Gotha, Anhalt, die Fürstentümer Schwarzburg-Sondershausen, Schwarzburg-Rudolstadt, Waldeck, Reuß ältere Linie und Reuß jüngere Linie, Schaumburg-Lippe, Lippe, die freien Städte Bremen, Hamburg, Lübeck sowie das Reichsland Elsass-Lothringen.
Hz = Herzog
Hztm = Herzogtum
Atlas des deutschen Lebensraumes in Mitteleuropa, hg. v. Krebs, N., 4. Lief. 1937-1942. Dazu die Karten: 41. Horstmann, K., Die deutschen Gaue, Marken und Herzogtümer im 10. Jahrhundert, 44. Schulze, B., Das deutsche Reich 1790, 45. Schulze, B., Der deutsche Bund 1815-71
Gaisberg-Schöckingen, F. Frhr. v., Die Reichsritterschaft, (in) Herzog Karl Eugen von Württemberg und seine Zeit, Bd. 2, 1909
Pfaff, K., Die Verhandlungen des Herzogs Karl Eugen wegen und mit der Reichsritterschaft, Württemberg. Jb. 1857
Adendorf (reichsritterschaftliche Herrschaft).
Das vermutlich aus Reichsgut stammende A. südlich von Bonn wird erstmals 893
unter den Gütern des Klosters Prüm erwähnt. Dessen Rechte nahmen später vor
allem die Grafen von Hochstaden war. Im 12. Jahrhundert hatte das Domkapitel zu
Trier den Hof Cumbe in A. inne. Lehnsträger waren zunächst die von A., 1215 die
von Tomburg. 1246 übertrug der letzte Graf von Hochstaden seine Rechte an das
Erzstift Köln. 1336 trugen die von Hüchelhoven den Hof Cumbe von Trier zu
Lehen. 1413 belehnte Trier Johann von Kempenich als Nachfolger der Hüchelhoven,
1420 die Birgel (Bürgel), 1453 die Schöneck, danach die Orsbeck. Bald nach 1453
ging das Lehnsrecht des Hofes Cumbe an die Abtei Siegburg über. Im 16.
Jahrhundert saßen die Freiherren von der Leyen in A. Nach dem Anfall der
Grafschaft Neuenahr an Jülich 1546 wurde A. Gericht innerhalb Jülichs, doch
tauschte der Kurfürst von der Pfalz als Herzog
von Jülich 1659 das Gericht A. gegen den Anteil der von der Leyen an Landskron
(Landskrone) ein. Kaiser Leopold I. erhob A., das zum Kanton Niederrheinstrom
des Ritterkreises Rhein steuerte, zur reichsunmittelbaren Herrschaft. 1815 kam
A. zu Preußen, 1946 zu Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 515.
Aerschot (Herzogtum),
Aarschot. Das 1612 aus dem Erbgut der Herzöge von Croy an Arenberg gekommene Herzogtum A. in Brabant gehörte zum burgundischen
Reichskreis.
L.: Wolff 54; Wallner 700 BurgRK 1; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren,
2005, 2, 14.
Ahrensbök (Kloster, Amt). Das 1397 errichtete
Kloster A. bei Eutin wurde 1542 aufgelöst. Seine Güter wurden 1565 in ein Amt
umgewandelt, das von 1623 bis 1761 Teil des Herzogtums
Schleswig-Holstein-Sonderburg-Plön war. 1866 ließ sich der Großherzog von
Oldenburg durch das Amt A. für seine Erbansprüche auf Teile von Holstein
abfinden.
L.: Wolff 445; Pauls, V., Die Klostergrundherrschaft Ahrensbök, Zs. der Ges.
für schlesw.-holst. Geschichte 54 (1924); Wätjer, J., Die Geschichte des
Kartäuserklosters, ‚Templum Beatae Mariae” zu Ahrensbök (1397-1564), 1988;
Prange, W., Kloster Ahrensbök 1328-1565, 1989; Brather, J., Ahrensbök in
großherzoglich-oldenburgischer Zeit 1867-1919, 1990.
Alme (Herrschaft), Almen. Die Herrschaft A.
gehörte zum brilonschen Quartier des Herzogtums
Westfalen.
L.: Wolff 87.
Altaich (Kloster), Niederaltaich. Das 741 von Herzog Odilo von Bayern gegründete Kloster A.
(Niederaltaich) an der Donau gewann 857 die Reichsunmittelbarkeit, verlor sie
aber 1152 durch Unterstellung unter das Hochstift Bamberg und wurde 1803
zugunsten Bayerns aufgelöst.
L.: Klose, J., Die Urkunden Abt Hermanns von Niederaltaich (1242-1273), 2010
(577 Urkunden).
Altenburg (Reichsstadt). In A. bei Leipzig wurde
ein slawischer Rundwall (um 800) festgestellt, an dessen Stelle im 10.
Jahrhundert eine Burg errichtet wurde, die Kaiser Otto II. 976 an den Bischof
von Zeitz gab. Im 12. Jahrhundert war die Pfalz A. Mittelpunkt des staufischen
Reichsterritoriums Pleißenland und erhielt Stadtrecht. 1290 wurde A.
reichsunmittelbar, kam aber schon 1311/1328 unter die Herrschaft der Wettiner.
1485 fiel es an die ernestinische Linie. Von 1603 bis 1672 war es Residenz
einer nach ihm benannten Linie der Ernestiner (Sachsen-Altenburg). Zu
Sachsen-Gotha bzw. Sachsen-Gotha-Altenburg gehörte es, bis es von 1826 bis 1918
Residenz des jüngeren Herzogtums
Sachsen-Altenburg wurde. 1920 kam es im Freistaat A. (Sachsen-Altenburg) zum
Freistaat Thüringen.
L.: Wolff 398; Schneider, K., Geschichte der Stadt Altenburg und ihrer nächsten
Umgebung, 1923; Altenburger Urkundenbuch 975-1350, bearb. v. Patze, H., 1955;
Fuchs, W., Heimatgeschichtliche Materialsammlung. Das Pleißener Land und die
Stadt Altenburg im Mittelalter, 1956; Gessner, A., Die Entwicklung der Stadt
Altenburg bis zum Ausgang des Mittelalters, 1925; Die deutschen Königspfalzen,
hg. v. Max-Planck-Institut für Geschichte, Bd. 2 1984, 39ff.
Altmark (Mark). Die A. ist der seit dem 14.
Jahrhundert als A. bezeichnete, nördliche, bis zur Elbe reichende Teil
(Nordmark) des 965 gedrittelten Herrschaftsgebiets des Markgrafen Gero († 965),
der 1134 an Albrecht den Bären (Askanier) kam. Die Askanier verdrängten die
Burggrafen von Arneburg und die Grafen von Osterburg, Gardelegen und
Hillersleben. 1316 wurde der Südteil um Wolmirstedt an das Erzstift Magdeburg
abgetreten. Nach dem Aussterben der brandenburgischen Askanier (1317/1319) fiel
die restliche A. durch Heirat der Witwe des letzten Markgrafen an Herzog Otto von Braunschweig, kam aber später
weitgehend ans Reich zurück und von dort 1415 an die Burggrafen von
Nürnberg/Markgrafen von Brandenburg. Von 1807 bis 1813 war sie Teil des
Elbdepartements des Königreichs Westphalen Frankreichs. 1816 wurde sie als Teil
des Regierungsbezirks Magdeburg Preußens in die Provinz Sachsen eingegliedert.
S. Brandenburg, Preußen, Sachsen-Anhalt.
L.: Wolff 385; Schultze, H., Adelsherrschaft und Landesherrschaft, 1963;
Podehl, W., Burg und Herrschaft in der Mark Brandenburg, 1975; Wohlbrück, S.,
Geschichte der Altmark bis zum Erlöschen der Markgrafen aus ballerstädtischem
Hause, 1975; Zahn, W., Der Drömling, 1986; Tangermünde, die Altmark und das
Reichsrecht, hg. v. Lück, H., 2006.
Andechs (Grafen, Herzöge). Die Grafen von A. (um
1060 Andehsa „Platz, der sich aus dem Strauchwerk der Umgebung abhebt“) am
Ammersee sind ein Zweig der vielleicht von den Rapotonen stammenden und mit
einem Grafen Berthold um 990 an der oberen Isar bei Wolfratshausen erstmals
nachweisbaren Grafen von Dießen, die sich zunächst nach Dießen am Ammersee
(Berthold II. 1025-1060), unter Umwandlung der allodialen Stammburg in ein
Augustinerchorherrenstift aber seit 1132 nach A. benannten (1521 erscheinen
aber noch Grafen von Dießen in der Reichsmatrikel), in dessen Raum altes
Reichslehngut und Reichsvogtei sicher sind. Im 11. Jahrhundert griff das Geschlecht
nach Westen in den Augstgau zwischen Lech und Ammersee aus, gewann die
Isargrafschaft um Wolfratshausen mit den Klöstern Tegernsee und Schäftlarn, die
Grafschaft um den Würmsee (Starnberger See) sowie die Huosigaugrafschaft der
Sigimare. Mit dem Aussterben der jüngeren Markgrafen bzw. Grafen von
Schweinfurt (1058) erlangte Arnold von Dießen über seine Frau Gisela reiche
Güter am oberen Main (Kulmbach, 1135 Errichtung der Plassenburg, Ende des 12.
Jahrhunderts Gründung von Bayreuth, Vogtei der Klöster Banz und Langheim), die
durch die Ehen Bertholds II. mit einer Tochter des Grafen von Weimar-Orlamünde
und Boppos von A. mit Kunigunde von Giech planmäßig erweitert wurden (Giech,
Lichtenfels). Vom Hochstift Brixen erhielten die Grafen am Ende des 11. Jahrhunderts
die Grafschaften Unterinntal (1180 Gründung Innsbrucks) und Pustertal zu Lehen
und hatten die Hochstiftsvogtei und die Vogtei über Neustift. 1158 erbten sie
von den Grafen von Formbach die Grafschaften Neuburg am Inn, Schärding am Inn
und Windberg an der Donau. 1173 übertrugen ihnen die Staufer für treue Dienste
die Markgrafschaft Istrien zu Lehen. 1180/1181 wurden sie Herzöge von Meranien
(am Guarnero um Fiume) (Kroatien und Dalmatien), so dass sie neben den Welfen
zum bedeutendsten süddeutschen Geschlecht aufsteigen konnten. Von den Kindern Herzog Bertholds heiratete Agnes den König von
Frankreich, Gertrud den König von Ungarn, Hedwig den Herzog
von Schlesien, Otto die Erbin der Pfalzgrafschaft Burgund und Heinrich Sophie
von Weichselburg. Mechthild wurde Äbtissin von Kitzingen, Berthold Patriarch
von Aquileja und Ekbert Bischof von Bamberg. 1208 bereits verloren die Grafen
von A. allerdings infolge angeblicher Beteiligung an der Ermordung Philipps von
Schwaben durch Otto von Wittelsbach ihre oberbayerischen Güter mit A. an die
wittelsbachischen Herzöge von Bayern, die Markgrafschaft Istrien an Aquileja
und die Hochstiftsvogtei Brixen an die Grafen von Tirol. Andererseits gewann
Graf Otto I. († 1234) durch Vermählung mit einer Enkelin Kaiser Friedrich I.
Barbarossas die Pfalzgrafschaft von Burgund. 1248 erlosch der Mannesstamm mit
Pfalzgraf Otto II. von Burgund. Das Erbe fiel an die Herzöge von Bayern, die
Grafen von Tirol, (über Graf Ottos II. jüngere Schwester) an die Burggrafen von
Nürnberg (Bayreuth), das Hochstift Bamberg (Lichtenfels) sowie an die Grafen
von Orlamünde und Truhendingen.
L.: Oefele, E., Frhr. v., Geschichte der Grafen von Andechs, 1877; Herlitz, G.,
Geschichte der Herzöge von Meran aus dem Hause Andechs, Diss. phil. Halle 1909;
Stolz, O., Geschichte des Landes Tirol, 1955, Neudruck 1973;Bosl, K.,
Europäischer Adel im 12./13. Jahrhundert. Die internationalen Verflechtungen
des bayerischen Hochadelsgeschlechts der Andechs-Meranier, Zs .f.bay.LG. 30
(1967), 20ff.; Tyroller, F., Die Grafen von Andechs, (in) Bayerische Streifzüge
durch 12 Jahrhunderte, hg. v. Fink, A., 1971, 19ff.; Auer, L., Andechs, LexMA 1
1980, 593f.; Fried, P./Winterholler, H./Mülbe, W. v. d., Die Grafen von
Dießen-Andechs, 1988; Holzfurtner, L., Die Grafschaft der Andechser, 1994;
Katalog der Ausstellung Die Andechs-Meranier, 1998; Hlawitschka,
E./Hlawitschka-Roth, E., Andechser Anfänge, 2000; Frenken, A., Hausmachtpolitik
und Bischofsstuhl, Z. f. bay. LG. 63 (2000), 711; Weller, T., Die
Heiratspolitik, 2004.
Angleria (Grafschaft). Die Grafschaft A. zählte
im 18. Jahrhundert zu dem von Österreich beanspruchten Lehen Herzogtum Mailand.
L.: Aretin, Das alte Reich 2, 374.
Anhalt (Grafen, Fürstentum, Herzogtum, Freistaat, Landesteil). Im 11. Jahrhundert
beherrschte das seit etwa 1000 erkennbare Geschlecht der Askanier, das sich
zeitweise Grafen von Ballenstedt nannte, das Gebiet zwischen Harzvorland und
Fläming. Dem 1170 verstorbenen Albrecht dem Bären folgten die Söhne Otto und
Bernhard. Von ihnen erlangte Bernhard nach dem Sturz Heinrichs des Löwen den
Titel Herzog von Sachsen sowie den an der
unteren Elbe bei Lauenburg befindlichen Teil des Herzogtums
Sachsen und gewann dazu das rechtselbische Gebiet um Wittenberg. Bei seinem
Tode (1218) erhielt sein ältester Sohn Heinrich I. (1212-1244) die eigentlichen
Hausgüter zwischen Ostharz (Unterharz) und Mittelelbe (unterer Elbe)
(Aschersleben [(Andersleben], Ballenstedt, Bernburg, Köthen, Dessau). Er nannte
sich nach der vielleicht um 1050 von Esiko von Ballenstedt nach der Umwandlung
Ballenstedts in ein Stift errichteten Burg über dem Selketal und gehörte als
einziger Graf seit 1218 dem Reichsfürstenstand an, wobei der Fürstentitel
erstmals 1223 urkundlich erscheint, ohne dass Nachrichten über eine Verleihung
vorliegen. 1252 entstanden nach seinem Tod durch Erbteilung im später stets von
Brandenburg-Preußen und Sachsen eingeengten Hause Anhalt die Linien
Anhalt-Aschersleben (bis 1315), Anhalt-Bernburg ältere Linie (bis 1468) und
Anhalt-Köthen (später Anhalt-Zerbst ältere Linie). Ansprüche auf askanisches
Erbe in Brandenburg und Wittenberg konnten 1319 bzw. 1422 nicht durchgesetzt
werden. Die Linie Aschersleben starb 1315 aus. Ihr Gebiet fiel 1322, soweit es
nicht wie Ascherleben selbst an das Hochstift Halberstadt (1648 an
Brandenburg-Preußen) verloren ging, an die Linie Anhalt-Bernburg. 1307/1319
erwarb die Linie Anhalt-Köthen von den Grafen von (Arnstein-)Barby die
Herrschaft Zerbst (ältere Zerbster Linie). 1396 zerfiel Anhalt-Köthen (bzw.
Zerbst, ältere Linie) in die Siegmundische Linie (rechtes Elbeufer, Zerbst) und
die Albrechtsche Linie (linkes Elbeufer, Köthen). Die Siegmundische Linie
erlangte Teilbesitz der Albrechtschen Linie sowie 1468 mit dem Aussterben der
Bernburger Linie deren Güter. 1474 spaltete sie sich erneut in die ältere
Köthener Linie (Anhalt-Köthen) und die ältere Dessauer Linie (Anhalt-Dessau).
Die ältere Köthener Linie erwarb 1508 einen Teil der Zerbster Lande. Ihre Güter
fielen bei ihrem Aussterben 1562 an die Dessauer Linie. Diese teilte sich 1546
in die Linien Zerbst, Plötzkau und Dessau. Infolge der seit 1526 in
Anhalt-Köthen, bis 1534 aber auch in Anhalt-Dessau eingeführten Reformation
konnten die Güter der unter anhaltischer Vogtei stehenden Klöster Nienburg an
der Saale, Gernrode und Hecklingen erworben werden. 1547 gingen Zerbst und
Köthen an Sigismund von Lodron ( Ladrona) verloren, kamen aber nach Veräußerung
an Reuß 1552 durch Vertrag zurück. 1570 vereinigte Fürst Joachim Ernst
(1561-1586) aus der älteren Dessauer Linie infolge verschiedener Erbfälle alle
anhaltischen Gebiete mit einem Umfang von 40,8 Quadratmeilen vorübergehend und
erließ für sie 1572 eine umfassende Landes- und Kirchenordnung. 1603 entstanden
nach vorübergehender gemeinsamer Regierung der 5 Söhne durch Erbteilung die
jüngere Linien Anhalt-Dessau (bis 1918), Anhalt-Bernburg (bis 1863),
Anhalt-Köthen (bis 1665), Anhalt-Zerbst (bis 1793) und Anhalt-Plötzkau (bis
1818/1847). Seit 1635 wurde für gemeinsame Angelegenheiten eine
Senioratsverfassung eingeführt, wonach der jeweils älteste die
Mehrheitsbeschlüsse aller durchführte. Alle Fürsten hatten eine gemeinsame
Stimme im Reichsfürstenrat und vertraten außerdem die Stimme der Reichsabtei
Gernrode. Innerhalb der Reichskreise gehörten sie zum obersächsischen
Reichskreis. Von den fünf Linien erlosch Anhalt-Köthen 1665. Die Güter dieser
Linie wurden mit Anhalt-Plötzkau vereinigt, das sich seitdem Anhalt-Köthen nannte.
Anhalt-Zerbst erlangte 1667 durch Erbgang die Herrschaft Jever. Als die Linie
1793 ausstarb, fielen ihre Güter an Anhalt-Dessau, Anhalt-Bernburg und
Anhalt-Köthen. Jever kam an Katharina II. von Russland, die Schwester des
letzten Fürsten von Anhalt-Zerbst. Von Anhalt-Bernburg spaltete sich die Linie
Anhalt-Bernburg-Harzgerode ab, die bis 1709 bestand. 1707 kam es weiter zur
Abteilung der Nebenlinie Anhalt-Bernburg-Schaumburg, die das Erbe der Grafen
von Holzappel und Schaumburg erhielt. Ihre anhaltischen Landesteile fielen nach
ihrem Erlöschen 1812 an Anhalt-Bernburg zurück. Anhalt-Dessau war von 1632 bis
1643 geteilt. 1702 fiel Fürst Leopold, dem „alten Dessauer“, von seiner
oranischen Mutter eine reiche Erbschaft an. Von 1726 bis 1823 bestand die aus einer
heimlichen standeswidrigen Ehe hervorgegangene Linie der Grafen von Anhalt.
1806 wurde Anhalt-Bernburg, 1807 auch Anhalt-Dessau und Anhalt-Köthen
(-Plötzkau), das 1808 den Code Napoléon einführte, mit dem Eintritt in den
Rheinbund Herzogtum. 1815 traten
Anhalt-Bernburg, Anhalt-Köthen und Anhalt-Dessau, die zusammen um 1800 ein
Gebiet von 48 Quadratmeilen mit 118000 Einwohnern umfassten, als souveräne
Staaten dem Deutschen Bund bei. 1847 fiel Anhalt-Köthen an Anhalt-Dessau. 1849
erhielt ganz Anhalt eine Verfassung. 1863 kam auch Anhalt-Bernburg an
Anhalt-Dessau, so dass nunmehr alle sich auf mehrere Landesteile an mittlerer
Elbe, unterer Saale und im Unterharz erstreckenden anhaltischen Lande vereinigt
waren. Am 12. 11. 1918 dankte der Herzog von
Anhalt ab. Der neue Freistaat Anhalt umfasste 2326 Quadratkilometer mit 432000
Einwohnern (1939) und erhielt am 18. 7. 1919 eine Verfassung. Hauptstadt war
Dessau. 1933 wurde A. mit Braunschweig einem gemeinsamen Reichsstatthalter
unterstellt. Am 9. 7. 1945 wurde A. innerhalb der sowjetischen Besatzungszone
mit den aus der Provinz Sachsen am 1. 7. 1944 gebildeten Provinzen Magdeburg
und Halle-Merseburg Preußens vereinigt und 1947 dem Land Sachsen-Anhalt
eingegliedert, das am 23. 7. 1952/8. 12. 1958 aufgelöst wurde (str.). Der
größere Teil kam zum Bezirk Halle, der kleinere zum Bezirk Magdeburg. Mit dem
Beitritt der Deutschen Demokratischen Republik zur Bundesrepublik Deutschland
entstand das Land Sachsen-Anhalt am 3.10.1990 wieder.
L.: Wolff 406; Zeumer 553 II b 38; Gringmuth-Dallmer, H., Magdeburg-Wittenberg,
(in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Die Territorien des Reichs 2, 88;
Heinemann, O. v., Codex diplomaticus Anhaltinus, 1867ff.; Weyhe, E.,
Landeskunde des Herzogtums Anhalt-Dessau, Bd.
1f. 1907; Wäschke, H., Anhaltische Geschichte, Bd. 1ff. 1912f.; Schröder, A.,
Grundzüge der Territorialentwicklung der anhaltinischen Lande, Anhalt.
Geschichtsbll. 2 (1926), Diss. phil. Berlin 1927; Specht, A., Bibliographie zur
Geschichte von Anhalt, 1930, Nachtrag 1935; Wütschke, J., Zur
Territorialentwicklung Anhalts, (in) Anhalt. Geschichtsbll. 13 (1937), 90;
Handbuch der historischen Stätten Deutschlands, Bd. 11 Provinz Sachsen/Anhalt,
hg. v. Schwineköper, B., 1977; Klein, T., Anhalt, 1981; Schlenker, G./Lehmann,
G./Wille, M., Geschichte in Daten, 1994; Assing, H., Brandenburg, Anhalt und
Thüringen im Mittelalter, 1997; Partenheimer, L., Albrecht der Bär, 2001; Die
Fürsten von Anhalt, hg. v. Freitag, W., 2003; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 742; 800 Jahre
Anhalt, hg. v. Anhaltischen Heimatbund, 2012.
Anhalt-Bernburg (Grafen, Fürstentum, Herzogtum). Nach dem erstmals 1138 als Burg erwähnten
Bernburg an der unteren Saale nannten sich verschiedene Linien des Hauses
Anhalt. Die ältere Linie entstand 1252 und wurde, nachdem sie 1315/1322 einen
Teil der Güter der Linie Anhalt-Aschersleben geerbt hatte, 1468 von der
Siegmundischen Linie Anhalt-Köthens beerbt. Die jüngere Linie entstand 1603 .
Sie erhielt unter anderen die Ämter Ballenstedt, Hecklingen, Plötzkau, Hoym,
Gernrode, Harzgerode und Bernburg. Hiervon spaltete sich 1630 die Linie
Anhalt-Bernburg-Harzgerode ab, deren Güter 1709 beim Aussterben zurückkamen.
1707 kam es zur Abtrennung von Anhalt-Bernburg-Schaumburg(-Hoym) (bis 1812).
1793 wurden aus dem Erbe von Anhalt-Zerbst die östlichen Ämter Coswig und
Mühlingen erworben. 1863 fiel A., das 1806 zum Herzogtum
erhoben wurde, 1807 dem Rheinbund und 1815 dem Deutschen Bund als Land beitrat,
beim Aussterben des Hauses an Anhalt-Dessau.
L.: Wolff 407f.; Bauer 1, 137; Wäschke, H., Anhaltische Geschichte, Bd. 1ff.
1912f.; .Zusammenschlüsse und Neubildungen deutscher Länder im 19. und 20.
Jahrhundert, hg. v. Kretzschmar, R. u. a., 2013, 101ff.
Anhalt-Dessau (Grafen, Fürstentum, Herzogtum). Die nach dem 1213 erstmals erwähnten
Dessau nahe der Mündung der Mulde in die Elbe benannte (ältere) Linie A. des
Hauses Anhalt entstand 1474 durch Teilung der Siegmundischen Linie
Anhalt-Köthens. Sie erwarb 1562 die Güter der älteren Linie Anhalt-Köthen und
bis 1570 auch die übrigen anhaltischen Güter, nachdem sie sich selbst 1546 in
die Linien Zerbst, Plötzkau und Dessau gespalten hatte. Die jüngere, mit dem
ältesten Sohn Joachim Ernsts 1603 entstandene, 1632-1643 geteilte, 1702 (Fürst
Leopold, der alte Dessauer) eine reiche Erbschaft von der oranischen Mutter
erlangende, im 18. Jahrhundert kulturell sehr bedeutsame, 1808 die Herzogswürde gewinnende Dessauer Linie mit Gütern um
Dessau (Dessau, Ämter Wörlitz, Radegast, Gröbzig [Gröbzigk], Sandersleben,
Freckleben und Großalsleben) vereinigte bis 1863 erneut alle anhaltischen Güter
(1793 nördliche Teile Anhalt-Zerbsts mit Zerbst, 1847 Anteil an Anhalt-Köthen,
1863 Anhalt-Bernburg), dankte aber am 12. 11. 1918 ab, womit aus dem Herzogtum Anhalt der Freistaat Anhalt entstand.
L.: Wolff 407; Wäschke, H., Anhaltische Geschichte, Bd. 1ff. 1912f.¸;
.Zusammenschlüsse und Neubildungen deutscher Länder im 19. und 20. Jahrhundert,
hg. v. Kretzschmar, R. u. a., 2013, 101ff.
Anhalt-Köthen (Fürstentum, Herzogtum).
Die nach dem 1115 erstmals erwähnten slawischen Orte Köthen, an dem die
Askanier eine Burg erbauten, benannte ältere Linie A. entstand 1252. 1307/1319
erwarb sie die Herrschaft Zerbst von den Grafen von Arnstein-Barby (Barby).
1396 zerfiel sie in die Siegmundische Linie mit Zerbst und die Albrechtsche
Linie mit Köthen. Nach der Vereinigung der anhaltischen Lande (1570) entstand
unter dem jüngsten Sohn Joachim Ernsts 1603 die jüngere Linie A. Das Gebiet der
Linie umfasste die Städte und Ämter Köthen und Nienburg, das Amt Wulfen und die
Grafschaft Warmsdorf. Sie wurde mit ihrem Aussterben 1665 von Anhalt-Plötzkau
beerbt, das sich nun seinerseits A. nannte. 1793 erbte (dieses) A. beim
Aussterben von Anhalt-Zerbst dessen mittleren Teil um Roßlau. 1795 spaltete es
eine Nebenlinie in Pless ab. 1807 wurde A. Herzogtum
und trat dem Rheinbund bei. 1810 führte A. den Code Napoléon als Gesetzbuch ein
und erließ 1811 eine 1812 wieder beseitigte Verfassung. 1815 trat es dem
Deutschen Bund bei. Unter der zur Regierung gelangten Nebenlinie Pless trat es
1828 dem preußischen Zollsystem bei. 1846 verkaufte es Pless. Nach dem Tod des
letzten Fürsten 1847 kam A. unter die gemeinsame Verwaltung von Anhalt-Bernburg
und Anhalt-Dessau, 1863 mit Anhalt-Bernburg ganz an Anhalt-Dessau.
L.: Wolff 408; Wäschke, H., Anhaltische Geschichte, Bd. 1ff. 1912f.;
.Zusammenschlüsse und Neubildungen deutscher Länder im 19. und 20. Jahrhundert,
hg. v. Kretzschmar, R. u. a., 2013, 101ff.
Antwerpen (Mark, Markgrafschaft), frz. Anvers. Das
schon römisch besiedelte A. an der Schelde wird 726 erstmals erwähnt.
Spätestens 1008 wurde es Sitz eines Markgrafen. Am Ende des 11. Jahrhunderts
kam es an Brabant, 1357/1430 an das Herzogtum
Burgund. Teile der Markgrafschaft gehörten über Brabant und Burgund/Spanien dem
burgundischen Reichskreis an.
L.: Wolff 54; Wallner 700 BurgRK 1; Curs, O., Deutschlands Gaue im zehnten
Jahrhundert, 1908, M., Toponymisch Woordenboek, 1960, 61; Polenz, P. v.,
Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, IV, 3, 4, 7, 19 (Antwerpa, Antwerpha,
Antwerf, Ansguers); Moreau, J., .Dictionnaire de géographie historique, 1972,
16 Anversois; Voet, L./Verhulst, A., De stad Antwerpen, 1978; Andriessen, J.,
Antwerpen, hg. v. Becker, K. v., 1986; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren,
2005, 2, 28.
Aosta (Herzogtum).
Das in den Westalpen gelegene, zunächst von keltisch-ligurischen Salassen
bewohnte Aostatal wurde im Jahre 25 v. Chr. von den Römern erobert, die den Ort
Aosta gründeten. Über Ostgoten, Oströmer und Langobarden kam es zum Königreich
Burgund und 1025 an das Grafengeschlecht der Humbertiner, das sich seit 1125
nach Savoyen benannte. 1191 erhielt es eine Freiheitsurkunde, auf Grund deren
A. eine im frühen 16. Jahrhundert vertiefte, bis 1773 währende Autonomie
gewann. Im frühen 19. Jahrhundert bildete das Herzogtum
A. eine Art Brücke zwischen dem Stammland Savoyen und Piemont mit der
Hauptstadt Turin. Mit dem Anfall Savoyens an Frankreich wurde A. 1860 in
Italien zum von Turin aus verwalteten Grenzgebiet. 1926 entstand innerhalb
Italiens die Provinz A. mit einem Präfekten an der Spitze und Autonomie für die
teilweise französischsprachige Bevölkerung.
L.: Tibaldi, T., Storia della valle d’Aosta, Bd. 1ff. 1902ff.; Zanotto, A.,
Histoire de la vallée d’Aoste, 1968; Omezzoli, T., Prefetti e fascismo, 1999.
Appeldorn (Herrlichkeit). Die Herrlichkeit A.
östlich von Kalkar gehörte zum Herzogtum Kleve
(klevischer landrätlicher Kreis). S. Preußen, Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 317.
Apremont (Herrschaft). Die Herren von A. in
Lothringen stiegen im 13. Jahrhundert infolge Heirat und Belehnung zu Grafen
auf. Sie besetzten den Bischofsstuhl in Metz und Verdun. Die Herrschaft A.
gehörte im 14. Jahrhundert zum Herzogtum Bar. S.
a. Aspremont
L.: Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) C4; Parisse, M., Apremont, LexMA
1 1980, 811; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 462, 3, 32.
Aquileja (Patriarchat, Erzstift), mhd. Aglei,
Aglar. A. in Norditalien nahe der Adria wurde 181 v. Chr. als römische Kolonie
gegründet. Das seit 314 nachweisbare Bistum A., dem Venetien, Istrien,
Westillyrien, Noricum und die Raetia secunda unterstanden, beanspruchte seit
Anfang des 5. Jahrhunderts Rechte als Erzbistum und seit 558/568 den
Patriarchentitel. 798 verlor es das Bistum Säben, gewann aber die streitige
Metropolitangewalt über Istrien. Später geriet die Mark Friaul, in der es lag,
unter den Einfluss der Herzöge von Bayern (952). Danach wurde das nunmehr auf
Reichsgebiet gelegene Patriarchat ein Stützpunkt der deutschen Herrschaft in
Oberitalien. 1027 wurde es von der Unterordnung unter Kärnten befreit. Heinrich
IV. übertrug 1077 dem Patriarchen Friaul (Herzogtum),
Istrien (Markgrafschaft) und Krain (Markgrafschaft) und machte ihn damit zum
Reichsfürsten. Am Ende der Stauferzeit verlor A. an Bedeutung. 1418/1421 wurde
es mit seinem Gebiet von Venedig erobert. 1445 trat es alle weltliche
Herrschaft an Venedig ab. Im 16. Jahrhundert kam A. an Österreich. 1751 wurde
das Patriarchat auf Drängen Erzherzogin Maria Theresias von Österreich vom
Papst aufgelöst und 1752 durch die Erzbistümer Udine und Görz ersetzt.
L.: Wolff 35; Wallner 713 ÖsterreichRK 1; Großer Historischer Weltatlas II 66
(1378) G5; Renaldis, G. de, Memorie storiche dei tre ultimi secoli del
patriarcato d‘Aquileja, hg. v. Gropperlo, G., Udine 1888; Schmidinger, H.,
Patriarch und Landesherr. Die weltliche Herrschaft des Patriarchen von Aquileja
bis zum Ende der Staufer, 1954; Seneca, F., La fine del patriarcato aquileiese
1748-1751, 1954; Göbel, W., Entstehung, Entwicklung und Rechtsstellung
geistlicher Territorien im deutsch-italienischen Grenzraum. Dargestellt am
Beispiel Trients und Aquilejas, 1976; Das Patriarchat Aquileja - Schnittpunkt
der Kulturen, hg. v. Ernst, G., 1983; Gamber, K., Das Patriarchat Aquileja und
die bayrische Kirche, 1987; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich,
hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 470.
Arenberg, Aremberg (Herren, Grafen, Herzöge).
Wahrscheinlich um die Mitte des 12. Jahrhunderts entstand im Ahrgau bei
Antweiler die Burg A. an der Ahr, nach der sich die 1117-1129 erschließbare,
erstmals 1166 erwähnte edelfreie Familie von A. (Heinrich von A.) nannte, die
an der oberen Ahr, an Erft, Sieg und im Westerwald reich begütert war und
zeitweilig das Amt des Burggrafen von Köln ausübte (1279 Verkauf an den
Erzbischof). Von ihr spaltete sich in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts
das Geschlecht Wildenburg (Wildenfels) im Rheinland ab. Die Hauptlinie erlosch
im Mannesstamm um 1280 (vor 1281). Ihre später reichsunmittelbaren Güter kamen
durch Heirat der Erbtochter Mechthild (1299) an die Grafen von der Mark, welche
die zweite Linie der Herren von A. begründeten. Sie erwarb Güter in Belgien,
den Niederlanden und in Lothringen, verzweigte sich aber in mehrere Linien
(Neufchateau, Rochefort, Herzöge von Bouillon). Nach dem Aussterben der
Hauptlinie im Jahre 1547 kamen Burg und Herrschaft A. durch Heirat der
Schwester des letzten Grafen von der Mark an die Linie Barbançon der 1480
Barbançon erbenden Ligne, die 1549 den Namen A. annahm und in den
Reichsgrafenstand sowie 1576 in den Reichsfürstenstand (gefürstete Grafschaft)
erhoben wurde. 1606 gewann diese Linie von Frankreich die Herrschaft Enghien
und 1612 aus Erbgut der Herzöge von Croy das Herzogtum
Aarschot (Aerschot) in Brabant. Dazu kamen weitere Güter. 1644 erhielt diese
dritte Linie für Treue zum Haus Habsburg den Herzogstitel.
1801 verlor sie das südwestlich von Bonn gelegene, dem kurrheinischen
Reichskreis angehörige Herzogtum mit 4
Quadratmeilen und 2.900 Einwohnern an Frankreich. 1803 wurde sie für den
Verlust ihrer - linksrheinischen - Güter mit Recklinghausen (aus dem Erzstift
Köln) und dem Amt Meppen an der mittleren Ems (aus dem Hochstift Münster)
entschädigt (660 Quadratkilometer mit 76.000 Einwohnern), aus denen das neue Herzogtum A. (Arenberg-Meppen) gebildet wurde, das
1806 dem Rheinbund beitrat und dabei die Souveränität auch über das Herzogtum Croy erlangte. Recklinghausen kam 1810 zum
Großherzogtum Berg und 1815 zu Preußen. Meppen wurde 1810 von Frankreich
annektiert und 1815 Hannover zugewiesen. 1826 erhielt das standesherrliche
Gebiet Meppen innerhalb Hannovers die Bezeichnung Herzogtum
Arenberg-Meppen. 1866 fiel es mit Hannover an Preußen, das 1875 die
standesherrlichen Rechte ablöste. S. Niedersachsen.
L.: Wolff 91; Zeumer 553 II b 46; Wallner 700 KurrheinRK 6; Großer Historischer
Weltatlas 38 (1789) B2; Bödiker, A., Das herzogliche Haus Arenberg, 1904;
Kleinschmidt, A., Geschichte von Arenberg, Salm und Leyen 1789-1815, 1912; Neu,
H., Das Herzogtum Arenberg, 2. A. 1940; Neu, H.,
Die Anfänge des herzoglichen Hauses Arenberg, 1942; Gauß‘sche Landesaufnahme
der durch Hannover erworbenen Gebiete, bearb. v. Engel, F., 6. Emsland, 1977;
Topographische Karte des Herzogtums
Arenberg-Meppen 1850-1860, hg. v. Niedersächs. Landesvermessungsamt 1977 ff.;
Die Arenberger in der Eifel, hg. v. Heyen, F., 1987; Heyen, F., Die Arenberger
im Emsland und in Westfalen, 1989; Neu, P., Die Arenberger und das Arenberger
Land, 1989; Inventar des herzoglich arenbergischen Archivs in Edingen/Enghien
(Belgien) bearb. v. Renger, C., 1990ff.
Arenberg, Aremberg (Herzogtum).
Die Herzöge von A, wurden 1803 für den Verlust ihrer linksrheinischen Güter an
Frankreich mit Recklinghausen (aus dem Erzstift Köln) und dem Amt Meppen an der
mittleren Ems (aus dem Hochstift Münster) entschädigt (660 Quadratkilometer mit
76000 Einwohnern), aus denen das neue Herzogtum
A. gebildet wurde, das 1806 dem Rheinbund beitrat und dabei auch die
Souveränität über das Herzogtum Croy erlangte.
Recklinghausen kam 1810 zum Großherzogtum Berg und 1815 zu Preußen. Meppen
wurde 1810 von Frankreich annektiert und 1815 Hannover zugewiesen. 1826 erhielt
das standesherrliche Gebiet Meppen innerhalb Hannovers die Bezeichnung Herzogtum Arenberg-Meppen. 1866 fiel es mit Hannover
an Preußen, das 1875 die standesherrlichen Rechte ablöste. S. Niedersachsen.
L.: Bödiker, A., Das herzogliche Haus Arenberg, 1904; Kleinschmidt, A.,
Geschichte von Arenberg, Salm und Leyen 1789-1815, 1912; Neu, H., Das Herzogtum Arenberg, 2. A. 1940; Neu, H., Die Anfänge
des herzoglichen Hauses Arenberg, 1942.
Arnsberg (Grafschaft, Residenz). Um die Mitte des
11. Jahrhunderts errichtete Bernhard II. von Werl am Schnittpunkt der Straßen
von Köln nach Paderborn und von Essen nach Kassel die „Alte Burg“ bei A. in
Westfalen. Nachdem Lupold von Werl († 1089) die Alte Burg zusammen mit seinem
Erbteil dem Erzstift Köln vermacht hatte, baute Konrad von Werl um 1060 eine
neue Burg an der oberen Ruhr, die nach dem Ort A. benannt wurde. Nach ihr
nannte sich vor der Wende des 11. zum 12. Jahrhundert (1082 Konrad von A.) die
Hauptlinie der Grafen von Werl. 1102 verlor Graf Friedrich der Streitbare die
halbe Grafschaft A. mit der Burg A. an das Erzstift Köln, so dass sich die
Grafschaft A. auf das nördliche Sauerland - einschließlich des reichen Klosters
Meschede - beschränkte. 1124/1139 fiel sie über die Erbtochter im Erbweg an die
niederländischen Grafen von Cuyk (Cuijk, Cuyck), die sich von da an nach A.
nannten und die jüngere Linie der Grafen von A. begründeten. Im 12. Jahrhundert
spalteten sie die Grafen von Rietberg ab. 1167 wurden sie vom Erzstift Köln
lehnsabhängig. Ehe sie 1371 ausstarben, verkaufte der letzte Graf Gottfried
1368 die Grafschaft A. an das Erzstift Köln. Sie bildete seitdem den
wichtigsten Bestandteil des Herzogtums Westfalen
der Erzbischöfe von Köln. A. wurde dessen Hauptstadt. 1803 kam A. an
Hessen-Darmstadt, 1816 an Preußen, 1946 an Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 86; Arnsberg - 700 Jahre Stadt - hg. v. d. Stadtverwaltung Arnsberg,
1938; 150 Jahre Regierungsbezirk Arnsberg. Westfalen zwischen Lippe, Ruhr und
Sieg, 1964; Leidinger, P., Untersuchungen zur Geschichte der Grafen von Werl,
1965; Hömberg, A. K., Die Grafen von Arnsberg, 1967; 750 Jahre Arnsberg, hg. v.
Arnsberger Heimatbund, 1989; Klueting, H., Arnsberg als Hauptstadt und
Wechselresidenz in der Zeit der Kölner Kurfürsten (1371-1802), 1989; Höfe und
Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 2,
17; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 423, 2, 36; Leidinger, P., Die
Grafen von Werl und Werl-Arnsberg (ca. 980-1124). (in) Das Herzogtum Westfalen 2009, 119; Gosmann, M., Die Grafen
von Arnsberg und ihre Grafschaft, (in) Das Herzogtum
Westfalen, 2009, 119.
Aschaffenburg (Stift, Fürstentum, Residenz Erzbischof
von Mainz). A. wird zuerst als alemannische civitas Ascapha (Eschenfluss) des
späten 5. Jahrhunderts erwähnt. Vielleicht über die thüringischen Herzöge,
jedenfalls über die Karolinger gelangte es an die Liudolfinger. Um 957 gründete
dort Herzog Liudolf von Schwaben das
Kollegiatstift St. Peter und Alexander. 982 ging A. von Otto von Bayern und
Schwaben über Kaiser Otto II. an das Erzstift Mainz über, das dort später ein
Oberamt errichtete. Das Stift war um 1700 im Kanton Odenwald des Ritterkreises
Franken immatrikuliert. Nach der Eroberung Mainzs durch Frankreich 1798 wurde
A. Sitz der Regierung des Erzstifts Mainz. 1803 wurde für Karl Theodor von
Dalberg, den letzten Mainzer Kurfürsten und Reichserzkanzler, das Fürstentum A.
geschaffen. Es umfasste mit rund 1700 Quadratkilometern das alte Oberamt A.,
die mainzischen Ämter Aufenau, Lohr, Orb, Stadtprozelten, Klingenberg und das
Amt Aura des Hochstifts Würzburg. 1810 wurde es zu einem Departement des Großherzogtums
Frankfurt gemacht. 1814 ging A. an Österreich und 1814/1816 an Bayern über.
L.: Wolff 80f.; Riedenauer 128; Festschrift 1000 Jahre Stift und Stadt
Aschaffenburg, hg. v. Fischer, W., 1957 (Aschaffenburger Jahrbuch für
Geschichte, Landeskunde und Kunst des Untermaingebietes); Christ, G.,
Aschaffenburg. Grundzüge der Verwaltung des Mainzer Oberstifts und des
Dalbergstaats, 1963, (in) Historischer Atlas von Bayern, Teil Franken 12;
Grimm, A., Aschaffenburger Häuserbuch, 1985; Thiel, M., Aschaffenburger
Urkundenbuch, 1 Die Urkunden des Kollegiatstifts St. Peter und Alexander bis
zum Jahre 1325, 1986; Spies, H., Von Kurmainz zum Königreich Bayern. Änderungen
der territorialen und landesherrlichen Verhältnisse im Raum Aschaffenburg
1803-1816, Mitteilungen aus dem Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg 2,
1987ff.; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini,
W., 2003, 1, 2, 19.
Askanier (Geschlecht). Die A. sind ein ursprünglich
aus dem alemannisch-fränkischen Raum stammendes, nach einer mythologisierenden
Anknüpfung an den Äneassohn Ascanius seit dem frühen 13. Jahrhundert als A.
benanntes Geschlecht, das im 6. Jahrhundert in den Schwabengau am Nordostrand
des Harzes eingewandert sein soll und sich zunächst nach der Alten Burg bei
Ballenstedt (Grafen von Ballenstedt) benannte. Der erste erschließbare A.
dürfte ein Adalbert (um 1000) gewesen sein. Eine sehr erfolgreiche
Heiratspolitik verschaffte den Askaniern im 11. Jahrhundert größere Anteile an
verschiedenen Erbschaften. Aus der Erbschaft des Markgrafen Gero erhielten sie
Teile des Schwabengaus, die sie mit eigenen Gütern zur Grafschaft Aschersleben
(Ascharien) verbanden, nach der sie sich dann benannten. Über eine Erbtochter
der Billunger gewann Otto der Reiche († 1123) Teile der billungischen Güter. Um
1060 stießen sie über die Saale nach Osten vor. Unter Albrecht dem Bären
(Markgraf der Nordmark 1134-1170, 1140/1142 Markgraf von Brandenburg) betrieben
sie planmäßig die deutsche Ostsiedlung. Albrecht dem Bären folgten 1170 die
Söhne Bernhard, der 1180 nach dem Sturz Heinrich des Löwen den Titel des Herzogs von Sachsen und den an der unteren Elbe bei
Lauenburg befindlichen Teil des Herzogtums
Sachsen erhielt, und Otto, der die neuerworbenen Gebiete im Osten (Brandenburg)
erlangte. Bernhard folgten 1212 die Söhne Albrecht († 1260) und Heinrich I.
(1212-1244), von denen Heinrich die askanischen Hausgüter zwischen Ostharz und
Mittelelbe erbte und Albrecht die Gebiete um Lauenburg und das neu gewonnene
Gebiet um Wittenberg erlangte. Heinrich begründete das Haus Anhalt, Albrechts
Söhne Johann († 1285) und Albrecht II. († 1298) die askanischen Linien
Lauenburg (mit Lauenburg rechts der unteren Elbe, Neuhaus elbaufwärts und dem Land
Hadeln) und Wittenberg, so dass seit 1226 askanische Linien in Brandenburg
(Stendal und Salzwedel bis 1317/1319), Lauenburg (bis 1689) und Wittenberg (bis
1422) nebeneinander bestanden. Die brandenburgischen Güter fielen 1319 an die
Wittelsbacher (und 1411ff. an die Hohenzollern/Burggrafen von Nürnberg), die
wittenbergischen 1422 an die Markgrafen von Meißen, die lauenburgischen 1689 an
die Welfen.
L.: Hirschfeld, G. v., Geschichte der sächsischen askanischen Kurfürsten, 1884;
Diederichs, A., Erbe und Erben Albrechts des Bären, VuG 28 (1938); Faden, E.,
Brandenburg, (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Schmidt, E., Die Mark
Brandenburg unter den Askaniern, 1973; Heinrich, G., Askanier, LexMA 1 1980,
1109; Partenheimer, L., Albrecht der Bär, 2. A. 2003; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, Teilband 1 Dynastien und Höfe, hg. v. Paravicini,
W. u. a., 2003, 1, 1, 31; Askanier-Studien der lauenburgischen Akademie, hg. v.
Opitz, E., 2010.
Asseburg (Herren). Die Herren von A. bei Wittmar
bzw. Wolfenbüttel sind 1089 mit Widekind von Wolfenbüttel, einem Ministerialen
des Markgrafen Ekbert von Braunschweig, erstmals nachweisbar. Um 1200 stiegen
sie in die Reichsministerialität auf und errichteten nach 1218 die Reichsfeste
A., die 1258 an Herzog Albrecht von Braunschweig
übergeben werden musste. Am Ende des 13. Jahrhunderts teilte die Familie sich
in einen westfälischen Zweig, der die Güter der Edelherren von Brakel um die
Hinnenburg bei Paderborn erheiratete, und einen ostfälischen Zweig, der 1437
die Herrschaft Falkenstein im Unterharz von den Bischöfen von Halberstadt sowie
Wallhausen 1509 als mansfeldisch-kursächsisches Lehen erhielt. 1793 gingen die
westfälischen Güter durch Heirat an eine Linie der Herren von Bocholtz (1803
Grafen von Bocholtz-Asseburg) über.
L.: Asseburger Urkundenbuch, hg. v. Bocholtz-Asseburg, Graf J.
v./Bocholtz-Asseburg, Graf E. v., Bd. 1ff. 1876ff.; Trippenbach, M., Asseburger
Familiengeschichte, 1915; Bege, C., Geschichte einiger der berühmtesten Burgen
und Familien des Herzogthums Braunschweig,
Neudruck 1979.
Auersperg (Reichsfreiherren, Reichsgrafen,
Reichsfürsten). Nach A. nannte sich ein seit 1220 als Ministeriale der Herzöge
von Kärnten bezeugtes Geschlecht in Krain. In der Mitte des 15. Jahrhunderts
teilte es sich in zwei Hauptlinien. 1530 wurde es in den Reichsfreiherrenstand,
1630 in den Reichsgrafenstand erhoben. 1653 erhielt der jüngere Zweig der
älteren Linie den Reichsfürstenrang und 1654 für die erworbenen schlesischen
Herrschaften Münsterberg und Frankenstein den Titel Herzog
von Münsterberg. Die Herrschaft Tengen wurde 1664 zur gefürsteten
Reichsgrafschaft erhoben, die zwar vorderösterreichischer Landstand war,
zugleich aber Sitz und Stimme im schwäbischen Reichskreis gewährte. 1791 wurden
die Güter in Schlesien an Preußen verkauft. Danach erhielten alle Mitglieder
der Familie vom Kaiser den Reichsfürstenrang, der jeweilige älteste aber den
Titel eines Herzogs von Gottschee, das 1604
erworben worden war.
L.: Zeumer 553 II b 53; Zöllner, E., Geschichte Österreichs, 8. A. 1990.
Auschwitz (Herzogtum),
poln. Oświęcim. A. bei Krakau war Hauptstadt des vor 1327 durch
Teilung Teschens entstandenen, 1327 unter die Lehnshoheit Böhmens gelangten Herzogtums A. 1457 wurde es an Polen verkauft. 1521
starben die Herzöge von Auschwitz-Zator aus. 1772/1773 fiel A. mit Galizien an
Österreich und gehörte seit 1818 zum Deutschen Bund. 1920 kam es an Polen
zurück.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) I/K4; Pelt, R. van/Dwork, D.,
Auschwitz, 1998.
Babenberger (Geschlecht). Die älteren B. sind ein in
der Mitte des 11. Jahrhunderts nach der Burg Babenberg (Bamberg) benanntes, in
Ostfranken (Volkfeld) und zeitweise der sorbischen Mark begütertes
Adelsgeschlecht, das wegen seiner Leitnamen auch als Popponen bezeichnet wird
(Poppo I. 819-840 [im Grabfeld], Poppo II. 880-892), im Kampf um die Vormacht
in Franken den rheinfränkischen Konradinern 906 unterlag und um 945 letztmals
bezeugt wird. Zu seinen Vorfahren zählen vielleicht die Rupertiner.
Verwandtschaft mit den Liudolfingern und Hennebergern ist anzunehmen, für
Abkunft der jüngeren B. sprechen Güter im Grabfeld und Namenstraditionen. Als
erster jüngerer B. wird 976 ein marchio Liutpaldus als Markgraf der bayerischen
Mark an der Donau (Ostmark) urkundlich erwähnt, dessen Name auf das bayerische Herzogsgeschlecht des 10. Jahrhunderts deutet. Sein
Bruder Berthold († 980) verwaltete im königlichen Auftrag den bayerischen
Nordgau mit Bamberg, doch starb die von ihm gegründete Linie der Grafen bzw.
Markgrafen von Schweinfurt 1057 mit Otto von Schweinfurt, der Herzog in Schwaben war, aus, wobei die Güter an
verschiedene Familien kamen (Markgrafen von Meißen, Bretislav von Mähren,
Andechs, Habsberg-Kastl, Potenstein bzw. Pottenstein). Liutpolds Mark
erstreckte sich beiderseits der Donau zwischen Enns und Tulln und wurde bald
nach 1000 bis zur Leitha erweitert. Insbesondere unter dem mit der Salierin
Agnes verheirateten Leopold III. wurde die babenbergische Herrschaft mit
reichem Königsgut weiter ausgebaut. 1156 erhielten die B. als Ausgleich für den
Verlust des Leopold IV. von seinem königlichen Halbbruder Konrad III.
anvertrauten Herzogtums Bayern (1139-1156) im
sog. Privilegium minus die Erhebung der Mark (Ostmark, österreichische
Markgrafschaft) zum territorialen Herzogtum. 1180
gewann das Geschlecht beim Sturz Heinrichs des Löwen das Gebiet zwischen
Haselgraben und der Großen Mühl und vielleicht Teile des Traungaues. 1192
erfolgte nach dem Gewinn von Teilen Oberösterreichs auf Grund Erbvertrags von
1186 der Erwerb des Herzogtums Steiermark. 1229
wurden Andechser Güter in Krain erworben. Das Erbe des 1246 im Mannesstamm
erloschenen Geschlechts traten nach den Wirren des Interregnums, in denen
Österreich über Margarete von Babenberg an König Ottokar II. von Böhmen gelangt
war, 1282 die Grafen von Habsburg an.
L.: Juritsch, G., Geschichte der Babenberger und ihrer Länder, 1894;
Guttenberg, E., Frhr. v., Territorienbildung am Obermain, 1927, Neudruck 1966;
Urkundenbuch zur Geschichte der Babenberger in Österreich, bearb. v. Fichtenau,
H./Zöllner, E., Bd. 1-4,1 1950ff.; Geldner, F., Zur Genealogie der ”alten
Babenberger”, Hist. Jb. 84 (1964), 257f.; Geldner, F., Neue Beiträge zur
Geschichte der alten Babenberger, 1971; Babenberger-Forschungen, hg. v. Weltin,
M., 1976; Das babenbergische Österreich, hg. v. Zöllner, E., 1978; Borgolte,
M./Scheibelreiter, G., Babenberger, LexMA 1 1980, 1321; Lechner, K., Die
Babenberger, 4. A. 1985; Faußner, H., Zur Frühzeit der Babenberger in Bayern
und Herkunft der Wittelsbacher, 1990; Weller, T., Die Heiratspolitik, 2004;
Scheibelreiter, G., Die Babenberger, 2010; Hanko, H., Herzog
Heinrich II. Jasomirgott, 2012.
Baden (Markgrafschaft, Kurfürstentum,
Großherzogtum, Land, Landesteil, Residenz). Das römische Aquae Aureliae
(220/221 Civitas Aurelia Aquensis) im Oostal wurde im 3. Jahrhundert von den
Alemannen zerstört. Erst 987 erscheint dann wieder ein B., das zum
Stammesherzogtum Schwaben gehört. Die Familie der Markgrafen von B. wird erkennbar
mit Markgraf Hermann (1040-1074), einem Sohn Herzog
Bertholds I. von Zähringen und einem Enkel Herzog
Hermanns IV. von Schwaben, eines nahen Verwandten der Salier. Seine Güter im
Nordschwarzwald hat er offenbar als Erbe der Grafen von Calw erlangt. Der
Markgrafentitel leitet sich von der Mark Verona des Herzogtums
Kärnten ab, in der Hermann I. vor 1072 als Markgraf erscheint. Nach der von
Markgraf Hermann I. erheirateten Burg B. (Baden-Baden) nannte sich erstmals
1112 unter Fortführung des Markgrafentitels Hermanns gleichnamiger Sohn Hermann
II. (†1130). Er hatte die Grafschaften im Breisgau und in der Ortenau inne und
erlangte durch Heirat Güter um Backnang (um 1100). Sein Sohn Hermann III. war
vermutlich mit einer Tochter König Konrads III. verheiratet und erlangte 1153
das ehemalige Königsgut Besigheim. Hermann V. erbte 1219 Pforzheim und erwarb
Durlach und Ettlingen sowie Pfandschaften über Lauffen, Sinsheim und Eppingen.
Mit dem Aussterben der Staufer (um 1254) rückte die Familie im heutigen
Mittelbaden in deren Stellung ein, die auf Lehnsgut des Klosters Weißenburg im
Elsass beruhte. Die Güter der 1190 von der Hauptlinie der Markgrafen von B.
(mit der Ortenau um Offenburg) abgespalteten Linie der Markgrafen von Hachberg
(Hochberg im Breisgau) und ihrer 1297 gebildeten Nebenlinie Sausenberg kamen
1415 durch Kauf (Hachberg) bzw. 1503 durch Erbrecht (Sausenberg) wieder an die
Hauptlinie zurück, die zudem im 14. und 15. Jahrhundert weitere Güter gewann
(Sponheim, Lahr und Mahlberg [Lahr-Mahlberg] zur Hälfte, 1387 die Grafschaft
Eberstein zur Hälfte), im Raum um Stuttgart (u. a. 1504/1595 Besigheim, Mundelsheim)
aber den Grafen von Württemberg weichen musste, so dass B. ein fast
ausschließlich oberrheinisches Herrschaftsgebiet wurde, das hinter Habsburg und
Württemberg zurückstand. 1515 erhielt Bernhard III. von B. die luxemburgischen
und sponheimischen Güter (Baden-Baden), Ernst die breisgauischen Güter
(Hachberg bzw. Hochberg, Sausenberg, Rötteln, Badenweiler, sog. Markgräflerland
[Baden-Durlach]) und Philipp die restlichen Güter. Dazu kamen 1535 aus dem
Anteil Philipps Stadt und Schloss Baden, das Gebiet südlich des Flusses Alb,
die Herrschaft Beinheim und die Vogtei über Herrenalb und Frauenalb für
Bernhard III. sowie Pforzheim, Durlach, Altensteig, Liebenzell und das Gebiet
nördlich der Alb für Ernst, so dass sich (von 1515/1535 bis 1771) eine obere
Markgrafschaft Baden-Baden und eine untere Markgrafschaft Baden-Durlach
(Residenz in Pforzheim, seit 1724 in Karlsruhe) gegenüberstanden. Baden-Durlach
wurde 1556 evangelisch, Baden-Baden nach 1555 (später aber rekatholisiert). Von
1594 bis 1622 besetzte Baden-Durlach Baden-Baden. Baden-Durlach trat zwecks
Aufbringung der bei der Besetzung entstandenen Kosten Besigheim, Mundelsheim,
Altensteig und Liebenzell an Württemberg ab, erwarb aber Malsch und
Langensteinbach. Von 1635 bis 1648 kam Baden-Durlach vorübergehend an
Baden-Baden. 1654 erließ Baden-Durlach ein Landrecht und eine Landesordnung.
1666/1667 erwarb Baden-Baden Teile der Grafschaft Eberstein. 1771 beerbte
Baden-Durlach, das sich zum Musterstaat des aufgeklärten Absolutismus
entwickelt hatte, Baden-Baden. Um 1785 umfasste B. - das um 1780 mit
Argenschwang und einem Teil Weilers auch Mitglied des Kantons Niederrheinstrom
des Ritterkreises Rhein und außerdem des Kantons Odenwald des Ritterkreises
Franken war - 3500/3600 Quadratkilometer mit etwa 174000/190000 Einwohnern.
1796 verlor es seine linksrheinischen Gebiete an Frankreich (Amt Rhodt bei
Landau [Baden-Durlach], Herrschaft Beinheim im Unterelsass, Amt Gräfenstein bei
Pirmasens, Herrschaften Hesperingen und Rodemachern in Luxemburg und Teile der
Grafschaft Sponheim im Hunsrück). Um 1800 umfasste B. ein Gebiet von 27
Quadratmeilen. Am 25. 2. 1803 wurde B. durch § 5 des
Reichsdeputationshauptschlusses zum Kurfürstentum erhoben und durch die
rechtsrheinischen Teile der Pfalz (Heidelberg, Mannheim, Ladenburg, Bretten)
und die Hochstifte Konstanz, Basel (teilweise), Straßburg (teilweise), Speyer
(teilweise), die hanau-lichtenbergischen bzw. hessen-darmstädtischen Ämter
Lichtenau und Willstätt, die nassau-usingische Herrschaft Lahr, die
Reichsabteien Petershausen, Gengenbach, Odenheim und Salem (ohne Ostrach), die
Reichsstädte Offenburg, Pfullendorf, Gengenbach, Biberach (1806 an
Württemberg), Zell am Harmersbach, Überlingen, Wimpfen (später an Hessen), das
Reichstal Harmersbach und die Klöster Schwarzach, Frauenalb, Allerheiligen,
Lichtental, Ettenheimmünster, Öhningen und Reichenau sowie kleinere Güter
entschädigt, wodurch sich sein Umfang auf 7200 Quadratkilometer mit 445000
Einwohnern vermehrte (Februar-Mai 1803 13 Organisationsedikte Johann Niklas
Friedrich Brauers). 1805 erwarb es vom Herzog
von Modena/Österreich den größten Teil des Breisgaues, die Ortenau, die Baar
mit Villingen, die Stadt Konstanz und die Kommende Mainau des Deutschen Ordens
mit insgesamt 2530 Quadratkilometern und 160000 Einwohnern. Durch den Beitritt
zum Rheinbund 1806 wurde es Großherzogtum und erhielt die Fürstentümer
Fürstenberg, Leiningen, Krautheim (Salm-Krautheim), die Landgrafschaft
Klettgau, die Reichsgrafschaft Bonndorf, das Johanniterpriorat Heitersheim, die
südlich des Mains gelegenen Teile der Fürstentümer Wertheim und die
eingeschlossenen Güter der Reichsritterschaft. 1806 wurden einige
Gebietsänderungen mit Württemberg vereinbart. 1810 erhielt B. die seit 1805
württembergische Landgrafschaft Nellenburg und obere Grafschaft Hohenberg gegen
Randgebiete im Schwarzwald (an Württemberg) und Amorbach (an Hessen-Darmstadt).
Damit umfasste es etwa 15000 Quadratkilometer mit ungefähr 975000 Einwohnern.
Zum 1. 1. 1810 übernahm B. den Code Napoléon in der Form des Badischen
Landrechts, der die Geltung des baden-badischen Landrechts von 1588, des
baden-durlachischen Landrechts von 1654, des kurpfälzischen Landrechts von
1610, der Solmser Gerichts- und Landesordnung von 1571, des Mainzer Landrechts
von 1755, zahlreicher vorderösterreichischer Verordnungen und der Statuten
Gengenbachs, Offenburgs, Pfullendorfs, Überlingens und Zells am Harmersbach auf
seinem Gebiet beendete. 1818 erhielt es eine Verfassung (konstitutionelle
Monarchie). Zugleich musste es an Bayern das Amt Steinfeld (bis 1810 Rothenfels
[Rotenfels]) im Mainkreis und Tauberkreis und Teile Leiningens abtreten,
erhielt aber von Österreich das Fürstentum von der Leyen. 1819 konnte es die
Herrschaft Geroldseck (Hohengeroldseck) erwerben. 1830 wurde der Abkömmling
Leopold des Großherzogs Karl Friedrich von B. mit Luise Geyer von Geyersberg
(seit 1796 Reichsgräfin von Hochberg) Großherzog in B., das allmählich zum
liberalen „Musterländle“ wurde. 1870 trat B. in den Norddeutschen Bund bzw. das
Deutsche Reich ein. Am 22. 11. 1918 dankte Großherzog Friedrich II. ab. Im März
1933 übernahmen die Nationalsozialisten die Regierung. 1945 wurde B. in das
amerikanisch besetzte Nordbaden (wie Nordwürttemberg Teil Württemberg-Badens)
mit Stuttgart als Hauptstadt und das französisch besetzte Südbaden (B.) mit
Freiburg als Hauptstadt geteilt, 1951/1952 ging es im neuen Baden-Württemberg
auf.
L.: Wolff 163; Winkelmann-Holzapfel 141; Riedenauer 128; Die Territorien des
Reichs 5, 124; Beschreibung des Oberamtes Besigheim, hg. v. kgl. stat.-top.
Bureau, 1853, Neudruck 1962; Heyck, E., Geschichte der Herzöge von Zähringen,
1891; Regesten der Markgrafen von Baden und Hachberg, bearb. v. Fester,
R./Witte, H., 1892ff.; Fester, R., Markgraf Bernhard I. und die Anfänge des
badischen Territorialstaates, 1896; Krieger, A., Topographisches Wörterbuch des
Großherzogtums Baden, 1903-1905; Curtaz, L., Die Autonomie der
standesherrlichen Familien Badens in ihrer geschichtlichen Entwicklung und nach
geltendem Recht, Diss. jur. Heidelberg 1908; Gothein, E., Die badischen Markgrafschaften
im 16. Jahrhundert, 1910; Krieger, A., Badische Geschichte, 1921;
Lautenschlager, F./Schulz, W., Bibliographie der badischen Geschichte, Bd. 1ff.
1929ff.; Gärtner, K., Heimatatlas der Südwestmark Baden, 1937; Hölzle, E., Der
deutsche Südwesten am Ende des alten Reiches, 1938; Baden im 19. und 20.
Jahrhundert, 1948; Haebler, R., Badische Geschichte. Die alemannischen und
pfälzisch-fränkischen Landschaften am Oberrhein in ihrer politischen,
wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung, 1951, Neudruck 1987; Arndt, E.,
Vom markgräflichen Patrimonialstaat zum großherzoglichen Verfassungsstaat
Baden, ZGO N.F. 62 (1953); Merkel, R., Studien zur Territorialgeschichte der
badischen Markgrafschaft in der Zeit vom Interregnum bis zum Tode Markgraf Bernhards
I. (1250-1431), Diss. phil. Freiburg 1953; Sütterlin, B., Geschichte Badens,
1967, 2. A. 1968; Jänichen, H./Schröder, K., 150 Jahre amtliche
Landesbeschreibung in Baden-Württemberg, Zeitschrift für württembergische
Landesgeschichte 33 (1974); Straub, A., Das badische Oberland im 18.
Jahrhundert, 1977; Stiefel, K., Baden 1648-1952, Bd. 1, 2 1978; Wunder, G., Zur
Geschichte der älteren Markgrafen von Baden, Württembergisch-Franken 1978,
13ff.; Schwarzmaier, H., Baden, LexMA 1 1980, 1337f.; Das Großherzogtum Baden
zwischen Revolution und Restauration 1849-1851, hg. v. Real, W., 1983; Das Land
Baden-Württemberg. Amtliche Beschreibung nach Kreisen und Gemeinden, hg. v. der
staatlichen Archivverwaltung Baden-Württemberg, Bd. 1ff. 1983; Müller, H., Das
Großherzogtum Baden und die deutsche Zolleinigung 1819-1835/36, 1984; Sauer,
P., Napoleons Adler über Württemberg, Baden und Hohenzollern, 1987; Wunder, G.,
Die ältesten Markgrafen von Baden, ZGO 135 (1987); Schwarzmaier, H., Von der
Fürsten Tailung. Die Entstehung der Unteilbarkeit fürstlicher Territorien und
die badischen Teilungen des 15. und 16. Jahrhunderts, Bll. f. dt. LG. 126
(1990), 161ff.; Handbuch der baden-württembergischen Geschichte, hg. v. d.
Komm. f. geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, Bd. 1ff. 1990ff.;
Hug, W., Geschichte Badens, 1992; Schmid, K., Baden-Baden und die Anfänge der
Markgrafen von Baden, ZGO 140 (1992), 1; Eibach, J., Der Staat vor Ort, 1994;
Furtwängler, M., Die Standesherren in Baden, 1996; Repertorium der Policeyordnungen
der frühen Neuzeit, hg. v. Härter, K./Stolleis, M., Bd. 3 1999; Schlinker, S.,
Fürstenamt und Rezeption, 1999, 208; Schnabel, T. Geschichte von Baden und
Württemberg 1900-1952, 2001; … so geht hervor’ ein neue Zeit, hg. v. Kohnle, A.
u. a, 2003; Andermann, K., Die Markgrafen von Baden und der Adel im südlichen
Ufgau und in der nördlichen Ortenau, ZGO 151 (2003), 93; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W. u. a., 2003, 1, 1, 37, 748;
Engehausen, F., Kleine Geschichte des Großherzogtums Baden 1806-1918, 2005;
Schwarzmaier, H., Baden, 2005; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1,
500, 2, 41; Kohnle, A., Kleine Geschichte der Markgrafschaft Baden, 2006; Die
Protokolle der Regierung von Baden, Bd. 1 bearb. v. Hochstuhl, K., 2006; 1806 –
Souveränität für Baden und Württemberg. Beginn der Modernisierung?, hg. v.
Schindling, A. u. a., 2007; Weber-Krebs, F., Die Markgrafen von Baden im Herzogtum Luxemburg (1487-1797), 2007; Laufs, A., Das
Eigentum an badischen Kulturgütern aus der Zeit der Monarchie, 2008; Weber, R.,
Kleine Geschichte der Länder Baden und Württemberg 1918-1945, 2008;
Regierunsakten dies Kurfürstentums und Großherzogtums Baden 1803-1815, bearb.
v. Schimke, M., 2012.
Bamberg (Hochstift, Residenz). Das schon in der
Hallstattzeit und wieder seit dem 8. Jahrhundert besiedelte B., in dem 741/742
eine Missionskirche gegründet wurde, wird seit Beginn des 10. Jahrhunderts als
Castrum Bavenberg, Babenberg - auf dem Domberg - benannt (902 castrum
Babenberh). Es war in karolingischer Zeit und nach dem Untergang der nach ihm
benannten, im Volkfeld begüterten Babenberger 906 Königsgut, kam von Kaiser
Otto II. 973 an Herzog Heinrich den Zänker von
Bayern, von dessen Sohn Heinrich II. und seiner Gemahlin Kunigunde, die es als
Morgengabe erhalten hatte, 1007 an die in B. seit 1002 errichtete Kirche, die
1007 zur Bischofskirche der Slawenmission erhoben wurde. Das neue, bald dem
Papst unmittelbar unterstellte Bistum wurde kaiserliches Stift und erhielt vor
allem Würzburger und Eichstätter Gebiete (Fürth, Hersbruck, Erlangen, Vilseck,
Forchheim [1062], Höchstadt [1157], Reichenhall). Die Zahl der Pfarreien
vermehrte sich von etwa 30 bei der Gründung im Laufe des Mittelalters auf mehr
als 200, doch blieb das Bistum, eingeengt von Würzburg (Banz, Ebrach),
Eichstätt (Nürnberg) und Regensburg (Egerland), insgesamt klein. Die Grundlage
des Hochstifts bildeten reiche Gaben König Heinrichs II. im Volkfeldgau und
Radenzgau (u. a. Theres aus dem 906 von den älteren Babenbergern an das Reich
gelangten Gut), in Bayern und (vor allem zur Sicherung von Alpenübergängen in)
Kärnten, sowie auch der Steiermark, Oberösterreich und Tirol (Villach mit
Tarvis und Pontafel, Wolfsberg und Bleiberg, Sankt Veit an der Glan,
Rottenmann, Gleink, Kirchdorf, Schlierbach, Spital am Pyhrn, Windischgarsten,
Attersee, Frankenburg, Kammer, Kogl, Sankt Georgen im Attergau, Friedburg,
Mattighofen, Weilbach, Ebbs, Kitzbühel, Gais, Neuhaus, Sankt Georgen in Taufers
sowie Wiesing, Antiesenhofen, Aschach, Wiesenberg, Erding, Wien - unter - St.
Veit, Hainburg, Attegau – Hausruck, Geboldskirchen, Allhaming, Haag, Sankt
Georg am Ybbsfeld, Sankt Martin im Lungau, Kuenburg, Wasserleonburg, Villach –
Kanaltal, Feldkirchen, Lavanttal, Griffen, Mahrenberg., die danach noch
abgerundet werden konnten) und später auch im Westen des Reiches. Trotz etwa
der Verluste von Gütern im Nordgau (Hersbruck, Velden, Auerbach) gelang es den
Bischöfen, begünstigt durch das Aussterben der Grafen von Schweinfurt, der
Grafen von Abenberg, der die Vogtei innehabenden Grafen von Andechs (1248
Lichtenfels) und der Herren von Schlüsselberg bis zum Ende des 14. Jahrhunderts
durch Erbschaft und Kauf ihre weltliche Herrschaft auf etwa die Hälfte des
Bistums auszudehnen, wobei sie sich auch auf mehrere Grafschaften und seit 1248
auf das kaiserliche Landgericht B. stützen konnten. 1435 setzten sich die
Bischöfe im Kampf um die Stadt B. gegen die Bürger durch. 1507 entstand die
Bamberger Halsgerichtsordnung, die zum Vorbild für die Constitutio Criminalis
Carolina von 1532 wurde. In der Reformation verlor das Bistum zwei Drittel
aller Pfarreien, wurde aber teilweise rekatholisiert. 1631 wurde es durch
Gustav Adolf von Schweden erobert und dem Herzogtum
Franken zugeteilt, 1648 aber wiederhergestellt. 1647 erhielt es eine
Hochschule, die 1735/1772 Volluniversität wurde (bis 1803). 1759 kamen die
Kärntner Güter durch Kauf an Österreich. Am 9. 11. 1769 erlässt der Bischof ein
Landrecht (nur Teil 1 Civil- oder sogenannte bürgerliche Sachen betreffend). Um
1800 war B. Mitglied der Kantone Gebirg, Steigerwald und Baunach des
Ritterkreises Franken. 1803 fiel das Fürstbistum mit etwa 65 Quadratmeilen bzw.
3580 Quadratkilometern Fläche, 220000 Einwohnern und 1,5 Millionen Gulden
Einkünften an Bayern. 1817 wurde eine neue Kirchenprovinz B. mit den Bistümern
Würzburg, Eichstätt und Speyer als Suffraganen geschaffen.
L.: Wolff 97; Zeumer 552 II a 6; Riedenauer 128; Die Territorien des Reichs 4,
146; Zöpfl, H., Das alte Bamberger Recht, 1839; Looshorn, J., Die Geschichte
des Bistums Bamberg Bd. 1ff. 1886ff., Neudruck 1967; Knochenhauer, T./Chroust,
A., Chroniken der Stadt Bamberg, 1907ff.; Wretschko, A. v., Skizzen zur
bambergischen Zentralverwaltung in Kärnten, FS Zeumer 1909; Guttenberg, E., Frhr.
v., Die Territorienbildung am Obermain, 1927, Neudruck 1966; Guttenberg, E.
Frhr. v., Die Regesten der Bischöfe von Bamberg, 1932ff.; Hofmann, M., Die
Außenbehörden des Hochstifts Bamberg und der Markgrafschaft Bayreuth, Jb. für
fränk. Landesforschung 3, 4 (1937, 1938); Neukamm, W., Territorium und Staat
der Bischöfe von Bamberg, 84. Bericht d. Hist. Ver. Bamberg (1949);
Heinhold-Fichtner, K., Die Bamberger Oberämter Kronach und Teuschnitz, 1951,
Schr. des Inst. für fränk. Landesforschung, Hist. Reihe Bd. 3; Mayer, T., Die
Anfänge des Bistums Bamberg, FS Stengel, E., 1952; Kist, J., Fürst- und
Erzbistum Bamberg, 3. A. 1962; Henberg, E. Frhr. v./Wendehorst, A., Das Bistum
Bamberg, Bd. 1ff. Germania Sacra II, 1, 1, Neudruck 1963; Schimmelpfennig, B.,
Bamberg im Mittelalter, 1964; Guttenberg, E. Frhr. v./Wendehorst, A., Das
Bistum Bamberg 2, Germania Sacra II, 1, 2, 1966; Ragger, M., Die Organisation
der bambergischen Verwaltung in Kärnten, Diss. phil. Wien 1969 (masch.schr.);
Weiss, H., Bamberg, 1974, (in) Historischer Atlas von Bayern, Teil Franken
Reihe I, 21; Berbig, H., Das kaiserliche Hochstift Bamberg und das Heilige
Römische Reich vom westfälischen Frieden bis zur Säkularisation, Bd 1f. 1976;
Caspary, H., Staat, Finanzen, Wirtschaft und Heerwesen im Hochstift Bamberg
(1672-1693), 1976; Schwarz, K./Geldner, F., Bamberg, LexMA 1 1980, 1394ff.;
Bibliographie zur Geschichte von Stadt und Hochstift Bamberg 1945-1975, hg. v.
Grimm, C., Bd. 1ff. 1985; Nöth, S., Urbare und Wirtschaftsordnungen des
Domstifts Bamberg, T. 2 Die Grundherrschaft des Domstifts Bamberg im späteren
Mittelalter, 1986; Rössler, W., Landkreis Bamberg, 1988; Zimmermann, G., Das
Hochstift Bamberg und seine Anrainer. Grundzüge der Territorialstruktur im
westlichen Oberfranken, (in) Weltbild und Kartographie im Hochstift Bamberg,
1988; Das Bistum Bamberg in Geschichte und Gegenwart, 1992; Urban, J.,
Pfarreien, Klöster und Stifte, 1994; Register zu Johann Looshorns Geschichte
des Bistums Bamberg, 1998; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich,
hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 498, 1, 2, 31; Kropf, E., Spurensuche.
Bamberger Rechte und Einflüsse in Österreich, Italien, Slowenien und der
Schweiz, 2004; Pflefka, S., Das Bistum Bamberg, Franken und das Reich in der
Stauferzeit, 2005; Das Bistum Bamberg um 1007, hg. v. Urban, J., 2006;
Missionierung und Christianisierung im Regnitz- und Obermaingebiet, hg. v.
Bergmann, R. u. a., 2007; Bradford Smith, W., Reformation and the German
Territorial State Upper Franconia 1300-1630, 2008.
Bar (Grafen, Herzöge, Residenz). Das Gebiet
an der oberen Maas stand seit etwa 959 unter der Herrschaft der Herzöge von
Lothringen (Oberlothringen). Um 960 errichtete Herzog
Friedrich I. an der Grenze Lothringens zur Champagne die Burg Barrum Ducis
(Bar-le-Duc). Die umliegenden Güter fielen beim Tod Herzog
Friedrichs II. 1033 über eine Tochter an die späteren Grafen von B. Zu ihren
Gütern gehörten Bar-le-Duc, Gondrecourt, die Vogtei über Saint-Mihiel (Saint
Mihiel), Amance, Mousson an der Mosel sowie Briey mit Diedenhofen (Thionville),
das später an Luxemburg kam. Nachdem 1284 Frankreich die Champagne erlangt
hatte, musste Graf Heinrich III. 1301 die Güter links der Maas mit B. dem König
von Frankreich zu Lehen auftragen. Am 13. 3. 1354, an dem Luxemburg Herzogtum wurde, fasste Karl IV. die beim Reich
verbliebenen Gebiete der Grafschaft zur Markgrafschaft Pont-à-Mousson zusammen,
womit die Grafen von B. als Herren der Stadt Pont-à-Mousson Reichsfürsten wurden.
Noch im gleichen Jahr nahmen sie den Herzogstitel
an. 1415 fiel das Herzogtum an Ludwig, Bischof
von Verdun, der seinen Großneffen René d'Anjou adoptierte, so dass B. 1420 mit
Lothringen vereinigt wurde. Mit dem Reich war das Herzogtum
B. nur nominell verbunden. In Verfassung und Sprache neigte es Frankreich zu,
von dem es 1634 besetzt wurde. 1659 wurde es Lehen Frankreichs. Am 5. 10. 1735
kam es (für den Verzicht auf Polen) an Stanislaus Leszczynski, 1738 tatsächlich
und 1766 auch formell an Frankreich.
L.: Wolff 303; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) C4, II 78 (1450) F4,
III 22 (1648) B4; Servais, V., Annales historiques du Barrois de 1352 à 1411,
Bd. 1, 2 1865ff.; Grosdidier de Matons, M., Le Comté de Bar, 1921; Grosdidier
de Matons, M., Catalogue des actes de Bar de 1022 à 1239, 1922; Bichelonne, F.,
Le comté de Bar après le traité de Bruges, Diss. masch.schr. 1962 (Ec. de
Chartes); Actes des comtes de Bar, I, 1033-1190, hg. v. Parisse, M., 1972
(masch.); Thomas, H., Zwischen Regnum und Imperium. Die Fürstentümer Bar und
Lothringen zur Zeit Kaiser Karls IV., 1973; Poull, G., La maison de Bar, Bd. 1
(bis 1239), 1977; Thomas, H./Parisse, M., Bar, LexMA 1 1980, 1427f. ;
Schlinker, S., Fürstenamt und Rezeption, 1999, 156 (Pont-à-Mousson und Bar); Höfe
und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W. u. a.,
2003, 1, 1, 43; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 458, 2, 43.
Barmstedt (Amt). Nach B. bei Pinneberg nannten
sich im 12. Jahrhundert Herren von B. (Barmstede). Das Dorf gehörte zu dem Teil
der Herrschaft Pinneberg, der nach dem Aussterben der Grafen von Schaumburg
(Schauenburg) 1640 an den Herzog von Gottorp
(Gottorf) fiel. Dieser verkaufte 1649 das Amt B. an den königlichen Statthalter
Christian Rantzau, der 1650 zum Reichsgrafen erhoben wurde. 1726 zog der König
von Dänemark das Amt ein. 1865 kam B. zu Preußen, 1946 zu Schleswig-Holstein.
S. Rantzau, Schleswig-Holstein.
L.: Wolff 455; Barmstedt. Stadt und Kirchspiel. Eine geschichtliche Schau, hg.
v. Dössel, H., Teil 1ff. 1936ff.
Barth (Herzogtum,
Residenz). Das (als provincia Barta 1159 bzw.) 1232 erstmals erwähnte, wohl
nach dem etymologisch dunklen Flüsschen Barthe benannte B. westlich von
Stralsund an der Ostsee gehörte seit 1325/1369 zu Pommern und bildete von 1376
bis 1393, von 1425 bis 1451 und von 1457 bis 1478 den Sitz eines eigenen von
Pommern-Wolgast abgespalteten Herzogtums Pommern-Barth.
S. Pommern-Barth, Mecklenburg-Vorpommern.
L.: Wolff 404; Bülow, W., Chronik der Stadt Barth, 1922; Festschrift zur
700-Jahrfeier der Stadt Barth, 1955; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 2, 37.
Bautzen (Land). Das von dem altsorbischen
Personennamen Budych abgeleitete B. war seit Beginn der slawischen Besiedlung
Hauptort des Stammesgebiets der Milcanen. Nach längeren Kämpfen konnte König
Konrad II. das Gebiet um B. gewinnen. 1081 kam es als Reichslehen an den Herzog von Böhmen. Dort verblieb es mit Ausnahme
kürzerer Zwischenzeiten (1113-1115, 1143-1156 [Markgrafen von Meißen],
1262-1319 [Askanier], 1469-1490) bis 1635 und wuchs seit dem 15. Jahrhundert
mit den Ländern Görlitz und Zittau zur Oberlausitz zusammen.
L.: Wolff 470; Ludat, H., An Elbe und Oder um das Jahr 1000, 1971; Ludat, H.,
Bautzen, LexMA 1 1980, 1692f.; Schrammek, R., Verkehrs- und Baugeschichte der
Stadt Bautzen, 1984.
Bayerischer Reichskreis. Der bayerische Reichskreis
wurde im Jahre 1500 eingerichtet und seit 1538 um kleinere Reichsstände
erweitert. Das Direktorium führten abwechselnd der Erzbischof von Salzburg und
der Herzog von Bayern. Von den am Ende des 18.
Jahrhunderts vorhandenen 20 Einzelstimmen verfügte Bayern nach 1792 über neun.
Die acht geistlichen Kreisstände waren der Erzbischof von Salzburg, die
Bischöfe von Freising, Regensburg und Passau, der gefürstete Propst von
Berchtesgaden, der Abt von Regensburg-Sankt Emmeram und die Äbtissinnen von
Regensburg-Niedermünster und Regensburg-Obermünster in Regensburg. Von den
zwölf weltlichen Stimmen führte zuletzt Bayern die von Bayern, Pfalz-Neuburg,
Pfalz-Sulzbach, Leuchtenberg, Haag, Ehrenfels, Sulzbürg und Pyrbaum,
Hohenwaldeck und Breiteneck (Breitenegg). Daneben hatten noch Störnstein
(Sternstein), Ortenburg und die Reichsstadt Regensburg eine Stimme. Zwischen
1521 und 1793 hielt der bayerische Reichskreis 252 Tagungen ab.1806 wurde der
Reichskreis aufgelöst.
L.: Gumpelzhaimer 41; Wolff 131; Handbuch der bayerischen Geschichte, hg. v.
Spindler, M., Bd. 3,3 Geschichte der Oberpfalz und des bayerischen
Reichskreises, 1995; Hartmann, P., Der bayerische Reichskreis, 1997.
Bayern (Herzogtum,
Kurfürstentum, Königreich, Freistaat). Die B. (Baiern) werden erstmals um die
Mitte des 6. Jahrhunderts bei Jordanes (Getica c. 55 Baibari) erwähnt. Sie
setzen sich vor allem aus Germanen böhmischer, westlicher und östlicher
Herkunft sowie Romanen zusammen, wobei - vielleicht den Alemannen besonderes
Gewicht zukommt, aber - die aus Böhmen stammenden Einwanderer namengebend
wurden (Boio-varii, Baju-warii) und der neue Stamm im Gebiet der römischen
Provinz Noricum ripense und im Flachland der Raetia secunda im Wesentlichen zu
Beginn des 6. Jahrhunderts entstand. An seiner Spitze stehen die seit dem Tode
Theoderichs des Großen (526) von dem Merowingerkönig Theudebald eingesetzten
und von den Franken abhängigen (fränkischen?, burgundischen?) Agilolfinger
(Garibald I. 550-590, Sitz in Regensburg), von denen nach dem Aufbau eines
Königreichs (regnum) Tassilo III. 788 von Karl dem Großen abgesetzt wurde. Der Siedlungsraum
reichte vom Lech bis zur Enns und von Premberg(/Burglengenfeld)/Nabburg bis zu
den Alpen (Bozen). Das Recht des zu Beginn des 8. Jahrhunderts
christianisierten Stammes wurde in der Lex Baiwariorum aufgezeichnet (vor 743).
Am Ende der Karolingerzeit erscheint erneut ein Herzog
der bis zur Raab und bis Friaul, Istrien und Dalmatien ausgreifenden B. (rex in
regno Teutonicorum Arnulf 907-937, Sohn des Markgrafen Liutpold, Luitpold).
Kaiser Otto I. entsetzte 947 die Familie der Liutpoldinger (Luitpoldinger) des Herzogtums und übertrug es mit Friaul seinem mit der
Liutpoldingerin (Luitpoldingerin) Judith verheirateten Bruder Heinrich. Unter
dessen Sohn Heinrich (II.) dem Zänker erhielt B. seine größte Ausdehnung (952
Markgrafschaft Verona, Marken Krain und Istrien bis 976). Kaiser Otto II.
setzte aber Heinrich den Zänker 976 ab und trennte die bayerische Ostmark, den
Nordgau und Kärnten mit den italienischen Marken von B., das Heinrich 985
wieder erhielt, ab. Unter den Saliern wurde B. meist an Familienmitglieder
gegeben, von 1070 bis 1139 an die Welfen (1070 Welf I., 1101 Welf II., 1120
Heinrich der Schwarze, 1126 Heinrich der Stolze, der zugleich Sachsen erbte),
1139 an die Babenberger und von 1156 bis 1180 unter Abtrennung der den
Babenbergern verbleibenden Mark an der Donau (Ostmark, Herzogtum
Österreich) erneut an die Welfen (Heinrich den Löwen). 1180 gelangte mit der
Absetzung Heinrichs des Löwen das noch um Oberösterreich, Traungau und
Steiermark verkleinerte bayerische Herzogtum an
Otto von Wittelsbach, einen Nachkommen der seit der Mitte des 11. Jahrhunderts
urkundlich nachweisbaren Grafen von Scheyern(-Wittelsbach), die seit etwa 1120
das bayerische Pfalzgrafenamt innehatten. Die mit der Belehnung durch das Herzogtum B. neu begründete Dynastie der
Wittelsbacher, die eine straffe Verwaltung in B. ausbildete (34 Landgerichte
bzw. Pflegämter), wurde rasch in Auseinandersetzungen mit den bayerischen
Großen verstrickt. Stadt und Hochstift Regensburg lösten sich ebenso wie das
Erzstift Salzburg vom Herzogtum. Landesfürsten
wurden auch die Bischöfe von Bamberg, Brixen, Freising und Passau sowie die
Grafen von Tirol, das die Herzoginwitwe
Margarethe 1363 an Herzog Rudolf IV. von
Österreich übergeben hatte, und die Landgrafen von Leuchtenberg. Umgekehrt erhielt
der Herzog 1208 die Bestätigung der Erblichkeit
des Herzogtums und die Reichslehen des
Pfalzgrafen Otto VIII. und des Andechser Grafen Heinrich von Istrien, 1214 die
Belehnung mit der Pfalzgrafschaft bei Rhein und etwa gleichzeitig weitere Güter
(u. a. Aibling). 1240 erlangte er die vordem freisingische Stadt München. 1242
beerbte er die Grafen von Bogen, 1248 die Grafen von Andechs und die älteren
Grafen von Ortenburg und vertrieb den letzten Grafen von Wasserburg. 1254/1255
wurde B. dann in einen kleineren westlichen Teil („Oberbayern“, zu dem der
Nordgau und die Pfalzgrafschaft bei Rhein sowie die Kurwürde kamen,) und einen
größeren östlichen Teil („Niederbayern“ zwischen Reichenhall, Cham, Freising
und Landshut) geteilt. 1268 erhielt es das konradinische Erbe in der Oberpfalz
und am Lech (Landsberg), was besonders Oberbayern (Amberg, Hohenstein, Vilseck
[Vogtei], Auerbach, Plech, Hersbruck, Neuhaus, Neumarkt in der Oberpfalz,
Berngau, Donauwörth, Mering, Schwabegg, Schongau) und nur in geringem Ausmaß
auch Niederbayern (Floß, Parkstein, Weiden, Adelburg [Adelnburg]) zugute kam.
1289 verlor B. die Kurwürde an Böhmen. 1294 wurde die Pfalz von Oberbayern
gelöst. 1314 wurde Ludwig IV. (von Oberbayern) zum deutschen König gewählt
(1328 Kaiser). Er verlieh 1323 seinem Sohn Ludwig V. die durch das Aussterben
der Askanier erledigte Mark Brandenburg. 1340 erlosch die 1331 dreigeteilte
niederbayerische Linie. Ihre Güter fielen an Oberbayern, für das Kaiser Ludwig
1335/1346 ein Landrecht erließ, zurück. Schon 1329 hatte Ludwig selbst im
Hausvertrag von Pavia den Söhnen seines Bruders die Pfalz (Rheinpfalz) und
einen Teil des Nordgaus, die Oberpfalz, abgetreten (einschließlich der
Kurwürde). Gegen Ludwigs des B. Pläne teilten dann seine sechs Söhne
1349/1351/1353 B. und weitere hinzuerworbene Güter (1346-1433 Grafschaften Holland,
Seeland, Friesland, Hennegau, außerdem Tirol [1342-1363]) auf. Ludwig V.
(Bayern-München) erhielt Oberbayern mit Tirol, Ludwig VI. und Otto V. gemeinsam
die Mark Brandenburg, Stephan II. fast ganz Niederbayern, Wilhelm I. und
Albrecht I. das Gebiet um Straubing (Bayern-Straubing) sowie die Niederlande.
Hiervon fiel 1363 Oberbayern an Stephan II. von Niederbayern, der aber 1369
Tirol, das die Herzoginwitwe Margarethe (1363)
an Herzog Rudolf IV. von Österreich übergeben
hatte, an Habsburg abtreten musste. Brandenburg musste 1373 an Karl IV.
abgegeben werden. 1392 wurde B. zum drittenmal geteilt (Teilherzogtümer
Bayern-München, Bayern-Landshut und Bayern-Ingolstadt). Herzog Johann II. erhielt den südwestlichen Teil Oberbayerns und
den südlichen Nordgau (Bayern-München), Herzog
Friedrich Niederbayern (Bayern-Landshut), Herzog
Stephan III. Streubesitz an der oberen Donau und im Alpenvorland
(Bayern-Ingolstadt). 1425 erlosch die in der zweiten Teilung 1349ff.
entstandene Straubinger Linie im Mannesstamm. Nach dem Pressburger Schied von
1429 fiel das 1425 rasch vom Kaiser an Habsburg verliehene Straubinger Land zur
Hälfte an die beiden Münchener Herzöge (Bayern-München) und zu je einem Viertel
an Bayern-Landshut und Bayern-Ingolstadt. 1433 musste die Herrschaft über die
Niederlande an den Herzog von Burgund abgetreten
werden. 1445/1447 starb mit Ludwig dem Buckligen die Linie Bayern-Ingolstadt
aus. Ihre Güter fielen an Heinrich XVI. von Bayern-Landshut, der nunmehr zwei
Drittel Bayerns beherrschte und dessen Nachfolger Ludwig der Reiche 1472 die
Universität Ingolstadt gründete. 1450 trat Herzog
Ludwig IX. von Bayern-Landshut im Erdinger Vertrag seinem Münchener Vetter
einen kleinen Teil des Erbes ab. Gleichzeitig gewann Bayern-Landshut die
Herrschaften Heidenheim, Heideck, Wemding und Weißenhorn. 1485 zog Albrecht IV.
von Bayern-München die Grafschaft Abensberg ein. Von 1487 bis 1492 unterstellte
sich die verschuldete Reichsstadt Regensburg seiner Landeshoheit. Am 1. 12.
1503 starb die Linie Bayern-Landshut mit Georg dem Reichen in männlicher Linie
aus. Zwischen dem mit der Georgstochter Elisabeth verheirateten Ruprecht von
der Pfalz und Albrecht IV. von Bayern-München kam es zum Erbfolgekrieg, da
Georg Elisabeth zur Erbin eingesetzt hatte, obwohl nach dem Teilungsvertrag von
1392 und dem Erdinger Vertrag von 1450 beim Aussterben der Linie
Bayern-Landshut Bayern-München das Erbe erhalten sollte. Gegen das Versprechen
von Gebietsabtretungen erhielt Albrecht IV. die Unterstützung König
Maximilians. Im Kölner Schied König Maximilians vom 30. 6. 1505 wurde das
Landshuter Erbe dann dem Münchener Gebiet zugefügt und damit die Einheit
Bayerns wiederhergestellt. Albrecht IV. musste aber 1505 verstreute Gebiete
zwischen Fichtelgebirge und oberer Donau (Neuburg, Hilpoltstein, Heideck,
Burglengenfeld, Sulzbach) zur Bildung des für die Kinder Ruprechts geschaffenen
Fürstentums der „Jungen Pfalz“ (Pfalz-Neuburg) sowie andere Güter an den Kaiser
(Gerichte Kufstein, Rattenberg, Kitzbühel, das Zillertal sowie Kirchberg und
Weißenhorn,), an die Reichsstadt Nürnberg (Altdorf, Hersbruck) und an
Württemberg (Heidenheim) abtreten. 1506 wurde ein Primogeniturgesetz in Kraft
gesetzt, das die Einheit des Landes sichern sollte. Dieses so gefestigte Land
erhielt 1516 eine Landesordnung, 1518 ein reformiertes Landrecht, 1520 eine
Gerichtsordnung und 1616 durch Herzog Maximilian
(1597-1651) erneut ein Landrecht. 1623 gewann der Herzog
den Kurfürstenstand, 1607 Donauwörth, 1616 Mindelheim und 1628 die Oberpfalz.
Maximilian II. Emanuel wurde 1691 Statthalter der spanischen Niederlande,
verlor aber von 1704 bis 1714 B. an Österreich. Karl VII. Albrecht erwarb 1734
und 1740 die Herrschaften Hohenwaldeck, Wartenberg, Sulzbürg und Pyrbaum und
erhielt 1742 die Kaiserkrone. Unter Maximilian III. Joseph öffnete sich B. der
Aufklärung. 1758 stiftete er auf Betreiben Ickstatts und Loris die Akademie der
Wissenschaften in München. Zugleich wurde durch Ickstatt die völlig
zersplitterte Staatsverwaltung neu organisiert und durch Kreittmayr das
bayerische Recht kompiliert bzw. kodifiziert (Codex Juris Bavarici Criminalis
7. 10. 1751, Codex Juris Bavarici Judiciarii (1753), Codex Maximilianeus
Bavaricus Civilis 2. 1. 1756). 1777 starben die bayerischen Wittelsbacher aus
und wurden durch die wittelsbach-pfälzischen Kurfürsten (Karl Theodor) beerbt,
so dass - abgesehen von Pfalz-Zweibrücken(-Birkenfeld) - erstmals seit 1329 die
getrennten wittelsbachischen Lande (einschließlich Pfalz, Jülich, Berg,
Pfalz-Neuburg, Pfalz-Sulzbach) wieder vereinigt wurden. 1779 ging das bayerische
Innviertel an Österreich verloren, 1797/1801 das linksrheinische Gebiet an
Frankreich. Beim Tod des kinderlosen Karl Theodor gelangte Maximilian IV. Josef
von der Linie Pfalz-Zweibrücken-Birkenfeld an die Herrschaft und vereinigte so
die gesamten wittelsbachischen Lande. Maximilian IV. Joseph (1799-1825), seit
1806 König Maximilian I., und sein Minister Freiherr Maximilian Joseph von
Montgelas (1799-1817) schufen dann den modernen Staat B. 1801 umfasste das Herzogtum B. mit den Reichsgrafschaften Valley, Hals
bei Passau, Cham und Hohenschwangau sowie der Reichspflege Donauwörth (Wörth)
590 Quadratmeilen mit 880000 Einwohnern. 1803 gewann B. durch § 2 des
Reichsdeputationshauptschlusses als Entschädigung für die linksrheinischen
Güter (Pfalz [Rheinpfalz], Pfalz-Zweibrücken, Pfalz-Simmern, Jülich,
Pfalz-Lautern, Pfalz-Veldenz, Bergen-op-Zoom [Bergen op Zoom], Ravenstein) in
Franken die Hochstifte Würzburg und Bamberg sowie die Reichsstädte Rothenburg,
Weißenburg, Windsheim und Schweinfurt, die Abteien Waldsassen und Ebrach, die
Reichsdörfer Gochsheim und Sennfeld sowie aus dem Hochstift Eichstätt die Ämter
Sandsee, Wernfels-Spalt, Abenberg, Arberg-Ornbau und Wahrberg
(/Vahrnberg)-Herrieden, in Schwaben das Hochstift Augsburg, eine Reihe von
Klöstern (Kempten, Irsee, Wengen, Söflingen, Elchingen, Ursberg, Roggenburg,
Wettenhausen, Ottobeuren, Kaisheim, Sankt Ulrich und Afra in Augsburg) und die
Reichsstädte Dinkelsbühl, Kaufbeuren, Kempten, Memmingen, Nördlingen, Ulm,
Bopfingen, Buchhorn, Wangen, Leutkirch sowie vor allem in Altbayern selbst die
Hochstifte Freising und Passau diesseits von Inn und Ilz. Die rechtsrheinische
Pfalz kam aber an Baden. 1805 erlangte B. in den Verträgen von Brünn und
Pressburg die Reichsstadt Augsburg, die Markgrafschaft Burgau, habsburgische
Güter in Oberschwaben, Vorarlberg, Passau, Eichstätt und Tirol mit Brixen und
Trient (im Austausch gegen Würzburg). Am 1. 1. 1806 stieg es zum Königreich
auf. Nach dem Beitritt zum Rheinbund am 12. 7. 1806 gewann es Ansbach (im
Austausch gegen Berg) und zahlreiche kleine Herrschaften, die Reichsstadt
Nürnberg sowie Gebiete des Deutschen Ordens. 1809/1810 erlangte es auf Kosten
Österreichs das Innviertel und das Hausruckviertel, Salzburg und Berchtesgaden,
außerdem Bayreuth und Regensburg, musste aber Südtirol an Italien und einen
Teil Mainfrankens an das Großherzogtum Würzburg abgeben. Ein Vertrag mit
Württemberg ließ im Westen die Iller zur Grenze werden und Ulm an Württemberg
übergehen. 1808 wurde eine Konstitution erlassen. 1815/1816 (14. 4. 1816)
musste B. Tirol, Vorarlberg, Salzburg, das Innviertel und das Hausruckviertel
an Österreich zurückgeben, erhielt aber seinerseits das Maingebiet von Würzburg
bis Aschaffenburg und dazu die linksrheinische Pfalz zurück. Das 1805/1806
erlangte Vils im Außerfern wurde 1816 gegen Marktredwitz an Österreich gegeben.
Die verschiedenen verbliebenen, zwischen 1803 und 1816 die Länder von etwa 230
ehemaligen Reichsständen aufnehmenden Gebiete wurden unter dem leitenden
Minister Montgelas zu einer straff verwalteten Einheit vereinigt, die am 10. 6.
1815 als drittgrößter Staat widerstrebend dem Deutschen Bund beitrat, 1808 eine
Konstitution bzw. am 26. 5. 1818 eine Verfassung und 1813 ein einheitliches
modernes Strafrecht (Kriminalgesetzbuch) erhielt und die Universitäten Bamberg,
Altdorf, Dillingen, Innsbruck und Salzburg aufhob. Alleiniger Mittelpunkt wurde
München, das 1826 auch die 1800 schon von Ingolstadt nach Landshut verlegte
Universität gewann. 1837 wurde das Land neu in sieben Regierungsbezirke (Schwaben,
Oberbayern, Niederbayern, Oberpfalz, Oberfranken, Mittelfranken Unterfranken)
gegliedert, zu denen noch die Pfalz als achter Regierungsbezirk trat. Durch
preußisches Gesetz vom 24. 12. 1866 wurde das bisherige bayerische Bezirksamt
Gersfeld, das aus Orten der früheren Herrschaft Gersfeld und der ehemals
fuldischen Ämter Weyhers, Bieberstein und Oberamt Fulda bestand, und der bisher
bayerische Landgerichtsbezirk Orb mit Orten, die 1815 aus dem Großherzogtum
Frankfurt an B. gelangt waren, mit Preußen vereinigt. Am 20./23. 11. 1870
schloss B. als letzter süddeutscher Staat in Versailles den Vertrag über den
Eintritt in das Deutsche Reich ab, bei dem es nach der Verfassung von 1871 als
Reservatrechte eigene Diplomatie, Post, Eisenbahn, Bier- und Branntweinsteuer
sowie beschränkte Wehrhoheit behielt. Im November 1918 rief der Führer der
Unabhängigen Sozialdemokratie Eisner in B. die Republik aus. König Ludwig III.
ging außer Landes, verweigerte aber jede Abdankung. Gleichwohl wandelte sich
das Königreich zum Freistaat (Verfassung vom 12./19. 8. 1919). Auf Grund der
neuen Verfassung verlor B. im Deutschen Reich fast alle Sonderrechte. Ein Teil
der Pfalz Bayerns kam zum Saargebiet. Am 1. 7. 1920 wurde Sachsen-Coburg mit B.
vereinigt. Am 9. 3. 1933 wurde die Regierung des Ministerpräsidenten Held
(Bayerische Volkspartei) durch die Nationalsozialisten verdrängt. 1934 verlor
B. seine Eigenstaatlichkeit und wurde bis 1945 Gebietskörperschaft des Reiches.
1945 kam es zur amerikanischen Besatzungszone, doch wurden Lindau und die Pfalz
der französischen Besatzungszone zugeteilt. Umgekehrt kam das zuvor
thüringische Ostheim zu B. Die Pfalz wurde von (dem wiederbegründeten) B.
getrennt und 1946 dem Land Rheinland-Pfalz eingegliedert. Lindau kam 1956 zu B.
zurück. Am 1. 12. 1946 erhielt B. eine neue Verfassung. 1949 lehnte der Landtag
Bayerns das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland wegen unzureichender
Berücksichtigung bayerischer Sonderrechte ab, doch wurde B. Land der
Bundesrepublik Deutschland. S. Pfalz, Wittelsbach.
L.: Wolff 134; Zeumer 553 II b1, II b 61, 6; Wallner 711 BayRK 1; Großer
Historischer Weltatlas II 34 (1138-1254) G4, II 78 (bis 1450) G4, II 22 (1648)
F4, III 38 (1789) D3; Die Territorien des Reichs 1, 56; Monumenta Boica, ed.
Academia Scientiarum Boica, Bd. 1ff. 1763ff.; Buchner, A., Geschichte von
Bayern, 1820-1855; Quellen und Erörterungen zur bayerischen und deutschen
Geschichte, hg. v. d. hist. Komm. bei der bay. Akad. d. Wiss. Bd. 1ff. 1856ff.;
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Verwaltungsorganisation Bayerns, Bd. 1, 2 1889ff., Neudruck 1968; Götz, W.,
Geographisch-historisches Handbuch von Bayern, Bd. 1-2, 1895ff.; Doeberl, M.,
Entwicklungsgeschichte Bayerns, Bd. 1 1906, 3. A. 1916, Bd. 2 2. A. 1928, Bd. 3
1931; Ortsbuch von Bayern 1932, hg. v. Reichspostzentralamt, 1932, mit Nachtrag
von 1933; Spindler, M., Die Anfänge des bayerischen Landesfürstentums, 1937;
Kornrumpf, M., Atlas Bayerische Ostmark, 1939; Keyser, E./Stoob, H., Deutsches
Städtebuch 1939-1974, Bd. 5; Bauerreiß, R., Kirchengeschichte Bayerns, Bd. 1-7,
1949ff. z. T. 3. A.; Historischer Atlas von Bayern, hg. von der Kommission für
bayerische Landesgeschichte, 1950ff. (Verzeichnis der bis 1980 erschienenen
Hefte in Zs. f. bay. LG. 43 (1980), 799ff.); Hiereth, S., Die bayerische
Gerichts- und Verwaltungsorganisation vom 13. bis 19. Jahrhundert, 1950; Simon,
M., Evangelische Kirchengeschichte Bayerns, 2. A. 1952; Rall, H., Kurbayern in
der letzten Epoche der alten Reichsverfassung 1745-1801, 1952; Historisches
Ortsnamenbuch von Bayern, hg. von der Kommission für bayerische
Landesgeschichte, 1952ff.; Zimmermann, W., Bayern und das Reich 1918-23, 1953;
Reindel, K., Die bayerischen Luitpoldinger, 1953; Historisches
Gemeindeverzeichnis von Bayern, Beiträge zur Statistik Bayerns 192 (1954);
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52, 91, 94, III, 18, 19, 26, 27, Peiera, Volksname, Peigirolant, Landname,
Baivarii, Baioaria, Beiaro riche, Beireland; Werner, H., Die Herkunft der
Bajuwaren und der „östlich-merowingische“ Reihengräberkreis, FS Wagner, F.,
1962; Fried, P., Herrschaftsgeschichte der altbayerischen Landgerichte Dachau
und Kranzberg im Hoch- und Spätmittelalter sowie in der frühen Neuzeit, 1962;
Hubensteiner, B., Bayern, (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1;
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Ortsregister zum Historischen Atlas von Bayern, Z. f. bay. LG. 39 (1976);
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Territorienbildung in den hochmittelalterlichen Adelsherrschaften Bayerns, (in)
FS Kraus, A., 1982, 33ff.; Demel, W., Der bayerische Staatsabsolutismus 1806/08
bis 1817, 1983, Schriftenreihe zur bayerischen Landesgeschichte 76; Handbuch
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Jahrhundert, 1988; Bosl, K., Die bayerische Stadt in Mittelalter und Neuzeit.
Altbayern, Franken, Schwaben, 1988; Bosls Bayerische Biographie, 1980ff.,
Ergbd. 1000 Persönlichkeiten aus 15 Jahrhunderten, hg. v. Bosl, K., 1988;
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hg. v. Benz, W., 1988; Handbuch der bayerischen Geschichte, Bd. 2 Das alte
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Verzeichnisse, 1988; Wolff, H., Cartographia Bavaricae. Bayern im Bild der
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Bll. f. dt. LG. 123 (1987), 1ff.; Ziegler, W., Die niederbayerischen Residenzen
im Spätmittelalter, Bll. f. dt. LG. 123 (1987), 25ff.; Götschmann, D.,
Altbayern vor 1806, 1979-1986 (Sammelbericht), Bll. f. dt. LG. 123 (1987),
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der Agilolfinger, 1991; Typen der Ethnogenese unter besonderer Berücksichtigung
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3. A. 2004; Tremel, M., Geschichte des modernen Bayern, 1994; Wolfram, H.,
Salzburg, Bayern, Österreich, 1996; Regierungsakte des Kurfürstentums und
Königreichs Bayern, hg. v. Schimke, M., 1996; Prinz, M., Die Geschichte
Bayerns, 1997; Handbuch der bayerischen Kirchengeschichte, hg. v. Brandmüller,
W., 1998; Seitz, J., Die landständische Verordnung in Bayern, 1998; Repertorium
der Policeyordnungen der frühen Neuzeit, hg. v. Härter, K./Stolleis, M., Bd. 3
1999; Kremer, R., Die Auseinandersetzungen um das Herzogtum
Bayern-Ingolstadt 1438-1450, 2000; Volkert, W., Geschichte Bayerns, 2001;
Bayern im Bund, hg. v. Schlemmer, H. u. a., 2001ff.; Franz, M., Die
Landesordnungen von 1516/1520, 2003; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 752; Krey, H.,
Herrschaftskrisen und Landeseinheit, 2005; Kummer, K., Landstände und Landschaftsverordnung
unter Maximilian I. von Bayern (1598-1651), 2005; Körner, H., Geschichte des
Königreichs Bayern, 2006; Handbuch der historischen Stätten, Bayern, 3. A., hg.
v. Körner, H. u. a., 2006; Die Protokolle des bayerischen Staatsrats 1799 bis 1817,
bearb. v. Stauber, R., Bd. 1f. 2006ff.; Deutsches Verfassungsrecht 1806-1918,
hg. v. Kotulla, M., Bd. 2, 2007 (z. B. 1042 Besitzergreifungspatent zur
Vollziehung des mit der Krone Württemberg abgeschlossenen Grenzvertrags vom 2.
November 1810); Grundlagen der modernen bayerischen Geschichte, hg. v.
Willoweit, D., 2007; Paulus, C., Das Pfalzgrafenamt in Bayern im frühen und
hohen Mittelalter, 2007.
Bayern-Burghausen (Herzogtum). Burghausen an der Salzach gehörte 1025 der Kaiserin Kunigunde als Witwengut. 1164 kam es an die Grafen von Wittelsbach, 1255 an deren niederbayerische Linie. 1309 erhielt es einen Freiheitsbrief, 1322 das Recht Landshuts. 1331 entstand durch Teilung Niederbayerns das Herzogtum B., das aber 1334 wieder erlosch. 1392 fiel Burghausen an Bayern-Landshut.
Bayern-Deggendorf (Herzogtum).
Nach Deggendorf an der Donau nannten sich im 12. Jahrhundert Grafen von Deggendorf,
die ihre Rechte von den Babenbergern ableiteten. Nachdem 1220 der letzte Graf
von Deggendorf nach Böhmen geflohen war, nahm um 1246 Herzog
Otto II. von Bayern Deggendorf in Besitz. 1331 entstand durch Teilung
Niederbayerns das Herzogtum B., das aber 1333
wieder erlosch.
L.: Festschrift zum 1200jährigen Jubiläum der unmittelbaren Stadt Deggendorf,
1950.
Bayern-Ingolstadt (Herzogtum) ist das bei der dritten Teilung Bayerns 1392 für Herzog Stephan III. gebildete Teilherzogtum mit Streubesitz an der oberen Donau und im Alpenvorland. Es erhielt nach dem Pressburger Schied von 1429 ein Viertel Bayern-Straubings. 1445/1447 starb mit Ludwig dem Buckligen die Linie B. aus. Ihre Güter fielen an Herzog Heinrich XVI. von Bayern-Landshut. S. Bayern
Bayern-Landshut (Herzogtum)
ist das bei der dritten Teilung Bayerns 1392 für Herzog
Friedrich gebildete Teilherzogtum. Es erhielt nach dem Pressburger Schied von
1429 ein Viertel Bayern-Straubings. Nach dem Aussterben der Linie
Bayern-Ingolstadt fielen deren Güter an Heinrich XVI. von B., der damit zwei
Drittel Bayerns beherrschte. Sein Nachfolger Ludwig IX. gründete die
Universität Ingolstadt und trat 1450 im Vertrag von Erding einen kleinen Teil
Bayern-Ingolstadts an seinen Vetter von Bayern-München ab. Gleichzeitig gewann
B. die Herrschaften Heidenheim, Heideck, Wemding und Weißenhorn. Am 1. 12. 1503
starb die Linie B. mit Georg dem Reichen, der entgegen dem Teilungsvertrag von
1392 und dem Vertrag von Erding von 1450 seine Tochter Elisabeth als Erbin
einsetzte, in männlicher Linie aus. Zwischem dem mit der Tochter Elisabeth
verheirateten Ruprecht von der Pfalz und Herzog
Albrecht IV. von Bayern-München kam es zum Erbfolgekrieg. S. Bayern,
Niederbayern
L.: Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) G4; Hesse, C., Amtsträger der
Fürsten im spätmittelalterlichen Reich, 2005.
Bayern-München (Herzogtum)
ist das bei der dritten Teilung Bayerns 1392 für Herzog
Johann II. gebildete Teilherzogtum mit dem südwestlichen Teil Oberbayerns und
dem südlichen Nordgau. Es erhielt nach dem Pressburger Schied von 1429 die
Hälfte Bayern-Straubings. Im Vertrag von Erding von 1450 erlangte es von
Bayern-Landshut einen kleinen Teil Bayern-Ingolstadts. 1485 zog Herzog Albrecht IV. die Grafschaft Abensberg ein. Von
1487 bis 1492 unterstellte sich die verschuldete Reichsstadt Regensburg seiner
Herrschaft. Im Landshuter Erbfolgekrieg von 1503/1505 gewann Albrecht IV. gegen
die Zusage von Gebietsabtretungen die Unterstützung König Maximilians. Im
Schied von Köln vom 30. 6. 1505 wurde Bayern-Landshut Bayern-München
zugesprochen, so dass Bayern (in Bayern-München) wieder vereinigt war. S.
Bayern, Oberbayern
L.: Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) F4/5.
Bayern-Straubing (Herzogtum).
1349/1351/1353 entstand durch Erbteilung unter Kaiser Ludwigs des Bayern Söhnen
das Herzogtum B., zu dem Güter in den
Niederlanden gehörten (Straubing-Holland). 1425 erlosch die Linie im
Mannesstamm. Ihre Güter gab der Kaiser an Habsburg. 1429 mussten sie zur Hälfte
an Bayern-München und zu je einem Viertel an Bayern-Landshut und
Bayern-Ingolstadt zurückgegeben werden. Die niederländischen Güter kamen 1433
an den Herzog von Burgund. S. Bayern.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 66 (1978) G4.
Belluno (Stadtstaat). Dem antiken B. am Piave
folgte ein langobardischer Herzogssitz. Dieser
war später Mittelpunkt der Grafschaft B. der Bischöfe von B. Im 12./13.
Jahrhundert löste sich die Stadt von der Herrschaft der Bischöfe und schloss
sich dem lombardischen Städtebund an. 1404 kam sie an Venedig, 1797 an
Österreich, 1805 an das Königreich Italien Frankreichs, 1815 an das Königreich
Lombardo-Venetien Österreichs und 1866 an Italien.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 48 (1300) E1, II 66 (1378) E/F1.
Berg (Grafen, Herzöge, Grafschaft, Herzogtum, Großherzogtum). In der zweiten Hälfte des
11. Jahrhunderts erscheint am Niederrhein ein Geschlecht mit den Leitnamen
Adolf, Eberhard und Engelbert, das sich nach dem Stammsitz B. an der Dhün
(Altenberg, vor 1152 als Zisterzienserabtei gestiftet) benannte, um 1150
ansehnliche Güter (Allod, Vogtei über die Klöster Werden, Deutz, Siegburg)
zwischen Sieg und Lippe innehatte und in enger Verbindung zum Erzstift Köln
stand. Um 1100 erwarb es Güter aus dem Erbe der Grafen von Werl. Seit 1101
führte es den Grafentitel. Von 1133 bis 1288 war der Hauptsitz B. (= Burg an
der Wupper), das bis zum Anfang des 16. Jahrhunderts Residenz blieb.
1160/1161/1163 teilten sich die Grafen von B. in eine rheinische (B.) und eine
westfälische Linie (Berg-Altena[-Mark], Altena), diese sich am Ende des 12.
Jahrhunderts in einen märkischen und einen isenbergischen Zweig, von denen
Isenberg rasch bedeutungslos wurde, die Grafen von Mark dagegen erhebliches
Gewicht gewannen. Die Grafen von B., die 1176 Güter um Hilden und Haan und vielleicht
um Duisburg und 1189 um Düsseldorf erwarben und mehrfach den Kölner
Erzbischofsstuhl besetzten, starben 1225 in der Hauptlinie (rheinische Linie)
aus. Sie wurden über Irmgard von B. von dem Haus Limburg beerbt, dessen
Angehörige Güter um Duisburg, Mettmann und Remagen gewannen (Hauptort war seit
1280 Düsseldorf). Diese wurden 1348 über die Schwestertochter Margarete von B.
und Ravensberg von dem Haus Jülich beerbt, das die letzten fremden Exklaven
beseitigte (1355 Hardenberg, 1359 Solingen). Seit 1380 war B. Herzogtum. Ihm wurde die von Margarete von B. vom
Vater ererbte Grafschaft Ravensberg angegliedert. 1423 vereinigte sich B. durch
Erbfall mit dem Herzogtum Jülich. 1427 wurde
Elberfeld gewonnen. 1511 starb das Haus Jülich (Jülich-Hengebach) aus und wurde
durch die Grafen von der Mark beerbt, die seit 1368 auch in Kleve (Herzöge von
Kleve) herrschten (Vereinigung von Jülich-Berg-Ravensberg mit dem Herzogtum Kleve-Mark). 1609 erlosch der märkische
Zweig (Kleve-Mark) des alten bergischen Grafenhauses. Nach dem
Jülich-Klevischen Erbfolgestreit kam 1614 (endgültig 1666) das katholisch
gebliebene B. (mit den Städten Düsseldorf, Lennep, Wipperfürth,
Ratingen,Radevormwald [Rade vor dem Wald], Solingen, Gerresheim, Blankenberg
und Elberfeld, den Ämtern Düsseldorf, Angermund und Landsberg, Mettmann,
Elberfeld, Barmen und Beyenburg, Solingen und Burg, Schöller, Hilden und Haan
[Hahn], Bornefeld und Hückeswagen, Monheim, Mieseloh [Meiseloh], Porz und
Mülheim [Mühlheim], Odenthal [Odendahl], Scheiderhöh [Scheidenhöh], Lülsdorf
[Lüstorf], Steinbach, Löwenburg bzw. Löwenberg [Leuenberg], den freien
Herrschaften Hardenberg und Broich [Bruck] und der Herrschaft Schöller) mit
Jülich an Pfalz-Neuburg, 1685 an Kurpfalz, womit B. Nebenland wurde, und 1777
mit der Pfalz an Bayern. 1805/1806 an Napoléon I. abgetreten wurde B. unter
dessen Schwager Joachim Murat zusammen mit nassauischen und preußischen
Gebieten Großherzogtum (mit Herzogtum Münster,
Grafschaft Mark, Tecklenburg, Lingen, Reichsabtei Essen, Elten und Werden, insgesamt
315 Quadratmeilen mit 878000 Einwohnern). Dieses wurde in die vier Departements
Rhein, Sieg, Ruhr und Ems eingeteilt und erhielt Verfassung und Verwaltung nach
dem Muster des napoleonischen Frankreich. Auch der Code Napoléon wurde in Kraft
gesetzt. 1809 wurde B. praktisch ein Teil Frankreichs, an das am 10. 12. 1810
Münster, Bentheim, Tecklenburg und Rheda mit insgesamt 87 Quadratmeilen ganz
abgetreten werden mussten. 1813/1814 wurden die französischen Einrichtungen
aufgehoben. 1815 kam B. an Preußen (Rheinprovinz), 1946 das Gebiet zu
Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 323ff.; Wallner 701 WestfälRK 2; Großer Historischer Weltatlas II 66
(1378) D3, II 78 (1450) F3, III 22 (1648) C3; Die Territorien des Reichs 3, 86;
Goecke, R., Das Großherzogtum Berg 1806-13, 1877; Hengstenberg, H., Das
ehemalige Herzogtum Berg und seine nächste
Umgebung, 2. A. 1897; Ilgen, T., Die ältesten Grafen von Berg und deren
Abkömmlinge, die Grafen von Altena (Isenberg-Limburg und Mark), Zs. d. Berg.
Geschichtsvereins 36 (1903), 14ff.; Schönneshofer, B., Geschichte des
Bergischen Landes, 2. A. 1912; Melchers, B., Die ältesten Grafen von Berg bis
zu ihrem Aussterben, Zs. d. Berg. Geschichtsvereins 45 (1912), 5ff.; Somya, J.,
Die Entstehung der Landeshoheit in der Grafschaft Berg bis zum Ende des 14.
Jahrhunderts, 1926; Lülsdorff, J. v., Zur Entwicklung der Landeshoheit in den
einzelnen Teilen des Herzogtums Berg, Zs. d.
Berg. Geschichtsvereins 70 (1949), 255ff.; Hömberg, A., Geschichte der Comitate
des Werler Grafenhauses, WZ 100 (1950), 9ff.; Hashagen, J. u. a., Bergische
Geschichte, 1958; Wisplinghoff, E./Dahn, H., Die Rheinlande, (in) Geschichte
der deutschen Länder, Bd. 1; Schmale, F., Die Anfänge der Grafen von Berg, FS
Bosl, K., 1974; Kraus, T., Die Entstehung der Landesherrschaft der Grafen von
Berg bis zum Jahre 1225, 1981; Land im Mittelpunkt der Mächte. Die Herzogtümer Jülich, Kleve, Berg, 3. A. 1985;
Regierungsakte des Großherzogtums Berg, hg. v. Rob, K., 1992; Lohausen, H., Die
obersten Zivilgerichte im Großherzogtum, 1995; Engelbrecht, J., Das Herzogtum Berg, 1996; Repertorium der Policeyordnungen
der frühen Neuzeit, hg. v. Härter, K./Stolleis, M., Bd. 3 1999; Schmidt, C.,
Das Großherzogtum Berg, 1999; Schlinker, S., Fürstenamt und Rezeption, 1999,
162; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W.,
2003, 1, 814 (Jülich und Berg); Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1,
422; Severin-Barboutie, B., Französische Herrschaftspolitik und Modernisierung,
2008; Geschichte des Bergischen Landes, hg. v. Gorißen, S. u. a., 2014.
Bergamo (Stadtstaat). Das antike Bergomum war
später Mittelpunkt eines langobardischen Herzogtums
und einer fränkischen Grafschaft. Im 12. Jahrhundert (1108 Konsuln) löste sich
die Stadt aus der Herrschaft der Bischöfe und schloss sich dem lombardischen
Städtebund an. 1333 kam B. an Mailand, 1428 an Venedig, 1805 zum Königreich
Italien Frankreichs, 1814/1815 an das Königreich Lombardo-Venetien Österreichs
und 1866 an Italien.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 34 (1138-1254); Chardon, M., Bergamo, (in)
Méditerranée 8 (1967); Jarnut, J., Bergamo 568-1098, 1979; Jarnut, J./Soldi
Rondini, G., Bergamo, LexMA 1 1980, 1945f.
Bergen-op-Zoom. Bergen, Pergon (Markgrafschaft).
Nördlich von Antwerpen bestand im 14. Jahrhundert am Rande des Herzogtums Brabant die kleine Markgrafschaft B.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 66 C3; Escher, M. u. a., Die urbanen
Zentren, 2005, 2, 63.
Bern (Reichsstadt, Kanton). B., dessen Name
wohl dem vorher zähringischen Verona nachgebildet ist, wurde 1160/1191 von Herzog Berthold V. von Zähringen auf ursprünglich
burgundischem, später deutschem Königsgut gegründet. Nach dem Aussterben der
Herzöge fiel es 1218 an das Reich zurück und erlangte von Rudolf von Habsburg
1274 die Anerkennung der Reichsunmittelbarkeit (Reichsstadt). Im 14.
Jahrhundert erwarb die Stadt Güter im Umland (1323 Thun, 1324 Laupen, 1334
Reichsvogtei über Hasli, außerdem durch Schutzverträge 1265/1323 Interlaken,
1317 Sumiswald, 1329 Buchsee bzw. Münchenbuchsee). 1353 verbündete sie sich in
einem ewigen Bund mit der innerschweizerischen Eidgenossenschaft. Vor allem im
15. Jahrhundert baute sie ihr Gebiet durch Kauf und Eroberung vom Oberland bis
zum Jurasüdfuß zum größten Stadtstaat nördlich der Alpen aus (1377 Aarberg,
1382/1384 Burgdorf und Thun, 1388 Nidau und Büren, 1400 Frutigen, 1406 Landgrafschaft
Burgund, 1413 Bipp bzw. Oberbipp, 1415 Aargau, 1535/1536 von Savoyen die Waadt
[1564 Verzicht auf Gex und Thonon], insgesamt 100000 Untertanen bei 5000
Einwohnern). 1528 führte B. die Reformation ein. Sein Gebiet umfasste
schließlich mit 13000 Quadratkilometern rund ein Drittel der heutigen Schweiz.
1798 verlor es Waadt, Aargau und Oberland an die Helvetische Republik, wurde
aber deren Hauptstadt. 1814/1815 erhielt B. als Entschädigung für die
Verselbständigung des Aargaus und der Waadt große Teile des Hochstifts Basel.
Seit 1848 ist die Stadt B. Hauptstadt der Schweiz.
L.: Wolff 519f.; Großer Historischer Weltatlas II 72 (bis 1797) C3; Die
Rechtsquellen des Kantons Bern, Bd. 1ff. 1902ff.; Rennefahrt, H., Grundzüge der
bernischen Rechtsgeschichte, Bd. 1ff. 1928; Strahm, H., Studien zur
Gründungsgeschichte der Stadt Bern, 1935; Feller, R., Geschichte Berns, Bd.
1ff. 1946ff.; Gmür, R., Der Zehnt im alten Bern, 1954; Planungsatlas Kanton
Bern. Historische Planungsgrundlagen, hg. v. Grosjean, G., 1963; Ortsnamenbuch
des Kantons Bern (Alter Kantonsteil), Bd. 1 Dokumentation und Deutung, T. 1f.,
hg. v. Zinsli, P. u. a., 1976ff.; Junker, B., Geschichte des Kantons Bern seit
1798, Bd. 1ff. 1982ff.; Gerber, B., Öffentliches Bauen im mittelalterlichen
Bern, 1994; Pfister, M., Im Strom der Modernisierung, 1995; Gerber, R., Gott
ist Burger zu Bern, 2001; Berns mutige Zeit, hg. v. Schwinges, R., 2003; Studer
Immenhauser, B., Verwaltung zwischen Innovation und Tradition, 2006.
Bernburg (Burg, Herrschaft, Residenz [Anhalt-Bernburg]). Das im 12. Jahrhundert gegründete B. an der Saale kam beim Tode Herzog Bernhards von Sachsen 1218 an seinen Sohn Heinrich von Anhalt. 1252 entstand die ältere Linie Anhalt-Bernburg (bis 1468), 1603 die jüngere Linie Anhalt-Bernburg (bis 1863). S. Anhalt-Bernburg, Sachsen-Anhalt.
Besançon (freie Reichsstadt), mhd. Bisanz. An
einer wichtigen Straßenkreuzung (Rhone-Rhein, Oberitalien-Nordgallien) ist
schon 58 v. Chr. ein oppidum maximum der Sequaner bezeugt (Vesontio). Seit Ende
des 5. Jahrhunderts gehörte der Ort zum Burgunderreich, 870 wurde er Karl dem
Kahlen zugeteilt. Seit etwa 900 unterstand er den Königen von Burgund
(Hochburgund) bzw. den Grafen von Burgund und kam 1032/1034 an die deutschen
Könige. Unter Friedrich I. Barbarossa, der die Stadt 1184 zur Reichsstadt
erhob, verstärkte sich der deutsche Einfluss. 1290 gelang es der Stadt, sich im
Kampf gegen den Erzbischof die Reichsunmittelbarkeit bestätigen zu lassen. Erst
seit 1493 war B. aber eine tatsächlich auch von lokalen Gewalten unabhängige
Reichsstadt. Später kam es zum Herzogtum
Burgund, dann an Habsburg (, 1653 gegen Frankenthal an Spanien), 1665/1668/1674/1678/1679
durch Eroberung mit der Freigrafschaft Burgund an Frankreich, das wenig später
in B. eine Universität einrichtete.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 78 (1450) F4; Die Territorien des Reichs
6, 198; Niewisch, M., Beiträge zur Geschichte der Erzbischöfe von Besançon,
Diss. phil. Breslau 1936; Hoke, R., Die Freigrafschaft Burgund, Savoyen und die
Reichsstadt Besançon im Verbande des mittelalterlichen deutschen Reiches, ZRG
GA 79 (1962), 106ff.; Fohlen, C., Histoire de Besançon Bd. 1, 2 1964f.; Ammann,
H., Besançon im Mittelalter, SchweizZG 17 (1967), 482ff.; Fiétier, R., La cité
de Besançon, 1978; Kaiser, R., Besançon, LexMA 1 1980, 2052ff.
Beuthen (Herzogtum).
In der Mitte des 11. Jahrhunderts ist in B. eine Burg bezeugt. 1254 wurde dort
eine Stadt mit deutschem Recht gegründet. Nach dem Tod des oberschlesischen
Piasten Ladislaus von Oppeln 1281 wurde sie Sitz eines eigenen Herzogtums B., zu dem 1286 Cosel kam und das sich 1289
unter Lehnshoheit Böhmens stellte. Nach Aussterben des Herrscherhauses 1355
wurde Beuthen-Cosel nach einem Erbstreit zwischen Oels und Teschen geteilt.
Beide Landesteile fielen 1475 an König Matthias Corvinus von Ungarn, 1498 an
Oppeln, 1531 mit Jägerndorf pfandweise an Georg von Brandenburg-Ansbach und
1603 nach dem Aussterben der Ansbacher Hohenzollern an Preußen. Nach der
Ächtung Johann Georgs von Brandenburg belehnte Kaiser Ferdinand II. 1623
Lazarus Henckel von Donnersmarck mit B. und Oderberg. 1742 kam die 14
Quadratmeilen große Herrschaft (1697 freie Standesherrschaft) an Preußen. 1945
fiel B. unter Verwaltung Polens sowie 1990 als politische Folge der deutschen
Einheit an Polen.
L.: Wolff 481f.; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) K3; Perlick, A.,
Geschichte der Stadt Beuthen in Oberschlesien, 1927.
Bevern (Burg, Herren). Nach B. bei Holzminden
nannte sich ein seit 1258 nachweisbares Dienstmannengeschlecht der Grafen von
Everstein. Die freigewordenen Lehen fielen nach dem Aussterben 1588 im Jahre
1594 an Statius von Münchhausen, der vor 1663 B. an den Herzog von Braunschweig übertrug. Seit 1667 war es Sitz der Linie
Braunschweig-Bevern. S. Hannover, Preußen, Niedersachsen.
L.: Wolff 439; Steinacker, K., Die Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises
Holzminden, 1907.
Bielitz (Herrschaft, Fürstentum, Herzogtum), poln. Bielsko. Das im 13. Jahrhundert
gegründete B. an der Biala am Fuß der Karpaten gehörte nach 1281 zum Herzogtum Teschen, das 1625/1653 an Österreich fiel.
1572 wurde die Herrschaft B., die eine deutsche Sprachinsel im östlichen
Oberschlesien bildete, durch Verkauf seitens Teschens selbständige
Minderstandesherrschaft (mit etwa 2500 Einwohnern,) 1752 Fürstentum, 1754 Herzogtum. 1919/1920 kam das 1742 bei Österreich
gebliebene B. zu Polen. Es umfasste ein Gebiet von 4 Quadratmeilen.
L.: Wolff 489; Hanslik, E., Biala, eine deutsche Stadt in Galizien, 1909.
Birkenfeld (Herzogtum,
Kanton, Fürstentum). B. im Nahetal erscheint 981 erstmals. Seit dem 13.
Jahrhundert war es Vorort der Hinteren Grafschaft Sponheim. Von 1569/1584 bis
1720/1734 war es Sitz der Linie Pfalz-Birkenfeld der Herzöge der Pfalz
(Pfalz-Zweibrücken-Birkenfeld. 1776 kam es an die Markgrafen von Baden-Baden.
1798 wurden unter der Verwaltung Frankreichs die Kantone B., Baumholder und
Grumbach geschaffen. Sie kamen durch den Wormser Traktat am 1. 7. 1816 an
Preußen (Fürstentum Birkenfeld) das im Gefolge des Wiener Kongresses von 1815
durch Protokoll vom 9. 4. 1817 die Ämter B. (Kanton B.), und Teile der Kantone
Herrstein, Hermeskeil, Wadern, Sankt Wendel, Baumholder und des Kantons Rhaunen
(Oberstein und Nohfelden) mit einer Länge von 45 Kilometern und einer Breite
von 15 Kilometern als Entschädigung an das von Napoleon 1810 annektierte
Großherzogtum Oldenburg abtrat. Daraus entstand das (nicht in Oldenburg
eingegliederte) Fürstentum B., das nach 1918 als Landesteil (B.) bei Oldenburg
verblieb. Am 1. 4. 1937 kam es durch das Gesetz über Groß-Hamburg und andere
Gebietsbereinigungen (26. 1. 1937) an Preußen (Rheinprovinz, eigener Landkreis),
1946 an Rheinland-Pfalz. S. Pfalz-Birkenfeld, Pfalz-Zweibrücken-Birkenfeld.
L.: Wolff 261; Baldes, H., Die 100jährige Geschichte des oldenburgischen
Fürstentums Birkenfeld, 1921; Baldes, H., Geschichtliche Landeskunde der
Birkenfelder Landschaft, 1923; Heimatchronik des Landkreises Birkenfeld, hg. v.
Becker, K., 1961; Klar, H., Geschichte der Stadt Birkenfeld, (in) Birkenfeld
wird Garnison, 1964, 31ff.; Brandt, H., Von der oldenburgischen Provinz zum
preußischen Landkreis Birkenfeld, 1987; Strauch, D., Birkenfeld, Lichtenberg,
Meisenheim etc. (in) Engagierte Verwaltung für die Wissenschaft, 2007, 487.
Bitsch, Pitsch (Herrschaft). Die Burg B. in
Lothringen wird erstmals 1098 erwähnt. Bei einer Erbteilung im
oberlothringischen Herzogshaus fiel sie 1179 dem
jüngeren Sohn Friedrich zu, der sich manchmal Herzog
von B. nannte und dessen Sohn das Herzogtum
Lothringen erbte. Nach dessen Tod kam sie bei einer erneuten Teilung an eine
Linie, die durch Heirat auch die Grafschaft Blieskastel erhielt und 1274
ausstarb. Herzog Friedrich III. von Lothringen
gab B. unter Vorbehalt seiner Lehnshoheit 1297 und 1302 an die Grafen von
Zweibrücken gegen Güter in Linder, Mörsberg und Saargemünd. Als Folge hiervon
wurde B. Sitz der Grafen von Zweibrücken-Bitsch, die 1394 Allode der Linie
Zweibrücken erbten. Innerhalb ihrer Güter bildete B. eine zum oberrheinischen
Reichskreis zählende Herrschaft, deren Reichsunmittelbarkeit von Lothringen
bestritten wurde. 1570 starben die Grafen von Zweibrücken-Bitsch aus. B. fiel
an Frankreich (Bitche).
L.: Wolff 305; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) D4; Lehmann, J.,
Urkundliche Geschichte der Grafen Hanau-Lichtenberg, Bd. 2 1863; Pöhlmann, C.,
Abriss der Geschichte der Herrschaft Bitsch, 1911; Herrmann, H., Die Grafschaft
Zweibrücken-Bitsch, (in) Geschichtliche Landeskunde des Saarlandes Bd. 2, 1977,
323ff.; Herrmann, H., Bitsch, LexMA 2 1983, 254f.
Blâmont, Blankenberg bzw. Blankenburg
(Herrschaft, Grafen). Der Ort B. (Blankenberg) kam im 12. Jahrhundert
wahrscheinlich durch die Heirat Konrads von Salm mit Hadwid von Türkstein an
die Grafen von Salm. 1225 beauftragte Heinrich II. von Salm seinen Sohn
Friedrich mit der Verwaltung Blâmonts (Blankenbergs). 1247 erreichte dieser die
Belehnung mit diesen Gütern durch den Bischof von Metz. Im Laufe der Zeit
entstand aus der Vogtei über Güter der Abtei Senones und Metzer wie Lothringer
Lehen eine reichsunmittelbare Herrschaft über rund ein Dutzend Dörfer. Ehe das
Geschlecht der Grafen bzw. Herren von B. 1506 ausstarb, verkaufte Ulrich von B.
1499 eine Hälfte der Güter dem Herzog von
Lothringen und vermachte ihm 1504 die zweite Hälfte. 1546 und 1561 verzichteten
die Bischöfe von Metz zugunsten der Herzöge von Lothringen auf ihre
Lehnsherrschaft. S. Frankreich.
L.: Wolff 304; Großer Historischer Weltatlas II 66 D4; Martimprey de Romecourt,
E. Comte de, Les sires et comtes de Blâmont, Mémoires de la Société d'Archéologie
Lorraine 1890, 76ff.; Dedenon, A., Histoire du Blamontois des origines à la
renaissance, 1931; Herrmann, H., Blâmont, LexMA 2 1983, 256f.; Blâmont et les
Blâmontois, hg. v. Andriot, C. u. a., 2009.
Blankenburg (Grafschaft, Fürstentum). 1123 ist die
nach einem Kalkfelsen benannte Burg B. am Nordrand des Ostharzes in der Hand
des Herzogs von Sachsen bezeugt. Seit 1128 wird
ein welfischer Ministeriale Poppo von B., der über die Grafen von Northeim mit
Lothar von Süpplingenburg verschwägert war, als Graf über den östlichen Harzgau
zwischen Ilse und Bode genannt. Nach dem Sturz Heinrichs des Löwen (1180)
wurden die Grafen Vasallen des Bischofs von Halberstadt. 1202/1203 und 1344
waren Burg B. und die seit 1167 erwähnte Burg Regenstein von den Welfen
gegebene Lehen. 1311 galten gräfliche Rechte als Lehen des Bistums Halberstadt.
Örtlich lagen Eigengüter und Lehen des Reiches, der Welfen, des Bistums
Halberstadt und der Reichsstifte Quedlinburg und Gandersheim nördlich und
südlich des Harzes. Im 13. und 14. Jahrhundert war die Familie zeitweise in die
Linien Blankenburg, Regenstein und Blankenburg-Heimburg geteilt, wurde aber in
der Mitte des 14. Jahrhunderts in der Linie Heimburg wieder vereinigt.
Gegenüber dem Hochstift Halberstadt vermochten sich die Grafen als Landesherren
nicht durchzusetzen. 1599 fiel das Lehnsgut beim Aussterben des Hauses (in der
Linie Heimburg) an Herzog Heinrich Julius von
Braunschweig-Wolfenbüttel als postulierten Bischof von Halberstadt heim. 1626
verlieh der letzte Bischof von Halberstadt Regenstein an den Grafen von
Tattenbach, von dem es 1670 an Brandenburg fiel, das seit 1648/1649 das
Hochstift Halberstadt beherrschte. B., das zeitweilig dem westfälischen Reichsgrafenkollegium
angehörte, kam 1690 von Braunschweig-Wolfenbüttel an einen nachgeborenen Sohn,
wurde 1707 zum Fürstentum erhoben, das 1731 wieder mit dem Herzogtum Braunschweig-Wolfenbüttel verbunden wurde,
aber bis 1806 selbständiger Reichsstand blieb. 1945 gelangte der Landkreis B.
von Braunschweig an Sachsen-Anhalt (Provinz Sachsen) und damit von 1949 bis
1990 an die Deutsche Demokratische Republik. S. Sachsen-Anhalt.
L.: Wolff 453; Wallner 707 NiedersächsRK 17; Großer Historischer Weltatlas II
66 (1378) F3, III 38 (1789) D2; Gringmuth-Dallmer, H., Magdeburg-Wittenberg,
(in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Schmidt, G., Zur Genealogie der
Grafen von Regenstein und Blankenburg bis zum Ausgang des 14. Jahrhunderts, Zs.
d. Harzvereins f. Gesch. und Altertumskunde 22 (1889), 1ff.; Steinhoff, R.,
Geschichte der Grafschaft bzw. des Fürstentums Blankenburg, der Grafschaft
Regenstein und des Klosters Michaelstein, 1891; Petke, W., Blankenburg, LexMA 2
1983, 262; Casemir, K./Ohainski, U., Das Territorium der Wolfenbütteler Herzöge
um 1616, 1996.
Blieskastel, Castel (Herrschaft, Grafen). Nach der
1098 erwähnten Burg B. (castellum ad Blesam, Castel) an der unteren Blies im
Saarland nannte sich eine gegen Ende des 11. Jahrhunderts von den Grafen von
Metz-Lunéville abgespaltete lothringische Adelsfamilie, die ihrerseits im 12.
Jahrhundert die Linien der Grafen von Homburg, Lützelstein (1172-1460) und
Saarwerden abspaltete und von der Blies bis zur Mosel mit Allod (Achtelsbach,
Bubenhausen, Reichweiler [Reichsweiler], Ormesheimer Berg, B.) sowie Lehen der
Erzbischöfe von Trier (Hunolstein, Bernkastel) und der Bischöfe von Metz und
Verdun (Schamburg [Schaumberg]) begütert war. Nach dem Tod des letzten Grafen
von B. (1237) behielt seine älteste Tochter Elisabeth, die in zweiter Ehe mit
Rainald von Lothringen-Bitsch verheiratet war, die Güter. Nach ihrem Tod kam es
zum Blieskasteler Erbfolgekrieg (1276-1291) zwischen denen von Salm, Limburg,
Blankenberg, Zweibrücken und Sponheim sowie dem Bischof von Metz einerseits und
den Herzögen von Lothringen und Grafen von Saarbrücken andererseits, der nach
vorübergehendem Gewinn Blieskastels, Liebenbergs, Püttlingens, Bernkastels und
Hunolsteins durch die Grafen von Salm (1278) mit der Aufteilung des Erbes
zwischen dem Herzog von Lothringen (Grafschaft
Schaumburg), dem Bischof von Metz (1284 B., ohne Hunolstein, Schaumburg und
Püttlingen) und dem Grafen von Salm (Püttlingen) endete. Die Burg B. verkaufte
der Bischof von Metz 1337 an das Erzstift Trier, das bereits 1280 Bernkastel
erworben hatte. 1456/1660 erwarben die Grafen von Leyen B. und verlegten 1773
ihre Residenz dorthin. B. zählte zum Kanton Niederrheinstrom des Ritterkreises
Rhein. 1798/1802 kam es an Frankreich, 1815 an Preußen, 1816 an Bayern,
1919/1920 und 1945/1946 an das Saargebiet und damit 1957 zum Saarland.
L.: Wolff 515; Großer Historischer Weltatlas III 38 (1789) B3; Pöhlmann, C.,
Der Bliescasteler Erbfolgekrieg, Z. f. bay. LG. 8 (1935), 450ff.; Herrmann, H.,
Die Grafen von Blieskastel, (in) Geschichtliche Landeskunde des Saarlandes 2
(1977), 254ff.; Mohr, W., Geschichte des Herzogtums
Lothringen, 3 1979, 102ff.; Herrmann, W., Blieskastel, LexMA 2 1983, 278.
Bogen (Grafen). Nach 1125 erscheinen nördlich
der Donau nahe Straubing in der Nachfolge der Babenberger Grafen von B., die
sich zu Beginn des 12. Jahrhunderts noch Grafen von Windberg genannt hatten.
Den Kern der Grafschaft bildete (seit der Mitte des 11. Jahrhunderts?) der
östliche Donaugau. Dazu kamen 1158 von den Grafen von Formbach die Grafschaft
im Künzinggau, 1230 große Lehen des Bischofs von Passau und des Herzogs von Böhmen sowie die Grafschaft Deggendorf.
Mit Graf Albrecht IV., starb 1242 das Geschlecht aus. Die Grafschaft fiel an Herzog Otto II. von Bayern, den Stiefbruder Albrechts
IV. aus der zweiten Ehe seiner Mutter Ludmilla von Böhmen mit Herzog Ludwig I. von Bayern. Die blauweißen Rauten der
Grafen von B. gingen in das Wappen Bayerns ein.
L.: Piendl, M., Die Grafen von Bogen, Jber. des hist. Vereins Straubing 55
(1953)-57 (1955); Piendl, M., Bogen, LexMA 2 1983, 317.
Böhmen (Herzogtum,
Königreich). Der Name B. des seit der Steinzeit besiedelten Gebiets zwischen
Böhmerwald, Erzgebirge, Sudeten und der Böhmisch-Mährischen Höhe geht auf die
keltischen Boier (Bojo-haemum) zurück. Nach der Abwanderung der seit der
Zeitenwende dort ansässigen Germanen drangen im 6. Jahrhundert Slawen in das
Gebiet ein. Sie gerieten später unter fränkischen Einfluss und wurden im 9.
Jahrhundert christianisiert (973 Bistum Prag). Zeitweise stand dann B. unter
mährischer (E. 9. Jh.s) bzw. polnischer Herrschaft (1003/1004). Seit dem 10.
Jahrhundert (924-929, 935) gehörte B., in das bald zahlreiche deutsche Siedler
kamen, dem deutschen Reich an (950 Lehnsverhältnis), nahm aber immer eine
Sonderstellung ein, die sich auch darin zeigte, dass der böhmische Fürst, der
aus der Dynastie der seit dem 9. Jahrhundert nachweisbaren Přemysliden
(Przemysliden) (Herzöge von Prag) kam, vereinzelt schon seit Ende des 11.
Jahrhunderts (1086) den Königstitel anstrebte. 1114 ist der böhmische Herzog erstmals als Inhaber eines Reichserzamtes
(Schenk) bezeugt. 1198 erlangte Ottokar I. von Philipp von Schwaben die
erbliche Königswürde. Vom Beginn des 13. Jahrhunderts an steigerten die
böhmischen Könige rasch ihre Macht. Nach dem Erwerb Österreichs (1251), der
Steiermark (1251/1260), des Egerlands (1266), Kärntens und Krains (1269) griff
der mit einer Babenbergerin (Margarete) verheiratete König Ottokar II.
(1253-1278) nach der Kaiserkrone, unterlag aber 1278 in der Schlacht auf dem
Marchfeld gegen Rudolf von Habsburg und verlor die Erwerbungen an der Donau und
im Alpengebiet. 1306 starben die Přemysliden, die für kurze Zeit auch noch
Ungarn und Polen gewannen, in männlicher Linie aus. Ihnen folgte über die
Přemyslidin Elisabeth die Dynastie der Grafen von Luxemburg (1310-1437).
Unter ihnen kam der größte Teil Oberschlesiens (1327/1329) unter böhmische
Herrschaft. Karl IV. machte B. zum Kernland des Reiches, fasste B., Mähren und
Schlesien sowie 1370(-1646) die beiden Lausitzen als die Länder der böhmischen
Krone zusammen, veranlasste die Erhebung Prags zum Erzbistum (1344), gründete
1348 in Prag die erste Universität nördlich der Alpen und verschaffte in der
Goldenen Bulle von 1356 dem König von B. die Kurwürde und den Vorrang unter den
weltlichen Kurfürsten. Im Gefolge der hussitischen Bewegung erstarkte unter dem
schwachen Nachfolger Wenzel das tschechische Nationalbewusstsein. Außer in den
Städten setzte sich die tschechische Sprache weitgehend durch. Am Ende des
Mittelalters beherrschte faktisch der Hochadel das von Habsburg zunächst vergeblich
begehrte Land. 1471 fielen B., 1490 Mähren und Schlesien an die polnischen
Jagiellonen (1471-1526) und wurden mit Polen und (1490) Ungarn vereinigt. In
die Kreiseinteilung des Reiches von 1500 wurden sie nicht mehr einbezogen. 1526
wurde Ferdinand I. von Habsburg, der Schwager des letzten Königs, in starker
Betonung des Rechts der freien Wahl als böhmischer König angenommen. 1618 kam
es zum Aufstand des evangelischen böhmischen Adels gegen das katholische Haus
Habsburg, doch setzte sich Habsburg schon 1620 militärisch durch und erließ
1627 als Ausdruck eines strengen Absolutismus die Verneuerte Landesordnung. Die
Bindung Böhmens an das Reich trat zugunsten der engeren Verbindung mit den
übrigen habsburgischen Ländern zurück. 1708 wurde die seit 1519 nicht mehr
ausgeübte Stimme Böhmens im Kurfürstenkolleg wieder zugelassen. Das Gebiet von
B. umfasste die Hauptstadt Prag und die Kreise Bunzlau (Altbunzlau), Königgrätz
(Königingrätz), Bidschow, Chrudim (Chrudin), Časlau (Czaslau), Kauřim
(Kaurzim), Tabor, Budweis, Prachin, Pilsen, Saaz, Elnbogen, Leitmeritz,
Rakonitz (Rackonitz) und Beraun. 1742 musste fast ganz Schlesien an Preußen
abgetreten werden. Im 19. Jahrhundert trat die nationale Frage wieder in den
Vordergrund, wobei habsburgische Reformmaßnahmen das Wiedererstarken des
tschechischen Nationalbewusstseins begünstigten. Unter dem Einfluss des
Historikers Franz Palacky entstand die Forderung nach einer Neugliederung
Österreichs nach Sprachgebieten. 1889/1891 wandte sich die tschechische
Nationalbewegung vom österreichischen Staatsgedanken ab. 1918/1919 ging B. auf
Grund der Stärke der tschechischen Bevölkerungssmehrheit (1905 75 Sitze der
Tschechen und 55 Sitze der Deutschen im Reichsrat) in der neugegründeten
Tschechoslowakei (Ausrufung am 27. 10. 1918) auf. 1949 wurde die alte
politische Einheit B. innerhalb der Tschechoslowakei aufgelöst. S. Tschechien
bzw. Tschechische Republik.
L.: Wolff 461ff.; Zeumer 552 I 4; Großer Historischer Weltatlas II 34
(1138-1254) G4, II 66 (1378) H3, II 78 (1450) G/H 3/4, III 22 (1648) G4, III 38
(1789) E5; Die Territorien des Reichs 1, 134; Palacky, F., Geschichte Böhmens,
Bd. 1ff. 1836ff.; Bachmann, A., Geschichte Böhmens bis 1526, 1899ff.; Bretholz,
B., Geschichte Böhmens und Mährens, Bd. 1ff. 1912; Peterka, O., Rechtsgeschichte
der böhmischen Länder, Bd. 1ff. 1923ff.; Uhlirz, K./Uhlirz, M., Handbuch der
Geschichte Österreichs und seiner Nachbarländer Böhmen und Ungarn, Bd. 1ff.
1924ff., 2. A. 1963; Molisch, P., Der Kampf der Tschechen um ihren Staat, 1929;
Kartographische Denkmäler der Sudetenländer, hg. v. Brandt, B., Heft 1ff.
1930-1936; Gierach, K./Schwarz, E., Sudetendeutsches Ortsnamenbuch, 1932-1938;
Monumenta cartographica Bohemiae. Karten von 1518-1720, hg. v. Sembera,
V./Salomon, B., Prag 1938; Sedlmayer, K., Historische Kartenwerke Böhmens,
1942; Die Deutschen in Böhmen und Mähren, hg. v. Preidel, H., 2. A. 1952;
Sudetendeutscher Atlas, hg. v. Meynen, E., 1954; Krallert, W., Atlas zur
Geschichte der deutschen Ostsiedlung, 1958; Atlas östliches Mitteleuropa, hg.
v. Kraus, T./Meynen, E./Mortensen, H./Schlenger, H., 1959; Wegener, W.,
Böhmen/Mähren und das Reich im Hochmittelalter, 1959; Prinz, F., Die Stellung
Böhmens im mittelalterlichen deutschen Reich, Z. f. bay. LG. 28 (1965), 99ff.;
Handbuch der Geschichte der böhmischen Länder, hg. v. Bosl, K., Bd. 1ff.,
1966ff.; Ortslexikon der böhmischen Länder 1910-1968, hg. v. Sturm, H., Lief.
1, Bezirke A-D, 1977; Biographisches Lexikon zur Geschichte der böhmischen
Länder, Bd. 1 A-H, hg. v. Sturm, H., 1979, Bd. 2 I-M, hg. v. Sturm, H., 1984,
Bd. 3 (in einz. Lief.) N-Pe, hg. v. Seibt, F./Lemberg, H./Slapnicka, H. u. a.,
1986; Graus, F., Böhmen, LexMA 2 1983, 335ff.; Prinz, F., Böhmen im
mittelalterlichen Europa: Frühzeit, Hochmittelalter, Kolonisationsepoche, 1984;
Jilek, H., Bibliographie zur Geschichte und Landeskunde der böhmischen Länder
von den Anfängen bis 1948, Publikationen der Jahre 1850-1975, Bd. 1 Nr. 1-9599,
1986; Hoensch, J., Geschichte Böhmens, 3. A. 1997; Prinz, F., Geschichte
Böhmens 1848-1948, 1988; Bernt, A., Die Germanen und Slawen in Böhmen und
Mähren, 1989; Pleticha, H., Franken und Böhmen, 1990; Deutsche Geschichte im
Osten Europas, Böhmen und Mähren, hg. v. Prinz, F., 1993; Mandelova, H., Europa
im späten Mittelalter, 1994; Melville, R., Adel und Revolution in Böhmen, 1998;
Bohemia in History, hg. v. Teich, M., 1998; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1,431; Höbelt, L.,
Böhmen; Deutschland und das Protektorat Böhmen und Mähren, hg. v. Mund, G.,
2014.
Bolchen (Herrschaft, Grafschaft). Im 12.
Jahrhundert erscheint B. als Lehnsgut der Herren von Fels (Feltz) von Seiten
der Herren von Finstingen, nach dem sich die Herren von Feltz benannten. Sie
bildeten durch Erwerb von Vogteien und Pfandschaften eine ansehnliche, aber
nicht zusammenhängende Herrschaft. Im 14. Jahrhundert begegnet B. als Burglehen
von Falkenberg (bis 1342), später als Lehen des Herzogs
von Luxemburg (nach 1384). Zu Anfang des 15. Jahrhunderts fiel B. über Irmgard
von B. an die Familie von Rodemachern, vor 1462 über Elisabeth von Rodemachern
an Friedrich Graf von Moers. 1492 zog König Maximilian alle Rodemachernschen
Güter wegen Felonie ein. Zwischen 1488 und 1503 kaufte der Herzog von Lothringen alle Rechte an B. auf. S.
Frankreich.
L.: Wolff 305; Guir, F., Histoire de Boulay, 1933; Hermann, H., Bolchen, LexMA
2 1983, 357.
Borkulo (Herrlichkeit), Borculo. Die Herrlichkeit
B. gehörte zum zütphenschen Quartier des Herzogtums
Geldern.
L.: Wolff 68.
Borth (Herrlichkeit). Die Herrlichkeit B.
gehörte zum Herzogtum Kleve (weselscher
landrätlicher Kreis). S. Preußen, Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 317.
Bouillon (Herrschaft, Herzogtum).
B. an der Semois in Lothringen (Niederlothringen) wird 988 erstmals erwähnt
(Bullio). Die zugehörige, vielleicht auf einer älteren Befestigungsanlage um
1100 errichtete Burg wurde Mittelpunkt einer Herrschaft aus Gütern des Hauses
Ardenne (Paliseul, Jéhonville, Fays-les-Veneurs, Sensenruth [Sensenstruth]), zu
denen Reimser Vogteilehen um Douzy kamen. 1096 verpfändete Gottfried von B. zur
Finanzierung eines Kreuzzuges die Herrschaft an das Hochstift Lüttich. Seit
1330 wurde die Herrschaft wegen des Herzogstitels
des Hauses Ardenne in Lothringen in offiziellen Quellen als Herzogtum bezeichnet. Seit 1430 gewannen die Grafen
von der Mark (de la Marck-Arenberg) in B. an Bedeutung. 1482 entriss der Graf
von der Mark dem Hochstift Lüttich das Land und übte von 1483 bis 1529 die
Herrschaft aus. 1521 gab Kaiser Karl V. das Herzogtum
an Lüttich zurück, doch nannten sich die Grafen weiter Herzöge von B. Seit 1548
hatten die Grafen von der Mark erneut das Herzogtum
inne. Ihre Rechte gingen 1591 durch Heirat an das Haus Latour d'Auvergne über.
1672 wurde B. von Frankreich erobert, 1678 aber den Latour d'Auvergne
zuerkannt. 1693 kam es unter den Schutz Frankreichs, 1814/1821 als
Standesherrschaft der Fürsten Rohan an Luxemburg (Niederlande), 1830/1837 an
Belgien.
L.: Wolff 307; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) C4, III 38 (1789) A3;
Ozeray, Histoire de la ville et du duché de Bouillon, Bd. 1f. 2. A. 1864;
Vannerus, H., Le château de Bouillon, quelques pages de son histoire, Ardenne
et Gaume 10 (1955) 5ff.; Muller, J., Bouillon. Duché-Ville-Chateau, 1974;
Petit, R., Bouillon, LexMA 2 (1982), 496ff. ; Escher, M. u. a., Die urbanen
Zentren, 2005, 2, 81
Bournonville (Fürstentum). Das Fürstentum B. gehörte
über das Herzogtum Brabant und das Herzogtum Burgund zum burgundischen Reichskreis.
L.: Wallner 700 BurgRK 1.
Brabant (Großgau, Herzogtum).
Der am Ende des 7. Jahrhunderts erstmals belegte fränkische Gau Bracbantum fiel
870 mit Lotharingien an das ostfränkische Reich und gehörte seit 959 zum Herzogtum Niederlothringen. Im 11. Jahrhundert
erwarben die Grafen von Löwen die Grafschaft Brüssel und entrissen 1013 dem
Bischof von Lüttich die Lehnsgrafschaft Brunengeruuz bzw. Bruningerode. 1106
verlieh ihnen Heinrich V. die Würde des Herzogtums
Lothringen und die kaiserliche Mark Antwerpen. Danach gelang der Erwerb
Toxandriens, so dass sie insgesamt die Herrschaft über das Gebiet der
belgischen Provinzen Antwerpen und B. und der holländischen Provinz Nordbrabant
erlangt hatten. Seitdem nannten sie sich Herzöge von B. (1188 dux Brabantiae)
und wurden zu den Reichsfürsten gerechnet. In ihrem Gebiet verlor der Kaiser
seit dem frühen 13. Jahrhundert fast jede Obergewalt. Nachdem schon 1204 die
Maas (Maastricht) erreicht worden war, gewann Herzog
Johann I. 1288 durch den Sieg bei Worringen über die Grafen von Geldern und den
Erzbischof von Köln auch das Herzogtum Limburg
zwischen Aachen und Maastricht und die Herrschaft Herzogenrath
sowie die Burgen Wassenberg und Kerpen (zwischen Köln und Düren). 1371 wurden
die Herzöge von den Herzögen von Jülich und Geldern vernichtend geschlagen. Die
mit dem Luxemburger Wenzel vermählte Erbtochter Johanna Johanns III. († 1355)
übertrug B., Limburg und Luxemburg 1390/1400/1430 unter Ausschaltung der
Luxemburger an die Herzöge von Burgund. 1477/1482 kam B. über Maria von Burgund
an Habsburg. Brüssel wurde Residenz. Im Achtzigjährigen Krieg eroberten die
holländischen Generalstaaten Nordbrabant und verwalteten es seit 1648 als
Generalitätslande, während Südbrabant (Löwen, Brüssel, Antwerpen, Mecheln) bei
den spanischen, seit 1713/1714 österreichischen Niederlanden verblieb. Von
1794/1801 bis 1814 gehörte das um 600 Quadratmeilen große B. mit den übrigen
Niederlanden zu Frankreich und wurde in drei Departements eingeteilt. 1815
wurde es Teil der Niederlande, 1830 nach einem Aufstand Kernland des neuen
Königreichs Belgien, dessen Thronerbe seit 1840 den Titel Herzog von B. führt. Nordbrabant verblieb bei den
Niederlanden.
L.: Wolff 53; Wallner 700 BurgRK 1; Großer Historischer Weltatlas II 34
(1138-1254) E3, II 66 (1378) C3, II 78 (1450) E3; Pirenne, H., Geschichte
Belgiens (bis 1648), Bd. 1ff. 1899ff.; Vanderkindere, L., La formation
territoriale des principautés belges au moyen-âge, Bd. 1ff. 1902; Curs, O.,
Deutschlands Gaue im zehnten Jahrhundert, 1908, 3 ([Breibant, Bragbantinse,
Brabantinse, Brachbant, Bracbantus], Lennik bzw. Lennick, Zellik bzw. Zellick,
Krombrugge bzw. Crumbrugge); Knetsch, K., Das Haus Brabant. Genealogie der
Herzöge von Brabant und Landgrafen von Hessen, Bd. 1-13 1918ff.; Ganshof, F.,
Brabant, Rheinland und Reich im 12., 13. und 14. Jahrhundert, 1938 ;
Martens, M., L’administration du domaine ducal en Brabant, 1954 ;
Gysseling, M., Toponymisch Woordenboek, 1960, 179 ; Polenz, P. v.,
Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, II, 23, 75, 77, 96, III, 31, 32, 33
Brakbant I; Moreau, J., Dictionnaire de géographie historique, 1972, 60;
Uytterbrouck, A., Le gouvernement du duché de Brabant au bas Moyen Age,
1975 ; Mohr, W., Geschichte des Herzogtums
Lothringen, Bd. 1ff. 1974ff.; Thomas, H./Houtte, J. van, Brabant, LexMA 2 1983,
529ff.; Nonn, U., Pagus und Comitatus in Niederlothringen, 1983, 110; Nikolay,
W., Die Ausbildung der ständischen Verfassung in Geldern und Brabant während
des 13. und 14. Jahrhunderts, 1985 ; Godding, P., Le Conseil de Brabant
sous le règne de Philippe le Bon (1430-1467), 1999 ; Höfe und Residenzen
im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W. u. a., 2003, 1, 1, 45,
764; Weller, T., Die Heiratspolitik, 2004; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren,
2005, 1, 437; Tigelaar, J., Brabants historie ontvouwd, 2006.
Brandenburg (Mark, Markgrafschaft, Kurfürstentum,
Provinz, Land, Bundesland, Residenz). Das zunächst von Semnonen, Langobarden
und Burgundern bewohnte Gebiet der späteren Mark B. wurde nach dem Abzug der
Germanen in der Völkerwanderung von Slawen (Liutizen, Heveller, Wilzen, Ukrer
(Uker), Obotriten) besetzt. 927 schlug König Heinrich I. die Slawen an der
Elbe, eroberte 928/929 die deutsch Brennaburg bezeichnete slawische Burg an der
Havel, die vielleicht schon auf eine slawische Siedlung des 6. Jahrhunderts
zurückgeht und bildete 931 die Mark Nordsachsen (Nordmark). Im Slawenaufstand
von 983 ging das Gebiet wieder verloren. 1134 belehnte Kaiser Lothar von
Süpplingenburg den Askanier Albrecht den Bären mit den deutsch verbliebenen
Teilen der Altmark. Albrecht eroberte die Prignitz, erbte 1150 das Havelland
hinzu und erscheint erstmals (in einer Urkunde vom 3. Oktober) 1157 in bewusster
Erinnerung an die Markgrafschaft Geros von Nordsachsen als Markgraf von
Brandenburg, das er wegen seiner günstigen Lage am Übergang wichtiger
Fernstraßen über die Havel anstelle von Stendal zum festen Sitz erhob und zum
Vorort dieser neuen Mark ausbaute, wobei der königliche Burggraf auf der
Brandenburger Dominsel rasch ausgeschaltet wurde. Nach dem Tod Albrechts wurde
die Mark B. von den askanischen Stammlanden am Harz getrennt. Albrechts Sohn
Otto I. gewann 1181 die Lehnshoheit über Mecklenburg und Pommern. Johann I.,
der 1252 erstmals als Kurfürst fungierte, und Otto III. († 1266/1267) erwarben
Stargard, die Uckermark, Barnim, Teltow, Lebus und Zehden (Neumark), die Mark
Landsberg und die Oberlausitz (1255) und wehrten Ansprüche des Erzbischofs von
Magdeburg ab. Andererseits wurde das Geschlecht bei ihrem Tod 1267 in zwei
gemeinsam regierende Linien mit Regierungssitzen in Stendal und Salzwedel
gespalten, bis es unter Waldemar wieder vereinigt wurde. Mit seinem Tod erlosch
1319 der brandenburgische Zweig der Askanier, der als Reichskämmerer von der
Ausbildung des Kurfürstenkollegiums an zu den Kurfürsten gezählt hatte. Nach
dem Aussterben der Askanier zog König Ludwig der Bayer aus dem Hause
Wittelsbach die Mark B. 1320 in an den Grenzen verkleinertem Umfang als
erledigtes Lehen ein, übertrug sie 1323 seinem achtjährigen Sohn Ludwig und
ließ durch Beauftragte die wittelsbachischen Formen der Verwaltung einführen.
Unter dieser wenig effektiven Herrschaft wurde 1356 B. als Kurfürstentum
anerkannt. 1373 zog allerdings Kaiser Karl IV. nach langjährigen
Auseinandersetzungen die Mark B. im Vertragsweg gegen 200000 Goldgulden an das
Haus Luxemburg (Residenz Tangermünde) und ließ 1375/1376 im Landbuch die
verbliebenen Rechte und Aufgaben registrieren. Nach seinem Tod kam es zur
Teilung der Mark (Kurmark d. h. Altmark und Gebiete zwischen Elbe und Oder an
Siegmund, Neumark an den jüngsten Sohn Johann von Görlitz, 1386 ebenfalls an
Siegmund), zu großen Adelsunruhen und zahlreichen Veräußerungen (1388
Verpfändung, 1397 Veräußerung der Kurmark an Jobst von Mähren, 1402 Veräußerung
der Neumark an den Deutschen Orden). Am 8. 7. 1411 setzte König Sigmund auf
Bitten der brandenburgischen Stände seinen Feldherren und Rat, den Burggrafen
Friedrich VI. von Nürnberg zum Verweser über die nach dem Tod Jobsts wieder
angefallene Mark ein. Am 30. 4. 1413 übertrug er ihm für 400000 Gulden das
Kurfürstentum und am 18. 8. 1417 belehnte er ihn mit der Mark. Als über B.,
Altmark und Teile der Uckermark herrschender Kurfürst Friedrich I. brach der
Burggraf die Macht des Adels. Sein Sohn Kurfürst Friedrich II. erzwang die
Unterwerfung der Städte (u. a. Berlin 1447/1448), festigte allmählich die
Herrschaft wieder, erlangte 1447 das Besetzungsrecht für die Bistümer B.,
Havelberg und Lebus, kaufte 1450 Wernigerode und gewann die Uckermark und
Prignitz zurück. 1455 wurde die Neumark zurückgekauft. Außerdem wurden die
Herrschaften Cottbus (1445) und Peitz in der Niederlausitz (1488) erworben. In
der sog. dispositio Achillea des Markgrafen Albrecht Achilles von 1473 wurde
die Erbfolge im Sinne der Unteilbarkeit der märkischen Lande geregelt und die
Abtrennung der Mark von den fränkischen Gütern, die den zweiten und dritten
Söhnen zufielen (Ansbach, Bayreuth), gefördert. 1482 wurden im Glogauer Erbfolgestreit
große Teile des Herzogtums Crossen gewonnen
(Crossen, Züllichau, Sommerfeld, Bobersberg). Kurfürst Johann Cicero, der als
erster Hohenzoller ständig in der Mark residierte, kaufte 1486 die Herrschaft
Zossen, gewann die Lehnsherrschaft über Pommern und unterwarf die altmärkischen
Städte. Zwischen 1499 und 1535 wurde Roppen eingezogen. 1506 wurde die
Universität Frankfurt an der Oder gegründet, 1516 das Kammergericht in Berlin
eingerichtet. Die sog. Constitutio Joachimica bildete die Grundlage einer einheitlichen
Rechtsprechung in B. 1524 wurde die Grafschaft Ruppin als erledigtes Lehen
eingezogen und 1529 das vertraglich erworbene Erbfolgerecht in Pommern
gesichert, das sich 1637/1648 realisierte. 1535 kam es zur Teilung des Landes
in die Kurmark (Joachim II.) und die Neumark, die bis 1571 an Hans von Küstrin
kam. Hiervon bestand die 444 Quadratmeilen umfassende Kurmark aus der Altmark,
Mittelmark, Prignitz oder Vormark und der Uckermark. Die Altmark umfasste ein
Gebiet von 82 Quadratmeilen (die Kreise Stendal, Tangermünde und Arneburg,
Seehausen, Arendsee, Salzwedel-Gardelegen). Die Mittelmark mit einem
Flächeninhalt von 250 Quadratmeilen, die bis ins 15. Jahrhundert zunächst
Neumark hieß, enthielt die Landschaft Havelland (mit der Stadt Brandenburg, den
Städten und Ämtern Potsdam, Spandau, Nauen, den Ämtern Königshorst, Fahrland
und Fehrbellin, den Städten Rathenow und Pritzerbe, den Ländchen Rhinow und
Friesack), die Kreise Glien-Löwenberg, Ruppin, Oberbarnim und Niederbarnim,
Teltow, Lebus, Zauche, Beeskow-Storkow (letzterer erst im Jahr 1575 von der
Lausitz erworben) und die Herrschaft Teupitz (Wusterhausen-Teupitz). Die 61
Quadratmeilen große Prignitz oder Vormark wurde aus den Kreisen Berleberg,
Pritzwalk, Wittstock, Kyritz, Havelberg, Plattenburg und Lenzen gebildet. Die
Uckermark, 68 Quadratmeilen groß, setzte sich aus dem uckermärkischen und dem
stolpischen Kreis zusammen. Die 220 Quadratmeilen große Neumark bestand aus der
eigentlichen Neumark nördlich der Warthe mit den Kreisen (Ämtern) Soldin,
Königsberg, Landsberg, Friedeberg, Arnswalde, Dramburg, dem 30 Quadratmeilen
umfassenden Herzogtum Crossen und den
Herrschaften Cottbus und Peitz. Bald nach 1535 begann die Einführung der
Reformation, in deren Gefolge der größte Teil der Kirchengüter (Havelberg,
Lehnin, Chorin) in landesherrliche Domänen umgewandelt und die Bistümer B.,
Havelberg und Lebus eingezogen wurden. 1537 konnten folgenreiche
Erbverbrüderungen mit den Herzögen von Liegnitz, Brieg und Wohlau abgeschlossen
werden. 1569 wurde B. von Polen mit dem Herzogtum
Preußen belehnt. Johann Georg (1571-1598) gelang es, das gesamte
brandenburgische Gebiet wieder zu vereinigen und die böhmischen Lehen Beeskow
und Storkow zu erwerben. 1603 überließ Joachim Friedrich die gerade
angefallenen fränkischen Fürstentümer Ansbach und Bayreuth seinen Brüdern. In
B. schuf er Weihnachten 1604 den Geheimen Rat als oberste Verwaltungsbehörde.
1614 erfolgte im Jülich-Klevischen Erbfolgestreit mit Pfalz-Neuburg der Erwerb
von Kleve, Mark, Ravensberg und Ravenstein, 1618/1619 der endgültige erbweise
Erwerb des Herzogtums Preußen. Friedrich Wilhelm
der große Kurfürst (1640-1688) gewann 1648 Hinterpommern, die Bistümer
Halberstadt mit Hohnstein und Mansfeld (1680), Kammin (Cammin) und Minden sowie
die Anwartschaft auf das Erzbistum Magdeburg (Anfall 1680), erhielt 1657
Lauenburg, Bütow und Draheim als Lehen Polens, kaufte 1686 Schwiebus, erwarb
1691 Tauroggen und Serrey und begründete den brandenburg-preußischen Staat im
modernen Sinn, der das ältere B. vom neuen Preußen scheidet. Kurfürst Friedrich
III. von B., der 1694 die Universität Halle gründete, führte seit 1701 den
Titel König in Preußen. Das 1800 664 Quadratmeilen große B. (Prignitz,
Uckermark, Mittelmark, mit Niederlausitz und ohne Altmark [zur Provinz Sachsen]
und nordöstliche Teile der Neumark) mit 980000 Einwohnern war von 1815 bis 1945
eine preußische Provinz, aus der 1920 Groß-Berlin ausgesondert wurde. 1938
gelangten die Kreise Friedeberg und Arnswalde zu Pommern, wofür die Mark B. von
der aufgelösten Provinz Grenzmark Posen-Westpreußen die Kreise Schwerin,
Meseritz und Bomst (teilweise) erhielt. 1945 kam B. westlich der Oder zur
sowjetischen Besatzungszone (Provinz Mark Brandenburg), östlich der Oder unter
Polens Verwaltung. Seit 1947 war B., das nach Wahlen im Jahre 1946 im Jahre
1947 eine Verfassung erhielt, Land (Mark Brandenburg) in der sowjetischen
Besatzungszone, seit 1949 Gliedstaat der Deutschen Demokratischen Republik. (Am
23. 7.) 1952 bzw. 1958 ging es in den Bezirken Potsdam, Frankfurt an der Oder
und Cottbus der Deutschen Demokratischen Republik auf (str.). Mit dem Beitritt
der Deutschen Demokratischen Republik zur Bundesrepublik Deutschland entstand
das Land Brandenburg (ohne Berlin) am 3. 10. 1990 (mit der Hauptstadt Potsdam)
wieder (ohne die Kreise Hoyerswerda [Sachsen], Jessen [Sachsen-Anhalt] und
Weißwasser [Sachsen], aber mit den Kreisen Perleberg [Westprignitz], Prenzlau
[Uckermark] und Templin [Uckermark]). Es ist das fünftgrößte Land der
Bundesrepublik und zählt rund 2 600 000 Einwohner. Der Versuch einer
Vereinigung mit Berlin scheiterte am 5. 5. 1996 an einer Volksabstimmung. S.
Berlin.
L.: Wolff 382; Zeumer 552 I 7; Wallner 708 ObersächsRK 1; Großer Historischer
Weltatlas II 34 (1138-1254) G3, II 66 (1378) G2, II 78 (1450) G3, III 22 (1648)
F2, III 38 (1789) E1; Faden, E., Brandenburg, (in) Geschichte der deutschen
Länder, Bd. 1; Die Territorien des Reichs 2, 34; Mylius, C. O., Corpus
constitutionum Marchicarum Bd. 1ff. Berlin u. Halle 1737ff.; Bekmann,
J./Bekmann, L., Historische Beschreibung der Chur und Mark Brandenburg, Bd. 1f.
1751ff., Neudruck 2004; Codex diplomaticus Brandenburgensis, hg. v. Gercken, P.
W., Teil I-VII 1769; Codex diplomaticus Brandenburgensis continuatus, ed.
Raumer, G. W. v., Teil I, II 1831ff.; (Novus) Codex diplomaticus
Brandenburgensis, hg. v. Riedel, A., 1838ff.; Voigt, E., Historischer Atlas der
Mark Brandenburg, 1846; Fidicin, E., Die Territorien der Mark Brandenburg, Bd.
1ff. 1857ff.; Stölzel, A., Brandenburg-preußische Rechtsverwaltung und
Rechtsverfassung, Bd. 1f. 1888; Landeskunde der Provinz Brandenburg, hg. v.
Friedel, E./Mielke, R., Bd. 1ff. 1909ff.; Regesten der Markgrafen von
Brandenburg aus dem askanischen Hause, hg. v. Krabbo, H./Winter, G., 1910ff.;
Holtze, F., Geschichte der Mark Brandenburg, 1912; Tümpel, L., Die Entstehung
des brandenburg-preußischen Einheitsstaates, 1915; Hintze, O., Die Hohenzollern
und ihr Werk, 3. A. 1916; Schulze, B., Brandenburgische Landesteilungen
1258-1317, 1928; Historischer Atlas der Provinz Brandenburg, hg. v. der hist.
Kommission für die Provinz Brandenburg und die Reichshauptstadt Berlin,
1929ff., N. F. 1962ff.; Schulze, B., Die Reform der Verwaltungsbezirke in
Brandenburg und Pommern 1809-1818, 1931; Hanke, M./Degener, H., Geschichte der
amtlichen Kartographie Brandenburg-Preußens bis zum Ausgang der
Friderizianischen Zeit, 1935; Das Handbuch der Mark Brandenburg, hg. v.
Schultze, J., 1940; Atlas östliches Mitteleuropa, hg. v. Kraus, T./Meynen,
E./Mortensen, H./Schlenger, H., 1959; Die Mark Brandenburg, hg. v. Schultze,
J., Bd. 1ff. 1961, 2. A. 1989, 3. A. 2004, 4. A. 2010; Historischer Handatlas
von Brandenburg und Berlin, hg. v. Quirin, H., 1962ff.; Historisches
Ortslexikon für die Mark Brandenburg, bearb. v. Enders, L., 1962ff.,
Veröffentl. des Brandenburgischen Landeshauptarchivs, Teil 11 Orts- und
Personenregister, 1995; Schulze, H., Adelsherrschaft und Landesherrschaft,
1963; Preußens Epochen und Probleme seiner Geschichte, hg. v. Dietrich, R.,
1964ff.; Bratring, F. A., Statistisch-topographische Beschreibung der gesamten
Mark Brandenburg. Neuausgabe bearb. v. Büsch, O./Heinrich, G., 1968; Berlin und
die Provinz Brandenburg im 19. und 20. Jahrhundert, hg. v. Herzfeld, H., 1968;
Grassmann, A., Preußen und Habsburg im 16. Jahrhundert, 1968; Scharfe, W.,
Topographische Aufnahmen in Brandenburg 1816-1821, Jb. f. Gesch. Mittel- und
Ostdeutschlands 18 (1969); Schreckenbach, H., Bibliographie zur Geschichte der
Mark Brandenburg, Bd. 1ff. 1970ff.; Brandenburgische Jahrhunderte. Festgabe
Schultze, J., hg. v. Heinrich G./Vogel, W., 1971; Scharfe, W., Abriss der
Kartographie Brandenburgs 1771-1821, 1972, Veröff. der Hist. Kommission zu
Berlin Bd. 35; Schmidt, E., Die Mark Brandenburg unter den Askaniern 1134-1320,
1973; Bohm, E., Teltow und Barnim. Untersuchungen zur Verfassungsgeschichte und
Landesgliederung brandenburgischer Landschaften im Mittelalter, 1978,
Mitteldeutsche Forschungen Bd. 83; Neue Forschungen zur Brandenburg-Preußischen
Geschichte, hg. v. Benninghoven, F./Löwenthal-Hensel, C., 1979; Dralle,
L./Ribbe, W., Brandenburg, LexMA 2 1983, 554ff.; Ständetum und Staatsbildung in
Brandenburg-Preußen, hg. v. Baumgart, P., 1983; Schindling, A., Kurbrandenburg
im System des Reiches während der zweiten Hälfte des 17. Jahrhundert, (in)
Preußen, Europa und das Reich 1987; Mittenzwei, I., Brandenburg-Preußen
1648-1789. Das Zeitalter des Absolutismus in Text und Bild 1988 (1987);
Hansische Stadtgeschichte – Brandenburgische Landesgeschichte, hg. v. Engel,
E., 1989; Ahrens, K., Residenz und Herrschaft, 1990; Brandenburgische Geschichte,
hg. v. Materna, I., 1994; Assing, H., Brandenburg, Anhalt und Thüringen im
Mittelalter, 1997; 1050 Jahre Brandenburg, hg. v. Domstift, 1998; Repertorium
der Policeyordnungen der frühen Neuzeit, hg. v. Härter, K./Stolleis, M., Bd. 2
1998; Bahl, P., Der Hof des großen Kurfürsten, 2000; Partenheimer, L., Albrecht
der Bär, 2001; Neugebauer, W., Zentralprovinz im Absolutismus, 2001; Schiller,
R., Vom Rittergut zum Großgrundbesitz, 2003; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W. u. a., 2003, 1, 1, 117, 454,
773, 1, 2, 64; Membra unius capitis, hg. v. Kaiser, M. u. a., 2005; Nolte, C.,
Familie, Hof und Herrschaft, 2005; Brandenburg an der Havel und Umgebung, hg.
v. Kinder, S. u. a., 2006; Partenheimer, L., Die Entstehung der Mark
Brandenburg, 2007; Griesa, S., Die Mark Brandenburg im 14. Jahrhundert, Jb. f.
brandenb. LG. 57 (2006), 32; Wie die Mark entstand, hg. v. Müller, J. u. a.,
2009.
Braunschweig (Herzogtum,
Freistaat, Residenz). Am 6. 11. 1813 entstand ungefähr in den Grenzen des
früheren Fürstentums (Herzogtums)
Braunschweig-Wolfenbüttel das (unter vereinfachtem Namen
Braunschweig-Wolfenbüttel fortsetzende) Herzogtum
B. Es trat 1815 dem Deutschen Bund bei. 1820 erhielt es eine Verfassung, die
1829 von Herzog Karl aufgehoben, aber 1832
erneuert wurde. 1867 trat das Herzogtum dem
Norddeutschen Bund, 1871 dem Deutschen Reich bei. 1884 erlosch das Haus B. Da
das erbberechtigte Haus Hannover, das 1866 Hannover an Preußen verloren hatte,
die Reichsverfassung nicht anerkannte, bestand bis 1906 eine Regentschaft durch
Prinz Albrecht von Preußen und bis 1913 durch Herzog
Johann Albrecht von Mecklenburg. Der nach Anerkennung der Reichsverfassung seit
1913 regierende Herzog Ernst August dankte 1918
ab. Auf eine kurzlebige Räterepublik B. folgten ab Dezember 1918
sozialdemokratische bzw. bürgerliche Regierungen des Freistaates B., der sich
am 6. 1. 1922 eine Verfassung gab. 1930 trat die Nationalsozialistische
Deutsche Arbeiterpartei in die Regierung ein. 1940 wurde der Kreis Holzminden
gegen Goslar mit Preußen ausgetauscht. 1945 wurde B. wiederhergestellt. Der
größte Teil des Kreises Blankenburg und Calvörde wurde der sowjetischen
Besatzungszone zugeteilt und gelangte damit 1949 an die Deutsche Demokratische
Republik. Im Übrigen ging B. durch Anordnung der britischen Militärregierung am
1. 11. 1946 im neugebildeten Land.Niedersachsen auf. Blankenburg gelangte zu
Sachsen-Anhalt.
L.: Havemann, W., Geschichte der Lande Braunschweig und Lüneburg, 1853ff.;
Knoll, F., Topographie des Herzogtums
Braunschweig, 1897; Kleinau, H., Geschichtliches Ortsverzeichnis des Landes
Braunschweig, 1968; Moderhack, R., Braunschweigische Landesgeschichte im
Überblick, 3. A. 1979; Weitkamp, S., Bibliographie zur braunschweigischen
Landesgeschichte, Braunschweigisches Jb. 67f., 1986f.; Pischke, G., Die
Landesteilungen der Welfen, 1987; Hackel, C., Der Untergang des Landes
Braunschweig, 2000¸; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W., 2003, 1, 781, 1, 2,71; Die Wirtschafts- und Sozialgeschichte
des braunschweigischen Landes vom Mittelalter bis zur Gegenwart, hg. v.
Leuschner, J. u. a., 2008.
Braunschweig (reichsstadtähnliche Stadt). Das 1031
erstmals urkundlich erwähnte, aus Altstadt, Neustadt, Sack, Hagen und Altewiek
zusammengewachsene, bei der um 1000 erbauten, 1134 genannten Burg Tanquarderoth
(Dankwarderode) liegende B. (Brunesguik) wurde im 15. Jahrhundert wie eine
Reichsstadt zu Reichstagen geladen, unmittelbar zur Reichssteuer herangezogen
und unterhielt enge Beziehungen zum Kaiser, war aber nie Reichsstadt, sondern
einer der Mittelpunkte des Herzogtums
Braunschweig-Lüneburg, bis es 1671 an Braunschweig-Wolfenbüttel überging. 1946
kam es zu Niedersachsen.
L.: Wolff 438; Urkundenbuch der Stadt Braunschweig, hg. v. Hänselmann, L./Mack,
H., Bd. 1ff. 1872ff.; Achilles, H., Die Beziehungen der Stadt Braunschweig zum
Reich im ausgehenden Mittelalter und zu Beginn der Neuzeit, 1913; Germer, H.,
Die Landgebietspolitik der Stadt Braunschweig bis zum Ausgang des 15.
Jahrhunderts, 1937; Moderhack, R., Braunschweigische Landesgeschichte im
Überblick, 1976; Last, M., Braunschweig, LexMA 2 1983, 584ff.; Braunschweig.
Das Bild der Stadt in 900 Jahren, hg. v. Spies, G., Bd. 1f. 1985; Rat und
Verfassung im mittelalterlichen Braunschweig, hg. v. Garzmann, M., 1986;
Ehlers, J., Historiographie, Geschichtsbild und Stadtverfassung im
spätmittelalterlichen Braunschweig, (in) Rat und Verfassung im
mittelalterlichen Braunschweig, 1986; Testamente der Stadt Braunschweig, hg. v.
Mack, D., 1988f.; Kintzinger, M., Das Bildungswesen in der Stadt Braunschweig
im hohen und späten Mittelalter, 1990; Die braunschweigische Landesgeschichte,
hg. v. Jarck, H. u. a., 2000.
Braunschweig-Bevern (Fürstentum, Fürsten). Bevern am Beversbach bei Holzminden fiel kurz vor 1633 von Statius von Münchhausen an Herzog Friedrich Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel. Seit 1667 war es Sitz der von Ferdinand Albrecht I. begründeten Linie B. des Neuen Hauses Braunschweig. Sie folgte nach dem Aussterben 1735 der Hauptlinie Braunschweig-Wolfenbüttel (bis 1884).
Braunschweig-Celle (Fürstentum). Celle an der Aller wird
990 erstmals erwähnt (Altencelle). 1292 verlegte der Herzog
von Braunschweig-Lüneburg die daraus vor 1249 entstandene Stadt 3 Kilometer
allerabwärts. 1371 wurde Celle nach der Zerstörung der herzoglichen Burg auf
dem Kalkberg in Lüneburg Sitz der Herzöge von Braunschweig-Lüneburg. 1569
spaltete sich die jüngere Linie des Hauses Braunschweig-Lüneburg mit dem
größten Teil des lüneburgischen Territoriums ab. Durch die Gründung des Neuen
Hauses Braunschweig-Lüneburg erhielt B. das gesamte Fürstentum Lüneburg (1671
dannenbergische Ämter von Herzog Rudolf-August).
Das Fürstentum umfasste die Städte Lüneburg, Uelzen, Celle, Harburg,
Dannenberg, Lüchow, die Stifte Bardowick und Ramelsloh (Rammelslohe), die
Klöster Lüne, Ebstorf, Medingen, Wienhausen, Isenhagen und Walsrode, die
landesherrschaftlichen Ämter Harburg, Wilhelmsburg, Moisburg, Winsen an der
Luhe, Bütlingen (Büttlingen), Scharnebeck, Lüne, Garze (Gartze), Bleckede, Hitzacker,
Dannenberg, Lüchow, Wustrow, Schnackenburg, Oldenstadt, Medingen, Ebstorf,
Bodenteich, Isenhagen, Knesebeck, Klötze, Fallersleben, Gifhorn, Meinersen,
Burgdorf, Ahlden und Rethem, die Großvogtei Celle und die adligen Gerichte
Gartow, Brome, Fahrenhorst und Wathlingen. Es ging 1705 bei der Vereinigung
Braunschweig-Lüneburgs mit Braunschweig-Calenberg im Kurfürstentum Hannover
(1692) auf. Über Hannover kam das Gebiet 1866 an Preußen und damit 1946 zu
Niedersachsen.
L.: Wolff 434ff.; Zeumer 553 II b 16; Pröve, H./Ricklefs, J., Heimatchronik der
Stadt und des Landkreises Celle, 2. A. 1959; Ricklefs, J., Geschichte der Stadt
Celle, 1961.
Braunschweig-Dannenberg (Fürstentum). Nach Dannenberg an der
Jeetzel nannten sich seit 1158/1162 Grafen von Salzwedel, die Heinrich der Löwe
als Lehnsmannen eingesetzt hatte. 1303 fielen ihre Güter an die Herzöge von
Braunschweig-Lüneburg. Nach Verpfändungen an Siegfried und Konrad von Saldern
(1373-1377) und die Stadt Lüneburg (1382-1487) kam Dannenberg 1569 im Wege der
Erbteilung im mittleren Haus Lüneburg an die von dem Sohn Heinrich († 1598) Herzog Ernsts des Bekenners begründete Nebenlinie der
Herzöge von Braunschweig-Dannenberg (Herzog
Heinrich überließ seinem Bruder Wilhelm von Braunschweig-Lüneburg die
Landesherrschaft und übernahm Dannenberg und andere Gebiete). 1598 teilten
seine Söhne die 1591 um Hitzacker, Lüchow und Warpke vermehrten Güter. August
der Jüngere residierte zunächst in Hitzacker, erwarb 1618 das Amt Wustrow und
begründete 1635 infolge des Anfalles des Herzogtums
Braunschweig-Wolfenbüttel das Neue Haus Braunschweig in Wolfenbüttel, während
Julius-Ernst 1636 kinderlos in Dannenberg starb. 1671 übergab Augusts Sohn
Rudolf August das von August wieder übernommene Dannenberg dem Hause
Braunschweig-Lüneburg in Celle (Herzog Georg
Wilhelm von Braunschweig-Celle). Über Hannover kam das Gebiet von B. 1866 an
Preußen und 1946 zu Niedersachsen.
L.: Großer Historischer Weltatlas III 21 (1618-1648) E2; Meyer-Seedorf, W.,
Geschichte der Grafen von Ratzeburg und Dannenberg, Diss. phil. Berlin 1910;
Schulze, H., Adelsherrschaft und Landesherrschaft, 1963; Wachter, B., Aus
Dannenberg und seiner Geschichte, 1981; Schriftenreihe des Heimatkundlichen
Arbeitskreises Lüchow-Dannenberg 3; Last, M., Dannenberg, LexMA 3 1984, 544.
Braunschweig-Grubenhagen (Fürstentum). 1263 wird die Burg
Grubenhagen bei Einbeck erstmals erwähnt. Seit 1285/1286 war sie Sitz des
Fürstentums B., einer Linie des alten Hauses Braunschweig, das seinerseits
1267/1269 durch Aufteilung des 1235 geschaffenen Herzogtums
Braunschweig-Lüneburg entstanden war. B. umfasste vor allem alte
katlenburgische Güter am südlichen Harzrand (Einbeck, Osterode, Katlenburg,
Lauterberg-Scharzfeld, Duderstadt, Grubenhagen, Salzderhelden, Westerhof).
1342/1358 musste die Mark Duderstadt an das Erzstift Mainz verkauft werden.
1596 erlosch die Linie. B. fiel an das mittlere Haus Braunschweig-Wolfenbüttel.
1617 kam es durch kaiserliche Entscheidung an das mittlere Haus
Lüneburg(-Celle), 1665 an Calenberg/Hannover. Über Preußen gelangte das Gebiet
1946 zu Niedersachsen. S. Grubenhagen.
L.: Zeumer 552ff. II b 18; Wallner 707 NiedersächsRK 15; Großer Historischer
Weltatlas II 66 (1378) F3; Max, G., Geschichte des Fürstentums Grubenhagen, Bd.
1f. 1862ff.; Zimmermann, P., Das Haus Braunschweig-Grubenhagen, 1911; Heine,
M., Das Gebiet des Fürstentums Braunschweig-Grubenhagen und seine Ämter, 1942.
Braunschweig-Lüneburg (Herzogtum,
Fürstentum). Um die Jahrtausendwende wurde an der Kreuzung der Straßen
Hildesheim-Magdeburg und Goslar-Lüneburg die Burg Dankwarderode (Tanquarderoth
1134) errichtet. In Anlehnung an sie entstand auf älterem Siedlungsboden
Braunschweig (1031 Brunesguik). Dieses bildete bald einen Vorort im
Stammesherzogtum Sachsen, das 1106 an Lothar von Süpplingenburg fiel, der durch
Vermählung mit der Erbtochter des Grafen von Northeim, Richenza, die Erbgüter
der Brunonen um Wolfenbüttel und Braunschweig erlangt hatte und sie über seine
Tochter Gertrud an die Welfen weiterleitete. Nach dem Sturz Heinrichs des Löwen
(1180) wurde das verbliebene Eigengut unter den Söhnen 1202/1203 geteilt (erste
Teilung). Heinrich († 1218), Pfalzgraf bei Rhein, erhielt den westlichen Teil
(Lüneburg von Hannover bis Göttingen und Dithmarschen), Wilhelm († 1215) den
östlichen Teil (Lüneburg), König Otto IV. († 1218) Braunschweig bis zum
Unterharz. Otto verstarb 1218 kinderlos. Heinrichs Erbe kam von seinen Töchtern
an Kaiser Friedrich II. Dieser erhob am 21. 8. 1235 nach der Übertragung der
welfischen Eigengüter an das Reich B. als Reichslehen des Gesamthauses zum Herzogtum. Für dieses erwarb Herzog
Otto das Kind († 1252), der Sohn Herzog
Wilhelms, 1246 von der Landgrafschaft Thüringen das Werratal und Münden
(Hannoversch-Münden) zurück und verband die aus dem billungischen Erbe um
Lüneburg, aus dem brunonischen Erbe um Braunschweig und aus dem northeimischen
Erbe zwischen Harz und oberer Leine gekommenen Güter zu einer Einheit. Verloren
gingen allerdings 1236 die Grafschaft Stade und 1264 das Amt Gieselwerder.
1267/1269 wurde das Land von seinen Söhnen geteilt (zweite Teilung). Albrecht
der Lange († 1279) wurde Herzog im Landesteil
Braunschweig (Altes Haus Braunschweig, Gebiete um Braunschweig-Wolfenbüttel,
Einbeck-Grubenhagen und Göttingen-Oberwald), Johann († 1277) Herzog im Landesteil Lüneburg (Altes Haus Lüneburg).
Gemeinsam blieb die Stadt Braunschweig. Von dieser Teilung an standen mit
Ausnahme der Jahre 1400 bis 1409 mindestens immer die beiden Häuser
Braunschweig und Lüneburg, zeitweilig sogar vier oder fünf Linien
nebeneinander. Dabei wurden nach Hameln (1261) noch Teile der Grafschaft Dassel
(1269/1272), Güter im nördlichen Harz und um Calenberg gewonnen, 1352 das
Untereichsfeld um Duderstadt aber verloren. Das Fürstentum Lüneburg wurde unter
Otto dem Strengen 1303/1321 um die Grafschaften Dannenberg, Lüchow und Wölpe
erweitert. 1369 starb die Linie mit Herzog
Wilhelm aus. Es kam zum Lüneburger Erbfolgekrieg, an dessen Ende Lüneburg in
der Auseinandersetzung mit den Askaniern an die Herzöge von
Braunschweig-Wolfenbüttel fiel. Das Fürstentum Braunschweig, das seit 1279 der
Vormundschaft Ottos des Strengen von (Braunschweig-)Lüneburg unterstand, wurde
schon 1285/1286 unter den Söhnen Heinrich I. († 1322), Albrecht II. († 1318)
und Wilhelm (†1292) weiter aufgeteilt in die Linien Grubenhagen (bis 1596),
Göttingen (mit Münden bis 1463) und Braunschweig (dritte Teilung). Hiervon
starb Wilhelm 1292 und seine Güter kamen an die Linie Göttingen. Diese teilte
sich 1345 in die Linien Göttingen (Ernst I. † 1367) und
Braunschweig(/Wolfenbüttel) (Magnus I. † 1369) (fünfte Teilung). Von diesen
erhielt die Braunschweig/Wolfenbütteler Linie 1388 nach dem Lüneburger
Erbfolgekrieg das Lüneburger Erbe Herzog
Wilhelms. Sie führte aber neben dem Fürstentum Lüneburg das Fürstentum
Braunschweig(/Wolfenbüttel) in einer Nebenlinie (Friedrich) bis 1400 fort
(sechste Teilung), so dass Grubenhagen, Göttingen, Braunschweig-Wolfenbüttel
und Lüneburg nebeneinander standen. Nach der Ermordung Herzog
Friedrichs von Braunschweig im Jahre 1400 erbten die Herzöge von Lüneburg das
Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel. 1409 teilten sie erneut in Braunschweig
und Lüneburg (mittleres Haus Lüneburg bis 1592 [siebente Teilung, achte
Teilung]), wobei sie das braunschweigische Fürstentum (mittleres Haus
Braunschweig bis 1634) um das Land zwischen Deister und Leine (Calenberg)
vergrößerten (Revision der Teilung 1428). 1432 entstanden durch Teilung die
Fürstentümer Braunschweig und Calenberg (neunte Teilung), von denen Calenberg
1447/1494 die Grafschaft Wunstorf erlangte und 1442/1463 durch Kauf das
Fürstentum Göttingen (mit Münden) und 1473 durch Erbfolge das Fürstentum
Braunschweig erwarb, 1481 und 1483 aber wieder teilte (zehnte, elfte Teilung).
1495 wurde das Fürstentum Braunschweig-Calenberg-Göttingen wieder geteilt
(zwölfte Teilung). Herzog Heinrich erhielt
Braunschweig, für das die neue Residenz Wolfenbüttel namengebend wurde. Herzog Erich I. bekam Calenberg-Göttingen. Beide
teilten sich das in der Hildesheimer Stiftsfehde von 1519 bis 1523 eroberte
Gebiet des Hochstifts Hildesheim (Hunnesrück [Hunsrück], Grohnde,Aerzen
[Ärzen], Lauenstein, Gronau, Hallerburg, Poppenburg, Ruthe, Koldingen, Hameln
[zur Hälfte], Bodenwerder, Dassel, Elze, Sparstedt an
Braunschweig-Calenberg-Göttingen, Winzenburg, Wohldenburg [Woldenberg],
Steinbrück, Lutter, Woldenstein, Schladen, Liebenburg, Wiedelah, Vienenburg,
Westerhof, Alfeld, Bockenem, Lamspringe und Salzgitter an
Braunschweig-Wolfenbüttel). Um die Mitte des 16. Jahrhunderts traten die
welfischen Herzöge der Reformation bei. Herzog
Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel gründete 1576 die Universität Helmstedt.
Er erbte 1584 das Fürstentum Calenberg-Göttingen und erlangte 1596 (bis 1617)
das Fürstentum Grubenhagen. 1582 erwarb er die Reichsgrafschaft Hoya, 1599 die
Reichsgrafschaft Regenstein mit Blankenburg und Hartingen im Harz. Kurz nach
dieser Vereinigung der südlichen welfischen Lande starb 1634 die Wolfenbütteler
Linie des mittleren Hauses Braunschweig aus. Ihr Land fiel an Lüneburg. Statt
zur Bildung eines einheitlichen Landes kam es aber 1635 zu einer erneuten
Gründung eines Neuen Hauses Braunschweig durch die Linie Dannenberg des Herzogtums Lüneburg. Sie erhielt das Fürstentum
Wolfenbüttel (ohne Calenberg und Grubenhagen) samt Regenstein und gegen
Hitzacker, Dannenburg, Lüchow und Scharnebeck noch Walkenried im Harz. Getrennt
durch die Hochstifte Hildesheim und Halberstadt bestand es aus den Distrikten
Wolfenbüttel, Schöningen, Harz und Weser und den Städten Braunschweig,
Wolfenbüttel, Schöppenstedt, Helmstedt, Schöningen, Königslutter, Gandersheim,
Seesen, Holzminden und Stadtoldendorf und residierte ab 1753 wieder in
Braunschweig. Das Lüneburger Gebiet (Neues Haus Lüneburg, Residenz seit 1636 in
Hannover) mit Calenberg, Göttingen und Grubenhagen und 1665 um die Grafschaft
Diepholz erweitert wurde 1692 zum Herzogtum/Kurfürstentum
Hannover erhoben (Kurbraunschweig). 1705 wurde an Hannover das Fürstentum
Lüneburg mit der Grafschaft Hoya angegliedert. 1714 wurde Kurfürst Georg Ludwig
von Hannover König von England. Von 1807 bis 1813 gehörte Braunschweig zum
Königreich Westphalen. Am 6. 11. 1813 entstand es ungefähr in den Grenzen des
Fürstentums Wolfenbüttel neu, nannte sich aber Herzogtum
Braunschweig. 1815 trat es dem Deutschen Bund bei und erhielt 1820 eine
Verfassung, die 1829 von Herzog Karl aufgehoben,
1832 aber erneuert wurde. 1867 trat das Herzogtum
Braunschweig dem norddeutschen Bund, 1871 dem Deutschen Reich bei. 1884 erlosch
das Haus Braunschweig. Da das erbberechtigte Haus Hannover, das 1866 Hannover
an Preußen verloren hatte, die Reichsverfassung nicht anerkannte, bestand bis
1906 eine Regentschaft durch Prinz Albrecht von Preußen und bis 1913 durch Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg. Der seit 1913
nach Anerkennung der Reichsverfassung regierende Herzog
Ernst August dankte 1918 ab. Auf eine kurzlebige Räterrepublik folgten ab
Dezember 1918 sozialdemokratische bzw. bürgerliche Regierungen des Freistaates
Braunschweig, der sich am 6. 1. 1922 eine Verfassung gab. 1930 trat die
Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei in die Regierung ein. 1940 wurde
der Kreis Holzminden gegen Goslar ausgetauscht (Preußen). 1945 wurde
Braunschweig wiederhergestellt. Durch die Zonengrenzziehung wurde der größte
Teil des Kreises Blankenburg (1990 Sachsen-Anhalt) und Calvörde der
sowjetischen Besatzungszone zugeteilt. Im Übrigen ging Braunschweig am 1. 11.
1946 durch Anordnung der britischen Militärregierung (mit Ausnahme der durch
die Zonengrenze abgetrennten Gebiete) im Land Niedersachsen auf. S. a.
Braunschweig-Wolfenbüttel.
L.: Wolff 432; Zeumer 552 I 8; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) F4,
III 22 (1648) E3; Die Territorien des Reichs 3, 8; Havemann, W., Geschichte der
Lande Braunschweig und Lüneburg, Bd. 1ff. 1853ff.; Sudendorf, H., Urkundenbuch
zur Geschichte der Herzöge von Braunschweig und Lüneburg (bis 1407), Bd. 1-11
1859ff.; Max, G., Geschichte des Fürstentums Grubenhagen, 1862; Heinemann, O.
v., Geschichte von Braunschweig und Hannover, Bd. 1ff. 1882ff.; Krieg, M., Die
Entstehung und Entwicklung der Amtsbezirke im ehemaligen Fürstentum Lüneburg,
1922; Hüttebräuker, L., Das Erbe Heinrichs des Löwen. Die territoriale
Grundlage des Herzogtums Braunschweig-Lüneburg,
1927; Pröve, H., Dorf und Gut im alten Herzogtum
Lüneburg, 1929; Schnath, G., Die Gebietsentwicklung Niedersachsens, 1929;
Beckurts, B., Grundriss der Braunschweiger Geschichte, 3. A. 1931; Schnath, G.,
Geschichtlicher Handatlas Niedersachsens, 1939; Karte des Landes Braunschweig
im 18. Jahrhundert, bearb. v. Kleinau, H. u. a., 1956; Patze, H., Die
welfischen Territorien im 14. Jahrhundert, VuF 14, 1971; Kleinau, H., Überblick
über die Gesamtentwicklung des Landes Braunschweig, Braunschweig. Jb. 53
(1972); Boshof, E., Die Entstehung des Herzogtums
Braunschweig-Lüneburg, (in) Heinrich der Löwe, hg. v. Moormann, D., 1980;
Weitkamp, S., Bibliographie zur braunschweigischen Landesgeschichte,
Braunschweigisches Jb. 67f. (1986f.); Pischke, G., Die Landesteilungen der
Welfen, 1987; Schlinker, S., Fürstenamt und Rezeption, 1999, 70; Brück, A., Die
Polizeiordnung Herzog Christians von
Braunschweig-Lüneburg vom 6. Oktober 1618, 2003.
Braunschweig-Oels (Herzog).
1792 fiel (Württemberg-)Oels durch Heirat in weiblicher Erbfolge an Herzog Friedrich August von Braunschweig. Sein Neffe
Friedrich Wilhelm nannte sich seit 1805 Herzog
von B. 1884 kam Oels als erledigtes Thronlehen an Preußen. S. Oels.
L.: Häusler, W., Geschichte des Fürstentums Oels, 1883.
Braunschweig-Wolfenbüttel (Fürstentum, Herzogtum).
Wolfenbüttel an der Oker im nördlichen Harzvorland wird 1118 erstmals erwähnt,
ist aber vermutlich erheblich älter (10./11. Jh.). Die Burg Wolfenbüttel
unterstand zunächst den Herren von Asseburg (Gunzelin von Wolfenbüttel), die am
Ende des 12. und Anfang des 13. Jahrhunderts zwischen Peine, Elm und Asse eine
Herrschaft errichteten, und wurde nach der Zerstörung der Herrschaft durch die Welfen
(1255) 1283 von diesen wieder aufgebaut. Seit dem Ende des 13. Jahrhunderts war
es Sitz verschiedener aufeinanderfolgender Linien des Hauses Braunschweig, seit
1432 Hauptsitz der Herzöge von B. Nach der Teilung von 1495 wurde durch Herzog Heinrich den Älteren († 1514) das eigentliche
Fürstentum B., dessen Name zwischen Braunschweig und Wolfenbüttel wechselte,
begründet. Dieses erlangte 1523 Teile des Hochstifts Hildesheim, führte die
Reformation ein, erbte 1584 Braunschweig-Calenberg sowie von 1596 bis 1617
Braunschweig-Grubenhagen und gewann 1568 die Verwaltung des Hochstifts
Halberstadt sowie 1593/1599 die Güter der Grafschaften Hohnstein und
Blankenburg-Regenstein, so dass es von Hoya bis Halberstadt herrschte. Nach
Aussterben der Wolfenbütteler Linie (1634) kam es in drei getrennten Teilen
(Braunschweig, Wolfenbüttel und Helmstedt, Gandersheim und Holzminden,
Blankenburg, insgesamt zwei Siebtel der welfischen Güter) 1635 an die Linie
Lüneburg-Dannenberg (Neues Haus Braunschweig). 1636 fiel Dannenberg an, 1651
Blankenburg und Regenstein, 1671 Braunschweig, doch musste 1643 der Anteil des
Großen Stiftes an das Hochstift Hildesheim zurückgegeben werden. Von 1735 bis
1884 kam B. an die 1666 begründete Nebenlinie Braunschweig-Bevern. 1753/1754
wurde die zu europäischer Bedeutung aufgestiegene Residenz von Wolfenbüttel
nach Braunschweig verlegt. Am Ende des 18. Jahrhunderts gehörte B. zur
weltlichen Bank des Reichsfürstenrates des Reichstags. Durch den
Reichsdeputationshauptschluss vom 25. 2. 1803 erhielt es die Abteien
Gandersheim und Helmstedt. 1807 kam es zum Königreich Westphalen und wurde 1813
wiederhergestellt. Im 19. Jahrhundert setzte sich die Bezeichnung Herzogtum Braunschweig für Wolfenbüttel durch. Am 1.
11. 1946 ging Braunschweig in Niedersachsen auf.
L.: Wolff 438; Zeumer 553 II b 19; Wallner 706 NiedersächsRK 8; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) F2, III 21 (1618-1648) E2, III 22 (1648)
D/E2/3, III 38 (1789) C/D1/2; Bauer 1, 139; Germer, H., Die Landgebietspolitik
der Stadt Braunschweig bis zum Ausgang des 15. Jahrhunderts, 1935; Spiess, W.,
Die Heerstraßen auf Braunschweig um 1550, 1937; Barner, W., Heimatatlas des
Kreises Alfeld für Schule und Haus, 1953; Karte des Landes Braunschweig im 18.
Jahrhundert, hg. v. Kleinau, H./Penners, T./Vorthmann, A., 1956; Historischer
Atlas der Stadt Braunschweig, bearb. v. Vermessungsamt der Stadt, 1958ff.;
Kühlhorn, E., Ortsnamenlexikon für Südniedersachsen, 1964; Karpa, O.,
Wolfenbüttel, 2. A. 1965; Kleinau, H., Land Braunschweig, (in) Geschichtliches
Ortsverzeichnis von Niedersachsen, 3 Teile 1967; Thöne, F., Wolfenbüttel, Geist
und Glanz einer alten Residenz 1963, 2. A. 1968; Beiträge zur Geschichte der
Stadt Wolfenbüttel, hg. v. König, J., 1970; Kraatz, H., Die
Generallandesvermessung des Landes Braunschweig von 1746-1784, 1975; Pischke,
G., Die Landesteilungen der Welfen, 1987; Casemir, K./Ohainski, U., Das
territorium der Wolfenbütteler Herzöge um 1616, 1996; Medefind, H., Die
Kopfsteuerbeschreibung des Fürstentums Braunschweig-Wolfenbüttel von 1678,
2001; Das Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel im Jahr 1574, hg. v. Ohainski,
U. u. a., 2012.
Breda (Herrschaft). B. am Zusammenfluss von
Mark und Aa südöstlich von Rotterdam wird als Burg erstmals 1198 genannt. Die
sich um B. ausbildende Herrschaft zählte zum Herzogtum
Brabant. Von den Herren von B. ging sie um 1175 auf die van Schoten über, 1287
an die Gavere-Liederkerke und 1327 durch Verkauf an den Herzog von Brabant. Über die von ihm belehnten van Duvenvoorde
(1339) und van Polanen (1353) gelangte B. 1404 durch Heirat (als deren erstes
niederländisches Gut) an die Grafen von Nassau-Dillenburg und damit später an
Nassau-Oranien. S. Niederlande.
L.: Wolff 54; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) C3; Cerutti, F. u. a.,
Geschiedenis van Breda, 1952; Herborn, W., Breda, LexMA 2 1983, 598; Escher, M.
u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 2, 87.
Brehna (Grafen). Vor 1053 ließ Graf Thiemo I.
in B. bei Bitterfeld eine Burg errichten. Die daneben vor 1274 entstandene
Stadt und die Grafschaft B. wurden 1290 als Reichslehen an das Herzogtum Sachsen-Wittenberg vergeben. Sie kamen 1423
an Sachsen (Kursachsen, Wettin) und wurden 1815 an Preußen abgetreten (Provinz
Sachsen, s. Sachsen-Anhalt).
L.: Wolff 377; Schmidt, A., Bilder aus der Geschichte der Grafschaft und der
Stadt Brehna, 1931.
Breisgau (Gau, Grafschaft, Landgrafschaft,
Landvogtei). Der aus dem Keltischen kommende Name der Landschaft zwischen
Oberrhein und Schwarzwald wird um 400 erstmals genannt (7. Jh. Brisachgowe).
Die karolingische Grafschaft des alemannisch besiedelten Breisgaues ist seit
dem 11. Jahrhundert in den Händen der Zähringer belegt. 1064 ging sie an die
verwandten Markgrafen von Baden, 1190 an deren Teillinie der Markgrafen von
Hachberg. Nach dem Untergang der Staufer erlangten die Grafen von Habsburg
einen Teil der Güter. 1269 fielen ihnen weitere Teile durch das Erlöschen der
Grafen von Kiburg (Kyburg) zu, die 1218 einen Teil der Güter der Herzöge von
Zähringen geerbt hatten. Während der südliche Teil des Breisgaus bei den
Markgrafen verblieb (Markgräfler Land) und am Beginn der Neuzeit aus dem B. ausschied,
wurde der nördliche „niedere“ B. als Landgrafschaft 1318 an die Grafen von
Freiburg (Urach-Freiburg) verpfändet und kam durch Erwerb der Landgrafschaft
und der Schirmherrschaft über Freiburg 1368 von den Grafen von Freiburg
überwiegend an Habsburg, das 1331 Breisach und Neuenburg sowie 1365 Kirnberg
(Kürnberg) mit Kenzingen gewonnen hatte. Von 1469 bis 1474 wurde der B. von dem
Habsburger Sigmund von Tirol an Burgund verpfändet. 1478 ließ sich Habsburg mit
der Landgrafschaft im Breisgau belehnen. Seit dieser Zeit hatte der B. (mit
Freiburg, Breisach, Villingen, Neuenburg, Burkheim [Burgheim], Waldkirch,
Fricktal und Grafschaft Hauenstein) eigene Verwaltung (in Ensisheim) und
Landstände. Im Frieden von Lunéville des Jahres 1801 bzw. dem Reichsdeputationshauptschluss
vom 25. 2. 1803 fiel er an den Herzog von
Modena, 1803 als Erbe an Österreich-Este, 1805 an Baden und Württemberg. 1810
trat Württemberg seinen Anteil an Baden ab. Das Fricktal (Herrschaften
Rheinfelden und Laufenburg) kam 1801 an Frankreich, 1802 an die Helvetische
Republik und 1815 an die Schweiz. Der übrige B. fiel 1951/1952 mit Baden an
Baden-Württemberg.
L.: Wolff 40; Wallner 713 ÖsterreichRK 1; Großer Historischer Weltatlas II 66
(1378) D5, III 22 (1648) C5, III 38 (1789) B4; Fehr, H., Die Entstehung der
Landeshoheit im Breisgau, 1904; Windelband, W., Der Anfall des Breisgaus an
Baden, 1907; Curs, O., Deutschlands Gaue im zehnten Jahrhundert, 1908, 3
([Brisehguue, Prisekeuue, Prisecgeuue, Brisiggouue, Brisachgowe, Prisagouue,
Brisikgowe, Brisikgouui, Brysichkowe, Brisihgowi, Prisgauue, Prisegouue,
Brisiggowe, Brisichgowe, Prisichgowe, in Mittelbaden,] Sulzburg, Waldkirch,
Königschaffhausen bzw. Königsschaffhausen, Riegel, Endingen, Wendlingen,
Kenzingen, Teningen bzw. Theningen, Bahlingen, Burkheim bzw. Burgheim,
Oberrotweil bzw. Rottweil, Betzenhausen, Oberbergen, Vogtsburg, Kirchzarten,
Liel, Tutschfelden, Oberbirken, Unterbirken, Haslach, Bellingen bzw. Bad
Bellingen, Opfingen, Kirchen, Malterdingen, Ihringen, Wyhl bzw. Wyl, Richtlingen,
Mauracherhof, Neuershausen, Buggingen); Der Breisgau, hg. v. Busse, H. u. a.,
2. A. 1941; Stolz, O., Geschichtliche Beschreibung der ober- und
vorderösterreichischen Länder, 1945; Bader, K., Der deutsche Südwesten in
seiner territorialstaatlichen Entwicklung, 1950, Neudruck 1978; Creutzburg, N.
u. a., Freiburg und der Breisgau, 1954; Polenz, P. v., Landschafts- und
Bezirksnamen, 1961, I, 1, 8, II, 16, 30, 31, 32, III, 31, IV, 8, S. 263,
Brisihgouwe, pagus Brisiaguensis, pagus Brisacensis, finis Prisegauginsis,
Brisigavi; Moreau, J., Dictionnaire de géographie historique, 1972, 66 Brisgau;
Vorderösterreich. Eine geschichtliche Landeskunde, hg. v. Metz, F., 3. A. 1978;
Wogau, K. v., Die landständische Verfassung des vorderösterreichischen
Breisgaues 1679-1752, 1973; Zotz, T., Der Breisgau und das alemannische Herzogtum, 1974; Kageneck, A. Graf v., Das Ende der
vorderösterreichischen Herrschaft im Breisgau, 1981; Zotz, T., Breisgau, LexMA
2 1983, 601f.; Borgolte, M., Geschichte der Grafschaften Alemanniens in
fränkischer Zeit, 1984, 56, 111 (Binzen, Rümmingen, Steinenstadt, Tumringen,
Wollbach, Haltingen, Eimeldingen) ; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren,
2005, 1, 531.
Bremen (Erzstift, Herzogtum,
Residenz). Das 787/789 für den Angelsachsen Willehad gegründete, 804/845
gefestigte, zunächst dem Erzbistum Köln unterstellte Bistum B. wurde
845/847/848/864 als Ersatz für das zerstörte Hamburg zum Erzbistum erhoben, das
sich die Missionierung des skandinavischen Nordens zum Ziel setzte, die 947
eingerichteten nordischen Suffraganbistümer (Schleswig, Ripen, Aarhus) aber
1104 an das neugegründete Erzbistum Lund verlor. Die weltliche Herrschaft der
Erzbischöfe reichte zunächst von Dithmarschen bis zur Grafschaft Wildeshausen
(1270), beschränkte sich dann aber auf das Gebiet zwischen Weser und
Elbemündung (2. H. 11. Jh. alle Grafschaften des südelbischen Teils des
Bistums, 1144/1236 Anfall der Grafschaft Stade nach dem Tode des letzten Grafen
von Stade 1144), in dem 1234 Stedingen, 1306 Kehdingen und 1524 Wursten erlangt
wurden. Die Versuche, die seit dem 13. Jahrhundert verlorene Herrschaft über
die Stadt Bremen zu erringen, scheiterten zwischen 1363 und 1395. Gegen den
Widerstand der letzten katholischen Erzbischöfe Christoph († 1558) und Georg (†
1566) setzte sich seit 1535 die Reformation durch. 1621/1632 wurde das
Hochstift von Dänemark bzw. Schweden besetzt. Im Westfälischen Frieden von 1648
wurde es wie Verden als Herzogtum (Bremen-Verden
mit Sitz in Stade) Schweden zugesprochen. 1712 ging es durch Eroberung an
Dänemark, das es 1715 an Hannover verkaufte, dem es Schweden 1719/1720 abtrat.
1803 wurde das Herzogtum mit 94 Quadratmeilen
und rund 180000 Einwohnern von Frankreich besetzt, am 14. 2. 1810 dem
Königreich Westphalen und am 10. 12. 1810 Frankreich einverleibt. 1815 kam es
zu Hannover und mit diesem 1866 an Preußen. 1946 gelangte das Gebiet an
Niedersachsen.
L.: Wolff 430; Zeumer 553 II b 6; Wallner 707 NiedersächsRK 3; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) E2, III 22 (1648) D2, III 38 (1789) C1; Die
Territorien des Reichs 3, 44; Dehio, G., Geschichte des Erzbistums Bremen bis
zum Ausgang der Missionszeit, Bd. 1, 2, 1877; Doerries, H., Studien zur älteren
bremischen Kartographie, Bremische Jb. 31, 32 (1928-29); May, O./Möhlmann, G.,
Die Regesten der Erzbischöfe von Bremen, Bd. 1, 2 (bis 1327) 1929ff.; Möhlmann,
G., Der Güterbesitz des Bremer Domkapitels, Diss. phil. Göttingen 1933;
Glaeske, G., Die Erzbischöfe von Hamburg-Bremen als Reichsfürsten, 1962;
Schomburg, D., Land Bremen, (in) Geschichtliches Ortsverzeichnis von
Niedersachsen, 1964; Fiedler, B., Die Verwaltung der Herzogtümer
Bremen und Verden in der Schwedenzeit 1652-1712, 1987; Drecktrah, V., Die
Gerichtsbarkeit in den Herzogtümern Bremen und
Verden, 2002; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W., 2003, 1, 476, 1, 2, 73.
Bremen (freie Reichsstadt, Republik, Land,
Bundesland). B. (and. „an den Rändern“) wird erstmals 781/782 genannt. Seit
787/789 entstand auf einem Dünenhügel zwischen Weser und Balge der Dom des
Bischofssitzes B. (845/847 Erzbistum). 937 übertrug König Otto I. die
königliche Grundherrschaft an den Erzbischof von B. und gewährte 965
Marktrecht. Von 1186 an erlangten die Bürger vom König und vom Erzbischof
verschiedene Privilegien. Unter dem 1225 zuerst erwähnten Rat erkämpfte sich
die Stadt Unabhängigkeit vom erzbischöflichen Stadtherren. Von 1303 bis 1308
zeichnete sie unter Anlehnung an den Sachsenspiegel ihr Recht auf. Als Mitglied
der Hanse (seit 1358) erlebte sie um 1400 eine wirtschaftliche Blütezeit. In
der ”Eintracht” von 1433 und der ”Neuen Eintracht” kam es zur Festigung des
patrizischen Stadtregimentes, das zunehmend die Stellung einer freien Stadt mit
unmittelbarer Bindung an das Reich anstrebte. 1436 kam nach dem Aussterben der
Ritter von Oumund deren Herrschaft Blumenthal gegen Geldzahlungen von den Erben
an B. 1522 wurde die Reformation eingeführt, die bald calvinistische Züge
annahm. 1541/1666 wurde die Reichsfreiheit errungen und 1741 gefestigt, doch
ging Blumenthal mit 9 Dörfern an Hannover über und kam erst 1939 von Preußen
wieder an Bremen zurück. Im 18. Jahrhundert erlebte B. infolge des
Amerikahandels eine neue Blüte, behielt dann durch § 27 des
Reichsdeputationshauptschlusses vom 25. 2. 1803 Bestand und konnte sogar sein
Gebiet vergrößern (u. a. Domimmunität). Seit 1806 bezeichnete sich B. als Freie
Hansestadt B. Von 1810 bis 1813 war es als Teil Frankreichs (10. 12. 1810)
Hauptstadt des französischen Weserdepartements (Departements Wesermündungen).
1815 wurde es Mitglied des Deutschen Bundes. 1827 erwarb es das hannoversche
Gebiet von Bremerhaven. 1849 gab es sich eine demokratische, 1854 eine
konservative Verfassung. 1866 wurde es Mitglied des Norddeutschen Bundes, 1871
Bundesstaat des Deutschen Reiches. Nach der Novemberrevolution 1918 und einer
kurzen Sozialistischen Republik B. (10. 1. 1919 - 4. 2. 1919) gab sich B. am
18. 5. 1920 eine demokratische Verfassung. Im Dritten Reich unterstand B. mit
rund 256 Quadratkilometern und 340000 Einwohnern gemeinsam mit Oldenburg einem
Reichsstatthalter. 1939 erhielt es preußische Gemeinden eingegliedert
(Blumenthal, Grohn, Hemelingen), 1945 den restlichen Landkreis B. Gleichzeitig
wurde 1939 die Stadt Bremerhaven (ohne das Hafengebiet) aus Bremen
ausgegliedert und der 1924 aus Geestemünde (Geestmünde) und Lehe gebildeten
Stadt Wesermünde in Preußen zugeteilt. In diesem Umfang gehörte B. seit Mai
1945 zur amerikanischen Besatzungszone. Am 23. 1. 1947 wurde rückwirkend zum 1.
1. 1947 das Land B. proklamiert. Am 7. 2. 1947 wurde Wesermünde mit dem
Hafengebiet Bremerhaven vereinigt und als Stadt Bremerhaven dem Land B.
zugeteilt, das 1949 Bestandteil der Bundesrepublik Deutschland wurde.
L.: Wolff 460; Zeumer 554 III a 8; Wallner 707 NiedersächsRK 23; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) E2, II 78 (1450) F3, III 22 (1648) D2, III
38 (1789) C1; Schnath, G./Lübbing, H./Engel, F., Niedersachsen, (in) Geschichte
der deutschen Länder, Bd. 1; Kellenbenz, H., Die Hanse und die Städte Lübeck,
Hamburg und Bremen, (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Die
Territorien des Reichs 3, 44; Schroeder 89ff.; Bauer 1, 141; Bremisches
Urkundenbuch, hg. v. Ehmck, D./Bippen, W. v., Bd. 1ff. 1873ff.; Bippen, W. v.,
Geschichte der Stadt Bremen, Bd. 1ff. 1892ff.; Lehe, E. v., Grenzen und Ämter
im Herzogtum Bremen, 1926; Gildemeister,
J./Heineken, C., Das Gebiet der freien Hansestadt Bremen in 28 Kartenblättern
nach den Originalaufnahmen, 1928; Doerries, H., Studien zur älteren bremischen
Kartographie, Bremische Jb. 31, 32 (1928-29); Die mittelalterlichen
Geschichtsquellen der Stadt Bremen, hg. v. Eckhardt, K. A., 1931; Allmers, C.,
Geschichte der bremischen Herrschaft Bederkesa, 1933; Buchenau, F., Die Freie
Hansestadt Bremen und ihr Gebiet, 4. A. 1934; Deutsches Städtebuch, hg. v.
Keyser, E./Stoob, H., Band 3 Teilband 1 1939ff.; Kasten, H., Freie Hansestadt
Bremen 1564-1947, 1947; Haase, C., Untersuchungen zur Geschichte des Bremer Stadtrechts
im Mittelalter, 1953; Schwarzwälder, H., Entstehung und Anfänge der Stadt
Bremen, 1955; Bessel, G., Bremen. Geschichte einer deutschen Stadt, 3. A. 1955;
Spitta, T., Kommentar zur Bremer Verfassung von 1947, 1960; Schomburg, D.,
Geschichtliches Ortsverzeichnis des Landes Bremen, 1964; Die Chroniken der
niedersächsischen Städte - Bremen, bearb. v. Meinert, H., 1968; Wilmanns, M.,
Die Landgebietspolitik der Stadt Bremen um 1400, 1973; Schwarzwälder, H.,
Geschichte der Freien Hansestadt Bremen, Bd. 1ff. 1975ff.; Meyer, H., Die vier
Gohe um Bremen, Diss. phil. Hamburg, 1977; Heineken, C., Geschichte der Freien
Hansestadt Bremen von der Mitte des 18. Jahrhunderts bis zur Franzosenzeit,
1983; Hoffmann, H., Bremen, Bremerhaven und das nördliche Niedersachsen, 1986;
Schwarzwälder, H., Reise in Bremens Vergangenheit, 1989; Tügel, G., Die Senate
der Hansestädte Hamburg und Bremen, 1989; Schwarzwälder, H., Das große
Bremen-Lexikon, 2000; Schulz, A., Vormundschaft und Protektion, 2001; 700 Jahre
Bremer Recht 1303-2003, hg. v. Elmshäuser, K. u. a., 2003; Elmshäuser, K.,
Geschichte Bremens, 2007.
Brescia (Stadtstaat). Das zunächst keltische
Brixia am Ausgang des Trompiatales stand seit 218 v. Chr. unter römischem
Einfluss. Vom 6. bis 8. Jahrhundert war es Mittelpunkt eines langobardischen Herzogtums. Im 12. Jahrhundert wurde es Mitglied des
lombardischen Städtebundes (1120 concio, 1127 consules). Nach häufigem
Herrschaftswechsel seit 1258 fiel es 1426 an Venedig, 1797 an die zisalpinische
Republik und an das Königreich Italien Frankreichs, 1815 an das
Lombardo-Venetianische Königreich (Lombardo-Venezianische Königreich)
Österreichs. Seit 1859 gehörte es zum Königreich Sardinien(-Piemont) bzw. 1861
Italien.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 48 (1300) D2; Storia di Brescia, hg. v.
Treccani degli Alfieri, G., Bd. 1ff. 1961ff.; Soldi Rondinini, G., Brescia, Lex
MA 2 1983, 608ff.
Breslau (Herzogtum,
Residenz der Piasten). Nach älteren Siedlungsspuren erscheint an einer
wichtigen Straßenkreuzung an der oberen Oder im 8./9. Jahrhundert eine
slawische Burg, die nach dem slawischen Personennamen Vratislav benannt ist.
Kurz nach 990 wird dort ein Bistum eingerichtet. 1214 finden sich deutsche
Siedler, 1261 erhält B. (vielleicht zum zweitenmal) deutsches Recht. Bei der
Teilung der niederschlesischen Piasten von 1248/1254 erlangte Heinrich III.
Breslau, seine Brüder Glogau und Liegnitz. 1280 wurde sein Sohn Heinrich IV.
von König Rudolf von Habsburg als Reichsfürst belehnt. 1290 setzte sich nach
dem Tod Heinrichs IV. Heinrich V. von Liegnitz durch, musste aber Schweidnitz
und Münsterberg an Jauer und Oels an Glogau abgeben. 1311 kam B. bei der Teilung
von Liegnitz an Heinrich VI., umfasste aber im Wesentlichen nur noch die Städte
und Weichbilder B., Neumarkt und Namslau. 1327 übertrug Heinrich VI. es mit
Wirkung von 1335 an den König von Böhmen. Zwischen 1346 und 1356 erhielt es auf
der Grundlage des Sachsenspiegels ein Landrecht. Von 1469 bis 1490 unterstand
es dem König von Ungarn, um danach wieder zu Böhmen zurückzukehren. 1526 fiel
es mit Böhmen an Habsburg bzw. Österreich. 1702 erhielt es von dort eine
Universität. Das Herzogtum hatte einen Flächeninhalt
von 42 Quadratmeilen und war in die Kreise B., Namslau und Neumarkt-Kanth
eingeteilt. 1742 kam es an Preußen. Seit 1945 stand B. unter Verwaltung Polens,
an das es 1990 als politische Folge der deutschen Einheit gelangte.
L.: Wolff 474; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) J3; Breslauer
Urkundenbuch, bearb. v. Korn, G., 1870; Markgraf, H., Geschichte Breslaus in
kurzer Übersicht, 2. A. 1913; Stein, R., Der Rat und die Ratsgeschlechter des
alten Breslau, 1963; Menzel, J., Breslau, LexMA 2 1983, 610ff.; Brunzel, K.,
Breslauer Lebensbilder aus drei Jahrhunderten, 1990; Rabe, C., Alma mater
Leopoldina, 1999; Encyklopedia Wroclawia (Enzyklopädie Breslaus), hg. v.
Harasimowicz, J., 2000; Quellenbuch zur Geschichte der Universität Bresau 1702
bis 1811, hg. v. Conrads, N., 2002; Eschenloer, P., Geschichte der Stadt
Breslau, 2003; Thum, G., Die fremde Stadt, 2003; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 2, 79.
Brieg (Fürstentum, Residenz der Piasten),
poln. Brzeg. Das seit Anfang des 13. Jahrhunderts erkennbare B. erhielt um 1247
Neumarkter Recht. 1311 entstand durch Erbteilung im Herzogtum
Liegnitz das Herzogtum B. Es kam 1329 unter die
Lehnshoheit Böhmens. 1344 wurde Grottkau an das Erzstift Breslau verkauft. Seit
1669 war B. mit Liegnitz und Wohlau vereinigt. 1675 fiel es nach dem Aussterben
der Herzöge von Liegnitz an Habsburg bzw. Österreich. 1742 kam es an Preußen.
Das Gebiet des Fürstentums umfasste 46 Quadratmeilen und war in die Kreise B.,
Ohlau, Strehlen, Nimptsch und Kreuzburg-Pitschen geteilt. Seit 1945 stand B.
unter Verwaltung Polens, an das es 1990 als politische Folge der deutschen
Einheit gelangte.
L.: Wolff 475f.; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) J3; Schönborn, H.,
Geschichte der Stadt und des Fürstentums Brieg, 1907; Irrgang, W., Neuere
Geschichte der Stadt Brieg 1740-1980, 1980; Gieysztor, A., Brieg, LexMA 2 1983,
683f.; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini,
W., 2003, 1, 2, 82.
Brisich (Herrschaft), Breisig. 1801 gehörte die
Herrschaft B. durch das Herzogtum Jülich zum
niederrheinisch-westfälischen Reichskreis. S. Preußen, Rheinland-Pfalz.
L.: Wolff 322; Wallner 701 WestfälRK 2.
Brüssel (Residenz des Herzogs
von Brabant)
L.: Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W.
u. a., 2003, 1, 2, 90.
Bühl (Herrlichkeit). Die Herrlichkeit Gahlen
und B. an der Lippe östlich von Wesel gehörte zum Herzogtum
Kleve (weselscher landrätlicher Kreis). S. Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 317.
Burgrain (Herrschaft). B. war von (811 bzw. vom
8.10.) 1284 bis 1802 Mittelpunkt einer durch Vertrag vom 8. 10. 1284 zwischen
dem Bischof von Freising und dem Herzog von
Bayern begründeten Herrschaft des Hochstiftes Freising, die mit diesem zum
bayerischen Reichskreis gehörte und an Bayern fiel( 1803 2162 Einwohner).
L.: Wolff 139; Wallner 712 BayRK 7; Heilmaier, L., Die ehemalige freisingische
Herrschaft Burgrain, 1911.
Burgund (Königreich, Herzogtum,
Freigrafschaft). Der Name B. für die Landschaft zwischen Saône und oberer Loire
geht auf die ostgermanischen Burgunder zurück, die zwischen 400 bzw. 413 und
436 um Mainz und Worms und nach 443 um Genf, Lyon und das Rhonegebiet ein
eigenes, strukturell in sich recht verschiedenes Reich gegründet hatten, das
534 von den Franken zerstört wurde. B. bezeichnet danach zunächst das
fränkische Teilreich B. um Orléans und Chalon-sur-Saône, später das Reich des
Sohnes Karl (855-863) Kaiser Lothars I. (Niederburgund d. h. Provence und Dukat
Vienne/Lyon). 879 wählten die geistlichen Großen des Gebiets den Grafen Boso (†
887) von Vienne, den Schwager Karls des Kahlen, zum König von B. (spätere
Franche-Comté, Chalon [Chalons], Mâcon, Vienne, Lyon, Languedoc, Teile Savoyens,
Provence). Hauptstadt war Arles, weswegen das Reich, das Boso 885 von Kaiser
Karl dem Dicken zu Lehen nahm, auch regnum Arelatense, Arelat genannt wurde.
888 riss der Welfe Graf Rudolf das Gebiet der späteren Franche-Comté und Teile
der späteren Schweiz als Königreich (Hochburgund) an sich, während Bosos Bruder
Richard das Gebiet der späteren Bourgogne westlich der Saône (Mâcon, Chalon
[Chalons], Autun, Nevers, Auxerre, Sens, Troyes, Langres) als Herzogtum B. an sich zog, so dass Bosos Sohn nur den südlichen
Rest behielt. 934 übertrug Graf Hugo von Provence dieses inzwischen erlangte
Gebiet als Ausgleich für Italien an den Welfen Rudolf II., womit zwei Drittel
Burgunds wiedervereinigt waren, während das Herzogtum
B. dadurch, dass Richards Sohn Rudolf 923 König von Frankreich wurde, seitdem
an Frankreich kam. 1016 sprach Rudolf III. von B. das Land Kaiser Heinrich II.
als Erbe zu. Nach seinem Tod setzte Kaiser Konrad II. 1032 die Erbansprüche auf
das Königreich B. durch, doch war die Macht des Königs gegenüber Adel und
Kirche von Anfang an gering, so dass dieses Gebiet nur unter Kaiser Friedrich
I. Barbarossa, der sich 1156 mit Beatrix von B., der Erbtochter der Grafen von
B. verheiratete und 1169 Hochburgund zwischen oberer Saône und Jura zur reichsunmittelbaren
Pfalzgrafschaft oder Freigrafschaft (seit 1350 Franche-Comté) mit Dole als
Hauptort erhob, und Karl IV., der 1378 den französischen Thronfolger als
Reichsvikar im Arelat ernannte, enger an das Reich gebunden werden konnte und
bis zum Ausgang des Mittelalters teilweise an die Schweiz, Savoyen und
Mömpelgard und im Übrigen (Lyon, Dauphiné, Provence, Avignon, Arles) an
Frankreich verlorenging, für das vom 11. Jahrhundert an drei Linien der
westfränkischen Kapetinger/Robertiner das Herzogtum
innegehabt hatten. Nach dem Aussterben der zweiten kapetingischen Seitenlinie
1361 kam das Herzogtum B. im Jahre 1363 als
Lehen Frankreichs an den jüngsten Sohn Johanns II. von Frankreich, Philipp den
Kühnen. Philipp erwarb durch seine 1369 mit Margareta von Flandern (d. J.)
geschlossene Ehe 1384 Flandern, Artois und die weiterhin als Reichslehen zum
deutschen Reich gehörende Freigrafschaft B., die über die Herzöge von
Andechs-Meranien (1208-1248), die Grafen von Chalon (1248-1295) und die Könige
von Frankreich (1295) an Margareta von Flandern (d. Ä.) gekommen war, Rethel,
Nevers, Salins und Mecheln sowie 1390 durch Kauf die Grafschaft Charolles
(Charolais). Sein Enkel Philipp der Gute eroberte die Grafschaft Boulogne und
erwarb 1428 Namur durch Kauf, 1430 Brabant und Limburg durch Erbschaft sowie
1433 Hennegau, Holland und Seeland durch Gewalt. Im Frieden von Arras erhielt
er 1435 die Gebiete von Mâcon, Auxerre und einen Teil der Picardie. Dazu kamen
1443 noch das Herzogtum Luxemburg und Chiny.
1477 fiel sein Sohn Karl der Kühne, der 1473 Geldern und Zütphen gewonnen und
mit dem Friedrich III. die Schaffung eines Königreichs B. erörtert hatte, im
Kampf gegen den Herzog von Lothringen. 1491
starb mit Johann von Nevers auch die Nebenlinie im Mannesstamm aus. Über die 1477
mit Maximilian von Habsburg vermählte Tochter Karls des Kühnen Maria († 1482)
gelangte das Herzogtum B. mit der Freigrafschaft
B. an das Haus Habsburg. Habsburg behauptete das burgundische Erbe
(Niederlande) bis auf die Bourgogne (Herzogtum
B.), die Picardie und Boulogne, die an Frankreich fielen, das seinerseits im
Frieden von Madrid 1526 auf die Lehnshoheit über Flandern und Artois
verzichtete. 1548 vereinte Kaiser Karl V. die verbliebenen burgundischen Länder
zum schon 1512/1521 angestrebten burgundischen Reichskreis, der später fast
ausschließlich aus Ländern (einer Vielzahl von Ländern und Herrschaften) eines
einzigen Landesherren (Habsburg als Herzog von
Burgund) bestand (1556 Spanien, 1713 Erzherzog von Österreich bzw. König von
Böhmen [ausgenommen die 1713 als Ersatz für Oranien an Preußen gelangten Teile
des Oberquartieres Geldern]). Die Freigrafschaft B. wurde nach mehrfacher
Besetzung durch Frankreich 1678 endgültig an Frankreich abgetreten. S.
Niederlande, Belgien, Burgundischer Reichskreis.
L.: Zeumer 552 III a 2, 37, 3; Großer Historischer Weltatlas II 34 (1138-1254)
F4, II 66 (1378) C5, II 78 (1450) F4; Die Territorien des Reichs 6, 198; Petit,
E., Histoire des ducs de Bourgogne de la race capétienne, Bd. 1ff. 1885ff.;
Berthaut, H., La carte de France 1750-1898, 1899; Cartellieri, O., Geschichte
der Herzöge von Burgund, 1910; Hofmeister, A., Deutschland und Burgund im
frühen Mittelalter, 1914; Febvre, L., Histoire de la Franche Comté, 7. A. 1922; Préchin, E., Histoire
de la Franche-Comté, 1947; Meyer, W., Burgund, 2. A. 1965; Richard, J.,
Histoire de la Bourgogne, 1957; Calmette, J., Le grands ducs de Bourgogne, 3. A. 1959; Kaughan, R., Philip the Bold.
The formation of the Burgundian State, 1962; Hoke, R., Die Freigrafschaft
Burgund, Savoyen und die Reichsstadt Besançon im Verbande des mittelalterlichen
deutschen Reiches, ZRG GA 79 (1962), 106ff.; Bittmann, K., Ludwig XI. und Karl
der Kühne, Bd. 1ff. 1964ff.; Boehm, L., Geschichte Burgunds, 1971, 2. A. 1979;
Moreau, J., Dictionnaire de géographie historique, 1972, 58 Bourgogne, 122
Franche-Comté; Duranthon, M., La carte de France, son histoire 1678-1974, 1978;
Werner, K. u. a., Burgund, LexMA 2 1983, 1062ff.; Calmette, J., Die großen
Herzöge von Burgund, 1987; Schlinker, S., Fürstenamt und Rezeption, 1999, 37;
Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W. u.
a., 2003, 1, 1, 49, 789; Ehm, P., Burgund und das Reich, 2002; Kaiser, R., Die
Burgunder, 2004; Gresser, P./Richard, J., La gruerie du comté de Bourgogne aux
XIVe et XVe siècles, 2004; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 470
(Herzogtum), 472 (Grafschaft); Kamp, H.,
Burgund, 2007; Rauzier, J., La Bourgogne au XIVe siècle, 2009; La Franche-Comté
et les anciens Pays-Bas, hg. v. Delobette, L. u. a., 2010.
Burgundischer Reichskreis. 1512/1521 sollten die
Herzöge von Burgund, die Grafen von Nassau und die Grafen und Herren von Breda,
Horn (Hein), Egmond und Bergen (Bergen-op-Zoom) den burgundischen Reichskreis
bilden. 1548 wurde für die Güter Habsburgs in den Niederlanden die
Zugehörigkeit zum B.R. geklärt und ein Schutzverhältnis vereinbart. 1551
gehörten dem burgundischen Reichskreis der Herzog
von Burgund, die Grafen von Nassau, Breda und Dillenburg sowie die Herren von
Hoya, Egmond, Bergen (Bergen-op-Zoom) und Walem (Wahlen) an. 1648 wurde die
Zugehörigkeit des burgundischen Reichskreises - ohne die inzwischen
verselbständigten Niederlande - zum Reich bestätigt. 1654 kam das 1651 vom
Kaiser an Spanien abgetretene Besançon hinzu. 1678 gingen die Freigrafschaft
Burgund und andere Teile an Frankreich verloren. 1713 kamen die verbliebenen
spanischen Niederlande an Österreich, 1801 an Frankreich. Am Ende des 18.
Jahrhunderts umfasste der burgundische Reichskreis nominell folgende Gebiete:
Aarschot (Aerschot) (Herzogtum, Burgund, Croy),
Antwerpen (Markgrafschaft, Brabant, Burgund), Grimbergen (Berghes) (Fürstentum,
Brabant, Burgund), Bournonville (Fürstentum, Brabant, Burgund), Brabant (Herzogtum, Burgund), Burgund (Herzogtum),
Comines (Flandern, Burgund), Dalhem (Grafschaft, Limburg, Burgund),
(Doornik/)Tournai (Herrschaft, Burgund), Enghien (Herzogtum,
Hennegau, Burgund), Flandern (Reichsgrafschaft), Gaveren (Fürstentum, Flandern,
Burgund), Geldern (Herzogtum, Burgund), Gent
(Burggrafschaft, Flandern, Burgund), Havre (Herzogtum,
Hennegau, Burgund), Hennegau (Reichsgrafschaft, Burgund), Herzogenrath (Hertogenrade) (Herrschaft, Limburg,
Burgund), Hoogstraten (Herzogtum, Burgund,
Salm-Salm), Horn (Hornes) (Fürstentum, Brabant, Burgund), Izegem (Iseghem)
(Fürstentum, Flandern, Burgund), Ligne (Fürstentum, Hennegau, Burgund), Limburg
(Herzogtum, Burgund), Luxemburg (Herzogtum, Burgund), Mecheln (Burgund), Namur
(Reichsgrafschaft),Rebecq (Rebecque) (Fürstentum, Hennegau, Burgund),
Rubempré-Everberg (Fürstentum, Brabant, Burgund), Steenhuize (Steenhuysen)
(Fürstentum, Flandern, Burgund), Tour et Tassis/Thurn und Taxis (Fürstentum,
Hennegau, Burgund), Valkenburg (Grafschaft, Limburg, Burgund), insgesamt 600 Quadratmeilen.
S. Niederlande, Belgien.
L.: Gumpelzhaimer 11, Wolff 50.
Calenberg (Fürstentum, Residenz des Herzogs von Braunschweig-Lüneburg). Kurz vor 1300
errichteten die Welfen im Kampf gegen das Hochstift Hildesheim die Grenzburg C.
östlich der Leine und südlich von Hannover. Seit der siebenten Teilung von
Braunschweig-Lüneburg im Jahre 1409 wurde sie namengebend für ein welfisches
Teilfürstentum zwischen Leine und Deister, zwischen 1432 und 1473 für das
Fürstentum der Hauptlinie des mittleren Hauses Braunschweig, die 1432 die
westlichen welfischen Güter erhalten hatte. In der Teilung von 1495 wurde C.,
seit 1513 verbunden mit dem Fürstentum Göttingen, unter Herzog Erich I. erneut verselbständigt. 1584 fiel beim Aussterben
der Linie das Fürstentum Calenberg-Göttingen an Braunschweig-Wolfenbüttel. 1636
verlegte Herzog Georg von Braunschweig-Lüneburg,
der 1635/1636 Calenberg-Göttingen nach dem Aussterben des mittleren Hauses
Braunschweig geerbt hatte und das neue Haus Lüneburg begründete, seine Residenz
nach Hannover. Die Feste C. verfiel (1690 abgerissen). In der Folge erhielt das
Land den Namen Hannover und 1692 die Kurfürstenwürde. 1705 wurde das Fürstentum
Lüneburg mit der Grafschaft Hoya angeschlossen. Um 1800 umfasste das Fürstentum
ein Gebiet von 48 Quadratmeilen. Es zerfiel in das hannoverische Quartier (mit
den kanzleisässigen Städten Altstadt-Hannover, Neustadt-Hannover, Münder,
Wunstorf, Pattensen, Eldagsen, den Stiften Loccum [Lockum] und Wunstorf, den
Klöstern Marienrode, Mariensee, Wennigsen, Barsinghausen, Wülfinghausen und
Marienwerder, den Kammerämtern Calenberg, Wittenburg,Koldingen [Coldingen],
Langenhagen, Ricklingen, Neustadt am Rübenberge, Rehburg, Wölpe [Welpe] und
Blumenau, den adligen Gerichten Linden, Rössing [Rössin], Bredenbeck und den
kanzleisässigen Städten Hameln und Bodenwerder, dem Stift Sankt Bonifacii zu
Hameln, den Kammerämtern Springe, Lauenstein, Ohsen, Grohnde, Polle, Aerzen
[Ärzen], Lauenau, Bokeloh und Lachem, den adligen Gerichten Limmer, Dehnsen,
Banteln, Hastenbeck [Hastenbek], Ohr und Hämelschenburg) und das göttingensche
Quartier (mit den kanzleisässigen Städten Göttingen, Northeim, Münden,
Dransfeld, Moringen, Uslar und Hardegsen, den Klosterämtern des Stifts Sankt
Blasii in Northeim, den ehemaligen Klöstern Wiebrechtshausen, Fredelsloh oder
Fredesloh, Marienstein, Weende, Mariengarten, Bursfelde und Hilwartshausen
[Hildewardeshausen], den Kammerämtern Münden, Brackenberg, Friedland,
Reinhausen [Rheinhausen], Niedeck, Brunstein, Westerhof, Moringen, Hardegsen,
Harste, Uslar, Lauenförde, Nienover und Erichsburg, den Gerichten Hardenberg,
Geismar, Adelebsen, Altengleichen, Imbsen, Gartedörfer, Waake, Imbshausen,
Jühnde, Üssinghausen [Ueßinghausen] und Oldershausen). Über Preußen (1866) kam
das Gebiet 1946 zu Niedersachsen. 2011 verkauft Erbprinz Ernst August von
Hannover die von der Familie nicht mehr bewohnte Domäne C. „aus strategischen
Gründen“.
L.: Wolff 436f.; Zeumer 553 II b 17; Wallner 706 NiedersächsRK 9; Schnath,
G./Lübbing, H./Engel, F., Niedersachsen, (in) Geschichte der deutschen Länder,
Bd. 1; Calenberger Urkundenbuch, hg. v. Hodenberg, W. v., 1855ff., Register
1938; Havemann, W., Geschichte des Landes Braunschweig und Lüneburg, 2, 1855,
Neudruck 1975; Spiess, W., Die Großvogtei Calenberg, 1933; Burchard, M., Die
Bevölkerung des Fürstentums Calenberg-Göttingen gegen Ende des 16.
Jahrhunderts, 1935; Pischke, G., Calenberg, LexMA 2 1983, 1395; Kalthoff, E.,
Die Geschichte der Burg Calenberg, Nds. Jb. 50 (1978); Lange, U., Landtag und
Ausschuss, 1986; Casemir, K./Ohainski, U., Das Territorium der Wolfenbütteler
Herzöge von 1616, 1996; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg.
v. Paravicini, W. u. a., 2003, 1, 2, 103.
Cammin (Hochstift, Fürstentum), Kammin. C.
(Kammin) in Pommern wird 1107 als pommersche Herzogsburg
der Wilzen erwähnt. Um 1175 wurde dort nach einer von Otto von Bamberg
errichteten Kirche ein Dom für den Bischof von Pommern erbaut und 1182
übersiedelte der seit 1140 in Wollin amtierende Bischof von Wollin nach C.
(Kammin). Der Sprengel des 1188 dem Papst unmittelbar unterstellten, nach Mainz
größten deutschen Bistums umfasste fast ganz Pommern, Teile Ostmecklenburgs,
der Neumark und der Uckermark. 1240 überließ der Herzog
dem Bischof das Land Stargard, 1248 im Tausch hierfür das Land Kolberg. 1276
musste das Hochstift das Land Lippehne und Schildberg (Schiltberg) an
Brandenburg verkaufen, gewann aber dafür Kolberg. Daraufhin verlegte der
Bischof seinen Sitz nach Kolberg, die Verwaltung des Hochstifts nach Köslin.
Vor 1321 erlangte der Bischof das Land Bublitz. Seit dem Eintritt Pommerns in
das Reich im 14. Jahrhundert wurde der Bischof als Reichsfürst angesehen, 1345,
endgültig 1417 und 1521 in die Reichsmatrikel aufgenommen. 1542 wurde die
Reichsunmittelbarkeit bestätigt. Nach der Einführung der Reformation
(1534/1544) und dem Tode des letzten Bischofs amtierten bis 1556
protestantische Titularbischöfe unter der Hoheit des Herzogs.
Danach war das Stift praktisch eine Sekundogenitur der Herzöge von Pommern.
1648 wurde es säkularisiert und fiel zur östlichen, 1679 auch zur westlichen
Hälfte an Brandenburg. Das protestantische Domkapitel wurde 1810 aufgelöst. Das
Bistum besaß seit dem 13. Jahrhundert neben Streubesitz um C. (Kammin)
zusammenhängende Gebiete um Kolberg, Köslin und Bublitz, die Brandenburg 1650
gegen eine Abfindung in Verwaltung übernahm. Am Ende des 18. Jahrhunderts
umfasste es ein Gebiet von 43 Quadratmeilen. S. Pommern, Polen.
L.: Zeumer 553 II b 41; Wallner 709 ObersächsRK 6; Großer Historischer
Weltatlas II 66 (1378) H/I1; III 22 (1648) G/H1; Die Territorien des Reichs 2,
182; Wehrmann, M., Geschichte Pommerns, 2. A. 1919ff.; Spuhrmann, R.,
Geschichte der Stadt Cammin in Pommern und des Camminer Domkapitels, 2. A.
1924; Müller, G., Das Fürstentum Kammin, 1929; Schulze, B., Besitz- und
siedlungsgeschichtliche Statistik der brandenburgischen Ämter und Städte
1540-1800, Beiband zu Schulze, B., Brandenburg, Ämterkarte, 1935; Heyden, H.,
Kirchengeschichte Pommerns, 2. A. 1957; Petersohn, J., Der südliche Ostseeraum
im kirchlich-politischen Kräftespiel vom 10. bis 13. Jahrhundert, 1979;
Urkunden und Regesten zur Geschichte des Templerordens im Bereich des Bistums
Cammin und der Kirchenprovinz Gnesen, neu bearb. v. Irgang, W., 1987; Schmidt,
R., Kammin, LexMA 5 1990, 891f.; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen
Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 519.
Carignan (Herzogtum) s. Ivois (Herzogtum)
Carpi (Stadtkommune). C. in der Poebene
nördlich von Modena fiel 1115 von Mathilde von Tuszien an den Papst. 1530 kam
es durch Kaiser Karl V. an die Este und wurde 1535 zum Fürstentum erhoben. Mit
dem Herzogtum Modena der Este ging es 1797 in
der zisalpinischen Republik und 1805 im napoleonischen Königreich Italien
Frankreichs auf. 1814 kam es an Franz IV. von Österreich-Este. 1860 fiel es an
Sardinien (1861 Italien).
L.: Großer Historischer Weltatlas II 48 (1300) D2.
Castro (Markgrafschaft). Im 18. Jahrhundert
zählte das an 1649 an den Kirchenstaat gelangte C. zu dem von Österreich
beanspruchten Lehen Herzogtum Mailand.
L.: Aretin, Das alte Reich 2, 374; Schnettger, M., Kleinstaaten in der frühen
Neuzeit, HZ 286 (2008), 613.
Celle (Stadt, Residenz des Herzogs von Braunschweig-Lüneburg). 1292 verlegte Herzog Otto der Strenge von Lüneburg C. (10./11.
Jahrhundert Kellu) drei Kilometer allerabwärts von Altencelle nach Nigencelle
(Neucelle). 1301 verlieh er dem Ort das Stadtrecht von Braunschweig. 1378 wurde
die Stadt nach Zerstörung der herzoglichen Burg in Lüneburg Sitz des
Fürstentums Lüneburg. 1705 verlor C. bei der Vereinigung von Lüneburg mit
Hannover die Stellung als Residenz, erhielt aber 1711 ein
Oberappellationsgericht. 1946 kam C. über Preußen an Niedersachsen. S.
Braunschweig-Celle, Braunschweig-Lüneburg, Niedersachsen.
L.: Wolff 434; Cassel, C., Geschichte der Stadt Celle, Bd. 1f. 1930ff.; Pröve,
H./Ricklefs, J., Heimatchronik der Stadt und des Landkreises Celle, 2. A. 1959;
Ricklefs, J., Geschichte der Stadt Celle, 1961; Busch, S., Hannover,
Wolfenbüttel und Celle. Stadtgründungen und -erweiterungen in drei welfischen
Residenzen vom 16. bis 18. Jahrhundert, 1969; Last, M., Celle, LexMA 2 1983,
1606f.; Celler Chronik, Beiträge zur Geschichte und Geographie der Stadt und
des Landkreises Celle, hg. v. Museumsverein Celle, 1983ff.; Brosius, D.,
Urkundenbuch der Stadt Celle, 1996; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W. u. a., 2003, 1, 2,105.
Chalon (Reichsfürstentum). Grafen von C.
entstanden bereits in karolingischer Zeit (unter Pippin). Die Grafenwürde wurde
945-978 erblich. Zum Herrschaftsgebiet der Grafen gehörten der pagus
Cabilonensis (Chaunois, Chalonnais) und die Grafschaft Charolles. 1237 gab Graf
Johann die Grafschaft gegen die Herrschaft Salins an den Herzog von Burgund. Mit dem Tod Karls des Kühnen von
Burgund kam die Grafschaft 1477 an Frankreich.
L.: Bazin, J., Les comtes héréditaires de Chalon-sur-Saône, 1911; Höfe und
Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 791.
Chalon-sur-Saône (Residenz des Herzogs
von Burgund)
L.: Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W.
u. a., 2003, 1, 2, 107.
Cham (Mark, Markgrafen). Die Cham-Furter
Senke war in agilolfingischer Zeit Herzogsland
und wurde 788 nach dem Sturz des Herzogs durch
König Karl den Großen Königsland. Seit ottonischer Zeit wurde um die 976
genannte, auf Königsland errichtete Burg Camma eine Grenzsicherungsorganisation
errichtet. Die danach geschaffene, 1055 erstmals genannte Mark C. (Böhmische
Mark) um die Burg fiel 1204 nach dem Aussterben der Markgrafen (Rapotonen,
Diepoldinger) an das Haus Wittelsbach (Bayern). 1255 gelangte C. bei der
Teilung Bayerns an Niederbayern und wurde 1352 an die Pfalzgrafen verpfändet.
1621/1625/1648 kam es wieder an Bayern, bei dem es bis auf die Jahre 1708-1714
(Pfalz) verblieb.
L.: Wolff 137; Wallner 711 BayRK 1; Brunner, J., Geschichte der Stadt Cham,
1919; Piendl, M., Das Landgericht Cham, 1955, (in) Historischer Atlas von
Bayern, Teil Altbayern 8; Polenz, P. v., Landschafts- und Bezirksnamen, 1961,
IV, 3, 4, 7, 9, Chamba, Champie marcha; Schmid, A., Cham, LexMA 2 1983, 1670;
Bosl, K., Cham. Die Geschichte der Stadt und ihres Umlandes in 1200 Jahren, 1989;
Haering, S., Die Mark Cham, (in) Beiträge zur Geschichte im Landkreis Cham 11
(1994), 5.
Chambéry (Residenz des Grafen/Herzogs von Savoyen)
L.: Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W.
u. a., 2003, 1, 2, 108.
Châtenois (Landschaft in Lothringen südlich
Neufchateaus, Herzog) s. Lothringen
L.: Moreau, J., Dictionnaire de géographie historique 86; Escher, M. u. a., Die
urbanen Zentren, 2005, 2, 118.
Chiavenna (Stadtkommune), mhd. Cleven. Das bereits
in römischer Zeit vorhandene (Clavenna), seit dem 10. Jahrhundert von den
Bischöfen von Como beherrschte C. an der Mera und am Treffpunkt des Bergell
(Majolapass) und der Val San Giacomo (Splügenpass) wurde am Ende des 11.
Jahrhunderts freie Kommune. 1335 fiel es an die Visconti (Herzogtum Mailand). 1512 wurde es von Graubünden
erobert. 1797 schloss es sich mit dem Veltlin der zisalpinischen Republik an.
1815 kam es an Österreich, 1859 an Italien.
L.: Wolff 535; Großer Historischer Weltatlas II 72 b (bis 1797) G4; Heinemeyer,
W., Chiavenna, LexMA 2 1983, 1809; Becker, C., Die Kommune Chiavenna, 1995.
Chiusi (Stadtstaat). C. am Südrand des
Chianatals geht auf das etruskische Chamars und das antike Clusium zurück.
Unter den Langobarden war es Hauptstadt eines eigenen Herzogtums,
im 9. und 10. Jahrhundert Mittelpunkt einer Grafschaft. Später geriet das
zugehörige Gebiet teilweise an die Visconti (Mailand). Die Stadt kam im 12.
Jahrhundert an Orvieto, 1283 an Siena und 1566 an Florenz und damit 1861 an
Italien.
L.: Großer Historischer Weltatlas II (1300) D3; Bersotti, G., Chiusi, 1974;
Pauler, R., Chiusi, LexMA 2 1983, 1861.
Clermont-en-Argonne (Grafschaft). Die Grafschaft C. westlich
Verduns gehörte 1378 über das Herzogtum Bar zum
Heiligen römischen Reich. S. Frankreich.
L.: Wolff 306; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) C4.
Colditz (Herrschaft, Herren, Residenz des
Markgrafen von Meißen/Kurfürsten von Sachsen). C. bei Grimma an der Freiberger
Mulde ist aus einem 1046 genannten Vorort eines Burgwards hervorgegangen. 1147
gelangte C. mit Leisnig und Groitzsch an Herzog
Friedrich von Schwaben. Dieser nahm als Kaiser Friedrich I. Barbarossa die Burg
C. mit 20 Dörfern als Teil des Pleißenlandes ans Reich und übertrug sie dem
Ministerialen Thimo. Die von ihm gegründete Familie spaltete im letzten Viertel
des 13. Jahrhunderts die Nebenlinien Breitenhain und Wolkenburg ab. Die
Hauptlinie erwarb am Anfang des 14. Jahrhunderts die Herrschaft Graupen in
Böhmen, 1378 die Herrschaft Eilenburg, 1379 die Pfandschaft Pirna und 1382
Neuseeberg in Böhmen. 1396 wurde die ausgedehnte Herrschaft an das Haus Wettin
verpfändet, 1404 verkauft. S. Sachsen.
L.: Wolff 379; Truöl, K., Die Herren von Colditz und ihre Herrschaft, Diss.
phil. Leipzig 1914; Helbig, H., Der wettinische Ständestaat, 1955, 307ff.; 700
Jahre Stadt Colditz, hg. v. Naumann, H., 1965; Blaschke, K., Colditz, 1984;
Patze, H., Colditz, LexMA 3 1986, 29f.; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W. u. a., 2003, 1, 2, 117.
Cosel, Kosel (Herrschaft, Herzogtum), poln. Kozle. C. an der Oder war im 12.
Jahrhundert eine Grenzburg der Piasten gegen Mähren. 1281 wurde das Herzogtum C. aus Oppeln verselbständigt und kam 1286
an Beuthen, dessen Träger 1327 dem König von Böhmen huldigte. Von 1312 bis 1355
war C. Residenz eines Herzogtums. 1355 kam es an
Oels. Von 1451 bis 1471 war es wieder selbständig, fiel 1472 an Münsterberg,
1475 an König Matthias Corvinus von Ungarn, 1490 an Oppeln und 1532 an
Österreich. 1742 kam es an Preußen. Seit 1945 stand C. unter der Verwaltung
Polens, an das es 1990 als politische Folge der deutschen Einheit gelangte.
L.: Wolff 480; Weltzel, A., Geschichte der Stadt, Herrschaft und ehemaligen
Festung Cosel, 2. A. 1888.
Cremona (Stadtkommune). C. am Po kam 218 v. Chr.
von den gallischen Cenomanen an Rom. 451 war es bereits Sitz eines Bischofs.
603 wurde es von den Langobarden erobert, geriet danach aber unter die
Herrschaft der Bischöfe. Im 12. Jahrhundert war es freie Kommune (1112-1166
consules). Im Kampf gegen Mailand war es mit Kaiser Friedrich I. Barbarossa
verbündet. 1334/1344 wurde es von den Visconti (Mailand) unterworfen und
gelangte 1441 an die Sforza. Mit dem Herzogtum
Mailand kam es 1797 unter die Herrschaft Frankreichs. 1815 fiel es an
Österreich, 1859 an Sardinien (1861 Italien).
L.: Großer Historischer Weltatlas II 48 (1300) D2; Signori, E., Cremona, 1928; Montorsi,
W., Cremona. Dalla cittá quadrata alla città nova, 1981; Zumhagen, O.,
Religiöse Konflikte und kommunale Entwicklung, 2001; Storia di Cremona, hg. v.
Andenna, G., 2004; Il codice diplomatico della cattedrale di Cremona, hg. v.
Leoni, V., 2010.
Crossen, Krossen (Herrschaft, Land, Residenz der
Herzöge von Glogau), poln. Krosno. C. an der Mündung des Bober in die Oder wird
1005 erstmals erwähnt (Crosno, Crosna). Nach 1150 kam es von Polen an das Herzogtum Schlesien und als Teil von Sagan 1329 unter
die Oberhoheit Böhmens und damit zum Heiligen römischen Reich. Am Ende des nach
dem Tode Herzog Heinrichs XI. von Glogau (†
1476), der mit Barbara von Brandenburg verheiratet gewesen war, ausbrechenden
Glogauer Erbstreits gelangte 1482 das Herzogtum
C. mit Bobersberg, Züllichau und Sommerfeld an Brandenburg und wurde damit von
Schlesien gelöst. 1535 wurde es mit einem Gebiet von 30 Quadratmeilen (Stadt
und Amt C., Städte Sommerfeld und Rothenburg, Stadt und Amt Züllichau) der
Neumark Johanns von Küstrin eingegliedert. 1537 verzichteten die Herzöge von
Münsterberg auf ihre Ansprüche als Erben von Glogau. C. wurde Lehen
Brandenburgs von Böhmen. Die Markgrafen nannten sich seitdem Herzöge von Schlesien
zu Crossen. 1742 endete die Lehnsabhängigkeit von Böhmen. S. Brandenburg,
Polen.
L.: Wolff 391; Wallner 708 ObersächsRK 1; Wedekind, E., Geschichte der Stadt
und des Herzogtums Crossen, 1840; Matthias, G.,
Chronica der Stadt und des ehemaligen Herzogtums
Crossen, hg. v. Range, C., 1853; Obstfelder, K. v., Chronik der Stadt Crossen,
2. A. 1925; Berbig, F., Die Erwerbung des Herzogtums
Crossen durch die Hohenzollern, 1882; Wein, K., Wo die Zeit einmündet in die
Ewigkeit. Ein Heimatbuch der Stadt Crossen/Oder, 1962; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W. u. a., 2003, 1, 2, 120.
Croy (Herzog).
Das nach dem Dorf C. bei Amiens in der Picardie benannte, altburgundisch-wallonisch-flämisch-westfälische
Geschlecht C. ist seit dem Ende des 13. Jahrhunderts bezeugt. 1397 erwarb es
die Herrschaft Chimay (Fürstentum), die es später wieder verlor. Durch die Ehe
mit Isabelle de Renty gewann Guillaume von C. Renty, Sempy und Seneghem
(Seringheim). Von Kaiser Maximilian I. erhielt C. die Reichsfürstenwürde. Im
15. Jahrhundert teilte C. sich in zwei Linien. Die Mitglieder der älteren Linie
wurden 1533 Herzöge von Aarschot ( Aerschot), 1594 Reichsfürsten und 1598
französische Herzöge von C. 1762 erlosch die Aarschoter (Aerschoter) Hauptlinie
im Mannesstamm. Die jüngere Linie spaltete sich in zwei Zweige. Davon war die
Linie Croy-Dülmen (Croy-Solre) seit 1677 reichsfürstlich. Sie erhielt 1803 für
ihre 1801 verlorenen niederländischen Güter die Reste des ehemals
hochstift-münsterschen Amtes Dülmen mit 6,5 Quadratmeilen und 8000 Einwohnern
als reichsunmittelbares Herzogtum C., das bei
der Gründung des Rheinbunds 1806 an Arenberg, 1810 an Frankreich und 1815 an
Preußen fiel. Die Linie Croy-Havré (1627 Herzogtum
Havré) erlosch 1839. S. Nordrhein-Westfalen.
L.: Klein 147; Kleinschmidt, A., Aremberg, Salm und von der Leyen 1789-1815,
1912; Zorn, P., Die staatsrechtliche Stellung des herzoglichen Hauses Dülmen,
1917; Vaughan, R., Philipp the Good, 1970; Blockmans, W., Croy, LexMA 3 1986,
357ff.
Culm (Land), Kulmerland. Im Zuge der
deutschen Ostsiedlung ging das Gebiet um C. bzw. Kulm (Culmer Land, Kulmerland)
1230 durch Verträge zwischen Konrad von Masowien und Bischof Christian von
Preußen an den Deutschen Orden über (Deutschordensland Preußen). 1466 wurde es
an Polen abgetreten. 1772 kam es zu Preußen, 1807 (ohne Graudenz) an das Herzogtum Warschau, 1814 wieder an Preußen, 1920 an
Polen.
L.: Schulz, F., Geschichte der Stadt Culm, 1871; Brauns, Geschichte des Culmer
Landes bis zum Thorner Frieden, 2. A. 1881.
Cuylenburg (Herrschaft, Grafschaft), niederl.
Culemborg,. C. westlich von Arnheim ging um 1640 als reichsunmittelbare
Herrschaft bzw. Grafschaft von dem letzten Grafen an die Grafen von Waldeck und
von dort in weiblicher Erbfolge an den Herzog
von Sachsen-Hildburghausen. Dieser verkaufte C. 1720 an die Generalstaaten der
Niederlande bzw. de Staten van’t Quartier von Nymegen (Nimwegen). S. Waldeck.
L.: Jong, J. de, Holland in vroege tijd, 1742, Neudruck 1964; Schilfgaarde, A.
van, Het Archief der Heeren en Graven van Culemborg, 1949; Weel, A. van de, De
incorporatie van Culemborg, 1977; Culemborg, hg. v. Beltjes, P. u. a., 1988.
Dachau (Grafen). Um 1100 errichtete eine
Seitenlinie der Grafen von Scheyern auf einer Anhöhe an der Amper die Burg D. neben
einer älteren Siedlung. Seit etwa 1120 nannte sich Graf Arnold von Scheyern
nach D. 1152/1153 wurde Graf Konrad II. von D. Herzog
von Meranien, Dalmatien und Kroatien, 1182 starb das Geschlecht aber aus. Die
Witwe verkaufte D. an die Grafen von Wittelsbach und damit an Bayern.
L.: Wolff 136; Fried, P., Die Landgerichte Dachau und Kranzberg, 1958, (in)
Historischer Atlas von Bayern, Altbayern Heft 11/12; Fried, P.,
Herrschaftsgeschichte der altbayerischen Landgerichte Dachau und Kranzberg im
Hoch- und Spätmittelalter, 1962.
Dalhem (Grafschaft). 1801 gehörte die
Grafschaft D. über das Herzogtum Limburg und den
Herzog von Burgund bzw. Österreich zum
burgundischen Reichskreis.
L.: Wolff 56; Wallner 701 BurgRK 1.
Dänemark s. Dithmarschen, Holstein, Lauenburg,
Schleswig, Schaumburg, Schauenburg.
L.: Schäfer, D., Dänische Annalen und Chroniken von der Mitte des 13. bis zum
Ende des 15. Jahrhunderts, 1872; Schäfer, D., Die Hansestädte und König
Waldemar von Dänemark, 1879; Die Herzogthümer
Schleswig-Holstein und das Königreich Dänemark, hg. v. Droysen, J., Neudruck
1989; Brandt, A. v., Die Hanse und die norddeutschen Mächte im Mittelalter,
1962; Mohrmann, W., Der Landfriede im Ostseeraum während des späten
Mittelalters, 1972; Petersohn, J., Der südliche Ostseeraum im
kirchlich-politischen Kräftespiel des Reiches, Polens und Dänemarks vom 10.-13.
Jahrhundert; Historische Stätten Dänemark, hg. v. Klose, O., 1982; Tamm, D.,
Retsvidenskaben in Danmark, 1992; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen
Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 793; Repertorium der Policeyordnungen
der frühen Neuzeit Band 9 Dänemark und Schleswig-Holstein, hg. v. Tamm, D.,
2008; Greßhake, F., Deutschland als Problem Dänemarks, 2013.
Dannenberg (Burg, Herrschaft, Residenz des Grafen
von Schwerin bzw. Herzogs von
Braunschweig-Lüneburg). Nach der Burg D. kurz vor der Mündung der Jeetze in die
Elbe nannten sich Grafen von D., die Lehnsträger der Welfen und Askanier waren.
1203 fiel D. innerhalb der ersten welfischen Teilung an Herzog Wilhelm von Braunschweig-Lüneburg (Lüneburg). 1303 kam D.
beim Aussterben der Grafen an Herzog Otto den
Strengen von Braunschweig-Lüneburg (Lüneburg). 1569 wurde D. Sitz der Linie
Braunschweig-Dannenberg. 1671 kam es wieder an Braunschweig-Lüneburg in Celle.
S. Braunschweig-Dannenberg, Niedersachsen.
L.: Wolff 434; Meyer-Seedorf, W., Geschichte der Grafen von Ratzeburg und
Dannenberg, Diss. phil. Berlin 1910; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W. u. a., 2003, 1, 2, 120.
Danzig (Fürsten, Freie Stadt). Die Anfänge
Danzigs sind durch archäologische Funde auf etwa 980 datiert. 997 (999) wird
die urbs Gydannyzc genannt, vielleicht abgeleitet von einem Flussnamen mit dem
Element *gud- oder von seinem slavischen Grundwort der Bedeutung feuchte
Stelle, Wiese mit dem Suffix -sk-, -sko-. Der deutsche Name entstand aus der
hypokoristischen Form Danczk. Zu dieser Zeit war D. Sitz der slawischen Fürsten
von D., die sich seit etwa 1234 Fürsten/Herzöge von Pomerellen
(Pommerellen)nannten. Seit dem Ende des 12. Jahrhunderts kamen zu den
slawischen Pomoranen deutsche Zuwanderer, deren Siedlungen 1263 wahrscheinlich
Recht Lübecks hatten und nach dem Aussterben des pomerellischen Herzogshauses 1294 und der Eroberung durch den
Deutschen Orden 1301/1308/1309 in den Jahren 1342/1343 Recht Kulms (Culms)
erhielten. Um 1300 hatte D. etwa 2000, um 1415 etwa 20000 Einwohner. 1454 fiel
D. vom Deutschen Orden ab und unterstellte sich Polen, behielt aber neben einem
eigenen Gebiet weitgehende eigene Rechte als „Freie Stadt“. 1523/1526 kam es
zum Sturz des patrizischen Rates, von 1526 bis 1557 zur Reformation. Der Grad
der politischen Selbständigkeit gegenüber Polen war unterschiedlich. Bei der
ersten polnischen Teilung 1772 blieb D. unabhängig. Bei der zweiten Teilung
Polens 1793 kam es an Preußen, im Tilsiter Frieden von 1807 wurde es mit
vergrößertem Gebiet (2 Quadratmeilen) Freistaat unter Abhängigkeit von
Frankreich. 1814 fiel es an Preußen. Am 10. 1./15. 11. 1920 wurde es, um Polen
einen Zugang zum Meer zu verschaffen, mit 1966 Quadratkilometern und rund
400000 Einwohnern (davon 4 % Polen) aus dem Deutschen Reich ausgegliedert und
Freie Stadt unter dem Protektorat des Völkerbunds. Am 1. 9. 1939 wurde D. dem
Deutschen Reich angegliedert und Hauptstadt des Reichsgaues Danzig-Westpreußen.
Seit 1945 stand es unter der Verwaltung Polens, an das es 1990 als politische
Folge der deutschen Einheit gelangte.
L.: Simson, G., Geschichte der Stadt Danzig, Bd. 1ff. 1913ff.; Keyser, E.,
Danzigs Geschichte, 2. A. 1928, 4. A. 1941; Creutzburg, N., Atlas der Freien
Stadt Danzig, 1936; Keyser, E., Danzigs Geschichte, 1959; Letkemann, P., Die
preußische Verwaltung des Regierungsbezirks Danzig 1815-1870, 1967; Ruhnau, R.,
Danzig. Geschichte einer deutschen Stadt, 2. A. 1988; Ramonat, W., Der
Völkerbund und die freie Stadt Danzig, 1978; Rhode, G., Die Freie Stadt Danzig
1920-1939, (in) Europa im Zeitalter der Weltmächte, hg. v. Schieder, T., 1979;
Ruhnau, R., Die Freie Stadt Danzig 1919-1939, 1979; Danzig in acht
Jahrhunderten, hg. v. Jähnig, B./Letkemann, P., 1985; Arnold, U., Danzig im 18.
Jahrhundert, 1986, Schriften des Komitees der Bundesrepublik Deutschland zur
Förderung der Slawischen Studien 1; Rankl, M., Bibliographie zur Literatur Ost-
und Westpreußens mit Danzig 1945-1988, Bd. 1f. 1990; Danzig Gdansk, 1996; Das
Danziger Pfundzollbuch der Jahre 1409 und 1411, bearb. v. Jenks, S., 2012.
Degenfeld (Herren, Freiherren, Reichsritter). Die
nach der auf altrechbergischem Gut liegenden Stammburg D. bei Schwäbisch Gmünd
benannte Familie erscheint 1270. Sie gehörte zur Dienstmannenschaft der Herren
von Rechberg, hatte im 14. Jahrhundert Burg und Dorf D. (1597 zur Hälfte an
Württemberg, 1791 zur rechbergischen anderen Hälfte unter Lehnshoheit
Württembergs) und erwarb unter anderem 1456 Eybach und am Ende des 16.
Jahrhunderts Neuhaus im Kraichgau. 1604 teilte sie sich in die Linien Eybach
und Neuhaus. 1625 wurde sie in den Reichsfreiherrenstand, 1716 in der Linie
Eybach in den Reichsgrafenstand erhoben. Diese Linie erbte 1719 die deutschen
Güter des mit einer Tochter Karl Ludwigs von der Pfalz und Marie Susanne Luises
von D. (seit 1667 Raugräfin) verheirateten Herzogs
Meinhard von Schomburg (Schonburg) und nannte sich seitdem Degenfeld-Schomburg
(Degenfeld-Schonburg). Die Freiherren von D. zählten seit etwa 1700 mit
Rothenberg (Rotenberg) und dem 1797 an den Grafen Erbach-Fürstenau verkauften
Finkenbach zum Kanton Odenwald des Ritterkreises Franken, dem der Graf D. als
Personalist angehörte. Außerdem waren sie zur gleichen Zeit wegen Vollmerz mit
Ramholz und Steckelberg im Kanton Rhön-Werra, mit dem 1684 an Bayern
verkauften, 1711/1771 wieder erworbenen Dürnau, und Gammelshausen, mit den 1696
von den von Wöllwarth-Lauterburg erworbenen Teilen von Essingen, Eybach (seit
1456), den 1776 von den von Welden erworbenen Teilen von Eislingen
(Großeislingen), Rechberghausen (seit 1789) und Staufeneck samt Salach (seit
1665) seit 1542 im Kanton Kocher des Ritterkreises Schwaben sowie mit Altdorf
samt Freisbach und Gommersheim im Kanton Oberrheinstrom des Ritterkreises Rhein
immatrikuliert.
L.: Stieber; Roth von Schreckenstein 2, 592; Seyler 358f.; Hölzle, Beiwort 56,
58, 61; Stetten 35, 39; Winkelmann-Holzapfel 145; Kollmer 359; Schulz 260;
Riedenauer 123; Thürheim, A. Graf, Christoph Martin von Degenfeld und dessen
Söhne, 1881; Lange, L., Raugräfin Louise, 1908; Handbuch der hessischen
Geschichte Bd. 3 Ritter, Grafen und Fürsten hg. v. Speitkamp, W., 2014, 355
Degenfeld-Schonberg (Ramholz 1677, Rothenberg 1792).
Deggendorf (Grafen). An einem wichtigen
Donauübergang bestand schon früh ein nach dem Personennamen Tekko benannter Herzogshof, der 788 Königsgut wurde. Im 10.
Jahrhundert gab Herzogin Judith von Bayern den
Hof an das Stift Niedermünster in Regensburg. Im 11. Jahrhundert legten daneben
die Babenberger eine Siedlung an und übertrugen den Ort einer adligen Familie,
die sich später Grafen von D. nannte. Diese verloren 1220 ihre Güter. Im Streit
zwischen den 1242 ausgestorbenen Grafen von Bogen, den 1246 ausgestorbenen
Babenbergern und den Herzögen von Bayern gewannen diese die Güter. 1255 kam D.
zu Niederbayern. Von 1331 bis 1333 war es Sitz einer Linie Bayern-Deggendorf.
L.: Wolff 137; Festschrift zum 1200jährigen Jubiläum der unmittelbaren Stadt
Deggendorf, 1950.
Den Haag (Residenz des Grafen von Holland
bzw. Herzogs von Burgund bzw. Habsburgs)
L.: Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W.
u. a., 2003, 1, 2, 127.
Deutscher Bund (Staatenbund). Zum Deutschen Bund
(8. 6. 1815-23./24. 8. 1866) zählten folgende (zunächst 38) überwiegend mit dem
Untergang des Heiligen römischen Reiches am 6. 8. 1806 selbständig gewordene
deutsche Staaten: Kaiserreich: Österreich (mit den zuvor zum Heiligen römischen
Reich gehörigen Gebieten); Königreiche: Preußen (mit den zuvor zum Heiligen
römischen Reich gehörigen Gebieten), Bayern, Sachsen, Hannover (bis 1837 in
Personalunion mit Großbritannien), Württemberg; Kurfürstentum: Hessen(-Kassel);
Großherzogtümer: Baden, Hessen(-Darmstadt), Mecklenburg-Schwerin,
Mecklenburg-Strelitz, Oldenburg, Sachsen-Weimar(-Eisenach), Luxemburg (in
Personalunion mit Niederlande); Herzogtümer:
Holstein und Lauenburg (bis 1864 in Personalunion mit Dänemark), Nassau,
Braunschweig, Sachsen-Gotha (bzw. Sachsen-Gotha-Altenburg, 1825 erloschen),
Sachsen-Coburg (bzw. Sachsen-Coburg-Saalfeld, seit 1826 Sachsen-Coburg und
Gotha [Sachsen-Coburg-Gotha]), Sachsen-Meiningen (seit 1826 mit Saalfeld und
Hildburghausen), Sachsen-Hildburghausen (bis 1826), Sachsen-Altenburg (seit 1826,
aus Sachsen-Hildburghausen), Anhalt-Dessau (seit 1863 Anhalt), Anhalt-Köthen
(1847 erloschen), Anhalt-Bernburg (1863 erloschen), Limburg (1839 aufgenommen,
in Personalunion mit Niederlande); Landgrafschaft: Hessen-Homburg (1817
aufgenommen); Fürstentümer: Waldeck, Lippe(-Detmold), Schaumburg-Lippe,
Schwarzburg-Rudolstadt, Schwarzburg-Sondershausen, Reuß ältere Linie, Reuß
jüngere Linie, Hohenzollern-Hechingen (1849 an Preußen),
Hohenzollern-Sigmaringen (1849 an Preußen), Liechtenstein; Freie Städte: Lübeck,
Bremen, Hamburg, Frankfurt. 1817 wurde die Landgrafschaft Hessen-Homburg als
39. Mitglied aufgenommen. 1825 starb Sachsen-Gotha-Altenburg aus, wobei 1826
Sachsen-Gotha an Sachsen-Coburg-Saalfeld kam, das Saalfeld an Sachsen-Meiningen
abgab und zu Sachsen-Coburg-Gotha wurde, und Altenburg an Hildburghausen
gelangte, das zu Sachsen-Altenburg wurde und Hildburghausen an
Sachsen-Meiningen abgab. 1839 wurde das in Personalunion mit Niederlande
stehende Herzogtum Limburg zum Ausgleich für
wallonische, nach der belgischen Revolution in Belgien eingegliederte Teile
Luxemburgs aufgenommen, wobei das Großherzogtum Luxemburg im Deutschen Bund
verblieb. 1847 fiel Anhalt-Köthen als Erbe an Anhalt-Dessau und
Anhalt-Bernburg. Von 1848 bis 1851 wurde das ganze Gebiet Preußens (mit
Ostpreußen, Westpreußen und Posen) vorübergehend Teil des Deutschen Bundes.
1849 kamen Hohenzollern-Hechingen und Hohenzollern-Sigmaringen durch Abdankung
zu Preußen. 1863 fiel Anhalt-Bernburg als Erbe an Anhalt-Dessau (Anhalt): 1864
kam Schleswig (aus Dänemark) in den Deutschen Bund, wobei Schleswig-Holstein
von Preußen und Österreich gemeinsam verwaltet wurde.
L.: Deutscher Bund und deutsche Frage, hg. v. Rumpler, H., 1990; Müller, J.,
Deutscher Bund und deutsche Nation 1848-1866, 2005.
Deutscher Orden, Deutscher Ritterorden, (Orden,
Reichsfürst [Deutschmeister seit 1494 Reichsfürst, Hochmeister nicht belehnbar,
aber den Reichsfürsten gleichgestellt]). Eine im dritten Kreuzzug 1190 von
Lübecker und Bremer Bürgern vor Akkon gebildete Spitalbruderschaft, die nach
eigenem Anspruch aus einem deutschen, 1143 vom Papst der Oberhoheit des
Johanniterordens unterstellten deutschen Hospital in Jerusalem hervorgegangen
sein soll, wurde am 5. 3. 1199 (1198) nach dem Vorbild des Templerordens wie
des Johanniterordens zu einem geistlichen Ritterorden (homines imperii) mit
Sitz in Montfort bei Akkon umgeformt. 1211 wurde der Orden in Siebenbürgen
(Burzenland) gegen die heidnischen Kumanen eingesetzt. 1216 erhielt er von
Kaiser Friedrich II. Ellingen an der schwäbischen Rezat, das später Sitz der
Ballei Franken wurde (1796 an Preußen, 1806 an Bayern). 1225/1226 rief ihn Herzog Konrad von Masowien mit dem Versprechen des
(Culmer Landes, Kulmer Landes bzw.), Kulmerlands gegen die heidnischen
baltischen Pruzzen zu Hilfe. Im März 1226 gab Kaiser Friedrich II. dem
Hochmeister des Ordens für dieses Ordensland reichsfürstliche Rechte und
begriff ihn in die Herrschaft des Reiches ein, ohne den nicht lehnsfähigen
geistlichen Ordensobersten in die Lehnsverfassung des Reiches einzubeziehen.
1230 überließ Herzog Konrad dem Orden das Kulmer
Land (Kulmerland). 1231 wurde das Gebiet der Pruzzen erobert, 1243 die Bistümer
Kulm (Culm), Pomesanien, Samland und Ermland errichtet. 1290 wurde die Grenze
gegen Litauen erreicht. Infolge der weiteren Erwerbung Danzigs und Pommerellens
(1309), Kurlands, Nordestlands (1346), der Besetzung Gotlands (1398) und der
Pfandnahme der Neumark (1402) erreichte der Orden, dessen Hochmeister nach dem
Fall Akkons 1291 seinen Sitz nach Venedig, 1309 nach Marienburg in Westpreußen
und 1457 nach Königsberg verlegte, anfangs des 15. Jahrhunderts seine größte
Ausdehnung. Zugleich gewann er vor allem in den alten salisch-staufischen
Königslandschaften des Reiches zahlreiche Häuser, Hospitäler und Pfarreien, auf
deren Grundlage ihm allmählich der Aufbau von allerdings nur selten
geschlossenen Herrschaften um mehrere Mittelpunkte gelang, wobei
organisatorisch zwischen den Hochmeister bzw. Landmeister einerseits und die
einzelnen Ordenshäuser (Komtureien, Kommenden) andererseits die (wieder in
Komtureien und Ämter untergliederten) Balleien eingefügt wurden. Nach der
vernichtenden Niederlage des Ordens gegen den seit 1386 übermächtigen
feindlichen König von Polen (und Litauen) bei Tannenberg (1410) musste der
Hochmeister 1466 nach dem Verlust Westpreußens (Pommerellen, Kulm, Ermland mit
Danzig, Elbing, Marienburg [1457]) im zweiten Thorner Frieden die
Schirmherrschaft des Königs von Polen anerkennen. Der Deutschmeister, der über
12 Balleien deutschen Gebiets verfügte (Thüringen, Österreich, Hessen
[Marburg], Franken [Mergentheim], Koblenz, Elsass-Schwaben-Burgund, Bozen [an
der Etsch], Utrecht [bis 1637], Altenbiesen [bei Maastricht], Lothringen, Sachsen,
Westfalen), wurde 1494 als Reichsfürst mit den Regalien belehnt. 1527/1530
erhielt er, nachdem der Hochmeister am 8. 4. 1525 das inzwischen protestantisch
gewordene Preußen (trotz Nichtanerkennung durch Kaiser und Papst) als Herzogtum von Polen zu Lehen genommen hatte, die
Administration des Hochmeistertums in Preußen und damit vor allem den Anspruch
auf das alte Ordensland. 1525/1526 verlegte er seinen Sitz von Horneck am
Neckar nach (Bad) Mergentheim, das Mittelpunkt der Güter an Tauber, Neckar und
in Franken wurde (insgesamt rund 2200 Quadratkilometer mit 100000 Einwohnern).
Das Deutschmeistertum des Ordens gehörte mit Mergentheim und den zwei
Komtureien Virnsberg und Ellingen der Ballei Franken (10 Quadratmeilen mit
32000 Einwohnern [u. a. 1250 Gundelsheim und Horneck, 1506 Hohenfels]) dem
fränkischen Reichskreis, mit der Ballei Koblenz, die trotz reicher Güter kein
eigenes Gebiet besaß und durch den Komtur der Ballei vertreten wurde, dem
kurrheinischen Reichskreis an. Wegen der Hälfte von Berlichingen und wegen
Teilen von Gollachostheim zählte der Deutsche Orden zum Kanton Odenwald des
Ritterkreises Franken, wegen Teilen von Volkershausen zum Kanton Rhön-Werra.
Außerdem war er um 1800 in den Kantonen Altmühl, Baunach und Steigerwald
immatrikuliert. 1803 blieb der Orden bestehen und erhielt durch § 26 des
Reichsdeputationshauptschlusses für den Verlust seiner drei linksrheinischen
Balleien als Entschädigung die mittelbaren Stifter, Abteien und Klöster in
Vorarlberg, in dem österreichischen Schwaben (Schwäbisch-Österreich) und
überhaupt alle Mediatklöster der Augsburger und Konstanzer Diözesen in
Schwaben, über die nicht disponiert worden war, mit Ausnahme der im Breisgau
gelegenen. 1805 schuf das Haus Habsburg das Fürstentum Mergentheim als
österreichische Sekundogenitur. 1809 wurde dieses durch Napoléon zugunsten der
Rheinbundstaaten (Württemberg) beseitigt. Der Orden behielt nur noch die in
Österreich liegenden mittelbaren Balleien Österreich und Bozen (Etsch). In
Österreich wurde der Deutsche Orden 1834 durch Franz I. unter Erzherzögen als
Hoch- und Deutschmeistern wiederbelebt. 1845 erhielt auf Grund eines Vertrages
zwischen dem Deutschen Orden, der freien Stadt Frankfurt am Main und Österreich
das Deutschordenshaus in Sachsenhausen (bei Frankfurt) durch die Fiktion der
Zugehörigkeit zur diplomatischen Mission Österreichs völkerrechtliche
Privilegien. 2000 wurde der 65. Hochmeister des zu dieser Zeit rund 1000
Mitglieder zählenden Ordens gewählt. S. Fränkischer Reichskreis.
L.: Wolff 111; Zeumer 552 II a 5; Wallner 692 FränkRK 12; Großer Historischer
Weltatlas III 39 (1803) D3; Riedenauer 129; Winkelmann-Holzapfel 145f.;
Forstreuter, K., Deutschordensland Preußen, (in) Geschichte der deutschen
Länder, Bd. 1; Die Territorien des Reichs 6, 224; Voigt, J., Geschichte
Preußens von den ältesten Zeiten bis zum Untergang der Herrschaft des Deutschen
Ordens, Bd. 1ff. 1827ff.; Voigt, J., Geschichte des Deutschen Ritterordens in
seinen 12 Balleien in Deutschland, 1857; Scriptores rerum Prussicarum (Die
Geschichtsquellen der preußischen Vorzeit bis zum Untergang der
Ordensherrschaft), hg. v. Hirsch, T. u. a., Bd. 1ff. 1861ff., Neudruck 1965;
Preußisches Urkundenbuch, hg. v. Philippi, F. u. a., Bd. 1ff. 1882ff., Neudruck
1960; Perlbach, M., Die Statuten des Deutschen Ordens, 1890; Pettenegg, E. Graf
v., Die Privilegien des Deutschen Ritter-Ordens, 1895; Prutz, H., Die
geistlichen Ritterorden, 1908; Krollmann, C., Politische Geschichte des
Deutschen Ordens in Preußen, 1932; Maschke, E., Der deutsche Ordensstaat, 1935,
3. A. 1943; Haaf, R. ten, Kurze Bibliographie zur Geschichte des Deutschen
Ordens, 1949; Haaf, R. ten, Deutschordensstaat und Deutschordensballeien, 2. A.
1965; Forstreuter, K., Vom Ordensstaat zum Fürstentum, 1951; Quellen zur
Geschichte des Deutschen Ordens, hg. v. Hubatsch, W., 1954; Tumler, M., Der
deutsche Orden, 1955; Grill, R., Die Deutschordens-Landkommende Ellingen, Diss.
phil. Erlangen 1958; Zimmermann, H., Der Deutsche Orden in Siebenbürgen, 1957,
2. A: 2011; Hofmann, H., Der Staat des Deutschmeisters, 1962; Stengel, E.,
Abhandlungen und Untersuchungen zur Geschichte des Kaisergedankens, 1965; Acht
Jahrhunderte Deutscher Orden, hg. v. Wieser, K., 1967; Forstreuter, K., Der
Deutsche Orden am Mittelmeer, 1967; Militzer, K., Die Entstehung der Deutschordensballeien
im Deutschen Reich, 1970; Favreau, M., Studien zur Frühgeschichte des Deutschen
Ordens, 1974; Lampe, K., Bibliographie des Deutschen Ordens bis 1954, bearb. v.
Wieser, K., 1975; Von Akkon nach Wien. Studien zur Deutschordensgeschichte, FS
Tumler, M., hg. v. Arnold, U., 1978; Wippermann, W., Der Ordensstaat als
Ideologie, 1979; Die geistlichen Ritterorden Europas, hg. v. Fleckenstein,
J./Hellmann, M., 1980; Tumler, M./Arnold, U., Der Deutsche Orden, 1981;
Boockmann, H., Der Deutsche Orden, 1981; Boockmann, H., Die Vorwerke des
Deutschen Ordens in Preußen, (in) Die Grundherrschaft im späten Mittelalter,
hg. v. Patze, H., Bd. 1 1983; Diefenbacher, M., Territorienbildung des
Deutschen Ordens am unteren Neckar im 15. und 16. Jahrhundert, 1985; Beiträge
zur Geschichte des Deutschen Ordens, hg. v. Arnold, U., 1986; Tumler,
M./Arnold, U., Der Deutsche Orden. Von seinem Ursprung bis zur Gegenwart, 4. A.
1986; Neitmann, K., Die Staatsverträge des Deutschen Ordens in Preußen
1230-1449, Studien zur Diplomatie eines spätmittelalterlichen deutschen
Territorialstaates, 1986; Arnold, U., Deutschsprachige Literatur zur Geschichte
des Deutschen Ordens 1980-1985. Ein Bericht, 1987, Zs. f. hist. Forschung 14;
Seiler, A., Der Deutsche Orden. Geschichte und Ideologie, 1988; Boockmann, H.,
Der Deutsche Orden, 12 Kapitel aus seiner Geschichte, 3. A. 1989; Grzegorz, M.,
Die territorialen Erwerbungen des Deutschen Ordens in Pommerellen vor 1308, Zs.
f. Ostforschung 38 (1989); 800 Jahre Deutscher Orden, 1990; Diefenbach, M., Der
Deutsche Orden in Bayern, 1990; Beiträge zur Geschichte des Deutschen Ordens, 2
1993; Die Hochmeister des Deutschen Ordens 1190-1994, hg. v. Arnold, U., 1998;
Militzer, K., Von Akkon zur Marienburg, 1999; Biskup, M./Labuda, G., Die
Geschichte des Deutschen Ordens in Preußen, 2000; Klebes, B., Der Deutsche
Orden in der Region Mergentheim im Mittelalter, 2002; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 727; Demel, B.,
Der Deutsche Orden im Spiegel seiner Besitzungen und Beziehungen in Europa,
2004; Die Domkapitel des Deutschen Ordens in Preußen und Livland, hg. v.
Biskup, R. u. a., 2004; Militzer, K., Die Geschichte des Deutschen Ordens,
2005; Demel, B., Unbekannte Aspekte der Geschichte des Deutschen Ordens, 2006.
Diepoldinger, Rapotonen (Geschlecht). Das durch die
Leitnamen Diepold und Rapoto gekennzeichnete Geschlecht stellte ursprünglich
die Grafen im Traungau und Augstgau ( Diepold 955 †, 977 Rapoto).
Wahrscheinlich nach 1060 wurde es mit den Marken Cham (1073) und Nabburg (1077)
im Nordgau belehnt. Diepold III. († 1146) baute die Herrschaft im Egerland aus
(1118 Reichenbach, um 1132 Waldsassen). 1146 wurde das Egerland an das Reich
gezogen. Cham und Vohburg fielen 1204 von der gleichzeitig entstandenen älteren
Linie an den verschwägerten Herzog von Bayern.
Die Familie erlosch in ihrer jüngeren Linie mit den Staufern um 1257 in
Italien. Damit kamen auch die Güter um Nabburg sowie das inzwischen erlangte
Hohenburg an Bayern.
L.: Doeberl, M., Regesten und Urkunden zur Geschichte der Dipoldinger
Markgrafen auf dem Nordgau, 1893; Doeberl, M., Die Markgrafschaft und die
Markgrafen auf dem baierischen Nordgau, 1894; Bosl, K., Die Markengründungen
Kaiser Heinrichs III., Zs. f. bay. LG. 14 (1944), 189; Throner, C., Die
Diepoldinger und ihre Ministerialen, 1944; Spindler, M., Handbuch der
bayerischen Geschichte, Bd. 1ff. 1967ff.; Kirch, K., Die Diepoldinger in der
Oberpfalz, Oberpfälzer Heimat 12 (1967); Schmid, A., Diepoldinger, LexMA 3
1986, 1009; Weller, T., Die Heiratspolitik, 2004.
Diersfordt (Herrlichkeit). Die Herrlichkeit D. bei
Wesel am Niederrhein gehörte zum Herzogtum Kleve
(weselscher landrätlicher Kreis).
L.: Wolff 317.
Diez (Grafschaft). Grafen von D. (790
Theodissa [Altendiez?], später Didesse, 933 Dissermark) an der Lahn, die sich
gelegentlich auch Grafen von Weilnau nannten und vielleicht ursprünglich Grafen
des Niederlahngebiets (Niederlahngaus) waren, erscheinen etwa 100 Jahre nach
Aussterben der Konradiner (seit 1044/1073) und werden kurz nach 1150 als solche
genannt. Unter den Staufern nahmen sie wichtige Stellungen ein. 1302 teilten
sie ihre Herrschaft in Altweilnau und Neuweilnau südwestlich von Usingen. Ihre
sog. Goldene Grafschaft lag um Diez, Kirberg an der Lahn, um Camberg und
Wehrheim, um Hasselbach und Salz. In der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts
waren umfängliche Güter verpfändet. 1355 kamen ansehnliche Teile an
Nassau-Merenberg, 1362 ein Viertel der Grafschaft und 1376 Kirberg an das
Erzstift Trier. Bei ihrem Aussterben fiel die Goldene Grafschaft 1376/1384 über
die Erbtochter an die Grafen von Nassau-Dillenburg sowie an Trier (Pfand,
Lehnsheimfall), Katzenelnbogen (1453 Kauf) und (1420 über Jutta von Nassau-Dillenburg
an) Eppstein, 1564 nach Auflösung der Gemeinschaft zwischen Trier (ein Viertel)
und Nassau-Dillenburg (drei Viertel) an Nassau allein, wofür Trier die
Kirchspiele Hundsangen, Nentershausen, Salz, Meudt und Lindenholzhausen
erhielt. 1530 hatte Nassau den Eppstein verbliebenen Anteil (ein Achtel)
erworben, aber nicht vermocht, ihn gegen Trier zu halten. 1557 hatte Nassau
dafür einen Anteil Hessens (ein Viertel) gewonnen, den dieses von
Katzenelnbogen ererbt hatte. Seit 1607 benannte sich eine Linie der Grafen von
Nassau nach D. (Nassau-[Dillenburg-]Diez). 18061815 fiel das um 15
Quadratmeilen große D. an das Herzogtum Nassau,
1866 an Preußen und 1946 an Rheinland-Pfalz. S. Nassau-Diez.
L.: Wolff 337; Laut, R., Territorialgeschichte der Grafschaft Diez samt der
Herrschaften Limburg, Schaumburg und Holzappel, Diss. phil. Marburg 1943; Heck,
H., Die Goldene Grafschaft, 1956; Gensicke, H., Landesgeschichte des
Westerwaldes, 2. A. 1987; Kloft, J., Territorialgeschichte des Kreises Usingen,
1971; Storto, F./Stein, H., 650 Jahre Stadt Diez. 1329-1979, 1979; Schwind, F.,
Diez, LexMA 3 1986, 1039; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 2, 147.
Dithmarschen (Gau, nahezu freie Bauernrepublik). Das
Gebiet zwischen Elbe, Eider und Wattenmeer der Nordsee war im Frühmittelalter
ein in vier Siedlungsräume gegliederter sächsischer Gau, der unter König bzw.
Kaiser Karl dem Großen christianisiert wurde. Im 11. Jahrhundert (1062) kam das
nach dem Personennamen Dietmar benannte, in ottonischer Zeit weitgehend sich
selbst überlassene Gebiet (Thedmarsgoi) durch König Heinrich IV. unter die
Herrschaft des Erzstifts Bremen. 1147 wurde es von Heinrich dem Löwen
unterworfen, 1180 fiel es wieder an Bremen. Vom 13. Jahrhundert an errangen die
durch die Kultivierung des Marschbodens wohlhabend gewordenen
Bauerngeschlechter eine weitgehende Selbständigkeit mit eigener politischer
Organisation (1448 Achtundvierziger als Vertreter der Kirchspiele, 50 Schlüter
[Schließer] und 300 Geschworene zusammen als die Vollmacht, die jeweils zuletzt
in Heide zusammenkam) und eigenem Landrecht (1321/1447, gedruckt 1487).
1473/1474 erhielten die Könige von Dänemark und Herzöge von Holstein D. gegen
den Widerspruch der Achtundvierziger von Kaiser Friedrich III. als Lehen,
wurden aber 1500 vom dithmarsischen Volksheer geschlagen. 1532 wurde die
Reformation eingeführt. 1559 konnten der König von Dänemark und die Herzöge von
Holstein-Gottorp (Gottorf) das Land unterwerfen. 1580/1581 wurde die nördliche
Hälfte (Norderdithmarschen mit Heide) an Holstein-Gottorp (Gottorf) gegeben
(herzoglicher Anteil), kam aber 1773 unter die Oberherrschaft Dänemarks, das
bereits die südliche Hälfte (Süderdithmarschen, königlicher Anteil) erhalten
hatte. 1866 fiel es mit Schleswig und Holstein an Preußen und kam 1946 zu
Schleswig-Holstein.
L.: Wolff 445f.; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) E1; Adolfi gen.
Neocorus, J., Chronik des Landes Dithmarschen, hg. v. Dahlmann, F., Bd. 1f.
1827, 1904, Neudruck 1927; Michelsen, A., Urkundenbuch zur Geschichte des
Landes Dithmarschen, 1834; Michelsen, A., Sammlung altdithmarscher
Rechtsquellen, 1842; Chalybaeus, R., Geschichte Dithmarschens bis zur Eroberung
des Landes im Jahre 1559, 1888; Marten, G./Mäckelmann, K., Dithmarschen,
Geschichte und Landeskunde, 1927; Carstens, W., Bündnispolitik und
Verfassungsentwicklung in Dithmarschen, Zs. d. Ges. für schleswig-holstein.
Geschichte 66 (1938); Klüver, W., Dithmarschen und Schleswig-Holstein im Wandel
der Geschichte, 1951; Stoob, H., Die Dithmarscher Geschlechterverbände, 1951;
Stoob, H., Geschichte Dithmarschens im Regentenzeitalter, 1959; Polenz, P. v.,
Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, II, 15, 34, 41, 49, 95, 96, III, 10, 31,
33, Thiadmariska, Thiadmaresgaho, Tedmarsgoi, Ditmarticorum terra, Ditmarcos,
Dietmaringenses, ‚Dithmarschen‘; Hadel, W. v., Die Eingliederung des Landes
Dithmarschen in den Verband der Herzogtümer
Schleswig und Holstein, 1963; Kamphausen, A. u. a., Dithmarschen. Geschichte
und Bild einer Landschaft, 1968; Eggers, P., Das Prozessrecht nach dem
Dithmarscher Landrecht von 1567 und seine Entwicklung bis zum Ende der
Gottorfer Herrschaft 1773, 1986; Sax, P., Werke zur Geschichte Nordfrieslands
und Dithmarschens, Bd. 7 Ergbd. Register und Ergänzungen, 1987.
Dole (Residenz des Grafen von Chalon bzw. Herzogs von Burgund)
L.: Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W.
u. a., 2003, 1, 2, 147.
Doornwaard (Herrlichkeit). Die hohe und freie
Herrlichkeit D. gehörte zum arnheimischen Quartier des Herzogtums
Geldern.
L.: Wolff 68.
Dresden (Residenz des Herzogs
von Sachsen)
L.: Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W.
u. a., 2003, 1, 2, 151; Meinhardt, M., Dresden im Wandel, 2009; Die
spätmittelalterlichen Stadtbücher Dresdens und Altendresdens, hg. v. Kübler, T.
u. a., 2013.
Düdinghausen (Freigrafschaft). Die Freigrafschaft D.
südlich von Wellingen im Sauerland gehörte zum brilonschen Quartier des Herzogtums Westfalen.
L.: Wolff 87.
Duisburg (Reichsstadt). 883/884 wird D., das auch
mit dem vormerowingischen Dispargum verknüpft wird und dessen Name zum
Personennamen Thio gestellt wird, als einem römischen Militärposten auf dem Burgberg
folgende fränkische Königspfalz bei Regino von Prüm erwähnt. Im 12. Jahrhundert
entwickelte es sich allmählich zur Stadt (regia villa, 1129?). Eine Verlagerung
des Rheins kurz nach 1200 ließ den wirtschaftlichen Aufschwung abbrechen. 1290
wurde D. von König Rudolf von Habsburg an das Herzogtum
Kleve verpfändet und kam mit diesem zusammen 1614 an Preußen. Von 1543 an
setzte sich die Reformation durch, 1655 wurde durch den Großen Kurfürsten
Friedrich Wilhelm von Brandenburg eine bis 1818 als klevische Landesuniversität
bestehende Universität gegründet. 1946 fiel D. an Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 316; Averdunk, H., Geschichte der Stadt Duisburg bis zum Jahre 1666,
1894; Averdunk, H./Ring, W., Geschichte der Stadt Duisburg, 2. A. 1949; Ring,
W., Heimatchronik der Stadt Duisburg, 1954; Domke, H., Duisburg, 1960; Bätz,
H./Steeger, H., Heimatatlas Duisburg, 1968; Roden, G. v., Geschichte der Stadt
Duisburg, Bd. 1 1970; Milz, J./Pietsch, H., Duisburg im Mittelalter, 1986;
Bergmann, W. u. a., Urkundenbuch der Stadt Duisburg, Bd. 1 904-1350, 1989;
Born, G./Kropatschek, F., Die alte Universität Duisburg, 1992; Jägers, R.,
Duisburg im 18. Jahrhundert, 2001; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005,
2, 167; Milz, J., Neue Erkenntnisse zur Geschichte Duisburgs, 2008; Verortete
Herrschaft, hg. v. Lieven, J., 2014, 107.
Dülmen (Grafschaft). D. im westlichen
Münsterland wird als ein aus dem Fronhof des Bischofs von Münster erwachsenes
Dorf 889 in einer Urkunde für Werden erstmals erwähnt (Dulmenni). 1802/1803 kam
das Amt D. Münsters als Grafschaft D. an die Herzöge von Croy (Croy-Solre).
1806 wurde es dem Herzog von Arenberg
zugesprochen, 1811 kam es zu Frankreich. 1815 fiel es an Preußen, 1946 D. an Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 312; Glässer, E., Der Dülmener Raum, 1968; 650 Jahre Stadt Dülmen.
Festschrift, hg. v. Brathe, H., 1961; Dülmen. Von der Bauerschaft zum zentralen
Ort, hg. v. Brathe, H., 1986; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 2, 162.
Düsseldorf (Ort, Herrschaft, Residenz des Grafen
von Berg bzw. Markgrafen bzw. Herzogs von Jülich
bzw. Kleve bzw. Pfalz-Neuburg). Zwischen 1135 und 1159 erscheint an der Mündung
der Düssel in den Rhein D., das spätestens 1189 durch Verpfändung von den
Herren von Teveren (Tyvern) an die Grafen von Berg kam. Unter den Grafen von
Jülich wurde es 1384 räumlich wesentlich erweitert. Nach der Vereinigung von
Jülich, Kleve und Berg mit Mark und Ravensberg 1521 wurde es Hauptstadt dieser
Länder und kam 1614 mit Jülich und Berg an Pfalz-Neuburg, 1806 an das
Großherzogtum Berg, danach an Frankreich, 1815 an Preußen und 1946 an
Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 324; Lau, F., Geschichte der Stadt Düsseldorf, 1921, Neudruck 1980f.;
Weidenhaupt, H., Kleine Geschichte der Stadt Düsseldorf, 8. A. 1980; Düsseldorf
vor 100 Jahren, hg. v. Kuntz, A., 1988; Düsseldorf. Geschichte von den
Ursprüngen bis ins 20. Jahrhundert, hg. v. Weidenhaupt, H., Bd. 1 Von der
ersten Besiedlung zur frühneuzeitlichen Stadt (bis 1614), Bd. 2 Von der
Residenzstadt zur Beamtenstadt, 1988; Droste, W., Die Entwicklung der
kommunalen Selbstverwaltung, Diss. jur. Bonn 1999; Brockerhoff, M./Bußkamp, T.,
Düsseldorf, 2003; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W. u. a., 2003, 1, 2, 156; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren,
2005, 2, 166.
Eggenberg (Freiherren, Fürsten, Reichsfürsten).
Johann Ulrich E. (1568-1634) entstammte einer protestantischen steirischen
Kaufmannsfamilie. Als enger Vertrauter Ferdinands II. wurde er 1598 Freiherr,
1623 Reichsfürst und 1628 Herzog von Krumau.
1717 erlosch die neufürstliche Familie. Ihre Güter in Böhmen fielen an die
Fürsten Schwarzenberg, das Schloss E. bei Graz an die Grafen von Herberstein.
L.: Klein 150; Heydendorff, W., Die Fürsten und Freiherren zu Eggenberg und
ihre Vorfahren, 1965.
Egisheim (Grafen), frz. Eguisheim. Die nach der
von Herzog Eberhard erbaute Burg E. südlich von
Colmar benannten Grafen von E. stammen wie die Grafen von Habsburg von den
Herzögen im Elsass (Etichonen) ab. Herzog Hugo
II. begründete im 10. Jahrhundert die Linie Egisheim-Dagsburg. 1144 starben die
Grafen von E. aus und wurden von den Grafen von Dagsburg beerbt. Bei deren
Aussterben 1225 kam die Grafschaft an das Hochstift Straßburg (obere Mundat).
S. Dagsburg, Staufer.
L.: Wolff 236; Das Reichsland Elsass-Lothringen, Bd. 2 1901ff.; Legl, F.,
Studien zur Geschichte der Grafen von Dagsburg-Egisheim, 1998; Escher, M. u.
a., Die urbanen Zentren, 2005, 2, 174.
Eichstätt (Hochstift, Residenz). Um 741/745 gründete
Bonifatius das Bistum E. an der Altmühl, setzte den Angelsachsen Willibald als
Bischof ein und unterstellte das von der Donau bis zu den späteren Orten
Nürnberg, Erlangen und Sulzbach reichende Bistum der Erzdiözese Mainz. Erste
Güter wurden von einem gewissen Suidger gegeben. 888 kam die Abtei Herrieden an
der oberen Altmühl hinzu. Durch die Gründung des Bistums Bamberg (1007) verlor
es Gebiete im Norden zwischen Schwabach, Pegnitz und Regnitz, durch die
Reformation Nürnberg, Weißenburg, Ansbach und das Oberstift Öttingen
(Oettingen). Das Gebiet des Hochstifts, das um 1800 im Kanton Altmühl des
Ritterkreises Franken immatrikuliert war, war verhältnismäßig klein und
zersplittert (Oberstift mit Herrieden, Ornbau, Sandsee, Wernfels-Spalt
[1304/1305], Pleinfeld; Unterstift mit Eichstätt, Greding [11. Jh.],
Beilngries, Hirschberg) und wurde mit rund 20 Quadratmeilen und 62000
Einwohnern 1802 säkularisiert und von Bayern annektiert, nachdem schon 1794
Preußen die Enklaven in Franken eingezogen hatte. Von 1802/1803 bis 1805 wurde
es zum größten Teil des Unterstifts als Sekundogenitur Österreichs dem
Großherzogtum Toskana zugeteilt, während der Rest an Bayern kam. 1805 fiel auch
der größere Teil an das Königreich Bayern. Teile des Oberstifts kamen 1803 an Preußen
(Ansbach), 1806 ebenfalls an Bayern. Von 1817 bis 1832/1834/1855 errichtete
Bayern aus einem Teil des Hochstifts das Herzogtum
Leuchtenberg als freie Standesherrschaft für Eugène de Beauharnais, Herzog von Leuchtenberg.
L.: Wolff 105; Zeumer 552 II a 9; Wallner 692 FränkRK 8; Großer Historischer
Weltatlas II 66 (1378) F4, III 22 (1648) E4, III 38 (1789) D3; Riedenauer 129;
Die Territorien des Reichs 4, 166; Heidingsfelder, F., Die Regesten der
Bischöfe von Eichstätt 741-1324, 1915ff.; Sax, J. v./Bleicher, J., Die Bischöfe
und Reichsfürsten von Eichstätt, Bd. 1, 2 (2. A.) 1927; Buchner, F., Das Bistum
Eichstätt, historisch-statistische Beschreibung, Bd. 1, 2 1937ff.; Bauerreiß,
R., Kirchengeschichte Bayerns, Bd. 1 1949; Hirschmann, G., Eichstätt, 1959, (in)
Historischer Atlas von Bayern 1, 6; Handbuch der bayerischen Geschichte, hg. v.
Spindler, M., Bd. 3, 1 1971; Sage, W./Wendehorst, A., Eichstätt, LexMA 3 1986,
1671ff.; Röttel, K., Das Hochstift Eichstätt, 1987; Schuh, R.,
Territorienbildung im oberen Altmühlraum. Grundlagen und Entwicklung der
eichstättischen Herrschaft im 13. und 14. Jh., Zs. f. bay. LG. 50 (1987);
Weinfurter, S., Die Grundlagen der geistlichen Landesherrschaft in Eichstätt um
1300, Bll. f. dt. LG. 123 (1987), 137; Schindling, A., Das Hochstift Eichstätt
im Reich der frühen Neuzeit. Katholisches Reichskirchen-Fürstentum im Schatten
Bayerns, 1988, Sammelblätter Hist. Verein Eichstätt 80; Buchholz-Johanek, I.,
Geistliche Richter und geistliches Gericht im spätmittelalterlichen Bistum Eichstätt,
1988; Flachenecker, H., Eine geistliche Stadt, 1988; Lengenfelder, B., Die
Diözese Eichstätt zwischen Aufklärung und Restauration, 1990; Braun, H., Das
Domkapitel zu Eichstätt, 1991; Arnold, B., Count and Bishop, 1991; Beiträge zur
Eichstätter Geschichte, hg. v. Flachenecker, H./Littger, K., 1999; Höfe und
Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 526,
1, 2, 161; Zürcher, P., Die Bischofswahlen im Fürstbistum Eichstätt von 1636
bis 1790, 2009; Lullies, E., Die ältesten Lehnbücher des Hochstifts Eichstätt,
2012.
Eiderstedt (Landschaft). Die heute 30 Kilometer
lange und 340 Quadratmeilen große Halbinsel E. an der Nordsee gewann im
Frühmittelalter eine verhältnismäßig große Selbständigkeit, die sie noch 1252
gegenüber dem König von Dänemark zu wahren verstand. Später musste das Land
sich unter den Schutz der Herzöge von Gottorp (Gottorf) begeben. 1426 zeichnete
es in der 1572 durch den Herzog bestätigten „Krone
der rechten Wahrheit“ sein Recht auf. Auch unter den Herzögen von Schleswig
bzw. den Königen von Dänemark, behielt es unter einem Staller (Statthalter)
weitgehende Selbstverwaltung. 1866 kam es mit Schleswig zu Preußen, 1946 zu
Schleswig-Holstein.
L.: Fischer, O., Eiderstedt, 1956; Fiedler, W., Halbinsel Eiderstedt, 2. A.
1967; Jessen-Klingenberg, M., Eiderstedt 1713-1864. Landschaft und
Landesherrschaft in königlich-absolutistischer Zeit, 1967; Löw, I., Die
Eiderstedter Landrechte von 1426 bis 1591, 2003; Eiderstedt, hg. v. Porada, H.
u. a., 2013.
Einbeck (Residenz des Herzogs
von Braunschweig-Lüneburg)
L.: Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W.
u. a., 2003, 1, 2, 163.
Eisenach (Stadt, Fürstentum, Residenz des
Landgrafen von Thüringen). E. an der Hörsel wurde im 12. Jahrhundert Marktort.
Um 1190 nannte sich ein Sohn des Landgrafen von Thüringen Landgraf von E. Das
Stadtrechtsprivileg Landgraf Albrechts des Entarteten von 1283 erklärte E. zum
Oberhof für die Städte des Fürstentums. Der Stadtschreiber Johann Rothe
(1350/1360-1434) verfasste ein Eisenacher Rechtsbuch, in dem er Stadtrecht, Landrecht
(Meißner Rechtsbuch nach Distinktionen) und gelehrtes Recht (Dekret,
Dekretalen, römisches Recht) zu verbinden versuchte. Der Stadtschreiber Johann
Purgold (um 1490) überlieferte es in zehn Büchern. Seit 1572 war E. mit
Unterbrechungen Hauptstadt eines Herzogtums
Sachsens. 1741 kam es mit den Städten und Ämtern E., Creuzburg (Kreuzburg) und
Gerstungen, Remda und Allstedt, den Ämtern Tiefenort, Großrudestedt
(Großenrudstedt) und Jena und der Herrschaft Farnroda an Sachsen-Weimar, 1920
an Thüringen. S. Sachsen-Eisenach, Sachsen-Weimar-Eisenach.
L.: Wolff 396; Storch, J., Topographisch-historische Beschreibung der Stadt
Eisenach, 1837; Die Stadtrechte von Eisenach, Gotha und Waltershausen, hg. v.
Devrient, E., 1909; Peter, H., Die Entstehung des Herzogtums
Eisenach, 1921; Helmboldt, H., Geschichte der Stadt Eisenach, 1936; Eisenacher
Rechtsbuch, bearb. v. Rondi, P., 1950; Patze, H., Eisenach, LexMA 3 1986,
1754ff.; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini,
W. u. a., 2003, 1, 2, 166
Elsass (Gau?, Landschaft, Landgrafschaft), frz.
Alsace. Das etwa 190 Kilometer lange und 50 Kilometer breite, rund 8280
Quadratkilometer umfassende, zunächst keltisch besiedelte E. (ahd. ali-saz,
Fremdsitz) zwischen Oberrhein und Vogesen (Wasgenwald), das nur von 640 bis
740, von 1680 bis 1789, von 1871 bis 1918 und ab 1973 eine politische Einheit
bildet(e), wurde 58 v. Chr. von Cäsar erobert (82/90 n. Chr. Germania superior,
Obergermanien). Von 260 n. Chr. an wurde es allmählich von Alemannen besetzt,
die 496 den Franken unterlagen. Zum Jahre 610 (um 613) erscheint bei Fredegar
der Name Alesaciones. Bis 740 war das Gebiet zeitweise eigenes fränkisches Herzogtum der Etichonen (Herzog
Eticho 673), das nach der Wiedereingliederung des alemannischen ostrheinischen Herzogtums in das Frankenreich nicht wieder besetzt
wurde. E. wird in die Grafschaften Nordgau und Sundgau geteilt. 843 kam E. zu
Lotharingien, 870 zum ostfränkischen Reich. 925 wurde es Teil des Herzogtums Schwaben. Von der Mitte des 11.
Jahrhunderts an wurde es zunächst ein Kerngebiet der königlichen Herrschaft,
kam 1079 an Friedrich von Staufen, zerfiel aber nach dem Untergang der Staufer
um 1254 in zahlreiche einzelne Herrschaften. Der 1273 zum König gewählte Rudolf
von Habsburg richtete zur Wiedergewinnung und Verwaltung des Reichsgutes unter
anderem die Reichslandvogteien Oberelsass und Unterelsass (Niederelsass) ein,
die noch zu seinen Lebzeiten (vor 1291) in Hagenau zusammengelegt wurden. Die
Landgrafschaft im Oberelsass (Sundgau), die seit 1135/1268 den Grafen von
Habsburg zustand, ließ Habsburg zum wichtigsten weltlichen Landesherren werden.
Ausgangspunkt waren dabei Güter um Ottmarsheim, zu denen 1130 Güter um Landser
und Ensisheim kamen, sowie die Vogtei über Murbach. 1224 erwarb Habsburg die
Herrschaft Rothenberg bzw. Rotenberg (Rougemont), 1283 die Herrschaft
Dattenried (Delle) von den Grafen von Mömpelgard, 1324 durch die Heirat mit der
Erbtochter der Grafen von Pfirt die Grafschaft Pfirt mit den Herrschaften
Altkirch, Pfirt, Blumenberg (Florimont), Thann und Sennheim, 1347 die
Herrschaft Rosenfels (Rosemont), 1350/1361 die Herrschaft Belfort. 1354
schlossen sich die zehn elässischen Reichsstädte zum Zehnstädtebund (Dekapolis)
zusammen. Die Landgrafschaft im Unterelsass (Niederelsass), dem früheren
Nordgau, die zuerst von den Grafen von Hünenburg, dann von den Grafen von Werd
ausgeübt wurde, kam 1359/1362 an das Hochstift Straßburg. 1469 verpfändete die
Tiroler Linie Habsburgs ihre elsässischen Gebiete an Burgund, doch wurden die
burgundischen Herrscher 1475 vertrieben und fiel Burgund seinerseits über Maria
von Burgund an Habsburg zurück, das 1504 die Reichslandvogtei (in Hagenau) von
der Pfalz zurückgewinnen konnte. Bei der Einteilung in Reichskreise kam das
habsburgische Oberelsass zum österreichischen Reichskreis, das Unterelsass zum
oberrheinischen Reichskreis. Wichtige Herren neben Habsburg waren die Pfalz
(Grafschaft Rappoltstein, Herrschaft Rappoltsweiler), Württemberg (Grafschaft
Horburg, Herrschaft Reichenweier) sowie die Reichsgrafen von Hanau-Lichtenberg,
Leiningen und Salm. 1648/1684/1697 wurden der Sundgau Habsburgs und die Vogtei
über die zehn in der Reformation protestantisch gewordenen, 1674 besetzten
Reichsstädte Weißenburg, Hagenau, Rosheim, Oberehnheim, Schlettstadt,
Kaysersberg, Türkheim, Colmar (Kolmar), Münster, Landau und Straßburg an
Frankreich abgetreten. 1681 wurde Straßburg von Frankreich besetzt und bis 1697
verleibte sich Frankreich den größten Teil des restlichen E. ein. Der Conseil
Souverain d'Alsace trat als oberste Behörde Frankreichs an die Stelle der
Regierung Österreichs in Ensisheim. Gleichwohl blieb das E. bis 1789/1790, als
die Provinz E. durch die Départements Haut-Rhin und Bas-Rhin ersetzt wurde und
Frankreich die deutschen Reichsgesetze offiziell aufhob und die
Reichsgrafschaften und Reichsherrschaften annektierte, deutschsprachig und
geistig-kulturell (mit wachsendem Abstand) dem Reich verbunden. Danach wurde es
vor allem durch Napoleon, dessen Regelungen bis 1982 Bestand behielten,
zunehmend in Frankreich integriert, wobei ein einflussreicher frankophoner
Bevölkerungsteil einem konservativem deutschsprachigen Bevölkerungsteil
gegenübertrat. Nach 1918 trieb die Verwaltung Frankreichs 110000 Menschen unter
Beschlanahme ihres Vermögens aus dem Lande. Zu Beginn des zweiten Weltkriegs
wurde ein Drittel der Bevölkerung nach Südwestfrankreich evakuiert, wovon zwei
Drittel 1940 in das von Deutschland besetzte Land zurückkehrten. Am Ende des
20. Jh.s spricht weniger als ein Drittel der Schüler noch Elsässisch und die
deutsche Sprache verschwindet aus dem öffentlichen Leben. S. a.
Elsass-Lothringen.
L.: Wolff 293ff.; Großer Historischer Weltatlas II 34 (1138-1254) F4; Stoffel,
G., Topographisches Wörterbuch des Oberelsass, 2. A. 1876; Clauss, J.,
Historisch-topographisches Wörterbuch des Elsass, Lief. 1-15 (A-St) 1895ff.;
Die alten Territorien des Elsass nach dem Stand vom 1. Januar 1648, 1896
(Statistische Mitteilungen über Elsass-Lothringen, Heft 27); Jacob, K., Die
Erwerbung des Elsass durch Frankreich im Westfälischen Frieden, 1897; Jacob,
K., Das Reichsland Elsass-Lothringen, Bd. 1ff. 1898ff.; Die alten Territorien
des Bezirks Lothringen nach dem Stande vom 1. Januar 1648, Teil 1 1898 (
Statistische Mitteilungen über Elsass-Lothringen, Heft 28); Berthaut,
H./Berthaut, A., La carte de France 1750-1848, 1899; Becker, J., Geschichte der
Reichslandvogtei im Elsass 1273-1648, 1905; Müller, F., Die elsässischen
Landstände, 1907; Curs, O., Deutschlands Gaue im zehnten Jahrhundert, 1908, 6
(Alsatia, Alsaciensis, Helisaze, Elisadiun, Colmar, Hüttenheim, Selz,
Sermersheim, Lupstein, Schweighausen, Wittersheim, Reichshofen, Altdorf bzw.
Altorf, Brumath, Ebersheim, Andlau, Schlettstadt, Künheim bzw. Kühnheim, Winzenheim,
Morschweiler, Balzenheim, Hindisheim, Illkirch bzw. Illenkirchen, Offenheim,
Hessenheim bzw. Heßheim, Ostheim, Feldkirch[, nicht Badelsbach bzw. Bohlsbach
in Baden]); Vildhaut, H., Politische Strömungen und Parteien im Elsass von 1871
bis 1911, 1911; Schott, K., Die Entwicklung der Kartographie des Elsasses,
Mitt. d. Ges. für Erdkunde und Kolonialwesen zu Straßburg, 1913; Wackernagel,
R., Geschichte des Elsass, 1919; Elsass-Lothringen-Atlas, 1935; Büttner, H.,
Geschichte des Elsass, Bd. 1 1939; Marichal, P., Dictionnaire topographique du
département des Vosges, comprenant les noms de lieu anciens et modernes, Paris
1941; Fallex, M., L'Alsace, la Lorraine et les Trois-Evêchés, du début du 18.
siècle à 1789, Paris 1941; Gysseling, M., Toponymisch Woordenboek, 1960, 313;
Polenz, P. v., Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, I, 9, II, 9, 13, 21, 22,
23, 41, III, 11, 14, 16, 30, Elisazun, Elisaz, Alisatia, pagus Alisacensis,
Helisaze, Hillisazaas, Illisacia, Alesaciones, Alisanzgouwe, Elisgaugium, Elsass;
Himly, F., Atlas des villes médievales d'Alsace, 1970; Moreau, J., Dictionnaire
de géographie historique, 1972, 11 Alsace;Histoire de l’Alsace, hg. v. Rapp,
F., Bd. 1ff. 1976ff.; Paroisses et communes de France. Dictionnaire d'histoire
administrative et demographique: Kintz, J., Bas-Rhin, 1977; Duranthon, M., La
carte de France, son Histoire 1678-1979, 1978; Dreyfus, F., Histoire de
l'Alsace, 1979; Seidel, K., Das Oberelsass vor dem Übergang an Frankreich.
Landesherrschaft, Landstände und fürstliche Verwaltung in Alt-Vorderösterreich
(1602-1638), 1980; Dollinger, P., Histoire de l'Alsace, 4. A. 1984;
Encyclopédie de l’Alsace, Bd. 1ff. 1982ff.; Dollinger, P., Elsass, LexMA 3
1986, 1852ff.; Hiery, H., Reichstagswahlen im Reichsland, 1986; Vogler, B., Das
Elsass zur Zeit des französischen Ancien Régime (1648-1789), Alemannisches Jb.
1987/88 (1988); Ebert, K., Das Elsass, 1989; Das Elsass und Tirol, hg. v.
Thurnher, E., 1994; Seiler, T., Die frühstaufische Territorialpolitik im
Elsass, 1995; Das Elsass, hg. v. Erbe, M., 2002; Escher, M. u. a., Die urbanen
Zentren, 2005, 1, 528 (Unterelsass), 530 (Oberelsass); Hummer, H., Politics and
Power in Early Medieval Europe, 2005; Bornert, R., Les monastères d’Alsace, Bd.
1ff. 2009; Igersheim, F., L’Alsace et ses historiens 1680-1914, 2006; Vogler,
B., Geschichte des Elsass, 2012.
Elten (Stift, Damenstift, Frauenstift,
Reichsstift, Residenz). 967 gründete Graf Wichmann von Hamaland auf den
Eltenberg bei E. am Niederrhein, auf dem 944 erstmals eine Burg erwähnt wird,
ein adliges Damenstift. Dieses wurde 968 von Kaiser Otto I. bestätigt und
erhielt 973 von Kaiser Otto II. königlichen Schutz. Bald ging es an das Reich
über. 1473 überließ der Herzog von Burgund den
Herzögen von Kleve die Vogtei über E. und seine umfangreichen Güter (1469
Hektar). 1802 wurde E. von Preußen in Besitz genommen. 1806/1807 kam es an das
Großherzogtum Berg, 1815 erneut an Preußen, 1946 zu Nordrhein-Westfalen. Am 23.
4. 1949 wurde es mit etwa 20 weiteren deutschen Gemeinden (rund 70
Quadratkilometer mit etwa 10000 Bewohnern) bis zu einer endgültigen
Friedensregelung mit dem Deutschen Reich vorläufig dem Hoheitsgebiet der
Niederlande zugeschlagen, am 1. 8. 1963 aber wieder zurückgeführt. Der Ort E.
wurde 1975 in Emmerich eingemeindet.
L.: Wolff 494f.; Großer Historischer Weltatlas III 38 (1789) B2; Gies, L.,
Elten, 1958; Köbler, G., Gericht und Recht in der Provinz Westfalen
(1815-1945), FS Schmelzeisen, G., 1980, 177; Binding, G., Hochelten, LexMA 5
1990, 57; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W., 2003, 1, 706, 1, 2, 176.
Enghien (Herzogtum).
1801 gehörte das Herzogtum E. über die
Reichsgrafschaft Hennegau zum burgundischen Reichskreis Österreichs.
L.: Wolff 62; Wallner 701 BurgRK 1.
Erbach (Herrschaft). E. (1254 Erlbach) an der
Donau war Lehen der Grafen von Berg-Schelklingen, das nach deren Aussterben
1345 an Habsburg fiel. Ortsherren waren die Herren von Ellerbach. Durch Kauf
und Erbschaft kam E. an die Lochen und Stadion, an die Stein zum Rechtenstein
(1348), Schenk (1400), Villenbach und Westernach (1466), von denen es der Herzog von Bayern-Landshut 1488 kaufte. Nach dem
Landshuter Erbfolgekrieg 1503/1505 forderte Kaiser Maximilian das Lehen zurück,
das nach mehreren Verpfändungen 1535 an den Augsburger Bürger Hans Baumgartner
(Hans von Baumgarten) den Jüngeren zu Lehen gegeben wurde. Nach dem Aussterben
der Baumgartner (Baumgarten) 1610 zog Österreich das Lehen ein und gab es
zunächst als Pfand, 1622 als Lehen an den in den Reichsfreiherrenstand
erhobenen Reichsvizekanzler Hans Ludwig von Ulm zu Erbach. E. gehörte zur
Markgrafschaft Burgau, als deren Landvögte die Herren von Ulm zu Erbach
(Ulm-Erbach) im 18. Jahrhundert zeitweise in Günzburg residierten. 1805 fiel es
mit Burgau an Bayern, 1810 an Württemberg und damit 1951/1952 an
Baden-Württemberg. S. Ulm zu E.
L.: Wolff 46; Wallner 714 ÖsterreichRK 1; Konrad, A. H., Schloss Erbach, 1968.
Eschweiler (Edelherren). E. bei Aachen wird 828/830
erstmals als zur Pfalz Aachen gehöriger Königshof Ascivilaris genannt. Es kam
später an das Domstift Köln und war Sitz einer Familie von Edelherren. 1420
fiel es durch Verkauf an das Herzogtum Jülich.
Über Preußen kam E. 1946 zu Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 322; Kaemmerer, W., Eschweiler in seiner Geschichte, Bd. 1, 2 1964ff.
Esslingen, Eßlingen (Reichsstadt). E. am Neckar,
dessen Gebiet schon vorgeschichtlich besiedelt war, wird erstmals 777/866
(Hetslinga) erwähnt. Um 800 erhielt die dortige Zelle des Klosters St. Denis,
die den Ort über Fulrad, den Kaplan Kaiser Karls des Großen, von dem
alemannischen Adligen Hafti erworben hatte, einen Markt. 1077 gehörte E. dem Herzog von Schwaben. 1147 unterstand es den Staufern.
1212 verlieh ihm Kaiser Friedrich II. Stadtrecht. Seitdem war es als freie
Reichsstadt anerkannt. Der Versuch eine größere Herrschaft aufzubauen
scheiterte am Widerstand Württembergs, doch erwarb E. ein Dutzend kleiner Orte
rechts des Neckars, einen schmalen Brückenkopf links des Neckars sowie die Spitaldörfer
Deizisau, Möhringen und Vaihingen a. F. Im Jahre 1802 kam das zum schwäbischen
Reichskreis zählende E. mit 1,5 Quadratmeilen bzw. 80 Quadratkilometern an
Württemberg und damit 1951/1952 zu Baden-Württemberg.
L.: Wolff 212; Zeumer 555 III b 5; Wallner 689 SchwäbRK 69; Großer Historischer
Weltatlas III 22 (1648) D4, III 38 (1789) C3; Schroeder 373ff.; Pfaff, K.,
Geschichte der Reichsstadt Esslingen, 2. A. 1852; Urkundenbuch der Stadt
Esslingen, hg. v. Diehl, A./Pfaff, K., 2 Bände. 1899ff.; Wurster, O., Esslinger
Heimatbuch, 1931; Borst, O., Esslingen am Neckar. Geschichte und Kunst einer
Stadt, 2. A. 1967; Schneider, J., Bibliographie zur Geschichte und Kultur der
Stadt Esslingen, 1975; Borst, O., Geschichte der Stadt Esslingen am Neckar,
1977; Schuler, P., Esslingen, LexMA 4 1986, 24.
Este (Burg, Geschlecht). E. bei Padua geht
auf das antike Ateste an der Etsch der Veneter zurück, das 49 v. Chr. römisches
Munizipium wurde, nach der Verlagerung der Etsch aber verödete. Kaiser Otto I.
gab es an eine ursprünglich fränkische, dann langobardische, in Markgraf Otbert
(† 975) erstmals nachweisbare Familie, die sich nach ihrer 1056 erbauten Burg
E. benannte (Albert Azzo II, † 1097). Sie hatte bald mehrere Grafschaften inne.
Nach 1097 entstanden aus der Ehe Azzos II. mit der Welfin Kunizza die beiden
Linien Welf-Este in Deutschland und Fulc-Este in Italien. Seit 1171 ist die
Führung des Titels Markgraf belegt. 1154 schlossen die Welf-Este (Heinrich der
Löwe) mit den Fulc-Este einen Vergleich, der die italienischen Güter den
Fulc-Este beließ. Die italienische Linie Fulc-Este setzte sich in Ferrara,
Modena und Reggio fest, so dass E. 1275 an Padua, 1405 mit Padua an Venedig
fallen konnte. 1452 erhielt sie von Kaiser Friedrich III. die Herzogtümer Modena und Reggio als Reichslehen, 1471
von Papst Paul II. das Herzogtum Ferrara. 1593
starb die Hauptlinie aus. Die nachfolgende Nebenlinie verlor Ferrara und musste
ihren Sitz nach Modena verlegen. 1796 kamen Modena und Reggio an die
Zisalpinische Republik. Als Entschädigung hierfür erhielt die Familie E. 1801
den Breisgau und die Ortenau. 1803 erlosch sie im Mannesstamm. Über die mit dem
Sohn Ferdinand Kaiser Franz' II. verheiratete Erbtochter Maria Beatrix kamen
die Güter an das neugegründete Haus Österreich-Este. Dieses verlor 1805
Breisgau und Ortenau, erhielt aber 1814 Modena zurück, das 1859 an Sardinien
(1861 Italien) fiel. Die Familie E. erlosch zu Beginn des 19. Jahrhunderts im
Mannesstamm.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 48 (1300) D2; Chiappini, L., Gli Estensi,
1967; Bocchi, F., Este, LexMA 4 1989, 27.
Estland (Landschaft, Republik). Das von den
finno-ugrischen Esten besiedelte E. am Finnischen und Rigaischen Meerbusen
wurde von 1207 bis 1227 vom Schwertbrüderorden und Dänemark erobert. Der König
von Dänemark verkaufte seinen Anteil 1346 für 19000 Silbermark an den Deutschen
Orden. 1561 suchte die Ritterschaft Schutz vor russischen Einfällen unter der
Herrschaft Schwedens, das 1580 die Rückeroberung begann und 1584 die vier
Landschaften Harrien, Wierland, Jerwen und Wieck (Wiek) zum Herzogtum E. (Esthen) erhob. 1710 eroberte Russland
die Provinz E. 1721 kam E. als Provinz (Gouvernement) an Russland. Die am 24.
2. 1918 ausgerufene baltische Republik E. (Gouvernement E. und das von Esten
bewohnte Nordlivland) wurde am 6. 8. 1940 der Sowjetunion eingegliedert. Am 16.
11. 1989 verkündete E. seine Souveränität. Am 6. 9. 1991 erkannte der neue
sowjetische Staatsrat die Unabhängigkei Estlands an.
L.: Kraus, H., Grundriss der Geschichte des estnischen Volkes, 1935; Wittram,
R., Baltische Geschichte. Die Ostseelande Livland, Estland, Kurland 1180-1918,
1954; Kaelas, A., Das sowjetisch besetzte Estland, 1958; Rauch, G. v.,
Geschichte der baltischen Staaten, 1970; Von den baltischen Provinzen zu den
baltischen Staaten, Beiträge zur Entstehungsgeschichte der Republiken Estland
und Lettland 1918-1920, hg. v. Hehn, J. v./Rimscha, H. v./Weiss, H., 1977;
Blumfeldt, E./Loone, N., Bibliotheca Estoniae historica, 1987; Mühlen, H. v.
zur, Esten, Estland, LexMA 4 1989, 32ff.
Eutin (Burg, Fürstentum, Residenz des Bischofs
von Lübeck). In der Mitte des 12. Jahrhunderts besiedelte Graf Adolf II. von
Schauenburg (Schaumburg) den slawischen pagus Utinensis durch Holländer. Ein
Dorf übernahm den Namen Utin. 1156 kam das Gebiet an den Bischof von Lübeck,
der 1257 Eutin mit dem Stadtrecht Lübecks begabte. Nach der Reformation wurden
die Bischöfe Lübecks weltliche Fürstbischöfe, die seit 1586 aus dem Haus
Holstein-Gottorp (Gottorf) kamen. Nach 1689 bauten sie die bisherige Burg E.
zum Schloss aus. 1773 wurde das Hochstift Lübeck mit dem Herzogtum Oldenburg vereinigt, 1803 säkularisiert.
1937 wurde der Landesteil Oldenburgs der Provinz Schleswig-Holstein Preußens
eingegliedert. S. Lübeck (Hochstift, Fürstentum), Holstein-Eutin,
Schleswig-Holstein-Eutin.
L.: Wolff 451; Kollmann, P., Statistische Beschreibung des Fürstentums Lübeck,
1901; Peters, G., Geschichte von Eutin, 1958; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W. u. a., 2003, 1, 2, 185.
Falkenberg (Herrschaft, Herzogtum).
F. an der Steinau bei Oppeln erscheint 1224 als slawisches Dorf (Nemodlin) bei
einer Burg. Dort wurde vor 1283 eine deutsche Stadt (Valkenberch) gegründet.
Sie gehörte zum Herzogtum Oppeln und war von
1313 bis 1382 Sitz eines eigenen Herzogtums, das
1327 Böhmen huldigte. 1532 kam F. mit Oppeln an Böhmen, 1740 an Preußen, 1945
unter Verwaltung Polens, an das es 1990 als politische Folge der deutschen
Einheit gelangte.
L.: Wolff 479; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) J3; Praschma, H.
Graf, Geschichte der Herrschaft Falkenberg in Oberschlesien, 1929; Heimatbuch
des Kreises Falkenberg in Oberschlesien, 1971; Marsch, A., Oppeln – Falkenberg
– Groß-Strehlitz, 1998.
Falkenstein (Herrschaft). In der Mitte des 12.
Jahrhunderts wird erstmals die Burg F. an der Brenz erwähnt. Sie kam um 1260
über die Erbtochter von den Herren von F. an die Faimingen, 1349 als Pfand an
den Herzog von Teck und über die Grafen von
Helfenstein ganz an den Herzog von Teck. Dieser
verkaufte 1390 F. mit Bindsteinmühle und Gütern in Dettingen, Heuchlingen,
Ballendorf und Mehrstetten an Albrecht von Rechberg. 1531 erlangte die
Herrschaft Heidenheim die Obrigkeit. 1593 kaufte Württemberg die zum
schwäbischen Reichskreis gehörige Herrschaft, womit F. 1951/1952 an
Baden-Württemberg kam.
L.: Wallner 684 SchwäbRK 1.
Fehmarn (Insel, Herrschaft, Amt). Die 1075
erstmals genannte, 185 Quadratkilometer umfassende Ostseeinsel F. (Fembre,
Imbria, slaw. Vemorje, im Meer) war im Frühmittelalter von Slawen bewohnt und
wurde seit der Mitte des 12. Jahrhunderts von deutschen Bauern besiedelt. 1231
gehörte F. zum Herzogtum Schleswig, kam dann an
Dänemark und als dänisches Reichslehen an die Grafen von Holstein. 1636 wurde
die Verbindung des Amtes mit dem Herzogtum
Schleswig bestätigt. 1864 wurde die Insel, die um 1320 ein ältestes
fehmarisches Landrecht und 1557 ein neues Landrecht erhalten hatte, von Preußen
erobert und 1867 dem Kreis Oldenburg in Holstein zugeteilt. 1946 kam F. zu
Schleswig-Holstein.
L.: Sarauw, Versuch einer geschichtlichen Darstellung des politischen
Verhältnisses der Insel Fehmarn bis zum Jahre 1329, Staatsbürgerliches Magazin
2 (1834), 4 (1836); Voß, J., Chronikartige Beschreibung der Insel Fehmarn,
1889.
Ferrara (Stadtkommune, Herzogtum).
Das vielleicht im frühen 7. Jahrhundert gegründete, 757 erstmals erwähnte F. am
Po di Volano wurde gegen Ende des 10. Jahrhunderts vom Papst an die Markgrafen
der Toskana gegeben. Im 12. Jahrhundert war es freie Stadt. 1208 kam F. an die
Familie Este. 1240 entstand in F. unter den Este die erste städtische Signorie.
1471 wurde F. Herzogtum. 1597/1598 wurde es vom
Papst eingezogen.
L.: Raccolta ferrarese, 1869; Fontana, B., Documenti vaticani di un plebiscito
in Ferrara sul principio del secolo XIV, 1887; Facchini, G., La storia di
Ferrara, 1933; Visconti, A., La Storia dell'Università di Ferrara 1391-1950,
1950; Castagnetti, A., Società e politica a Ferrara, 1985; Bocchi, F., Ferrara,
LexMA 4 1989, 385ff.; Emich, B., Territoriale Integration in der frühen
Neuzeit, 2005.
Flandern (Grafschaft). Der im frühen 8.
Jahrhundert erstmals belegte Name F. (Flachland) bezeichnete vom 9. Jahrhundert
an eine Grafschaft zwischen Schelde, Canche und Nordsee. 843 kam das Gebiet zum
westfränkischen Reich. Die Grafschaft war französisches Lehen der Familie der
Balduine (Kronflandern bzw. Kron-Flandern), von denen Balduin I. Schwiegersohn
Karls des Kahlen war, und reichte im Osten bis Gent und Kortrijk, an der
Nordseeküste bis Boulogne. Unter Arnulf I. (918-965) kam Artois hinzu. 1056
belehnte Kaiser Heinrich III. Graf Balduin V. mit dem nördlichen Land der vier
Ambachten und der Landschaft Aalst östlich der Schelde (Reichsflandern bzw.
Reichs-Flandern), wovon das Mündungsgebiet der Schelde und die Mark Antwerpen
behauptet wurden. 1107 gewannen die Grafen die Schutzherrschaft über das
Hochstift Cambrai. 1191 ging F. über die Erbtochter an einen Grafen des
Hennegaus über. Der Versuch des französischen Königs, F. nach 1214 fester an
sich zu binden, scheiterte 1302 (Niederlage von Kortrijk). 1262 erlangten die
Grafen von F. die Grafschaft Namur. 1384/1385 kam F. mit Artois nach dem
Aussterben der hennegauischen Grafen bzw. des seit 1278 regierenden Hauses
Dampierre über die Erbtochter an das Herzogtum
Burgund und 1477 mit Burgund über Maria von Burgund an Habsburg, wobei Artois
zwischen Habsburg und Frankreich umstritten blieb. 1556 wurde F. der spanischen
Linie Habsburgs zugeteilt. Der Norden fiel 1648 an die Republik der Vereinigten
Niederlande (Generalstaaten, (Staatsflandern: Das freie Land von Sluis mit den
Städten Sluis, Aardenburg und Oostburg (Dostburg), dem Amt Aardenburg, einem
Teil der Grafschaft Middelburg und dem Amt Oostburg (Dostburg), der Insel
Cadzand (Razand), Stadt und Amt Ysendyk (Ijzendijke) und der Stadt Biervliet
und das Hulsteramt). Artois und andere flandrische Gebiete kamen 1659/1668/1678
an Frankreich (das Quartier des Freilandes mit den Städten und Kastellaneien
Grevelingen [Gravelingen], Bourbourg und Bergues, das Quartier Cassel mit der
Stadt und Kastellanei Cassel und der Kastellanei Bailleul und das Quartier oder
Land l'Isle oder Lille mit der Stadt und Kastellanei Lille und den Ämtern
Orchies und Douai [Donay]). 1714 gelangte das verbliebene F. mit einem Teil der
spanischen Erbschaft an Österreich, 1794 an Frankreich, 1814 an die Niederlande
und 1830 überwiegend an Belgien.
L.: Wolff 58f.; Wallner 701 BurgRK 1; Großer Historischer Weltatlas II 66
(1378) B3; Vanderkindere, L., La formation territoriale des principautés
belges, Bd. 1f. 2. A. 1902; Curs, O., Deutschlands Gaue im zehnten Jahrhundert,
1908, 7 (Veltem); Sproemberg, H., Die Entstehung der Grafschaft Flandern, 1935,
Neudruck 1965; Geschiedenis van Vlaanderen, hg. v. Roosbroeck, R. van, Bd. 1ff.
1936ff.; Flandria nostra, redigiert v. Broeckx, J. u. a. Bd. 1ff. 1957ff.;
Gysseling, M., Toponymisch Woordenboek, 1960; Polenz, P. v., Landschafts- und
Bezirksnamen, 1961, III, 1, 3, 27, Flandrun, Flamingun, Bevölkerungsname;
Domke, H., Flandern, das burgundische Erbe, 1964; Roosbroeck, R. van,
Geschichte Flanderns, 1968; Moreau, J., Dictionnaire de géographie historique,
1972, 117; Allgemene Geschiedenis der Nederlanden (neue Ausgabe), Bd. 1ff.
1980ff.; Berings, G., Flandern, LexMA 4 1989, 514ff.; Nicholas, D., Medieval
Flanders, 1992; Mohr, W., Die Vorgeschichte der Grafschaft Flandern, 1994.
Florenz (Stadt, Stadtkommune, Herzogtum), ital. Firenze. Nach prähistorischen und
etruskischen Vorläufern entstand vermutlich im zweiten vorchristlichen
Jahrhundert das römische Florentia am Arno, das um 200 n. Chr. vielleicht 10000
Einwohner hatte. Im 4. Jahrhundert wurde es Sitz eines Bischofs, in
langobardischer Zeit Sitz eines Herzogs und
unter den Ottonen Sitz eines Grafen. Noch vor 1115 setzte der Kampf um die
Selbständigkeit ein. 1125 unterwarf F. Fiesole. 1138 sind consules (Konsuln)
nachweisbar. Im 13. und 14. Jahrhundert wurde die Stadt mit ihrer bedeutenden
Tuchherstellung führende Macht im mittleren Italien und zählte 1348 etwa 120000
Einwohner. Ihre Währung (Florentiner) gewann als Gulden (abgekürzt fl.)
Bedeutung weit über Florenz hinaus. 1406 wurde Pisa erobert, 1421 Livorno
erworben. 1434 kam die Familie Medici an die Macht, die 1531 von Kaiser Karl V.
zu Herzögen erhoben wurde. 1737 fiel das Herzogtum
an Österreich, 1801 als Hauptstadt an das Königreich Etrurien Frankreichs, von
1808 bis 1814 an Frankreich, von 1814 bis 1859 an Österreich und schließlich an
Sardinien bzw. 1861 an das Königreich Italien, dessen Hauptstadt es von 1865
bis 1879 war.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 48 (1300) D3, II 78 (1450) G5; Davidsohn,
R., Geschichte von Florenz, Bd. 1ff. 1896ff., Neudruck 1969; Caggese, R., Firenze dalla decadenza
di Roma al Risorgimento, Bd. 1ff. 1912ff.;
Panella, A., Storia di Firenze, 1949; Nardi, J., Istorie della città di
Firenze, 1958; Lopes Pegna, M., Firenze dalle origini al medioevo, 1962;
Bargellini, P., La splendida storia di Firenze, 1966; Grote, A., Florenz,
Gestalt und Geschichte eines Gemeinwesens, 2. A. 1968; Raith, W., Florenz vor
der Renaissance. Der Weg einer Stadt aus dem Mittelalter, 1976; Hale, J., Die
Medici und Florenz, 1979; Brucker, G., Firenze 1138-1737, 1983; Firenze e la
Toscana dei Medici nell’Europa, hg. v. Garfagnini, G., 1983; Panella, A.,
Storia di Firenze, 1984; Luzzati, M., Firenze e la Toscana nel Medievo, 1986;
Cardini, F., Florenz, LexMA 4 1989, 554ff.; Bouboullé, G., Florenz, 1989;
Brucker, G., Florenz in der Renaissance, 1990; Reinhardt, V., Florenz zur Zeit
der Renaissance, 1990; Cohn, S., Creating the Florentine State, 1999; Zumhagen,
O., Religiöse Konflikte und kommunale Entwicklung, 2001; La Roncière, C.,
Firenze e le sue campagne nel Trecento, 2005; Najemy, J., A History of Florence
1200-1575, 2006; Klapisch-Zuber, C., Retour à la cité. Les magnats de Florence 1340-1440, 2006;
Ciapelli, G., Fisco e società a Firenze nel Rinascimento, 2009; Gualtieri, P.,
Il Commune die Firenze tra Due e Trecento, 2009.
Franken (Herzogtum).
Nach dem Zerfall des karolingischen Reiches konnte sich in dem Gebiet zwischen
Neckar und Eder, Thüringerwald und Rhein ein fränkisches Stammesherzogtum, wie
sich dies angeboten hätte, nicht ausbilden. 939 wurde das Land unmittelbar dem
König unterstellt. Im 12. Jahrhundert entstanden im Westen zahlreiche kleinere
Herrschaften (Pfalz, Nassau, Hessen, Katzenelnbogen, Hanau, Mainz, Worms,
Speyer), so dass der Name F. rasch verschwand. Im Osten beanspruchte der
Bischof von Würzburg seit Anfang des 12. Jahrhunderts herzogliche Rechte. Auf
Grund gefälschter Urkunden wurden sie ihm von Kaiser Friedrich I. 1168
bestätigt. In der Folge festigte sich für dieses östliche Gebiet der Name F.,
obwohl der Bischof von Würzburg die Herzogsgewalt
nicht über das Hochstift hinaus auf Bamberg, Fulda, Henneberg, Castell,
Nürnberg und Hohenlohe auszudehnen vermochte. Erst in der Errichtung des
fränkischen Reichskreises wurde dieses östliche F. lose vereint. 1633 wurden
die Hochstifte Würzburg und Bamberg als Herzogtum
F. an Herzog Bernhard von Weimar als Lehen
Schwedens gegeben, aber bereits 1634 wieder verselbständigt. 1803/1806 kamen
die fränkischen Herrschaften überwiegend an Bayern, das 1837 drei
Regierungsbezirke als Unterfranken (Würzburg), Oberfranken (Bayreuth) und
Mittelfranken (Ansbach) benannte.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 34 (1138-1254) F4; Zimmermann, G.,
Franken, (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Stein, F., Geschichte
Frankens, Bd. 1f. 1885f., Neudruck 1966; Wittmann, L., Landkarten von Franken
aus der Zeit von 1490-1700, 4. Lief. 1940-42, 1952; Historischer Atlas von
Bayern, hg. v. d. hist. Komm. f. bayer. Landesgeschichte, Teil Franken, Reihe I
1952ff., Reihe II 1954ff.; Hofmann, H., Franken am Ende des alten Reichs (1792),
1954/6; Hofmann, H., Franken seit dem Ende des alten Reiches (1790-1945), (in)
Historischer Atlas von Bayern, Teil Franken, Reihe II, 1, 1a, 1955/6; Franken,
hg. v. Scherzer, C., 1959ff.; Brod, W., Frankens älteste Landkarte. Ein Werk
Sebastians von Rotenhan, Mainfränk. Jb. 11 (1959); Bonacker, W., Grundriss der
fränkischen Kartographie des 16. und 17. Jahrhunderts, Mainfränk. Hefte 33
(1959); Spindler, M., Franken 1500-1818, (in) Handbuch der bayerischen
Geschichte Bd. 3, 1 3. A. 1997; Polenz, P. v., Landschafts- und Bezirksnamen,
1961, II, 22, 30, 27, 51, 52, 77, 94; Moraw, P., Franken als königsnahe
Landschaft im späten Mittelalter, Bll. f. dt. LG. 122 (1976), 123ff.;
Wendehorst, A., Die geistliche Grundherrschaft im mittelalterlichen Franken,
(in) Die Grundherrschaft im späten Mittelalter, Bd. 1-2, hg. v. Patze, H.,
1983; Fried, P., Die Entstehung der Landesherrschaft in Altbayern, Franken und
Schwaben im Lichte der historischen Atlasforschung, (in) Land und Reich, Stamm
und Nation, FS M. Spindler, 1984; Friedrich der Große, Franken und das Reich,
hg. v. Duchhardt, H., 1986; Fränkische Reichsstädte, hg. v. Buhl, W., 1987;
Wendehorst, A., Franken, LexMA 4 1989, 728ff.; Pleticha, H., Franken und
Böhmen, 1990; Guth, K., Konfessionsgeschichte in Franken 1555-1955, 1990;
Lubich, G., Auf dem Weg zur „Güldenen Freiheit“, 1996; Franken von der
Völkerwanderungszeit bis 1268, bearb. v. Störmer, W., 1999; Merz, J., Fürst und
Herrschaft. Der Herzog von Franken und seine
Nachbarn 1470-1519, 2000; Tittmann, A., Der ehemalige Landkreis Hassfurt, 2003;
Franken im Mittelalter, hg. v. Merz, J. u. a., 2004; Nachdenken über fränkische
Geschichte, hg. v. Schneider, E., 2005; Petersohn, J., Franken im Mittelalter,
2008; Blessing, W., Kleine Geschichte Frankens, 2008.
Frankenstein (Fürstentum, Herrschaft). F. bei Breslau
wurde um 1280 durch Herzog Heinrich IV. von
Schlesien an der Straße von Breslau nach Prag gegründet. Seit etwa 1300 war es
Sitz eines Fürstentums, das in der Mitte des 14. Jahrhunderts unter die
Oberhoheit Böhmens kam. Zeitweise war es mit Münsterberg vereinigt. Die
Herrschaft F. war von 1654 bis 1791 durch kaiserliche Verleihung in der Hand
der Familie Auersperg. 1742 fiel F. an Preußen. 1791 wurde die Herrschaft an
Preußen verkauft. 1990 kam F. als politische Folge der deutschen Einheit an
Polen.
L.: Wolff 477; Kopitz, A., Geschichte der deutschen Kultur und ihrer
Entwicklung in Frankenstein und im Frankensteiner Lande, 1910.
Fredeburg (Herrschaft, Land). Die Burg F. an der
oberen Wenne am Nordostabhang des Sauerlandes entstand im ersten Drittel des
14. Jahrhunderts als Mittelpunkt der östlichen Hälfte der Herrschaft Bilstein
(Wormbach, Berghausen, Dorlar-Ilpe, Kirchrarbach [Kirchrahrbach], Eslohe,
Reiste, Schliprüthen, Cobbenrode [Kobbenrode]). 1367 musste Graf Gottfried IV.
von Arnsberg die Burg an die Grafen von der Mark abtreten. 1444 wurde das Land
F., dessen Bauern weitgehend persönlich frei waren und zur Hälfte ihre Höfe zu
Erbeigentum (Freigut) hatten, in der Soester Fehde vom Erzbischof von Köln
erobert und (1449) dem erzstiftischen Herzogtum
Westfalen eingegliedert. 1815 fiel F. an Preußen, 1946 das Gebiet an
Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 87; Hömberg, A., Geschichte der Stadt Fredeburg, 1962.
Freiberg (Residenz des Markgrafen von Meißen bzw.
Herzogs von Sachsen)
L.: Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W.
u. a., 2003, 1, 2, 190.
Freiburg ([Grafen,] Stadt, Reichsstadt, Residenz
Habsburgs), Freiburg im Breisgau. Vermutlich 1120 gründeten die Herzöge
Berthold III. und Konrad II. von Zähringen am Handelsweg von Schwaben nach
Burgund im Anschluss an ältere Siedlungen den Marktort Freiburg. Nach ihrem
Aussterben fiel er 1218 an die Grafen von Urach, die sich seitdem Grafen von F.
(Urach-Freiburg) nannten und auf der vielleicht von Berthold II. am Ende des
11. Jahrhunderts erbauten Burg auf dem Schlossberg saßen (Egino I. bis
1236/1237, Konrad I. 1236/1237-1271, Egino II. 1271-1316, Konrad II. 1316-1350,
Friedrich 1350-1356, Egino III. 1358-1385, Konrad III. 1385-1424, Johann
1424-1444). 1368 unterstellte sich F. im Kampf mit seinen Grafen Habsburg.
Unter dessen Herrschaft hatte es von 1415 bis 1427 während der Reichsacht Herzog Friedrichs die Stellung einer Reichsstadt und
erwarb später die Dörfer Herdern, Betzenhausen, Lehen, Zarten, Kirchzarten,
Horben sowie die Güter und die Vogtei des Klosters Sankt Märgen im Schwarzwald.
Die Grafen von F. herrschten nur noch auf ihren südlich Freiburgs gelegenen
Gütern auf Burg Neuenfels in Badenweiler. Der letzte Graf gab 1444 seine Herrschaft
Badenweiler an die Markgrafen von Hachberg-Sausenberg, die durch den
Zusammenschluss der Herrschaftsgebiete Rötteln, Sausenberg und Badenweiler das
Markgräflerland entstehen ließen. F. kam 1678 an Frankreich, 1697 wieder an
Österreich und 1805 an Baden und damit 1951/1952 an Baden-Württemberg. S. a.
Urach-Freiburg.
L.: Wolff 41; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) D5; Schreiber, H.,
Geschichte der Stadt und Universität Freiburg im Breisgau, Bd. 1ff. 1857ff.;
Bader, J., Geschichte der Stadt Freiburg, Bd. 1f. 1882ff.; Albert, P., 800
Jahre Freiburg, 1920; Hefele, F., Freiburger Urkundenbuch, Bd. 1ff. 1938ff.;
Freiburg im Breisgau. Stadtkreis und Landkreis. Amtliche Kreisbeschreibung, Bd.
1 1965; Freiburg im Mittelalter, hg. v. Müller, W., 1970; Freiburg in der
Neuzeit, hg. v. Müller, W., 1970; Diestelkamp, B., Gibt es eine Freiburger
Gründungsurkunde aus dem Jahre 1120?, 1973; Keller, H., Über den Charakter
Freiburgs in der Frühzeit der Stadt, (in) FS Schwineköper, B., hg. v. Maurer,
H./Patze, H., 1982; Scott, T., Die Territorialpolitik der Stadt Freiburg im
Breisgau im ausgehenden Mittelalter, Schauinsland 102 (1983), 7ff.; Schott, C.,
Die Zugorte des Freiburger Oberhofes, FS Thieme, H., 1986, 157; Nüwe
Stattrechten und Statuten der loblichen Statt Fryburg im Pryszgow gelegen, hg.
v. Köbler, G., 1986; Blattmann, M., Die Freiburger Stadtrechte zur Zeit der
Zähringer, Diss. Freiburg 1988; Boehm, L., Freiburg im Breisgau, LexMA 4 1989,
888ff.; Nassall, W., Das Freiburger Stadtrecht von 1520, 1989; Geschichte der
Stadt Freiburg, hg. v. Haumann, H. u. a., Bd. 2 1994; Freiburg 1091-1120, hg.
v. Schadek, H. u. a., 1995; Kälble, M., Zwischen Herrschaft und bürgerlicher
Freiheit, 2001; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W. u. a., 2003, 1, 2, 192; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren,
2005, 2, 204.
Freiburg (Freiburg im Üchtland) (Reichsstadt,
Kanton, Residenz). 1157 gründete der Herzog von
Zähringen auf mit Burgund 1032 an das Reich gelangtem Gebiet die Stadt F. Sie
fiel 1218 von den Herzögen von Zähringen an die Grafen von Kiburg (Kyburg), von
diesen 1264/1277 an Habsburg. 1452 unterwarf sie sich Savoyen. 1478 erhielt sie
Reichsunmittelbarkeit. 1481/1506 wurde sie als neunter Ort in die
Eidgenossenschaft der Schweiz aufgenommen. Zwischen 1536 und 1538 eroberte sie
von Savoyen Romont (Romort), Estavayer und Bulle, 1544 kaufte sie fast die
gesamte Grafschaft Greyerz (Gruyères). Die Stadt wurde 1613 Sitz des Bischofs
von Lausanne und Mittelpunkt der Gegenreformation in der Schweiz.
L.: Wolff 525; Großer Historischer Weltatlas II 72 b (bis 1797) C3; Castella,
G., Histoire du Canton de Fribourg, 1892; Zurich, P. de, Les origines de
Fribourg et le quartier du Bourg au XVe et XVe siècles, 1924; Gedenkband zur
800-Jahrfeier-Freiburg, Freiburg im Üchtland, 1957; Geschichte des Kantons
Freiburg, hg. v. Ruffieux, R., Bd. 1f. Freiburg 1981; Portmann, U.,
Bürgerschaft im mittelalterlichen Freiburg, 1984; Carlen, L., Freiburg im
Üchtland, LexMA 4 1989, 891f.; Die Freiburger Handfeste, hg. v. Foerster, H. u.
a., 2003; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W. u. a., 2003, 1, 2, 193.
Freising (Hochstift, Residenz). Auf dem Boden des
heutigen F. bestand vermutlich schon eine römische Siedlung. Um 700 erbauten
die agilolfingischen Herzöge auf dem Domhügel links der Isar eine 744 erstmals
erwähnte Burg (castrum Frigisinga zu dem Personennamen Frigis). 724 rief Herzog Grimoald den heiligen Korbinian († 725) nach
F., der dort die Anfänge des 1020 erneuerten Klosters Weihenstephan begründete.
Um 738/739 errichtete der heilige Bonifatius das Bistum F. (Bischof Erimbert),
welches das obere Isargebiet (Landshut, Inn, Ammersee, Werdenfels) umfasste und
zunächst Mainz, seit 798 Salzburg unterstellt war. Vermutlich hat gegen 765
Bischof Arbeo von F. das lateinisch-lateinische Synonymenlexikon mit dem
Anfangswort Abrogans ins Althochdeutsche übertragen lassen (erstes erhaltenes
althochdeutsches Buch). Das zum späteren bayerischen Reichskreis gehörige
Hochstift hatte grundherrschaftliche, unter Vogtei der Grafen von Wittelsbach
stehende Güter in Bayern, Tirol (Pustertal), Österreich, Steiermark, Kärnten
und Krain, erlangte im Ringen mit den Herzögen von Bayern die Landesherrschaft
(1220 Reichsunmittelbarkeit) aber nur für das Kerngebiet um F. (F.,
Grafschaften Ismaning [um 1294], Werdenfels mit Garmisch, Herrschaft Burgrain).
1156 entriss Heinrich der Löwe dem Hochstift die Zollstelle in Oberföhring
(Föhring) zugunsten Münchens. Die 973 erlangte Grafschaft Cadore im Osten der
Dolomiten wurde 1510 von Venedig annektiert. Seit dem 13. Jahrhundert zählten
die Bischöfe zu den Reichsfürsten. 1802/1803 fielen die Güter an Bayern (mit
Reichsgrafschaft Ismaning, Werdenfels [einschließlich Reichsgrafschaft
Partenkirchen-Mittenwald] und der Herrschaft Burgrain bei Wasserburg, 15
Quadratmeilen, 11919 Einwohner).
L.: Wolff 138; Zeumer 552 II a 16; Wallner 712 BayRK 7; Großer Historischer
Weltatlas II 66 (1378) F4, III 22 (1648) F4; III 38 (1789) D3; Meichelbeck, C.,
Historia Frisingensis, Bd. 1f. 1724ff.; Deutinger, M. v., Beiträge zur
Geschichte, Topographie und Statistik des Erzbistums München und Freising, Bd.
1-13 1850ff.; Mayer, A./Westermayer, G., Statistische Beschreibung des
Erzbistums München-Freising, Bd. 1ff. 1874ff.; Bitterauf, T., Die Traditionen
des Hochstifts Freising, Bd. 1f. 1905ff.; Ammer, A., Der weltliche Grundbesitz
des Hochstiftes Freising, (in) FG zum zwölfhundertjährigen Jubiläum des
heiligen Korbinian, hg. v. Schlecht, J., 1924, 299ff.; Kriechbaum, E., Zur
Kulturgeographie des Freisinger Landes, Dt. Archiv f. Landes- u. Volksforschung
6 (1942), 310; Albrecht, D., Hochstift Freising. Die Grafschaft Werdenfels,
(in) Historischer Atlas von Bayern, Teil Altbayern, 1955; Alckens, A.,
Freising, Geschichte einer altbayerischen Bischofsstadt, 1964; Stahleder, H.,
Hochstift Freising, Freising, Ismaning, Burgrain, (in) Historischer Atlas von
Bayern, Teil Altbayern, 1974; Beitrag zur Geschichte, Topographie und Statistik
des Erzbistums München und Freising, hg. v. Verein für Diözesangeschichte
München und Freising, 1988; Maß, J., Das Bistum Freising im Mittelalter, 1988;
Das Bistum Freising in der Neuzeit, hg. v. Schwaiger, G., 1989; Das Erzbistum
München und Freising im 19. und 20. Jahrhundert, hg. v. Schwaiger, G., 1989;
Stahleder, H., Freising, LexMA 4 1989, 903ff.; Freising, hg. v. Fahr, F., 1989;
Festschrift aus Anlass der Einweihung des Ämtergebäudes für das Amtsgericht und
das Vermessungsamt am Domberg in Freising, hg. v. Gössl, H, 1989; Hagen, D.,
Herrschaftsbildung zwischen Königtum und Adel, 1995; Bauer, R., Monachium
Frisingense, Oberbayerisches Archiv 126 (2002), 1; http://www.bayerische-landesbibliothek-online.de/hsta-freisingertraditionen/
(Cozroh-Codex); Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W., 2003, 1, 535, 1, 2, 194.
Freusburg (Herrschaft). Die Herrschaft F. (914,
1048 Froudesbrahderofanc) mit Betzdorf fiel 1220 von den seit 1131
nachweisbaren Herren/Grafen von F. über Eberhard Burggraf von Arenberg an die
Grafen von Sayn. Betzdorf gehörte von 1661 bis 1741 zu Sachsen-Weimar-Eisenach,
1741-1791 zu (Brandenburg-)Ansbach, 1791-1802 zu Preußen, 1802-06 zu
Nassau-Usingen, 1806-1815 zum Herzogtum Nassau
und 1815-1945 zu Preußen. Das 1376 dem Hochstift Trier zu Lehen aufgetragene F.
wurde 1606 eingezogen, musste aber 1652 an die Erbtöchter Sayns zurückgegeben
werden. Über Sayn-Altenkirchen kam es 1802 an Nassau-Usingen (Nassau), 1866 an
Preußen und 1946 an Rheinland-Pfalz.
L.: Wolff 346; Semmelroth, R., Die Freusburg, 1930; Neu, H./Laux, J.,
Heimatchronik des Kreises Altenkirchen, 1956.
Friaul (Herzogtum).
Das im östlichen Norditalien (Pordenone, Udine, Görz, Triest) zwischen
Karnischen Alpen, Julischen Alpen und Adria gelegene, zunächst keltisch
besiedelte F. ist nach der römischen Stadt Forum Iulii (zu Ehren Julius Cäsars)
benannt. Im 6. Jahrhundert war es das erste langobardische Herzogtum in Italien, seit 776 fränkische, 828 in vier
Grafschaften aufgeteilte Markgrafschaft. Otto der Große vereinigte 976 einen Teil
Friauls (Gebiet von Cividale) mit der Mark Kärnten, das übrige Friaul kam mit
Krain und Istrien 1077 unter die Herrschaft der Patriarchen von Aquileja. 1420
wurde es mit Ausnahme vor allem der Güter der Grafen von Görz, die 1500 an
Habsburg fielen, von Venedig erobert. Mit Venedig kam es 1797 an Österreich,
1866 an Italien. Die Grafschaft Görz fiel 1919 an Italien. 1947 wurde der
östliche, von Slowenen besiedelte Teil Friauls Jugoslawien zugeteilt.
L.: Wolff 33; Storm, K., Burgen und Städte im mittelalterlichen Friaul, 1940;
Paschini, P., Storia del Friuli, Bd. 1f. 2. A. 1981; Leicht, P., Studi di
storia friulana, 1955; Leicht, P., Breve storia di Friuli, 4. A. 1970; Valussi,
G., Friuli, Venezia Giulia, 1955; Gentilli, J., Il Friuli, i climi, 1964; Brozzi,
M., Il ducato del Friuli, 2. A. 1981; Cervani, R., Friaul, LexMA 4 1989, 915f.;
Wakounig, M., Dalmatien und Friaul, 1990; Krahwinkel, H., Friaul im
Frühmittelalter, 1992; Venetien Istituto regionale per la storia del movimento
di liberazioni nel Friuli-Venezia Giulia: Friuli e Venezia Giulia, 1997.
Friedland (Herrschaft, Herzogtum).
In F. in Nordböhmen erscheint im 13. Jahrhundert eine Burg. Die Herrschaft F.,
ursprünglich in der Lausitz gelegen, kam vor 1278 vom Hochstift Meißen an
Böhmen, gehörte von 1278 bis 1551 den Herren von Biberstein (Bieberstein), die
1534 die Reformation einführten, und dann vor 1620 Herren von Redern. Nach 1620
wurde sie eingezogen, fiel 1621/1622 an Albrecht von Wallenstein und gab dessen
auf etwa 1200 Quadratkilometern erweitertem Herzogtum
(1625/1627-1634) den Namen. Nach 1634 kam F. mit der Herrschaft Reichenberg an
die Grafen Gallas. Der letzte Graf übertrug die Güter 1757 dem Grafen Clam.
1918/1919 kam F. zur Tschechoslowakei, 1938 im Sudetengebiet zum Deutschen
Reich und 1945 wieder an die Tschechoslowakei.
L.: Wolff 467; Schicketanz, A., Die Geschichte des Kreises Friedland, 1965.
Fürstenberg (Reichsritter). Seit dem 13. Jahrhundert
ist eine im Sauerland beheimatete Ministerialenfamilie des Erzstifts Köln
nachweisbar. Sie nannte sich seit 1295 nach der an der Ruhr gelegenen, im
letzten Viertel des 13. Jahrhunderts erbauten, aber wohl kurz nach 1326 wieder
zerstörten Burg F. bei Neheim. Sie stammte wahrscheinlich von dem Geschlecht
der Binolen ab. Am Anfang des 15. Jahrhunderts hatte sich die Familie in die
drei Hauptlinien Waterlappe, Höllinghofen-Hörde-Livland und
Neheim-Neufürstenberg verzweigt. Güter hatte sie vor allem im nordwestlichen
Teil des Herzogtums Westfalen, aber auch im
südwestlichen Sauerland, im Märkischen, Münsterischen, Paderbornschen, am
Nieder- und Mittelrhein (Geldern, Mainz) und in Livland. Sie war Mitglied des
Ritterkreises Rhein. Seit 1572 hatte sie die Vogtei über Kloster Grafschaft
inne.
L.: Roth von Schreckenstein 2, 594; Klocke, F. v., Fürstenbergsche Geschichte,
Bd. 1 1939; Klocke, F. v. u. a., Fürstenbergische Geschichte, Bd. 1ff. 1971ff.;
Fürstenberger Skizzen, hg. v. Gosmann, M., 1995.
Gahlen (Herrlichkeit). Die Herrlichkeit G. bei
Dorsten gehörte am Ende des 18. Jahrhunderts zum Herzogtum
Kleve (Weselscher landrätlicher Kreis).
L.: Wolff 317.
Galizien (Landschaft, Fürstentum, Königreich).
Während das Karpatenvorland westlich des San mit Krakau um 1000 an Polen kam,
bildeten sich im Gebiet östlich des San die Fürstentümer Halitsch (((Halics) und
Wladimir (Lodomerien). Davon gewann Halitsch/Galizien Anschluss an die
Entwicklung Böhmens, Polens und Ungarns. Bei der ersten polnischen Teilung 1772
erhielt Österreich Rotrussland und Teile Podoliens mit Zamosc, Brody, Lemberg,
Tarnopol und Halitsch (Halics) sowie die Herzogtümer
Zator und Auschwitz. Dieses 1280 Quadratmeilen mit 1,2 Millionen Einwohnern
umfassende Gebiet wurde als Königreich G. und Lodomerien bezeichnet. 1784 wurde
nach der Errichtung eines eigenen Gubernium für G. samt Lodomerien in Lemberg
eine Universität geschaffen. 1795 kam bei der dritten polnischen Teilung
Kleinpolen mit Krakau, Wieliczka, Rawka, Sandomir, Radom und Maciejowice
(Maziejowice) (insgesamt 46000 Quadratkilometer mit 1,5 Millionen Einwohnern)
als Westgalizien hinzu. 1809 musste dieses Westgalizien mit Zamosc an das
Großherzogtum Warschau, der östliche Teil Galiziens an Russland abgetreten
werden. 1815 kam dieser Teil an Österreich zurück, während die übrigen 1809
verlorenen Gebiete an Polen fielen. 1846 wurde der 1815 gebildete Freistaat
Krakau einverleibt. 1918 schloss sich der westliche, 1772 an Österreich
gelangte Teil Galiziens (mit Krakau, Tarnów und Przemyśl) Westgalizien
Polen an. Das östliche Galizien mit Lemberg wurde 1919 gewaltsam Polen
eingegliedert, 1939 an die Sowjetukraine angeschlossen.
L.: Kratter, F., Briefe über den itzigen Zustand von Galizien, 1786; Traunpaur,
Chevalier d'Orphanie A. H., Dreyßig Briefe über Galizien, 1787; Stupnicki, H.,
Das Königreich Galizien und Lodomerien, 1853; Ortsrepertorium des Königreiches
Galizien und Lodomerien, 1874; Brawer, A., Galizien, wie es an Österreich kam,
1910; Seefeldt, F., Quellenbuch zur deutschen Ansiedlung in Galizien unter
Kaiser Joseph II., 1935; Schneider, L., Das Kolonisationswerk Josephs II. in
Galizien, 1939; Rosdolski, R., Untertan und Staat in Galizien, 1992; Mark, R.,
Galizien, 1994; Röskau-Rydel, I., Galizien, Bukowina, Moldau, 1999; Bachmann,
K., Ein Herd der Feindschaft gegen Russland, 2001.
Gandersheim (Reichsstift, Residenz) (seit 1932 Bad
Gandersheim). Am Übergang des Hellweges über die Gande und an der Kreuzung mit
der Straße Frankfurt-Lübeck errichteten die Liudolfinger eine Burg. 852
gründete Herzog Liudolf von Sachsen dort das
Stift G., in dem in der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts die Dichterin
Hrotsvit wirkte. Das Stift war reichsunmittelbar (877) und nach langem Streit
vom Bischof von Hildesheim eximiert und dem Papst unmittelbar unterstellt
(1208). Vögte waren seit der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts die Welfen,
doch vermochte die Äbtissin ihre Stellung als Reichsfürstin und ihren Sitz auf
der rheinischen Prälatenbank bis zur freiwilligen Aufgabe 1802 zu behaupten.
Die Ausbildung eines eigenen Herrschaftsgebiets gelang aber nicht, so dass sich
das Reichsstift im Wesentlichen auf die Stiftskirche beschränkte. 1568/1589
wurde G. ein evangelisches Damenstift. 1803 fiel es an Braunschweig. 1810 wurde
es aufgelöst. 1946 kam G. zu Niedersachsen.
L.: Wolff 439; Zeumer 553 II a 37, 18; Curs, O., Deutschlands Gaue im zehnten
Jahrhundert, 1908,7; Rippel, J./Thilo, G., Der Landkreis Gandersheim,
1958/1960; Goetting, H., Das reichsunmittelbare Kanonissenstift Gandersheim,
1973; Kronenberg, K., Chronik der Stadt Bad Gandersheim, 1978; Fahlbusch, F.,
Gandersheim, LexMA 4 1989, 1102ff.; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 713, 1, 2 205;
Schröder-Stapper, T., Fürstäbtissinnen, 2015.
Gaveren (Fürstentum, Roede). Das Fürstentum (Roede) G. gehörte am Ende des 18. Jahrhunderts über die Grafschaft Flandern und das Herzogtum Burgund zum burgundischen Reichskreis.
Geldern (Grafschaft, Herzogtum,
Residenz). Am Ende des 11. Jahrhunderts (Gerhard Flamens 1033-1057, Graf
Gerhard 1061-1067, nach Lieven Gerhard I. † nach 1033, Gerhardus Flamens †
1082, Gerhard I. von Wassenberg-Geldern um 1060-um 1129) erscheinen im Raum des
Herzogtums Niederlothringen als Nachkommen der
Konradiner die Grafen von G. (1085-1118 auch von Wassenberg bei Erkelenz) mit
Sitz in der Burg G. (1096 de Gelre) an der Niers. Sie hatten Vogteien in G.,
Erkelenz und Roermond sowie Eigengut östlich der unteren Maas (Obergeldern). Um
1120 erheiratete Graf Gerhard II. über Irmgard von Zutphen die durch die
Grafschaft Kleve hiervon getrennte Grafschaft Zutphen an der Yssel/Ijssel und
die Herrschaft Arnheim. Später erlangten die Grafen die Vogtei des Utrechter Marienstifts.
1247 erzwangen sie gegenüber König Wilhelm von Holland die Verpfändung der
Reichsvogtei Nimwegen mit der Reichsstadt Nimwegen (Nijmwegen) (sog. Nimwegener
Reich) und Emmerich, so dass die Grafen ein bedeutendes Herrschaftsgebiet
zwischen Maas und Roer bis zur Zuidersee hatten. Nach der im Kampf um das
schwiegerväterliche Herzogtum Limburg gegen
Brabant 1288 erlittenen Niederlage von Worringen wurden die Grafen von den
Ständen abhängig. 1339 erhielt Graf Reinald II. den Herzogstitel.
1371 starb das Geschlecht im Mannesstamm aus. Im geldrischen Erbfolgekrieg
(1371-1379) fiel G. (1377/1379) an die durch Heirat verbundenen Grafen bzw.
Herzöge von Jülich, wurde nach dem Erlöschen Jülich-Gelderns im Mannesstamm im
Erbwege 1423 unter den von den Ständen gewählten Grafen von Egmond/Egmont aber
wieder selbständig. 1472 verpfändete Arnold von Egmond das Herzogtum an Karl den Kühnen von Burgund, der es 1473
eroberte, vom Kaiser belehnt wurde und Teile Gelderns an Kleve (u. a. Goch
[1614 Preußen]) gab. Mit Burgund fiel G. nach dem Aussterben der 1492 wieder
selbständig gewordenen Grafen von Geldern (1538) mit den vier Quartieren
Arnheim, Roermond, Zutphen und Nimwegen letztlich an Habsburg, das G. 1543 nach
zeitweiliger Lösung (seit 1538 unter Jülich-Kleve-Berg) den habsburgischen
Niederlanden im burgundischen Reichskreis einverleibte und 1548 dem
burgundischen Reichskreis zuteilte. 1578/1579 löste sich unter dem Statthalter
Johann von Nassau der größte Teil Gelderns (Nimwegen, Zutphen, Arnheim) von
Habsburg und schloss sich den Generalstaaten als Provinz Gelderland an
(Utrechter Union). Der südliche Teil (Oberquartier G. südlich von Kleve um G.
und Venlo, Obergeldern) fiel nach dem 1702 erfolgten Aussterben der Prinzen von
Oranien (König Wilhelm III. von England) als Ersatz für Oranien) 1713 im
Frieden von Utrecht an Preußen (G., Straelen, Wachtendonck bzw. Wachtendonk,
Kessel, Kriekenbeck [Kriekenbeek]). 1715 erwarben die Generalstaaten noch
Venlo, Stevensweert und Montfoort (Montfort), 1719 nahm Pfalz-Neuburg Erkelenz,
so dass bei den österreichischen Niederlanden nur Roermond und die Herrschaften
Daelenbroeck (Dalenbroek), Swalmen, Wessem und Elmpt verblieben. Der
österreichische Teil wurde 1801, der preußische Teil 1795/1801 an Frankreich
abgetreten. 1815 kam der österreichische Teil an die Niederlande. Der
preußische Teil ging bis auf einige Stücke, die an die Niederlande fielen
(Kessel, alles Land eine halbe Meile landeinwärts vom Maasufer), 1946 in
Nordrhein-Westfalen auf.
L.: Wolff 66; Wallner 701 BurgRK 1; Großer Historischer Weltatlas II 6 (1378)
C2, II 78 (1450) F3, III 38 (1789) B2; Nettesheim, L., Geschichte von Stadt und
Amt Geldern, 1863, Neudruck 2. A. 1963; Sloet v. de Beele, L., Oorkondenboek
der graafschappen Gelre en Zutfen, Teil 1ff. 1872ff.; Heidrich, P., Der
geldrische Erbfolgestreit 1537-43, 1896; Gouda Quint, P./Gouda Quint, S.,
Bibliographie van Gelderland, Bd. 1ff. 1910ff.; Holthausen, H., Verwaltung und
Stände des Herzogtums Geldern preußischen
Anteils im 18. Jahrhundert, Diss. phil. Bonn 1916; Heimatbuch des Landkreises
Geldern, 1964; Ebe-John, E., Geldern, eine niederrheinische Festung, 1966;
Jappe Alberts, W., Geschiedenis van Gelderland, 1966; Der Landkreis Geldern,
hg. v. Ebbert, F., 1967; Nikolay, W., Die Ausbildung der ständischen Verfassung
in Geldern und Brabant während des 13. und 14. Jahrhunderts, 1985; Frankewitz,
S., Die geldrischen Ämter Geldern, Goch und Straelen im späten Mittelalter,
1986; Hövelmann, G., Geldern - Preußens Maasprovinz (1713-1794), Rhein. Vjbll.
50 (1986); Schiffer, P., Die Grafen von Geldern im Hochmittelalter (1085-1229),
1988; Venner, G., Die Grafschaft Geldern vor und nach Worringen, Bll. f. dt.
LG. 124 (1988), 267ff.; Herborn, W., Geldern, LexMA 4 1989, 1198 ff; Nijsten,
G., Het hof van Gelre, Diss. phil. Nimwegen 1992; Schlinker, S., Fürstenamt und
Rezeption, 1999, 130; Gelre - Geldern - Gelderland, hg. v. Stinner, J. u. a.,
2001; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W.
u. a., 2003, 1, 1, 71, 793, 1, 2, 207; Nijsten, G., In the Shadow of Burgundy,
2004; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 401, 2, 217; Geldern, hg.
v. Landschaftsverband Rheinland, 2006; Lieven, J., Adel, Herrschaft und
Memoria, 2008; Verortete Herrschaft, hg. v. Lieven, J., 2014, 289.
Gelsdorf, Gelstorf (Herrschaft). Die Herrschaft
G. gehörte am Ende des 18. Jahrhunderts über das Herzogtum
Jülich dem niederrheinisch-westfälischen Reichskreis an.
L.: Wolff 322; Wallner 701 WestfälRK 2.
Gemen, Gehmen (Herrschaft). Mit dem Königshof
bei G. nahe Borken stattete Königin Mathilde (in Engern um 895-Quedlinburg 968)
das Stift Nordhausen aus. Edelherren von G. werden 1092 erstmals genannt. Um
ihre um 1250 dem Herzog von Kleve aufgetragene
Burg entstand eine kleine Herrschaft. 1492 starb das Geschlecht, das als Lehen
Kleves auch die Vogtei über das Stift Vreden innegehabt hatte und weitere
zwischenzeitlich erworbene Güter (Bredevoort, Pfandschaft an Recklinghausen)
nicht hatte halten können, aus. Es folgten in weiblicher Linie die Grafen von
Holstein-Schaumburg, nach 1635 die Grafen von Limburg-Styrum. Ihnen gelang vor
allem gegen das Hochstift Münster die Durchsetzung der Reichsunmittelbarkeit
(1700) und die Aufnahme in das westfälische Reichsgrafenkollegium. 1733 erbten
sie die südlich gelegene Herrschaft Raesfeld. 1784 umfasste die 1560
protestantisch gewordene Herrschaft Burg und Ort G. sowie zwei Bauerschaften
mit insgesamt 0,5 Quadratmeilen. Sie gehörte zum niederrheinisch-westfälischen
Reichskreis, ihre Inhaber zu den westfälischen Reichsgrafen. 1801 kam sie an
die Reichsfreiherren von Boyneburg-Bömelberg. Am 12. 7. 1806 fiel sie
mediatisiert an die Fürsten von Salm-Kyrburg. Am 13. 12. 1810 erfolgte der
Anschluss an Frankreich, 1815 an Preußen. 1822 wurde G. von der Familie
Landsberg-Velen erworben. 1946 kam G. zu Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 364; Zeumer 554 II b 63, 23; Wallner 705 WestfälRK 54; Großer
Historischer Weltatlas III 38 (1789) B2; Landsberg-Velen, F. Graf v.,
Geschichte der Herrschaft Gemen, 1884; Köbler, G., Gericht und Recht in der
Provinz Westfalen (1815-1945), FS Schmelzeisen, G., 1980, 171.
Generalstaaten (Provinzen). G. waren seit etwa 1506 die
von Herzog Philipp dem Guten von Burgund seit
1464 nach französischem Vorbild an wechselnde Orte berufenen allgemeinen
Landesvertretungen und davon abgeleitet später die nördlichen Provinzen der
Niederlande, die sich während des niederländischen Aufstandes auf Betreiben des
Statthalters Johann VI. von Nassau am 23. 1. 1579 zur Utrechter Union
zusammenschlossen und am 26. 7. 1581 von Spanien lossagten. 1609 wurden Spanien
durch militärische Eroberung weitere große Teile Flanderns, Brabants und
Gelderns entrissen. Seit 1648 wurden die G. ohne förmliche Loslösung vom
Deutschen Reich als souverän angesehen. Am 26. 1. 1795 wurde mit Unterstützung
Frankreichs die Batavische Republik ausgerufen, die Maastricht, Venlo,
Staatsflandern und Limburg an Frankreich abtreten musste. 1806 wurden die G.
auf Geheiß Napoleons in das Königreich Holland seines Bruders Ludwig
umgewandelt. 1810 wurde dieses Königreich Holland mit Frankreich vereinigt.
1815 wurden die Niederlande wieder selbständig.
L.: Geschiedenis van Nederland, hg. v. Brugmans, H., Bd. 1ff. 1935ff.; Geyl,
P., Geschiedenis van de niederlandse stam, Bd. 1f. 2. A. 1948f.; 500 Jaren
Staten-Generaal, 1964.
Gent (Burggrafschaft). G. am Zusammenfluss
von Schelde und Leie, dessen aus dem Keltischen kommender Name Ganda Mündung
bedeutet, wird schon im 8. Jahrhundert genannt (Abteien Sint Baafs, Sint
Pieters). Bereits im 12. Jahrhundert erlangten die dort seit dem 10.
Jahrhundert siedelnden Kaufleute besondere Rechte gegenüber den Grafen von
Flandern. Im 13. Jahrhundert erwarb G. als Stadt der Tuchmacher europäische
Geltung. Im 14. Jahrhundert erhob sich die mehr als 56000 Einwohner zählende
Stadt, deren wirtschaftliche Bedeutung unter der wachsenden englischen
Konkurrenz litt, gegen die Grafen von Flandern, verlor aber 1540 alle
besonderen Rechte. Am Ende des 18. Jahrhunderts gehörte die Burggrafschaft G.
über die Grafschaft Flandern und das Herzogtum
Burgund zum burgundischen Reichskreis.
L.: Wolff 60; Wallner 701 BurgRK 1; Fris, V., Histoire de Gand depuis les
origines jusqu'en 1913, 2. A. 1930; Werveke, H. van, Kritische Studien
betreffende de oudste geschiedenis van de stad Gent, 1933; Dumont, M., Gent.
Een stedenaardrijkskundige studie, Bd. 1, 2 1951; (Polenz, P. v., Landschafts-
und Bezirksnamen, 1961, II, 17, 18, 32, IV, 20, pagus Gandensis, zum Ortsnamen
Gent;) Verhulst, A./Ryckaert, M. u. a., Gent, LexMA 4 1989, 1237ff.;
Vleeschouwers, C., De oorkonden van de Sint-Baafs-abdij, Bd. 1f. 1990f.
Geuder von Heroldsberg, Geuder (Reichsritter).
1391 erwarben die in Nürnberg sitzenden Patrizier Geuder das Reichslehen
Heroldsberg, das vor ihnen die Nassauer und von diesen über die Burggrafen von
Nürnberg Herzog Swantibor von Pommern innegehabt
hatte. Im 17. Jahrhundert zählten die G. zum Kanton Gebirg des Ritterkreises
Franken, im 18. Jahrhundert wegen Stein (Kanton Altmühl) und anderer Güter
(Kanton Baunach) zum Ritterkreis Franken (Geuder-Rabenstein). S. Heroldsberg.
L.: Biedermann, Altmühl; Stieber; Roth von Schreckenstein 2, 593; Pfeiffer 196;
Riedenauer 123.
Gifhorn (Residenz des Herzogs
von Braunschweig-Lüneburg)
L.: Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W.
u. a., 2003, 1, 2, 213.
Glogau (Fürstentum, Herzogtum,
Residenz des Herzogs von Glogau der Piasten). G.
in Niederschlesien erscheint 1010 als polnische Herzogsburg.
Seit dem 12. Jahrhundert strömten deutsche Siedler zu. 1251 gründete dort Herzog Konrad I. von Niederschlesien anlässlich einer
Erbteilung (1248/1252) eine neue Linie der Piasten.1253 erhielt die Stadt G.
Magdeburger Recht. 1273/1274 teilten Herzog
Konrads I. drei Söhne das Gebiet und nannten sich Herzöge von Sagan, Steinau
und G. Herzog Heinrich III. von G. († 1309)
konnte seine Herrschaft über fast ganz Polen ausdehnen. 1312/1322 wurden Wohlau
und Oels abgetrennt. 1331 kam G., wie die meisten schlesischen Fürstentümer
seit 1329, unter die Lehnshoheit Böhmens, das einen Teil des Gebiets besetzte.
1368 wurde das Herzogtum G. erneut geteilt. Eine
Hälfte fiel an die Herzöge von Sagan, die andere an den König von Böhmen (und
Kaiser Karl IV.) und von diesem 1383 an die Herzöge von Teschen, 1476 nach dem
Aussterben der Glogauer Hauptlinie an König Matthias Corvinus von Ungarn. 1482
wurde Crossen (Krossen) mit Bobersberg, Züllichau und Sommerfeld an Brandenburg
verkauft. Matthias Corvinus' nichtehelicher Sohn Johann Corvinus vereinigte
beide Teile Glogaus wieder und vergab sie als Lehen an Prinz Johann Albert
(1492-1498) und König Sigismund von Polen (1498-1506). Seit 1506 war G. kein
selbständiges Herzogtum mehr, kam 1508 von Polen
an Böhmen zurück und fiel 1526 mit diesem an Habsburg. 1632-1634 trug
Wallenstein nochmals den Titel eines Herzogs von
G. 1742 ging G., das einen Flächeninhalt von 83 Quadratmeilen aufwies und in die
Kreise G., Freystadt (Freistadt), Guhrau, Sprottau, Grünberg (Grüneberg) und
Schwiebus gegliedert war, an Preußen über. 1945 kam es unter die Verwaltung
Polens sowie 1990 als politische Folge der deutschen Einheit an Polen.
L.: Wolff 485f.; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) H3; Stamm- und
Übersichtstafeln der schlesischen Fürsten, hg. v. Wutke, K., 1911; Blaschke,
J., Geschichte der Stadt Glogau und des Glogauer Landes, 1913; Geschichte
Schlesiens, hg. v. d. hist. Komm. f. Schlesien, Bd. 1 1961; Bein, W., Glogau in
alten Ansichten, 1998; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg.
v. Paravicini, W. u. a., 2003, 1, 2, 215.
Glogau-Sagan, (Sagan) (Herzogtum,
Herrschaft). Sagan am Bober in Niederschlesien wird 1202 erwähnt. Vor 1280
wurde bei der dortigen Burg eine Stadt zu deutschem Recht angelegt. Sie war von
1273/1397 bis 1472 Residenz eines Teilherzogtums der schlesischen Piasten. 1329
kam G. unter die Lehnshoheit Böhmens. 1472 wurde Sagan an das Haus Wettin
verkauft. 1504 starben die Herzöge von G. aus. 1549 kam G. an Habsburg, 1740 an
Preußen. Von 1628 bis 1634 war die Herrschaft Sagan im Besitz Wallensteins, von
1646 bis 1786 der Fürsten Lobkowitz. Nach dem Verkauf durch diese kam Sagan mit
20 Quadratmeilen Gebiet (den Städten Sagan, Priebus, Naumburg und Freiwaldau)
als preußisches Lehnsfürstentum 1786 an Herzog
Peter Biron von Kurland, über dessen Tochter Dorothea an das Haus
Talleyrand-Périgord. 1929 erlosch der Titel eines Herzogs
von Sagan. 1945 fiel Sagan unter die Verwaltung Polens und damit 1990 als
politische Folge der deutschen Einheit an Polen. S. Sagan
L.: Wolff 486; Leipelt, A., Geschichte der Stadt und des Herzogtums Sagan, 1853; Wolff, O., Kritische Sichtung
der Geschichte der Stadt und des Herzogtums
Sagan, wie sie namentlich von A. Leipelt dargestellt worden ist, 1859;
Heinrich, A., Geschichte des Fürstentums Sagan, 1911; Sieber, H., Schlösser und
Herrensitze in Schlesien, 1957; Handke, K./Steller, G., Beschreibung der
schlesischen Kreise Sagan und Sprottau, 1968.
Glogau-Steinau, (Steinau) (Herzogtum).
Neben einem 1202 bezeugten Dorf wurde vor 1248 die deutsche Stadt Steinau an
der Oder in Niederschlesien gegründet. Von 1274 bis 1289 und von 1319 bis 1365
war sie Sitz verschiedener piastischer Familien, zeitweilig ein eigenes Herzogtum. 1329 kam G. unter die Lehnshoheit Böhmens.
Seit 1945 stand es unter Verwaltung Polens, an das es 1990 als politische Folge
der deutschen Einheit gelangte. S. Steinau.
L.: Schubert, H., Urkundliche Geschichte der Stadt Steinau, 1885.
Glücksburg (Burg). An der Stelle des 1210
gegründeten Rudeklosters ließ Herzog Johann der
Jüngere, der Sonderburg, Aerösköbing (Aeroeskoebing), Norburg, Plön und
Ahrensbök sowie später die Klöster Rudekloster und Reinfeld sowie weitere Güter
erhalten hatte, 1582 das Schloss G. erbauen. Sein Sohn Philipp machte G. zur
Hauptstadt des ihm vererbten Herzogtums
Schleswig-Holstein(-Sonderburg)-Glücksburg, das beim Aussterben der Linie 1779
vom König von Dänemark als Herzog von
Schleswig-Holstein übernommen wurde. S. Holstein-Glücksburg,
Schleswig-Holstein.
L.: Kruse, H., Aus der Vergangenheit Glücksburgs, 1925.
Görlitz (Herzogtum).
An der Kreuzung der Straßen von Stettin nach Frankfurt an der Oder bzw. Prag
und von Leipzig nach Breslau wird 1071 die wendische villa G. an der Neiße
anlässlich der Vergabung seitens des Königs an den Bischof von Meißen erstmals
erwähnt. 1126 erscheint eine Burg, 1210/1220 die Stadt G., die 1259 an
Brandenburg (Askanier) kam, 1268 Sitz eines eigenen Landes wurde und innerhalb
der Oberlausitz 1303 Magdeburger Recht bestätigt erhielt. Von 1319 bis 1329
gehörte G. zum Herzogtum Jauer, danach zu
Böhmen. Von 1377 bis 1396 war G. Residenz des eigenen Herzogtums
G. des dritten Sohnes Kaiser Karls IV. 1635/1648 fiel G. an Sachsen, 1815 an
Preußen, 1945 in die sowjetische Besatzungszone und damit von 1949 bis 1990 in
die Deutsche Demokratische Republik, 1990 in der Bundesrepublik Deutschland an
Sachsen.
L.: Wolff 470; Jecht, R., Geschichte der Stadt Görlitz, 1922ff.; Lemper, E.,
Görlitz, 1959, 4. A. 1980; Heyde, W./Piltz, G., Görlitz, 2. A. 1972; Blaschke,
K., Görlitz, LexMA 4 1989, 1560f.; Anders, I./Wolfrum, P., Görlitz, 1998;
Jajesniak-Quast, D./Stoklosa, K., Geteilte Städte an Oder und Neiße, 2000;
Görlitz – Ansichten eines Denkmals, 2000.
Goslar (Reichsvogtei). 1073 erscheint erstmals
ein prefectus Bodo, der vermutlich einen G. und weitere Reichsgüter
umfassenden, von der Grafengewalt befreiten Bezirk leitete. Seit dem 12.
Jahrhundert ist die Tätigkeit anscheinend auf das Gebiet G. und die Verwaltung
der Reichsgüter beschränkt. Von 1152 bis in die sechziger Jahre (1168) hatte Herzog Heinrich der Löwe diese Vogteirechte als
Reichslehen inne. 1290 erwarb die Reichsstadt G. die Reichsvogtei und damit vor
allem das Recht, den Vogt einzusetzen.
L.: Wilke, S., Das Goslarer Reichsgebiet und seine Beziehungen zu den
territorialen Nachbargewalten, 1970.
Göttingen (Fürstentum, Residenz der Herzöge von
Braunschweig-Lüneburg). G. an der Leine wird als Dorf Gutingi 953 erstmals
erwähnt. 1211/1212 erhielt der Ort vermutlich Stadtrecht. Ab 1235 gehörte
Göttingen zum Herzogtum Braunschweig-Lüneburg.
Von (1291 bis 1292 und von) 1345 bis 1463 war es Sitz des Fürstentums G.
(Oberwald), das von Münden (Hannoversch Münden) bis Hahausen bei Bockenem
reichte. Im Kampf mit dem Landesherren erlangte die Stadt weitgehende
Selbständigkeit. Das Fürstentum kam nach seiner Zerrüttung unter Otto dem
Quaden 1435/1442/1463 an das Fürstentum Calenberg des mittleren Hauses
Braunschweig, das 1498/1584 in Münden residierte, und ging schließlich in
Hannover auf (1692). Es gehörte dem niedersächsischen Reichskreis an. Über
Preußen (1866) gelangte G. 1946 zu Niedersachsen. S. Braunschweig-Göttingen.
L.: Wolff 437; Wallner 706 NiedersächsRK 9; Mager, F./Spiess, W., Erläuterungen
zum Probeblatt Göttingen der Karte der Verwaltungsgebiete Niedersachsens um
1780, 1919; Saathoff, A., Geschichte der Stadt Göttingen, Bd. 1f. 1937ff.;
Fahlbusch, O., Topographie der Stadt Göttingen, 1952; Bartel, G., Der ländliche
Besitz der Stadt Göttingen, 1952; Fahlbusch, O., Der Landkreis Göttingen in
seiner geschichtlichen, rechtlichen und wirtschaftlichen Entwicklung, 1960;
Kühlhorn, E., Ortsnamenlexikon für Südniedersachsen, 1964; Ronge, R./Hoffmann,
W., Der Landkreis Münden. Geschichte, Landschaft, Wirtschaft, 1970; Kalthoff,
E., Geschichte des südniedersächsischen Fürstentums Göttingen und des Landes
Göttingen im Fürstentum Calenberg (1285-1584), 1982; Pischke, G., Die
Landesteilungen der Welfen im Mittelalter, 1987; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W. u. a., 2003, 1, 2, 218; DIe
Schatzverzeichnisse des Fürstentums 1418-1527, bearb. v. Dolle, J., 2011.
Göttingen (reichsunmittelbare Stadt?). G. an der
Leine wird 953 (Gutingi) anlässlich der Gabe der Güter des Vasallen Billung
durch Kaiser Otto den Großen an das Moritzkloster (Erzstift) Magdeburg erstmals
erwähnt. 1371/1372 erwarb die im 13. Jahrhundert entstandene Stadt die Pfalz
Grona (Grone), 1372 Herberhausen, 1380 Omborne (Omborn) und Roringen sowie
Renshausen. 1387 schlugen die Bürger Herzog Otto
den Quaden und zerstörten seine Burg in der Stadt. Von 1446 bis 1536 erlangten
sie die Pfandschaft über Geismar, von 1424 bis 1530 über Burg und Amt
Friedland. 1521 erscheint G. in der Reichsmatrikel unter den freien und
Reichsstädten. Die Wirren des 16. und 17. Jahrhunderts führten dann aber wieder
zur Eingliederung in das Herzogtum (1584
Braunschweig-Wolfenbüttel, 1635 Calenberg, 1692 Hannover). 1734 wurde in G.
eine Universität geschaffen, die zwischen Halle (1694) und Berlin (1810) den
Typus der modernen Universität bildete. 1866 kam die Stadt mit Hannover an
Preußen, 1946 an Niedersachsen.
L.: Reichsmatrikel 1521; Saathoff, A., Geschichte der Stadt Göttingen, Bd. 1f.
1937ff.; Fahlbusch, O., Topographie der Stadt Göttingen, 1952; Fahlbusch, O.,
Göttingen im Wandel der Zeiten, 6. A. 1966; Göttingen. Geschichte einer
Universitätsstadt, hg. v. Denecke, D., Bd. 1 1987; Sachse, W., Göttingen im 18.
und 19. Jahrhundert, 1987; Göttingen 1690-1755, hg. v. Wellenreuther, H., 1988;
Steenweg, H., Göttingen, LexMA 4 1989, 1609; Steenweg, H., Göttingen um 1400, 1994;
Göttingen, hg. v. Böhme, E. u. a., Bd. 2 2002; Butt, A., Die Stadt Göttingen
und ihre Rechte im ländlichen Raum, 2012.
Gottorf s. Gottorp (Burg, Herzöge [,Herzogtum], Residenz des Bischofs von Schleswig bzw. Herzogs von Schleswig bzw. Schleswig-Holstein-Gottorp)
Gottorp, Gottorf (Burg, Herzöge [,Herzogtum], Residenz des Bischofs von Schleswig bzw. Herzogs von Schleswig bzw.
Schleswig-Holstein-Gottorp). Zwischen 1161 und 1268 entstand im innersten
Wasserwinkel der Schlei die Wasserburg G. der Bischöfe von Schleswig. Vor 1268
kam sie an Herzog Erik Abelson, 1340 an die
Grafen von Schauenburg (Schaumburg), 1459 an den König von Dänemark. Unter Herzog Adolf von Holstein-Gottorp
(Schleswig-Holstein-Gottorf, Holstein-Gottorf) begann seit etwa 1565 die
selbständige Entwicklung eines eigenen Herzogtums.
Seit 1713 war das Schloss G. Sitz des Statthalters des Königs von Dänemark. S.
Holstein-Gottorp(-Oldenburg) bzw. Holstein-Gottorf.
L.: Brandt, O., Geschichte Schleswig-Holsteins, 5. A. 1957; Brandt, O./Klüver,
W., Geschichte Schleswig-Holsteins, 8. A. 1981; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W. u. a., 2003, 1, 2, 223.
Gottschee, Gotschee (Herrschaft, Grafschaft, Land,
Ländchen), slowen. Kočevje. Das Kulpatal an der kroatischen Grenze wurde
im 14. Jahrhundert seitens der Kärntner Grafen von Ortenburg durch deutsche
Bauern besiedelt. 1363 wird in diesem Zusammenhang G. erstmals genannt. Die
zugehörige Herrschaft mit etwa 3000 Einwohnern kam nach dem Aussterben der
Grafen von Ortenburg 1418 über Bischof Albrecht von Trient, die Grafen von Cilli
und Ladislaus Postumus an Habsburg (1456-1641), das sie meist verpfändete. 1641
gelangte das 1623 zur Grafschaft erhobene Gebiet an die Grafen bzw. Fürsten
Auersperg. 1791 wurde es Herzogtum und folgte
Krain. Mit diesem kam es 1918 an Jugoslawien. Die deutschen Siedler wurden 1941
umgesiedelt und 1945 aus Jugoslawien vertrieben.
L.: Wolff 31; Dimitz, A., Geschichte Krains, Bd. 1ff. 1874ff.; Hauptmann, L.,
Entstehung und Entwicklung Krains, 1929; Widmer, G., Urkundliche Beiträge zur
Geschichte des Gottscheer Landes (1406-1627), 1931; Kundegraber, M.,
Bibliographie zur Gottscheer Volkskunde, 1962/3; Hödl, G., Gottschee, LexMA 4
1989, 1612.
Graz (Residenz des Herzogs
von Österreich [Habsburg])
L.: Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W.
u. a., 2003, 1, 2, 230.
Greifen (Geschlecht). Der vor 1124
christianisierte Wartislaw I. († um 1135) und sein Bruder Ratibor († 1155/1156)
sind die ältesten bekannten Mitglieder der Herzöge der Pomoranen, deren
Nachfolger 1181 die Anerkennung ihres Herrschaftsgebiets als
reichsunmittelbares Herzogtum Pommern
(Reichslehen) erreichten, seit 1214 einen Greifen im Wappen führten, sich im
15. Jahrhundert selbst nach diesem benannten und mit Bogislaw XIV. 1637 in
männlicher Linie ausstarben. S. Pommern.
L.: Wehrmann, M., Genealogie des pommerschen Herzogshauses,
1937; Hofmeister, A., Genealogische Untersuchungen zur Geschichte des
pommerschen Herzogshauses, 1938; Schmidt, R.,
Greifen, LexMA 4 1989, 1694f.; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen
Reich, hg. v. Paravicini, W. u. a., 2003, 1, 1, 74.
Greifswald (Stadt). Das nach dem pommerschen Herzogsgeschlecht der Greifen benannte, erstmals 1248
erwähnte G. am Ryck entstand vielleicht 1209 als Siedlung der
Zisterzienserabtei Eldena. Von dieser nahm es der Herzog
1249 zu Lehen. 1250 gewann es Stadtrecht Lübecks. 1456 erhielt es eine
Universität. 1648 kam es mit Vorpommern an Schweden, 1815 an Preußen, von 1949
bis 1990 an die Deutsche Demokratische Republik (Mecklenburg). S.
Mecklenburg-Vorpommern.
L.: Wolff 404; Erdmann, G., Die Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, 2.
A. 1959; Schmidt, R., Greifswald, LexMA 4 1989, 1695f.; Wächter, J., Die
Anfänge Greifswalds, FS R. Schmidt, 1995, 133; Greifswald, hg. v. Wernicke, H.,
2000; Matthiesen, H., Greifswald in Vorpommern, 2000.
Griesbach (Reichsdorf), Grundesbach. Am 7. 1. 1409
bevollmächtigte König Ruprecht seinen Sohn, den Herzog
Ludwig, hinsichtlich der im Münstertal im Elsass gelegenen Reichsdörfer
Griesbach (Grundesbach) und Günsbach (Grussersbach), die von Johann Ulrich vom
Huse und anderen in Besitz genommen worden waren, vor Gericht zu klagen und
eine Untersuchung vornehmen zu lassen.
L.: Hugo 471.
Groningen (freie Stadt?). G. wird erstmals im
Jahre 1000 genannt. Es gehörte infolge einer Schenkung Kaiser Heinrichs III.
(1040) zum Hochstift Utrecht. Seit dem Ende des 13. Jahrhunderts versuchte die
Stadt, die angrenzenden friesischen Ommelande zu unterwerfen. 1499 kam sie
selbst unter die Herrschaft des Herzogs von
Sachsen. Von 1506 bis 1514 beherrschte Ostfriesland G., ehe es von dem zu Hilfe
gerufenen Karl von Geldern eingenommen wurde. 1536 wandten sich G. und
Ommelande Kaiser Karl V. zu. 1580 fiel G. an Spanien. 1594 wurde G. durch
Moritz von Oranien den Niederlanden eingegliedert.
L.: Wolff 75; Schepers, J., Groningen als Hanzestad, 1891; Oorkondenboek van
Groningen en Drente, hg. v. Block, P. u. a., Teil 1f. 1895ff.; Rijken van Olst,
H., De provincie Groningen en overig Nederland, 1958; Siemens, B., Historische
atlas van de provincie Groningen, 1963; Schuitema Meijer, A., Groningen, 1968;
Visser, J., Groningen, LexMA 4 1989, 1724f.
Gronsfeld, Gronsveld (reichsunmittelbare
Herrschaft, Grafschaft). Südwestlich von Maastricht bildete sich seit dem 11.
Jahrhundert im Herzogtum Limburg um G. eine
Herrschaft aus. Von ihr löste sich zu Anfang des 14. Jahrhunderts die
Herrschaft Richold ab. 1498 wurde G. durch König Maximilian zur Baronie
erhoben. Zwischen 1576 und 1588 wurde das lediglich aus zwei Kirchdörfern
zusammengesetzte Gebiet eine zum niederrheinisch-westfälischen Reichskreis und
zum westfälischen Reichsgrafenkollegium zählende Grafschaft. Von den Herren von
G. kam es an die Bronkhorst-Batenburg (Bronckhorst-Batenburg) und 1719 an die
Grafen von Törring-Jettenbach. 1794 wurde es von Frankreich besetzt. 1815/1839
gelangte G. zur Provinz Limburg (Südlimburg) der Niederlande.
L.: Wolff 359; Zeumer 554 II b 63, 16; Wallner 705 WestfälRK 50.
Grottkau (Herzogtum,
Residenz). Neben einem slawischen und deutschen, 1210 genannten Dorf
(Grodcovichi) nahe der Glatzer Neiße wurde 1268 die deutsche Stadt G. in
Oberschlesien angelegt. Sie war später Mittelpunkt eines Herzogtums G. Dieses gehörte infolge Verkaufs seitens
des Herzogs von Brieg von 1344 bis zur
Säkularisation im Jahr 1810 dem Bischof von Breslau, der den Titel Fürst von
Neiße und Herzog von G. führte. Über Preußen kam
G. zu Polen.
L.: Wolff 477; Chronik der Stadt Grottkau, 1867; Wilczek, G., Heimatbuch des
Kreises Grottkau in Oberschlesien, 1967; Wilczek, G., Das Grottkau-Ottmachauer
Land, 1970; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W., 2003, 1, 2, 408 (Neiße-Grottkau).
Grubenhagen (Herzogtum,
Fürstentum, Residenz der Herzöge von Braunschweig-Lüneburg). Die nach dem
Ministerialengeschlecht der Grube benannte, 1263 erstmals bezeugte Burg G.
südlich Einbecks war seit 1285/1286 (, spätestens seit Anfang 1291) Sitz einer
Linie (des alten, 1267/1269 durch Teilung des 1235 geschaffenen Herzogtums Braunschweig-Lüneburg entstandenen Hauses)
der Herzöge von Braunschweig. Die Herrschaft des Fürstentums G. umfasste vor
allem alte (katlenburgische) Güter am südlichen Rand des Harzes. 1342/1358
musste G. die Mark Duderstadt an das Erzstift Mainz verkaufen. 1596 erlosch die
Grubenhagener Linie der Welfen. Das aus zwei räumlich getrennten Teilen
bestehende, zunächst von Braunschweig-Wolfenbüttel besetzte, aber 1617 an
Lüneburg abgetretene und 1665 an Calenberg fallende Fürstentum G. umfasste die
Städte Einbeck und Osterode, die landesherrschaftlichen Kammerämter
Rotenkirchen (Rothenkirchen), Salzderhelden, Katlenburg, Osterode, Herzberg,
Scharzfeld, Radolfshausen und Elbingerode, das Gericht Rüdigershagen (Rüdigershausen)
und den Harz und seine Bergwerke. Über Hannover und Preußen (1866) kam das
Gebiet 1946 zu Niedersachsen. (S. Braunschweig-Grubenhagen.)
L.: Wolff 435; Zeumer 553 II b 18; Wallner 707 NiedersächsRK 15; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) F 3; Max, G., Geschichte des Fürstentums
Grubenhagen, Bd. 1f. 1862f.; Max, G., Urkundenbuch zur Geschichte des
Fürstenthums Grubenhagen, 1863, hg. v. Ohainski, U, 2001; Zimmermann, P., Das
Haus Braunschweig-Grubenhagen, 1911; Heine, M., Das Gebiet des Fürstentums
Braunschweig-Grubenhagen und seine Ämter, 1942; Schnath, G./Lübbing, H./Engel,
F., Niedersachsen, (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Heimatchronik
des Kreises Einbeck, 1955; Pischke, G., Die Landesteilungen der Welfen im
Mittelalter, 1987; Casemir, K./Ohainski, U., Das Territorium der Wolfenbütteler
Herzöge um 1616, 1996; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg.
v. Paravicini, W. u. a., 2003, 1, 2, 237.
Grumbach (Grafen). G. bei Birkenfeld gehörte
schon früh den 1103/1135 erscheinenden Wildgrafen, deren Stammburg Kyrburg bei
Kirn an der Nahe war und die von den Rheingrafen auf dem Stein bei Münster „am
Stein“ beerbt wurden. Seit (dem Wildgrafen und Rheingrafen bzw. Wild- und
Rheingrafen) Johann Christoph (1555-1585) wurde G. namengebend für einen Zweig
dieses Geschlechts, der 1696 die Herrschaft (Rheingrafen-)Stein
(Rheingrafenstein) erbte, um 1800 ein Gebiet von 6 Quadratmeilen mit 17000
Einwohnern beherrschte und zum oberrheinischen Reichskreis zählte. Seit 1816
gehörte G. zum Fürstentum Lichtenberg des Herzogs
von Sachsen-Coburg-Saalfeld, seit 1834 durch Abtretung zu Preußen. 1946 fiel es
an Rheinland-Pfalz.
L.: Wolff 279; Zeumer 553 II b 60, 16; Wallner 697 OberrheinRK 22; Karsch, O.,
Geschichte des Amtes Grumbach, 1959.
Guastalla (Stadtkommune, Stadtstaat, Signorie,
Grafschaft, Herzogtum). G. am Po wird im 8.
Jahrhundert erstmals erwähnt (864 curtis Wardistalla). Seit Anfang des 11.
Jahrhunderts unterstand es den Canossa. Danach wurde es Streitobjekt
verschiedener Stadtstaaten (Cremona, Piacenza). Seit 1307 stand es den
Correggio und seit 1335 den Visconti zu. 1406 wurde es mit dem umliegenden Gebiet
als Lehen der Visconti Signorie der Torelli und 1428 Grafschaft. 1539 kam es
durch Verkauf an die Familie Gonzaga. 1621 wurde G. Herzogtum.
1729 wurde es nach dem Aussterben der Herrscherfamilie eingezogen. 1746 fiel es
an Österreich und wurde 1748 dem gegen Neapel und Sizilien an Österreich
gelangten und an Karls III. Bruder Philipp überlassenen Herzogtum Parma und Piacenza einverleibt. 1805 wurde es an
Napoleons Schwester Pauline Borghese gegeben, fiel aber wenig später an das
Königreich Italien bzw. Parma. 1815 kam es mit Parma und Piacenza an die
Gemahlin Napoleons, 1848 an das Herzogtum Modena
und 1860 an das Königreich Sardinien bzw. 1861 Italien.
L.: Großer Historischer Weltatlas III, 12 D2; Aff'ò, J., Istoria della città e
ducato di Guastalla, o. J. (1785ff.); Il tempo dei Gonzaga, 1985; Bocchi, F.,
Guastalla, LexMA 4 1989, 1761f.
Günsbach (Reichsdorf), Grussersbach. Am 7. 1.
1409 bevollmächtigte König Ruprecht seinen Sohn, den Herzog
Ludwig, hinsichtlich der im Münstertal im Elsass gelegenen Reichsdörfer
Griesbach (Grundesbach) und G. (Grussersbach), die von Johann Ulrich von Huse
und anderen in Besitz genommen worden waren, vor Gericht zu klagen und eine
Untersuchung vornehmen zu lassen.
L.: Hugo 471.
Gürzenich (Herren). G. bei Düren war im 12. Jahrhundert Sitz der Herren von G. (1151 Gorzenich). Sie waren Ministeriale des Erzstifts Köln. Später wurde G. Sitz einer Unterherrschaft des Herzogtums Jülich. Sie kam 1404 zur Hälfte an Johann Schellart von Obbendorf und einen von Lintzenich, nach 1523 ganz an die Schellart. Über Preußen gelangte G. 1956 zu Nordrhein-Westfalen.
Güstrow (Burg, Stadt, Residenz des Herzogs von Mecklenburg). G. südlich von Rostock war
bis 1695 Sitz der Herzöge von Mecklenburg-Güstrow. S. Mecklenburg-Güstrow,
Mecklenburg-Vorpommern.
L.: Wolff 443; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W. u. a., 2003, 1, 2, 239.
Habsburg (Grafen, Residenz). Nach der um 1020 vom
ihnen verwandten (oder verschwägerten) Bischof Werner von Straßburg und
Förderer von Muri errichteten Burg H. (Habichtsburg) an der Aare im heutigen
schweizerischen Kanton Aargau nannten sich erstmals 1090 (urkundlich 1108 comes
de Hauichburch) seit 952 (Guntramus dives) nachweisbare Grafen (Eberhardiner),
die vielleicht von den Herzögen des Elsass, den Etichonen, abstammen und mit
den Welfen verwandt waren. Sie waren im Elsass, am Oberrhein (Grafschaft
Klettgau) und zwischen Aare und Reuß begütert. Durch Beerbung anderer
schwäbischer Geschlechter vermehrten sie ihre Güter weiter. Seit Kaiser
Heinrich V. (1125) hatten sie die Grafschaft im oberen Elsass inne, seit 1170
auch die Grafschaften im Zürichgau und später im Aargau, Frickgau und Thurgau,
so dass sie bereits in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts das wichtigste
südwestdeutsche und eines der bedeutendsten süddeutschen Geschlechter waren.
Zwischen 1232 und 1238 spaltete sich die 1408/1415 erloschene Linie Habsburg-Laufenburg
von der Hauptlinie, welche die meisten Eigengüter im Elsass, die Grafenrechte
im Aargau und Zürichgau und die Landgrafschaft im Oberelsass behielt, ab. Seit
dieser Zeit verlor die dabei an die ältere Linie gelangte Burg H. ihre
Bedeutung. Nach dem Interregnum wurde Graf Rudolf von Habsburg, für den Kaiser
Friedrich II. Pate geworden war, 1273 zum deutschen König gewählt. Er beerbte
die Grafen von Kiburg (Kyburg) bei Zürich, besiegte 1278 den König von Böhmen,
Ottokar II., und belehnte 1282 seine beiden Söhne mit den Herzogtümern Österreich und Steiermark. 1306 gewann
sein Sohn Rudolf Böhmen, das jedoch 1308 an das Haus Luxemburg überging. Im
zähen Ringen mit den 1438 aussterbenden Luxemburgern und den Wittelsbachern
wurden 1335 Kärnten und Krain, 1363 Tirol, 1368 Freiburg im Breisgau und
1382/1383 Triest gewonnen. Seit 1359 wurde auf Grund gefälschter Urkunden (sog.
privilegium maius) der Titel eines (Pfalz-)Erzherzogs in Anspruch genommen.
1379 teilte sich das Geschlecht unter den Brüdern Rudolfs IV. in die
albertinische Linie (Albertiner) in Niederösterreich und Oberösterreich und die
leopoldinische Linie (Leopoldiner) in Innerösterreich (Steiermark, Kärnten,
Krain, Istrien, Görz, Tirol, Vorderösterreich), 1409/1411 die Leopoldiner Linie
in eine jüngere steirische und eine Tiroler Linie (Tirol, Vorderösterreich).
Aus der albertinischen Linie erwarb Albrecht V. durch seine Ehe mit Elisabeth
von Luxemburg 1437 Böhmen und Ungarn, die 1457 aber wieder verlorengingen. 1438
wurde Albrecht V., der Schwiegersohn König Sigmunds, als Albrecht II. König.
Sein Nachfolger Friedrich III. aus der steirischen leopoldinischen Linie gewann
erneut und auf Dauer für H. die deutsche Krone. Außerdem erwarb er zu den
ererbten Ländern Steiermark, Kärnten und Krain 1457 nach dem Tod seines Neffen
Ladislaus Postumus Niederösterreich und 1463 nach dem Tod seines Bruders
Oberösterreich. Zugleich wurde 1453 der Vorsitz der nicht zu den Kurfürsten
gezählten Habsburger im Rat der übrigen Reichsfürsten anerkannt. 1490 trat Friedrichs
III. kinderloser Vetter Siegmund Tirol und Vorderösterreich an Maximilian I.,
den einzigen Sohn Friedrichs III., ab, so dass dieser nach dem Aussterben der
Albertiner Linie und der Tiroler Linie wieder die Gebiete aller Linien
vereinigte. Hinzu kamen die durch die Heirat (1477) mit Maria von Burgund (†
1482) angefallenen Lande der Herzöge von Burgund sowie 1500 Görz und 1505 nach
dem bayerischen (Landshuter) Erbfolgekrieg die Landvogtei Hagenau (von der
Pfalz), die schwäbische Herrschaft Weißenhorn sowie Kufstein, Rattenberg und
Kitzbühel (von Bayern), doch waren im 14. und 15. Jahrhundert der Tiroler Linie
die althabsburgischen Güter in der Schweiz verlorengegangen (1415 Aargau, 1450
Zürich, 1460 Thurgau). Maximilians Sohn Philipp der Schöne († 1506) heiratete
die Thronerbin Spaniens (Johanna von Spanien), so dass Maximilians Enkel Karl
V. nach dem Tod seines Vaters Philipp die ehemals burgundischen Niederlande,
nach dem Tod seines mütterlichen Großvaters, Ferdinand des Katholischen von
Spanien, 1516 Spanien mit Neapel/Sizilien und den in Amerika neu gewonnenen
Kolonien sowie 1519 die österreichischen Lande erben konnte. Diese überließ er
1521/1522/1526 seinem jüngeren Bruder Ferdinand, so dass sich das Haus H. in
eine Linie Spanien und eine Linie Österreich (ohne Niederlande, Freigrafschaft
Burgund und Mailand) teilte. Ferdinand eroberte als Schwager des letzten Königs
von Ungarn und Böhmen 1526 Böhmen (mit Schlesien) und Ungarn und wurde damit
Begründer der österreichisch-ungarischen Donaumonarchie. 1564 teilte sich das
Haus Österreich (Maximilian II. erhielt Niederösterreich und Oberösterreich,
Böhmen und Ungarn, Ferdinand Tirol und Vorderösterreich, Karl Innerösterreich
mit Steiermark, Kärnten und Krain), wurde aber 1598/1619 unter Ferdinand II. (1619-1637)
von der jüngeren steirischen Linie wieder vereinigt, da die von Maximilian II.
gegründete Linie ausstarb und die Nachkommen Ferdinands aus morganatischer Ehe
stammten. 1623 kamen Tirol und die Vorlande an Ferdinands Bruder Leopold
Wilhelm und dessen Nachkommen, doch starb diese Linie bereits 1665 im
Mannesstamm aus und kam Tirol 1705 zurück. 1700/1701 starben die Habsburger in
Spanien aus. Von Leopolds I. beiden Söhnen verstarb Joseph I. 1711, so dass der
verbleibende Karl VI. von Rechts wegen auch die spanischen Güter erlangen
konnte, durch den spanischen Erbfolgekrieg (1701-1714) im Ergebnis aber auf den
Erwerb der meisten spanischen Nebenländer (Neapel-Sizilien, Mailand, um die
Generalstaaten geschmälerte spanische Niederlande) beschränkt wurde. Als
letzter Habsburger im Mannesstamm regelte Karl VI. 1713 in der Pragmatischen
Sanktion die Thronfolge nach dem Aussterben im Mannesstamm und legte die
Unteilbarkeit der Güter fest. Weiter gelang ihm 1718 die endgültige Bannung der
seit dem 15. Jahrhundert entstandenen Türkengefahr, doch musste er Sizilien,
das soeben durch Heirat gewonnene Lothringen (faktisch) sowie Serbien und die
Walachei (1736-1739) aufgeben. Seine Tochter Maria Theresia (1740-1780) verlor
in den schlesischen Kriegen (1740/1742, 1744, 1756/1763) Schlesien bis zur Oppa
und die Grafschaft Glatz an Preußen. Wegen ihrer Heirat mit Franz Stephan von
Lothringen wurde die Dynastie von nun an als Haus Habsburg-Lothringen
bezeichnet. Aus der kinderreichen Ehe stammten Joseph II., Leopold II. und
Ferdinand, der Gründer des Hauses Österreich-Este (Modena, bis 1859/1875).
Joseph II. vollendete im Geiste der Aufklärung die schon von Maria Theresia
begonnene Umformung der Erblande zu einem modernen absolutistischen und
zentralistischen Staat und erreichte zudem Landgewinne aus dem 1778/1779
ausgefochtenen bayerischen Erbfolgekrieg und der ersten Teilung Polens.
Leopolds II. Sohn Franz II. war letzter Kaiser des Heiligen Römischen Reiches
(deutscher Nation). Am 11. 8. 1804 nahm er als Reaktion auf die Selbsternennung
Napoleons zum Kaiser der Franzosen den Titel Kaiser von Österreich an. Am 6. 8.
1806 verzichtete er infolge der Bildung des Rheinbunds auf den deutschen
Kaiserthron. Die schweren Territorialverluste von 1801/1805/1809 wurden
1814/1815 wieder ausgeglichen. In Italien begründeten die Habsburg-Lothringer
Sekundogenituren und Tertiogenituren (Toskana, Modena), die im Zuge der
Einigung Italiens 1860 abgesetzt wurden. 1859 verlor Österreich auch die
Lombardei und 1866 Venetien an Italien. Als Folge des ersten Weltkrieges
verzichtete Kaiser Karl I. am 11. 11. 1918 auf jeden Anteil an den
Staatsgeschäften, ohne abzudanken. Die dadurch entstehende, im Wesentlichen auf
deutschsprachige Gebiete beschränkte Republik (Deutschösterreich bzw.)
Österreich hob durch Gesetz vom 3. 4. 1919 alle Herrscherrechte des Hauses
Habsburg-Lothringen auf. In Ungarn verloren die Habsburger durch Gesetz vom 6.
11. 1921 den Thron.
L.: Haselier, G., Die Oberrheinlande, (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd.
1; Monumenta Habsburgica, Bd. 1ff. 1854ff.; Schulte, A., Geschichte der
Habsburger in den ersten drei Jahrhunderten, 1887; Luschin v. Ebengreuth, A.,
Österreichische Reichsgeschichte, Bd. 1f. 1895; Tezner, F., Der österreichische
Kaisertitel, seine Geschichte und seine politische Bedeutung, (Grünhuts)
Zeitschrift für das Privat- und öffentliche Recht der Gegenwart 25 (1898),
351ff.; Koehler, C., Stammtafel des Hauses Habsburg und Habsburg-Lothringen,
1900; Turba, G., Geschichte des Thronfolgerechts in allen habsburgischen
Ländern, 1903; Regesta Habsburgica. Bd. 1,1ff. Die Regesten der Grafen von
Habsburg bis 1281, bearb. v. Steinacker, H., 1905ff.; Kahler, E. v., Das
Geschlecht Habsburg, 1919; Ammann, H., Die Habsburger und die Schweiz, 1931;
Feine, H., Die Territorialbildung der Habsburger im deutschen Südwesten, ZRG GA
67 (1950), 176; Wandruszka, A., Das Haus Habsburg. Die Geschichte einer
österreichischen Dynastie, 2. A. 1968; Hellbling, E. C., Österreichische
Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte, Wien 1956; Hantsch, H., Die Geschichte
Österreichs, Bd. 1 4. A. 1959, Bd. 2 2. A. 1953; Zöllner, E., Geschichte
Österreichs, 8. A. 1990; Uhlirz, K./Uhlirz, M., Handbuch der Geschichte
Österreich-Ungarns, 2. A. 1963; Benedikt, H., Kaiseradler über dem Appennin,
1964; Randa, A., Österreich in Übersee, 1966; Stadtmüller, G., Geschichte der
habsburgischen Macht, 1966; Vorderösterreich, hg. v. Metz, F., 3. A. 1978;
Wandruszka, A., Das Haus Habsburg, 1978; Wachter, D., Aufstieg der Habsburger.
Das Reich und Europa im 13./14. Jahrhundert, 1982; Rieger, E., Das
Urkundenwesen der Grafen von Kiburg und Habsburg, 1984; Brauneder, W.,
Österreichische Verfassungsgeschichte, 10. A. 2005; Hödl, G., Habsburg und
Österreich 1273-1493, 1988; Die Habsburger, Ein biographisches Lexikon, hg. v. Hamann,
G., 1988; Herm, G., Der Aufstieg des Hauses Habsburg, 1988; Evans, R., Das
Werden der Habsburgermonarchie 1550-1700, 1989; Scheibelreiter, G., Habsburger,
LexMA 4 1989, 1815f.; Kann, R., Geschichte des Habsburgerreiches, 1990;
Krieger, K., Die Habsburger im Mittelalter, 1994; Bérenger, J., Die Geschichte
des Habsburgerreiches, 1995; Die Habsburger im deutschen Südwesten, hg. v.
Quarthal, F. u. a., 1999; Nuss, P., Les Habsbourg en Alsace, 2002; Sauter, A.,
Fürstliche Herrschaftsrepräsentation, 2003; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W. u. a., 2003, 1, 1, 85, 1, 2,
245; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 503; Meier, B., Ein
Königshaus aus der Schweiz, 2008; Die Habsburger zwischen Aare und Bodensee,
hg. v. Niederhäuser, P., 2010.
Hachberg, Hochberg (Herren, Herrschaft,
Markgrafschaft). Nach der Burg H. (Hochberg) bei Emmendingen nannte sich eine
von Markgraf Hermann († 1074), dem Sohn Herzog Bertholds
I., begründete Adelslinie. Seit 1112 benannte sie sich nach der Burg Baden bei
Oos (s. Baden). Von diesen Markgrafen von Baden spaltete sich nach 1197 die
Linie (Baden-Hachberg bzw.) H. und von dieser 1297 die Nebenlinie
(Baden-Sausenberg bzw.) Sausenberg ab. H. kam 1415 durch Kauf wieder an die
Hauptlinie zurück. Die sausenbergische Linie, die 1306 Rötteln, später Lörrach
und verschiedene Dörfer, 1444 Badenweiler und 1457 die Grafschaft Neuenburg
(Neuchâtel) erwarb, erlosch 1503. Ihre Güter kamen an Baden, Neuenburg über
eine Tochter an den Herzog von
Orléans-Longueville (Longueville). 1535 fiel H. an Baden-Durlach. Für die
Herrschaften Badenweiler, Rötteln und Sausenberg kam im 16. Jahrhundert die
Bezeichnung Markgräflerland auf (im Gegensatz zum Breisgau Österreichs). Über
Baden gelangten die meisten Güter 1951/1952 zu Baden-Württemberg. S. a.
Hochberg.
L.: Wolff 165; Zeumer 553 II b 31; Wallner 685 SchwäbRK 5; Großer Historischer
Weltatlas II 66 (1378) D4; Weech, F. v., Die Zähringer in Baden, 1881; Regesten
der Markgrafen von Baden und Hachberg, hg. v. Fester, R./Witte, H./Krieger, A.,
Bd. 1ff. 1892ff.; Hölzle, E., Der deutsche Südwesten am Ende des alten Reiches,
1938; Merkel, R., Studien zur Territorialgeschichte der badischen
Markgrafschaft in der Zeit vom Interregnum bis zum Tode Markgraf Bernhards I.
(1250-1431), Diss. phil. Freiburg 1953; Sütterlin, B., Geschichte Badens, 1967;
Wunder, G., Zur Geschichte der älteren Markgrafen von Baden, Württemberg.
Franken 1978, 13ff.; Treffeisen, J., Das Abgabenverzeichnis der Markgrafschaft
Hachberg und der Herrschaft Üsenberg, Jb. des Landkreises Emmendingen 1994,
147.
Hadeln (Land). H. zwischen Elbemündung und
Wesermündung gehörte im 8. Jahrhundert als Haduloha (797) zum Stammesgebiet der
Sachsen. Nach dem Sturz Heinrich des Löwen 1180 kam es, zunehmend eingeengt auf
die Marsch zwischen den Geestrücken der Hohen Lieth und der Wingst, an das Herzogtum Sachsen-Lauenburg, war aber im 13. Jahrhundert
nur noch lose hieran angeschlossen. Es erlangte zahlreiche mit der Kolonisation
verbundene eigene Rechte, die trotz verschiedener Eingliederungsversuche von
Seiten Hamburgs (1402/1407-1481 Pfandherrschaft) wie Sachsen-Lauenburgs Bestand
behielten und im 15. Jahrhundert im Hadler Landrecht aufgezeichnet wurden. Der
Adel war praktisch bedeutungslos. Die drei Stände des 5,5 Quadratmeilen großen
Landes waren: Der erste Stand auch Landschaft oder Hochland genannt mit den
Kirchspielen Altenbruch (Altenburch), Lüdingworth, Nordleda, Neuenkirchen,
Osterbruch, Osterende-Otterndorf, Westerende-Otterndorf. Der zweite Stand, auch
Sietland genannt, mit den Kirchspielen Westerihlienworth (Westerihlionworth),
Osterihlienworth (Osterihlionworth), Steinau, Wanna und Odisheim. Der dritte
Stand war die Stadt Otterndorf. Nach dem Aussterben Sachsen-Lauenburgs kam H.
1689 unter die Verwaltung des Kaisers. 1731 fiel es an Hannover (Präsident der
Regierung in Stade in Personalunion Gräfe von Hadeln), 1866 an Preußen und am 1.
11. 1946 an Niedersachsen. Die Selbstverwaltung wurde von Hannover 1852
beseitigt, die Ständeversammlung in Otterndorf 1884 durch Preußen aufgelöst.
L.: Wolff 450; Großer Historischer Weltatlas III 22 (1648) D2, III 38 (1789)
C1; Rüther, H., Geschichte des Landes Hadeln, 1949; Polenz, P. v., Landschafts-
und Bezirksnamen, 1961, I, 11, 12, II, 29, 49, 70, 72, 73, 74, 96, III, 23, 24,
30, Haduloha, Hadalaon, Hadelere, Haedelreland, ‚Hadeln‘; Bierwirth, L.,
Siedlung und Wirtschaft im Lande Hadeln, 1967; Hadler Chronik, bearb. v.
Rüther, E., 2. A. 1979; Hofmeister, A., Besiedlung und Verfassung der Stader
Elbmarschen im Mittelalter, 1979ff.; Schmidt, H., Hadeln, LexMA 4 1989, 1817f.;
Geschichte des Landes zwischen Elbe und Weser, Bd. 2 1995, 321; Drecktrah, V.,
Die Gerichtsbarkeit in den Herzogtümern Bremen
und Verden, 2002.
Haffen (Herrlichkeit). Die Herrlichkeit (bzw.
Herrschaft) H. und Mehr südöstlich von Rees gehörte als adlige Herrlichkeit zum
Herzogtum Kleve. Über Preußen kam H. 1946 zu
Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 317.
Hagenau (Landvogtei, Reichslandvogtei). Um die
Burg H. im Unterelsass lag umfangreiches Königsgut (Hagenauer Forst). Unter den
Staufern wurde das mit staufischen Gütern verschmolzene Königsgut von der zur
Pfalz erweiterten Burg verwaltet. In staufischer Nachfolge bestellten die
Grafen von Habsburg seit 1280 einen Reichslandvogt als königlichen Verwalter
der zehn elsässischen Reichsstädte, der Reichslandvogtei Kaysersberg und des
Hagenauer Forstes. Seit 1341 wurde die Reichslandvogtei verpfändet (Bayern,
Pfalz, Habsburg, Luxemburg, Mähren), seit 1408/1413 an die Pfalz. 1504 musste
die Pfalz H. nach dem bayerischen (Landshuter) Erbfolgekrieg an Habsburg
abtreten, das sie von 1530 bis 1558 erneut an die Pfalz verpfändete. Das Gebiet
der Landvogtei umfasste etwa 35 Dörfer. Nach 1633/1634 richtete Frankreich eine
französische Verwaltung ein, die 1648 bestätigt wurde. Ludwig XIV. verlieh H.
1659 dem Kardinal und 1661 dem Herzog von
Mazarin, dann dem Hause Chatillon und nach dessen Aussterben dem Herzog von Choiseul. 1678/1697 kam die Landeshoheit
rechtlich an Frankreich.
L.: Wolff 294f.; Becker, J., Die Reichsdörfer der Landvogtei und Pflege
Hagenau, ZGO N.F. 14 (1899), 207; Becker, J., Geschichte der Reichslandvogtei
im Elsass, 1905.
Hambach (südöstlich Jülichs) (Residenz des Herzogs von Jülich-Berg bzw. Pfalz-Neuburg)
L.: Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicinis, W.
u. a., 2003, 1, 2, 248.
Hamburg (freie Reichsstadt, freie Stadt, Land,
Bundesland). H. erscheint erstmals anlässlich des karolingischen Vorstoßes in
das nordelbingische Sachsen. Nach Ausgrabungen der Jahre 2005f. könnte die
Hammaburg im 8. Jahrhundert auf dem späteren Domplatz zwischen Elbe und
Mönckebergstraße am Übergang von der Marsch zur Geest mit einem Durchmesser von
50 Metern errichtet worden sein. Vermutlich ordnete schon Kaiser Karl der Große
804 die Anlegung eines Königshofes und 811 nahe der Mündung der Alster in die
Elbe die Errichtung einer Taufkirche (in Holz) an. Um 825 ließ Kaiser Ludwig
der Fromme das Kastell Hammaburg (auf dem heutigen Domplatz?) erbauen. 831
wurde H. Bischofssitz, 834 Erzbischofssitz des heiligen Ansgar. 845/847 wurde
der Sitz des Erzbistums nach verschiedenen Brandschatzungen durch die Wikinger
von H. nach Bremen verlegt. Im 11. Jh. wurde ein Dom aus Stein errichtet. Unter
den Grafen von Schauenburg (Schaumburg), die 1111 durch Herzog Lothar von Süpplingenburg bzw. Sachsen mit der Grafschaft
Holstein und der Grafschaft Stormarn belehnt wurden, erfolgte der Ausbau zu einem
wichtigen Handelsplatz. Am 7. 5. 1189 erhielt die seit 1188 von Wirad von
Boizenburg als Leiter einer Siedlergruppe planmäßig errichtete, 1216 mit der
Altstadt vereinigte Neustadt H. um St. Nikolai Handelsrechte, Zollrechte und
Schifffahrtsrechte durch Kaiser Friedrich I. Barbarossa bestätigt. Etwa zur
gleichen Zeit erscheint in H. erstmals ein Rat. 1228 übertrug der Erzbischof
von Bremen seine Rechte an der Altstadt auf den Grafen von Schaumburg
(Schauenburg). Unter seiner Herrschaft entwickelte sich H. rasch zu einem
großen Ausfuhrhafen und zeichnete 1270 sein Stadtrecht im sog. Ordeelbook auf.
Um 1300 war bei einer Einwohnerzahl von etwa 5000 Personen weitgehende
Unabhängigkeit vom gräflichen Stadtherren, der 1292 der Stadt das Recht der
eigenen Rechtssetzung (kore) verliehen hatte, erreicht. Im 14. Jahrhundert
errang die Stadt besonderen Ruhm im Kampf gegen die Seeräuberei auf der Nordsee
(1400 Hinrichtung Klaus Störtebekers) und wurde als eines der ersten Mitglieder
der Hanse zu deren wichtigstem Umschlagplatz zwischen Nordsee und Ostseeraum
(um 1430 etwa 16000 Einwohner). 1392 gelang zunächst pfandweise der Erwerb der
Vogtei über die Stadt. 1375 wurde im Zuge einer selbständigen planmäßigen
Territorialpolitik die Moorburg und 1393 die Feste Ritzebüttel (Cuxhaven) mit
der Insel Neuwerk erlangt. 1420 musste Herzog
Emil von Sachsen-Lauenburg Bergedorf und die Vierlande an H. und Lübeck
abgeben, die das Gebiet bis 1868, als es H. durch Vertrag allein übernahm,
gemeinsam verwalteten. Unter Kaiser Sigmund wurde die Stadt erstmals als
reichsunmittelbar bezeichnet. Seit 1460, als die Könige von Dänemark an die
Stelle der Grafen von Schauenburg traten, galt sie als Reichsstadt. 1510 wurde
sie auf dem Reichstag zu Augsburg für eine Reichsstadt im niedersächsischen
Reichskreis erklärt. 1618 bestätigte das Reichskammergericht Hamburgs
Selbständigkeit und 1768 erkannte auch der König von Dänemark H. als
kaiserliche Reichsstadt an. 1528/1529 wurde in H. die Reformation eingeführt.
Zugleich kam es zu einem neuen wirtschaftlichen Aufschwung. 1603 wurde das
schon 1497 in einer Bilderhandschrift neu gefasste Recht unter Verwendung der
Reformation der Stadt Nürnberg und verschiedener anderer Quellen reformiert. Im
Schutze einer starken Befestigung blieb die Stadt vom Dreißigjährigen Krieg
weitgehend verschont. Seit 1770 hatte H. Sitz und Stimme im Städtekolleg des
Reichstags. § 27 des Reichsdeputationshauptschlusses erhielt sie 1803 als
Reichsstadt. Die Besetzung durch Dänemark (1801-1806) und durch Frankreich
(1806) und die Kontinentalsperre führten zu einem gewichtigen Rückschlag für
die sich seit 1806 als freie Hansestadt bezeichnende Stadt, die wenig später
ihren Dom abriss. Von 1810 bis 1814 war die Stadt als Hauptstadt des
Elbe-Departements in das französische Reich eingegliedert. 1813/1814 verstand
sich H. als selbständiger Einzelstaat. 1815 trat es als Freie und Hanse-Stadt
dem Deutschen Bund bei. Am 28. 9. 1860 gab es sich – nach älteren Rezessen
zwischen Rat und Bürgerschaft von 1410, 1529 und 1712 und einem gescheiterten
Verfassungsversuch vom 11. 7. 1849 – eine Verfassung mit Senat und
Bürgerschaft. 1867 trat es dem Norddeutschen Bund bei und übertrug 1868 die
Wehrhoheit auf Preußen, doch erst 1881/1888 wurde es Mitglied im deutschen
Zollverein. 1871 schloss es sich dem Deutschen Reich an. 1919 gründete H. eine
Universität. 1921 erhielt es eine neue Verfassung. 1933 wurde die Bürgerschaft
aufgelöst und wurde ein Reichsstatthalter eingesetzt. Am 16. 1./9. 12. 1937
wurden die preußischen Städte Altona mit Blankenese, Wandsbek und
Harburg-Wilhelmsburg sowie 27 Landgemeinden im Austausch gegen Cuxhaven (mit
der Insel Neuwerk), Geesthacht und einige kleinere Orte eingegliedert. Nach dem
Gesetz über die Verfassung und Verwaltung der Hansestadt H. stellte diese einen
staatlichen Verwaltungsbezirk mit einer Einheitsgemeinde als
Selbstverwaltungskörperschaft dar. Am 3. 5. 1945 wurde H. von Großbritannien
besetzt und der britischen Besatzungszone zugeteilt. Am 6. 6. 1952 erhielt die
seit 1949 der Bundesrepublik Deutschland zugehörige Freie und Hansestadt
Hamburg (Stadtstaat) eine neue Verfassung. 1969 erlangte H. durch Vertrag mit
Niedersachsen zur Schaffung eines Vorhafens wieder einen Teil des
Elbemündungsgebiets mit der Insel Neuwerk.
L.: Wolff 458; Zeumer 554 III a 9; Wallner 707 NiedersächsRK 18; Großer
Historischer Weltatlas II 78 (1450) F/G3, III 22 (1648) E2, III 38 (1789) C/D1;
Kellenbenz, H., Die Hanse und die Städte Lübeck, Hamburg und Bremen, (in)
Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Schroeder 89ff.; Bauer 1, 177; Die
Territorien des Reichs 6, 114; Anderson, C., Hamburgisches Privatrecht, Teil
1ff. 1782ff.; Hamburgisches Urkundenbuch, Bd. 1 (786-1300), hg. v. Lappenberg,
J., 1842, Bd. 2 (1301-1336), hg. v. Stadtarchiv Hamburg, Bd. 3 (Register zu Bd.
2), bearb. v. Nirrnheim, H., 1953, Bd. 4 (1337-1350), bearb. v. Reetz, J.,
1967; Lappenberg, J., Die ältesten Stadt-, Schiff- und Landrechte Hamburgs,
1845; Westphalen, N., Hamburgs Verfassung und Verwaltung in ihrer allmählichen
Entwicklung bis auf die neueste Zeit, Bd. 1f. 2. A. 1846; Baumeister, H., Das
Privatrecht der freien und Hansestadt Hamburg, Bd. 1f. 1856; Stubbe, E.,
Verfassung und Verwaltung der hamburgischen Marschgemeinden, Diss. jur. Hamburg
1922; Baasch, E., Geschichte Hamburgs 1814-1918, Bd. 1f. 1924f.; Wölfle, K.,
Hamburger Geschichtsatlas, 1926; Schöffel, J., Kirchengeschichte Hamburgs, Bd.
1 1929; Reincke, H., Hamburgs Geschichte, 1933; Reincke, H., Das Amt
Ritzebüttel, Diss. phil. Hamburg 1935; Bolland, G., Hamburg, 1938; Bücherkunde
zur hamburgischen Geschichte, hg. v. Möller, K./Tecke, A. Teil 1,2 1939, 1956;
Studt, B., Hamburg 1951; Reincke, H., Forschungen und Skizzen zur hamburgischen
Geschichte, 1951 (mit Karte der mittelalterlichen Stadtentwicklung); Drexelius,
W./Weber, R., Die Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg vom 6. 6. 1952,
1953; Bolland, J., Das hamburgische Ordeelbook von 1270 und sein Verfasser, ZRG
GA 72 (1956), 83ff.; Ipsen, H., Hamburgs Verfassung und Verwaltung von Weimar
bis Bonn, 1956; Johansen, P., Grundzüge der geschichtlichen Entwicklung der
Freien und Hansestadt Hamburg, 2. A. 1967; Bolland, J., Die Hamburger
Bürgerschaft in alter und neuer Zeit, 1959; Hamburgische Burspraken 1346 bis
1594, bearb. v. Bolland, J., 1960; Die Bilderhandschrift des Hamburger
Stadtrechts 1497, erl. v. Reincke, H., 1968; Grundmann, G., Hamburg gestern und
heute, 1972; Hamburg, Geschichte der Stadt und ihrer Bewohner, 1888-1980, hg.
v. Jochmann, W., Bd. 1f. 1982ff.; Hanf, M., Hamburgs Weg in die praktische
Unabhängigkeit vom schauenburgischen Landesherrn, 1986; Postel, R., Die
Reformation in Hamburg, 1986; Stadt und Hafen, hg. v. Ellermeyer, J., 1986;
Hamburg im Zeitalter der Aufklärung, hg. v. Stephan, J./Winter, H., 1989; Das
alte Hamburg (1500-1848/49), hg. v. Herzig, A., 1989; Seegrün, W., Hamburg-Bremen,
LexMA 4 1989, 1885ff.; Stadtgeschichte Hamburg, red. v. Schöller, A., 1990;
Postel, R., Hamburg-Bremen 1974-1989 (Sammelbericht), Bll. f. dt. LG. 126
(1990), 625ff.; Klessmann, E., Geschichte der Stadt Hamburg, 7. A. 1994; Die
Stadt im westlichen Ostseeraum, Bd. 1 1995, 93; Hamburg-Lexikon, hg. v.
Kopitzsch, F. u. a., 1998; Krieger, M., Geschichte Hamburgs, 2006.
Hamminkeln (Herrlichkeit). Die adlige Herrlichkeit
H. nördlich von Wesel gehörte zum Herzogtum
Kleve (weselscher landrätlicher Kreis). Über Preußen gelangte H. 1946 zu
Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 317.
Hannover (Fürstentum, Herzogtum,
Kurfürstentum, Königreich, Provinz, Land, Residenz). Am Übergang der Straße von
Hildesheim nach Bremen über die Leine entstand vor 1100 die um 1150 erwähnte
Siedlung (vicus) Honovere, die durch Heinrich den Löwen so gefördert wurde,
dass sie 1189 als civitas (Stadt?) bezeichnet werden konnte. Seit 1235/1241
gehörte sie durch Erwerb von den Grafen von Roden den Herzögen von
Braunschweig-Lüneburg. Ansatzpunkt für das Land H. wurde dann die mittlere
Linie des Hauses Braunschweig-Lüneburg. Ihr unterstanden unter dem Namen
Braunschweig-Celle Lüneburg und Celle mit H. und Harburg. 1582 erwarb sie die
Reichsgrafschaft Hoya, 1585 die Reichsgrafschaft Diepholz. 1617 sprach Kaiser
Matthias das Herzogtum Grubenhagen
Braunschweig-Wolfenbüttels zu. Nach dem Aussterben Braunschweig-Wolfenbüttels
(1634) fielen Wolfenbüttel sowie die Reichsgrafschaft Regenstein und
Blankenburg an die durch August von Braunschweig-Lüneburg († 1666) begründete
Linie. Die Herzogtümer Calenberg und Göttingen
sowie die Güter der 1642 ausgestorbenen Linie Harburg kamen 1635/1636 an seine
Neffen Friedrich († 1648) und Georg († 1641), welche die Stadt H. zwangen,
Hofstaat und Soldaten aufzunehmen. 1648 erhielten die Lüneburger das Kloster
Walkenried, das sie gegen Dannenberg an Braunschweig gaben. 1636 verlegte Herzog Georg seine Residenz nach H. Herzog Ernst August (Regent seit 1679, † 1698) erwarb
1689 das Herzogtum Sachsen-Lauenburg und
erreichte 1692/1708 die Erhebung zum Kurfürsten (Kurbraunschweig, später
Kurhannover). Sein Sohn erlangte 1700 die Herrschaft Wildeshausen und
vereinigte nach dem Tode seines Onkels und Schwiegervaters Georg Wilhelm von
Braunschweig-Celle (1705) alle nichtbraunschweigischen Güter der Welfen
(Calenberg-Göttingen, Grubenhagen, Lüneburg). 1714 begann auf Grund einer
Sukzessionsakte von 1701 - Herzog Ernst Augusts
Gemahlin Sophie von der Pfalz war Enkelin des englischen Königs Jakob I. - eine
bis 1837 währende Personalunion mit England/Großbritannien. 1720 wurden durch
Kauf die Herzogtümer Verden und Bremen von
Schweden erworben, 1731 das Land Hadeln und 1741 das Amt Blumenthal und das
Gericht Neuenkirchen gegen Abtretung Vegesacks an die Reichsstadt Bremen. Damit
war insgesamt ein Herrschaftsgebiet von rund 700 Quadratmeilen mit 750000
Einwohnern geschaffen, für das der Kurfürst sechs Stimmen im Reichsfürstenrat
(Calenberg, Celle, Grubenhagen, Bremen, Verden, Sachsen-Lauenburg) und drei
Stimmen im westfälischen Reichsgrafenkollegium (Hoya, Diepholz, Spiegelberg [,
Hallermunt an Graf Platen überlassen]) sowie 5 Stimmen im niedersächsischen Reichskreis
(Celle, Grubenhagen, Calenberg, Sachsen-Lauenburg, Bremen), 3 Stimmen im
niederrheinisch-westfälischen Reichskreis (Hoya, Diepholz, Spiegelberg) und 1
Stimme im obersächsischen Reichskreis (Walkenried) hatte. 1737 gründete H. die
Landesuniversität Göttingen. 1752 gewann es die Pfandherrschaft über die
Reichsgrafschaft Bentheim. Dazu kam die Schirmherrschaft über die Stadt
Hildesheim, die Reichsstadt Goslar und die Reichsabtei Corvey. 1801/1802 war H.
von Preußen besetzt. 1803 erhielt es durch § 4 des
Reichsdeputationshauptschlusses für seine Ansprüche auf die Grafschaft
Sayn-Altenkirchen Hildesheim, Corvey und Höxter sowie für seine Rechte und
Zuständigkeiten in den Städten Hamburg und Bremen und die Abtretung des Amtes
Wildeshausen das Hochstift Osnabrück, wurde aber durch Erwerbungen Preußens in
Westfalen von diesem umklammert. Von 1803 bis 1813 war es von Frankreich
besetzt (Regierung zuerst in Lauenburg, dann in Schwerin im Exil), 1806 für
wenige Monate Preußen einverleibt. Von 1807 bis 1813 gehörte der südliche Teil
Hannovers mit Göttingen, Grubenhagen und Clausthal zum Königreich Westphalen,
vom 10. 12. 1810 bis 1813 der nördliche Teil unmittelbar zu Frankreich. Seit
dem 12. 10. 1814 war H. ein Königreich, das 1815 um Osnabrück, Emsland, Lingen,
Meppen, Ostfriesland (im Tausch mit Preußen gegen Lauenburg), Hildesheim,
Goslar und das Untereichsfeld vergrößert und um Lauenburg verkleinert wurde.
1819 wurde eine Verfassung eingeführt, die 1833 durch ein neues
Staatsgrundgesetz ersetzt wurde (bis 1837, hannoverscher Verfassungskonflikt),
das seinerseits 1840/1848 reformiert wurde. Die nach 1848 geschaffene
Justizorganisation (Amtsgericht, Obergericht, Oberappellationsgericht)
beeinflusst die Gesetzgebung anderer Bundesstaaten und wirkt sich noch
auf die Reichsjustizgesetze von 1877/1879 aus. Am 20. 9./3. 10. 1866 wurde H.
von Preußen annektiert. Am 1. 10. 1867 wurde die preußische Verfassung
eingeführt. Der preußischen Provinz wurde 1922 die Grafschaft Pyrmont Waldecks
und 1932 gegen Abtretung des Kreises Ilfeld an die Provinz Sachsen der Kreis
Grafschaft Schaumburg zugeteilt. Am 23. 8. 1946 wurde das Land H.
wiedererrichtet, ging aber am 1. 11. 1946 in Niedersachsen auf, dessen
Hauptstadt die Stadt H. wurde.
L.: Wolff 436; Zeumer 554 II b 63, 10-12 (England); Großer Historischer
Weltatlas III 38 (1789) C1; Schnath, G./Lübbing, H./Engel, F., Niedersachsen,
(in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Bauer 1, 227; Havemann, W.,
Geschichte der Lande Braunschweig und Lüneburg, Bd. 1ff. 1853ff.; Oppermann,
H., Zur Geschichte Hannovers 1832-1860, Bd. 1f. 2. A. 1968; Heinemann, O. v.,
Geschichte von Braunschweig und Hannover, Bd. 1f. 1884ff.; Hassell, W. v.,
Geschichte des Königreiches Hannover, Bd. 1ff. 1898ff.; Meier, E. v.,
Hannoversche Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte 1680-1860, Bd. 1f. 1898ff.;
Loewe, V., Bibliothek der hannoverschen und braunschweigischen Geschichte,
1908; Tecklenburg, A./Dageförde, K., Geschichte der Provinz Hannover, 3. A.
1921; Topographische Landesaufnahme des Kurfürstentums Hannover 1764-1786,
Begleitwort v. Wagner, H., 1924; Wolters, G., Das Amt Friedland und das Gericht
Leineberg, 1927; Schnath, G., Die kurhannoverische Landesaufnahme 1764-86,
Hannov. Magazin 7, 1931; Schnath, G., Die kurhannoverische Landesaufnahme des
18. Jh. und ihre Kartenwerke, Mitt. des Reichsamts für Landesaufnahme
1933-1934; Busch, F., Bibliothek der niedersächsischen Geschichte 1908-32,
1938; Schnath, G., Geschichte Hannovers im Zeitalter der neunten Kur und der
englischen Sukzession 1674-1714, Bd. 1ff. 1938-1982; Schnath, G.,
Geschichtlicher Handatlas Niedersachsens, 1939; Mundhenke, D., Das
Patrimonialgericht Adelebsen, 1941; Niedersächsischer Städteatlas, Abt. 2
1933-1935, 1953; Die Kurhannoversche Landesaufnahme des 18. Jahrhunderts,
bearb. v. Engel, F., 1959; Schnath, G., Niedersachsen und Hannover, 4. A. 1964;
Kühlhorn, E., Ortsnamenlexikon für Südniedersachsen, 1964; Busch, S., Hannover,
Wolfenbüttel und Celle. Stadtgründungen und -erweiterungen in drei welfischen
Residenzen vom 16. bis 18. Jahrhundert, 1969; Hellfaier, D./Last, M.,
Historisch bezeugte Orte in Niedersachsen bis zur Jahrtausendwende, 1976;
Barmeyer, H., Hannovers Eingliederung in den preußischen Staat: Annexion und
administrative Integration, 1983; Dann, U., Hannover und England 1740-1760,
1986; Press, V., Kurhannover im System des alten Reichs 1692-1803, 1986;
Zimmermann, H., Hannover. Geschichte unserer Stadt, 1986; Müller, S., Stadt,
Kirche und Reformation, 1987; Müller, S., Hannover im 18. Jahrhundert, 1987;
Hannover und sein Umland, hg. v. Hauptmeyer, C., 1994; Hannovers Übergang vom
Königreich zur preußischen Provinz, hg. v. Sabelleck, R., 1995; Rechtsquellen
aus den hannoverschen Landen, hg. v. Oberschelp, R., 1999; Höfe und Residenzen
im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 2, 250; Roolfs,
C., Der hannoversche Hof von 1814 bis 1866, 2005; Thompson, A., Britain,
Hanover and the Protestant Interest 1688-1756, 2006; Kempf, S., Wahlen zur
Ständeversammlung im Königreich Hannover 1848-1866, 2007; Boetticher, E. v.,
Die Justizorganisation im Königreich Hannover nach 1848 und ihre
Ausstrahlungskraft auf die Staaten des .Deutschen Bundes und das Reich bis
1879, 2014;Köster, F., Das Ende des Königreichs Hannover und Preußen, 2013.
Harburg (Burg, Residenz des Erzbischofs von
Bremen bzw. nach 1236 des Herzogs von
Braunschweig-Lüneburg, Linie Lüneburg). 1142 erscheint in einer sumpfigen
Niederung der Süderelbe H. (Horeburg) erstmals. 1297 wurde die anschließende
Siedlung von den welfischen Herzögen zur Stadt erhoben. Von 1527 bis 1642 war
sie Sitz einer Seitenlinie des mittleren Hauses Lüneburg zu Celle. 1866 kam H.
zu Preußen, 1937 zu Hamburg.
L.: Wolff 434; Matthes, D., Die welfische Nebenlinie in Harburg, 1962; Harburg.
Von der Burg zur Industriestadt, hg. v. Ellermeyer, J., 1988; Höfe und
Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 2,
254.
Harthausen (reichsunmittelbare Herrschaft). H.
nördlich von Rottweil erscheint 882. Im Jahre 994 gab dort Herzogin Hadwig Güter an das Kloster Petershausen. Die
Lehnsoberhoheit lag zunächst bei Sulz und seit 1471 bei Württemberg. Die später
zum Kanton Neckar des Ritterkreises Schwaben steuernde reichsunmittelbare
Herrschaft unterstand zunächst den Hack (Hacken) von H., seit 1481 den
Rosenfeld und seit 1549 den Herren Stein von Steinegg (Steineck) bzw. Stein zum
Rechtenstein. 1806 kam H. an Württemberg und damit 1951/1952 zu
Baden-Württemberg.
L.: Wolff 509.
Hatzfeld, Hatzfeldt (Herren, Reichsgrafen,
Reichsfürsten, Reichsritter). Nach der 1282 erwähnten Burg H. an der oberen
Eder benannte sich eine seit 1138/1145 nachweisbare edelfreie Familie
(Hepisvelt). Zu Anfang des 14. Jahrhunderts teilte sie sich in zwei
Hauptlinien. Sie musste 1311 ihre Burg an Hessen zu Lehen auftragen, erwarb
aber um 1380/1430 die reichsunmittelbare Herrschaft Wildenburg bei Altenkirchen
sowie 1387 Bringhausen und 1503 Eifa. Die Herrschaft H. kam nach dem Aussterben
einer Linie 1570, 1588 und 1772 an die Landgrafen von Hessen. 1635/1640 wurde
die Familie H. in den Reichsgrafenstand erhoben. 1641 erlangte sie aus der
Konfiskationsmasse des Grafen Schaffgotsch die freie Standesherrschaft
Trachenberg (Drachenberg) in Niederschlesien(, die 1741 Fürstentum wurde). Dazu
kamen weitere Güter (1639 Belehnung mit den Teilen Mainz‘ der Grafschaft
Gleichen [1794 an Mainz zurück], 1641 Herrschaften Haltenbergstetten [vom
Hochstift Würzburg, 1794 dorthin zurück], Rosenberg, Waldmannshofen, Pfand der
Herrschaft Laudenbach bei Weikersheim). Außerdem gehörte zu den Ländereien der
Fürsten die niedere Herrschaft Kranichfeld und die Herrschaft Blankenhain im
obersächsischen Reichskreis. Mit Haltenbergstetten, Eichhof, Ermershausen,
Eulenhof, Neubronn, Niederstetten, Oberndorf, Rinderfeld, Streichental,
Wermutshausen und dem 1637 erworbenen, 1806 an Bayern und 1810 an Württemberg
fallenden Waldmannshofen zählten die H. im 17. und 18. Jahrhundert zum Kanton
Odenwald des Ritterkreises Franken (außerdem um 1700 zum Kanton Rhön-Werra),
mit dem Kirchspiel Friesenhagen und mit den Schlössern Wildenburg und Krottorf
(bei Friesenhagen)sowie Wissen rechts der Sieg, Schönstein und Merten in der
Linie Hatzfeld-Wildenburg (Hatzfeld-Wildenberg) zum Kanton Mittelrheinstrom des
Ritterkreises Rhein. Durch König Friedrich den Großen von Preußen wurde der
Linie Hatzfeld-Trachenberg der Fürstenstand verliehen. Bei ihrem Aussterben
(1794) wurde sie von Graf Franz Ludwig von Hatzfeld-Werther-Schönstein beerbt,
dem 1803 der preußische Fürstenstand bestätigt wurde. Die von ihm begründete
Linie Hatzfeld-Trachenberg erhielt 1900 den Titel eines Herzogs von Trachenberg. Der Linie Hatzfeld-Wildenburg wurde 1870
die preußische Fürstenwürde verliehen.
L.: Wolff 398ff.; Großer Historischer Weltatlas III 38 (1789) D2; Roth von
Schreckenstein 2, 595; Hölzle, Beiwort 56; Winkelmann-Holzapfel 152; Stetten
183; Riedenauer 124; Neumaier 149, 173; Genealogischer Kalender 1753, 547;
Genealogisches Handbuch des Adels. Fürstliche Häuser, Bd. 1 1951, 485ff.;
Gensicke, H., Landesgeschichte des Westerwaldes, 2. A. 1987; Kloft, J.,
Inventar des Urkundenarchivs der Fürsten von Hatzfeld, 1975; Friedhoff, J., Die
Familie von Hatzfeldt, 2004.
Havré (Herzogtum).
Am Ende des 18. Jahrhunderts gehörte das Herzogtum
H. über die Grafschaft Hennegau zum burgundischen Reichskreis. S. Hennegau,
Niederlande, Belgien.
L.: Wolff 62; Wallner 701 BurgRK 1.
Hegau (Gau, Landgrafschaft). Der H. (zu *kev-
Bergrücken?) zwischen Konstanz, Schaffhausen, Geisingen, Immendingen,
Überlingen, Neuhausen ob Eck (Egg) und Randen wird als Grafschaft erstmals 787
erwähnt. Er war eine Kernlandschaft des Herzogtums
Schwaben. Um 1180 fiel er von den Grafen von Pfullendorf an Kaiser Friedrich I.
Barbarossa und damit an die Staufer. Er ging dann mit Nellenburg in der
Landgrafschaft Hegau auf, die 1422 an die Herren von Tengen, von 1465 bis 1805
durch Kauf als Landgrafschaft Nellenburg zu Habsburg/Österreich, 1805 zu
Württemberg und 1810 zu Baden kam. Von dort gelangte das Gebiet 1951/1952 zu
Baden-Württemberg.
L.: Großer Historischer Weltatlas III 22 (1648) D5; Gerber, H., Der Hegau,
Landschaft zwischen Rhein, Donau und Bodensee, 1970; Curs, O., Deutschlands
Gaue im zehnten Jahrhundert, 1908, 9 (Hegouue, Heuugowe, Gau am Bodensee,
Singen, Stein); Polenz, P. v., Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, II, 9,
Hegouwe,Hegau’; Borgolte, M., Geschichte der Grafschaften Alemanniens in
fränkischer Zeit, 1984, 59, 198 (Merishausen, Öhningen, Kirchen im Aitrachtal);
Tumbült, G., Die Grafschaft des Hegaus, 1984, (in) MIÖG Ergbd. 3; Kiewat, R.,
Ritter, Bauern und Burgen im Hegau, 1986.
Heidenheim (Herrschaft). Neben älteren Siedlungen
bestand in H. an der Brenz ein erstmals zwischen 750 und 802 anlässlich einer
Schenkung an Fulda erwähntes, auf alemannischem Herzogsgut
errichtetes Dorf. In der Mitte des 12. Jahrhunderts stand das meiste Gut in H.
den Hellenstein zu, von denen Degenhard von Kaiser Friedrich I. Barbarossa zum
procurator des Königsgutes in Schwaben bestellt wurde. König Rudolf von
Habsburg zog das ehemals staufische Gut an das Reich. 1302 wurde es an die
Helfenstein verpfändet, welche die Höhenburg Hellenstein zum Mittelpunkt der
Herrschaft Hellenstein machten, die 1448 als Herrschaft H. an Württemberg und 1450
von dort an Bayern-Landshut veräußert wurde. 1504 kam die zum schwäbischen
Reichskreis zählende Herrschaft nach dem Erbfolgekrieg um Bayern-Landshut
wieder an Württemberg, wo sie abgesehen von 1635/1648 (Bayern) verblieb.
1951/1952 gelangte damit H. zu Baden-Württemberg.
L.: Wolff 161; Wallner 684 SchwäbRK 1; 600 Jahre Stadt Heidenheim/Brenz
1356-1956, 1956; Heimatbuch des Kreises Heidenheim, 2. A. 1963; Heidenheim an
der Brenz, bearb. v. Schneider, F., 1970; Bühler, H., Heidenheim im
Mittelalter, 1975; Akermann, M., Schloss Hellenstein über Heidenheim, 1978.
Heinsberg (Herren, Grafen). In H. bei Jülich
erscheint 1085 eine Burg. Nach ihr nannten sich die Herren von H. 1190 kamen
die Güter über die Erbtochter an Arnold von Kleve, 1233 über dessen Enkelin an
Graf Heinrich von Sponheim, 1469 über eine Erbtochter an Johann II. von
Nassau-Saarbrücken und 1472/1483 über eine Erbtochter und die Abfindung der
zweiten Erbtochter an Jülich und damit 1614 an Pfalz-Neuburg, 1742 an
Pfalz-Sulzbach, 1814 an Preußen und 1946 H. an Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 322; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) D3; Mirbach, W. v.,
Zur Territorialgeschichte des Herzogtums Jülich,
1874ff.; Corsten, S., Das Heinsberger Land im frühen Mittelalter, 1959;
Viendenbantt, Forschungen zur Geschichte des ersten heinsberg-valkenbergischen
Dynastengeschlechts, 1965; Herborn, V., Heinsberg, LexMA 4 1989, 2111; Escher,
M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 410, 2, 256.
Heitersheim (Johanniterpriorat, Fürstentum,
Residenz). H. südwestlich von Freiburg erscheint erstmals 777 in Lorscher
Urkunden. 1272 gelangte es an den Johanniterorden. 1276 gab Markgraf Heinrich II.
von Hachberg die Gerichtsrechte und Vogtrechte. Von 1428 (auf Dauer seit 1505)
bis 1806 war der reichsunmittelbare Ort Sitz des Johanniter-Großpriors
(Johannitermeisters) von Deutschland. Dieser erhielt 1546 Fürstenrang mit Sitz
und Stimme auf dem Reichstag. Das 4 Quadratmeilen bzw. (ohne die 1803 erworbene
Grafschaft Bonndorf) 50 Quadratkilometer große, etwa 5000 Einwohner umfassende,
dem oberrheinischen Reichskreis angehörige Fürstentum H. kam allmählich
faktisch unter Landeshoheit Österreichs, fiel 1797 mit dem Breisgau an den Herzog von Modena und 1805/1806 an Baden. Damit
gelangte H. 1951/1952 zu Baden-Württemberg. S. Johanniterorden (
Johannitermeister).
L.: Wolff 240; Wallner 697 OberrheinRK 28; Schneider, W., Das Fürstentum und
Johannitergroßpriorat Heitersheim und sein Anfall an Baden, Diss. jur Freiburg
im Breisgau 1950; Kraus-Mannetstätter, K., Heitersheim, die Malteserstadt,
1952; Heitersheim, hg. v. Hecht, J., 1972; Die Heitersheimer
Herrschaftsordnung, hg. v. Barz, W., 1999; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 2, 264;
Heitersheim 1806, hg. v. Barz, W., 2007.
Helgoland (Insel). Die auf einem unterirdischen
Salzstock ruhende, schon in der Steinzeit bewohnte Nordseeinsel H. (heiliges
Land?) wurde im Frühmittelalter von Friesen besiedelt. 1402 kam sie an das Herzogtum Schleswig, 1490 durch Landesteilung an die
Herzöge von Schleswig-Holstein-Gottorp bzw. Gottorf. 1714 musste sie an Dänemark,
1807/1814 von diesem an England abgetreten werden. Durch Vertrag vom 1. 7. 1890
wurde H. vom Deutschen Reich gegen Sansibar eingetauscht und durch Gesetz vom
15. 12. 1890 dem Reich, durch preußisches Gesetz vom 18. 2. 1891 Preußen
einverleibt. Am 18. 4. 1945 wurde der Ort durch Bombenangriffe vernichtet. Am
18. 4. 1947 versuchte England als Besatzungsmacht vergeblich die Insel
insgesamt mit 6,5 Millionen Kilogramm Sprengstoff zu zerstören. Am 1. 3. 1952
wurde H. an Deutschland zurückgegeben und dem Land Schleswig-Holstein zugeteilt
(1972 2,09 Quadratkilometer, 2500 Einwohner). Seit 1. 1. 1996 gehört (das durch
das Meer gefährdete) H. zum deutschen Hoheitsgebiet und Steuergebiet.
L.: Sell, M., Das deutsch-englische Abkommen 1890, 1926; Siebs, B./Wohlenberg,
E., Helgoland, Landes- und Volkskunde, 1953; Bahr, M., Helgoland, Fries. Jb. 30
(1955), 203; Lüth, E., Helgoland, 2. A. 1963; Friedrichs, K., Umkämpftes
Helgoland, 1988.
Henneberg-Römhild (Grafschaft). Henneberg-Aschach nannte
sich nach dem Anfall Henneberg-Hartenberg(-Römhilds) (1378) H. Es erwarb
zahlreiche Güter (1433 Lichtenberg, 1435 Fladungen, 1335/1344 Kühndorf, 1455
ein Viertel Fischberg). 1465/1502 verlor die Linie durch Teilung an Bedeutung
(1526 von der Fürstenbank des Reichstags verwiesen). 1548 kamen die Güter Graf
Bertholds XVII. an die verschwägerten Grafen von Mansfeld und von diesen
teilweise an Henneberg-Schleusingen (ein Viertel Hennebergs). Die Güter Graf
Albrechts fielen an die verschwägerten Grafen von Stolberg. Am Ende des 18.
Jahrhunderts war die über den Herzog von
Sachsen-Meiningen (1660) zum fränkischen Reichskreis zählende Grafschaft H. 2,9
Quadratmeilen groß und hatte 8000 Einwohner.
L.: Wallner 693 FränkRK 21; Regesten des Archivs der Grafen von
Henneberg-Römhild, hg. v. Mötsch, J., 2006.
Hennegau (Gau bzw. Grafschaft), frz. Hainaut. Der
erstmals 750 (Hainoavio) genannte, karolingische, nach dem Flüsschen Haine
benannte, den Süden des damaligen Bistums Cambrai östlich der oberen und
mittleren Schelde umfassende Gau H. fiel mit den Reichsteilungen des 9.
Jahrhunderts an Lothringen. In spätkarolingischer Zeit war der H. eine
Grafschaft um Mons, welche die in weiblicher Linie von Kaiser Lothar I.
abstammenden Reginare innehatten, die von 911 bis 939/944 Herzöge von
Niederlothringen waren und sich nach 998 in Bergen (Mons) eine Residenz
schufen. 1051 fiel der H. nach dem Aussterben der Reginare (1030) über die
Gräfin Richilde an die Grafen von Flandern und wurde von 1070 bis 1191 von
einer Nebenlinie der Balduine beherrscht. 1188 belehnte Kaiser Friedrich I.
Barbarossa die Grafen mit der Grafschaft Namur. 1191 wurde die Grafschaft durch
die Heirat Graf Balduins V. von H. mit Margarete von Flandern, der Schwester
Philipps von Elsass, wieder mit Flandern verbunden. Nach dem Tode der Töchter
Johanna (1205-1244) und Margarethe von Flandern (1244-1280) kam es zu
Erbstreitigkeiten zwischen den Häusern Avesnes (Graf Johann von Avesnes war
illegitimer Enkel Margarethes) und Dampierre. H. fiel an Avesnes, das 1299 auch
die Grafschaft Holland erhielt und 1323 Seeland besetzte. Über Kaiser Ludwig
des Bayern Gemahlin und Johann von Avesnes' Enkelin Margarethe fielen die
Grafschaft H. und Holland 1346 an das Haus Wittelsbach (Bayern) und von diesem
durch Verzicht der Urenkelin Ludwigs des Bayern 1433 an die Herzöge von Burgund.
Seit 1477 gehörten sie auf Grund der Heirat des Habsburgers Maximilian mit
Maria von Burgund zu Habsburg, dessen spanische Linie (Spanien) von 1555 bis
1701/1713 und dessen österreichische Linie (Österreich) von 1713 bis 1792/1794
herrschte. 1678 wurde allerdings der südliche Teil an Frankreich abgetreten.
Vergrößert um Teile der Provinzen Brabant und Lüttich sowie um Stadt und Land
Tournai wurde der übrige Teil 1794 zum französisch beherrschten Département
Jemappes, das als H. 1815 an das Königreich der Vereinigten Niederlande und
1830 an Belgien kam.
L.: Wolff 61; Wallner 701 BurgRK 1; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378)
B3, II 78 (1450) E3; Gislebert von Mons: Chronicon Hanoniense (1068-1195), hg.
v. Arndt, W. 1869, hg. v. Vanderkindere, L., 1904; Vanderkindere, L., Histoire
de la formation territoriale des principautés belges au moyen-âge, Bd. 1f.
1902f.; Curs, O., Deutschlands Gaue im zehnten Jahrhundert, 1908, 9 (Haginao,
Heinia, Heinau, Gau um Valenciennes, Wambaix, Douchy-les-Mines bzw. Douchy,
Buvrinnes, Haine-Saint-Pierre bzw. Hayna); Dony, E., Histoire du Hainaut de
1433 á nos jours, 1925; Gysseling, M., Toponymisch Woordenboek, 1960, 436
Hainaut; Polenz, P. v., Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, II, 17, 21, 22,
24, 41, 45, 47, III, 32, Hainau, Heinegouwe, Heinia, Haginao, pagus Hainensis,
pagus Hainoensis, Hennegau; Hainaut d'hier et d'aujourd'hui, l 1962; Bruwier,
M., Le passé économique du Hainaut, (in) Le Hainaut français et belge, 1969,
71ff.; Moreau, J., Dictionnaire de géographie historique, 1972, 139 Hainaut;
Mohr, W., Geschichte des Herzogtums Lothringen,
Bd. 1ff. 1974ff.; Cauchies, J., La législation princière pour le comté de
Hainaut (1427-1506), 1982; Nonn, U., Pagus und Comitatus in Niederlothringen,
1983, 121; Cauchies, J., Hennegau, LexMA 4 1989, 2131ff.
Herbrechtingen (Reichsstift). 774 gab König Karl der
Große das auf altem Siedlungsland errichtete H. (Hagrebertingas) an die dort
durch Fulrad von Saint-Denis (Saint Denis) gegründete Kirche. Im frühen 10.
Jahrhundert zog Herzog Burchard von Schwaben das
daraus erwachsene Stift als Erbgut seiner Gemahlin Reginlind an sich. Kaiser
Friedrich II. übertrug die Vogtei über das nunmehrige Augustinerchorherrenstift
an die Herren von Wolfach, die sie 1227 an die Grafen von Dillingen verkauften.
1258 bemächtigte sich Graf Ulrich von Helfenstein als Schwiegersohn des letzten
Grafen von Dillingen des Stiftes und zog es zur Grafschaft Helfenstein bzw.
Herrschaft Heidenheim. 1531/1536 wurde die Reformation eingeführt. 1648 kam das
Stift endgültig an Württemberg und H. 1951/1952 zu Baden-Württemberg.
L.: 1200 Jahre Herbrechtingen, 1974.
Heroldsberg (reichsritterschaftlicher Ort). Am Ende
des 13. Jahrhunderts war das im Reichswald Sankt Sebalds bei Nürnberg gelegene
H. Mittelpunkt eines an Nassau verpfändeten, von diesem über die Burggrafen von
Nürnberg an Herzog Swantibor von Pommern
gelangten Reichsamts. 1391 erwarben die Patrizier Geuder aus Nürnberg das
Reichslehen. Ihre Linie Geuder-Rabenstein (seit 1649) zählte zur
Reichsritterschaft, innerhalb deren H. dem Kanton Gebirg des Ritterkreises
Franken angehörte. 1806 fiel es an Bayern. S. Geuder.
L.: Wolff 512.
Hertogenrade (Herrschaft, Herzogenrath).
Die Herrschaft H. gehörte am Ende des 18. Jahrhunderts über das Herzogtum Limburg dem burgundischen Reichskreis an. S.
Herzogenrath.
L.: Wolff 56; Wallner 701 BurgRK 1(; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren,
2005, 2, 265).
Herzberg (am Harz) (Residenz des Herzogs von Braunschweig-Lüneburg bzw.
Braunschweig-Grubenhagen)
L.: Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W.,
2003, 1, 2, 270.
Herzegowina (Landschaft, Land). Das Gebirgsland im
Nordwesten der Balkanhalbinsel an der Neretwa (Neretva) zählte in römischer
Zeit zur Provinz Dalmatia und wurde seit dem 7. Jahrhundert von Südslawen
besiedelt. Im Mittelalter gehörte es zum Herrschaftsbereich Kroatiens, Serbiens
und Bosniens. Um die Mitte des 15. Jahrhunderts erlangte es als H. (Herzogsland des Stefan Vukčić) eine gewisse
Selbständigkeit, wurde aber 1465/1482 von den Türken erobert. 1878 wurde es
nach dem russisch-türkischen Vertrag mit Bosnien von Österreich okkupiert und
1908 annektiert. 1918 kam es zu Jugoslawien, wurde aber nach dessen Auflösung
1995 Teil der Föderation Bosnien-Herzegowinas und der Serbischen Republik.
L.: Cirkovic, S., Herzegowina, LexMA 4 1989, 2189; Dzaja, S.,
Bosnien-Herzegowina, 1994; Haselsteiner, H., Bosnien-Hercegovina, 1996;
Gabriel, K., Bosnien-Herzegowina, 1878, 2003.
Herzogenrath (Herrschaft, Hertogenrade). Die
Herrschaft H. gehörte am Ende des 18. Jahrhunderts über das Herzogtum Limburg dem burgundischen Reichskreis an.
L.: Wolff 56; Wallner 701 BurgRK 1(; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren,
2005, 2, 265).
Hessen (Grafschaft, Landgrafschaft, Land,
Bundesland). In unsicherem Zusammenhang mit dem zwischen Lahn, Main, Werra,
Fulda und Eder bezeugten germanischen Stamm der (fränkischen?) Chatten
erscheint im 8. Jahrhundert für einen kleinen Stamm an der unteren Fulda der
Name Hessi (738). Unabhängig hiervon geriet dieser Raum seit dem 4. Jahrhundert
in den Einflussbereich der Franken, die seit dem 6. Jahrhundert in das von
ihnen bald dicht besiedelte Rhein-Main-Gebiet eindrangen und anschließend unter
Übernahme und Ausbau der Festungen Glauburg, Amöneburg, Christenberg und
Büraburg nach Nordosten gegen die Sachsen vorstießen. Durch Bonifatius wurde
das Gebiet seit der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts christianisiert (723
Fällung der Donareiche bei Hofgeismar). Die drei wichtigsten Klöster Fritzlar,
Hersfeld und Fulda wurden noch im 8. Jahrhundert Reichsabteien. Das den
Rupertinern um die Mitte des 9. Jahrhunderts folgende Grafenhaus der Popponen
oder Konradiner stand so fest in karolingischer Tradition, dass es nach
erfolgreicher Auseinandersetzung mit den Babenbergern beim Aussterben der
Karolinger 911 mit Konrad I. für kurze Zeit zur Königswürde gelangte. Unter den
sächsischen Ottonen wurde das Gebiet durch Grafen verschiedener Herkunft im
Auftrag des Königs verwaltet und die konradinische Stellung vermindert. Unter
den Saliern hatten die aus dem schwäbisch-alemannischen Raum kommenden Grafen
Werner, die als Bannerträger des Reichsheeres eine hohe Reichsstellung
einnahmen, die Grafschaft inne (1024-1121). Seit Anfang des 12. Jahrhunderts
trat der Erzbischof von Mainz mit immer größeren Erwerbungen hervor, brachte
Amöneburg, Fritzlar und Hofgeismar an sich und war Lehnsherr der Grafschaft H.
1121 übernahmen als Erben der Grafen Werner die Gisonen (Grafen von
Gudensberg), 1122 über die gisonische Erbtochter Hedwig die Ludowinger die
Grafschaft. 1130 wurden die Ludowinger Landgrafen von Thüringen und behandelten
H. (Gebiet um Gudensberg südwestlich von Kassel und Maden, dem Sitz des
Hauptgerichts der Grafschaft H., im Gegensatz zum Gebiet um Marburg, das
zunächst Land an der Lahn hieß,) als Nebenland, so dass im Norden allmählich
eine Reihe verhältnismäßig selbständiger Herrschaften und Grafschaften
entstehen konnte (Ziegenhain, Waldeck, Wittgenstein, Nassau, Diez, Runkel,
Limburg, Katzenelnbogen, Eppstein), während im Rhein-Main-Gebiet die Staufer
eine unmittelbare Reichsherrschaft aufzubauen versuchten, die nach dem
Interregnum (1254-1273) in zahlreiche Kleinherrschaften zerfiel (u. a. Hanau,
Solms, Büdingen). 1247 starben die ludowingischen Landgrafen von Thüringen mit
Landgraf Heinrich Raspe im Mannesstamm aus. Landgräfin Sophie (Tochter Landgraf
Ludwigs von Thüringen, Gemahlin Heinrichs von Lothringen und Brabant, Nichte
Landgraf Heinrich Raspes) vermochte im thüringisch-hessischen Erbfolgekrieg
(1247-1264) mit dem Hause Wettin (Markgrafen von Meißen) und gegen den
Widerstand des Erzbischofs von Mainz H. als eigene Landgrafschaft mit Sitz in
Kassel von Thüringen zu lösen und mit den Werrastädten Eschwege und
Witzenhausen für ihren 1244 geborenen Sohn Heinrich das Kind zu behaupten, der
1265 zu den bisherigen Gütern zwischen Wolfhagen, Zierenberg, Eschwege,
Wanfried, Alsfeld, Grünberg, Frankenberg und Biedenkopf einen Teil der
Grafschaft Gleiberg mit Gießen von den Pfalzgrafen von Tübingen erwarb und sich
seinerseits in langen Kämpfen gegen den Erzbischof von Mainz durchsetzte. Am
11. 5. 1292 wurden die Landgrafen von H. durch König Adolf von Nassau auf Grund
der Eschweger Güter in den Reichsfürstenstand erhoben. Nach zahlreichen
kleineren Erwerbungen im 13. Jahrhundert (1294 Schartenberg, 1297 Grebenstein)
und im 14. Jahrhundert (1305 Trendelburg, 1306 Wanfried, 1330 (Hofgeismar)
Geismar, 1350 Kirchhain, 1350 Spangenberg, 1358 Romrod, 1365 Tannenberg) erlitt
der Aufstieg Hessens, das 1308 bis 1311 kurzfristig in Oberhessen und
Niederhessen geteilt war, im 14. Jahrhundert durch andauernde Kämpfe mit dem
Adel einen schweren Rückschlag, dem es durch die von Kaiser Karl IV. bestätigte
Erbverbrüderung mit den Markgrafen von Meißen (Kursachsen) vom 9. 6. 1373
begegnete, durch welche die ganze Landgrafschaft reichslehnbares Fürstentum
wurde. Zugleich wurden die H. durchsetzenden Gebiete der Grafen von Dassel,
Bilstein, Everstein und Itter und der Herren von Treffurt allmählich
aufgesogen. Unter Landgraf Ludwig I. (1413-1458) gelang es 1439, die
Erbvereinigung mit der Grafschaft Wittgenstein zu vollziehen, die Grafschaften
Waldeck (1431/1438), Lippe (1449) und Rietberg in Westfalen (1456) zu
hessischen Lehen zu machen, die Herrschaft Schöneberg zu erwerben sowie die
Grafschaft Ziegenhain an der mittleren Schwalm und der oberen Nidda, die
zwischen den hessischen Gütern (Oberhessen um Marburg, Niederhessen um Kassel)
gelegen hatte, zu erwerben (1437/1450). Nach der Mainzer Stiftsfehde von 1461
bis 1463 musste der Erzbischof von Mainz die mainzischen Güter (Hofgeismar,
Schöneberg, Gieselwerder, Battenberg, Kellerberg, Rosenthal (Rosental), Mellnau
(Melnau), halb Wetter) an H. verpfänden und 1583 außer Amöneburg-Neustadt und
Fritzlar-Naumburg aufgeben. 1432 geriet die Reichsabtei Hersfeld, 1438 Fritzlar
und 1434 Corvey unter hessische Schutzherrschaft. Bis ins 16. Jahrhundert kamen
auch Fulda und Arnsburg unter kaiserliche Vormundschaft. 1479 fiel durch Heirat
die Grafschaft Katzenelnbogen an, durch die H. den Rhein (Rheinfels, Sankt
Goar, Braubach) und den Main (Rüsselsheim, Darmstadt) erreichte. Die 1458
erfolgte Teilung Hessens in Hessen-Marburg und Hessen-Kassel, während der das
große hessische Landgesetz von 1497 (Hessen-Marburg) und 1500 (Hessen-Kassel)
aufgezeichnet wurde, war nur vorübergehend (bis 1500). 1524 trat Philipp der
Großmütige zum Luthertum über, 1526 wurde die Reformation eingeführt, 1527 die
Universität Marburg als erste protestantische Universität gegründet und wurden
zugleich die hessischen Klöster säkularisiert. Nach dem Tode Philipps des
Großmütigen (1567) wurde allerdings H. unter seine vier Söhne aufgeteilt.
Wilhelm IV. erhielt Hessen-Kassel mit rund 88 Quadratmeilen (etwa die Hälfte
Hessens), Ludwig IV. Hessen-Marburg (etwa ein Viertel Hessens), Philipp der
Jüngere mit ca. 1300 Quadratkilometern und 20000 Einwohnern Hessen-Rheinfels
und Georg I. Hessen-Darmstadt (etwa je ein Achtel Hessens). Philipp der Jüngere
starb 1583 erbenlos. Seine Güter wurden unter Hessen-Kassel (Niedergrafschaft
Katzenelnbogen), Hessen-Marburg (Lissberg, Ulrichstein, Itter) und
Hessen-Darmstadt (Schotten, Stornfels, Homburg vor der Höhe) aufgeteilt. 1604
starb Ludwig IV. von Hessen-Marburg. Von seinen Gütern fiel nach langjährigen
Auseinandersetzungen 1648/1650 die nördliche Hälfte mit Marburg an
Hessen-Kassel, die südliche an Hessen-Darmstadt. Hessen-Kassel erhielt den
Vorrang im Reichstag. Hessen-Darmstadt, das 1607 die Landesuniversiät Gießen
gründete und von dem sich von 1609 bis 1643 Hessen-Butzbach und 1622 das 1866
erloschene Hessen-Homburg abzweigten, erwarb 1736 die Grafschaft
Hanau-Lichtenberg, überzog aber durch prunkvolle Hofhaltung bei weitem seine
Mittel. 1803 erreichte es im Reichsdeputationshauptschluss zum Ausgleich des
Verlustes von Hanau-Lichtenberg (40 Quadratmeilen mit 100000 Einwohnern) Teile
des Erzstiftes Mainz und der Pfalz, das zum Erzstift Köln gehörige Herzogtum Westfalen (Brilon, Arnsberg, bis 1815) sowie
Friedberg (insgesamt 100 Quadratmeilen mit 218000 Einwohnern), so dass das Land
nunmehr 175 Quadratmeilen mit 520000 Einwohnern umfasste. Von Baden tauschte es
Wimpfen ein. 1806 fielen die Grafschaft Erbach und reichsritterschaftliche
Gebiete an das in die Provinzen Starkenburg, Oberhessen und Westfalen
gegliederte Land. Der Beitritt zum Rheinbund brachte 1806 die Erhebung zum
Großherzogtum. 1815 erhielt Hessen-Darmstadt für die Abgabe Westfalens an
Preußen das Fürstentum Isenburg-Birstein (Offenbach), Worms, Alzey und Bingen,
1816 die Festung Mainz. Insgesamt umfasste das Land damit 152,75 Quadratmeilen
mit 720000 Einwohnern. Seit 1816 nannte sich der Landesherr Großherzog von H.
und bei Rhein. 1866 musste Hessen-Darmstadt das seit 1622 einer Nebenlinie
zugehörige Hessen-Homburg sowie die Kreise Biedenkopf und Vöhl an Preußen
abtreten und sich dem Norddeutschen Bund anschließen. 1871 wurde es Bundesstaat
des Deutschen Reiches. Von 1918 bis 1945 war Hessen-Darmstadt unter dem Namen
Volksstaat H. ein Freistaat, in dem 1933 die Nationalsozialisten die Macht
übernahmen. Das unter dem Sohn Wilhelms IV., Moritz, 1604 calvinistisch
gewordene Hessen-Kassel, von dem sich Hessen-Rotenburg, Hessen-Eschwege (bis
1655), Hessen-Philippsthal (1686-1713) und Hessen-Barchfeld abzweigten, erwarb
1647/1648 die Grafschaft Schaumburg, 1648 Hersfeld sowie 1736 die Grafschaft
Hanau-Münzenberg. Durch den Reichsdeputationshauptschluss von 1803 erlangte es
außer der Kurfürstenwürde (Kurhessen) nur einzelne mainzische Güter. 1807 wurde
es mit 145 Quadratmeilen und 393000 Einwohnern von Frankreich besetzt und
weitgehend dem Königreich Westphalen einverleibt. 1813/1815 wurde es
wiederhergestellt und erhielt für die Niedergrafschaft Katzenelnbogen das
Hochstift Fulda und 1816 Teile Isenburgs. Den Titel Kurfürst behielt der
Landesherr trotz Untergangs des Heiligen römischen Reiches und der dazu
gehörigen Kaiserwahl bei. Am 1. 8. 1866 wurde Hessen-Kassel infolge seines
Übertritts auf die österreichische Seite von Preußen annektiert
(Regierungsbezirk Kassel der Provinz Hessen-Nassau). Am 19. 9. 1945 wurden die
preußischen Provinzen Nassau (Hessen-Nassau) und Kurhessen (ohne die Kreise
Sankt Goarshausen, Unterlahn [Unterlahnkreis], Unterwesterwald
[Unterwesterwaldkreis] und Oberwesterwald [Oberwesterwaldkreis], die zu
Rheinland-Pfalz kamen,) auf eigenen Wunsch durch Proklamation der
amerikanischen Militärregierung mit den rechtsrheinischen Teilen des
Volksstaates H. zu Großhessen vereinigt. Großhessen wurde am 1. 12. 1946 in
Land H. umbenannt. Die Familie der Landgrafen von Hessen erlosch 1875 im Zweig
Hessen-Kassel und 1968 im Zweig Hessen-Darmstadt, lebt aber in den Linien
Hessen-Rumpenheim und Battenberg/Mountbatten fort.
L.: Wolff 251ff.; Großer Historischer Weltatlas II 34 (1138-1254) F3, II 66
(1378) E3, II 78 (1450) F3; Demandt, K., Die Mittelrheinlande, (in) Geschichte
der deutschen Länder, Bd. 1; Die Territorien des Reichs 4, 254; Dilich, W.,
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1840-1861,-Karte vom Kurfürstentum Hessen, 1840-1855, neu hg. v. Hess.
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bis 1945 Teilband 2 Berding, H., Die hessischen Staaten bis 1945, 2003; Schlinker,
S., Fürstenamt und Rezeption, 1999, )2; Wegner, K., Kurhessens Beitrag für das
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Gerichtsstätten in Hessen
(http://www.lagis-hessen.de/de/subjects/index/sn/gst), bearb. v. Eckhardt,
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Ritter, Grafen und Fürsten – weltliche Herrschaften im hessischen Raum ca.
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Hessen-Darmstadt (Landgrafschaft, Großherzogtum).
Darmstadt geht vermutlich auf ein karolingisches Jagdhaus im geschlossenen
Reichsgut um Frankfurt zurück und erscheint im 11. Jahrhundert als Darmundestat
in der Grafschaft Bessungen des Hochstifts Würzburg. 1256 belehnte das
Hochstift die Grafen von Katzenelnbogen mit der Grafschaft. 1479 fiel
Katzenelnbogen nach dem Aussterben der Grafen an Hessen. 1567 wurde Darmstadt
bei der Erbteilung nach Philipp dem Großmütigen unter Georg I. Residenz der
lutherischen Linie Hessen-Darmstadt der Landgrafen von Hessen, die mit rund
1300 Quadratkilometern und 20000 Einwohnern etwa ein Achtel Hessens geerbt
hatte. H. gewann erbweise 1583 von Hessen-Rheinfels Schotten, Stornfels und
Homburg vor der Höhe, kaufte 1600 Mörfelden und erbte 1604 die südliche Hälfte
Hessen-Marburgs (mit Gießen), die ihr nach heftigsten Auseinandersetzungen mit
Hessen-Kassel endgültig aber erst 1648/1650 zugesprochen wurde. 1607 gründete
H. die lutherische Landesuniversität Gießen. Von 1609 bis 1643 zweigte sich
Hessen-Butzbach, 1622 das 1866 erloschene Hessen-Homburg ab. 1736 erwarb H. die
Grafschaft Hanau-Lichtenberg (mit Pirmasens), überzog aber durch prunkvolle
Hofhaltung bei weitem seine Mittel. Um 1806 zählte es zum Kanton Odenwald des
Ritterkreises Franken. Durch § 7 des Reichsdeputationshauptschlusses vom 25. 2.
1803 gewann H. zum Ausgleich für die Grafschaft Hanau-Lichtenberg und die
Aufhebung von Rechten über Wetzlar und Frankfurt sowie für die Abtretung der
Ämter Lichtenau und Willstädt an Baden und von Katzenelnbogen, Braubach, Ems,
Cleeberg bzw. Kleeberg, Eppstein und des Dorfes Weiperfelden an Nassau-Usingen
das zum Erzstift Köln gehörige Herzogtum
Westfalen (Brilon, Arnsberg, bis 1815) mit Volkmarsen, die mainzischen Ämter
Gernsheim, Bensheim, Heppenheim, Lorsch, Fürth im Odenwald, Steinheim, Alzenau,
Vilbel, Rockenberg, Hassloch, Astheim, Hirschhorn, die mainzischen Güter
Mönchhof, Gundhof und Klaraberg (Klarenberg), die pfälzischen Ämter Lindenfels,
Umstadt, Otzberg, Alzey (teilweise) und Oppenheim (teilweise), den Rest des
Hochstifts Worms, die Abteien Seligenstadt und Marienschloss bei Rockenburg,
die Propstei Wimpfen und die Reichsstadt Friedberg (insgesamt 100 Quadratmeilen
mit 218000 Einwohnern), so dass das (in die Provinzen Starkenburg, Oberhessen
und Westfalen gegliederte) Land nunmehr 175 Quadratmeilen mit 520000 Einwohnern
umfasste. Von Baden tauschte es (die Reichsstadt) Wimpfen ein. 1806 fielen die
Grafschaft Erbach und reichsritterschaftliche Gebiete an. Außerdem umfasste das
bisherige Gebiet Hessen-Darmstadts die Oberämter Gießen (mit den Städten Gießen
und Staufenberg, den Gerichten Lollar, Heuchelheim und Steinbach) und Nidda,
die Ämter und Städte Allendorf, Grünberg, Homberg/Ohm, Alsfeld, Grebenau, Lauterbach,
Ulrichstein, Schotten, Rosbach (Roßbach), Butzbach, Königsberg, Biedenkopf und
Battenberg, die Ämter Burg-Gemünden (Burggemünden), Stornfels, Bingenheim,
Petterweil (Peterweil), Cleeberg, Hüttenberg, Blankenstein, Itter und
Breidenbacher Grund (Grund Breidenbach), einige adlige Besitzungen (die Zent
Lauterbach, die Gerichte Engelrod und Ober-Ohmen [Oberohm], den rabenauischen
oder Londorfer Grund, das Busecker Tal (Buseckertal) mit 9 Dörfern und das
Gericht [Gebiet] Frohnhausen mit 2 Dörfern). 1806 wurde die Landgrafschaft
anlässlich des Beitrittes zum Rheinbund zum Großherzogtum erhoben. Außerdem
mediatisierte sie bis 1815 Hessen-Homburg. 1815 erhielt Hessen-Darmstadt für
die Abgabe Westfalens an Preußen das Fürstentum Isenburg-Birstein (Offenbach),
Worms, Alzey und Bingen, 1816 die Festung Mainz. Pirmasens kam an Bayern.
Insgesamt umfasste das Land damit 152,75 Quadratkilometer mit 720000
Einwohnern. Seit 1816 nannte sich der Landesherr von H. Großherzog von Hessen
und bei Rhein. 1866 musste H. das seit 1622 einer Nebenlinie zugehörige, 1866
zurückgefallene Hessen-Homburg sowie die Kreise Biedenkopf und Vöhl an Preußen
abtreten und mit Preußen eine Militärkonvention eingehen, die faktisch den
Verlust der politischen und militärischen Selbständigkeit bedeutete. Außerdem
musste es sich dem Norddeutschen Bund anschließen. 1871 wurde es Bundesstaat
des Deutschen Reiches. Von 1918 bis 1945 folgte dem Großherzogtum der
Volksstaat Hessen, in dem 1933 die Nationalsozialistische Deutsche
Arbeiterpartei die Macht übernahm und der mit seinen rechtsrheinischen Gebieten
am 19. 9. 1945 in Großhessen aufging, das sich seinerseits seit 1. 12. 1946
Land Hessen nannte. 1968 erlosch die Linie Darmstadt der ehemaligen Landgrafen
von Hessen.
L.: Wolff 255; Zeumer 553 II b 28; Wallner 695 OberrheinRK 2; Großer
Historischer Weltatlas III 22 (1648) D3, III 38 (1789) C2; Hof- und
Staatshandbuch des Großherzogtums Hessen, 1835ff.; Hattemer, K.,
Entwicklungsgeschichte Darmstadts, 1913; Blass, G., Das Stadtbild von Darmstadt
und seine Entwicklung, 1927; Müller, A., Aus Darmstadts Vergangenheit, 3. A.
1939; Das Rhein-Maingebiet vor 150 Jahren, 1787, entworfen v. Strecker, K., hg.
v. Wagner, W., 1939; Kissel, O., Neuere Territorial- und Rechtsgeschichte des
Landes Hessen, 1961; Nahrgang, K., Stadt- und Landkreis Offenbach am Main,
1963; Schmidt, K., Darmstädter Bürgerbuch, 1964; Demandt, K., Geschichte des
Landes Hessen, 2. A. 1972, Neudruck 1980; Kromphardt, D., Hessen-Darmstadt in
der Rheinbundzeit, Magisterarbeit Geschichtswissenschaft Gießen 1979; Knodt,
M., Die Regenten von Hessen-Darmstadt, 1989; Schulz A., Herrschaft durch
Verwaltung, 1991; Lange, T., Hessen-Darmstadts Beitrag, 1993.
Hessen-Nassau (Provinz). Nach dem Sieg Preußens über
den Deutschen Bund annektierte Preußen mit dem Gesetz vom 7. 9. 1866 Kurhessen
(Hessen-Kassel), das Herzogtum Nassau und die
freie Stadt Frankfurt am Main. Sie wurden am 24. 11. 1866 mit der
Landgrafschaft Hessen-Homburg, den nordhessischen Kreisen Biedenkopf und Vöhl
(ausgenommen die Stadt Vöhl) und einem Teil des Kreises Gießen von
Hessen-Darmstadt, dem Bezirksamt Gersfeld und dem Landbezirk Orb von Bayern in
den Regierungsbezirken Kassel und Wiesbaden zusammengefasst. Am 7. 12. 1868
wurde daraus die Provinz H. mit Sitz des Oberpräsidenten in Kassel gebildet.
1929 wurden Waldeck und der Kreis Wetzlar angeschlossen. 1932 wurde die
Grafschaft Schaumburg an Hannover überführt. 1944 wurde die Provinz in die
beiden Provinzen Kurhessen und Nassau aufgelöst. Der Kreis Schmalkalden kam an
den Regierungsbezirk Erfurt. 1945 fiel der größte Teil der ehemaligen Provinz
H. (bzw. Kurhessen, Nassau) an das neu geschaffene Land Großhessen bzw. Hessen.
L.: Demandt, K., Geschichte des Landes Hessen, 2. A. 1972, Neudruck 1980;
Klein, T., Hessen-Nassau, 1979; Klein, T., Hessen-Nassau. Vom
Oberpräsidialbezirk zur Provinz, 1985, Hessisches Jb. f. LG. 35; Klein, T., Von
der Annexion zur Integration, Bll. f. deutsche LG. 121 (1985).
Hildburghausen (Herrschaft). H. an der Werra dürfte in
fränkischer Zeit gegründet worden sein, erscheint aber erstmals 1234
(Hilteburgehusin), als Graf Otto von Henneberg-Bodenlauben
(Henneberg-Botenlauben) seine Güter in H. an das Hochstift Würzburg übertrug.
Von 1270 bis etwa 1304 gab Würzburg es als Lehen an die Herren von Wildberg.
Danach kam es kurz an die Markgrafen von Brandenburg und dann an die Herrschaft
Coburg, die Berthold VII. von Henneberg-Schleusingen 1316 erwarb. 1353 fiel H.
an die Burggrafen von Nürnberg und 1374 mit Heldburg durch Heirat an die
Landgrafen von Thüringen. Innerhalb des Hauses Wettin kam es 1572 an
Sachsen-Coburg-Eisenach (Sachsen-Coburg) 1638/1640 an Sachsen-Altenburg und von
1672 bis 1680 an Sachsen-Gotha. 1680 wurde es Sitz des (aus H., Heldburg,
Eisfeld, Veilsdorf, Schalkau, seit 1683 Königsberg, seit 1705 Sonnefeld und
seit 1714 Behrungen gebildeten) Herzogtums
Sachsen-Hildburghausen. 1920 gelangte H. an Thüringen. S. Sachsen-Hildburghausen.
L.: Wolff 397; Human, A., Chronik der Stadt Hildburghausen, 1886.
Hilzingen (Herrschaft). H. bei Überlingen zählt
vermutlich zu den ältesten alemannischen Siedlungen im Hegau. Im Frühmittelalter
gehörte es zur Herzogsburg Hohentwiel und wurde
vermutlich dem Hohentwielkloster übertragen, das seinerseits dem Hochstift
Bamberg unterstellt war. Später war die Herrschaft, die dann dem schwäbischen
Reichskreis zugeordnet war, häufig geteilt. 1595 und 1609 kam sie an
Österreich, das H. teils als Lehen, teils als Pfand ausgab. 1659 erlangte das
Kloster Petershausen H. mit Staufen für 60000 Gulden als Pfand. 1722 wurde das
Pfand in Lehen umgewandelt, 1723 das Lehen unter Zustimmung des Hochstifts
Bamberg in Eigentum. 1735 kam das Dorf Riedheim hinzu. Petershausen fiel 1803
an Baden, wodurch H. 1951/1952 zu Baden-Württemberg gelangte.
L.: Wolff 43, 190; Wallner 688 SchwäbRK 50; Riede, R., Geschichte von
Hilzingen, 1926.
Hinterpommern (Landschaft, Teil eines Herzogtums). Als H. wurde der östlich der Oder
gelegene, zum obersächsischen Reichskreis zählende Teil Pommerns bezeichnet. Er
kam 1945 unter Verwaltung Polens und fiel 1990 als politische Folge der
deutschen Einheit an Polen.
L.: Wolff 405; Zeumer 553 II b 22; Wallner 708 ObersächsRK 2; Städtebuch
Hinterpommern, neubearb. v. Tippach, T., 2003.
Hoevelaken (Herrlichkeit). Die Herrlichkeit H.
gehörte zum Herzogtum Geldern.
L.: Wolff 68.
Hohenburg (Kloster, königliches Kloster,
Residenz), Sankt Odilienberg-Hohenburg. Das urkundlich seit 783 bezeugte
Nonnenkloster H. auf einem die Hochebene beherrschenden 763 Meter hohen Berg im
Elsass (seit dem 17. Jahrhundert Odilienberg) geht vielleicht (auf die heilige
Odilia, eine Tochter des Herzogs Eticho, und
damit auf das 8. Jahrhundert oder) auf Herzog
Eticho und damit das Ende des 7. Jh.s zurück. 839 stellte es Kaiser Ludwig der
Fromme unter seinen Schutz. Im Hochmittelalter stand es unter der Vogtei der
Staufer. 1246 oder 1249 wurde die Äbtissin erstmals als Prinzessin tituliert.
Das Kloster war sehr begütert, hatte aber keine eigentliche
Territorialherrschaft. In der Reformationszeit verfiel es weitgehend. 1546
brannten die Konventsgebäude ab. Die Gemeinschaft wurde aufgelöst. Ihre
weltlichen Güter fielen an den Bischof von Straßburg.
L.: Albrecht, D., History von Hohenburg oder Sankt Odilien, 1751; Barth, M.,
Die heilige Odilia, 1938; Moreau, J., Dictionnaire de géographie historique,
1972, 143; Fischer, M., Treize siècles d’histoire au Mont Sainte-Odile, 2001;
Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W.,
2003, 1, 725, 1, 2,547.
Hohenheim (Reichsgrafen). Herzog
Karl Eugen von Württemberg ließ 1774 seine Geliebte Franziska von
Adelmannsfelden, geb. von Bernerdin (10. 1. 1748-1. 1. 1811), zur Reichsgräfin
von H. erheben. Sie zählte mit dem 1640 an die Bernerdin (Bernardin) gelangten
Schloss Sindlingen zum Kanton Neckar bzw. Neckar-Schwarzwald-Ortenau und mit
dem 1785 von den Stein zum Rechtenstein (Stain) erworbenen Mühlhausen an der
Enz und dem 1790 von den Stein zum Rechtenstein (Stain) erworbenen Rittergut
Bächingen zum Kanton Kocher des Ritterkreises Schwaben.
L.: Hölzle, Beiwort 62, 64; Kollmer 381.
Hohenlohe-Schillingsfürst (Grafen, Fürsten). Das im Jahre 1000 in
der Hand von Reichsministerialen erwähnte Schillingsfürst bei Rothenburg kam
aus deren Erbe an die Herren von Hohenlohe. 1615 entstanden durch Teilung der
Hauptlinie Hohenlohe-Waldenburg die Linien Hohenlohe-Pfedelbach (bis 1728),
Hohenlohe-Waldenburg (bis 1679) und H. 1679 beerbte H. die Linie
Hohenlohe-Waldenburg, teilte sich aber wieder in die Nebenlinien
Hohenlohe-Bartenstein und H. 1723 errichtete Graf Philipp von
Hohenlohe-Waldenburg als Residenz seiner Hauptlinie einen dreigliedrigen
Palast. Am Ende des 18. Jahrhunderts hatte die zum fränkischen Reichskreis
zählende Linie H. die Stadt Waldenburg und die Ämter Schillingsfürst,
Adolzfurt, Kupferzell, und Ohrntal mit einer Anzahl Dörfer. Zusammen mit
Hohenlohe-Bartenstein (Hohenlohe-[Waldenburg-]Bartenstein) umfasste ihr Gebiet
etwa 12 Quadratmeilen). Durch § 18 des Reichsdeputationshauptschlusses vom 25.
2. 1803 erhielten die Fürsten von Hohenlohe-Waldenburg-Schillingsfürst und
Hohenlohe-Waldenburg-Bartenstein für ihren Anteil am Bopparder Zoll Renten von
600 Gulden auf Comburg. 1806 kam Schillingsfürst an Bayern. 1840 erhielt Prinz
Viktor von H. den Titel Herzog von Ratibor für
das 1834 erbweise erlangte Ratibor.
L.: Wolff 119; Wallner 692 FränkRK 9 b; Hölzle, E., Der deutsche Südwesten am
Ende des alten Reiches, 1938; Hofmann, H., Burgen, Schlösser und Residenzen in
Franken, 1961.
Hohenzollern (Grafen, gefürstete Grafschaft). 1061
erscheinen Burchard und Wezil de Zolorin, seit 1111 Graf Friedrich von Zollern
(Zolre), die sich nach der aus dem 11. Jahrhundert stammenden Burg Zollern
(seit 1350 H., aus lat. [mons] solarius?, Sonnenberg) bei Hechingen nannten und
vielleicht von den Burchardingern, die im 10. Jahrhundert das schwäbische Herzogtum innehatten, abstammten. Graf Burchard
eröffnete um 1170 eine 1486 erloschene Linie Hohenzollern-Hohenberg. Graf
Friedrich III. erlangte 1191 durch Heirat mit Sophie von Raabs neben Gütern in
Österreich die Burggrafschaft Nürnberg. Seine Söhne teilten um 1204/1227 die
Güter. Konrad erhielt die Burggrafschaft Nürnberg und begründete die fränkische,
später evangelische Linie, Friedrich erhielt die schwäbischen Stammgüter und
begründete die schwäbische, katholisch bleibende Linie (Hechingen, Haigerloch,
Sigmaringen). Innerhalb der fränkischen Linie heiratete Konrad die Erbtochter
der Grafen von Abenberg und erwarb Friedrich III. († 1297) durch Heirat aus dem
Erbe der Herzöge von Andechs-Meranien Bayreuth und Kulmbach. Friedrich IV. (†
1332) kaufte 1331 Ansbach. Friedrich V. wurde 1363 in den Reichsfürstenstand
erhoben. 1364 wurde Schwabach, 1368 Gunzenhausen erworben, um 1400
Wassertrüdingen, Feuchtwangen, Uffenheim, Crailsheim und Erlangen. 1403 wurden
die Güter in die Gebiete auf dem Gebirg um Kulmbach, Bayreuth und Hof mit dem
Vogtland sowie in die Gebiete unter dem Gebirg um Ansbach geteilt, fielen 1420
aber wieder zusammen. 1411/1415/1417 wurde außerdem von König Sigmund das
Kurfürstentum Brandenburg erlangt, womit zugleich der Rückzug aus Nürnberg
begann. Kurfürst Albrecht Achilles bestimmte 1473 durch die sog. dispositio
Achillea die fränkischen Fürstentümer zu einer Sekundogenitur Brandenburgs.
1791 fielen die zwischenzeitlich mehrfach vereinigten und wieder
verselbständigten fränkischen Markgrafschaften Ansbach und Bayreuth durch
Abtretung seitens Markgraf Alexanders, mit dem die fränkischen Nebenlinien 1806
erloschen, an Preußen. Die schwäbische Linie erwarb 1497 durch Tausch gegen
ihre erheiratete Herrschaft Rhäzüns in Graubünden von Österreich die Herrschaft
Haigerloch, 1534 durch Erbschaft von den Grafen von Werdenberg Österreichs Lehngrafschaften
Sigmaringen und Veringen sowie 1552 die Herrschaft Wehrstein. 1576 wurden die
Güter zwischen den Linien Hohenzollern-Hechingen (Eitel Friedrich II.) und
Hohenzollern-Sigmaringen (Karl II.) geteilt. Eitel Friedrich IV. erhielt die
alte Grafschaft Zollern (bzw. seit Mitte des 16. Jahrhunderts H.) mit Hechingen
und den Klöstern Rangendingen, Sankt Luzen (Sankt Lutzen) in Hechingen und
Stetten (Hohenzollern-Hechingen), Karl II. die Grafschaft Sigmaringen mit den
Klöstern Hedingen und Inzigkofen sowie die Grafschaft Veringen, zu denen noch
die Herrschaft Haigerloch mit Kloster Gruol und die Herrschaft Wehrstein kamen
(Hohenzollern-Sigmaringen). 1623 erlangten beide Linien die Reichsfürstenwürde,
1653 Sitz und Stimme im Reichsfürstenkollegium. 1800 umfassten die zum
schwäbischen Reichskreis zählenden Grafschaften ein Gebiet von 4,5
Quadratmeilen mit 12000 Einwohnern. 1803/1806 blieben sie von der
Mediatisierung verschont und erlangten ihrerseits weitere Güter (Hirschlatt,
Glatt, Beuron u. a.). Am 7. 12. 1849 dankten die Fürsten beider Linien
zugunsten Preußens, mit dem seit 1695/1707 Erbverträge bestanden, ab
(preußischer Regierungsbezirk Sigmaringen bzw. hohenzollerische Lande). Die
Linie Hohenzollern-Hechingen starb 1869 aus. Seitdem nannte sich die Linie
Hohenzollern-Sigmaringen Fürsten von H. 1926 erhielten die H. als
Enteignungsentschädigung für alle ihre Güter rund 100000 Hektar Land, 15
Millionen Reichsmark und einige Schlösser. 1945 wurde der preußische
Regierungsbezirk Sigmaringen dem Land Württemberg-Hohenzollern zugeteilt.
1951/1952 kamen die Kreise Hechingen und Sigmaringen mit 1142 Quadratkilometern
und 86000 Einwohnern an Baden-Württemberg. S. Ansbach, Bayreuth, Brandenburg,
Nürnberg, Preußen, Württemberg-Hohenzollern, Baden-Württemberg.
L.: Wolff 167; Zeumer 553 II b 47, 554 II b 61,24; Wallner 687 SchwäbRK 30;
Großer Historischer Weltatlas III 22 (1648) D4, III 38 (1789) C3; Faden, E.,
Brandenburg, (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Monumenta Zollerana,
hg. v. Graf Stillfried, R./Märcker, T., Bd. 1ff. 1852ff.; Cramer, J., Die
Grafschaft Hohenzollern 1400-1850, 1873; Graf Stillfried, R., Stammtafel des
Gesamthauses Hohenzollern, 1879; Schmid, L., Die älteste Geschichte des
Gesamthauses der Hohenzollern, Bd. 1ff. 1884ff.; Hohenzollersche Forschungen,
hg. v. Meyer, C., Bd. 1ff. 1891ff.; Kessler, H., Beschreibung der
Hohenzollernschen Lande, 1893; Quellen und Forschungen zur deutschen,
insbesondere hohenzollernschen Geschichte, 1905ff.; Rogge, B., Fünf
Jahrhunderte Hohenzollernherrschaft in Brandenburg-Preußen, 1915; Hintze, O.,
Die Hohenzollern und ihr Werk, 3. A. 1916, Neudruck 1987; Hodler, F.,
Geschichte des Oberamtes Haigerloch, 1928; Schwammberger, A., Die
Erwerbspolitik der Burggrafen von Nürnberg und Franken, 1932; Eisele, K., Studien
zur Geschichte der Grafschaft Zollern und ihrer Nachbarn, 1956; Kallenberg, F.,
Die Fürstentümer Hohenzollern am Ausgang des alten Reichs, 1962; Bernhardt,
W./Seigel, R., Bibliographie der Hohenzollerischen Geschichte, 1975; Seyboth,
R., Die Markgrafentümer Ansbach und Bayreuth unter der Regierung Markgraf
Friedrichs des Älteren (1486-1515), 1985; Schuhmann, G., Residenzen der
fränkischen Hohenzollern, Bll. f. dt. LG. 123 (1987) 67ff.; Sauer, P.,
Napoleons Adler über Württemberg, Baden und Hohenzollern, 1987; Mast, P., Die
Hohenzollern in Lebensbildern, 1988; Kiel, R., Die Hauschronik der Grafen
Zollern. Eine Prachthandschrift im Bestand der Kanzleibibliothek Bayreuth,
1988; Bumiller, C., Studien zur Sozialgeschichte der Grafschaft Zollern im
Spätmittelalter, 1990; Massenbach, H. Frhr. v., Die Hohenzollern einst und
jetzt, 1990; Wendehorst, A., Hohenzollern, LexMA 5 1990, 83f.; Stamm-Kuhlmann,
D., Die Hohenzollern, 1995; Hohenzollern, hg. v. Kallenberg, F., 1996;
Neugebauer, W., Die Hohenzollern, Bd. 1ff. 1996ff.; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W. u. a., 2003, 1, 1, 112, 117;
Spälter, O., Frühe Etappen der Zollern auf dem Weg zur Territorialherrschaft in
Franken, 2005; Schönpflug, D., Die Heiraten der Hohenzollern, 2013.
Holstein (Gau, Herzogtum).
H. erscheint um 800 als nördlicher Teil des Stammesgebiets der Sachsen
(Nordalbingien). Es setzte sich zusammen aus Dithmarschen im Westen, Stormarn
im Süden, H. (Holsten, Holsaten = Waldsassen) im Norden und Wagrien im Osten.
Es wurde von Karl dem Großen mit Hilfe der slawischen Abodriten unterworfen,
denen er dafür Wagrien überließ. Die holsteinischen Gebiete waren im
allgemeinen ein Teil des Herzogtums Sachsen,
doch gehörte Dithmarschen zur Grafschaft Stade, später zum Erzbistum Bremen
(Hamburg-Bremen). Herzog Lothar von
Süpplingenburg ernannte 1110/1111 Adolf von Schauenburg (Schaumburg) zum Grafen
von H. und Stormarn. Adolf II. eroberte Wagrien. Adolf III. erlangte nach dem
Sturz seines Lehnsherren Heinrich des Löwen (1180) auch die Herrschaft über
Dithmarschen, verlor die Güter aber 1201/1214 an Dänemark. Adolf IV. gelang die
Wiedereroberung mit dem Sieg von Bornhöved (1227). Dithmarschen fiel allerdings
an das Erzstift Bremen zurück. Nach 1261 teilte sich die Familie in mehrere
Linien (1272/1273, 1294/1297). Die Schauenburger (Schaumburger) Linie, welche
die Stammgrafschaft Schaumburg und die Herrschaft Pinneberg innehatte, erlosch
1640. Die Rendsburger Linie vereinigte nach und nach die übrigen Güter (1316
Holstein-Segeberg, 1390 Holstein-Plön), erwarb Schleswig zeitweise faktisch,
1375/1386 nach dem Aussterben des dänisch-schleswigschen Herzogshauses als Lehen Dänemarks. Seitdem blieben
Schleswig und H. in fester staatsrechtlicher Verbindung. Als 1459 die Linie
ausstarb, kamen Schleswig und H. auf Grund des Vertrages von Ripen (1460) in
Personalunion an das Haus Oldenburg, das 1448 den Thron in Dänemark bestiegen
hatte. 1474 wurde H. mit Stormarn, Wagrien und Dithmarschen, das endgültig aber
erst 1559 einverleibt wurde, durch Kaiser Friedrich III. zum
reichsunmittelbaren Herzogtum erhoben (und damit
von Sachsen bzw. Sachsen-Lauenburg bzw. seit 1434 den Bischöfen von Lübeck
gelöst). Eine Teilung von 1490 schuf einen königlichen Segeberger Anteil und
einen herzoglichen Gottorper (Gottorfer) Anteil. 1524 wurde Friedrich zum König
von Dänemark (Friedrich I.) gekrönt und wurden damit Schleswig und H. wieder
vereint. (Die neben dem Herzogtum H. bestehende
Grafschaft H. wurde nach dem Aussterben der Grafen von Holstein und Stormarn
1640 an den König von Dänemark verkauft). Am Ende des 18. Jahrhunderts
bestanden auf dem Gebiet Holsteins die Herzogtümer
Holstein-Glückstadt und Holstein-Gottorp (Holstein-Gottorf). Der Wiener
Kongress des Jahres 1815 erklärte H. zum Mitglied des Deutschen Bundes. S.
Schleswig-Holstein.
L.: Wolff 444ff.; Wallner 706 NiedersächsRK 6, 7; Großer Historischer Weltatlas
II 34 (1138-1254) F3, II 78 (1450) F3, III 38 (1789) C1; Geerz, F., Geschichte
der geographischen Vermessungen und der Landkarten Nordalbingiens vom Ende des
15. Jahrhunderts bis zum Jahre 1859, 1859; Schott, C., Beiträge zur Landeskunde
von Schleswig-Holstein, 1953; Polenz, P. v., Landschafts- und Bezirksnamen,
1961, I, 9, II, 39, 40, 49, 72, III, 11, 14, 24, 33, Holcetae, Holzeten,
Holsati, Holtsatia, Holzatenses, Holstenland, ‚Holstein‘; Dankwerth, C., Die
Landkarten von Joh. Meyer, Husum, aus der Neuen Landesbeschreibung der zwei Herzogtümer Schleswig und Holstein 1652, neu hg. v.
Domeiner, K./Haack, M., 1963; Wieden, H. bei der, Schaumburgische Genealogie,
1966; Kahlfuss, H., Landesaufnahme und Flurvermessung in den Herzogtümern Schleswig, Holstein, Lauenburg vor 1864,
1969; Brandt, O./Klüver, W., Geschichte Schleswig-Holsteins, 8. A. 1981;
Kramer, K., Volksleben in Holstein (1550-1800), 1987; Opitz, E.,
Schleswig-Holstein, 1988; Hoffmann, E., Holstein, LexMA 5 1990, 100ff.;
Geschichte Schleswig-Holsteins, hg. v. Lange, U., 1996; Schlinker, S.,
Fürstenamt und Rezeption, 1999, 180; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 812; Die Fürsten
des Landes. Herzöge und Grafen von Schleswig, Holstein und Lauenburg, hg. v.
Rasmussen, C. u. a., 2008; Eick, S., Die Kanzlei und das Urkundenwesen der
Grafen von Holstein-Schaumburg zwischen 1189 und 1209, 2008; Risch, H., Der
holsteinische Adel im Hochmittelalter, 2010.
Holstein-Glückstadt (Herzogtum).
Der 1721 bei Dänemark verbliebene Teil Holsteins gehörte um 1800 zusammen mit
dem 1761 angefallenen Holstein-Plön und der Landschaft Süderdithmarschen als Herzogtum H. zum niedersächsischen Reichskreis.
L.: Wolff 445; Zeumer II b 32; Wallner 705 NiedersächsRK 6, 1; Großer
Historischer Weltatlas III 32 (1648-189) F1; s. Schleswig-Holstein-Glückstadt.
Holstein-Gottorf (Herzogtum) s. Holstein-Gottorp
Holstein-Gottorp (Herzogtum).
Dem Herzog von Gottorp (Gottorf) blieben ab 1721
von seinem Anteil an Schleswig-Holstein nur die Gebiete in Holstein mit der
Residenzstadt Kiel. Als 1767 Herzog Karl Peter
Ulrich als Peter III. den Thron Russlands bestieg, gab er sein Herzogtum zugunsten Dänemarks auf. Die sog.
bischöfliche Linie Gottorps (Gottorfs), die das Hochstift Lübeck mit Eutin
innehatte, erhielt durch Vertrag Oldenburg. Um 1800 umfasste das Gebiet des mit
der Landschaft Norderdithmarschen zum niedersächsischen Reichskreis zählenden Herzogtums etwa 70 Quadratmeilen.
L.: Wolff 446; Zeumer 553 II b 35; Wallner 705 NiedersächsRK 7; Großer
Historischer Weltatlas III 32 (1648-189 F 1.
Holstein-Plön (Grafen, Herzöge). Vermutlich seit dem neunten Jahrhundert war die Wasserburg Plune Sitz slawischer Fürsten. Von 1290 bis 1390 war Plön Sitz einer Linie der Grafen von Schauenburg (Schaumburg). Von 1623/1636 bis 1761 war H. Teil des Herzogtums Schleswig-Holstein-Plön und fiel 1761 mit diesem an Dänemark zurück. S. a. Holstein-Sonderburg-Plön.
Holstein-Plön-Rethwisch (Grafen, Herzöge), Holstein-Rethwisch.
1671 fiel beim Tode Herzog Joachim Ernsts von
Holstein-Plön durch Testament das Gut Rethwisch mit Wesenbergerhof (Hof
Wesenberg) und den Dörfern Benstaben, Meddewade, Klein-Schenkenberg und
Klein-Wesenberg an seinen dritten Sohn Joachim Ernst den Jüngeren. Die damit
geschaffene eigene Linie der Herzöge von H. (Holstein Rethwisch) bestand bis
1729.
L.: Schöder, J. v./Biernatzki, H., Topographie der Herzogtümer
Holstein und Lauenburg, Bd. 1f. 1855, 348; Schulze, T., Die Herzogszeit in Plön 1564-1761, 1983, 39ff.
Homburg (Herrschaft). Vermutlich zum Schutz des
1129 gestifteten Klosters Amelungsborn wurde von Siegfried IV. von
Northeim-Boyneburg die Burg H. bei Stadtoldendorf errichtet. 1150 musste sie
von den Grafen von Winzenburg als Erben dem Hochstift Hildesheim zu Lehen
aufgetragen werden, dem sie von 1152 bis 1180 Heinrich der Löwe auf Grund von
Erbansprüchen entzog. Seit 1250 war die Burg als Lehen des Hochstifts ungeteilt
in den Händen der Edelherren von H. Ihre 6 Burgen, 3 Städte und rund hundert
Dörfer umfassende, seit etwa 1140 aufgebaute Herrschaft zwischen oberer Weser
und mittlerer Leine (1225-1238 Spiegelberg, 1245 Bodenwerder, 1355 Hohenbüchen)
wurde 1409 durch Erbkauf und Heirat der Witwe des letzten Grafen mit Herzog Otto von Grubenhagen (1415) von den Welfen
(Braunschweig) geerbt. 1428 kam Homburg an Braunschweig-Wolfenbüttel und damit
1946 zu Niedersachsen.
L.: Schnath, G., Die Herrschaften Everstein, Homburg und Spiegelberg, 1922.
Hoogstraten, Hoogstraaten (Herzogtum).
Das Herzogtum H. gehörte über das Herzogtum Brabant zum burgundischen Reichskreis.
L.: Wolff 54; Wallner 701 BurgRK 1(; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren,
2005, 2, 268).
Hummel (Herrschaft). Nach einer älteren
Befestigung des 11. Jahrhunderts wurde im 13. Jahrhundert an der Straße von
Prag nach Glatz und Breslau auf dem Hummel eine Burg errichtet. Sie bildete den
Mittelpunkt einer böhmischen Herrschaft, die im 14. Jahrhundert den Pannwitz
gehörte. Danach fiel sie an Dietrich von Janowitz (1392-1411), Heinrich von
Lazan (1411-1414), Boczek von Kunstadt/von Podiebrad (1415-1454) sowie Georg
von Podiebrad (1454-1477), den späteren König von Böhmen. Durch dessen Sohn Herzog Heinrich von Münsterberg kam die Herrschaft H.
1477 zur Grafschaft Glatz, die 1742 an Schlesien fiel. Seit 1559 wurde die
Herrschaft durch Verkauf einzelner Dörfer allmählich aufgelöst. Seit 1945 war
das Gebiet unter der Verwaltung Polens, an das es 1990 als Folge der deutschen
Einheit gelangte.
L.: Wolff 491; Albert, D., Die Geschichte der Herrschaft Hummel und ihrer
Nachbargebiete, Teil 1 (bis 1477), 1932.
Hundem (Freigrafschaft), Hundemen. Die
Freigrafschaft H. gehörte zum bilsteinischen Quartier des Herzogtums Westfalen.
L.: Wolff 87.
Hünxe (Herrlichkeit). Die adlige Herrlichkeit
H. (1092 Hungese) gehörte zum Herzogtum Kleve
(weselscher landrätlicher Kreis). 1946 kam H. über Preußen (Rheinprovinz) zu
Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 317.
Ingolstadt (Stadt, Residenz des Herzogs von Bayern). Um 1250 wurde I. Stadt, von 1392
bis 1445 Sitz des Herzogtums Bayern-Ingolstadt
und 1472 Ort einer zunächst humanistischern, später gegenreformatorischen, 1802
nach Landshut und 1826 nach München verlegten Universität. S.
Bayern-Ingolstadt.
L.: Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W.,
2003, 1, 2, 277
Istrien (Markgrafschaft). 177 v. Chr. eroberten
die Römer das Gebiet von I. und teilten es den Provinzen Italia und Illyricum
zu. 539 kam das Gebiet an Oststrom, 788 an das fränkische Reich. 952 fügte es
König Otto I. als Teil Friauls Bayern hinzu, löste es aber 976 als Herzogtum zusammen mit Kärnten wieder. Seit dem 11.
Jahrhundert wurde zu I. das Gebiet um den Kvarner gerechnet (sog. Meranien).
1058 unterstand I. mit Krain dem Markgrafen Ulrich von Weimar-Orlamünde. 1077
gab König Heinrich IV. die Markgrafschaft I. an Aquileja, das I. erst 1209
tatsächlich von den seit 1173 als Markgrafen herrschenden Grafen von
Andechs-Meranien erlangte und bis 1412/1430 an Venedig verlor. Das von der
Markgrafschaft gelöste Inneristrien kam als Grafschaft I. über die Grafen von
Görz 1374/1381 an Österreich, die anderen Gebiete (Küstenland) 1797 (1805 an
Italien, von 1809 bis 1815 an Frankreich). Der österreichische Anteil an I.
umfasste die im Jahre 1500 durch das Aussterben der Grafen von Görz an
Österreich gefallene Grafschaft Mitterburg mit den Städten Mitterburg (Pisino),
Biben (Pedena), Galignano, Berschetz, Lovrana und einigen Märkten und Klöstern
und die im Jahre 1400 an Österreich gekommene Herrschaft Castua. 1816 gelangte
er als ein Teil des Deutschen Bundes an das Königreich Illyrien Österreichs und
war seit 1849 Teil des Kronlandes Görz-Gradisca-Istrien (Görz-Gradiska-Istrien).
1918/1920 kam I. an Italien, 1945/1947 an Jugoslawien und 1991/1995 an
Slowenien und Kroatien. In der Gegenwart versteht man unter I. die Halbinsel
südlich einer Linie vom Golf von Triest bis zum Kvarner.
L.: Wolff 32; Wallner 713 ÖsterreichRK 1; Großer Historischer Weltatlas II 34
G4; Lenel, W., Venezianisch-istrische Studien, 1911; Vergottini, G. de,
Lineamenti storici della costituzione politica dell' Istria durante il medio
evo, 1924f.; Pirchegger, H., Überblick über die territoriale Entwicklung
Istriens, (in) Erläuterungen zum historischen Atlas der österreichischen
Alpenländer, 1, 4, 1, 1927, 488ff.; Ferluga, J., Istrien, LexMA 5 1990, 792ff.
Italien (Halbinsel, Königreich). Der 768 von
König Karl dem Großen den Langobarden abgewonnene Teil Italiens, den König bzw.
Kaiser Otto der Große 951/962 wieder an das deutsche Reich zog und in dem sich
seit dem 11. Jahrhundert nach Selbständigkeit strebende Kommunen entwickelten,
zerfiel seit dem hohen Mittelalter in zahlreiche Reichslehen (10 größere Herzogtümer und 250 kleine Lehen). Nach dem Scheitern
der Idee eines einheitlichen Imperiums unter der Herrschaft der Staufer stand
I. für drei Jahrhunderte im Zeichen verhältnismäßig selbständiger Mittelstaaten
mit teils fürstlicher oder quasifürstlicher Spitze (Visconti, Este, Gonzaga),
teils republikanischer Gestaltung (Venedig, Genua, Lucca, Siena), denen der
Kirchenstaat und das Königreich (beider) Sizilien (mit Neapel) im Süden
gegenüberstanden. Als dem Heiligen Römischen Reich angehörige Teile Italiens
galten vor allem: Fürstentum Carrara, Fürstentum Castiglione, Fürstentum
Comacchio, Fürstentum Correggio, Fürstentum Doria, Herzogtum
Ferrara, Herzogtum Finale, Herzogtum Florenz (Toscana), Herzogtum
Genua (leugnete Reichszugehörigkeit wurde aber zu Reichssteuern herangezogen), Herzogtum Guastalla, Lucca (leugnete die
Reichszugehörigkeit, wurde aber zu Reichssteuern herangezogen), Herzogtum Mailand (Modena-Reggio), Herzogtum Mantua, Herzogtum
Massa, Herzogtum Mirandola, Herzogtum Modena, Herzogtum
Monaco, Herzogtum Montferrat, Neapel, Herzogtum Novellara, Herzogtum
Parma, Herzogtum Piacenza, Savoyen
(Savoyen-Piemont, Reichsstand, der nicht mehr zu den Reichstagen erschien, weil
er sich für souverän hielt), Sizilien, Soramo, Herzogtum
Spinola, Toscana/Toskana sowie Venedig. Mit dem Zug Frankreichs gegen die auf
die Anjou gefolgte aragonesische Seitenlinie in Neapel (1494) wurde I., in dem
es in der Neuzeit 137 Bistümer gab, zum Streitobjekt zwischen Frankreich und
Spanien/Habsburg, in dem Spanien/Habsburg die Vorherrschaft gewann. Nach dem
Aussterben der spanischen Habsburger (1700) erhielt nach dem spanischen
Erbfolgestreit (1701-1713/1714) die spanische Linie der französischen Bourbonen
den Süden (Neapel, Sizilien), Österreich den Norden (Mailand). Infolge des
Aussterbens einheimischer Dynastien fielen Toskana und Mantua an Österreich,
Parma-Piacenza dagegen an Frankreich. Die verbleibenden Herzöge von
Savoyen-Piemont gewannen 1713 den Königstitel mit Sizilien, das sie 1720 gegen
Sardinien tauschten (Königreich Sardinien). 1731 bestanden 13 lombardische
Reichslehen (u. a. Mailand, Mantua, Montferrat, Mirandola, Gonzagische
Fürstentümer), 19 ligurische Reichslehen (u. a. Gebiete der Doria), 20
bononesische Reichslehen (u. a. Modena, Ferrara, Gebiete der Spinola und der
Doria), 10 toskanische Reichslehen (u. a. Florenz, Piombino, Soramo, Comacchio)
und 11 tirnisanische Reichslehen (u. a. Fürsten von Massa, Malaspina). Zwischen
1734 und 1737 brach die Reichsitalienpolitik zusammen (vgl. Calice, Veppo,
Avulla, Spigno, Novi, Gavi, Palladio, Val di Taro, Albano bzw. Albanum, Pavia,
Angleria, Castro, Malgrate, Siena). Seit 1796 drang wiederum Frankreich in I.
ein und errichtete verschiedene Republiken, die später teils Frankreich
eingegliedert wurden (Doria, Ferrara, Finale, Lucca, Mirandola, Neapel,
Novellara, Spinola, Soramo), teils in französisch beherrschte Königreiche
umgewandelt wurden. 1815 wurden Österreich (Lombardo-Venetien, Toskana, Modena)
und die Bourbonen (Neapel-Sizilien, Lucca, 1847 Parma-Piacenza) wieder nach I.
zurückgeführt. Piemont-Savoyen gewann Genua. Als Folge des erwachenden
Nationalgefühls und des sog. risorgimento kam es 1859 zum
sardinisch-piemontesisch-französischen Feldzug gegen Österreich, das 1859 die
Lombardei räumen musste. 1860 wurden Toskana, Modena, Parma und die Romagna an
Sardinien (Sardinien-Piemont, Piemont) angeschlossen, das seinerseits Savoyen
an Frankreich abgeben musste. Danach wurden die Bourbonen aus Neapel-Sizilien
vertrieben. Auch die Marken und Umbrien wurden Sardinien (Sardinien-Piemont,
Piemont) angegliedert. Viktor Emanuel II. nahm 1861 den Titel eines Königs von
I. an. 1866 wurde Venetien (Österreichs) gewonnen und 1860/1870 der Kirchenstaat
bis auf geringe Reste eingezogen. Am 23. Mai 1915 erklärte I. seinem
Verbündeten Österreich-Ungarn den Krieg und gewann danach Südtirol. S. a.
Lombardei.
L.: Aretin, Das alte Reich 2, 92ff.; Punti essenziali toccanti la Commissione
Imperiale in Italia im Akt Plenipotenz 3 des Haus-, Hof- und Staatsarchivs
Wien; Moser, J., Compendium juris publici moderni imperii Romani oder Grundriß
der heutigen Staatsverfassung des Römischen Kayserthums, 1729; Overmann, A.,
Die Besitzungen der Großgräfin Mathilde von Tuscien nebst Regesten ihrer
Urkunden, 1892 (Diss.); Croce, B., Storia dell‘età barocca in Italia, 1929;
Goez, W., Italien im Mittelalter, Bd. 1f. 1942; Pieri, P., Il Rinascimento e la
crisi militare italiana, 1952; Landogna, F., Storia d‘Italia, 1957; Waley, D.,
Die italienischen Stadtstaaten, 1960; Storia d‘Italia, ed. Valeri, N. F., 2. A.
Bd. 1ff. 1965ff.; Kramer H., Geschichte Italiens, Bd. 1f. 1968; Volpe, Storia
d‘Italia, Bd. 1f. 1968ff.; Haverkamp, A., Herrschaftsformen der Frühstaufer in
Reichsitalien, 1970f.; Storia d'Italia, Bd. 1ff. 197ff.; Keller, H.,
Adelsherrschaft und städtische Gesellschaft in Oberitalien (9.-12.
Jahrhundert), 1979; Schumann, R., Geschichte Italiens, 1983; Goez, W.,
Grundzüge der Geschichte Italiens in Mittelalter und Renaissance, 1984;
Fellner, F., Die österreichische Geschichtsforschung über Italien, 1985;
Italien-Ploetz. Italienische Geschichte zum Nachschlagen, bearb. v.
Schwarzkopf, J., 1986; Haverkamp, A., Italien im hohen und späten Mittelalter,
1056-1454, Handbuch der europäischen Geschichte, 2. A. 1987; Lill, R.,
Geschichte Italiens in der Neuzeit, 4. A. 1988; Seidlmayer, M., Geschichte
Italiens, 2. A. 1989; Haverkamp, A., Italien, LexMA 5 1990, 705ff.; Die großen
Familien Italiens, hg. v. Reinhardt, V., 1992; Indice biografico italiano, hg.
v. Nappo, T., Bd. 2ff. 1993; Chielloni, C. u. a., Italien, 3. A. 1995;
Italien-Lexikon, hg. v. Brütting, R., 1995; Die deutsche und italienische
Rechtskultur, hg. v. Mazzacane, A. u. a., 1995; Chittolini, G., Città, comunità
e feudi regali, 1996; Pauler, R., Die deutschen Könige und Italien, 1997;
Jones, P., The Italian city-State, 1997; Reinhardt, V., Geschichte Italiens,
2003; Italy in the Central Middle Ages 1000-1300, hg. v. Abulafia, D., 2004;
Weber, C., Episcopus et princeps- italienische Bischöfe als Fürsten, Grafen und
Barone vom 17. bis zum 20. Jahrhundert, 2010.
Ivois (Grafschaft, Herzogtum,
Yvois). I. in den Ardennen geht auf das gallorömische Epusum zurück. 1162 wurd
I. Herzogtum. Dieses wurde einer Seitenlinie
Savoyens gegeben, die sich nach Carignano (Carignan) bei Turin benannte.
L.: Wolff 58; Moreau, J., Dictionnaire de géographie historique, 1972, 146
Ivezois, 301 Yvois; Puhl, R., Die Gaue und Grafschaften des frühen Mittelalters
im Saar-Mosel-Raum, 1999, 419 Yvois.
Ivrea (Stadt, Markgrafschaft). I. am Austritt
der Dora Baltea aus dem Aostatal wurde 100 v. Chr. als römische Kolonie
Eporedia gegründet. Später war es Sitz eines Herzogs
der Langobarden, dann Mittelpunkt einer Piemont und Ligurien umfassenden Mark
eines Markgrafen der Franken. 1015 ging die Macht an den Bischof über. Im 12.
und 13. Jahrhundert erlangte I. Selbständigkeit und wurde von kaiserlichen
Vikaren und italienischen Potentaten beherrscht. 1238 nahm Kaiser Friedrich II.
die Stadt ein. In der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts kam I. formell zur
Markgrafschaft der Markgrafen von Montferrat. Nach mehrfachem
Herrschaftswechsel fielen Stadt und Markgrafschaft seit dem 14. Jahrhundert
(1313) an die Grafen von Savoyen.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 48a (1815-1866) B2; Hofmeister, A., Marken
und Markgrafschaften im italienischen Königreich, 1906, MIÖG-Ergänzungsbd. 7;
Carandini, F., Vecchia Ivrea, 3. A. 1963; Sergi, G., Ivrea, LexMA 5 1990, 841.
Jägerndorf (Herzogtum,
Residenz). J. in Oberschlesien an der Straße Breslau-Olmütz am Zusammenfluss
von Oppa und Geldoppa wurde am Anfang des 13. Jahrhunderts als Stadt zu
deutschem Recht gegründet. Es gehörte ursprünglich zum Herzogtum
Troppau. 1384 fiel es von Troppau an Oppeln, 1390 an Jodok von Mähren, 1411 an
König Wenzel von Böhmen und 1421 an Ratibor. 1437 spaltete sich J. als eigenes Herzogtum ab. 1493 kam es nach Absetzung des Fürsten
durch König Matthias Corvinus (1474) an die Freiherren von Schellenberg. 1523
erwarb Markgraf Georg von Ansbach dieses Herzogtum.
Nach dem Tod seines Sohnes Georg Friedrich fiel es an die Markgrafen von
Brandenburg, die es mit Oderberg und Beuthen zusammenfassten. 1617/1621 gingen
diese Gebiete infolge Teilnahme des Herzogs am
böhmischen Aufstand an Österreich verloren. Den nördlichen Teil des Landes
konnte König Friedrich II. 1742 an Preußen zurückgewinnen. Das Herzogtum umfasste ein Gebiet von 17 Quadratmeilen.
1918/1919 fiel das Gebiet von Österreich an die Tschechoslowakei, 1993 an
Tschechien.
L.: Wolff 481, 488; Biermann, G., Geschichte der Herzogtümer
Troppau und Jägerndorf, 1874; Stamm- und Übersichtstafeln der schlesischen
Fürsten, hg. v. Wutke, K., 1911; Geschichte Schlesiens, hg. v. d. Hist. Komm.
f. Schlesien, Bd. 1 1961; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich,
hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 2, 182; Urbare des Fürstentums Jägerndorf aus
der Zeit der Markgrafen von Brandenburg-Ansbach (1531-1535-1554/78), hg. v.
Hanke, S. u. a., 2010.
Jauer (Fürstentum, Residenz des Herzogs von Schlesien). Neben Burg und Dorf Alt-Jauer
in Niederschlesien wurde vermutlich vor 1242 die Stadt J. nach Magdeburger
Recht gegründet. Seit 1278 war J. Sitz des im Wege der Teilung des Herzogtums Liegnitz geschaffenen Fürstentums J., zu
dem 1286 Löwenberg hinzukam. Durch Vereinigung mit Teilen des Fürstentums
Breslau (Schweidnitz, Münsterberg) wurde es von 1291/1292 bis 1301 vergrößert,
dann aber erneut geteilt. Von 1346 an waren Schweidnitz und J. erneut
vereinigt. Durch die Heirat der Erbin Anna von Schweidnitz mit Kaiser Karl IV. kamen
diese Gebiete 1368/1392 an Böhmen. 1474 fiel J. an Ungarn, 1526 an Österreich,
1742 an Preußen. Das Fürstentum hatte einen Flächeninhalt von etwa 56
Quadratmeilen und war in die Kreise J., Hirschberg und Bunzlau-Löwenberg
gegliedert. 1945 kam es (als Jawor) unter die Verwaltung Polens und damit 1990
als politische Folge der deutschen Einheit an Polen.
L.: Wolff 483; Schönaich, G., Die alte Fürstentumshauptstadt Jauer, 1903;
Stamm- und Übersichtstafeln der schlesischen Fürsten, hg. v. Wutke, K., 1911; Koischwitz,
O., Jauer, 1930; Heimatbuch des schlesischen Kreises Jauer-Bolkenhain, hg. v.
Tost, A., 1956; Geschichte Schlesiens, hg. v. d. Hist. Komm. f. Schlesien, Bd.
1 5. A. 1988; Menzel, J., Jauer, LexMA 5 1990, 309f.; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 2, 283.
Jever (Herrschaft). Die alte friesische
Siedlung J., die ursprünglich einen Zugang zur Jade hatte und in deren Nähe
1850 etwa 5000 römische Münzen der Kaiserzeit gefunden wurden, erscheint seit
dem 11. Jahrhundert selbst als Münzstätte (Gefri denarii) der Billunger Herzöge
von Sachsen und entwickelte sich im Mittelalter zum Hauptort der friesischen
Landschaft Östringen. Durch Zusammenschluss der Landschaften Östringen und
Wangerland sowie Teilen von Rüstringen um 1370 entstand die von Sachsen wie von
Oldenburg gelöste Herrschaft J., deren ständiger Sitz J. im 15. Jahrhundert
war. 1517 gewann Ostfriesland eine Anwartschaft auf J. 1532 suchte die Regentin
Schutz bei Kaiser Karl V. und erkannte die Lehnshoheit Burgunds an. 1536 erhob
sie J. zur Stadt. 1575 fiel im Streit zwischen Oldenburg und Ostfriesland die
Herrschaft J. infolge testamentarischer Bestimmung an Oldenburg. 1667 kam sie nach
dem Aussterben der Hauptlinie der Grafen von Oldenburg an Anhalt-Zerbst und bei
der Aufteilung der Anhalt-Zerbster Güter 1793 über Katharina II., die Schwester
des letzten Fürsten von Anhalt-Zerbst, von Anhalt-Zerbst an Russland. Die
Herrschaft war 6 Quadratmeilen groß. 1818 übertrug Kaiser Alexander I. von
Russland J. wieder an die verwandten Herzöge von Oldenburg, wodurch es 1946 an
Niedersachsen gelangte.
L.: Wolff 495f.; Großer Historischer Weltatlas III 38 (1789) B1; Bauer 1, 287;
Riemann, F., Geschichte des Jeverlandes, Bd. 1f. 1896ff.; Sello, G.,
Territoriale Entwicklung des Herzogtums
Oldenburg, 1917; Sello, G., Östringen und Rüstringen, 1928; Niedersachsen um
1780. Landschaftsbild und Verwaltungsgebiete, 1. Lief., Prinz, J.,
Norden-Jever, 1938; Fissen, K., Burg und Schloss von Jever, 2. A. 1963;
Rogowski, H., Verfassung und Verwaltung der Herrschaft und Stadt Jever bis zum
Jahre 1807, 1967.
Jülich (Grafschaft, Markgrafschaft, Herzogtum[, Residenz?]). J. bei Düren ist im Anschluss
an die römische Zivilsiedlung Juliacum an einer wichtigen Straßenkreuzung
entstanden. Im 9. Jahrhundert kam der Ort an das Erzstift Köln. Als dessen
Vögte wirkten die Grafen des schon in fränkischer Zeit J. umgebenden
Jülichgaus. Seit dem frühen 11. Jahrhundert erscheinen Grafen mit dem Leitnamen
Gerhard, die sich bald nach J. benannten (1081 comes de Julicho). Sie erwarben
am Ende des 12. Jahrhunderts durch Heirat (1177) die Waldgrafschaft am Nordrand
der Eifel und die Grafschaft Nörvenich. Sie starben 1207 aus und wurden über
die Schwester des letzten Grafen von den in der Nordeifel begüterten Herren von
Heimbach (Hengebach) beerbt, die sich nunmehr nach J. benannten. Sie gewannen
die Belehnung mit der Vogtei über Aachen, die Reichsabtei Kornelimünster und
die linksrheinischen Güter Essens. Zusammen mit Berg, Kleve und Brabant
besiegten sie 1288 bei Worringen den Erzbischof von Köln und brachen die
Vorherrschaft des Erzstifts Köln am Niederrhein. 1304/1307 wurden Teile der
Grafschaft Kessel (Kassel) mit Grevenbroich, Gladbach (Mönchengladbach) und
Brüggen gekauft. 1312 kam das Amt Münstereifel von einer Nebenlinie zurück.
1336 wurden die Grafen von J., die 1346 durch Heirat Ravensberg und 1348 auch
Berg, das bis 1423 einer Jülicher Nebenlinie zugeteilt wurde, sowie 1335 die
Vogtei über Aachen gewannen, zu Markgrafen, 1356 zu Herzögen erhoben. Für kurze
Zeit wurde auch Geldern gewonnen (bis 1423). Weiter erwarben die Herzöge
Monschau (1435), Euskirchen und Heinsberg sowie Geilenkirchen, Millen,
Wassenberg und Löwenburg. Residenz wurde Düsseldorf. 1511 wurden beim
Aussterben des Geschlechts im Mannesstamm die zum niederrheinisch-westfälischen
Reichskreis zählenden Herzogtümer
Jülich-Berg-Ravensberg und Kleve-Mark durch Heirat in Personalunion vereinigt.
1538 konnte Geldern erworben werden, ging aber 1543 wieder verloren. 1614
fielen J. und Berg im jülich-klevischen Erbfolgestreit (1614/1666) an
Pfalz-Neuburg (Wittelsbach). Seit 1777 war J. (mit Berg) durch Pfalz-Sulzbach
in Personalunion mit Bayern vereinigt. Zu dieser Zeit umfasste es 75 bzw. 129
Quadratmeilen mit 400000 Einwohnern und war in 19 bzw. 33 bzw. 44 Ämter
aufgeteilt. Von 1794 bis 1814 war es bei Abfindung Bayerns durch Ansbach (1806)
und Bayreuth (1810) von Frankreich, das es 1801 vertraglich erlangte, besetzt.
1814 wurde seine Aufteilung auf Preußen und die Niederlande vorgesehen. 1815
kam es an Preußen, 1946 an Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 321ff.; Wallner 701 WestfälRK 2; Großer Historischer Weltatlas II 66
(1378) D3, II 78 (1450) F3, III 22 (1648) C3, III 38 (1789) B2; Die Territorien
des Reichs 3, 86; Mirbach, W. v., Zur Territorialgeschichte des Herzogtums Jülich, 1874ff.; Kuhl, J., Geschichte der
Stadt Jülich, Bd. 1ff. 1891ff.; Landtagsakten von Jülich-Berg 1400-1610, hg. v.
Below, G. v., Bd. 1f. 1895ff.; Redlich, O. R., Jülich-Bergische Kirchenpolitik
am Ausgang des Mittelalters, Bd. 1f. 1904ff.; Geschichte des Rheinlandes, hg.
v. Aubin, H./Frings, T. u. a., Bd. 1f. 1922; Güthling, O., Jülich-Bergische
Landesaufnahmen im 18. Jahrhundert, Düsseldorfer Jb. 1938; Geschichtlicher
Handatlas der deutschen Länder am Rhein, Mittel- und Niederrhein, bearb. v.
Nießen, J., 1950; Theunert, F., Kreis und Stadt Jülich, 1951ff.; Corsten, S.,
Die Grafen von Jülich unter den Ottonen und Saliern, Beiträge zur Jülicher
Geschichte 45 (1978), 3ff.; Walz, J., Stände und frühmoderner Staat: Die
Landstände von Jülich-Berg im 16. und 17. Jahrhundert, 1982; Land im
Mittelpunkt der Mächte. Die Herzogtümer Jülich,
Kleve, Berg, 3. A. 1985; Jülich und das Jülicher Land im Bild, hg. v. Mainz, A.
(o. J.); Kraus, T., Jülich, Aachen und das Reich, 1987; Bers, G., Studien zur
Jülicher Stadtgeschichte, 1989; Herborn, W., Jülich, LexMA 5 1990, 803ff.;
Repertorium der Policeyordnungen der frühen Neuzeit, hg. v. Härter,
K./Stolleis, M., Bd. 3 1999; Schlinker, S., Fürstenamt und Rezeption, 1999,
115; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W.
u. a., 2003, 1, 1, 134, 814 (Jülich und Berg), 1, 2, 286; Escher, M. u. a., Die
urbanen Zentren, 2005, 1, 407, 2, 286.
Jülich-Berg (Herzogtum) s. Jülich, Berg
Jülich-Berg-Ravensberg (Herzogtum) s. Jülich, Berg, Ravensberg
Kaiserslautern (Reichsstadt). An der Straße vom Rhein
nach Lothringen erscheint 882 der fränkische Königshof Luthra an der Lauter.
Das Reichsgut um diesen Ort kam 985 an die salischen Grafen des Wormsgaues (Herzog Otto von Kärnten) und von diesen später an die
Staufer. Kaiser Friedrich I. Barbarossa baute den Königshof zur Pfalz aus. 1237
erscheint die Bezeichnung Lutra imperialis (K., 1322 Kayserlutern). 1276 wurde
K. zur Reichsstadt erhoben. Mehrfach verpfändet kam es 1375 als Pfand an die
Pfalz. Unter Pfalzgraf Johann Casimir (1576-1592) wurde es Residenz des
Fürstentums Pfalz-Lautern (Lautern). 1797 wurde es von Frankreich besetzt. 1816
fiel es an Bayern, 1945 an Rheinland-Pfalz.
L.: Wolff 245; Schlag, G., Die deutschen Kaiserpfalzen, 1940; Kaiserslautern
1276-1951, Festschrift zur 675jährigen Stadterhebung, hg. v. Münch, O., 1951;
Münch, O., Kaiserslautern, Barbarossastadt im Herzen des Pfälzer Waldes, 1957;
Berichte zur Deutschen Landeskunde 33, 1, 1964; Landkreis Kaiserslautern,
bearb. v. Reh, K. u. a., 1968; Schaab, M., Geschichte der Kurpfalz, Bd. 1 1988;
Gerlich, A., Kaiserslautern, LexMA 5 1990, 860; Urkundenbuch der Stadt
Kaiserslautern, hg. v. Dolch, M. u. a., Bd. 1ff. 1994ff.; Das Lauterer Gericht
und sein Speyerer Oberhof, hg. v. Dolch, M. u. a., 1996; Ratsprotokolle der
Stadt Kaiserslautern 1566-1571, hg. v. Dolch, M. u. a., 2002; Escher, M. u. a.,
Die urbanen Zentren, 2005, 2, 289; Dolch, M., Reichsburg Kaiserslautern (in)
Mitt. des hist. Ver. der Pfalz 105 (2007), 89.
Kaiserswerth (Reichsstadt). Ursprünglich auf einer
ihm von Hausmeier Pippin überlassenen Rheininsel (wert) Rinhusen bei Düsseldorf
gründete der angelsächsische Missionar Suitbert 695 ein Benediktinerkloster.
Daneben bestand ein fränkischer Königshof, den Kaiser Heinrich III. zu einer
Pfalz ausbaute. Wahrscheinlich 1181 erhielt der Ort Stadtrecht und wurde im 13.
Jahrhundert Reichsstadt. 1235 verlor er durch Versanden seine Insellage. Seit
Ende des 13. Jahrhunderts war K. mehrfach verpfändet, seit 1424 an das Erzstift
Köln. 1772 kam es nach längerem Rechtsstreit an den Herzog
von Jülich und damit an die Pfalz. Das Stift wurde 1803 aufgelöst. 1806 fiel K.
an das Großherzogtum Berg und 1815 an Preußen. 1946 kam es zu
Nordrhein-Westfalen.
L.: Urkundenbuch des Stifts Kaiserswerth, hg. v. Kelleter, H., 1904; Redlich,
O., Die Bedeutung von Stift und Burg Kaiserswerth für Kirche und Reich, Ann. d.
hist. Vereins NdRhein 115 (1929); Heck, K., Geschichte von Kaiserswerth, 1936;
Kaiserswerth, hg. v. Zimmermann, C./Stöcker, H., 2. A. 1981; Struve, T.,
Kaiserswerth, LexMA 5 1990, 860f.; Grossmann, K., Die mittelalterliche
Gerichtsverfassung und Verwaltungsorganisation in Kaiserswerth nach dem
Stadtrecht aus dem 14. Jahrhundert, 1992; Lorenz, S., Kaiserswerth, (in)
Staufische Pfalzen, 1994, 99; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 2, 291.
Kaisheim, Kaisersheim (Reichsstift). 1133 (bzw.
1135) gründeten die Grafen von Lechsgemünd (Lechsgemünd-Graisbach) auf ihrem
Familiengut das Zisterzienserkloster K. (Kegesheim) bei Donauwörth. 1135
bestätigte der König, 1147/1185 der Papst die Stiftung. Obwohl Kaiser Karl IV.
1363 die Reichsunmittelbarkeit gewährte und 1370 die Vogtfreiheit bekräftigte,
konnte die sich zur Festigung ihrer Stellung auch Kaisersheim nennende Abtei
nur nach langem Ringen (1656/1757) die Reichsunmittelbarkeit gegenüber dem seit
1342 den Grafen von Graisbach (bzw. Lechsgemünd-Graisbach) folgenden Herzog von Bayern (1505 Pfalz-Neuburg) durchsetzen.
Das Gebiet des Stiftes (3-6 Quadratmeilen Streubesitz mit 9537 Bewohnern)
umfasste unter anderem die Pflegeämter Biberachzell mit den Herrschaften
Biberachzell (Biberach Zell), Biberberg und Oberhausen, Lauingen, Nördlingen
und Stotzingen. 1802/1803 kam K. zu Bayern und wurde säkularisiert.
L.: Wolff 186; Zeumer 552ff. II a 36, 7/37, 1; Wallner 687 SchwäbRK 41; Reindl,
L., Geschichte des Klosters Kaisheim, 1926; Huber, K., Die Zisterzienserabtei
Kaisheim, Diss. Erlangen 1928; Hölzle, E., Der deutsche Südwesten am Ende des
alten Reiches, 1938; Hoffmann, H., Die ältesten Urbare des Reichsstiftes
Kaisheim 1319-1352, 1959; Morimond et son Empire, 1994, 175; Maier, B., Kloster
Kaisheim, 1999.
Kamenz (Stift). 1096 erbaute der Herzog von Böhmen im Überschwemmungsgebiet der Neiße
die Burg K. (zu tschech. kamen, Stein). 1210 errichteten dort die Herren von
Pogrell (Pogarell) mit dem Bischof von Breslau das Stift K. Dieses kam 1742 an
Preußen und wurde 1810 mit der Herrschaft über 31 Dörfer aufgehoben.
L.: Wolff 477; Knauer, P., Kloster Kamenz/Schlesien. Zeit- und Lebensbilder aus
seiner Geschichte 1210-1810, 1932.
Kanstein (Herrschaft), Canstein. Herrschaft und
Gericht K. bzw. Canstein (Börde K. bzw. Canstein) gehörten zum brilonischen
Quartier des Herzogtums Westfalen. Über Preußen
(Provinz Westfalen) gelangte K. bzw. Canstein zu Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 87.
Kärnten (Herzogtum,
Bundesland). K. in einem Alpenbecken an der mittleren Drau war zunächst
keltisch (2. Jh. v. Chr. Noriker [, dann römisch, 15 v. Chr.], 45 n. Chr. röm.
Provinz Noricum), etwa ab 590 nach kurzer langobardischer Herrschaft vorwiegend
slawisch besiedelt. Das in der 2. Hälfte des 7. Jahrhunderts errichtete
slawische Reich, dessen Bewohner in der 2. Hälfte des 8. Jahrhunderts als
Carontani/Carantani (Kosmograph von Ravenna, Carantana d. h. Zollfeld, zwischen
Klagenfurt und Sankt Veit, zu kelt. caranto, Fels) genannt werden, geriet um
740/750 (743/748) unter die Herrschaft der gegen die Awaren zu Hilfe gerufenen
Bayern. 828 traten bayerisch-fränkische Grafen an die Stelle der slawischen Fürsten
und verstärkten den bayerischen Einfluss noch. 976 trennte Kaiser Otto II. K.
(als eigenes Herzogtum?), zu dem auch die
Steiermark und die Marken Verona, Istrien, Friaul und Krain gehörten, von
Bayern ab. Danach kam es überwiegend an landfremde Große, von 1077 bis 1122 an
die Eppensteiner. Dabei zerfiel das Herzogtum.Bis
etwa 1180 verselbständigten sich die Marken (1035 Karantanische Mark mit
Mürztal und Ennstal, 1040 Krain, Istrien, 1055 Mark an der Mur/Steiermark, 1077
Friaul). Die aus Rheinfranken stammenden Grafen von Sponheim (Spanheimer)
(1122-1269) nahmen nur eine schwache Stellung ein. 1269 kam K. nach dem
Aussterben der Grafen von Sponheim (Spanheimer) an Böhmen (bis 1276), 1286 an
die Grafen von Tirol, 1335 durch Kaiser Ludwig den Bayern an die Grafen von
Habsburg. Sie fügten 1500 die (Vordere) Grafschaft Görz hinzu, fassten K. mit
Steiermark, Krain, Istrien und Triest zur Ländergruppe Innerösterreich zusammen
und setzten in der Neuzeit im Kampf gegen die Stände ihre Herrschaft durch.
1748 wurden drei Kreisämter eingerichtet. 1759 löste (Erzherzogin) Maria
Theresia die Rechte des Hochstifts Bamberg in K. (Villach mit Tarvis und
Pontafel, Wolfsberg und Bleiburg u. a.) durch Kauf ab. Von 1809 bis 1814
gehörte Oberkärnten (Villacher Kreis) zu den illyrischen Provinzen Frankreichs,
von 1814 bis 1849 (seit 1816/1825 auch der Klagenfurter Kreis) zum
österreichischen Königreich Illyrien. Danach war das Herzogtum
K. Kronland Österreichs. Ohne Abstimmung kamen 1920 das Miestal/Mießtal mit
Unterdrauburg und Seeland an Jugoslawien und das Kanaltal (mit 8350 Bewohnern)
mit Tarvis an Italien. Im Kärntner Becken erklärten sich am 10.10. 1920 59
Prozent der Bevölkerung für Österreich. Bei der Auflösung Jugoslawiens zwischen
1991 und 1995 fielen die jugoslawischen Teile an Slowenien.
L.: Wolff 29; Wallner 713 ÖsterreichRK 1; Großer Historischer Weltatlas II 34
(1138-1254) G4, II 66 (1378) H5, III 22 (1648) F5, III 38 (1789) E4; Lechner,
K., Kärnten, (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Ankershofen, Frhr. G.
v./Tangl, K., Handbuch der Geschichte des Herzogtums
Kärnten, Bd.1ff. 1842ff.; Aelschker, E., Geschichte Kärntens, Bd. 1f. 1885; Monumenta historica
ducatus Carinthiae 811-1414, hg. v. Jaksch, A. v./Wiessner, H., Bd. 1ff. 1896ff.; Curs, O., Deutschlands Gaue im
zehnten Jahrhundert. Nach den Königsurkunden, Diss. phil. Göttingen 1908, 4
(Karintana, Karintriche, Karinthia); Erläuterungen zum Historischen Atlas der
österreichischen Alpenländer, hg. v. d. Ak. d. Wiss. Abt. 1,4, 2,8 1914ff.;
Wutte, M., Kärntner Gerichtsbeschreibungen. Vorarbeit zu dem historischen Atlas
der österreichischen Alpenländer, Archiv f. vaterländ. Gesch. u. Topographie
20, 21 (1921); Wutte, M./Paschinger, V./Lex, F., Kärntner Heimatatlas, 1925;
Jaksch, A., Geschichte Kärntens bis 1335, Bd. 1f. 1928ff.; Jaksch, A./Wutte,
M., Kärnten, (in) Erläuterungen zum historischen Atlas der österreichischen
Alpenländer, 1914, 1929; Paschinger, V., Landeskunde von Kärnten 1937;
Braumüller, H., Geschichte von Kärnten, 1949; Paschinger, V., Kärntner Heimatatlas,
Bd.1f. 1951ff.; Maier, A., Kirchengeschichte von Kärnten, Bd. 1ff. 1951ff.;
Fresacher, W./Moro, G. u. a., Kärnten, (in) Erläuterungen zum historischen
Atlas der österreichischen Alpenländer, 1956; Polenz, P. v., Landschafts- und
Bezirksnamen, 1961, II, 51, 94, III, 23, 25, 31, regnum Carentanum,
Charentariche, Karintriche (, Kärnten, Karantanien); Zopp, F., Kärntner
Bibliographie, 1961ff.; Moro, G., Zur politischen Stellung Karantaniens im
fränkischen und deutschen Reich, Südostforschungen 22 (1963), 78ff.; Klaar, Die
Herrschaft der Eppensteiner in Kärnten, 1966; Zöllner, E., Geschichte
Österreichs. Von den Anfängen bis zur Gegenwart, 8. A. 1990; Fräss-Ehrfeld, C.,
Geschichte Kärntens, Bd. 1 Das Mittelalter, 1984; Neumann, W., Bausteine zur Geschichte
Kärntens, 1985; Bertels, K., Carantania. Beobachtungen zur
politisch-geographischen Terminologie und zur Geschichte des Landes und seiner
Bevölkerung im frühen Mittelalter, Carinthia 177 (1987), 87ff.; Wallas, A.,
Stände und Staat in Innerösterreich im 18. Jahrhundert, 1988; Dopsch, H.,
Kärnten, LexMA 5 1990, 1002ff.; Stumfohl, R., Kärntner Bibliographie
(1976-1980), 1989, (1981-1985), 1991; Migglautsch, K./Pust, I., Das Kanaltal
und seine Geschichte, 1995; Karantanien – Ostarrichi, hg. v. Moritsch, A.,
1997; Kärnten, hg. v. Rumpler, H., 1998; Gleirscher, P., Karantanien, 2000; Die
Kärntner Volksabstimmung 1920, hg. v. Valentin, H. u. a., 2002.
Karpfen (Herrschaft). Die Herrschaft K. gehörte
am Ende des 18. Jahrhunderts über das Herzogtum
Württemberg zum schwäbischen Reichskreis.
L.: Wolff 161; Wallner 684 SchwäbRK 1.
Kaster (Residenz des Herzogs
von Jülich)
L.: Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W.,
2003, 1, 2, 291.
Katzenelnbogen (Grafschaft). Um 1095 wurde südwestlich
von Limburg an der Lahn auf Bleidenstädter Vogteigut die Burg K. (1102
Cazeneleboge, sichere Deutung fehlt) erbaut. Nach ihr nannten sich
möglicherweise im Zusammenhang mit dem Kraichgau südlich des Neckars seit 1138
die Grafen von K., die vielleicht aus dem Erzstift Köln stammen (Diether 1066),
zunächst als nobiles oder liberi bezeichnet wurden (Edelfreie) und um 1130 in
verwandtschaftliche Beziehung zu den Staufern traten. Sie hatten anfangs die
Vogteien der Klöster Prüm, Siegburg und Bleidenstadt sowie des Erzbistums Mainz
im Gebiet südlich der Lahnmündung. Die Grafschaft im Kraichgau verloren sie,
erwarben aber um 1160 mit den Grafen von Nassau die Grafschaft auf dem Einrich,
um 1185 St. Goar mit dem Rheinzoll sowie seit dem 12. Jahrhundert Lehen
Würzburgs um Darmstadt und Groß-Gerau bzw. Großgerau. Sie eigneten sich im
Interregnum umfangreiches Reichsgut (1249 bei Trebur, nach 1255 Dreieich) an.
Danach erstreckte sich ihr seit etwa 1260 an auf zwei Linien verteiltes, 1402
aber wieder vereinigtes Herrschaftsgebiet vom Odenwald bis zur unteren Lahn. Es
bestand aus der Niedergrafschaft am Nordhang des Taunus um Rheinfels (Braubach,
Sankt Goar, Bad Schwalbach, Burgschwalbach) und der Obergrafschaft um Darmstadt
(Rüsselsheim, Groß-Gerau bzw. Großgerau, Darmstadt, Zwingenberg), die durch
Mainzer und Nassauer Gebiet von einander getrennt waren, sowie verstreuten
Gütern in der Wetterau, im östlichen Taunus, auf dem Westerwald, an der unteren
Lahn und zahlreichen Rheinzöllen vom Oberrhein bis Holland. Hiervon waren nur
geringe Güter allodial, doch gelang auch auf der Grundlage der durch Pfandrecht
und Lehnrecht gebotenen rechtlichen Möglichkeiten die Entstehung von
Landesherrschaft. Die wachsenden Gegensätze zu den Grafen von Nassau führten um
1400 zu einem Bündnis mit den Landgrafen von Hessen und 1457 zur Heirat der Erbtochter
Anna mit Landgraf Heinrich III. 1479 fiel beim Aussterben der Familie in
männlicher Linie das später zum oberrheinischen Reichskreis zählende Gut an
Hessen (nach langem Streit mit Jülich-Berg [bis 1520] und Nassau [, das den
hessischen Anteil an der Grafschaft Diez und 450000 Gulden erhielt,] endgültig
1557). 1567 kam die Obergrafschaft, zu der die Ämter Darmstadt, Kelsterbach,
Rüsselsheim, Dornberg, Jägersburg, Zwingenberg und Lichtenberg, die
Gemeinschaft Umstadt, der hessen-darmstädtische Anteil an der Herrschaft
Eppstein, das Amt Braubach und das eigentlich zur niederen Grafschaft gehörige,
aber von Hessen-Darmstadt erworbene und zur oberen Grafschaft geschlagene
Kirchspiel K. gehörten, an Hessen-Darmstadt. Die Niedergrafschaft, welche die
Ämter Rheinfels, Reichenberg und Hohenstein, das Amt oder die Vogtei Pfalzfeld
auf dem linken Rheinufer mit acht Dörfern und die Hälfte des so genannten
Vierherrischen umfasste, wurde Teil von Hessen-Rheinfels und fiel bei
Aussterben des Hauses 1583 an Hessen-Kassel. 1648 wurde dessen Nebenlinie
Hessen-Rotenburg mit ihr ausgestattet. 1815 kam die Niedergrafschaft an das Herzogtum Nassau und fiel 1866 mit Nassau an Preußen
und 1945 an Hessen. S. Nassau-Katzenelnbogen.
L.: Wolff 255; Wallner 694 OberrheinRK 1, 2; Großer Historischer Weltatlas II
66 (1378) D3, III 38 (1789) B2; Demandt, K., Die Mittelrheinlande, (in)
Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Landrecht der oberen Grafschaft
Katzenelnbogen (von 1591), o. J. (1795, Verlag Stahl-Caselmann); Selchow, C. v.,
Magazin für die deutschen Rechte und Geschichte, Bd. 1 (1779) 475ff. (Erstdruck
des Landrechts); Meinardus, O., Der Katzenelnbogener Erbfolgestreit, 1899ff.;
Sponheimer, M., Landesgeschichte der Niedergrafschaft Katzenelnbogen, 1932;
Demandt, K., Die Anfänge des Katzenelnbogener Grafenhauses und die
reichsgeschichtlichen Grundlagen seines Aufstieges, Nassauische Annalen 63
(1952), 17; Demandt, K., Regesten der Grafen von Katzenelnbogen 1060-1486, Bd.
1ff. 1953ff.; Demandt, K., Die letzten Katzenelnbogener und der Kampf um ihr
Erbe, Nassauische Annalen 66 (1955), 98ff.; Demandt, K., Die Grafschaft
Katzenelnbogen und ihre Bedeutung für die Landgrafschaft Hessen, Rhein. Vjbll.
29 (1964) 73ff.; Diestelkamp, B., Das Lehnrecht der Grafschaft Katzenelnbogen,
1969; Maulhardt, H., Die wirtschaftlichen Grundlagen der Grafschaft
Katzenelnbogen im 14. und 15. Jahrhundert, 1980; Reichert, W., Finanzpolitik
und Landesherrschaft. Zur Entwicklung der Grafschaft Katzenelnbogen vom 12. bis
14. Jahrhundert, 1985; Demandt, K., Katzenelnbogener Urkunden, 1989; Gerlich,
A., Katzenelnbogen, LexMA 5 1990, 1080; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren,
2005, 1, 481; Handbuch der hessischen Geschichte Bd. 3 Ritter, Grafen und
Fürsten hg. v. Speitkamp, W., 2014, 128.
Kiel (Burg, Stadt, Residenz des Grafen von
Schaumburg bzw. des Herzogs von
Holstein-Gottorp). Zwischen 1233 und 1242 gründete Adolf IV. von Schauenburg,
(Schaumburg), Graf von Holstein, auf einer Halbinsel der Förde die nach der
keilförmigen Förde benannte Stadt Kiel (tom Kyle). 1250 wurde die Burg
Hauptsitz der Grafen, später Sitz der Linie Holstein-Gottorp
(Holstein-Gottorf). S. Holstein-Kiel, Schleswig-Holstein.
L.: Wolff 446Klose, O./Sedlmaier, R., Alt-Kiel und die Kieler Landschaft, 2. A.
1962; Hoffmann, E., Kiel, LexMA 5 1990, 1120; Feiler, A., Die Entwicklung
Kiels, 1995; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W., 2003, 1, 2, 294.
Klagenfurt (Stadt der Landstände von Kärnten,
autonome Stadt). 1195 wird der von Herzog
Hermann von Kärnten (1161-1181) gegründete Markt K. an einer Furt über die Glan
(Chlagenfurt) erstmals erwähnt. Um 1250 gründete Herzog
Bernhard den Markt an günstigerer Stelle und erhob ihn zwischen 1270 und 1290
zur Stadt, die einen Ausgleich für das bambergische Villach bieten sollte. 1338
bestätigte Herzog Albrecht II. von Österreich
die Stadtrechte. 1518 übertrug Kaiser Maximilian in einem beispiellosen Vorgang
den 1514 niedergebrannten Ort den Landständen von Kärnten, die sich
verpflichteten, daraus die stärkste Festung des Landes zu machen. Zwischen 1543
und 1591 wurde Klagenfurt zur Landeshauptstadt ausgebaut und blieb bis
1848/1849 in der Herrschaft der Stände, kam danach aber an Österreich.
L.: Wolff 30; Die Städte Deutschösterreichs, hg. v. Stein, E., Bd. 4 Die Stadt
Klagenfurt, 1929; Schmid, E., Die Beziehungen der Stadt Klagenfurt zu ihrem
Umland, 1959; Die Landeshauptstadt Klagenfurt. Aus ihrer Vergangenheit und
Gegenwart, hg. v. Moro, G., Bd. 1f. 1970; Hödl, G., Klagenfurt, LexMA 5 1990,
1192.
Kleve (Grafschaft, Herzogtum,
Residenz). Wahrscheinlich im 9. Jahrhundert wurde auf einer beherrschenden
Anhöhe im niederrheinischen Tiefland die Burg K. (Clive, Kliff) errichtet. Sie
war infolge der Gründung einer Grafschaft am linken Rheinufer durch Kaiser
Heinrich II. (um 1020) ab der Mitte des 11. Jahrhunderts Sitz der Grafen von K.,
deren älteste Grafen zugleich auch Grafen von Teisterbant, das im 11.
Jahrhundert an Utrecht fiel, gewesen sein sollen. Als erster der Grafen ist
(nach Rutger I. † 1051 und Rutger II. von Tomburg 1051-1075) 1092 ein comes
Thiedericus de Cleve (Dietrich I. von Tomburg-Kleve bis1118 urkundlich) belegt.
Die Grafen erweiterten den im südlichen Teil des Nimwegener Reichswaldes
gelegenen Kern der ursprünglichen Grafschaft (K., Kalkar, [Monreberg]
Monterberg) auf Kosten des Reiches und des Erzstifts Köln. Spätestens im 13.
Jahrhundert griffen sie auf das rechte Rheinufer über (Wesel [1233], Duisburg,
Herrschaft Dinslaken), im 14. Jahrhundert nach Emmerich. Zugleich betrieben sie
mit großem Eifer die Binnensiedlung. Nach dem Aussterben der Grafen 1368 setzte
sich Graf Adolf III. von der Mark, der die Nichte des letzten Grafen geheiratet
hatte, durch. Er gewann 1392 Rees und Aspel, verlor aber Linn bei Krefeld an
Köln. 1398 wurde die Herrschaft über K. und Mark sowie Ravensberg und
Ravenstein in einer Hand vereinigt. 1417 wurde das bis 1461 in seinen beiden
Teilen getrennt verwaltete K. zum Herzogtum
erhoben. 1424 wurde Gennep, 1429 Emmerich und der östliche Teil des
Reichswaldes gewonnen. Die enge Verbindung mit Burgund im 15. Jahrhundert
ermöglichte Gebietsgewinne auf Kosten Gelderns (1473 Goch, Aspenden, Weeze,
Wachtendonk, Düffel, Vogtei über Elten). In der Soester Fehde erwarb K. Soest
und Xanten (1444-1449) vom Erzstift Köln. 1521 wurden die Herzogtümer K. (Mark) und Jülich(-Berg-Ravensberg)
infolge der 1496 erfolgten Heirat Johanns III. mit der Erbin von
Jülich(-Berg-Ravensberg) in Personalunion vereinigt. Kleves Landstände gingen
früh zum Luthertum und später teilweise zum Calvinismus über. 1609 starb das
Grafenhaus aus. 1614 fielen K. und Mark im Jülicher Erbfolgestreit an das
calvinistische Brandenburg. Im 18. Jahrhundert umfasste K. etwa 40
Quadratmeilen mit rund 100000 Einwohnern. Das zum niederrheinisch-westfälischen
Reichskreis zählende Herzogtum enthielt den so
genannten steuerrätlichen Städtekreis und den landrätlichen Kreis. Ersterer
bestand aus dem Städtekreis westseits des Rheines unterwärts mit den Städten
K., Emmerich, Kranenburg (Cranenburg), Zevenaar, Huissen, Gennep, Griethausen
und Goch, dem Städtekreis westseits des Rheines oberwärts mit den Städten
Xanten, Orsoy, Kalkar, Sonsbeck, Uedem, Büderich, Kervenheim und Grieth und dem
Städtekreis ostwärts des Rheines mit den Städten Wesel, Duisburg, Rees,
Dinslaken, Ruhrort, Schermbeck, Holten und Isselburg. Letzterer umfasste den
klevisch landrätlichen Kreis (die Richterämter K., Kleverhamm [Kleverham,
Kleveham], Kalkar, Grieth, Goch, Asperden, Gennep, Kranenburg [Cranenburg],
Düffel [Duiffeld], Uedem, Sonsbeck, Schravelen, die Jurisdiktionen Huisberden,
Halt, Hoennepel [Hönnepel, Hennepel], Niedermörmter, Moyland, Till, Heyen,
Mook, Kessel, Mörmter und die adligen Herrlichkeiten Appeldorn, Weeze [Wees],
Zyfflich-Wyler und Wissen), den weselschen landrätlichen Kreis (Richterämter
Wesel, Brünen, Bislich, Büderich, Wallach, Xanten, Winnenthal, Dinslaken, Götterswickerhamm
[Götterwickerhamm, Gotteswickerham], Spellen, Holten, Beeck, Schermbeck und die
adligen Herrlichkeiten Hamminkeln, Meiderich, Diersfordt [Diersfort], Gahlen,
Bühl, Hünxe [Hünke], Voerde, Haffen, Mehr, Borth, Veen mit der Freiheit Winnenthal)
und den emmerichschen landrätlichen Kreis (Ämter Emmerich, Lobith, Rees,
Hetter, Grietherbusch [Grieterbusch], Lymers bzw. Lijmers, Huissen und
Malburgen [Malburg], Jurisdiktionen Millingen und Hurl, Sonsfeld, Haldern
[Halderen], Offenberg, Bienen, Wehl [Weel], Hüllhausen bzw. Hulhuizen und
Groin). 1795 verzichtete Preußen im Frieden von Basel zugunsten Frankreichs auf
das linksrheinische K., 1805 verlor es den Rest an Frankreich, welches das
Gebiet mit dem Großherzogtum Berg vereinigte und Wesel zu Frankreich schlug.
1815 erhielt Preußen den größten Teil zurück (Provinz Jülich-Kleve-Berg
1816-1821, 1822 Rheinprovinz), während Zevenaar, Huissen und Malburgen
(Malburg) an die Niederlande kamen. Von Preußen gelangten die Güter 1946 zu
Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 314ff.; Wallner 710 WestfälRK 3; Großer Historischer Weltatlas II 78
(1450) F3; Die Territorien des Reichs 3, 86; Char, Geschichte des Herzogtums Cleve, 1845; Schottmüller, K., Die
Organisation der Zentralverwaltung in Cleve-Mark vor der brandenburgischen
Besitzergreifung 1609, 1897; Beiträge zur Geschichte des Herzogtums Kleve, hg. v. Herrmann, A., 1909; Quellen
zur inneren Geschichte der rheinischen Territorien. Herzogtum
Kleve, hg. v. Ilgen, T., Bd. 1ff. 1921ff.; Geschichte des Rheinlandes, hg. v.
Aubin, H./Frings, T., Bd. 1f. 1922; Geschichtlicher Handatlas der deutschen
Länder am Rhein, Mittel- und Niederrhein, bearb. v. Niessen, J., 1950; Oediger,
F., Die ältesten Grafen von Cleve, Ann. d. hist. Vereins f. d. Nied.Rhein
153/154 (1953); Rheinischer Städteatlas I, H. 1 Kleve, 1952-1956; Kastner, D.,
Die Territorialpolitik der Grafen von Kleve, 1972; Flink, K., Kleve im 17.
Jahrhundert. Studien und Quellen, 1979; Köbler, G., Gericht und Recht in der
Provinz Westfalen (1815-1945), FS G. Schmelzeisen, 1980, 176; Glezerman,
A./Harsgor, M., Cleve - ein unerfülltes Schicksal. Aufstieg, Rückzug und
Verfall eines Territorialstaates, (o. J.); Kraus, T., Studien zur Frühgeschichte
der Grafen von Kleve und die Entstehung der klevischen Landesherrschaft, Rhein.
Vbjll. 46 (1982), 1ff.; Land im Mittelpunkt der Mächte. Die Herzogtümer Jülich, Kleve, Berg, 3. A. 1985;
Schleidgen, W., Das Kopiar der Grafen von Kleve, 1986; Aymans, G., Das
Clevische Kataster der Jahre 1731-1738, 1986; Klevische Städteprivilegien
(1241-1609), hg. v. Flink, K., 1989; Die klevischen Hofordnungen, hg. v. Flink,
C., 1997; Repertorium der Policeyordnungen der frühen Neuzeit, hg. v. Härter,
K./Stolleis, M., Bd. 2 1998; Schlinker, S., Fürstenamt und Rezeption, 1999,
168; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W.,
2003, 1, 820 (Kleve und Mark), 1, 2, 297; Escher, M. u. a., Die urbanen
Zentren, 2005, 1, 405, 2, 308; Lieven, J., Adel, Herrschaft und Memoria, 2008;
Verortete Herrschaft, hg. v. Lieven, J., 2014, 289.
Kleve-Mark (Herzogtum) s. Kleve, Mark
Kobersdorf (Herrschaft). Am Anfang des 13. Jahrhunderts gehörte K. im mittleren Burgenland einem Pousa, Sohn des Botus de genere Szak. Wenig später gelangte es an die Atyinay. 1280 wurde es durch König Ladislaus IV. dem Geschlecht Csák verliehen. Nach 1291 gab es König Andreas III. von Ungarn dem Grafen Lamberg (Lamperg), doch kam es vor 1319 an die Grafen von Mattersdorf, die um 1300 die Burg Forchtenstein errichteten. Von den Forchtenstein erwarb 1447 der Herzog von Österreich die Herrschaft K. und gab sie 1451 an König Friedrich III. weiter. 1491 wurde sie verwaltungsmäßig mit Niederösterreich vereinigt. Allerdings wurde sie von Habsburg/Österreich vielfach verpfändet. Zu ihr gehörten neben K. Stoob, Kalkgruben, Weppersdorf und Oberpetersdorf, später Tschurndorf, Lindgraben und Neudorf. 1626 kam sie an Ungarn zurück, 1704 an die Esterházy. Mit dem Burgenland gelangte das Gebiet 1919 zu Österreich.
Kolberg (Bistum). Bei der Gründung des
Erzbistums Gnesen im Jahre 1000 wird K. (Salsa Cholbergiensis) als Bistum
genannt, später aber nicht mehr erwähnt. 1248 überließ der Herzog von Pommern dem Bischof von Cammin (Kammin) das
Land K.
L.: Wolff 405.
Köln (Erzstift, Kurfürstentum, Residenz). In
K., das 50/38 v. Chr. als oppidum Ubiorum und 50 n. Chr. als Colonia Claudia
Ara Agrippinensium erscheint, ist erstmals 313/314 ein Bischof (Maternus)
bezeugt. Nach der Eroberung Kölns durch die Franken 459 n. Chr. wurde das
Bistum 794/795 zum Erzbistum (Erzbischof Hildebold) erhoben. Ihm gehörten die
Bistümer Utrecht (bis 1559), Lüttich, Münster, Osnabrück, Minden und
(Hamburg-)Bremen (bis 834/843/864) an. 953 übertrug König Otto der Große seinem
Bruder Brun das Erzbistum (mit der Stadt) sowie das Herzogtum
Lothringen, von dem ein schmaler 100 Kilometer langer und 25 Kilometer breiter
linksrheinischer Streifen von Rheinberg bis Rolandseck (Andernach 1167 aus
Reichsgut erhalten, dazu Deutz, Linz, Altenwied, Godesberg) die Grundlage
weltlicher Herrschaft des Erzstifts K. bildete. 1028 erhielt der Erzbischof das
Recht der Salbung und Krönung des deutschen Königs in Aachen, 1031 die Würde
des Reichskanzleramtes in Italien. 1180 erwarb Erzbischof Philipp von Heinsberg,
der sich auf vielleicht 2000 hofrechtlich und dienstrechtlich verpflichtete
Ministeriale stützen konnte, im Zusammenhang mit dem Sturz Heinrichs des Löwen
als Lohn für seine Kaisertreue das Herzogtum
Westfalen (und Engern), dessen Mittelpunkt später die erworbene Grafschaft
Arnsberg und dessen Vorort im 15. Jahrhundert Brilon wurde. Erzbischof Heinrich
I. (1225-1238) gewann das Vest Recklinghausen aus der Erbschaft der dortigen
Grafen. Wenig später kamen Güter um Altenahr, Nürburg und Hardt von Seiten
Konrad von Hochstadens hinzu. Im 13. Jahrhundert wurde der Erzbischof einer der
Kurfürsten (Kurköln). 1288 verlor allerdings Siegfried von Westerburg im
limburgischen Erbfolgestreit mit Jülich und Brabant durch die Niederlage von
Worringen die Herrschaft über die Stadt K. Obwohl dann im 14. Jahrhundert außer
der Grafschaft Arnsberg (1368) die Grafschaft Hülchrath und das Land Linn mit
Uerdingen hinzukamen, brachte doch die Soester Fehde (1444-1449) mit Kleve den
weiteren Verlust von Soest und Xanten sowie tiefgreifende wirtschaftliche
Zerrüttung. Die Bemühungen, in der Reformation das Erzstift in ein
protestantisches weltliches Herrschaftsgebiet umzuwandeln, blieben erfolglos.
Seit 1525 wurde Bonn Hauptstadt des Erzstifts (1663 Gymnasium, 1786 Universität).
Unter wittelsbachischen Erzbischöfen (1583-1761) schloss sich das zum
kurrheinischen Reichskreis zählende Erzstift der antihabsburgischen,
frankreichfreundlichen Haltung Bayerns an. Am Ende des 18. Jahrhunderts
umfasste das in das südlich von K. gelegene Oberstift, das nördlich von K.
gelegene Unterstift und das Herzogtum Westfalen
geteilte Erzstift 130 Quadratmeilen mit 230000 Einwohnern. 1801 annektierte
Frankreich den linksrheinischen Teil des Erzstifts und schuf hierfür
kirchenrechtlich das Bistum Aachen. Der rechtsrheinische Teil wurde 1803
säkularisiert und an Wied-Runkel (Altenwied, Neuerburg [Neuenburg]),
Nassau-Usingen, Arenberg (Recklinghausen) und Hessen-Darmstadt (Westfalen)
aufgeteilt. 1806 musste Nassau Teile an das Großherzogtum Berg abgeben, das
auch 1810 von Arenberg das Vest Recklinghausen erhielt. 1814 kam das Gebiet
ohne die nassauischen Teile an Preußen (Provinz Westfalen), 1946 an
Nordrhein-Westfalen bzw. Rheinland-Pfalz.
L.: Wolff 84; Zeumer 552 I 3; Wallner 700 KurrheinRK 3; Großer Historischer
Weltatlas II 34 (1138-1254) F3, II 66 (1378) D3, III 22 (1648) C4, III 38
(1789) D2; Wisplinghoff, E./Dahm, H., Die Rheinlande, (in) Geschichte der
deutschen Länder, Bd. 1; Die Territorien des Reichs 3, 58; Walter, F., Das alte
Erzstift und die Reichsstadt Köln, 1886; Regesten der Erzbischöfe von Köln im
Mittelalter (313-1332), bearb. v. Knipping, R./Kisky, W./Oediger, F., Bd. 1ff.
1901ff.; Fabricius, W., Erläuterungen zum geschichtlichen Atlas der
Rheinprovinzen, Bd. 1 1909; Braubach, M., Kurköln, 1949; Geschichtlicher
Handatlas der deutschen Länder am Rhein, Mittel- und Niederrhein, bearb. v.
Niessen, J., 1950; Droege, G., Verfassung und Wirtschaft in Kurköln unter
Dietrich v. Moers 1414-1436, 1957; Gensicke, H., Landesgeschichte des Westerwaldes,
2. A. 1987; Handbuch des Erzbistums Köln, hg. v. Erzbischöflichen
Generalvikariat Köln, Bd. 1f. 26. A. 1966; Geschichte des Erzbistums Köln (bis
1189), hg. v. Neuss, W./Oediger, F., Bd. 1 2. A. 1972, Neudruck 1991; Picot,
S., Kurkölnische Territorialpolitik am Rhein unter Friedrich von Saarwerden,
1977; Hegel, E., Das Erzbistum Köln zwischen Barock und Aufklärung (1688-1814),
1979; Janssen, W., Die mensa episcopalis der Kölner Erzbischöfe im
Spätmittelalter, (in) Die Grundherrschaft im späten Mittelalter Bd. 1, hg. v.
Patze, H., 1983; Winterling, A., Der Hof des Kurfürsten von Köln 1688-1794,
1986; Tewes, L., Die Amts- und Pfandpolitik der Erzbischöfe von Köln im
Spätmittelalter, 1987; Die Salier und das Reich, hg. v. Weinfurter, S., 1991 2,
1ff., 267ff.; Seibert, H., Köln, LexMA 5 1991, 1261ff.; Ritzerfeld, U., Das
Kölner Erzstift im 12. Jahrhundert, 1994; Höroldt, U., Studien zur politischen
Stellung des Kölner Domkapitels, 1994; Janssen, W., Das Erzbistum Köln im
späten Mittelalter, 1995ff.; Quellen zur Geschichte der Stadt Köln, hg. v.
Deeters, J. u. a., Bd. 2ff. 1996ff. ; Repertorium der Policeyordnungen der
frühen Neuzeit, hg. v. Härter, K./Stolleis, M., Bd. 1 1997; Prössler, R., Das
Erzstift Köln, 1997; Bauer, T., Lotharingien als politischer Raum, 1997;
Fuhrmann, H., Das Urkundenwesen der Erzbischöfe von Köln im 13. Jahrhundert,
2000; Janssen, W., Das Erzbistum Köln im späten Mittelalter 1191-1515, 2003;
Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W.,
2003, 1, 2, 300; Weise, W., Der Hof der Kölner Erzbischöfe in der Zeit Kaiser
Friedrich Barbarossas, 2004; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1,
411, 2, 316; Werres, C., Der Landkreis Köln um 1825, 2007.
Königsberg (Residenz des Hochmeisters des Deutschen
Ordens bzw. des Herzogs in Preußen)
L.: Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W.,
2003, 1, 2, 303.
Kosel (Herzogtum) s. Cosel
Krain (F.) (Herzogtum).
Die schon vorgeschichtlich besiedelte Landschaft zwischen Karawanken, oberer
Kulpa, Ternovaner Wald und Uskokengebirge gehörte seit dem späten ersten
vorchristlichen Jahrhundert zur römischen Provinz Pannonien, später zu Italia
annonaria und Illyricum. Vom späten 6. Jahrhundert an wurde sie nach dem Abzug
der Langobarden von Slowenen besiedelt. Im 7./8. Jahrhundert war sie ein Teil
des slowenischen Landes Carantana (Kärnten). Im 8. Jahrhundert kam sie an
Bayern und wurde unter König Karl dem Großen einer Grafschaft der neugebildeten
Mark Friaul zugeschlagen. 820 taucht dann für sie der Name Carniola, 973 die
Craina marcha (zu krajina, Grenze) mit dem Hauptort Krainburg auf. 952 kam sie
mit Friaul zu Bayern, 976 zu Kärnten. Seit 1077/1093 war sie Lehen der
Patriarchen von Aquileja, die aber nur Unterkrain beherrschten. Begütert waren
in K. vor allem die Hochstifte Brixen und Freising. Im 12. Jahrhundert wurde
das 1144 erstmals erwähnte Laibach Vorort Krains. Von 1173/1180 bis 1209/1228
waren die Grafen von Andechs (nach den Grafen von Weimar-Orlamünde, Sponheim
und Bogen) die eigentlichen Herren von K. (Oberkrain). Ihr Erbe traten zunächst
die Babenberger, die Kärntner Linie der Grafen von Sponheim (bis 1264), Böhmen
(1269-1276), 1282 die Söhne König Rudolfs von Habsburg und von 1282 bis 1335
als Pfandberechtigte die Grafen von Görz (Meinhardiner) sowie nach deren
Aussterben 1335 die Grafen von Habsburg mit Kärnten, 1374 auch Windische Mark
(mit Möttling) und Istrien (Grafschaft Mitterburg) an. 1379 kam K. an die
leopoldinische Linie Habsburgs. 1394 wurde, nachdem schon Herzog Rudolf IV. sich seit 1364 Herzog von K. genannt hatte, K. zum Herzogtum erhoben. Kaiser Maximilian verband K. mit
Steiermark, Kärnten, Istrien, Görz und Triest zur Ländergruppe Innerösterreich.
Zeitweise litt das zum österreichischen Reichskreis zählende Land stark unter
den Einfällen der Türken. 1803 wurden die reichsunmittelbaren Gebiete Freisings
und Brixens einverleibt. Von 1809 bis 1814 war K. dann Teil der illyrischen
Provinzen Frankreichs, fiel danach aber wieder an Österreich (Königreich
Illyrien) zurück. 1849 wurde es österreichisches Kronland. Am 29. 10. 1918 kam
der größte Teil mit Laibach an Jugoslawien, Innerkrain (Hinterland von Triest,
Fiume) an Italien. 1947 fiel auch Innerkrain an Jugoslawien und damit 1991 an
Slowenien.
L.: Wolff 30; Wallner 713 ÖsterreichRK 1; Großer Historischer Weltatlas II 34
(1138-1254) G4, II 48 (1300) F1/2, II 66 (1378) H6, II 78 (1450) G4, III 22
(1648) G5; Lechner, K., Krain, (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1;
Valvasor, W. v., Die Ehre des Herzogtums Krain,
Bd. 1ff. 1869; Dimitz, A., Geschichte Krains, Bd. 1ff. Laibach 1874ff.; Schumi,
F., Die Herren von Krain und die Windische Mark, Archiv für Heimatkunde 1
(1882/1883); Mell, A., Die territoriale Entwicklung Krains vom 10. bis 13.
Jahrhundert, 1888; Curs, O., Deutschlands Gaue im zehnten Jahrhundert, 1908, 5
(Villach, Veldes); Hauptmann, L., Krain, (in) Erläuterungen zum Historischen
Atlas der Österreichischen Alpenländer, 1914, 1929; Hauptmann, L., Entstehung
und Entwicklung Krains, 1929; Kos, M., Zgodovina Slovencev, Laibach 1955;
Vilfan, S., Rechtsgeschichte der Slowenen bis zum Jahre 1941, 1968; Wolfram,
H., Die Geburt Mitteleuropas, 1987; Hödl, G., Krain, LexMA 5 1991, 1465ff.; Schlinker,
S., Fürstenamt und Rezeption, 1999, 210; Hösler, J., Von Krain zu Slowenien,
2006.
Krumau (Herrschaft, Herzogtum),
tschech. Český Krumlov. K. an der Moldau in Südböhmen wird als Stadt 1274
genannt. Es wurde Mittelpunkt der Güter der Rosenberg (Rosenberger) und der
Eggenberg (Eggenberger). 1718/1719 fiel es an die Fürsten von Schwarzenberg (Herzogtum K.), 1918 an die Tschechoslowakei (1993
Tschechien).
L.: Wolff 464; Tannich, K., Die Burg Krummau, (in) Bohemia, Jb. des Collegium
Carolinum 4 (1963); Himl, P., Die ,armben Leüte’ und die Macht. Die Untertanen
der südböhmischen Herrschaft Český Krumlov/Krumau, 2003.
Kurland (Land, Herzogtum).
Das in den Rigaischen Meerbusen ragende, im Norden von der Düna (Daugava) bzw.
Livland und der Ostsee, im Süden von Schamaiten bzw. Litauen begrenzte Kurland
war zunächst von baltischen Kuren bewohnt. 1267 gewann der Deutsche Orden das
Land, das danach einen der fünf Teile der Livländischen Konföderation bildete.
Hauptorte waren Windau und Mitau. 1561 nahm der letzte Landmeister des
Schwertbrüderordens (Schwertritterordens) Gotthard Kettler das Ordensgebiet
südlich und westlich (links) der Düna von Polen als Lehnsherzogtum Kurland und
Semgallen (ohne das Hochstift Kurland-Pilten). Polen gestand ihm freie
Religionsausübung und deutsche Obrigkeit zu. Das überdünische Gebiet kam an
Polen. 1629/1660 fielen die überdünischen Lande (Livland) weitgehend an
Schweden, 1721 zusammen mit Estland an Russland (seit 1710 nach Eroberung
Livlands Nachbar). 1737 erhob die Kaiserin Anna von Russland nach Herzog Ferdinand Kettlers Tod (4. 5. 1737) ihren
Günstling Ernst Johann von Biron zum Herzog von
K. Nach dem Untergang Polens kam K. 1795 zu Russland und wurde eine
Ostseeprovinz (Gouvernement). 1918 gelangte es (neben Südlivland und
Polnisch-Livland [Lettgallen, Inflanty]) an Lettland, 1939 an die Sowjetunion.
Von 1915 bis 1919 und von 1941 bis 1944 war es von Deutschen besetzt. 1991
wurde K. in Lettland von der Sowjetunion gelöst. S. Lettland.
L.: Wittram, R., Baltische Geschichte 1180-1918, 1953; Mühlen, H. v. zur,
Kuren, LexMA 5 1991, 1579; Das Herzogtum Kurland
1561-1795, hg. v. Oberländer, E./Misans, I., 1993, Bd. 2 2001; Kurland, hg. v.
Oberländer, E. u. a., 2008; Mesenhöller, M., Ständische Modernisierung. Der
kurländische Ritterschaftsadel ca. 1760-1830, 2008.
Kurlande (Reichslehngebiete der Kurfürsten, Kurfürstenkollegium). S. Trier (Erzstift bis 1803); Mainz (Erzstift bis 1803); Köln (Erzstift bis 1803); Böhmen (Königreich); Sachsen, Sachsen-Wittenberg (Herzogtum); Brandenburg (Markgrafschaft); Pfalz (Pfalzgrafschaft[, bei Rhein]); Bayern (Herzogtum, seit 25. 2. 1623, 1628/1648 bis zur Vereinigung mit der Pfalz 1777); Braunschweig-Lüneburg (Herzogtum, seit 19. 12. 1694, 1708 [Braunschweig-]Hannover); Salzburg[-Berchtesgaden] (Herzogtum, 1803, seit 1805 Großherzogtum Würzburg bzw. Toskana); Baden (Markgrafschaft 1803); Hessen[-Kassel] (Landgrafentum, 1. 5. 1803), Württemberg (Herzogtum 1803), Kurerzkanzler (1803).
Kürnberg (Herrschaft), Kirnberg. 1298 nahm Rudolf
von Üsenberg die Herrschaft K. mit dem schon 773 erwähnten Kenzingen von König
Albrecht zu Lehen. 1365 kaufte Herzog Rudolf IV.
von Habsburg die Herrschaft, die häufig verpfändet wurde. 1564 zog das Haus
Österreich (Breisgau) sie wieder an sich. 1805 kam das Gebiet an Baden und
damit 1951/1952 zu Baden-Württemberg.
L.: Wolff 41; Hölzle, Beiwort 2.
Kurrheinischer Reichskreis. Seit dem 14. Jahrhundert
traten die Erzbischöfe von Mainz, Trier und Köln mit dem Pfalzgrafen bei Rhein
vielfach gemeinsam auf. Hieraus erwuchs 1512 der kurrheinische Reichskreis mit
dem Erzbischof von Mainz als Kreisdirektor und kreisausschreibendem Fürsten.
Mitglieder waren 1801: Kurfürstentum Mainz (insgesamt ca. 170 Quadratmeilen mit
400000 Einwohnern, im Besitz des Kurfürsten von Mainz, der zugleich Direktor
des Kurfürstenkollegiums war); Kurfürstentum Trier (zugleich mit Teilen der
Herrschaften Vallendar, Rhaunen, Camberg und Wehrheim, insgesamt 150 Quadratmeilen
im Besitz des Kurfürsten von Trier); Kurfürstentum Köln (zugleich umfassend das
Vest Recklinghausen, das Herzogtum Westfalen, 4
westfälische Reichsgrafschaften und die Reichsgrafschaft Arnsberg, insgesamt
130 Quadratmeilen im Besitz des Kurfürsten von Köln); Kurfürstentum Pfalz
(Pfalzgrafschaft am Rhein) (insgesamt umfassend 76 Quadratmeilen mit 310000
Einwohnern, im Besitz des Kurfürsten von Pfalz-Bayern); Herzogtum Arenberg (4 Quadratmeilen südwestlich von Bonn mit 2000
Einwohnern im Besitz des Herzogs von Arenberg);
Thurn und Taxis (die Mitgliedschaft war gegründet nicht auf ein Gebiet, sondern
auf ein Kapital von 80000 Reichstalern, das dem Kaiser geliehen war); Ballei
Koblenz des Deutschen Ordens (Deutschen Ritterordens) (sie umfasste zwar reiche
Besitzungen, aber kein eigenes Gebiet und wurde vertreten durch den Komtur der
Ballei); Herrschaft Beilstein (5 Quadratmeilen nordwestlich Wetzlars im Besitz
von Nassau-Oranien [Nassau-Diez-Oranien] in den Niederlanden); Teile der
Reichsgrafschaft Niederisenburg (2 Quadratmeilen nördlich von Koblenz im Besitz
von Trier); Burggrafschaft Rheineck (0,5 Quadratmeilen am linken Rheinufer bei
Andernach mit 1600 Einwohnern im Besitz von Sinzendorf[-Ernstbrunn]. (Die im
Besitz von Wied-Runkel und Walderdorff befindlichen Teile der Reichsgrafschaft
Niederisenburg mit 1,5 Quadratmeilen gehörten zum kurrheinischen Reichskreis,
waren aber nicht vertreten.)
L.: Gumpelzhaimer 137; Wolff 78; Loch, G., Der kurrheinische Reichskreis
1697-1714, Diss. phil. Bonn 1951; Dotzauer, W., Der Kurrheinische Reichskreis
in der Verfassung des Alten Reiches, Nassauische Annalen 98 (1987).
Lambach (Abtei). Nahe der Einmündung der Ager in
die Traun erbauten die (von den Grafen von Formbach und den Aribonen
abstammenden oder mit den Liutpoldingern, der bayerischen Pfalzgrafenfamilie
und der Familie Odalberts von Salzburg verwandten) Grafen von Wels-Lambach die
Burg L., in der sie ein Kanonikerstift einrichteten. 1056 wandelte der letzte
dieses Geschlechts die Burg in ein Kloster um. Die Erbvogtei erhielten die
Otakare (Markgrafen von Steyr) und nach ihrem Aussterben 1192 die Babenberger.
Um 1220 kaufte der Herzog von Österreich die
Güter vom Hochstift Würzburg. S. Wels-Lambach.
L.: Wolff 27; Eilenstein, E., Die Benediktinerabtei Lambach in Österreich ob
der Enns und ihre Mönche, 1936; Stelzer, W., Lambach, LexMA 5 1991, 1623;
Hintermayer-Wellenberg, M., Die Anfänge der Grafen von Lambach und ihre
verwandtschaftlichen Beziehungen zu den Liutpoldingern, der bayerischen
Pfalzgrafenfamilie und der Familie Odalberts von Salzburgs, (in).Jb. des
oberösterreich. Musealvereines 154/155 (20120), 7.
Landshut (Burg, Residenz). Um 1150 erscheint L.
an der Isar. 1204 errichtete der Herzog von
Bayern dort eine Burg (im Innenhof wurde 2005 in drei Metern Tiefe ein
Holzkeller des frühen elften Jh.s entdeckt), die schon unter seinem Sohn Otto
II. 1225 Sitz des Herzogtums, seit 1255 Sitz des
durch Teilung entstandenen Herzogtums
Niederbayern wurde. 1475 feierte hier Herzog
Georg der Reiche von Bayern-Landshut († 1503) Hochzeit mit Hedwig von Polen.
1505 kam L. nach dem Landshuter Erbfolgekrieg zu Bayern-München. 1799 verlor es
das Viztumamt, erhielt aber 1802 die 1472 in Ingolstadt gegründete Universität
(1826 nach München verlegt) und 1839 (bis 1932) und 1956 die Regierung
Niederbayerns innerhalb Bayerns. S. Bayern-Landshut.
L.: Wolff 136; Landshuter Urkundenbuch, 1959ff.; Heindl, Geschichte der Stadt
Landshut, 1959; Kleinräumige Gliederung des Stadtgebietes (Stadt Landshut), hg.
v. d. Stadt Landshut, 1984; Spitzlberger, G., Landshut in Geschichte und Kunst,
1987; Spitzlberger, G., Landshut, LexMA 5 1991, 1678; 1204 und die Folgen, hg.
v. Niehoff, F., 2002; Tausche, G./Ebermeier, W., Geschichte Landshuts, 2003;
Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W.,
2003, 1, 2, 319.
Lauenburg (Herzogtum,
Residenz des Herzogs). Das an der Niederelbe
gelegene Land wurde nach dem Abzug der Germanen im Frühmittelalter von
wendischen Polaben besiedelt, im 12. Jahrhundert aber von den Welfen erobert.
1142 wurde Heinrich von Badwide mit der Grafschaft Ratzeburg belehnt, die den
größten Teil des späteren L. einnahm. Nach dem Sturz Heinrichs des Löwen 1180
fiel das Gebiet an die Askanier (Bernhard II.), die 1182 die Burg L. erbauten
und nach dem Aussterben der Badewider die Grafschaft Ratzeburg einzogen. Bei
der Teilung des askanischen Hauses entstand 1260 das Herzogtum
Sachsen-Lauenburg (L. und Hadeln), das an die ältere Linie fiel. Nach dem
Aussterben der protestantisch gewordenen Askanier (1689) setzte Herzog Georg Wilhelm von Lüneburg-Celle seinen
Erbanspruch auf das zum niedersächsischen Reichskreis zählende Herzogtum, zu dem auch die Stadt Ratzeburg ([bis 1.
10. 1937] mit Ausnahme der Dominsel) gehörte, durch. 1705 kam L. mit Celle
durch Erbfall an Hannover. 1815 wurde es von Hannover mit Ausnahme von Hadeln
an Preußen abgetreten. Preußen überließ es 1815/1816 gegen
Schwedisch-Vorpommern an Dänemark, das es 1864 zusammen mit Holstein im Wiener
Frieden an Österreich und Preußen abtrat. 1865 wurde es durch die Konvention
von Gastein gegen Entschädigung Österreichs in Personalunion mit Preußen
verbunden. 1866 trat es dem Norddeutschen Bund bei, 1870 in das Deutsche Reich
ein. Am 1. 7. 1876 wurde es als Kreis Herzogtum
L. der Provinz Schleswig-Holstein Preußen eingegliedert und kam damit 1946 zu
Schleswig-Holstein. Der Titel Herzog von L.
wurde von Wilhelm II. an Bismarck verliehen. S. Sachsen-Lauenburg.
L.: Wolff 449f.; Zeumer 552ff. II b 33; Wallner 707 NiedersächsRK 13; Großer
Historischer Weltatlas III 22 (1648) E2, III 38 (1789) E2; Geerz, F.,
Geschichte der geographischen Vermessungen und der Landkarten Nordalbingiens
vom Ende des 15. Jahrhunderts bis zum Jahre 1859, 1859; Lammert, F., Die
älteste Geschichte des Landes Lauenburg, 1933; Hellwig, L., Grundriss der
Lauenburger Geschichte, 3. A. 1927; Prange, W., Siedlungsgeschichte des Landes
Lauenburg im Mittelalter, 1960 (Diss. phil. Kiel); Nissen, N., Festschrift 700
Jahre Lauenburg, 1960; Geschichte Schleswig-Holsteins, Bd. 8: Provinz im
Königreich Preußen, hg. v. Hauser, O., 1966; Kahlfuss, H., Landesaufnahme und
Flurvermessung in den Herzogtümern Schleswig,
Holstein, Lauenburg vor 1864, 1969; Stadtchronik zur 725-Jahr-Feier der Stadt
Lauenburg/Elbe, hg. v. Magistrat der Stadt Lauenburg, 1985; Neuschäffer, H.,
Schlösser und Herrenhäuser im Herzogtum
Lauenburg, 1987; Ländliche Siedlungs- und Verfassungsgeschichte des Kreises Herzogtum Lauenburg, hg. v. Jürgensen, J., 1990;
Blaschke, K., Sachsen-Lauenburg, LexMA 7 1995, 1235; Kleinfeld, M., Die
wirtschaftliche Entwicklung der Stadt Lauenburg/Elbe, 2000; Höfe und Residenzen
im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 2, 321; Meding,
W. v., Stadt ohne Land am Fluss, 2007; Die Fürsten des Landes. Herzöge und
Grafen von Schleswig, Holstein und Lauenburg, hg. v. Rasmussen, C. u. a., 2008;
Meding, W. v., Lauenburg - zur Geschichte des Ortes, Amtes, Herzogtums, 2008.
Lebus (Land, Hochstift, Residenz). Das Land zu
beiden Seiten der unteren Oder bewohnten nach dem Abzug der Germanen in der
Völkerwanderung zunächst die slawischen Leubuzzi. Zwar übertrug Kaiser Heinrich
V. 1110 die spätestens im 9. Jahrhundert errichtete, gerade eroberte
altslawische Burg L. an den Erzbischof von Magdeburg, doch kam das Gebiet
vermutlich bald an Polen, für das Herzog Boleslaw
III. wohl 1123/1124 in L. ein bis 1424 Gnesen unterstelltes, vielleicht von
Rotrussland (Güter um Lemberg, Przemysl und Halitsch) hierher verlegtes Bistum
errichtete, 1230 an den Herzog von Schlesien, um
1250 (1249/1250) durch Eroberung an den Erzbischof von Magdeburg und die
Markgrafen von Brandenburg, die es spätestens 1287 allein erlangten. 1276 wurde
der Sitz des Bischofs nach Göritz verlegt (bis 1326), 1373/1376 nach
Fürstenwalde. In der Mitte des 14. Jahrhunderts drückten die Markgrafen von Brandenburg
das in Schlesien, Großpolen und Kleinpolen begüterte Hochstift in die 1447
anerkannte Landsässigkeit hinab. 1424 wurde das Bistum Magdeburg unterstellt.
1518 wurde für 45000 Gulden die Herrschaft Storkow gekauft, 1566/1567 vom
Administrator des Hochstifts aber wieder an Markgraf Johann von Küstrin
verkauft. Unter Bischof Georg von Blumenthal (1524-1550) wurde die Reformation
eingeführt, 1555/1598 wurde das Hochstift in Brandenburg säkularisiert und auch
das Domkapitel aufgelöst.
L.: Wolff 388; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) H2; Wohlbrück, S.,
Geschichte des ehemaligen Bistums Lebus, Bd. 1ff. 1829ff.; Historischer Atlas
der Provinz Brandenburg. Kirchenkarten 1 und 2, bearb. v. Wentz, G., 1929ff.;
Fischer, G., Das Land Lebus, 1936; Ludat, H., Bistum Lebus, 1942; Ludat, H.,
Das Lebuser Stiftsregister von 1405, 1965; Unverzagt, W., Ausgrabungen in der
Burg von Lebus/Oder, (in) Ausgrabungen und Funde 3 (1956), 7 (1962), 13 (1968),
14 (1969); Bohm, E., Das Land Lebus und seine Vogteien westlich der Oder,
JGMODtl 25 (1976), 42ff.; Bohm, E., Lebus, LexMA 5 1991, 1783; Willich, C., Die
Ortsnamen des Landes Lebus, 1994; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen
Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 558, 1, 2 325.
Lehnhaus (Herrschaft), poln. Wlénski Gródek. Die
Burg L. am Bober in Niederschlesien entstand vermutlich im 11. Jahrhundert zur
Sicherung der Grenze Polens gegen Böhmen. Sie wurde Mittelpunkt einer
Herrschaft, zu der die vielleicht vom Herzog von
Liegnitz um 1250 gegründete Stadt Lähn gehörte. Seit dem 14. Jahrhundert wurde
sie vielfach verpfändet.
L.: Wolff 483; Knoblich, A., Chronik von Lähn und Burg Lähnhaus am Bober, 1863.
Leipzig (Residenz des Markgrafen von Meißen bzw.
Herzogs von Sachsen)
L.: Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W.,
2003, 1, 2, 332;Das Leipziger Schöffenbuch 1420-1478, bearb. v. Kunze, J.,
2012; Rau, U., Die Universität Leipzig als Gerichtsherrschaft über ihren
ländlichen Besitz, 2014.
Leisnig (Burggrafschaft, Residenz des Markgrafen
von Meißen bzw. Herzogs von Sachsen). L. an der
Freiberger Mulde erscheint erstmals 1046 als Burgward. Die vielleicht schon im
10. Jahrhundert, jedenfalls vor 1081, auf einem Bergsporn errichtete
reichsunmittelbare Burg L. kam 1084 vom Kaiser an Wiprecht von Groitzsch, 1143
als Erbe an den bambergischen Stiftsvogt Rapoto von Abenberg und 1147 an Friedrich
I. Barbarossa (1158 Reichsgut). Unter ihm wurde sie Mittelpunkt einer seit 1158
nachweisbaren Burggrafschaft L. Ihr unter edelfreien Burggrafen aufgebautes
Gebiet wurde 1329/1365 gewaltsam vom Haus Wettin (Meißen, 1485 an ernestinische
Linie) erworben (1365 Verkauf der Burggrafschaft durch Burggraf Heinrich III.
von L.). 1538 starb die damit bedeutungslos gewordene Familie aus. Die
Burggrafschaft zählte zum obersächsischen Reichskreis. L. kam mit Sachsen von
1949 bis 1990 zur Deutschen Demokratischen Republik.
L.: Wolff 379; Wallner 708 ObersächsRK 2; Schellenberg, F., Chronik der Stadt
Leisnig und ihre Umgebung, 1842; Grimmer, M., Leisnig in 900jähriger
Geschichte, 1946; Helbig, H., Der wettinische Ständestaat, 2. A. 1980, 229ff.;
Blaschke, K., Leisnig, LexMA 5 1991, 1863; Lück, H., Die kursächsische
Gerichtsverfassung 1423-1550, 1997; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 2,334; Kunze, J.,
Das Amt Leisnig im 15. Jahrhundert, 2007.
Lettland (Land). Das Gebiet beiderseits der
unteren Düna (Daugava), das bis zum 19. Jahrhundert nur selten als L. und meist
als Livland bezeichnet wurde, wurde (seit dem 9.[?] nachchristlichen
Jahrhundert) von baltischen, möglicherweise schon vor der Zeitenwende ansässig
gewordenen Letten besiedelt (Lettgaller [, Selen, Semgaller]). Im 13.
Jahrhundert kamen sie unter deutschen Einfluss. Die ostseefinnischen Liven
wurden 1206, die Selen 1208, die Kuren 1267 und die Semgaller 1290 unterworfen.
1561 nahm der Ordensmeister des Deutschen Ordens das Gebiet südlich (links) der
Düna (als Herzogtum Kurland und Semgallen) als
Lehen Polens, die Gebiete nördlich (rechts) der Düna kamen (als Provinz) an
Polen. Im frühen 17. Jahrhundert eroberte Schweden etwa zwei Drittel der
Provinz Livland, während das südliche Drittel bis 1795 bei Polen blieb. 1810
wurden Kurland, Livland und Lettgallen unter Russland vereinigt. Am 18. 11.
1918 bildete sich aus Südlivland, Kurland und Polnisch-Livland ein unabhängiges
L., das am 5. 8. 1940 von der Sowjetunion einverleibt wurde. Am 28. 7. 1989
erklärte sich L. für souverän. Am 6. 9. 1991 erkannte der neue sowjetische
Staatsrat die Unabhängigkeit Lettlands an. S. Deutscher Orden.
L.: Die Letten, 1930; Von den baltischen Provinzen zu den baltischen Staaten.
Beiträge zur Entstehungsgeschichte der Republiken Estland und Lettland
1918-1920, hg. v. Hehn, J. v./Rimscha, H. v./Weiss, H., 1977; Hellmann, M.,
Letten, Lett(en)land, LexMA 5 1991, 1913; Schmidt, H., Geschichte des
Baltikums, 1992; Baltische Länder, hg. v. Pistohlkors, G. v., 1994; Felder, B.,
Unter wechselnden Herren. Lettland im zweiten Weltkrieg, 2008; Jüngerkes, S.,
Deutsche Besatzungsverwaltung in Lettland 1941-1945, 2010.
Lichtenberg (Fürstentum). (Die Burg L. [Lichtenburg]
bei Birkenfeld erscheint 1214 als Gut der Grafen von Veldenz. 1444 wurde sie
vom Herzog von Pfalz-Zweibrücken geerbt.) Am 9.
Juni 1815 wies der Wiener Kongress dem Herzog
von Sachsen-Coburg-Saalfeld als Entschädigung für die bei dem Krieg gegen
Frankreich geleisteten Dienste ein Gebiet von 20000 Seelen zu, das einstweilen
von Preußen verwaltet werden sollte. Durch Vertrag vom 3./20. 11. 1815 übernahm
es Preußen, Sachsen-Coburg aus seinem linksrheinischen Erwerbungen zu
entschädigen. Der Herzog erreichte in
Verhandlungen eine Erhöhung der Seelenzahl auf 25000. Am 9. 9. 1816 gab Preußen
ein ursprünglich für den Herzog von Oldenburg
vorgesehenes Gebiet um Sankt Wendel, Baumholder und Grumbach (ohne die der
bayerischen Rheinpfalz zufallenden Orte Saal, Niederkirchen, Bubach, Marth,
Hoof und Osterbrücken aus dem Kanton Sankt Wendel) an den Herzog von Sachsen-Coburg-Saalfeld (Sachsen-Coburg),
das seit (24. 2. bzw.) 6. 3. 1819 Fürstentum L. hieß. Es wurde wegen innerer
Unruhen am 31. 5. 1834 für letztlich 2,1 Millionen Taler in preußischen
Staatsschuldscheinen wieder an Preußen (Rheinprovinz) verkauft (Kreis Sankt
Wendel). Der südliche Teil gehörte seit 1919 bzw. 1945/1946 zum Saargebiet
(1957 Saarland), der Rest blieb bei Preußen und gelangte 1946 zu
Rheinland-Pfalz.
L.: Haarbeck, W., Burg Lichtenburg, 1927, neu hg. 1964; Fischer, W., Das
vormals sachsen-coburgische Fürstentum Lichtenberg, Heimatkalender des Kreises
Birkenfeld 1956; Düwell, K., Sachsen-Coburg-Gotha linksrheinisch, FS Gerlich,
A., 1995, 335; Strauch, D., Birkenfeld, Lichtenberg, Meisenheim etc. (in)
Engagierte Verwaltung für die Wissenschaft, 2007, 487.
Liechtenstein (Fürstentum). Vielleicht
ministerialischer, vielleicht auch hochfreier Herkunft lassen sich im früheren
12. Jahrhundert Ministeriale bzw. Edelherren von L. südlich von Wien
nachweisen. Sie hatten umfangreiche Güter in der Steiermark, in Kärnten und in
Mähren. Die steirische Linie Murau starb 1619 aus. Die mährische Linie
Nikolsburg wurde 1608/1623 in den Reichsfürstenstand erhoben und erwarb 1613
die schlesische Herrschaft Troppau und 1623 das Herzogtum
Jägerndorf. 1699/1712 kaufte sie die reichsunmittelbare, bis 1392/1416 den
Grafen von Werdenberg, bis 1507/1510 den Freiherren von Brandis (, die bis etwa
1435 auch die letzten Teile der Herrschaft Schellenberg erwarben,) bis 1613 den
Grafen von Sulz und dann durch Verkauf den Grafen von Hohenems gehörigen Herrschaften
Vaduz (1712, für 290000 Gulden) und Schellenberg (1699, für 115000 Gulden) und
erhielt dafür (gegen ein Darlehen von 250000 Gulden) 1707 Sitz und Stimme auf
der Fürstenbank des schwäbischen Reichskreises und 1713 (unter dem
Obersthofmeister Anton Florian von L., dem Vertrauten Kaiser Karls VI.) im
Reichsfürstenrat. Am 23. 1. 1719 wurden Vaduz und Schellenberg unter dem Namen
L. zu einem reichsunmittelbaren Fürstentum erhoben, das 1723 Sitz und Stimme im
Reichstag erhielt. 1781 spaltete sich das Haus in zwei Linien, von denen die
ältere das Fürstentum L. mit dem Großteil der österreichischen und schlesischen
Herrschaften und Güter übernahm. 1806 wurde das 3 Quadratmeilen bzw. 160
Quadratkilometer große L. mit 5000 Einwohnern zum Beitritt zum Rheinbund
gezwungen und danach souverän. 1815 trat es dem Deutschen Bund bei. 1862
erlangte es eine Verfassung. 1866 wurde es gänzlich unabhängig, blieb aber
durch eine Zollunion mit Österreich verbunden, die es 1919 in eine Zollunion
mit der Schweiz auswechselte. Nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche
Reich 1938 verlegte der Fürst seinen Wohnsitz von Wien nach Vaduz. 1945 gingen
die Güter in Mähren (Tschechoslowakei) und Schlesien (Polen) verloren. Das
Fürstentum umfasst in der Gegenwart 160 Quadratkilometer mit (1984 26680, 2005)
34600 Einwohnern und (1984) knapp 50000 Gesellschaften.
L.: Wolff 178; Zeumer 553 II b 57; Wallner 687 SchwäbRK 40; Großer Historischer
Weltatlas III 22 (1648) D5, III 38 (1789) C4; Falke, J. v., Geschichte des
fürstlichen Hauses Liechtenstein, Bd. 1ff. 1868ff.; Biermann, G., Geschichte
der Herrschaften Troppau und Jägerndorf, 1874; Umlauft, F., Das Fürstentum
Liechtenstein, 1891; Kaiser, P., Geschichte von Liechtenstein-Vaduz, 2. A.
1923; Regesten von Vorarlberg und Liechtenstein bis 1260, hg. v. Helbok, A.,
1925; Flach, W., Landeskunde von Liechtenstein, 1938; Steger, C., Fürst und
Landtag nach Liechtensteinischem Recht, Diss. jur. Freiburg im Üchtland 1950;
Seger, O., Überblick über die liechtensteinische Geschichte, 2. A. 1965; Raton,
P., Liechtenstein. Staat und Geschichte, 1969; Dopsch, H., Der Dichter Ulrich
von Liechtenstein und die Herkunft seiner Familie, (in) FS F. Hausmann, 1977,
93ff.; Liechtenstein - Fürstliches Haus und staatliche Ordnung, 1987; Der
ganzen Welt ein Lob und Spiegel, hg. v. Oberhammer, E., 1990; Csendes, P.,
Liechtenstein, LexMA 5 1991, 1968; Geiger, P., Kriegszeit. Lichtenstein 1939
bis 1945, 2010; Zehetmayr, R., Urkunde und Adel, 2010; 1712 - Das Werden eines
Landes - Begleitbuch zur Ausstellung, 2012.
Liegnitz (Fürstentum, Residenz des Herzogs von Schlesien). 1149 wird die wohl im 11.
Jahrhundert erbaute Burg L. an der Hohen Straße in Niederschlesien erstmals
erwähnt. Nach Heinrich II. aus dem Hause der schlesischen Piasten (1241)
entstand durch Erbteilung des Herzogtums
Niederschlesien das Herzogtum L. (1251) um die
zwischen 1242 und 1252 zu deutschem Recht neu gegründete Stadt L., von dem sich
1251 Glogau sowie 1278 Jauer und Löwenberg abspalteten. Von 1290 bis 1311 war
es mit Breslau vereinigt. Nach 1311 wieder selbständig wurde es zeitweise durch
Landesteilung um das Fürstentum Brieg vermindert. 1329 geriet es unter
Lehnshoheit Böhmens. 1419 starb die Linie L. der Piasten aus. L. kam an Brieg.
1532 erwarb es Wohlau. Nach zwischenzeitlichen Trennungen war L. seit 1663/1664
mit Brieg und Wohlau wieder vereinigt. Als 1675 die schlesischen Piasten
ausstarben, wurden L., Wohlau und Brieg als erledigte Lehen Erbfürstentümer
Österreichs. Seit 1681 erhob Preußen unter Berufung auf einen 1546 von König
Ferdinand für ungültig erklärten Erbverbrüderungsvertrag Friedrichs II. von L.
mit Joachim II. von Brandenburg vom 19. 10. 1537 Ansprüche auf die drei
Fürstentümer. 1742 kamen sie nach dem ersten schlesischen Krieg mit 34
Quadratmeilen Gebiet an Preußen. Seit 1945 wurde L. von Polen verwaltet, an das
es 1990 als politische Folge der deutschen Einheit fiel.
L.: Wolff 483; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) I3; Sammler,
A./Kraffert, A., Chronik von Liegnitz, Bd. 1ff. 1861ff.; Urkundenbuch der Stadt
Liegnitz und ihres Weichbildes bis zum Jahre 1455, hg. v. Schirrmacher, F.,
1866; Liegnitz, siebenhundert Jahre eine Stadt deutschen Rechts, hg. v.
Schönborn, T., 1942; Unser Liegnitz und sein Landkreis, hg. v. Hantschke, H.,
1960; Bahr, E./König, K., Ostdeutschland unter fremder Verwaltung, Bd. 5:
Niederschlesien, 1967; Finke, F., Aus dem Lebenslauf der Stadt Liegnitz, 1986;
Jaeckel, G., Die Liegnitzer Erbverbrüderung von 1537 in der brandenburgisch-preußischen
Politik bis zum Frieden von Hubertusburg 1763, 1988; Menzel, J., Liegnitz,
LexMA 5 1991, 1974; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W., 2003, 1, 2, 336.
Limburg (Herzogtum,
Provinz). Die um (1020? oder) 1064 auf durch Heirat mit einer Tochter des Herzogs von Niederlothringen gewonnenem Gut (Baelen)
erbaute Burg L. im Vesdretal bei Eupen südwestlich von Aachen war die Stammburg
der von den Ardennengrafen abstammenden Grafen, später Herzöge von L. (Herzogstitel auf Grund kurzzeitiger Verleihung
[1101-1106] des Herzogtums Niederlothringen
durch Kaiser Heinrich IV., Anerkennung 1165), die östlich der Maas zwischen
Maastricht-Lüttich und Aachen begütert waren. Sie fiel über die Erbtochter
(Judith) 1065 an die Grafen von Arlon (bzw. Limburg [und Arlon]). 1113 wurde
durch Heirat Wassenberg, wenig später (1136) Herzogenrath
gewonnen. 1214 gelang durch Heirat der Erwerb der Gebiete von Namur und
Luxemburg, 1225/1226 durch eine Nebenlinie der Gewinn der ostrheinischen
Grafschaft Berg. Arlon kam 1214 an Luxemburg. Nach 1247 wurde in Berg und L.
geteilt. 1280 starb die Familie im Mannesstamm aus. 1283 starb die mit dem
Grafen von Geldern vermählte Erbtochter (Ermengarde). Das Herzogtum L. fiel 1288 im anschließenden Erbfolgekrieg
durch den Sieg bei Worringen an die Herzöge von Brabant, über die es 1430 an
Burgund und damit infolge der Ehe Marias von Burgund mit Maximilian von
Habsburg (1477) 1493 an Habsburg kam, so dass es zum burgundischen Reichskreis
zählte. Im Westfälischen Frieden von 1648 wurde es zwischen Spanien bzw.
Habsburg und den Generalstaaten der Niederlande geteilt. 1815 übernahm man auf
dem Wiener Kongress den Namen L. für eine Provinz des Königreiches der
Vereinigten Niederlande. Diese wurde nach der Unabhängigkeitserklärung Belgiens
(1830) von diesem beansprucht und 1839 geteilt in die östlich der Maas gelegene
niederländische Provinz L. mit Maastricht, die von 1839 bis 1866 im Ausgleich
für das an Belgien gelangte Luxemburg als Herzogtum
L. zum Deutschen Bund gehörte, und die westlich der Maas gelegene belgische
Provinz L. mit Hasselt.
L.: Wallner 701 BurgRK 1; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) C3; Ernst,
H., Histoire du Limburg (- 1447), Bd. 1ff. 1837ff.; Coenen, J., Limburgische
oorkunden, Bd. 1ff. 1932ff.; Schrijen, G., Das Werden des neuen Süd-Limburg,
1937; Grochtmann, H., Die niederländische Provinz Limburg im Deutschen Bund,
1937; Klingenberg, E., Die Entstehung der deutsch-niederländischen Grenze
1813-15, 1940; Niessen, J., Limburg, Geschichte einer deutsch-niederländischen
Grenzlandschaft, (in) Zwischen Rhein und Maas, 1942; Limburgs verleden, hg. v.
Batta, E. u. a., 1960ff.; Erkens, F., Zur verfassungsrechtlichen Stellung der
Herzöge von Limburg im 12. und 13. Jahrhundert, Rhein. Vjbll. 43 (1973),
169ff.; Munier, W., Historische Atlas van Limburg en aangrenzende Gebieden,
1976ff.; Munier, W., Ein Atlas zur Geschichte der niederländischen Provinz
Limburg, 1976; Weistümer und Rechtstexte im Bereich des Herzogtums Limburg, hg. v. Wintgens, L., 1988; Kupper, J., Limburg,
LexMA 5 1991, 1986; Schlinker, S., Fürstenamt und Rezeption, 1999, 39; Weller,
T., Die Heiratspolitik, 2004.
Limburg (Provinz) s. Limburg (Herzogtum, Provinz)
Limburg an der Lahn (Herrschaft). An der
Kreuzung der Straßen Frankfurt-Siegen und Koblenz-Wetzlar sowie dem Übergang
über die Lahn befand sich wohl schon in merowingischer Zeit eine Siedlung. 910
wird L. anlässlich der Errichtung des Kollegiatstiftes Sankt Georg durch die
Grafen des seit 821 genannten Niederlahngaus aus dem Geschlecht der Konradiner
erstmals erwähnt. Das Stift erhielt reiche Schenkungen der sächsischen und
salischen Könige und wurde aus der Grafschaft eximiert. Stiftsvögte waren nach
dem Erlöschen der Konradiner die Pfalzgrafen bei Rhein und seit etwa 1180 die
Grafen von Leiningen. Um 1220 übernahmen die Herren von Isenburg als Erben der
Grafen von Leiningen die Vogtei und die Herrschaft L. (Burg und Stadt zu je
einem Drittel vom Reich, vom Erzstift Mainz und von den Landgrafen von Hessen
zu Lehen). Seit 1232 nannten sie sich Isenburg-Limburg. Zwischen 1322 und 1332
erlangte das Erzstift Trier die Lehnshoheit über die Vogtei und kaufte 1344 die
Hälfte der Herrschaft L. Nach 1420 errang es die Landesherrschaft. 1624 erwarb
es von Hessen die zweite Hälfte. 1802/1803 fiel L. bei der Säkularisierung des
Erzstifts Trier an Nassau (Nassau-Usingen und Nassau-Weilburg), wobei 1821 für
die Katholiken des Herzogtums das Bistum L.
errichtet wurde, und mit Nassau 1866 an Preußen. Am 19. 9. 1945 kam es zu
Groß-Hessen, das sich am 1. 12. 1946 in Land Hessen umbenannte. S. Isenburg-Limburg.
L.: Wolff 84; Großer Historischer Weltatlas II 34 (1138-1254) F4; Hillebrand,
A., Zur Geschichte der Stadt und Herrschaft Limburg, 1883ff.; Höhler, J.,
Geschichte der Stadt Limburg an der Lahn, 1935; Laut, R., Territorialgeschichte
der Grafschaft Diez samt den Herrschaften Limburg, Schaumburg, Holzappel, 1943;
Schirmacher, E., Limburg an der Lahn, Enstehung und Entwicklung der
mittelalterlichen Stadt, 1963; Füldner, E., (in) Berichte zur deutschen
Landeskunde 37 (1966); Großmann, G., Limburg an der Lahn, 1987; Wolf, K.,
Privatrecht, Prozessrecht und Notariat der Stadt Limburg im Mittelalter, Diss.
jur. Gießen 1988; Struck, W., Zur Verfassung der Stadt Limburg an der Lahn im
Mittelalter, Nassauische Annalen 99 (1988); Schwind, F., Limburg a. d. Lahn,
LexMA 5 1991, 1989; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 2, 347;
Handbuch der hessischen Geschichte Bd. 3 Ritter, Grafen und Fürsten hg. v.
Speitkamp, W., 2014, 104.
Lippe (Grafschaft, Fürstentum). 1123 erscheint
im alten Stammesherzogtum Sachsen ein westfälisches Adelsgeschlecht, das die
Vogtei über Kloster Geseke und die Grafschaftsrechte im Hafergau bzw. Havergau,
Limgau, Aagau und Thiatmelligau innehatte und sich nach seinem Allodialgut an
der oberen L. edle Herren zur L. nannte. Als Anhänger Herzog
Heinrichs des Löwen vermehrten sie ihre Güter (um 1184/1185 Gründung Lippes
bzw. Lippstadts um 1190 Lemgos, 1192 Falkenbergs). 1190 erheirateten sie die
Herrschaft Rheda. Weiter erlangten sie Rechte über das Stift Enger und östlich
des Osnings bzw. Öslings. 1323/1325/1358 gewannen sie durch Heirat einen
Großteil der Grafschaft Schwalenberg (Ämter Schwalenberg und Oldenburg, Kloster
Falkenhagen), 1323 durch Kauf das spätere Amt Varenholz und 1399/1400/1405 als
Pfand die Grafschaft Sternberg mit Salzuflen. 1365 ging Rheda als Folge der
Landesteilung von 1344 an Tecklenburg verloren, 1376 musste die Stadt L.
(später Lippstadt) verpfändet werden, woraus sich 1445 eine Gemeinschaftsherrschaft
mit Kleve-Mark, später Preußen (bis 1850) ergab. 1449 erlangte Hessen über
verschiedene, 1517 über alle Gebiete die Lehnsherrschaft, 1528/1529 erhielten
die seit 1413 nachweisbar reichsständischen, seit 1512 dem
niederrheinisch-westfälischen Reichskreis zugehörigen Edelherren den
Reichsgrafenstand. 1530/1536 schloss sich das 1448 etwa 21000 und 1590 etwa
35000 Einwohner zählende Land unter dem Einfluss Hessens der Reformation, 1605
dem Calvinismus an. 1614/1621 entstanden durch Bildung von Nebenlinien die
gräflichen Linien Lippe-Detmold (mit Detmold, Sternberg, Enger, Sassenberg,
Aholz, Schwalenberg, Stoppelberg, Oldenburg, Varenholz, Falkenberg, die Hälfte
Lippstadts]), Lippe-Brake und Lippe-Alverdissen (in der Herrschaft Sternberg
mit Lipperode und Alverdissen), das 1640 über Graf Philipps von der
Lippe-Alverdissen Schwester, die Mutter des letzten, 1640 verstorbenen Grafen
von Schaumburg einen Teil der Grafschaft Schaumburg erlangte und die Grafschaft
Schaumburg-Lippe begründete. Von Lippe-Detmold zweigte sich 1671 ohne
Landeshoheit die Nebenlinie Lippe-Biesterfeld, von dieser 1736/1762
Lippe-Weißenfeld ab. 1687 wurde durch Heirat die Herrschaft Ameiden erworben.
Lippe-Brake erlosch 1709 und fiel an Lippe-Detmold. Die Grafen von
Lippe-Detmold, die dem westfälischem Reichsgrafenkollegium angehörten, wurden
(1720) in den Reichsfürstenstand erhoben, führten diesen Titel aber erst seit
1789. 1763 erwarb Lippe-Detmold durch Kauf die Herrschaften Lippe-Biesterfeld
und Lippe-(Biesterfeld-)Weißenfeld. 1806 und 1815 konnte die Mediatisierung
verhindert werden. Am 8. 6. 1815 trat (Lippe-Detmold als) L. dem Deutschen Bund
bei. 1819/1820 scheiterte der Versuch einer Verfassungsgebung am Widerstand der
Stände. Ein erstes landständisches Grundgesetz kam 1836 zustande, wurde 1849
liberalisiert, 1853 restauriert und 1876 und 1912 modernisiert. 1866 trat L.
dem Norddeutschen Bund bei. Nach dem Aussterben der Detmolder Linie (20. 7.
1895) folgte 1905 nach zehnjährigem Erbfolgestreit mit Schaumburg-Lippe die
verwandtschaftlich nähere Linie Lippe-Biesterfeld. Am 12. 11. 1918 dankte der
Fürst des um 1900 etwa 1215 Quadratkilometer und 138000 Einwohner umfassenden
Staates ab. Am 21. 12. 1920 erhielt L. eine neue Verfassung. 1933 wurde es dem
Gauleiter von Westfalen-Nord unterstellt. Am 21. 1. 1947 wurde es von der
britischen Besatzungsmacht Nordrhein-Westfalen zugeteilt. In dem am 12. 10.
1949 in Detmold eingerichteten Landesverband L. blieb ein Rest lippescher
Eigenstaatlichkeit erhalten.
L.: Wolff 348ff.; Zeumer 554 II b 63, 8; Wallner 702 WestfälRK 11; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) E3, III 22 (1648) D2, III 38 (1789) B3;
Richtering, H./Kittel, E., Westfalen-Lippe, (in) Geschichte der deutschen
Länder, Bd. 1; Die Territorien des Reichs 6, 152; Bauer 1, 293;Lippische
Regesten, bearb. v. Preuss, O./Falkmann, A., Bd. 1ff. 1860ff.; Kiewning, H.,
100 Jahre lippische Verfassung 1819 bis 1919, 1935; Henkel, W., Die Entstehung
des Territoriums Lippe, 1937; Kiewning, H., Lippische Geschichte, 1942; Ebert,
B., Kurzer Abriss einer lippischen Rechtsgeschichte, Mitt. aus der lippischen
Geschichte und Landeskunde 25 (1956), 12ff.; Kittel, E., Geschichte des Landes
Lippe, 1957; Lippesche Bibliographie, hg. v. Landesverband Lippe, 1957;
Hömberg, A., Die Entstehung der Herrschaft Lippe, Lipp. Mitt. 29 (1960);
Reichold, H., Der Streit um die Thronfolge im Fürstentum Lippe 1895-1905, 1967;
Wieder, H. bei der, Schaumburg-Lippesche Genealogie, 1969; Der Anschluss Lippes
an Nordrhein-Westfalen, bearb. v. Niebuhr, H./Scholz, K., 1984; Tewes, L.,
Mittelalter an Lippe und Ruhr, 1988; Wehlt, H., Lippische Regesten, N.F., 1989;
Hemann, F., Lippe, LexMA 5 1991, 2004; Die Grafschaft Lippe im 18. Jahrhundert,
hg. v. Bulst, N., 1993; Bartels-Ishikawa, A., Der Lippische Thronfolgestreit,
1995; Zunker, D., Adel in Westfalen, 2003, 86 (mit genealogischer Übersicht) ;
Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 430; Schaletzki, A.,
Pragmatismus und Beständigkeit. - Die Verfassung. Diss. jur. Würzburg 2008.
Livland (Land). Das Gebiet zwischen Rigaischem
Meerbusen, Düna und Peipussee wurde im Frühmittelalter von ostseefinnischen,
sprachlich und ethnisch später von den baltischen Letten aufgesogenen Liven
bewohnt. Sie wurden zu Anfang des 13. Jahrhunderts vom Schwertbrüderorden und
vom Deutschen Orden unterworfen. Das Gebiet des Deutschen Ordens und die
Bistümer Riga, Dorpat, Ösel und Kurland bildeten seitdem unter dem Namen L.
einen römisch-deutschen Reich gerechneten Bund (Livländische Konföderation).
1526 wurde im Zuge der Reformation und des dadurch ausgelösten Ringens Polens,
Schwedens und Russlands um L. der livländische Ordensmeister nach der
Umwandlung des preußischen Ordensstaates in ein weltliches Herzogtum zum Reichsfürsten erhoben und 1530 mit L.
belehnt. 1561 zerbrach der Bund. Der Ordensmeister anerkannte als Herzog von Kurland und Semgallen mit dem Gebiet
südlich und westlich (links) der Düna die Oberhoheit Polens und schied damit
aus dem Heiligen römischen Reich (deutschen Reich) aus. Das Gebiet südlich der
Düna hieß seitdem Kurland. Der Norden stellte sich unter den Schutz Schwedens.
Da sich seit der Besetzung durch Schweden 1584 für die nördlichsten Teile die
Bezeichnung Estland (Esthen, Fürstentum Esten in L.) einbürgerte, verengte sich
der Name L. auf den mittleren (überdünischen) Teil des ursprünglichen Gebiets.
1629 kam dieses L. an Schweden, 1710/1721 (zusammen mit Estland) an Russland.
1795 fielen bei der Teilung Polens auch das Herzogtum
Kurland und Semgallen an Russland. 1918/1920 wurde L. zwischen Lettland und
Estland geteilt, die 1940 in die Sowjetunion eingegliedert wurden. Damit trat
die Zweiteilung Estland und Lettland an die Stelle der 1561 entstandenen
Dreiteilung Estland, Livland und Kurland. Mit dem Zerfall der Sowjetunion
entstanden Estland und Lettland (sowie Litauen) (unter Anerkennung vom 21. 8.
1991) neu.S. Polen, Russland.
L.: Forstreuter, K., Deutschordensland Preußen, (in) Geschichte der deutschen
Länder, Bd. 1; Arbusow, L., Grundriss der Geschichte Liv-, Est- und Kurlands,
4. A. 1918; Wittram, R., Baltische Geschichte, 1180-1918, 1954; Donnert, E.,
Der livländische Ordensritterstaat und Russland, 1963; Hellmann, M., Livland
und das Reich, 1989; Studien über die Anfänge der Mission in Livland, hg. v. Hellmann,
M., 1989; Hellmann, M., Livland, LexMA 5 1991, 2045; Jähnig, B., Verfassung und
Verwaltung des Deutschen Ordens und seiner Herrschaft in Livland, 2011.
Lobkowitz (Freiherren, Reichsfürsten). Nach der
Burg L. bei Prag nannte sich seit 1410 ein böhmisches Adelsgeschlecht der
Ujezd, das 1459 in den Reichsfreiherrenstand und 1624 (Linie Chlumez [Chlumetz]
in den Reichsfürstenstand erhoben wurde. Seine Güter wurden wiederholt geteilt
(1440 Linien Popel - mit den Nebenlinien Bilin und Chlumez [Chlumetz] - und
Hassenstein). Eine Linie nahm nach dem Verkauf des 1646 erworbenen schlesischen
Herzogtums Sagan 1786 den Titel eines Herzogs zu Raudnitz an. Die durch Heirat erlangte
Herrschaft Neustadt an der Waldnaab wurde 1641 zur gefürsteten Grafschaft
Sternstein (Störnstein) erhoben und 1653 in die Reichsfürstenbank aufgenommen.
1722 erlosch die ältere Linie Popel-Bilin, an deren Stelle die neue fürstliche
Linie Hořin (Horcin) trat. Die jüngere Linie Popel-Chlumez
(Popel-Chlumetz) spaltete sich 1715 in eine ältere und eine jüngere Linie, die
beide seit 1807 den Titel Herzog von Raudnitz
und Fürst von L. führten. 1789 starb die Linie Hassenstein aus. (Die Grafschaft
Sternstein fiel 1807 an Bayern.)
L.: Zeumer 553 II b 48.
Lombardei (Landschaft). Das Gebiet der
nordwestlichen Poebene war ursprünglich von Kelten besiedelt, die seit 222 v.
Chr. allmählich in das römische Reich eingegliedert wurden. Nach dessen Zerfall
wurden Norditalien und Mittelitalien (einschließlich der nordwestlichen
Poebene) von den Langobarden erobert und erstmals 629 als Langobardia im
geographischen Sinn bezeichnet. 774 fiel das Gebiet der Langobarden an die Franken.
Am Ende des 11. Jahrhunderts erlangten die Städte der nordwestlichen Poebene
wie Pavia, Mailand, Como oder Cremona Selbständigkeit. In Städtebünden wandten
sie sich gegen die Staufer. Nach langen Kämpfen traten Signorien an die Stelle
der Städte. Die Vormachtstellung gewann Mailand. Den Osten erlangte Venedig.
1535 kam das 1395 zum Herzogtum erhobene Mailand
als Reichslehen an Spanien. 1714 fiel die L. nach dem spanischen Erbfolgekrieg
an Österreich. 1797 wurde sie von Frankreich besetzt (Teil der Zisalpinischen
Republik, seit 1805 des napoleonischen Königreiches Italien). 1815 wurde das
Gebiet mit Venetien zum Lombardisch-Venezianischen Königreich
(Lombardo-Venetien) Österreichs vereinigt. 1859 verlor Österreich die Lombardei
an Sardinien, 1866 Venetien an das neue Königreich Italien (1861).
L.: Großer Historischer Weltatlas II 34 (1138-1254) F4; Rota, E., L'Austria in
Lombardia, 1911; Hochholzer, H., Das geschichtliche Raumgefüge der
Kulturlandschaft Oberitaliens, 1956; Arbinger, N., Komitat, Adel und städtische
Kommune in der Lombardei während des 11. und 12. Jahrhunderts, Diss. phil. Wien
1967; Dilcher, G., Die Entstehung der lombardischen Stadtkommune, 1967;
Margaroli, P., Lombardei, LexMA 5 1991, 2094; Mazohl-Wallnig, B.,
Österreichischer Verwaltungsstaat, 1993; Longobardia e longobardi nell’Italia
meridionale, hg. v. Andenna, G. u. a., 1996.
Loslau (Herren, Herrschaft), poln. Wodzislaw
Slaski. L. im südlichen Oberschlesien wurde wahrscheinlich in der zweiten
Hälfte des 13. Jahrhunderts (1275) von Herzog
Wladislaus von Oppeln (1246-1281) gegründet. 1336 gelangte es unter der
Lehnshoheit Polens an Troppau, 1377 an Jägerndorf. 1437 wurde es von Ratibor,
1464 von Rybnik getrennt. 1483 behielt nach dem Tod des Herzogs von Jägerndorf-Loslau Böhmen die Herrschaft L., veräußerte
sie dann aber 1502 an Johann von Schellenberg. In der Folge wechselte die etwa
200 Quadratkilometer große Herrschaft unter Österreich (1532) häufig den
Besitzer. 1742 kam L. an Preußen, 1921/1922 an Polen.
L.: Wolff 482; Henke, F., Chronik oder topographisch-geschichtlich-statistische
Beschreibung der Stadt und freien Minderstandesherrschaft L., 1860ff.
Lothringen (Herzogtum).
Bei der Aufteilung des karolingischen Frankenreiches 843 erhielt Lothar, der
älteste Sohn Ludwigs des Frommen, ein die Moselgegend mit den Bistümern Metz,
Toul und Verdun umfassendes Länderband zwischen Nordsee und Mittelitalien als
eigenes Reich (Francia media). Dieses beim Übergang auf Lothar II. 855 auf den
Raum zwischen Schweizer Jura, Nordsee, Rhein, Maas und Schelde begrenzte Gebiet
(ohne Elsass und Worms, Speyer, Mainz) wurde als Lothari(i) regnum bezeichnet.
Bei seiner Aufteilung 870 kamen Metz und Diedenhofen an das Ostreich, Toul und
Verdun an das Westreich (Westfranzien, Frankreich), 879/880 aber ebenfalls an
das Ostreich. Im Jahre 900 endete das eigenständige, 895 nochmals begründete
lotharingische Königtum. 911, bestätigt 921, brachte es Graf Reginar an das
Westreich, seit 925 war es Lehen des deutschen Reiches (Ostreichs). König
Heinrich I. belehnte 929 seinen Schwiegersohn mit dem Herzogtum
L., König Otto I. gab es zunächst an seinen Schwager, 944 an seinen
Schwiegersohn (bis 953), dann an seinen Bruder, der zur Vorbeugung gegen eine
mögliche Königsfeindlichkeit das Herzogtum 959
in Oberlothringen an der Mosel, das den Namen L. fortführte, und
Niederlothringen, das sich bald aufgliederte, teilte. Niederlothringen
(Niederrheingebiet und Maasgebiet) kam an die Herzöge von Limburg und Brabant,
Oberlothringen (Mosellanien) als Herzogtum und
Markgrafentum L. an einen bei Bar-le-Duc begüterten Großen. Nach dem Aussterben
dieser Dynastie 1033 belehnte Kaiser Konrad II. den Herzog
(von Niederlothringen) und Grafen von Verdun mit (Ober-)L., so dass von 1033
bis 1044 die beiden L. nochmals vereinigt waren. 1048 kam das Land zwischen
Andernach, Prüm, oberer Mosel und Maas nach Absetzung dieser Familie kurz an
Adalbert von Metz und dann an Gerhard von Elsass, der Begründer der im Nordgau,
Bliesgau und Saargau erheblich begüterten und früh in Nancy (Nanzig)
residierenden, bis 1736 bestimmenden Dynastie wurde. Neben sie traten sowohl
die Grafen von Vaudémont (1070) und die Grafen von Bar-Mousson wie auch die
Hochstifte Metz, Toul und Verdun, die vom König als Gegengewicht gefördert
wurden. Seit 1190 war die Herzogswürde in
Niederlothringen lediglich ein von den Herzögen von Brabant fortgeführter
Titel. Nach Kaiser Friedrich II. schwand der Einfluss des Reiches, während
Frankreich an Bedeutung gewann. 1301 mussten die Grafen von Bar den
französischen König als Lehnsherr der westlich der Maas gelegenen Güter
anerkennen, wenig später Toul und Verdun Schutzverträge mit Frankreich
abschließen. 1354 wurden die Grafen von Bar durch die Errichtung der
Markgrafschaft Pont-à-Mousson (Mussenbrück) lehnsrechtlich an das Reich
gebunden. Sie erhielten den Titel Herzog und
waren Reichsfürsten. 1361 wurde dem Herzog von
L. von Kaiser Karl IV. die Lehnspflicht wegen des Herzogtums
erlassen. Nach dem Aussterben der Herzöge von L. in der männlichen Linie (1431)
kam das Herzogtum L. über die Erbtochter
Isabella an die Herzöge von Bar (René d'Anjou), nach deren Aussterben in
männlicher Linie unter René II. (1473-1509) an die Grafen von Vaudémont. In der
folgenden Auseinandersetzung zwischen Frankreich und dem deutschen Reich wurde
L. 1542 zum freien Herzogtum erklärt, das weder
an das Reich noch an Frankreich fallen sollte. Lehnsabhängig war der Herzog lediglich für die 1354 errichtete
Markgrafschaft Pont-à-Mousson sowie für kleinere Grafschaften und Herrschaften,
auf denen seine Reichsstandschaft beruhte. 1567 erfolgte die Errichtung der
Markgrafschaft Nomeny und Hattonchâtel, unter der die Herzöge von L. von nun an
Sitz und Stimme im Reichsfürstenrat hatten. Schon 1552 allerdings hatte
Frankreich Metz, Toul und Verdun durch Truppen besetzt und begonnen, sie
ungeachtet ihrer formell fortdauernden Eigenschaft als Reichsstädte in die
französische Monarchie einzugliedern. 1633 besetzte Frankreich das gesamte Herzogtum L. Während Metz, Toul und Verdun dann 1648
auch rechtlich zu Frankreich kamen, erhielt der Herzog
von L. 1661 das Herzogtum zurück. 1662 trat er
es an Frankreich ab, kündigte 1670 aber den Vertrag, woraufhin Frankreich das
Land besetzte. 1697 wurde das Herzogtum
wiederhergestellt. Von 1702 bis 1714 wurde es erneut von französischen Truppen
besetzt. 1735 erhielt der von seinem Schwiegersohn, dem König von Frankreich
unterstützte König von Polen, Stanislaus Leszczynski, für seinen Verzicht auf
Polen L. und Bar, der Herzog Franz Stephan, seit
1736 Gemahl der Kaisertochter Maria Theresia, für seinen Verzicht auf
Lothringen das frei gewordene Großherzogtum Toskana. Damit schied L. aus dem
Reich aus und kam 1738 tatsächlich, nach dem Tode Stanislaus Leczczynskis
(1766) auch formell zu Frankreich, behielt aber - unter Nomeny - bis 1766
weiter Sitz und Stimme im oberrheinischen Reichskreis und bis 1801 im
Reichsfürstenrat. 1801 gelangte L. auch völkerrechtlich an Frankreich.
1870/1871 fiel sein nördlicher Teil mit Metz zusammen mit Elsass an das
Deutsche Reich (Elsass-Lothringen), 1919 aber wieder an Frankreich zurück.
L.: Wolff 303; Großer Historischer Weltatlas II 34 (1138-1254) F4, II 66 (1378)
D4, II 78 (1450) F4, III 22 (1648) C4; Die Territorien des Reichs 5, 96;
Calmet, A., Histoire ecclésiastique et civile de la Lorraine, 1728, 2. A. 1745;
Warnkönig, L./Warnkönig, T./Stein, L., Französische Staats- und
Rechtsgeschichte, Bd. 1ff. 1875, Neudruck 1968; Derichsweiler, H., Geschichte
Lothringens, Bd. 1-2, 1901; Derichsweiler, H., Geschichte Lothringens, 1905;
Fitte, S., Das staatsrechtliche Verhältnis des Herzogtums
Lothringen seit dem Jahr 1542, 1891; Die alten Territorien des Bezirks
Lothringen nach dem Stande vom 1. Jan. 1648, Teil 1 (in) Statistische
Mitteilungen über Elsass-Lothringen Heft 28 (1898); Parisot, R., Histoire de
Lorraine, Bd. 1ff. 1915ff., Bd. 1 2. A. 1926; Hübinger, P., Oberlothringen,
Rhein und Reich im Hochmittelalter, Rhein. Vjbll. 7 (1937); Geschichtlicher
Handatlas der deutschen Länder am Rhein, Mittel- und Niederrhein, hg. v.
Niessen, J., 1950; Opel, H., Die Rechtsstellung der mit dem Anschluss
Lothringens zum Deutschen Reich gekommenen Franzosen, Diss. jur. Göttingen
1954; Aimond, C., Histoire des Lorrains, 1960; Schneider, J., Histoire de la
Lorraine, 1967; Hlawitschka, F., Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen,
1969; Thomas, H., Zwischen Regnum und Imperium. Die Fürstentümer Bar und
Lothringen zur Zeit Kaiser Karls IV., 1973; Mohr, W., Geschichte des Herzogtums Lothringen, Bd. 1 1974; Parisse, M., Les
Ducs et le duché de Lorraine au XIIe siècle 1048-1206, Bll. f. dt. LG. 111
(1975), 86ff.; Nonn, U., Pagus und Comitatus in Niederlothringen, 1983;
Lothringen - Geschichte eines Grenzlandes, hg. v. Parisse, M. u. a., deutsche
Ausgabe hg. v. Herrmann, H., 1984; Geiben, K., Verfassung und Verwaltung des Herzogtums Lothringen unter seinem letzten Herzog und einstigen König der Polen Stanislaus
Leszczynski, 1989; Babel, R., Zwischen Habsburg und Bourbon, 1989; Parisse, M.,
Austrasie, Lotharingie, Lorraine, 1990; Barth, R., Der Herzog
in Lotharingien im 10. Jahrhundert, 1990; Parisse, M., Lotharingien, LexMA 5
1991, 2128; Parisse, M., Lothringen, LexMA 5 1991, 2134; Werner, M., Der Herzog von Lothringen in salischer Zeit, (in) Die
Salier und das Reich, hg. v. Weinfurter, S., Bd. 1 1991; Despy, G.,
Niederlothringen, LexMA 6 1993, 1142; Lotharingia, hg. v. Herrmann, H. u. a.,
1995; Barth, R., Lotharingien im 10.-12. Jahrhundert, 1996; Le pouvoir et les
libertés en Lotharingie, hg. v. Trauffler, H., 1997; Bauer, T., Lotharingien
als historischer Raum, 1997; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen
Reich, hg. v. Paravicini, W. u. a., 2003, 1, 1, 146, 832; Weller, T., Die
Heiratspolitik, 2004; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 461;
Schneider, J., Auf der Suche nach dem verlorenen Reich, 2009.
Löwen (Graf, Herzog)
s. Brabant
L.: Weller, T., Die Heiratspolitik, 2004; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren,
2005, 2, 357.
Löwenberg (Herren), poln. Lwówek Slaski. L. am
Bober zwischen Bunzlau und Lehnhaus in Schlesien wurde vermutlich 1217
gegründet. Es wurde Mittelpunkt der umliegenden deutschen Waldhufendörfer. Nach
ihm nannten sich Nachkommen des Herzogs von
Liegnitz seit 1278 Herren von L. 1314 fiel L. an Jauer (seit 1346
Schweidnitz-Jauer), 1392 an Böhmen, 1474 an Ungarn, 1526 an Österreich und 1742
an Preußen. 1852 zog der letzte regierende Fürst von Hohenzollern-Hechingen
nach L. Seit 1945 stand es unter Verwaltung Polens und gelangte 1990 als
politische Folge der deutschen Einheit an Polen.
L.: Wolff 483; Wesemann, H., Urkundenbuch der Stadt Löwenberg, Teil 1f.,
1885ff.; Heimatbuch des Kreises Löwenberg, hg. v. Möller-Löwenberg, A., 3. A.
1959.
Lübeck (Hochstift, Fürstentum). 1160 (Domweihe
1163) wurde durch Herzog Heinrich den Löwen das
948 in Oldenburg im östlichen Holstein, dem Starigard der slawischen Wagrier,
gegründete, zum Erzbistum Bremen-Hamburg gehörige, im 11. Jahrhundert wie im
12. Jahrhundert (1149) erneuerte Bistum in das von Heinrich dem Löwen 1158
übernommene L. verlegt. Um 1185 erlangte das Bistum die Reichsunmittelbarkeit.
Als Hochstift umfasste es nur die Ämter Eutin (1156 an Oldenburg/Lübeck
gelangt) und Schwartau sowie 46 Domkapitelgüter. Seit dem Ende des 13.
Jahrhunderts verlegte der Bischof seinen Sitz nach Eutin (um 1350). 1530/1535
wurde die Reformation eingeführt. Seit 1555 regierten protestantische
Administratoren (Fürstbischöfe, seit 1586 aus dem Hause Holstein-Gottorp
[Gottorf]), die 1774 zu Herzögen und 1815 zu Großherzögen ernannt wurden.
Residenz war zwischen 1689 und 1773 Eutin. 1773 erhielt Bischof Friedrich
August von Holstein-Gottorp (Gottorf) durch Vertrag die Grafschaften Oldenburg
und Delmenhorst. 1803 wurde das 9,5 Quadratmeilen umfassende Gebiet des
Hochstiftes mit 22000 Einwohnern säkularisiert und als weltliches Erbfürstentum
(Fürstentum L. mit Hauptstadt Eutin) mit Oldenburg verbunden. Von 1810 bis 1814
gehörte es zu Frankreich. Seit 1919 war Eutin Hauptstadt des oldenburgischen
Landesteils L., der 1937 an Preußen (Schleswig-Holstein) kam.
L.: Wolff 451f.; Zeumer 552 II a 25 ; Wallner 707 NiedersächsRK 16; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) F1, III 22 (1648) E1; Die Territorien des
Reichs 6, 114; Bauer 1, 295; Illigens, E., Geschichte der lübeckischen Kirche
von 1530-1896, 1896; Kollmann, P., Statistische Beschreibung des Fürstentums
Lübeck, 1901; Schubert, H. v., Kirchengeschichte Schleswig-Holsteins, Bd. 1
1907; Schwentner, B., Die Rechtslage der katholischen Kirche in den
Hansestädten, 1931; Jordan, K., Die Bistumsgründungen Heinrichs des Löwen,
1933; Suhr, W., Die Lübecker Kirche im Mittelalter, 1938; Dieck, A., Die
Errichtung der Slawenbistümer unter Otto dem Großen, Diss. phil. Heidelberg
1944 (masch.schr.); Urkundenbuch des Bistums Lübeck, hg. v. Leverkus, W., Bd. 1
1956; Friederici, A., Das Lübecker Domkapitel im Mittelalter, Diss. phil. Kiel
1957; Peters, G., Geschichte von Eutin, 2. A. 1971; Radtke, W., Die Herrschaft
des Bischofs von Lübeck, 1968; Ende, B. am, Studien zur Verfassungsgeschichte
Lübecks im 12. und 13. Jahrhundert, 1975; Wülfing, J., Grundherrschaft und
städtische Wirtschaft am Beispiel Lübecks, (in) Die Grundherrschaft im späten
Mittelalter, hg. v. Patze, H., 1983; Gabriel, I./Kempke, T./Prummel, W. u. a.,
Starigard/Oldenburg. Hauptburg der Slawen in Wagrien, Bd. 1ff. 1984ff.;
Friederici, A., Das Lübecker Domkapitel im Mittelalter, 1988;
Starigard/Oldenburg. Ein slawischer Herrschersitz des frühen Mittelalters in
Ostholstein, hg. v. Müller-Wille, M., 1991; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 558.
Lübeck (Reichsstadt). Der Name L. (Liubice,
Schönort?) erscheint erstmals in der zweiten Hälfte des elften Jahrhunderts für
eine am Unterlauf der Trave bei Bad Schwartau gelegene slawische Siedlung mit
Burg und Handelsniederlassung. Nach ihrer Zerstörung (1127/1138) wurde ihr Name
1143 auf eine 6 Kilometer traveaufwärts von Graf Adolf II. von Schauenburg
(Schaumburg) am Zusammenfluss von Trave und Wakenitz angelegte deutsche
Siedlung, die eine ältere slawische Siedlung Buku fortsetzte, übertragen. Sie
ging nach einem Brand (1157) 1158 an den an ihr sehr interessierten Herzog Heinrich den Löwen über, der sie (1159)
erneuerte und um 1161/1163 mit besonderen, in einer wohl etwas verfälschten
Fassung von 1226 überlieferten Rechten ausstattete. 1160 (1163?) wurde das Bistum
Oldenburg/Holstein nach L. verlegt. Nach dem Sturz Heinrichs des Löwen (1180)
fiel L. an Kaiser Friedrich I. Barbarossa und erhielt 1181 und in erweitertem
Umfang 1188 eine Bestätigung seiner Rechte. Durch Eroberung kam es von
1201/1202 bis 1225 an Dänemark. Durch Privileg vom 14. 6. 1226 wurde es
Reichsstadt (specialis civitas et locus imperii), erlangte aber niemals die
eigentliche Reichsstandschaft. Die welfische Burg wurde geschleift. Infolge
seiner verkehrsgünstigen Lage zwischen Nowgorod und Brügge wurde es bald einer
der wichtigsten Handelsplätze Europas (1350 18000 Einwohner, 1400 20000, 1502
25444). Im 14. Jahrhundert wurde L. Führerin der 1282 erstmals erwähnten Hanse.
Sein besonderes Recht (1188 ius Lubicense, um 1225 lateinisch, um 1240 mittelniederdeutsch
aufgezeichnet) wurde an mehr als 100 Städte zwischen Tondern und Narwa
verliehen. 1329 erwarb es Travemünde, 1359 das Pfand an Mölln (bis 1683). 1420
wurden mit Sachsen-Lauenburg und Hamburg Bergedorf und die Vierlande erobert.
1529 wurde die Reformation eingeführt. In der Grafenfehde gegen Dänemark
(1534-1536) verlor das seit 1512 zum niedersächsischen Reichskreis zählende L.
seine führende Stellung, in die Hamburg eintrat. Die schwere Schädigung des
Handels im Dreißigjährigen Krieg führte zu weiterem wirtschaftlichem
Niedergang. Um 1800 war die Stadt 5 Quadratmeilen groß und hatte 45000
Einwohner. Durch § 27 des Reichsdeputationshauptschlusses vom 25. 2. 1803 wurde
L. als Reichsstadt erhalten und für die Abtretung der von ihrem Hospital abhängenden
Dörfer und Weiler in Mecklenburg mit Gütern des Hochstifts entschädigt. Von
1811 bis 1813 gehörte L. zu Frankreich. 1815 wurde es als Freie und Hansestadt
des Deutschen Bundes anerkannt. Am 18. 4. 1848 erhielt diese eine neue, 1851
und 1875 revidierte Verfassung. 1866 trat L. dem Norddeutschen Bund und 1868
dem Deutschen Zollverein bei. 1918/1919 erfolgte der Übergang zum
parlamentarischen System. Am 1. 4. 1937 verlor L. durch Reichsgesetz seine
Selbständigkeit und ging an Preußen (Schleswig-Holstein) über. 1946 kam es an
Schleswig-Holstein.
L.: Wolff 455f.; Zeumer 552ff. III a 3; Wallner 707 NiedersächsRK 20; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) F2, II 78 (1450) G3, III 22 (1648) E2, III
38 (1789) D1; Kellenbenz, H., Die Hanse und die Städte Lübeck, Hamburg und
Bremen, (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Schroeder 89ff.; Die
Territorien des Reichs 6, 114; Bauer 1, 307; Urkundenbuch der Stadt Lübeck, hg.
v. Verein für Lübeck. Geschichte, Bd. 1-11 1843ff.; Hoffmann, M., Geschichte der
freien und Hansestadt Lübeck, Bd. 1f. 1889ff.; Rörig, F., Der Markt von Lübeck,
1922; Geschichte der freien und Hansestadt Lübeck, hg. v. Endres, F., 1926;
Fink, G., Lübecks Stadtgebiet, FS Rörig, F., 1953; Brandt, A. v., Geist und
Politik in der lübeckischen Geschichte, 1954; Ebel, W., Lübecker Ratsurteile,
Bd. 1ff. 1955ff.; Schönherr, Lübeck - einst und jetzt, 1959; Krabbenhöft, G.,
Verfassungsgeschichte der Hansestadt Lübeck, 1969; Raiser, E., Städtische
Territorialpolitik im Mittelalter. Eine vergleichende Untersuchung ihrer
verschiedenen Formen am Beispiel Lübecks und Zürichs, 1969; Ebel, W., Lübisches
Recht, Bd. 1 1971; Köbler, G., Das Recht an Haus und Hof im mittelalterlichen
Lübeck, (in) Der Ostseeraum, hg. v. Friedland, K., 1980; Ebel, W., Jurisprudencia
Lubicensis. Bibliographie des lübischen Rechts, 1980; Neue Forschungen zur
Geschichte der Hansestadt Lübeck, hg. v. Graßmann, A., 1985; Hoffmann, E., Der
Aufstieg Lübecks zum bedeutendsten Handelszentrum an der Ostsee in der Zeit von
der Mitte des 12. bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts, Zs. d. Vereins f.
Lübeckische Geschichte und Altertumskunde 66 (1986); Schneider, G., Gefährdung
und Verlust der Eigenstaatlichkeit der freien und Hansestadt Lübeck und seine
Folgen, 1986; Falk, A./Hammel, R., Archäologische und schriftliche Quellen zur
spätmittelalterlich-neuzeitlichen Geschichte der Hansestadt Lübeck, 1987;
Prange, W., Der Landesteil Lübeck 1773-1937, (in) Geschichte des Landes
Oldenburg, 1987; Friederici, A., Das Lübecker Domkapitel im Mittelalter. 1160-1400,
1987; Lübeckische Geschichte, hg. v. Graßmann, A., 1988, 2. A. 1989, 4. A.
2008; Hammel-Kiesow, R., Lübeck, LexMA 5 1991, 2146; Die Stadt im westlichen
Ostseeraum, Bd. 1 1995, 263; Demski, R., Adel und Lübeck, 1996; Lutterbeck, M.,
Der Rat der Stadt Lübeck, 2002.
Lucca (Stadtkommune, Herzogtum,
Fürstentum). Einer etruskischen Siedlung folgte das römische Luca (89 v. Chr.
municipium). Über Langobarden und Franken (774) fiel L. an die Markgrafen von
Tuszien. 1119 wurde es freie Stadt. 1314 kam es unter die Herrschaft Pisas.
1316 schwang sich Castruccio Castracane zum Stadtherrn auf, der 1327 von König
Ludwig dem Bayern zum Herzog ernannt wurde.
1369/1370 wurde L. mit Hilfe Kaiser Karls IV. wieder freie Stadt. 1805 gab
Napoleon L. an seine Schwester Elisa Bacciocchi. 1815 kam es als Herzogtum an Maria Luise von Etrurien. Ihr Sohn Karl
II. von Parma trat es 1847 an (die) Toskana ab. S. Italien (1861).
L.: Niccolò Machiavelli, Das Leben Castruccio Castracanis aus Luca, hg. v.
Hoeges, D., 1998; Bini, T., Su i Lucchesi a Venezia. Memorie dei secoli 13 e
14, 1855; Mancini, A., Storia di Lucca, 1950; Schwarzmaier, H., Lucca und das
Reich bis zum Ende des 11. Jahrhunderts, 1971; Manselli, R., La repubblica di
Lucca, 1987; Lucca e l‘Europa degli affari, secolo XV-XVII, hg. v. Mazzei,
R./Fanfani, T., 1990; Luzzati, M., Lucca, LexMA 5 1991, 2156; Schlinker, S.,
Fürstenamt und Rezeption, 1999, 188.
Lüneburg (Fürstentum, Residenz des Bischofs von
Verden bzw. des Herzogs von
Braunschweig-Lüneburg). 795 wird erstmals der Ort Hliuni an der Ilmenau
genannt. L. ist bei einer Billungerburg auf dem Kalkberg (um 950/951)
entstanden und erhielt vermutlich durch Herzog
Heinrich den Löwen Stadtrecht (1247 und 1401 erweitert aufgezeichnet, 1239
Ratsherren). 1267/1269 erwuchs durch Erbteilung des Herzogtums
Braunschweig-Lüneburg das Fürstentum L., das seine Residenz bis 1371 in L.
hatte, das bis 1639 eine einer freien Reichsstadt ähnliche Sonderstellung
innerhalb des Fürstentums einnahm. Das Herzogtum
bildete bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts ein geschlossenes Herrschaftsgebiet
zwischen Elbe, Weser, Altmark und den Hochstiften Hildesheim und Verden aus
(Burg Hallermunt 1282, Grafschaft Wölpe 1302, Grafschaft Dannenberg 1303,
Grafschaft Lüchow 1320, halbe Grafschaft Hallermunt 1366). 1369 erlosch die
Linie im Mannesstamm. Im Lüneburger Erbfolgekrieg konnte sich 1388 die
Göttinger Linie des alten Hauses Braunschweig gegen die von Kaiser Karl IV. auf
Grund des Versäumnisses, eine Gesamtbelehnung zu gewinnen, allein belehnten
Herzöge von Sachsen-Wittenberg durchsetzen, musste jedoch die Residenz nach
Celle verlegen, nachdem die Stadt L. 1371 in einem Aufstand den Herzögen die
Burg auf dem Kalkberg entrissen hatte. Von 1400 bis 1409 war L. bei der
Braunschweiger Hauptlinie. 1409/1428 entstand durch deren Teilung das mittlere
Haus L., dem das Fürstentum L. zugeordnet wurde, wobei 1409 Herzog Bernhard zunächst Wolfenbüttel erhalten, 1428
aber Lüneburg gewählt hatte. L. verlor 1443 einen angefallenen Teil der
Grafschaften Everstein und Homburg als Pfand an das Hochstift Hildesheim. Von
den Söhnen Herzog Heinrichs des Mittleren, der
1520 abdankte, begründeten Otto die Nebenlinie Harburg (1527 bis 1642) und
Franz die Nebenlinie Gifhorn (bis 1549), während Ernst der Bekenner die
Hauptlinie fortführte. Von ihr spaltete sich 1569 unter Ernsts drittem Sohn
Heinrich die Nebenlinie Dannenberg ab, die das neue Haus Braunschweig
begründete und 1635 das Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel erhielt. Die seit
1569 als neues Haus L. das zum niedersächsischen Reichskreis zählende
Fürstentum L. (oder Celle [Lüneburg-Celle]) beherrschende Hauptlinie erwarb
1582 die Grafschaft Hoya und 1585 die Grafschaft Diepholz als erledigte Lehen.
1617 fiel durch Gerichtsentscheid das zunächst von Braunschweig-Wolfenbüttel in
Besitz genommene Fürstentum Braunschweig-Grubenhagen an L., 1635
(Braunschweig-)Calenberg, 1643 Harburg, das seit 1527 Sitz einer Seitenlinie
des mittleren Hauses L. gewesen war. Hiervon erhielt 1635 die Hauptlinie die
Fürstentümer L. und Calenberg-Göttingen, die Nebenlinie Dannenberg das
Fürstentum Wolfenbüttel. 1639 zwang der Landesherr die Stadt L. zur Aufnahme
von Soldaten. Das 200 Quadratmeilen ausmachende Fürstentum L. umfasste die
Städte L., Uelzen, Celle, Harburg, Dannenberg, Lüchow, die Stifte Bardowick und
Ramelsloh, die Klöster Lüne, Ebstorf, Medingen, Wienhausen, Isenhagen und
Walsrode, die landesherrlichen Ämter Harburg, Wilhelmsburg, Moisburg, Winsen an
der Luhe, Bütlingen, Scharnebeck, Lüne, Garze, Bleckede, Hitzacker, Dannenberg,
Lüchow, Wustrow, Schnackenburg, Oldenstadt, Medingen, Ebstorf, Bodenteich,
Isenhagen, Knesebeck, Klötze, Fallersleben, Gifhorn, Meinersen, Burgdorf,
Ahlden und Rethem (Rethen), die Großvogtei Celle und die adligen Gerichte
Gartow, Brome, Fahrenhorst und Wathlingen. Aus dem Reichsfürstentum Calenberg
(seit 1636) ging 1692 das Kurfürstentum Hannover hervor. Das Fürstentum L.
endete 1705 mit dem Tode Georg Wilhelms, nach dem es als Folge der Verheiratung
der Erbtochter Sophie Dorothea mit dem Neffen Georg des Herzogs mit Hannover vereinigt wurde. Die landesherrliche
Verwaltung wurde in Hannover verbunden, doch blieb Celle Sitz der lüneburgischen
Landschaft und erhielt 1711 das Oberappellationsgericht. 1866 kam Hannover an
Preußen, 1946 das preußische Gebiet an Niedersachsen. S. Braunschweig-Lüneburg.
L.: Wolf 434f.; Wallner 705 NiedersächsRK 1; Großer Historischer Weltatlas III
38 (1789) D1; Schnath, G./Lübbing, H./Engel, F., Niedersachsen, (in) Geschichte
der deutschen Länder, Bd. 1; Urkundenbuch der Herzöge von Braunschweig und
Lüneburg, Bd. 1ff. 1859f.; Urkundenbuch der Stadt Lüneburg, hg. v. Volger, W.,
Bd. 1ff. 1872ff.; Krieg, M., Entstehung und Entwicklung der Amtsbezirke im
ehemaligen Fürstentum Lüneburg, 1922; Büttner, E., Geschichte Niedersachsens,
1931; Reinecke, W., Geschichte der Stadt Lüneburg, Bd. 1f. 1933; Busch, F.,
Bibliographie der niedersächsischen Geschichte, 1938ff.; Schnath, G.,
Geschichtlicher Handatlas Niedersachsens, 1939; Friedland, K., Der Kampf der
Stadt Lüneburg mit ihren Landesherren, 1953; Franz, G., Verwaltungsgeschichte
des Regierungsbezirks Lüneburg, 1955; Thurich, E., Die Geschichte des
Lüneburger Stadtrechts im Mittelalter, 1960; Behr, H., Die Pfandschlosspolitik
der Stadt Lüneburg im 15. und 16. Jahrhundert, Diss. phil. Hamburg 1964;
Arnswaldt, C. v., Die Lüneburger Ritterschaft als Landstand im Spätmittelalter.
Untersuchungen zur Verfassungsstruktur des Herzogtums
Lüneburg zwischen 1300 und 1500, 1969; Pischke, G., Die Landesteilungen der
Welfen im Mittelalter, 1987; Reinbold, M., Die Lüneburger Sate, 1987;
Hergemöller, B., Lüneburg, LexMA 6 1992, 9; Mellinger, J., Atlas des
Fürstentums Lüneburg um 1600, hg. v. Aufgebauer, P., 2001; Höfe und Residenzen
im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 2, 345, 346;
Przybilla, P., Die Edelherren von Meinersen, 2007.
Lüttich (Hochstift, Residenz) frz. (Liége bzw.)
Liège. Das (seit dem frühen 9. Jahrhundert?) dem Erzbistum Köln unterstellte
Bistum L. entstand aus dem im 4. Jahrhundert (?) gegründeten, 346 erstmals
genannten Bistum Tongern, dessen Sitz im 6. Jahrhundert (vor 535) nach Maastricht
und seit 720 nach L. verlegt wurde. Der karolingische Hausmeier Karl Martell
des merowingischen Königs verlieh dem Bischof die Lehnsgerichtsbarkeit und
Grafschaftsrechte. Auch König Karl der Große förderte das Bistum nachhaltig.
870/879 wurde es Grenzbistum gegen Frankreich. 925 kam L. zum ostfränkischen
Reich. Kaiser Otto II. entzog 980 die Güter des Hochstifts der weltlichen
Gerichtsbarkeit. Unter dem aus Schwaben stammenden, mit den Ottonen nahe
verwandten Bischof Notker (972-1008) erwarb das Hochstift 985 die Grafschaften
Huy und (987) (Bruningerode Brunnengeruut,) Brunengeruuz und wurde später mit
dem pagus Hasbanien (1047, Hasbengau, Haspinga, Hasbania), der Herrschaft
Bouillon (1096), der Stadt Saint-Trond (Saint Trond) (1227), der Grafschaft Looz
(1366) und den Markgrafschaften Franchimont und Condroz allmählich zum
mächtigsten Hochstift im Westen, dessen Herrschaftsgebiet sich längs der Maas
und der unteren Sambre erstreckte. 1095 gelang der Pfanderwerb des Herzogtums Bouillon. 1274 verlor L. die Grafschaften
Montfoort (Montfort) und Kessel an Geldern. 1356 kaufte es das Stammschloss der
Bouillons. Im 14. Jahrhundert wurde es Fürstentum mit Sitz und Stimme auf dem
Reichstag. Kaiser Karl V. gab dem Hochstift, dessen Hauptort L. 1468 von Karl
dem Kühnen von Burgund völlig eingeäschert worden war, das 1482 von den Grafen
von der Mark entrissene Herzogtum Bouillon
zurück. Wenig später verlor das Bistum einen großen Teil der Diözese infolge
der Reformation wie der Neuerrichtung der Bistümer Mecheln, Namur, Antwerpen,
’s-Hertogenbosch (Herzogenbusch) und Roermond.
1678 erzwang Frankreich die Abtretung Bouillons. 1795/1801 kam das zum
niederrheinisch-westfälischen Reichskreis zählende Hochstift mit 105
Quadratmeilen an Frankreich, 1815 als souveränes Fürstentum an die Niederlande,
1830/1831 zu Belgien.
L.: Wolff 326ff.; Zeumer 552 II a 24; Wallner 702 WestfälRK 4; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) C3, III 22 (1648) B3, III 38 (1789) A3; Die
Territorien des Reichs 3, 200; Daris, J., Histoire du diocèse et de la
principauté de Liége, 1863ff.; Lejeune, J., La principauté de Liége, 1948, 3.
A. 1980; Werner, M., Der Lütticher Raum in frühkarolingischer Zeit, 3. A. 1980;
Dirsch-Wiegand, A., Stadt und Fürstentum in der Chronistik des
Spätmittelalters, 1991, 109ff.; Histoire de Liège, hg. v. Stiennon, J., 1991;
Kupper, J., Lüttich, LexMA 6 1992, 26; Bauer, T., Lotharingien als historischer
Raum, 1997; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W., 2003, 1, 559, 1, 2, 349; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren,
2005, 1, 449, 2, 366.
Luxemburg (Grafschaft, Herzogtum,
Großherzogtum, Residenz). Der nacheinander keltisch, römisch und fränkisch
besiedelte Raum an der Mosel kam 843 zum Reich Kaiser Lothars I. und 959 zum Herzogtum (Ober-)Lothringen. 963 erwarb Graf Siegfried
I. († 997/998) aus dem an der Mittelmosel beheimateten Adelsgeschlecht der
Herzöge von Lothringen (vielleicht Vater der Kaiserin Kunigunde) von der Trierer
Abtei Sankt Maximin die Lucilinburhuc, nach der sich die Familie (1060/)1083
(Konrad I.) als Grafen von L. (bis ins 19. Jahrhundert Lützelburg) benannte.
1019 spaltete dieses Geschlecht die Linien Gleiberg (im 12. Jahrhundert
erloschen) und Salm ab. 1136 erloschen die Grafen im Mannesstamm. Ihre Güter
kamen an den verwandten Grafen Heinrich von Namur († 1196). Luxemburg, La
Roche, Durbuy und die Vogteien über Echternach und Stablo fielen an seine
spätgeborene Tochter Ermensinde, die 1214 Theobald von Bar und 1226 Walram III.
von Limburg heiratete. Durch die Ehe Ermensindes von Luxemburg gelangten Ort
und Markgrafschaft Arlon (Arel) als Mitgift an Luxemburg. Wenig später kam
durch Heirat die Grafschaft Ligny hinzu. 1270 wurde Sankt Vith gekauft. Als im
Erbfolgestreit um das Herzogtum Limburg 1288
Heinrich VI. bei Worringen fiel, ging Limburg an Brabant und mussten sich die
Grafen auf L. und Arlon beschränken. Gleichwohl wurde Heinrich VII. 1308 König
und 1312 Kaiser. 1310 trat er die Grafschaft an seinen Sohn Johann den Blinden
ab, der gleichzeitig durch Heirat das Königreich Böhmen erwarb. Sein Sohn, Karl
IV., verpfändete sein Stammland 1349 an Trier, übertrug die Grafschaft L. 1353
seinem Bruder Wenzel und erhob sie 1354 zum Herzogtum.
1355 vereinigte Wenzel L. durch Heirat mit Brabant, Limburg und der
Markgrafschaft Antwerpen, erwarb 1364 durch Kauf die Grafschaft Chiny und löste
die verpfändeten Gebiete wieder ein. Nach seinem Tod 1388 wurden Brabant,
Limburg und Antwerpen wieder von L. getrennt. Als Herzog
in L. folgte König Wenzel, der L. 1388 an seinen Vetter Jobst von Mähren
verpfändete, über den das Pfandrecht an Elisabeth von Görlitz und Herzog Anton von Brabant und Limburg kam, die es aus
Geldnot 1443 an Philipp von Burgund verkauften, wobei es als Reichslehen im
Reich verblieb. Die Familie der Grafen bzw. Herzöge von L. starb 1437 im
Mannesstamm aus. Es folgte der mit König Sigmunds Tochter Elisabeth
verheiratete Habsburger Albrecht (V. bzw.) II., der 1437 König von Ungarn und
Böhmen und 1438 König des Heiligen Römischen Reichs wurde. 1477/1493 kam L.
über die Heirat Marias von Burgund mit Maximilian von Habsburg mit Burgund an
Habsburg bzw. Österreich, 1555 an die spanischen Habsburger, blieb aber als
Teil des burgundischen Reichskreises beim Reich. 1659 fiel Südluxemburg von
Diedenhofen bis Montmédy an Frankreich, das 1684 auch das restliche Gebiet
besetzte. Dieses kam 1714 wieder an Österreich, 1795/1797 aber erneut an
Frankreich. 1814 wurde das Gebiet östlich von Mosel, Sauer und Our Preußen
zugeteilt (Bitburg, Sankt Vith). 1815 wurde L. Großherzogtum und Mitglied des
Deutschen Bundes, blieb jedoch bis 1890 als Entschädigung für den Verlust der
nassauischen Erblande mit dem Königreich der Niederlande in Personalunion
verbunden und wurde trotz seiner Souveränität wie eine niederländische Provinz
regiert. Mit L. wurden Teile des früheren Hochstifts Lüttich und 1821 das Herzogtum Bouillon vereinigt. 1830/1839 wurde im
Gefolge der belgischen Revolution, der sich L. anschloss, der westliche größere
(wallonische) Teil Luxemburgs mit Arel bzw. Arlon an Belgien abgetreten, das
östliche deutschsprachige Gebiet im Vertrag von London als Großherzogtum
wiederhergestellt. 1841 erhielt L. eine landständische, am 9. 7. 1848 eine 1856
und 1868 revidierte demokratische Verfassung. 1866 schied L., das von 1842 bis
1919 dem Deutschen Zollverein angehörte, aus dem Deutschen Bund aus. 1867 wurde
L. unter Zustimmung der europäischen Mächte gänzlich unabhängiger Staat. 1890
starb die ottonische Linie des Hauses Nassau-Oranien aus. Es folgte Großherzog
Adolf aus der 1866 in Nassau entthronten walramischen Linie Nassau-Weilburg,
womit die Personalunion mit den Niederlanden beendet war. 1912 erlosch auch die
walramische Linie im Mannesstamm, doch hatte ein Hausgesetz von 1907 bereits
die weibliche Erbfolge eröffnet (Großherzogin Maria Adelheid, Großherzogin
Charlotte verheiratet mit Prinz Felix von Bourbon-Parma). Seit 1918 verstärkte
sich der Einfluss Frankreichs zusehends.
L.: Wolff 56; Wallner 701 BurgRK1; Großer Historischer Weltatlas III 38 (1789) F3,
II 66 (1378) C/D 3/4, II 78 (1450) F3, III 38 (1789) A/B3; Faden, E.,
Brandenburg, (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Vekene, E. van der,
Les Cartes géographiques du Duché de Luxembourg, o. J.; Schötter, J.,
Geschichte des Luxemburger Landes, 1882ff.; Hansen, J., Carte historique du
Luxembourg, Paris 1930; Urkunden- und Quellenbuch zur Geschichte der
altluxemburgischen Territorien bis zur burgundischen Zeit, hg. v. Wampach, C.,
Bd. 1-10 Luxemburg 1935ff.; Renn, H., Das erste Luxemburger Grafenhaus
963-1136, 1941; Weber, P., Geschichte des Luxemburger Landes, 3. A. 1948;
Schoos, J., Le développement politique et territorial du pays de Luxembourg
dans la premiére moitiè du 13e siècle, 1950; Meyers, J., Geschichte Luxemburgs,
Luxemburg 1952; Uhlirz, M., Die ersten Grafen von Luxemburg, Deutsches Archiv
12 (1956); Gerlich, A., Habsburg - Luxemburg - Wittelsbach im Kampf um die
deutsche Königskrone, 1960; Weber, P., Histoire du Grand-Duché de Luxembourg,
1961; Goedert, J., La formation territoriale du pays de Luxembourg, 1963; Atlas
du Luxembourg, hg. v. Nationalen Erziehungsministerium, 1971; Ternes, C., Das
römische Luxemburg, 1974; Dostert, P., Luxemburg zwischen Selbstbehauptung und
nationaler Selbstaufgabe, 1985; Festschrift Balduin von Luxemburg, 1985; Hamer,
P., Überlegungen zu einigen Aspekten der Geschichte Luxemburgs, 1986; Calmes,
C., Die Geschichte des Großherzogtums Luxemburg, 1989; Pauly, M., Luxemburg im
späten Mittelalter, Diss. phil. Trier 1990; Twellenkamp, M., Das Haus der
Luxemburger, (in) Die Salier, Bd. 1 1991, 475ff.; Margue, M., Luxemburg, LexMA
6 1992, 28; Pauly, M., Luxemburg im späten Mittelalter, 1992ff.; Reichert, W.,
Landesherrschaft zwischen Reich und Frankreich, 1993; Schlinker, S., Fürstenamt
und Rezeption, 1999, 151; Hoensch, J., Die Luxemburger, 2000; Franz, N., Die
Stadtgemeinde Luxemburg, 2001; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen
Reich, hg. v. Paravicini, W. u. a., 2003, 1, 1, 154, 839, 1, 2, 351; Escher, M.
u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 453, 2, 373; Weber-Krebs, F., Die
Markgrafen von Baden im Herzogtum Luxemburg
(1487-1797), 2007.
Luxeuil (Reichsabtei, Residenz). L. am Westrand
der Vogesen wurde um 590 von dem Iren Columban nahe dem im 4. Jahrhundert oder
erst um 450 zerstörten römischen Luxovium gegründet. Vom 11. bis 16.
Jahrhundert war es Reichsabtei. Es hatte Güter im Rhonetal, in der Provence, im
Elsass, in der Champagne und in Ponthieu (im 10. Jahrhundert möglicherweise
15000 Hufen), die sich im 11. Jahrhundert verminderten. 1248 unterstellte es
sich dem Schutz des Herzogs von Lothringen, 1258
dem der Grafen von Champagne. 1534 wurde das Land der Abtei Burgund förmlich
einverleibt. 1790 wurde L. in Frankreich aufgehoben.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) D5; Prinz, F., Frühes Mönchtum
in Frankreich, 1965; Moyse, G., Luxeuil, LexMA 6 1992, 34; Cugnier, G.,
Histoire du monastère de Luxeuil, Bd. 1 2003; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 677, 1, 2, 353;
Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 2, 377.
Mägdeberg (Herrschaft). Der schon vorgeschichtlich
besiedelte M. bei Singen kam vermutlich als alemannisches Herzogsgut bzw. fränkisches Königsgut im 8.
Jahrhundert an Sankt Gallen und um 920 wohl durch Tausch an die Abtei
Reichenau. 1343 wurde die zugehörige Herrschaft an die Reichenauer
Ministerialen von Dettingen/Tettingen verpfändet und 1358 an die habsburgischen
Herzöge von Österreich verkauft. Das Pfand kam 1359 von den Dettingen an
Württemberg. 1481 musste Württemberg M. an Habsburg/Österreich herausgeben. Von
1518 bis 1528 als Pfand, dann als Erblehen kam die Burg M. an die Herren von
Reischach, 1622-1638 an Johann Eggs, 1649-1656 an Hans Jakob von Buchenberg,
1657-1762 an die Freiherren bzw. Grafen von Rost und 1774-1840 an die Grafen
von Enzenberg (Enzberg). M. gelangte über Baden 1951/1952 zu Baden-Württemberg.
L.: Hölzle, Beiwort 10; Dobler, E., Burg und Herrschaft Mägdeberg, 1959.
Magdeburg (Erzstift, Herzogtum,
Residenz). An einem Übergang wichtiger Straßen über die Elbe (Brücke um 1260
nachweisbar) wird 805 erstmals M. (slaw. Medeburu, Honigheide?, oder zu as.
magath und as. burg) als Burg und Handelsplatz genannt. Nach einer Zerstörung
am Beginn des 10. Jahrhunderts wurde M., das 929 im Heiratsgut der Gemahlin
Ottos des Großen erscheint, um 936 durch König Otto den Großen erneuert (937 Königshof,
942 Pfalz bezeugt). 937 stiftete er das 968 in ein Domstift umgewandelte
Moritzkloster, 965 verlieh er das Marktrecht und 968 gründete er das
ungewöhnlich kleine Erzbistum M. (erster Bischof Abt Adalbert von Weißenburg)
als kirchliches Zentrum für die Gebiete östlich der Elbe, zu dem die Bistümer
Brandenburg, Havelberg, Meißen (bis 1399), Merseburg, Posen (bis etwa 1000),
Zeitz(-Naumburg) und Lebus (ab 1420) gehörten. Mit der Einrichtung des
Erzbistums Gnesen im Jahre 1000 wurden die Ausdehnungsmöglichkeiten nach Osten
beseitigt. Unter erzbischöflicher Herrschaft blühte der Ort als wichtiger
Osthandelsplatz rasch auf. 1128 kaufte das Erzstift die Grafschaft
Alsleben/Saale. Unter Erzbischof Wichmann (1152-1192) wurde 1166 die
Reichsabtei Nienburg und durch Kauf das Gut der Pfalzgrafen von Sommerschenburg
(1179) erworben und wurde 1188 Magdeburgs besonderes Recht aufgezeichnet, das
später auf zahlreiche Ostsiedlungen übertragen wurde, für die M. meist auch die
Funktion als Oberhof übernahm. Schon im 12. Jahrhundert begann eine gewisse
Lösung der Stadt vom Stadtherrn (seit ca. 1240 Rat, 1294 faktischer Erwerb des
Schultheißenamtes, jedoch 1331 Huldigungspflicht), die aber nie zur
Reichsstandschaft des um 1400 etwa 30000 Einwohner zählenden Ortes führte. Die
Einführung der Reformation (1524) vertiefte den Gegensatz zwischen Stadt und
Erzbischof, der seine Residenz 1503 nach Halle (bis 1714) verlegt hatte. Am 10.
5. 1631 verbrannte die Stadt bei der Eroberung durch Tilly fast vollständig. Im
schon 1545 beginnenden Kampf um das Erzstift, dessen Herrschaft die Magdeburger
Börde, die Länder Jerichow (zwischen Elbe und Havel bis zum Plauer See) und
Jüterbog sowie die Gegend von Halle umfasste, wurde 1635 die Überlassung
Magdeburgs an Prinz August von Sachsen erreicht, dann aber 1648 der Übergang
Magdeburgs an Brandenburg/Preußen bestimmt, das sich nach dem Tod des letzten
Administrators 1680 gegen Sachsen (Kursachsen) durchsetzte, das als Abfindung
die Ämter Querfurt, Jüterbog, Dahme und Burg erhielt, das letztere aber 1687 an
Brandenburg veräußerte. In Brandenburg war das Erzstift Herzogtum und zählte zum niedersächsischen Reichskreis. 1807 kam M.
mit (1773) 5400 Quadratkilometern (91 Quadratmeilen) und 29 Städten zum
Königreich Westphalen und wurde Sitz des Elbdepartements. 1814 fiel es an
Preußen zurück. 1815 wurde M. Hauptstadt der Provinz Sachsen Preußens und Sitz
des Regierungspräsidenten des Regierungsbezirks M. Seit 1. 7. 1945 gehörte M.,
das 1945 stark zerstört und im April 1945 von amerikanischen Truppen eingenommen
wurde, zur sowjetischen Besatzungszone bzw. seit 1949 zur Deutschen
Demokratischen Republik. Seit 1952 war es Hauptstadt eines der Bezirke der
Deutschen Demokratischen Republik, der 1990 wieder im Land Sachsen-Anhalt
aufging. Das Bistum M. wurde 1992/1994 Suffragan von Paderborn.
L.: Wolff 427f.; Zeumer 553 II b 2; Wallner 706 NiedersächsRK 4; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) F2, III 22 (1648) E2, III 38 (1789) D1;
Gringmuth-Dallmer, H., Magdeburg-Wittenberg, (in) Geschichte der deutschen
Länder, Bd. 1; Die Territorien des Reichs 2, 68; Regesta archiepiscopatus
Magdeburgensis, Bd. 1ff. 1876ff.; Opel, J., Die Vereinigung des Herzogtums Magdeburg mit Kurbrandenburg, 1880;
Urkundenbuch der Stadt Magdeburg, hg. v. Hertel, G., Bd. 1ff. 1892ff.; Wolter,
F., Geschichte der Stadt Magdeburg, 1902; Kehr, P., Das Erzbistum Magdeburg und
die erste Organisation der christlichen Kirche in Polen, 1920; Brackmann, A.,
Magdeburg als Hauptstadt des deutschen Ostens, 1931; Bauermann, J., Umfang und
Einteilung der Erzdiözese Magdeburg, Zs. d. Vereins f. Kirchengesch. der
Provinz Sachsen 29 (1933); Urkundenbuch des Erzstifts Magdeburg, Bd. 1
(937-1192), hg. v. Israel, F./Möllenberg, W., 1937; Wiebeck, G., Zur Methodik
des Kartenvergleichs, 1938, Mitt. d. Reichsamts f. Landesaufnahme, Sonderheft
16; Rörig, F., Magdeburgs Entstehung und die ältere Handelsgeschichte, 1952;
Schwineköper, B., Die Anfänge Magdeburgs, (in) Vorträge und Forschungen 4
(1958), 389ff.; Schlesinger, W., Kirchengeschichte Sachsens im Mittelalter, Bd.
1f. 1962; Fischer, E., Magdeburg zwischen Spätabsolutismus und Bürgerlicher
Revolution, Diss. Halle-Wittenberg 1966; Claude, D., Geschichte des Erzbistums
Magdeburg bis in das 12. Jahrhundert, Bd. 1 1972ff.; Geschichte der Stadt
Magdeburg, hg. v. Asmus, H., 1975; Schrader, F., Ringen, Untergang und
Überleben der katholischen Klöster in den Hochstiften Magdeburg und Halberstadt
von der Reformation bis zum Westfälischen Frieden, 1977; Ebel, F., Magdeburger
Recht, Bd. 1f. 1983ff.; Schrader, F., Stadt, Kloster und Seelsorge, 1988;
Kintzinger, M., Magdeburg, LexMA 6 1992, 71; Burg – Burgstadt – Stadt, 1994;
Repertorium der Policeyordnungen der frühen Neuzeit, hg. v. Härter,
K./Stolleis, M., Bd. 2 1998; Beumann, H., Theutonum nova metropolis, 2000; Asmus,
H./Wille, M., 1200 Jahre Magdeburg, 2000; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 479, 1, 2, 355.
Mähren (Markgrafschaft, Markgrafentum). Bis in
die Mitte des ersten vorchristlichen Jahrhunderts siedelten im „Gebiet an der
March“ zwischen der Böhmisch-Mährischen Höhe, den Ostsudeten, Westbeskiden,
Kleinen Karpaten und dem Javornikgebirge Kelten, bis zum sechsten Jahrhundert
Germanen (Quaden, Heruler, Rugier, Langobarden), danach um 530 von Norden und
um 600 von Süden Slawen. Im 9. Jahrhundert (etwa ab 833) entstand das um 850
tributäre Bindungen an das Ostfrankenreich abschüttelnde Großmährische Reich
(Swatopluk 870-894), nach dessen Zerfall im 10. Jahrhundert M. Streitobjekt
zwischen Ungarn und Böhmen (Przemysliden) wurde. Nach kurzer Herrschaft Polens
zu Beginn des 11. Jahrhunderts (um 1003-1010) fiel M. an Böhmen und wurde den
nachgeborenen böhmischen Herzogssöhnen
zugeteilt. 1182 erhielt es von Kaiser Friedrich I. Barbarossa die
Reichsunmittelbarkeit als Markgrafschaft, blieb aber lehnsrechtlich an Böhmen
gebunden und nur über dieses dem Reich angeschlossen. Danach erlebte M.
bedeutenden Zuwachs an deutscher Bevölkerung. Hauptstadt wurde Olmütz (bis
1641), dann Brünn. Nach dem Aussterben der Markgrafen (1306) gab König Karl IV.
1349 M. seinem Bruder Johann Heinrich. Mit dem Aussterben dieser Linie fiel M.
an den König von Böhmen, danach an den späteren Kaiser Sigmund, der es 1423
seinem Schwiegersohn Herzog Albrecht von
Österreich (König Albrecht II.) überließ. Nach dem Tod des nachgeborenen Sohnes
Albrechts, Ladislaus Postumus, 1457 kam es an Polen, Ungarn und dann an Böhmen.
1526 fiel M. mit Böhmen nach der Schlacht von Mohacs endgültig an Österreich.
Das Markgrafentum umfasste die Kreise Olmütz, Hradisch, Brünn, Znaim und Iglau.
1849 wurde M. Kronland in Österreich. Am 28. 10. 1918 wurde es Teil der
Tschechoslowakei. Das Münchener Abkommen von 1938 löste die Landeshoheit auf,
grenzte das nördliche, deutsch besiedelte Mähren-Schlesien als Regierungsbezirk
Troppau vom tschechisch besiedelten Mittelmähren ab und gliederte das
vorwiegend deutsch besiedelte Südmähren dem Regierungsbezirk Niederdonau an.
Von März 1939 bis Mai 1945 bildete das verbleibende M. zusammen mit einem
ebenfalls verkleinerten Böhmen das Reichsprotektorat Böhmen und M. Nach 1945
stellte die dritte tschechoslowakische Republik unter Vertreibung von etwa
einer Million Deutschen die alten Landesgrenzen wieder her (1993 Tschechien, Tschechische
Republik).
L.: Wolff 466ff.; Großer Historischer Weltatlas II 34 (1138-1254) H4, II 66
(1378) I/K 4, II 78 (1450) H4, III 22 (1648) H4; Schwoy, F., Topographie vom
Markgrafthum Mähren, Bd. 1ff. Wien 1793ff.; Codex diplomaticus et epistolaris
Moraviae, hg. v. Chlumecky u. a., Bd. 1ff. 1836ff.; Bretholz, B., Geschichte
Mährens, Bd. 1f. 1893ff.; Juritsch, G., Die Deutschen und ihre Rechte in Böhmen
und Mähren im 13. und 14. Jahrhundert, 1905; Bretholz, B., Geschichte Böhmens
und Mährens, Bd. 1ff. 1921ff.; Peterka, O., Rechtsgeschichte der böhmischen
Länder, Bd. 1f. 1923ff., Neudruck 1965; Kartographische Denkmäler der
Sudetenländer, hg. v. Brandt, B., 10 Hefte 1930ff.; Sudentendeutsches
Ortsnamenbuch, hg. v. Gierach, K./Schwarz, E., 1932ff.; Grögler, A., Das
Landkartenwesen von Mähren und Schlesien seit Beginn des 16. Jahrhunderts,
1943; Sudetendeutscher Atlas, hg. v. Meynen, E., 1954; Krallert, W., Atlas zur
Geschichte der deutschen Ostsiedlung, 1958; Wegener W., Böhmen/Mähren und das
Reich im Hochmittelalter, 1959; Schwarz, E., Volkstumsgeschichte der
Sudetenländer, Bd. 2: Mähren-Schlesien, 1966; Glassl, H., Der mährische
Ausgleich, 1967; Handbuch der Geschichte der böhmischen Länder, hg. v. Bosl,
K., Bd. 1ff. 1967ff.; Schacherl, L., Mähren, 1968; Seibt, F., Deutschland und
die Tschechen, 1974; Válka, J., Die Stellung Mährens im Wandel des böhmischen
Lehensstaates, (in) Europa 1500, 1986, 292ff.; Bernt, A., Die Germanen und
Slawen in Böhmen und Mähren, 1989; Hrabovec, E., Vertreibung und Abschub – Deutsche
in Mähren 1945-1947, 2. A. 1996; Zemlicka, J., Mähren, LexMA 6 1992, 106;
Deutsche Geschichte im Osten Europas, Böhmen und Mähren, hg. v. Prinz, F.,
1993; Schlinker, S., Fürstenamt und Rezeption, 1999, 37.
Mailand (Stadtkommune, Stadtstaat, Herzogtum). Kaiser Diokletian († 313) erhob das
vielleicht schon etruskische, danach auf einer Gründung der Insubrer beruhende,
seit 222 v. Chr. römische Mediolanum in der Poebene, das schon in der Spätantike
einen Bischof (erster sicher belegter Bischof um 200) bzw. Erzbischof
beherbergte, 286 zur Residenzstadt. 489 geriet es unter die Herrschaft der
Goten, nach schweren Zerstörungen (493, 539) 569 der Langobarden, unter denen
es hinter Pavia zurücktrat, gleichwohl aber Sitz eines Herzogtums
wurde. Nach Unterwerfung des langobardischen Reiches durch König Karl den
Großen 774 wurde M. Teil des fränkischen Reiches und Sitz eines Grafen. 951 kam
es unter König Otto dem Großen mit dem Königreich Italien erneut an das Reich
und überflügelte allmählich Pavia, dessen Königspfalz 1024 zerstört wurde. Um
1050 kam es zu einer (ersten) Pataria, 1120/1130 zu Ausläufern (einer zweiten
Pataria). Im 12. Jahrhundert wurde es mit seinen im Jahre 1097 nachweisbaren consules,
die im 12. Jahrhundert die Grafschaftsrechte an sich zogen, Führer der gegen
den Kaiser gerichteten lombardischen Städtebewegung, so dass es Kaiser
Friedrich I. Barbarossa 1162 vollkommen zerstören ließ. 1167 begann der
Wiederaufbau. 1183 musste der Kaiser nach der Niederlage von Legnano die
städtische Selbstregierung unter der Oberhoheit des Reiches anerkennen. 1225
entstand ein Liber statutorum. 1240 kam die guelfische Familia della Torre an
die Macht, ging 1259 zur Signorie über und erhielt 1274 von König Rudolf von
Habsburg das Reichsvikariat. 1277 wurde sie von der ghibellinischen Familie
Visconti gestürzt, die 1294 das Reichsvikariat bestätigt bekam. Sie erlangte
allmählich die Herrschaft in ganz Mittelitalien und Oberitalien (Verona,
Vicenza, Padua, Perugia, Assisi, Siena, Pisa, Bologna), 1380 das Reichsvikariat
der Lombardei und 1395 durch Kauf die Erhebung der Herrschaft zum Herzogtum M. Im 15. Jahrhundert gingen große Teile
verloren (Verona, Parma, Piacenza), die zum Teil an Venedig fielen, zum Teil
selbständig wurden. 1447/1450 gelangte die Herrschaft nach dem Aussterben der
Visconti (1447) über die Erbtochter an die Sforza. 1494 verlieh König
Maximilian I. das Herzogtum an Lodovico il Moro.
1499 wurde M. von Frankreich, das Erbansprüche nach den Visconti geltend
machte, erobert, das 1505 mit ihm belehnt wurde. 1512 wurde es ihm mit dem
Tessin, Bormio, Veltlin und Chiavenna von der Schweiz entrissen, die nach dem
Sieg Frankreichs 1515 aber nur den Tessin halten konnte. 1521 und erneut 1525
kam es an Kaiser Karl V., dann an die Sforza, 1529 wieder an Frankreich und
1535 nach dem Aussterben der Sforza als erledigtes Lehen wieder an das Reich,
das es an Karls V. Sohn Philipp II. und damit an die spanischen Habsburger
(Spanien) ausgab. 1713/1714 fiel M. nach dem spanischen Erbfolgekrieg mit den
Grafschaften Pavia und Angleria sowie den Markgrafschaften Castro und Malgrate
an die deutschen Habsburger in Österreich. 1735 und 1748 mussten verschiedene
Teile (Novara, Tortona) an Savoyen abgetreten werden, doch blühte M. infolge
aufgeklärter Reformen rasch auf. 1797/1801 kam M. an Frankreich (Zisalpinische
Republik, 1805 Königreich Italien), womit die Zugehörigkeit zum Reich erlosch.
1815 wurde es mit Venedig als Lombardo-Venetianisches Königreich (Lombardo-Venezianisches
Königreich) Österreich zugeteilt. 1848 erhob sich M. vergeblich gegen
Österreich. 1859 musste Österreich nach der Niederlage von Magenta M. aufgeben.
M. kam zu Sardinien (Sardinien-Piemont) und damit zu Italien (1861).
L.: Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) E6, II 78 (1450) F4, III 22
(1648) D6; Cusani, F., Storia di Milano, Bd. 1ff. 1861f.; Anemüller, E., Geschichte der
Verfassung Mailands in den Jahren 1075-1117, 1881; Ady, C., History of Milano
under the Sforza, 1907; Muir, D., History of Milano under the Visconti, 1924;
Visconti, A., Storia di Milano, 1937, Neudruck 1979; Cazzamini-Mussi, F.,
Milano durante la dominazione spagnola, 1947; Bosisio, A., Storia di Milano,
1958; Verri, P., Storia di Milano, Bd. 1ff. 1962; Benedikt, H., Kaiseradler über dem Apennin (!), 1964;
Dilcher, G., Die Entstehung der lombardischen Stadtkommune, 1967; Ferria, A., I
terribili Sforza, 1970; Keller, H., Senioren und Vasallen. Untersuchungen über
die Führungsschicht in den lombardischen Städten des 9.-12. Jahrhunderts, unter
besonderer Berücksichtigung Mailands, 1972; Keller, H., Adelsherrschaft und
städtische Gesellschaft in Oberitalien, 9.-12. Jh., 1979; Castellaneta, C.,
Storia di Milano, 2. A. 1976; Visconti, A., Storia di Milano, 1979; Blastenbrei,
P., Die Sforza und ihr Heer, 1987; Ambrosiani, A./Chittolini, G., Mailand,
LexMA 6 1992, 106; Hermes, R., Totius libertatis patrona, 1999; Schlinker, S.,
Fürstenamt und Rezeption, 1999, 191; Zumhagen, O., Religiöse Konflikte und
kommunale Entwicklung, 2001; Grillo, P., Milano in età comunale (1183-1276),
2001; I notai della curia arcivescovile di Milano, hg. v. Belloni, C. u. a.,
2004.
Mainau (Deutschordenskommende, Kommende des
Deutschen Ordens). M. am Bodensee kam 724 aus konfisziertem alemannischem Herzogsgut bzw. fränkischem Königsgut bzw.
alemannischem Herzogsgut an die Abtei Reichenau.
Seit 1241 nannten sich Ministeriale nach M. Aus deren Erbe überließ Arnold von
Langenstein 1271 die Insel und das davor gelegene Bodenseeufer unter Eintritt
in den Deutschen Orden dem Deutschordenshaus Sandegg im Thurgau. Von 1272 bis
1805 gehörte sie mit der um 1500 erworbenen Herrschaft Blumenfeld im Hegau als
Teil der Ballei Elsass und Burgund (Elsass-Schwaben-Burgund) dem Deutschen
Orden. Sie zählte zum schwäbischen Reichskreis. 1805 fiel sie an Baden. Von
Großherzog Friedrich II. kam das Eigentum an M. 1928 an seine Schwester Königin
Viktoria von Schweden und 1930 an deren Enkel Graf Lennart Bernadotte.
L.: Wolff 195; Wallner 687 SchwäbRK 34; Roth von Schreckenstein, K., Die Insel
Mainau, 1873; Babo, W. Frhr. v., Die Deutschordenskommende Mainau in den
letzten Jahrzehnten vor der Säkularisation und ihr Übergang an Baden, 1952;
Feger, O., Die Deutschordenskommende Mainau, 1958; Egg, E., Geschichte der
Insel Mainau, 1958; Das Urbar der Deutschordenskommende Mainau von 1394, bearb.
v. Diefenbacher, M., 1989.
Malgrate (Markgrafschaft). Im 18. Jahrhundert
zählte M. zu dem von Österreich beanspruchten Lehen Herzogtum
Mailand.
L.: Aretin, Das alte Reich 2, 374.
Mantua (Stadtkommune, Reichsvikariat,
Markgrafschaft, Herzogtum). M. am Mincio wurde
vermutlich von den Etruskern gegründet und kam nach der gotischen und
langobardischen Zeit (603) 774 an das fränkische Reich. Hier war es Sitz eines
Bistums und einer Grafschaft (819), die im 10. Jahrhundert (977) an das Haus
Canossa (Markgrafen von Tuszien) fiel. Nach dessen Ende (1115) erlangte M.
Selbständigkeit und trat 1167 dem Bund der lombardischen Städte bei. 1236
eroberte Kaiser Friedrich II. die danach bald wieder unabhängige Stadt. 1263
entstand unter den Bonaccolsi eine Signorie. 1311 bestätigte König Heinrich
VII. den in den Kämpfen der großen Geschlechter der Stadt siegreichen Rinaldo
Bonaccolsi-Passerino als Reichsvikar. 1329 verlieh Kaiser Ludwig der Bayer
Luigi Gonzaga das Reichsvikariat über M., das dieser zu einer umfassenden Herrschaft
ausbaute. Kaiser Sigmund erhob 1432 Gianfrancesco Gonzaga zum Markgrafen,
Kaiser Karl V. 1530 Frederigo II. zum Herzog von
M. Dieser gewann 1536/1559 die 1574 zum Herzogtum
erhobene Markgrafschaft Montferrat hinzu. Nach dem Aussterben der italienischen
Hauptlinie der Gonzaga 1627 versuchte der Kaiser, die Länder M. und Montferrat
als erledigte Reichslehen einzuziehen und an Spanien auszugeben, doch fiel das Herzogtum nach dem mantuanischen Erbfolgekrieg
1630/1631 an den Duc de Nevers (eine jüngere Linie der Gonzaga), der einen Teil
Montferrats an Savoyen abtreten musste, das seinerseits Pinerolo (Pignerolo) an
Frankreich verlor. Im spanischen Erbfolgekrieg zog Kaiser Leopold I. M. wegen
des Übertritts des letzten Nevers zu Frankreich als erledigtes Reichslehen ein
und vereinigte es bis auf das 1703 an Savoyen gegebene restliche Montferrat
1745 mit dem bereits früher an Habsburg/Österreich gefallenen Herzogtum Mailand. 1801 erhob Napoleon nach der
Eroberung Mantuas dieses zur Hauptstadt der Zisalpinischen Republik (1805
Königreich Italien), doch kam es nach den Befreiungskriegen (1810 Erschießung
Andreas Hofers) 1814 zum Lombardo-Venetischen Königreich Österreichs zurück
(Festungsviereck M., Verona, Peschiera, Legnago). 1859 wurde es mit Venetien
vereinigt und kam 1866 an das neue Königreich Italien (1861).
L.: Großer Historischer Weltatlas II 48 (1300) D2, II 78 (1450) G4, III 12
(16./17. Jh.) D2, III 22 (1648) E6; Schneider, B., Der mantuanische
Erbfolgestreit, 1905; Quazza, R., La guerra per la successione di Mantua, Bd.
1f. 1925f.;
Brinton, S., The Gonzaga lords of Mantua, 1927; Mantova, hg. v. Coniglio,
G./Faccioli, E./Paccagnini, G., La storia, Bd. 1ff. 1958ff.; Colorni, V., Il
territorio mantovano nel Sacro Romano Impero (800-1274), 1959; Mardi, B.,
Mantuanitas vergiliana, 1963; Schmid, E., Mantua, Cremona, Lodi, 1964;
Pescasio, L., Parnasco mantovano, 1969-1971; Mozzarelli, C., Lo stato
gonzaghesco. Mantua dal 1328 al 1707, (in) Storia d’Italia, hg. v. Galasso, G.,
17 1979, 359; Vaini, M., Dal Comune alla Signoria, 1986; Lazzarini, I., Mantua,
LexMA 6 1992, 206; Lazzarini, I., Fra un principe e altri stati, 1996;
Schlinker, S., Fürstenamt und Rezeption, 1999, 192.
Marlborough (Reichsfürst). 1705 wurde John Churchill
Herzog von Marlborough (1650-1722) auf der
Grundlage des Fürstentums Mindelheim zum Reichsfürsten erhoben.
L.: Klein 160.
Massa (Herrschaft). M. in der Toskana wird 882
erstmals genannt. Seit 1434/1442 gehörte die Herrschaft M. den Malaspina, die
1473 auch Carrara erlangten. Sie wurden 1568 zu Fürsten und 1664 zu Herzögen
erhoben. 1731 erloschen sie im Mannesstamm. Über die Erbtochter kam das Herzogtum 1741 an Modena-Este.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 48 (1300) D3; Sassi, F., I primordi del
principato massese, 1930; Ragionamento storico intorno l’antica città di Luni e
quella di Massa di Lunigiana, 1977.
Mattsee (Herrschaft). Wahrscheinlich stiftete Herzog Tassilo III. von Bayern 777 das 783/784
erstmals belegte Kloster, das 817 königliche Abtei war und 907 zusammen mit
Altötting dem Hochstift Passau übertragen wurde. 1390/1398 verkauften die
Bischöfe von Passau die schon mehrfach verpfändete, von der Burg M. aus
verwaltete Herrschaft M. mit Straßwalchen an das Erzstift Salzburg, das 1803 an
Toskana und 1805 an Österreich kam.
L.: Wolff 133; Erben, W., Quellen zur Geschichte des Stiftes und der Herrschaft
Mattsee, 1896; 1200 Jahre Stift Mattsee, Festschrift, 1977.
Mechernich (Reichsherrschaft). Die nur 678 Hektar
umfassende reichsunmittelbare Herrschaft M. östlich von Gemünd in der Eifel
unterstand im 14. Jahrhundert den Herzögen von Jülich. In der Mitte des 15.
Jahrhunderts erfolgte unter Beibehaltung der gemeinsamen hohen Obrigkeit und
Hochgerichtsbarkeit eine Teilung. Eine Hälfte kam über die Rode, Frambach von
Birgel, Nesselrode (1488), Twickel (1720) 1771 mit weiteren Gütern an den Herzog von Arenberg, die andere Hälfte von den Grafen
von Blankenheim 1674 als Erbe an die Nesselrode und 1700 an die Grafen von
Nesselrode-Reichenstein. 1794 besetzte Frankreich beide Teile. 1815 fielen sie
mit der Rheinprovinz an Preußen und 1946 an Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 497f.
Mecklenburg (Fürsten, Herzogtum,
Land, Landesteil). Das schon in der Mittelsteinzeit besiedelte, naturräumlich
nicht stark ausgegrenzte Gebiet zwischen Pommern, Brandenburg und
Schleswig-Holstein war bis etwa 500 n. Chr. von Germanen (Langobarden, Sachsen,
Semnonen, Angeln) bewohnt. Um 600 besiedelten die slawischen Abodriten und
Liutizen, Kessiner und Zirzipanen das freigewordene Land. Ihre unter König Karl
dem Großen (789ff.) und König Heinrich I. (928-934) hergestellte Abhängigkeit
vom fränkischen bzw. deutschen Reich war jeweils nur von kürzerer Dauer. Das um
1060 auf der 995 erstmals erwähnten Burg M. (Michelenburg) bei Wismar, die im
10./11. Jahrhundert Hauptfürstensitz der abodritischen Wenden war, gegründete
Bistum M. ging im Slawenaufstand von 1066 unter. Erst unter Herzog Heinrich dem Löwen gelang die dauerhafte
Eingliederung. Dabei geriet seit 1142 der Westen in die Hand der Grafen von
Ratzeburg und Dannenberg. 1154 wurde das Bistum Ratzeburg, nach 1160 das Bistum
Schwerin gegründet. Heinrich der Löwe besiegte 1160 den im Osten herrschenden
abodritischen Fürsten Niklot aus dem Haus der Nakoniden, das die Abodriten im
11./12. Jahrhundert geeint hatte. 1167 gab er aber das Gebiet mit Ausnahme der
neugeschaffenen Grafschaft Schwerin (Länder Wittenburg, Boizenburg) an Niklots
Sohn Pribislaw, den Gründer der bis 1918 regierenden Dynastie, als Lehen
Sachsens zurück. Bald nach Heinrichs des Löwen Sturz (1180) kam das Gebiet bis
1227 unter die Oberherrschaft Dänemarks, unter der das Land Gadebusch
(Gadelsbusch) aus der Grafschaft Ratzeburg M. zugeschlagen wurde (1203). 1256
wurde M. als Fürstensitz von Wismar abgelöst, doch wurde der Ortsname
Landesname. 1229/1238 teilten die vier Urenkel Pribislaws M. in die vier Linien
Mecklenburg(-Schwerin, das Land um die Wismarbucht und den Schweriner See),
Werle (mit Güstrow, Land Wenden), Rostock und Parchim (Parchim-Richenberg), die
sich ihrerseits weiter verzweigten. Die Fürstentümer Parchim (1256), Rostock
(1314/1323) und Werle (1436) fielen bei ihrem Erlöschen an M. zurück, das
außerdem 1298/1300 durch Heirat Stargard als Lehen Brandenburgs (mit Lychen und
Wesenberg), 1320 Grabow, 1350 Stadt und Land Fürstenberg, zwischen 1343 und
1358 Schwerin (Verdrängung der Grafen von Schwerin nach Tecklenburg) und 1372
von den Herzögen von Sachsen Stadt und Land Dömitz erlangte, 1347 nach Ablösung
der Lehnshoheit Sachsen-Lauenburgs und Brandenburgs Reichsunmittelbarkeit
erwarb und am 8.7.1348 von König Karl IV. zum Herzogtum
(Reichslehen) erhoben wurde. Als 1471 die 1352 von Mecklenburg-Schwerin erneut
abgezweigte Linie Stargard ausstarb, lag die Herrschaft über ganz M., das
später zum niedersächsischen Reichskreis zählte, bei der Hauptlinie Mecklenburg-Schwerin,
die 1442 den Markgrafen von Brandenburg Erbhuldigung leistete und
Erbanwartschaft zugestehen musste. Neue Teilungen (nach der schon 1534
erfolgten tatsächlichen Trennung einer 1503/1520 vereinbarten Samtherrschaft)
von 1555 (bis 1610) und 1621 führten zur Bildung der Herzogtümer
Mecklenburg-Schwerin im Westen und Mecklenburg-Güstrow im Osten, doch blieben
die Landstände, die Stadt Rostock und die 1419 gegründete Universität Rostock,
das Hofgericht und - nach Einführung der Reformation - das Konsistorium
gemeinsam. 1610 fiel Mecklenburg-Schwerin an Mecklenburg-Güstrow. Nach der
erneuten Teilung (1621) verloren die Herzöge 1628/1629-1631 ihre Länder über
das Reich an Wallenstein, 1648 Wismar, Poel und Neukloster an Schweden (bis
1803/1903), erhielten aber andererseits die säkularisierten Hochstifte Schwerin
und Ratzeburg und die Komtureien Mirow (Mecklenburg-Schwerin) und Nemerow
(Mecklenburg-Güstrow). Nach dem Erlöschen der Güstrower Linie (1695) bildeten
sich am 8. 3. 1701 die Linien Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz,
das im Wesentlichen aus dem Fürstentum Ratzeburg (ohne Stadt Ratzeburg
[ausgenommen die Dominsel]), der Herrschaft Stargard und den Komtureien Mirow
und Nemerow bestand, wobei Landstände, Landtage und Gerichte gemeinsam blieben.
1755 schloss der Herzog von Mecklenburg-Schwerin
mit den Ständen einen landesgrundgesetzlichen Vergleich. 1808 traten beide
Herzöge dem Rheinbund bei und wurden 1815 zu Großherzögen erhoben.
Mecklenburg-Strelitz erhielt außerdem noch ein Gebiet (drei Kreise) in der
Eifel mit etwa 10000 Einwohnern, das es 1819 an Preußen verkaufte. Eine am 3.
8. 1849 eingeführte liberale Verfassung wurde auf Einspruch
Mecklenburg-Strelitzs und der Ritterschaft 1850 aufgehoben. 1866/18677 traten
beide Großherzogtümer auf preußischen Druck dem Norddeutschen Bund und 1868 dem
Deutschen Zollverein bei. Der Großherzog von Mecklenburg-Strelitz beging am 29.
2. 1918 Selbstmord, der Großherzog von Mecklenburg-Schwerin dankte am 14. 11.
1918 für beide Länder ab. Durch die Verfassung vom 17. 5. 1920 wurde der
Freistaat Mecklenburg-Schwerin, durch das Landesgrundgesetz vom 29. 1. 1919/24.
5. 1923 Mecklenburg-Strelitz parlamentarisch-demokratische Republik. Zum 1. 1.
1934 wurden beide Länder durch Gesetz zum Land M. mit Regierungssitz in
Schwerin vereinigt. 1937 erfolgte ein Gebietsaustausch, in dem die
ratzeburgisch-mecklenburgischen Enklaven Breitenfelde, Mannhagen und Althorst
zu Preußen und die bis dahin lübeckische Gegend um Schattin zu M. gelangten.
1945 kam M., um Vorpommern westlich der Oder (mit Rügen, aber ohne Stettin)
vergrößert, jedoch um ein der Stadt Ratzeburg nach Osten hin vorgelagertes
Gebiet um Ziethen, Bäk und Mechow (britische Besatzungszone) verkleinert, zur
sowjetischen Besatzungszone (22938 Quadratkilometer, 2,109 Millionen
Einwohner). Es erhielt am 16. 1. 1947 eine neue Verfassung. 1949 wurde M. ein
Land der Deutschen Demokratischen Republik. Durch Gesetz vom 23. 7. 1952 wurde
das Land aufgelöst (str.) und zusammen mit Teilen Brandenburgs (Uckermark, Westprignitz)
auf die Bezirke Schwerin, Rostock und Neubrandenburg aufgeteilt, zum 3.10.1990
aber als Mecklenburg-Vorpommern wiederhergestellt (Hauptstadt Schwerin), wobei
8 Gemeinden des Amtes Neuhaus 1990 den Landkreis Hagenow verließen, um sich in
Niedersachsen eingliedern zu lassen.
L.: Wolff 441; Wallner 706 NiedersächsRK 2; Die Territorien des Reichs 2, 166;
Mecklenburger Urkundenbuch, Bd. 1ff. 1863ff.; Strecker, W./Cordshagen, C.,
Mecklenburg, (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Böhlau, H., Mecklenburgisches
Landrecht, Bd. 1ff. 1871ff.; Büsing, O., Staatsrecht der Großherzogtümer
Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz, 1884; Buchka, G. v.,
Landesprivatrecht der Großherzogtümer Mecklenburg-Schwerin und
Mecklenburg-Strelitz, 1905; Sachsse, H., Die landständische Verfassung
Mecklenburgs, 1907; Witte, H., Mecklenburgische Geschichte, Bd. 1f. 1909ff.;
Vitense, O., Geschichte von Mecklenburg, 1920; Krause, H., System der
landständischen Verfassung Mecklenburgs in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts,
1927; Endler, E., Geschichte von Mecklenburg-Strelitz 1701-1933, 1935;
Schmaltz, K., Kirchengeschichte Mecklenburgs, Bd. 1ff. 1935ff.; Engel,
F./Schmidt, R., Historischer Atlas von Mecklenburg, 1935ff.; Heeß, W.,
Geschichtliche Bibliographie von Mecklenburg, Bd. 1ff. 1944; Engel, F.,
Erläuterungen zur historischen Siedlungsformenkarte Mecklenburg und Pommern,
1953; Hofer, E., Die Beziehungen Mecklenburgs zu Kaiser und Reich (1620-1683),
1956; Steinmann, P., Bauer und Ritter in Mecklenburg, 1960; Hamann, M., Das
staatliche Werden Mecklenburgs, 1962; Hamann, M., Mecklenburgische Geschichte.
Von den Anfängen bis zur Landständischen Union von 1523, 1968; Pagel, K.,
Mecklenburg. Biographie eines deutschen Landes, 1969; Geschichte der
Universität Rostock 1419-1969, hg. v. Heitz, G., Bd. 1f. 1969; Wieden, H. bei
der, Grundriss zur deutschen Verwaltungsgeschichte 1815-1945, B XIII
(Mecklenburg), 1976; Petersohn, J., Der südliche Ostseeraum im
kirchlich-politischen Kräftespiel des Reichs, Polens und Dänemarks vom 10. bis
13. Jahrhundert, 1979; Beiträge zur pommerischen und mecklenburgischen
Geschichte, hg. v. Schmidt, R., 1981; Wieden, H. bei der, Mecklenburg, LexMA 6
1992, 439; 1000 Jahre Mecklenburg, 1995; Ein Jahrtausend Mecklenburg und
Vorpommern, 1995; Handbuch der historischen Stätten, Bd. 12
Mecklenburg-Vorpommern, 1995; Schlinker, S., Fürstenamt und Rezeption, 1999,
140; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W.
u. a., 2003, 1, 1, 166, 844; Die früh- und hochmittelalterliche
Siedlungsentwicklung im nördlichen Mecklenburg im Lichte der Ortsnamen, hg. v.
Foster, E. u. a., 2007; .Buddrus, M. u. a., Landesregierungen und Minister in
Mecklenburg 1871-1952, 2012; Zusammenschlüsse und Neubildungen deutscher Länder
im 19. und 20. Jahrhundert, hg. v. Kretzschmar, R. u. a., 2013, 153ff.
Mecklenburg-Güstrow (Herzogtum).
Die Linie M. der Herzöge von Mecklenburg entstand 1555 (bis 1610) bzw. 1621
durch Teilung. 1695 erlosch die Linie. Ihre Güter (im wendischen Kreis die
Städte Güstrow, Krakow, Goldberg, Plau, Malchow, Waren, Röbel, Penzlin,
Stavenhagen, Malchin, Teterow, Neukalen [Neukalden], Gnoien, Sülze [Sülte],
Marlow, Ribnitz, Tessin, Laage und Schwaan [Schwan], die Ämter Güstrow,
Goldberg, Marnitz, Plau, Wredenhagen, Stavenhagen, Neukalen [Neukalden],
Dargun, Gnoien, Ribnitz und Schwaan [Schwan], 255 adlige Güter, die Seestadt
Rostock mit deren Distrikt und die Klöster Dobbertin, Ribnitz und Malchow sowie
im stargardischen Kreis die Städte Neubrandenburg, Friedland, Woldegk
[Woldeck], Stargard, Strelitz, Fürstenberg und Wesenberg, die Ämter Wanzka,
Broda, Stargard, Feldberg, Strelitz, Fürstenberg, Wesenberg, Bergfeld, das
Heideamt, Mirow und Nemerow und etwa siebzig adlige Güter) fielen an
Mecklenburg-Schwerin.
L.: Wolff 441ff.; Zeumer 553 II b 25; Wallner 706f. NiedersächsRK 5, 10, 24;
Großer Historischer Weltatlas III 22 (1648) F2; Witte, H., Mecklenburgische
Geschichte, Bd. 1f. 1909ff.; Vitense, O., Geschichte von Mecklenburg, 1920;
Hamann, M., Das staatliche Werden Mecklenburgs, 1962.
Mecklenburg-Schwerin (Herzogtum,
Großherzogtum, Freistaat). Die Linie Mecklenburg(-Schwerin) des Hauses
Mecklenburg entstand bei der 1229/1238 erfolgten Teilung. Bis 1436/1471 beerbte
sie die übrigen Fürstentümer (Parchim, Rostock, Werle, Mecklenburg-Stargard).
1555 (bis 1610) bzw. 1621 entstand durch erneute Teilung das Herzogtum M., das 1695 die Linie Mecklenburg-Güstrow
beerbte. 1701 spaltete sich die Linie Mecklenburg-Strelitz ab. 1755 schloss der
Herzog von Mecklenburg-Schwerin mit den Ständen
einen landesgrundgesetzlichen Vergleich. Am Ende des 18. Jahrhunderts umfasste
das Herzogtum ein Gebiet von 129 Quadratmeilen. 1803
erhielt M. durch § 9 des Reichsdeputationshauptschlusses vom 25. 2. 1803 für
seine Rechte und Ansprüche auf zwei erbliche Kanonikate der Kirche zu Strasburg
(Straßburg), die ihm als Ersatz für den Hafen von Wismar gegeben waren, sowie
für seine Ansprüche auf die Halbinsel Priwall (Priwal) in der Trave (an Lübeck)
die Rechte und das Eigentum des Hospitals Lübeck in den Dörfern Warnkenhagen
(Warnekenhagen), Alt Bukow (Altenbuchow), Krummbrook (Crumbrook) bzw. Brook und
denen der Insel Poel. Durch Vertrag vom 6.6.1803 mit Schweden erlangte M.
Wismar, Poel und Neukloster pfandweise (1903 endgültig). 1806 wurde M. durch
Napoleon unter Militärverwaltung gestellt, 1807 aber wiederhergestellt. 1808
trat der Herzog dem Rheinbund bei, 1815 wurde er
zum Großherzog erhoben. Eine 1849 eingeführte Verfassung wurde 1850 aufgehoben.
1866/1867 trat der Großherzog auf preußischen Druck dem Norddeutschen Bund bei,
1868 dem Deutschen Zollverein. Am 14. 11. 1918 dankte er ab. Der Freistaat M.
gab sich am 17. 5. 1920 eine Verfassung. Zum 1. 1. 1934 wurde M. durch Gesetz
mit dem 1701 abgespalteten Mecklenburg-Strelitz zum Land Mecklenburg vereinigt.
L.: Wolff 441ff.; Zeumer 553 II b 24; Wallner 706 NiedersächsRK 2; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) F3, III 22 (1648), III 38 (1789) D/E1;
Strecker, W./Cordshagen, C., Mecklenburg, (in) Geschichte der deutschen Länder,
Bd. 1; Bauer 1, 351; Witte, H., Mecklenburgische Geschichte, Bd. 1f. 1909ff.;
Vitense, O., Geschichte von Mecklenburg, 1920; Hamann, M., Das staatliche Werden
Mecklenburgs, 1962; .Zusammenschlüsse und Neubildungen deutscher Länder im 19.
und 20. Jahrhundert, hg. v. Kretzschmar, R. u. a., 2013, 153ff.
Mecklenburg-Strelitz (Herzogtum,
Großherzogtum). 1701 entstand durch Teilung des Herzogtums
Mecklenburg das Herzogtum M., das im
Wesentlichen aus dem Fürstentum Ratzeburg (ohne Stadt Ratzeburg [ausgenommen
die Dominsel]) und der 42 Quadratmeilen großen Herrschaft Stargard (mit 42000
Einwohnern) bestand, die durch Mecklenburg-Schwerin getrennt waren. Außerdem
gehörten zu M. die Komtureien Mirow und Nemerow. 1808 trat der Herzog dem Rheinbund bei. 1815 wurde er zum Großherzog
erhoben. Drei während der Besetzung durch Frankreich (1794-1814) als Kantone entstandene,
als Entschädigung erhaltene Kreise in der Eifel (Cronenburg/Kronenburg [ohne
Steffler/Steffeln und Schuller/Schüller], Reifferscheid und Schleyden/Schleiden
[ohne Wolfsseiffen/Wollseifen] mit 10332 Einwohnern) verkaufte er am 21. 5.
1819 für eine Million Taler und einige Domänen an Preußen. 1866/1867 trat er
auf preußischem Druck dem Norddeutschen Bund, 1868 dem Deutschen Zollverein
bei. Am 23. 2. 1918 beging der letzte Großherzog Selbstmord. Die Regierung ging
an den Großherzog von Mecklenburg-Schwerin über, der am 14. 11. 1918 abdankte.
Am 29. 1. 1919/24. 5. 1923 erhielt M. ein Landesgrundgesetz. Zum 1. 1. 1934
wurde es durch Gesetz mit Mecklenburg-Schwerin zum Land Mecklenburg vereinigt.
L.: Großer Historischer Weltatlas III 38 (1789) E1; Strecker, W./Cordshagen,
C., Mecklenburg, (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Bauer 1, 373;
Endler, E., Geschichte des Landes Mecklenburg-Strelitz 1701-1933, 1935; Hamann,
M., Das staatliche Werden Mecklenburgs, 1962; Strauch, D., Birkenfeld, Lichtenberg,
Meisenheim etc. (in) Engagierte Verwaltung für die Wissenschaft, 2007, 487;
.Zusammenschlüsse und Neubildungen deutscher Länder im 19. und 20. Jahrhundert,
hg. v. Kretzschmar, R. u. a., 2013, 153ff.
Mehr (Herrlichkeit). Die adlige Herrlichkeit
Haffen und M. gehörte zum Herzogtum Kleve
(weselscher landrätlicher Kreis). Über Preußen gelangte das Gebiet 1946 zu
Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 317.
Meiderich (Herrlichkeit). Die adlige Herrlichkeit
M. bei Duisburg (heute Stadtteil) gehörte am Ende des 18. Jahrhunderts zum Herzogtum Kleve (weselscher landrätlicher Kreis). Über
Preußen gelangte M. 1946 zu Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 317.
Meißen (Hochstift, Residenz). Die 929 von König
Heinrich I. als Stützpunkt der deutschen Herrschaft im eroberten
Mittelelbegebiet angelegte Burg Misni an der Einmündung der Triebisch in die
Elbe war Sitz des auf Vorschlag Kaiser Ottos I. 968 von Papst Johannes XIII.
gegen die Slawen eingerichteten Bistums M. (erster Bischof Burkhard) zwischen
Bober, Queis, Erzgebirge, Lausitzer Gebirge, Mulde und mittlerer Spree, das dem
gleichzeitig eingerichteten Erzbistum Magdeburg unterstellt wurde. Die Bischöfe
vermochten als Reichsfürsten (1230) ein kleines Herrschaftsgebiet um das 1184
gegründete Stift Wurzen (Land Wurzen), Stolpen (1222) und im sog. Eigenschen
Kreis in der Oberlausitz zu bilden, gerieten aber trotz der äußerlich weiter
bestehenden Reichsunmittelbarkeit mehr und mehr in Abhängigkeit der Markgrafen
von M. bzw. des Hauses Wettin (1485). Seit etwa 1400 hielt sich der Bischof
meist in Stolpen, seit etwa 1500 meist in Wurzen auf. Das Bistum wurde 1399 dem
Papst unmittelbar unterstellt und nach der 1539 erfolgten Reformation faktisch
1581 aufgehoben. Das Hochstift kam (zur Administration) an Sachsen (1587/1666).
1818 wurden die Stiftslande dem Staatsgebiet Sachsens endgültig einverleibt.
1921 wurde das Bistum M. als exemtes Bistum mit Sitz in Bautzen wiederhergestellt.
Mit Sachsen fiel das Gebiet von 1949 bis 1990 in die Deutsche Demokratische
Republik.
L.: Wolff 378; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) G3; Codex
diplomaticus Saxoniae regiae II: Urkundenbuch des Hochstifts Meißen, hg. v.
Gersdorf, E., Bd. 1ff. 1864ff.; Kötzschke, R., Das Domstift Meißen in der
Landesgeschichte, (in) Der Dom zu Meißen, Festschrift des Hochstifts Meißen,
1929; Dittrich, P., Die Diözese Meißen unter der Kirchenpolitik der
Landesherren des 16. und 17. Jahrhunderts, 1961; Schlesinger, W.,
Kirchengeschichte Sachsens im Mittelalter, Bd. 1f. 1962; Rittenbach,
R./Seifert, S., Geschichte der Bischöfe von Meißen 968-1581, 1965; Lobeck, A.,
Das Hochstift Meißen im Zeitalter der Reformation bis zum Tode Herzog Heinrichs 1541, 1971; Huth, J., Der Besitz des
Bistums Meißen, (in) Jb. f. dt. Kirchengeschichte 1973, 77ff.; Streich, B., Die
Bistümer Merseburg, Naumburg und Meißen zwischen Reichsstandschaft und
Landsässigkeit, (in) Mitteldeutsche Bistümer im Spätmittelalter, 1988;
Blaschke, K., Meißen, LexMA 6 1992, 478; Ludwig, T., DO I. 406 und die
Zugehörigkeit der Niederlausitz zum Bistum Meißen, DA 56 (2000), 171; Scharz,
B., Die Exemtion des Bistums Meißen, ZRG KA 88 (2002), 294; Ludwig, T., Die
Urkunden der Bischöfe von Meißen, 2005 (2008); Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 2, 371; Wejwoda,
M.Kirche und Landesherrschaft - das Hochstift Meißen und die Wettiner im 13.
Jahrhundert, 2007 (Magisterarbeit).
Meißen (Markgrafschaft). Die 929 von Heinrich
I. als Stützpunkt der deutschen Herrschaft im eroberten Mittelelbegebiet an der
Einmündung der Triebisch in die Elbe oberhalb des Meisabaches angelegte Burg
Misni wurde 968 Sitz eines Markgrafen, 1046 Sitz der Markgrafen von M. Die 1046
erstmals so genannte Mark M. (marchia Misnensis) geht auf eine deutsche, nach
dem Tod Markgraf Geros (965) abgespaltete Markgrafschaft zurück, als deren
erster Inhaber 968 Wigbert erscheint. Sie hatte wechselnden Umfang (982
Markgrafschaft Merseburg, Zeitz und M.) und unterstand Markgrafen aus den
Häusern der Ekkehardiner (Ekkehardinger) (985-1046), Weimar-Orlamünde
(1046-1067), der Brunonen (1067-1088) und seit 1089/1125 zusammen mit M. der
Eilenburger (Heinrich I. von Eilenburg) bzw. Wettiner, die ursprünglich als
Grafen im Schwabengau und Hosgau saßen und deren Stammarkgrafschaft Wettin mit
der gleichnamigen Burg an der Saale lag. Sie gewannen bis 1156 Eilenburg
(Eulenburg, Eilenberg) und Camburg, die Mark Niederlausitz (sächsische
Ostmark), das Land Bautzen, die Gegend um Dresden, die Grafschaften Rochlitz
und Groitzsch sowie die Kirchvogteien über das Hochstift Naumburg
(Naumburg/Zeitz) und die Klöster Pegau, Chemnitz und Bosau. Der 1195
unternommene Versuch des Kaisers die Mark als erledigtes Reichslehen
einzuziehen scheiterte. Markgraf Heinrich III. erwarb die Landgrafschaft
Thüringen und die Pfalzgrafschaft Sachsen (1247/1274), sein Sohn das Reichsland
Pleißen (Pleißenland) mit Altenburg, Chemnitz und Zwickau. Bei seinem Tode kam
es zu Landesteilungen und Familienzwisten, welche die Bedeutung der
Markgrafschaft erheblich minderten. 1300 zog König Adolf von Nassau das Land
als erledigtes Lehen ein, doch konnte Markgraf Friedrich I. 1307 M. wie
Thüringen zurückgewinnen. Unter den Nachfolgern gelangen Erwerbungen im
Reichsland Pleißen (Pleißenland) sowie um Dohna und Pirna. Kernland der
Markgrafen blieb das Gebiet um M. 1409 wurde von Markgraf Friedrich dem
Streitbaren die Universität Leipzig gegründet. 1422/1423 erlangten die
Markgrafen von M. Land, Herzogstitel und
Kurwürde der Herzöge von Sachsen-Wittenberg. Damit trat die später zum
obersächsischen Reichskreis zählende Markgrafschaft M. gegenüber dem Herzogtum Sachsen in den Hintergrund und wurde unter
Sachsen mitverstanden. Sie umfasste das Gebiet der sogenannten meißnischen,
Leipziger und erzgebirgischen Kreise. Der meißnische Kreis enthielt die Ämter
M., Dresden, Dippoldiswalde, Pirna, Hohnstein (Hohenstein) und Lohmen, Stolpen,
Radeberg mit Laußnitz (Lausnitz), Großenhain mit Moritzburg, Senftenberg,
Finsterwalde, Mühlberg, Torgau und Oschatz. Der Leipziger Kreis umfasste die
Ämter Leipzig, Delitzsch, Zörbig, Eilenburg mit Düben, Grimma, Mutzschen
(Mutschen), Leisnig und Döbeln, Rochlitz, Colditz (Kolditz), Borna, Pegau und
das Stiftsamt Wurzen. Der erzgebirgische Kreis zerfiel in die Ämter Freiberg,
Augustusburg (Augustenburg), Chemnitz, Nossen, Grillenburg mit Tharandt,
Frauenstein, Altenberg, Lauterstein, Wolkenstein mit Rauenstein, Grünhain mit
Stollberg (Stolberg), Schwarzenberg mit Crottendorf (Krottendorf), Wiesenburg
und Zwickau mit Werdau (Werda). Bei späteren Teilungen fiel der Hauptteil
(Dresden, Freiberg, M.) an die albertinische Linie des späteren Königreichs
Sachsen. Sachsen kam von 1949 bis 1990 zur Deutschen Demokratischen Republik.
L.: Wolff 378f.; Wallner 708 ObersächsRK 2; Großer Historischer Weltatlas II 34
(1138-1254) G3, II 66 (1378) G3; Blaschke, K./Kretzschmar, H., (Ober-)Sachsen
und die Lausitzen, (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Posse, O., Die
Markgrafen von Meißen und das Haus Wettin bis zu Konrad dem Großen, 1881;
Kötzschke, R./Kretzschmar, H., Sächsische Geschichte, Bd. 1, 2 1935, Neudruck
1965; Helbig, H., Der wettinische Ständestaat bis 1485, Bd. 1f. 2. A. 1980; Pannach,
H., Das Amt Meißen vom Anfang des 14. bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts, 1960;
Polenz, P. v., Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, III, 25, IV, 5, Misner
Bevölkerungsname; Mark Meißen, hg. v. Weise, H., 1989; Blaschke, K., Geschichte
Sachsens im Mittelalter, 1990; Blaschke, K., Meißen, LexMA 6 1992, 476ff.;
Rupp, G., Die Ekkehardiner, 1996; Weller, T., Die Heiratspolitik, 2004;
Urkunden der Markgrafen von Meißen und Landgrafen von Thüringen 1196-1234,
Register bearb. v. Baudisch, S. u. a., 2009.
Memmingen (Reichsstadt). Das (erstmals 1099 bzw.)
1128 genannte M. (Mammingin) wurde von Herzog
Welf VI. von Bayern an der Kreuzung der Straßen von Salzburg in die Schweiz und
von Ulm zu dem Fernpass nahe einer römischen Siedlung (Viaca, Cassiliacum?)
gegründet (oder ausgebaut). Vermutlich vor 1180 wurde es Stadt. 1191 kam es an
die Staufer. Vor 1286 wurde es Reichsstadt (1268?) und erhielt 1286 das
Stadtrecht Überlingens, 1296 Ulms. In den seit 1398 zunächst vom städtischen,
aus der Teilung des Kreuzherrenklosters 1365 hervorgegangenen Unterhospital
erworbenen Gütern erlangte M. bis 1749 (Beilegung des Streites mit der
Reichslandvogtei Oberschwaben) die Landesherrschaft. Seit 1522 wendete es sich der
Reformation zu. Es zählte zum schwäbischen Reichskreis. 1802/1803 kam es mit
seinen 12 Dörfern, 2 Quadratmeilen Gebiet und 12000 Einwohnern an Bayern.
L.: Wolff 216; Zeumer 555 III b 14; Wallner 688 SchwäbRK 57; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) F5, III 22 (1648) E4, III 38 (1789) D3;
Schroeder 219ff.; Müller, K., Die oberschwäbischen Reichsstädte, 1912; Braun,
W., Amtlicher Führer durch Memmingen und Umgebung, 2. A. 1949; Breuer, T.,
Stadt und Landkreis Memmingen, 1959; Blickle, P., Memmingen, 1967, (in)
Historischer Atlas von Bayern, Schwaben 4; Eitel, P., Die oberschwäbischen
Reichsstädte im Zeitalter der Zunftherrschaft. Untersuchungen zu ihrer
politischen und sozialen Struktur unter besonderer Berücksichtigung der Städte
Lindau, Memmingen, Ravensburg und Überlingen, 1970; Kießling, R., Die Stadt und
ihr Land, 1989; Die Geschichte der Stadt Memmingen, hg. v. Jahn, J., Bd. 1
1992; Kießling, R., Memmingen, LexMA 6 1992, 509; Friess, P., Die Außenpolitik,
1993; Die Geschichte der Stadt Memmingen, hg. v. Jahn, J., 1997.
Mendrisio, Mendris (Herrschaft). M. am Fuß des
Monte Generoso im Tessin unterstand im 13. Jahrhundert Como. Später fiel es an
das Herzogtum Mailand. 1512 wurde es von den
Eidgenossen der Schweiz erobert und kam danach zum Tessin.
L.: Wolff 531; Großer Historischer Weltatlas II 72 (bis 1747) G5.
Meppen (Herrschaft, Amt). Das am Zusammenfluss
von Hase und Ems gelegene, um 780 auf Reichsgut gegründete M. kam 834 durch
Kaiser Ludwig den Frommen an Corvey. 945 erhielt es Zoll und Münze, 946
Marktrecht. 1252 gelangte M. mit den Gütern der Grafen von Ravensberg im
Emsland an das Hochstift Münster, in dem es Sitz eines Amtes wurde. 1803 fiel
M. an den Herzog von Arenberg und danach an
Preußen und damit 1946 an Niedersachsen. S. Arenberg-Meppen.
L.: Wolff 312; Geppert, A., Meppen. Abriss einer Stadtgeschichte, 1951; Meppen
in alter und neuer Zeit 834-1984, hg. v. Knapstein, C., 1983.
Meranien (Herzogtum).
M. (Meerland) ist die Küstenlandschaft Kroatiens und Dalmatiens am adriatischen
Meer (am Quarnero und um Fiume), die von Kaiser Heinrich IV. erobert wurde. Sie
war zunächst Teil der Mark Istrien Bayerns. Kaiser Friedrich I. Barbarossa
verlieh bereits 1152 den Titel eines Herzogs von
M. an den 1159 verstorbenen Grafen von Dachau, trennte dann 1180 M. von Bayern
und belehnte die Grafen von Andechs (seit 1173 Markgrafen von Istrien) als
Herzöge von Kroatien, Dalmatien und M. mit M. Der Erwerb der Landeshoheit in
dem Gebiet gelang dem Geschlecht nicht. Mit seinem Aussterben 1248 erlosch das
Titularherzogtum.
L.: Polenz, P. v., Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, III, 23, Meran;
Schlinker, S., Fürstenamt und Rezeption, 1999, 30; Weller, T., Die
Heiratspolitik, 2004.
Merseburg (Hochstift, Herzogtum,
Residenz). Schon in karolingischer Zeit (um 850) war die Burg M. (slaw.
Mesibor, Mittenwalde) auf einem Hügel westlich der Saale Sitz von Grafen (von
M.). Sie fiel durch die Gemahlin (Hatheburg) König Heinrichs I. an die
Liudolfinger. Neben der von Heinrich I. errichteten Pfalz gründete Kaiser Otto der
Große (962/968) unter Auslösung aus der Diözese von Halberstadt das Bistum M.
(erster Bischof Boso von Sankt Emmeram in Regensburg), das zur Erzdiözese
Magdeburg gehörte. Bekanntester Bischof des von 981 bis 1004 aufgelösten,
ziemlich kleinen Bistums (Landschaft Chutizi zwischen Saale und Mulde mit einem
schmalen Streifen östlich der Mulde) war Thietmar von M. (1008-1018). Die
weltliche Herrschaft beschränkte sich auf die Stadt M. mit ihrer unmittelbaren
Umgebung, ein 974 von Kaiser Otto II. erhaltenes großes Waldgebiet zwischen
Saale und Mulde (Schkeuditz, Lützen) und die Lehnshoheit über Leipzig. Nach der
seit 1523 eindringenden Reformation brachte das Haus Wettin (Sachsen,
Albertiner) als Administrator ab 1545/1561 das zum obersächsischen Reichskreis gehörige
Stiftsgebiet, das die Ämter M., Lützen mit Zwenkau, Schkeuditz und Lauchstädt
(Lauchstedt) umfasste, in seine Gewalt. Dies wurde 1635/1648 anerkannt. Von
1657 bis 1731 bestand eine wettinische Nebenlinie der Herzöge von
Sachsen-Merseburg, bis 1815 eine besondere Verwaltung. 1815 kam das Gebiet ganz
überwiegend zu Preußen, 1945 zur sowjetischen Besatzungszone und damit von 1949
bis 1990 zur Deutschen Demokratischen Republik. S. Sachsen-Merseburg.
L.: Wolff 380f.; Wallner 708 ObersächsRK 2; Großer Historischer Weltatlas II 66
(1378) G3, III 38 (1789) D2; Gringmuth-Dallmer, H., Magdeburg-Württemberg, (in)
Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Urkundenbuch des Hochstifts Merseburg,
hg. v. Kehr, P., Teil 1 (bis 1357), 1899; Bönhoff, L., Das Bistum Merseburg,
seine Diözesangrenzen und seine Archidiakonate, Neues Archiv f. Sächsische
Geschichte 32 (1911); Heckel, J., Die evangelischen Dom- und Kollegiatstifte
Preußens, insbesondere Brandenburg, Merseburg, Zeitz, 1924; Holtzmann, R., Die
Aufhebung und Wiederherstellung des Bistums Merseburg, Sachsen und Anhalt 2
(1926); Schlesinger, W., Kirchengeschichte Sachsens, Bd. 1f. 1962; Streich, B.,
Die Bistümer Merseburg, Naumburg und Meißen zwischen Reichsstandschaft und
Landsässigkeit, (in) Mitteldeutsche Bistümer im Spätmittelalter, 1988; Gemeinde
auf dem Weg durch die Zeit, hg. v. Steenhoff, T., 1989; Blaschke, K., Die
Christianisierung des Landes östlich des Saale, Jb. f. dt. Kirchengeschichte 17
(1989/90), 63ff.; Blaschke, K., Merseburg, LexMA 6 1992, 546; Höfe und
Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 564,
1, 2378.
Metz (Hochstift, Fürstbistum, Residenz).
Vermutlich im ausgehenden 3. (oder 4.) Jahrhundert wurde im römischen
Mediomatricum (später Mettis) ein seit 535 sicher feststellbarer Bischofssitz
(u. a. Arnulf von Metz 617-639) eingerichtet, der zur Erzdiözese Trier gehörte.
Bei den karolingischen Reichsteilungen kam M. zu Lothringen, 870 zum
ostfränkischen Reich. Die im Frühmittelalter beträchtlichen weltlichen Güter,
die anfangs vom Chiemsee bis zu den Cevennen und von Lüttich bis ins Elsass
streuten und ein Gegengewicht zum Herzogtum
Lothringen bilden sollten (u. a. [1005?] Grafschaft M., 1065 Grafschaft Saarbrücken,
Seillegau bzw. Saulnois von Vic bis Dieuze, Epinal, Senones, Neuweiler
[Neuviller], Maursmünster, Saint-Trond [Saint Trond], Dugny, Commercy), gingen
besonders durch Verselbständigung der Stadt M. (1180-1210, 1189) seit dem 12.
Jahrhundert stark zurück (u. a. Verlust der Grafschaft Dagsburg an die Grafen
von Leiningen, weitere Verluste an den Herzog
von Lothringen). 1296 wurde der Bischof Lehnsmann des Königs von Frankreich.
1357 sicherte Kaiser Karl IV. den Bestand des Hochstifts, dessen wichtigste
Stützpunkte nun Chaligny, Epinal, Rambervillers, Moyen, Deneuvre, Senones-Salm,
Vic und Metz waren. 1551 sprachen die protestantischen deutschen Reichsfürsten
dem König von Frankreich für dessen Hilfe gegen Kaiser Karl V. das
Reichsvikariat über die Bistümer M., Toul und Verdun zu. 1552 besetzte
Frankreich die Stadt M. und erhielt im Vertrag von Chaumont (1552) das bisher
zum oberrheinischen Reichskreis zählende Hochstiftsgut. 1613 erzwang Frankreich
die Huldigung im Hochstift. 1648 wurde das Fürstbistum M. endgültig an
Frankreich abgetreten. Allerdings nannten sich die Bischöfe von M. bis 1790
Fürsten des Heiligen Römischen Reiches. Im 18. Jahrhundert umfasste das Gebiet
des Bistums die bischöflichen Lehnsherrschaften Helflingen (Helfedange), Habudingen
(Habondange) und Hingsingen (Hinguezange), die Herrschaften Lagarde (La Garde),
Türkstein und Chatillon, die Grafschaft Rixingen, die Kastellaneien Rémilly,
Vic, Freiburg, Baccarat und Rambervillers. In den Wirren der französischen
Revolution von 1789 ging das Bistum unter, wurde aber 1801 mit veränderten
Grenzen wiederhergestellt, 1802 dem Erzbistum Besançon unterstellt und 1874
eximiert.
L.: Wolff 300f.; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) D4; Die Territorien
des Reichs 5, 96; Histoire générale de Metz par des religieux Bénédictins de la
Congrégation de Saint-Vannes, 1769ff.; Dorvaux, N., Les anciens pouilles du
diocèse de Metz, 1902; Bourgeat, G./Dorvaux, N., Atlas historique du diocèse de
Metz, 1907; Morret, B., Stand und Herkunft der Bischöfe von Metz, Toul und
Verdun im Mittelalter, 1911; Meyer, A., Der politische Einfluss Deutschlands
und Frankreichs auf die Metzer Bischofswahlen im Mittelalter, 1916; Zeller, G.,
La réunion de Metz à la France, Bd. 1, 2 1926; Herrmann, W., Zum Stande der Erforschung
der früh- und hochmittelalterlichen Geschichte des Bistums Metz, Rhein. Vjbll.
28 (1963); Tribout de Morembert, H., Le diocèse de Metz, 1970; Gauthier, N.,
L’evangélisation des pays de la Moselle, 1980; Histoire de Metz, 1986; Parisse,
M., Austrasie, Lotharingie, Lorraine, 1990; Parisse, M., Metz, LexMA 6 1992,
585; Müller, M., Am Schnittpunkt von Stadt und Land, 1993; Die alte Diözese
Metz, hg. v. Herrmann, H., 1993; Bauer, T., Lotharingien als politischer Raum,
1997; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini,
W., 2003, 1, 2, 379; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 463.
Minden (Hochstift, Fürstbistum, Fürstentum,
Residenz). M. an einem wichtigen Übergang über die Weser wird erstmals 796
genannt (Minda). Um 803/804 (?) wurde dort durch Kaiser Karl den Großen unter
dem um 790 zum Bischof ernannten Erkanbert (von Fulda) ein Bistum mit der
Diözese zwischen Hunte und Aller (Hannover, Celle, Soltau, Dümmersee, Polle,
Nienburg) eingerichtet, das zur Erzdiözese Köln gehörte. 961 erhielt es die
Immunität, 977 Markt, Münze und Zoll. Vögte waren seit etwa 1073/1080 die
billungischen Herzöge von Sachsen bzw. seit etwa 1096 bis 1398 die Herren vom
Berge (Hausberge). M. gewann ein kleines Herrschaftsgebiet (etwa ein Viertel
der Diözese), für das es 1180 nach dem Sturz Herzog
Heinrichs des Löwen die Herzogsgewalt erhielt.
Es entsprach nach dem vorübergehenden Erwerb Hamelns von Fulda (1259-1277, dann
an die Welfen) und der Grafschaft Stemwede (Stenvede), dem Verlust Stolzenaus
an die Grafen von Hoya (1336) sowie nach dem Anfall der Herrschaft der Edlen
von (Haus-)Berg (Hausberge) 1398 etwa den Kreisen Lübbecke und M.
(Schlüsselburg, Hausberge, Rahden, Bünde, Oldendorf (Preußisch Oldendorf),
Löhne) und war damit eines der kleinsten geistlichen Fürstentümer des Reiches.
Seine Vogtei stand bis 1397 den Edlen vom Berge zu. Im Hochstift erlangte die
Stadt M. schon in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts eine gewisse Selbständigkeit.
Im 16. Jahrhundert kam das früh von der Reformation erfasste, zum
niederrheinisch-westfälischen Reichskreis zählende M. unter den Einfluss der
Herzöge von Braunschweig-Wolfenbüttel. 1661 starb der letzte Bischof. 1648
wurde es gegen Abfindung der Lüneburger Welfen mit Osnabrück als Entschädigung
für Vorpommern Brandenburg zugesprochen, das es in ein weltliches Fürstentum
umwandelte und 1719 verwaltungsmäßig mit der Grafschaft Ravensberg verband. Das
Domkapitel bestand bis 1810 fort. Das Fürstentum enthielt die beiden
unmittelbaren Städte M. und Lübbecke und die Ämter Hausberge, Petershagen,
Reineberg, Rahden und Schlüsselburg. 1807/1808 ging es im Königreich Westphalen
auf, das 1811 die Teile links der Weser mit der Stadt M. an Frankreich verlor.
1813/1814 nahm es Preußen wieder in Besitz und gliederte es 1815 der Provinz
Westfalen an. 1946 kam das Gebiet zu Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 330f.; Zeumer 553 II b 34; Wallner 702 WestfälRK 12; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) E2, III 22 (1648) D2, III 38 (1789) C1;
Ledebur, L. v., Das Fürstentum Minden und die Grafschaft Ravensberg, 1825,
Neudruck 2009; Richtering, H./Kittel, E., Westfalen-Lippe, (in) Geschichte der
deutschen Länder, Bd. 1; Holscher, L., Beschreibung des vormaligen Bistums
Minden nach seinen Grenzen, Archidiakonaten, Gauen und alten Gerichten, 1877,
Nachdruck o. J.; Spannagel, K., Minden-Ravensberg unter
brandenburgisch-preußischer Herrschaft 1648-1719, 1894; Hoogeweg, H., Die
Urkunden des Bistums Minden bis 1300, 1898; Frie, B., Die Entwicklung der
Landeshoheit der Mindener Bischöfe, 1909; Mindener Geschichtsquellen, hg. v.
Löffler, K., Bd. 1ff. 1917ff.; Blotevogel, H., Die älteste brauchbare Karte des
ehemaligen Fürstentums Minden. Die Schloenbachsche Handschriftenkarte von 1772,
Mindener Heimatblätter 6 (1937); Blotevogel, H., Studien zur territorialen
Entwicklung des ehemaligen Fürstentums Minden, Diss. phil. Münster 1939; Krieg,
M., Kleine Chronik von Minden, 1950; Dammeyer, W., Der Grundbesitz des Mindener
Domkapitels, 1957; Scriverius, D., Die weltliche Regierung des Mindener Stifts
von 1140 bis 1397, Bd. 1f. 1966ff.; Assmann, H., Beiträge zur Geschichte des
Kreises Minden 1816-1945, (in) Mitt. des Mindener Geschichtsvereins 40 (1968),
79; Köbler, G., Gericht und Recht in der Provinz Westfalen (1815-1945), FS G.
Schmelzeisen, 1980, 172; Ausgrabungen in Minden, hg. v. Trier, B., 1987;
Leutheusser, H., Rechtsanwaltschaft und Justiz in Minden, (1989); Brandt,
H./Hengst, K., Victrix Mindensis ecclesia, 1990; Hemann, F., Minden, LexMA 6
1992, 631; Linnemeier, B., Jüdisches Leben im alten Reich, 2000: Höfe und
Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 570,
1, 2, 382; Die Lehnsregister der Bischöfe von Minden bis 1324, bearb. v.
Kemkes, H. u. a., 2010 (768 Belehnungen); Sunderbrink, B., Revolutionäre
Neuordnung auf Zeit, 2015.
Modena (Stadtkommune, Herzogtum).
M. geht auf das römische Mutina zurück, das seinerseits einer ligurischen und
keltischen Siedlung folgte. In der Mitte des 4. Jahrhunderts wurde es Sitz
eines Bischofs. In langobardischer und fränkischer Zeit war es Sitz eines
Grafen. 961 unterstand es dem Haus Canossa. Danach erlangte es Selbständigkeit
(1135 Konsuln). Von 1288 bis 1306 und von 1335/1336 bis 1796 stand es unter der
Herrschaft der Este, die 1471 vom Papst auch mit Ferrara belehnt wurden. 1452
wurde es durch Kaiser Friedrich III. zusammen mit Reggio nell’Emilia zum Herzogtum erhoben. Beim Erlöschen der Hauptlinie zog
der Papst 1597 Ferrara ein. 1628/1631 konnte Correggio erworben werden, 1711
Mirandola und 1728/1737 Novellara. Nach der Besetzung durch Frankreich wurde am
16. 10. 1796 in M. die Vereinigung des Herzogtums
mit Bologna, Ferrara und Reggio zur Zispadanischen Republik beschlossen, die
1797 in der Zisalpinischen Republik und 1805 im Königreich Italien Frankreichs
aufging. Durch den Reichsdeputationshauptschluss vom 25. 2. 1803 gelangten
Breisgau und Ortenau als Entschädigung an den Herzog
von M. (Modena-Breisgau) bzw. das verschwägerte Haus Österreich-Este, fielen
aber 1805/1806 an Baden. 1814 kam das Herzogtum
M. an Österreich-Este (zurück). 1859/1860 wurde es mit dem Königreich Italien
(1861) vereinigt. Das Haus Österreich-Este starb 1875 aus.
L.: Collana di storiografia modenese, 1964ff.; Barbieri, A., Modena ieri e
oggi, 1965; Santini, G., Lo stato estense tra riforme e rivoluzione, 1983;
Storia illustrata di Modena, hg. v. Golinelli, P./Muzzioli, G., 1990f.;
Golinelli, P., Modena, LexMA 6 1992, 708; Rölker, R., Adel und Kommune in
Modena, 1994; Schlinker, S., Fürstenamt und Rezeption, 1999, 193.
Modena-Breisgau (Herzogtum). Durch den Reichsdeputationshauptschluss vom 25. 2. 1803 kamen Breisgau und Ortenau als Entschädigung für den Verlust Modenas an den Herzog von Modena bzw. Österreich-Este, fielen aber 1805/1806 an Baden.
Modena-Reggio (Herzogtum).
1452 wurde Modena unter der Herrschaft der Este durch Kaiser Friedrich III. mit
Reggio (nell’Emilia) zum Herzogtum erhoben. S.
Modena.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 78 (1450) G5.
Moers, Mörs (Grafen, Fürstentum). M. am
Niederrhein wird erstmals im 9. Jahrhundert in Heberegistern der Abtei Werden
genannt. Am Ende des 12. Jahrhunderts (1186) erscheinen Herren von M., die sich
seit 1228 auch und seit etwa 1375 nur noch Grafen nannten. Sie hatten um M. und
Krefeld ein Herrschaftsgebiet, das sie gegen Kleve, das Erzstift Köln sowie
Geldern erhalten konnten. Allerdings ging die Grafschaft seit 1250 von Kleve zu
Lehen. 1376/1397 erheirateten die Grafen die Grafschaft Saarwerden, 1417 teilten
sie in Moers und Moers-Saarwerden. Im Kampf gegen Burgund verlor M. im späten
15. Jahrhundert fast alle Güter. 1493 fiel M. an Wied-Runkel und 1519 an die
Grafen von Neuenahr. Sie führten die Reformation ein und vererbten die Güter
1600 testamentarisch an das Haus Oranien (Nassau-Oranien). 1702 nahm
(Brandenburg bzw.) Preußen M. im Zuge des nach dem Erlöschen der Prinzen von
Oranien (König Wilhelm III. von England) entstehenden Erbfolgestreits als Erbe
und als Herzog von Kleve in Besitz. Zwischen
1705 und 1707 beantragte Preußen die Aufnahme von M. in das westfälische
Reichsgrafenkollegium. 1707 wurde M. vom Kaiser in ein Fürstentum umgewandelt.
Seit 1723 war M. Sitz einer Regierung. Um 1800 hatte es 39000 Einwohner bei 6
Quadratmeilen Gebiet und zählte zum niederrheinisch-westfälischen Reichskreis.
Von 1801 bis 1814 gehörte es zu Frankreich, danach zur Rheinprovinz Preußens
und kam damit 1946 zu Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 340f.; Wallner 703 WestfälRK 24; Henrichs, L., Geschichte der
Grafschaft Moers, 1914; Ottsen, O., Die Geschichte der Stadt Moers, 1950;
Roewer, H., Linksrheinische städtische Siedlungen, 1954; Der Landkreis Moers,
hg. v. Brües, O., 1963; Barkhausen, M., Die Grafen von Moers als Typus
kleinerer Territorialherren des späteren Mittelalters, (in) Barkhausen, M., Aus
Territorial- und Wirtschaftsgeschichte, 1963, 56ff.; Hübner, W., Der Landkreis
Moers. Geschichte, Landwirtschaft, Wirtschaft, 1965; Paravicini, W., Croy und
Burgund, AHVN 179 (1977), 7ff.; Janssen, W., Moers, LexMA 6 1992, 714; Moers,
hg. v. Wensky, M., 2000.
Mondsee (Stift). Auf altem Siedlungsboden
gründete (vor) 748 der Herzog von Bayern das
Kloster M. im Salzkammergut. 788 wurde es Königsgut (Reichskloster). 829
erhielt es das spätere Sankt Wolfgangsland. 833/837 wurde es dem Hochstift
Regensburg übertragen, 1104 aber wieder von ihm gelöst. 1505 fiel das Mondseer
Ländchen im Anschluss an den bayerischen Erbfolgekrieg an Habsburg bzw.
Österreich.
L.: Wolff 27; Awecker, H., Mondsee, Markt, Kloster, Land, 1952; Das älteste
Traditionsbuch des Klosters Mondsee, bearb. v. Rath, G./Reiter, E., 1989;
Haider, S., Mondsee, LexMA 6 1992, 751.
Montferrat (Markgrafschaft), ital. Monferrato,. Die
Markgrafschaft M. (zu 909 Monsferratus) zwischen Po und unterem Tanaro in
Oberitalien entstand im (10. und) 11. Jahrhundert. Die bis in die Mitte des 10.
Jahrhunderts zurückverfolgbaren, im frühen 12. Jahrhundert erstmals so
bezeichneten Markgrafen erlangten 1204 in den Kreuzzügen das Königreich
Thessalien. 1305 kam M. durch Erbschaft über die Erbtochter (Irene) an eine
Seitenlinie der Kaiser von Byzanz (Könige von Griechenland) und von diesen nach
Aussterben der Linie (1533) 1536/1559 an die Gonzaga von Mantua. 1574 wurde es Herzogtum. 1630/1631 fiel im mantuanischen
Erbfolgekrieg ein Teil an Savoyen. Dieses bzw. Sardinien erhielt 1703/1713 den
Rest als durch Felonie Mantuas erledigtes Reichslehen. Über Savoyen/Sardinien kam
M. zu Italien (1861).
L.: Großer Historischer Weltatlas II 48 (1300) B/C2, II 78 (1450) F4; Usseglio,
L., I marchesi di Monferrato in Italia e in Oriente durante i secoli XII e
XIII, hg. v. Patrucco, C., 1926; Colli, G., Monferrato, 1960; Haberstumpf, W.,
Regesto dei marchesi di Monferrato di stirpe aleramica e paleologa per
l’Outremer e l’Oriente (S. XII-XV), 1989; Settia, A., Montferrat, LexMA 6 1992,
799.
Mörchingen (Herrschaft). Die um das 1206 in einem
Personennamen bezeugte M. gebildete Herrschaft M. nordöstlich Nancys gehörte
zum Herzogtum Lothringen und gelangte mit diesem
zu Frankreich.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 66/67 D4; Escher, M. u. a., Die urbanen
Zentren, 2005, 2, 422.
Möttling (Grafschaft). In Krain bestand die
Grafschaft M. mit dem Mittelpunkt Rudolfswert (Rudolfwerth) (1365 von Herzog Rudolf IV. von Österreich angelegt).
L.: Wolff 31.
München (Stadt, Residenz des Herzogs von Bayern [Alter Hof] und neue Residenz).
1157/1158 zerstörte Heinrich der Löwe, der seit September 1156 Herzog von Bayern war, die über die Isar führende
Zollbrücke des Bischofs von Freising in Oberföhring und verlegte gegen
Abfindung den Markt von Oberföhring nach M. (Munichen), dessen ältere
Geschichte (Funde 4000 Jahre alter Tongefäßbruchstücke in der Nähe des
Kultusministeriums 2003) weitgehend unbekannt ist. 1180 kam M. beim Sturz
Heinrichs des Löwen wieder an das Hochstift Freising, 1240 erneut an Bayern.
Seit 1255 wurde es zunächst neben Donauwörth, Dachau, Neuburg und
Wolfratshausen, später allein Sitz des Herzogtums
Oberbayern (seit 1392 Bayern-Münchens). S. Bayern-München.
L.: Wolff 136; Solleder, F., München im Mittelalter, 1938, Neudruck 1952;
Schattenhofer, M., Die Anfänge Münchens, (in) Abensberger Vorträge, hg. v.
Bosl, K., 1978, 7ff.; München, Musenstadt mit Hinterhöfen. Die
Prinzregentenzeit 1886-1912, hg. v. Prinz, F./Kraus, M., 1988; Maier, L., Stadt
und Herrschaft, 1989; Schmid, A., München, LexMA 6 1992, 897; Geschichte der
Stadt München, hg. v. Bauer, R., 1992; Fenzl, F., Münchner Stadtgeschichte,
1994; Zerback, R., München und sein Stadtbürgertum, 1997; Bauer, R., Geschichte
Münchens, 2003; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W., 2003, 1, 2, 392, 394; Hartmann, P., Münchens Weg in die
Gegenwart, 2008; München, Bayern und das Reich im 12. und 13. Jahrhundert, hg.
v. Seibert, H. u. a., 2008.
Münden, Hannoversch Münden (Burg, Herrschaft,
Residenz des Herzogs von Braunschweig-Lüneburg
in der Linie Calenberg-Göttingen). Um 800 gab der Missionsbischof Erkanbert dem
Kloster Fulda M. (Gemundi) am Zusammenfluss von Fulda und Werra. Vermutlich
über die Grafen von Northeim und Winzenburg kam es an Heinrich den Löwen und
fiel spätestens 1183 an die Landgrafen von Thüringen. 1246 wurde nach deren
Aussterben der Herzog von Braunschweig-Lüneburg
mit dem Reichslehen M. belehnt. Über Hannover gelangte M. 1866 an Preußen und
1946 zu Niedersachsen. S. Braunschweig-Lüneburg.
L.: Wolff 437; Lotze, W., Geschichte der Stadt Münden, 2. A. 1909; Beuermann,
A., Hannoversch-Münden, Diss. phil. 1951; Eckhardt, K., Heinrich der Löwe an
Werra und Oberweser, 1958; Festschrift zur 800-Jahrfeier der Stadt Münden, hg.
v. d. Stadt Münden, 1983; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich,
hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 2, 251.
Münsterberg (Herzöge, Herzogtum,
Residenz), Ziębice. M. an der Ohle in Niederschlesien wurde wahrscheinlich
um 1250 an Stelle des slawischen Ortes Sambice errichtet. Bei seiner ersten
Erwähnung vom 1. 2. 1253 war es vermutlich bereits Stadt. 1290 kam es beim Tod
des Herzogs von Breslau an Bolko I. von
Jauer-Löwenberg und am 22. 11. 1321 an Bolko II., der die Linie der Herzöge von
M. begründete. 1335/1336 musste er die Lehnshoheit Böhmens anerkennen. Nach dem
Aussterben der Piasten 1428 unterstand M. unter der Lehnsherrschaft Böhmens
verschiedenen Pfandherren und kam am 16. 5. 1454 an Georg von Podiebrad
(Böhmen), 1465 zusammen mit Frankenstein und Glatz an seinen Sohn Heinrich, der
1495 auch Oels erwarb. 1537 wurde die Reformation eingeführt. 1542 wurde das Herzogtum M. an den Herzog
von Liegnitz verpfändet. 1569/1570 kauften sich die Stände von dem Herzog von Oels frei und unterstellten M. als
Erbfürstentum dem Kaiser als König von Böhmen. Dieser verlieh es 1653 an das
Fürstentum Auersperg, das 1742 unter die Landeshoheit Preußens kam, das 1791
auch die privaten Güter Auerspergs kaufte. Das Land umfasste 15 Quadratmeilen
und war in die Kreise M. und Frankenstein gegliedert. 1945 fiel M. fast unversehrt
unter die Verwaltung Polens, 1990 kam es als politische Folge der deutschen
Einheit an Polen.
L.: Wolff 476f.; Großer Historischer Weltatlas II 66 I 3; Hartmann, F.,
Geschichte der Stadt Münsterberg, 1907; Münsterberger Land. Ein Heimatbuch, hg.
v. Kretschmer, M., 1930; Geschichte Schlesiens, hg. v. d. hist. Komm. f.
Schlesien, Bd. 1 5. A. 1988; Menzel, J., Münsterberg, LexMA 6 1992, 917;
Schlinker, S., Fürstenamt und Rezeption, 1999, 178; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 2, 400.
Murbach (reichsunmittelbares Kloster,
Reichsabtei, Residenz [auch Schloss Hugstein und Gebweiler/Neuenburg]).
Vermutlich (um) 727 gründete der irische Wanderbischof Pirmin auf Eigengut des Herzogs Eberhard aus dem Geschlecht der Etichonen
nordwestlich von Gebweiler im Elsass die Benediktinerabtei M., in der wenig
später die althochdeutschen Murbacher Hymnen entstanden. Sie erhielt früh
bedeutende königliche Privilegien (727 Immunität) und gewann reiche Güter vom
Breisgau bis zur Schweiz. Nach der Zerstörung durch die Ungarn (926) wurde sie
959 erneuert. 1228 ist der reichsfürstliche Rang des königlich gewordenen
Klosters erstmals bezeugt. Er blieb trotz der zeitweilig von Habsburg
beanspruchten Vogtei bewahrt. 1214 gingen Mainzer Güter verloren, 1291 Luzerner
Güter, 1456 das Kloster Luzern und dann auch das Kloster Sankt Amarin, doch
wurde 1554 Kloster Lure (Lüders, Luders) gewonnen. 1536 musste sich M. dem
Schutz Habsburgs unterstellen, wodurch es die Reichsstandschaft verlor. Obwohl
1648 die Reichszugehörigkeit bekräftigt wurde, ging M. an Frankreich über, das
es 1759/1764 in ein weltliches Ritterstift in Gebweiler umwandelte und 1789
aufhob. Die Abtei bestand aus den drei Vogteien Gebweiler (mit der Stadt
Gebweiler und 5 Dörfern), Wattweiler (Watweiler) (mit der Stadt Wattweiler
[Watweiler] und dem Flecken Uffholz [Ufholz]) und Sankt Amarin (mit der Stadt
Sankt Amarin und 14 Dörfern).
L.: Wolff 297; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) D5, III 22 (1648) C5;
Gatrio, A., Die Abtei Murbach im Elsass, 1895; Büttner, H., Murbacher Besitz im
Breisgau, Els.-lothring. Jb. 18 (1939); Beyerle, F., Bischof Pirmin und die
Gründung der Abteien Murbach und Reichenau, Zs. f. schweizer. Geschichte 27
(1947); Barth, M., Handbuch der elsässischen Kirchen im Mittelalter, 1960;
Bischoff, G., Recherches sur la puissance temporelle de l’abbaye de Murbach
(1229-1525), 1975; Seibert, H., Murbach, LexMA 6 1992, 939; Höfe und Residenzen
im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 679, 1, 2, 401.
Namslau (Herrschaft), poln. Namyslow. N. an der
Weide in Niederschlesien wurde vor 1278 als deutschrechtliche Stadt gegründet,
die bis 1294 zum Herzogtum Breslau gehörte.
Danach gelangte N. an Glogau und 1312 an Oels. 1341 wurde es von Boleslaw von
Brieg an Polen verpfändet. 1348 kam es aus Brieg an das 1335 Böhmen
heimgefallene Herzogtum Breslau, von dem es
durch Gebiet Briegs bzw. Oels’ getrennt war. 1742/1745/1763 wurde es von
Preußen erlangt. 1945 fiel es stark zerstört unter die Verwaltung Polens, an
das es 1990 als politische Folge der deutschen Einheit gelangte.
L.: Wolff 475; Liebich, W., Chronik der Stadt Namslau, 1862; Knoblich, A.,
Namslau, eine deutsche Stadt im Osten, 1941.
Nancy (Residenz des Herzogs
von Lothringen)
L.: Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W.,
2003, 1, 2, 403.
Nassau (Grafschaft, Herzogtum).
Nach der um 1125 von den Grafen von Laurenburg an der unteren Lahn erbauten,
lehnshoheitlich im 12. Jahrhundert von Trier auf das Reich übergehenden Burg N.
(Ort 915 erstmals erwähnt) nannte sich seit 1159/1160 ein Grafengeschlecht, das
sich von dem Vogt Mainzs in Siegen Ruppert (1079-1089) und dessen Sohn Graf
Dudo von Laurenburg herleitete (1117 erstmals sicher bezeugt), 1122/1124 den
Grafen Udalrich von Idstein-Eppstein beerbte und nach 1124 Vogt des Hochstifts
Worms in Weilburg wurde. Durch gezielte Erwerbspolitik gewann es zwischen Main,
Mittelrhein, Sieg und Wetterau ein schmales Herrschaftsgebiet (um 1160 zusammen
mit den Grafen von Katzenelnbogen von den Grafen von Isenburg die ursprünglich
den Grafen von Arnstein zustehende Grafschaft auf dem Einrich, Herborner Mark,
Kalenberger Zent, Westerwald, Lipporn, Miehlen, Marienfels, Idstein,
Bleidenstadt, Ems, Wiesbaden um 1200) mit den Erzstiften Mainz und Trier sowie
den Landgrafen von Hessen als Nachbarn. Am 16. 12. 1255 teilten die Grafen von
N. die Güter längs der Lahn in die nördlich der Lahn gelegenen, wertvolleren
Gebiete mit Siegen, Herborn und Dillenburg sowie den Vogteien Dietkirchen und
Ems (ottonische [jüngere] Linie) und in die südlich der Lahn gelegenen Gebiete
mit den Herrschaften Wiesbaden und Idstein sowie den Vogteien Weilburg und
Bleidenstadt (walramische [ältere] Linie). Gemeinsam blieben die Burg N., der
Einrich zwischen unterer Lahn und Taunus, die Laurenburg, die Pfandschaften und
die Lehen. ----- Die jüngere ottonische Linie, die unter Heinrich († 1343) die
Vogteien und Gerichte Dernbach, Eibelshausen (Eibelsberg, Haiger und Ewersbach
[Ebersbach]) hinzuerwarb, spaltete sich 1303 in die Linien Nassau-Hadamar
(ältere Linie, bis 1394), Nassau-Siegen und Nassau-Dillenburg.
Nassau-Dillenburg fiel 1328 an Nassau-Siegen, doch blieb Dillenburg Hauptort.
Die Linie teilte sich 1343 in Nassau-Dillenburg und Nassau-Beilstein (ältere
Linie bis 1561). Nassau-(Siegen-)Dillenburg beerbte 1394 Nassau-Hadamar und
gewann durch Heiraten 1376/1378 die Reichsgrafschaft Diez, 1403/1404 Polanen,
Leck, Breda und weitere Güter im Gebiet der heutigen Niederlande sowie
1416/1420 die gemeinsam mit Brüdern beherrschte Grafschaft Vianden im Herzogtum Luxemburg. Diese Gebiete wurden im 15.
Jahrhundert mehrfach geteilt (1416 vier Linien, 1425 drei Linien:
Nassau-Dillenburg-Diez [bis 1443], Nassau-Haiger-Siegen [bis 1429] und
Nassau-Herborn-Breda), doch waren die nassau-dillenburgischen Güter von 1451
bis 1472 und von 1504 bis 1516 wieder vereinigt. Seit 1507 nannte sich die
Linie wegen ihrer vergeblich geltend gemachten Erbansprüche auf Katzenelnbogen
auch Nassau-Katzenelnbogen und wegen der Heirat mit der Erbtochter des
Prinzen/Fürsten von Chalon und Oranien am Unterlauf der Rhone (1515, Erbfall
1530) auch Nassau-Oranien. Etwa gleichzeitig wurde die Reformation (zunächst
das Luthertum, dann der Calvinismus) eingeführt. 1559 erfolgte eine erneute
Teilung in die linksrheinischen (Nassau-Oranien) und die rechtsrheinischen
(Nassau-Dillenburg) Güter. 1561 beerbte Nassau-Dillenburg Nassau-Beilstein.
1601/1607 erfolgte eine Teilung in die Linien Nassau-Dillenburg,
Nassau-Hadamar, Nassau-Beilstein, Nassau-Siegen (1652 in den Reichsfürstenstand
erhoben) und Nassau-Diez. Nassau-Dillenburg mit Dillenburg, Haiger und Herborn
wurde 1620 von Nassau-Beilstein beerbt, das sich seitdem nach Dillenburg
Nassau-Dillenburg nannte (1652 in den Reichsfürstenstand erhoben).
Nassau-Hadamar (1650 in den Reichsfürstenstand erhoben) mit Hadamar und
Rennerod kam 1711/1717 an Nassau-Diez. 1739 fiel Nassau-Dillenburg mit der
Herrschaft Schaumburg an Nassau-Diez. Nassau-Siegen gelangte 1742/1743 an
Nassau-Diez, das damit alle rechtsrheinischen Güter der nassau-ottonischen Linie
in sich vereinigte. Weil Nassau-Diez außerdem 1702 die linksrheinischen Güter
der Linie Nassau-Oranien erlangt hatte, nannte sich die Linie Fürsten von
Nassau-Oranien. 1747 verlegte sie ihre Residenz nach Den Haag und regierte das
Stammland über das deutsche Kabinett in Dillenburg. 1795/1797/1801 verlor sie
alle linksrheinischen Güter an Frankreich und erhielt hierfür das Hochstift
Fulda, das Schloss Johannisberg (Vollrads bei Östrich-Winkel), Corvey und
Höxter, Dortmund, Weingarten, Sankt Gerold (in Vorarlberg), Hofen (bei
Friedrichshafen), Dietkirchen und Bendern (in Liechtenstein) als neues
Fürstentum Oranien (insgesamt 46 Quadratmeilen mit 120000 Einwohnern). 1806
verlor es durch die Rheinbundakte auch die rechtsrheinischen Güter, vor allem
das Fürstentum Diez an das Herzogtum Nassau und
das Großherzogtum Berg. Nach dem Ende der französischen Vorherrschaft ergriff
der Prinz von Nassau-Oranien am 20. 12. 1813 von seinen Ländern wieder Besitz.
Am 14. 7. 1814 gab das Herzogtum Nassau an
Nassau-Oranien das Fürstentum Diez und weitere Güter zurück. Durch Vertrag vom
31. 5. 1815 trat der Fürst von Nassau-Oranien, der 1815 König der Niederlande
geworden war, alle deutschen Gebiete an Preußen als Gegenleistung für das ihm
durch den Wiener Kongress zugesprochene Großherzogtum Luxemburg ab. Preußen gab
seinerseits einen Teil der Gebiete (Fürstentum Diez, Hadamar, Dillenburg) an
das Herzogtum Nassau (1806-1866) weiter. 1890
erlosch mit König Wilhelm III. von den Niederlanden die ottonische Linie im
Mannesstamm.-----Die ältere walramische Linie, aus der König Adolf von N.
(1292-1298) stammte, gewann 1328/1333 die Herrschaft (Reichsgrafschaft)
Merenberg, die Herrschaft Lichtenstein und weitere Güter (pfandweise
Neuweilnau, Burg und Stadt Katzenelnbogen, Altenkirchen, Dietenhausen
[Diedenshausen]). 1355 teilte sie sich in die Linien Nassau-Idstein (mit
Idstein und Wiesbaden) und Nassau-Weilburg (1366 gefürstete Grafen) mit
Weilburg und Bleidenstadt. 1381 erlangte die Linie Nassau-Weilburg infolge
Heirat die Grafschaft Saarbrücken, 1393 die Herrschaft Kirchheim und Stauf,
1405 Neuweilnau (Kauf), Bingenheim, Reichelsheim, Elkerhausen und Teile von
Homburg, Löhnberg, Sonnenberg, Cleeberg bzw. Kleeberg und Mensfelden. 1429/1442
teilte sie sich in die Linien Nassau-Saarbrücken und die Neue Linie
Nassau-Weilburg, wobei die Linie Nassau-Saarbrücken die meisten
linksrheinischen Güter erhielt. Sie erwarb außerdem 1527 die Grafschaft
Saarwerden und das Oberamt Lahr und Mahlberg. Nach ihrem Aussterben (1574)
kamen ihre Güter an die 1561 in Nassau-Weilburg und Nassau-Weilnau geteilte
neue Linie Nassau-Weilburg. Nassau-Weilnau wurde 1602 von Nassau-Weilburg
beerbt. 1605 kam es durch Aussterben der Linie Nassau-Idstein zur
Wiedervereinigung aller nassau-walramischen Güter in der Linie Nassau-Weilburg.
Diese wurde 1629/1651 aufgeteilt in Nassau-Idstein mit Idstein, Wiesbaden und
Lahr, Nassau-Weilburg mit Weilburg, Merenberg und Kirchheim und
Nassau-Saarbrücken (mittlere Linie, 1659 dreigeteilt, mit Saarbrücken,
Saarwerden und Usingen). 1688/1737 wurden die Grafen zu Reichsfürsten erhoben.
Von den verschiedenen Linien starb Nassau-Idstein 1721 aus und vererbte die
Güter an Nassau-Usingen (Nassau-Saarbrücken-Usingen), das außerdem 1723
Nassau-Saarbrücken (Nassau-Saarbrücken-Saarbrücken) und 1728 Nassau-Ottweiler
(Nassau-Saarbrücken-Ottweiler) beerbte. Nassau-Weilburg erheiratete 1799 den
größten Teil der Reichsgrafschaft Sayn-Hachenburg. 1801 verlor es alle
linksrheinischen Gebiete an Frankreich, wurde aber dafür mit Gütern aus dem
Erzstift Trier entschädigt. Nassau-Saarbrücken (mittlere Linie) teilte sich
1659 in die Linien Nassau-Ottweiler, Nassau-Saarbrücken und Nassau-Usingen.
Dieses beerbte 1723 Nassau-Saarbrücken, 1721 Nassau-Idstein und 1728
Nassau-Ottweiler. 1735 wurde es erneut in Nassau-Saarbrücken (jüngere Linie)
und Nassau-Usingen, das 1744 die Residenz von Usingen nach Biebrich und die
Regierung nach Wiesbaden verlegte, geteilt. Nassau-Saarbrücken wurde 1797 von
Nassau-Usingen beerbt. 1793/1801 verlor Nassau-Usingen seine linksrheinischen
Güter, von denen die alte Grafschaft Saarbrücken 1815 an Preußen kam, erhielt
dafür aber Entschädigung vor allem aus dem Erzstift Mainz im Rheingau und am
unteren Main, aus dem Erzstift Trier (Montabaur, Limburg), aus dem Erzstift
Köln (u. a. Deutz, Königswinter), aus Hessen-Darmstadt (Anteil an der
Niedergrafschaft Katzenelnbogen um Braubach), aus Sayn-Altenkirchen und
verschiedenen Klöstern und Stiften sowie Virilstimme im Reichsfürstenrat.-----
Am 30. 8. 1806 schlossen sich die am 31. 7. 1806 dem Rheinbund unter Erhöhung
zu Herzögen beigetretenen Fürsten von Nassau-Weilburg und Nassau-Usingen, das
1816 ausstarb, zu einem vereinten, für unteilbar und souverän erklärten Herzogtum N. zusammen. Sie bekamen die Grafschaft
Wied-Runkel, die Grafschaft Wied-Neuwied, das Fürstentum Nassau-Oranien mit
Grafschaft Diez, die Grafschaft Solms-Braunfels und andere Güter (Bassenheim,
Grafschaft Holzappel, Herrschaft Schaumburg, Herrschaft Reifenberg, Herrschaft
Kransberg, Gebiete der Reichsritterschaft), mussten aber die ehemals kölnischen
Gebiete an das Großherzogtum Berg sowie Kastel (Mainz-Kastel) und Kostheim an
Frankreich abtreten (Gesamtgebiet 103 Quadratmeilen mit 270000 Einwohnern).
1813 mussten sie Güter an Nassau-Oranien zurückgeben. Am 1./2. 9. 1814 erhielt
das Herzogtum, um den Widerspruch verschiedener
mediatisierter Familien (Ostein, Schönborn, Waldbott von Bassenheim
[Waldbott-Bassenheim], von der Leyen) und des Freiherren vom Stein zu
beseitigen, vor allen anderen deutschen Staaten eine landständische Verfassung.
1815 tauschte das Herzogtum N. mit Preußen
umfangreiche Gebiete (ehemals hessen-kasselische Niedergrafschaft
Katzenelnbogen, Diez, Dillenburg, Hadamar [gegen die späteren Kreise Neuwied,
Altenkirchen, Wetzlar und den rechtsrheinischen Teil des Kreises Koblenz]).
Seit 1815 war das Herzogtum Mitglied des
Deutschen Bundes. Seit 1816 regierte Nassau-Weilburg allein. 1836 trat N. dem
Deutschen Zollverein bei. Am 28. 12. 1849 wurde eine liberale Verfassung
erlassen, die im November 1851 aber wieder aufgehoben wurde. Am 8. 10. 1866
wurde N. wegen seiner Unterstützung Österreichs von Preußen (in die Provinz
Hessen-Nassau) einverleibt und durch 8,5 Millionen Taler und die Schlösser
Weilburg und Biebrich (Wiesbaden-Biebrich) abgefunden. Herzog
Adolf von Nassau (aus der walramischen Linie) wurde 1890 Großherzog von
Luxemburg. 1912 starb das Haus N. aus. 1945 kam der größte Teil Hessen-Nassaus
an Hessen.
L.: Wolff 263, 336; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) E3, II 78 (1450)
F3; Demandt, K., Die Mittelrheinlande, (in) Geschichte der deutschen Länder,
Bd. 1; Die Territorien des Reichs 4, 234; Arnoldi, J., Geschichte der
oranien-nassauischen Länder, Teil 1ff. 1799ff.; Vogel, C., Beschreibung des Herzogtums Nassau, 1843; Schliephake, F./Menzel, K.,
Geschichte von Nassau walramischen Teils, Bd. 1ff. 1864ff.; Roth, F., Fontes
rerum Nassoicarum, Bd. 1ff. 1880ff.; Codex diplomaticus Nassoicus, hg. v.
Menzel, K./Sauer, W., Bd. 1ff. 1885ff., Neudruck 1969; Düssell, H., Rechtskarte
des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main, hg. v. Sayn, O., 1902; Spielmann, C.,
Geschichte von Nassau, Bd. 1ff. 1909ff.; Renkhoff, O., Die Grundlagen der
nassau-dillenburgischen Territorialentwicklung, Korr. Bl. Gesamtverein. 80
(1932); Kleinfeldt, G./Weirich, H., Die mittelalterliche Kirchenorganisation im
oberhessisch-nassauischen Raum, 1937; May, K., Territorialgeschichte des
Oberlahnkreises, 1939; Fritzemeyer, J., Die Ausbildung einer zentralen
Behördenorganisation der Grafen bzw. Fürsten von Nassau, Diss. phil. Frankfurt
am Main 1943; Gensicke, H., Landesgeschichte des Westerwaldes, 2. A. 1987;
Demandt, K., Geschichte des Landes Hessen, 2. A. 1972, Neudruck 1980;
Oestreich, G., Grafschaft und Dynastie Nassau im Zeitalter der konfessionellen
Kriege, (in) Bll. f. dt. LG. 96 (1960); Kissel, O., Neuere Territorial- und
Rechtsgeschichte des Landes Hessen, 1961; Polenz, P. v., Landschafts- und
Bezirksnamen, 1961, I, 9, Territorialname; Demandt, K., Schrifttum zur
Geschichte und geschichtlichen Landeskunde von Hessen, Bd. 1ff. 1965f.; Sante,
G. W., Strukturen, Funktionen und Wandel eines historischen Raumes: Nassau,
(in) Nassauische Annalen 85 (1974), 151ff.; Herzogtum
Nassau: 1806-1866. Politik, Wirtschaft, Kultur. Eine Ausstellung des Landes
Hessen und der Landeshauptstadt Wiesbaden (Katalog), Neudruck 1981; Gerlich,
A., Nassau in politischen Konstellationen am Mittelrhein von König Adolf bis
Erzbischof Gerlach (1292-1346), Nassauische Annalen 95 (1984), 1ff.; Renkhoff,
O., Nassauische Biographie, 1986; Steubing, J., Kirchen- und Reformationsgeschichte
der Oranien-nassauischen Lande, 1987; Faber, R., Die Bemühungen im Herzogtum Nassau um die Einführung von Mündlichkeit
und Öffentlichkeit im Zivilprozessverfahren, 1990; Treichel, E., Der Primat der
Bürokratie, 1991; Gerlich, A., Nassau, LexMA 6 1992, 1035; Jäger, W.,
Staatsbildung und Reformpolitik, 1993; Nassauische Parlamentarier, hg. v.
Rösner, C., 1997; Schlinker, S., Fürstenamt und Rezeption, 1999, 232; Höfe und
Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W. u. a., 2003, 1,
1, 166; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 479; Schüler, W., Das Herzogtum Nassau 1806-1866, 2006; Menk, G., Das Haus
Nassau-Oranien in der Neuzeit, 2009; Handbuch der hessischen Geschichte Bd. 3
Ritter, Grafen und Fürsten hg. v. Speitkamp, W., 2014, 3 (mit Übersichtskarte
Nassau im 18. Jh.).
Nassau-Dillenburg (Grafen). Die ottonische Linie der
Grafen von Nassau spaltete sich 1303 in Nassau-Hadamar, Nassau-Siegen und N. N.
fiel 1328 an Nassau-Siegen, doch blieb Dillenburg Hauptort. 1343 spaltete sich
Nassau-Beilstein von N. ab. N. gewann 1386 die Grafschaft Diez, 1403 Güter in
den späteren Niederlanden (u. a. Polanen, Leck, Breda) und 1416/1420 die
gemeinsam mit Brüdern beherrschte Grafschaft Vianden im Herzogtum Luxemburg. Diese Gebiete wurden mehrfach geteilt, doch
waren sie von 1451 bis 1472 und von 1504 bis 1516 vereinigt. Wegen ihrer
vergeblich geltend gemachten Ansprüche auf Katzenelnbogen nannte sich N. seit
1507 auch Nassau-Katzenelnbogen und wegen der Heirat mit der Erbtochter Claudia
der Fürsten von Chalon und Oranien am Unterlauf der Rhone (1515, Erbfall 1530)
auch Nassau-Oranien. Zu dieser Zeit wurde die Reformation eingeführt (zunächst
das Luthertum, dann der Calvinismus). 1559 wurde in die linksrheinischen Güter
(Nassau-Oranien) und die rechtsrheinischen Güter (N.) geteilt. N. beerbte 1561
Nassau-Beilstein. 1607 entstand durch Teilung erneut eine Linie N. (mit
Dillenburg, Haiger und Herborn). Sie wurde 1620 von (einer neuen Linie)
Nassau-Beilstein beerbt. Nassau-Beilstein nannte sich danach N. nannte und
wurde nach kurzer Zugehörigkeit zum westfälischen Reichsgrafenkollegium 1654 in
den Reichsfürstenstand erhoben. 1739 fiel das etwa 8 Quadratmeilen große, zum
niederrheinisch-westfälischen Reichskreis zählende N. mit den Ämtern
Dillenburg, Haiger, Herborn, Driedorf, Mengerskirchen, Ellar, Burbach,
Tringenstein und Ewersbach (Ebersbach) sowie der Herrschaft Schaumburg an
Nassau-Diez. Am 25. 2. 1803 erhielt der Fürst von N. durch § 12 des
Reichsdeputationshauptschlusses zur Entschädigung für die Statthalterschaft und
seine Domänen in Holland und Belgien die Bistümer Fulda und Corvey, die
Reichsstadt Dortmund, die Abtei Weingarten, die Abteien und Propsteien Hofen
(bei Friedrichshafen), Sankt Gerold (heute in Vorarlberg), Bendern (in
Liechtenstein), Dietkirchen an der Lahn sowie alle Kapitel, Propsteien und
Klöster in den zugeteilten Landen.
L.: Wolff 337; Zeumer 553 II b 52; Wallner 703 WestfälRK 21; Spielmann, C.,
Geschichte von Nassau, Bd. 1ff. 1909ff.; Renkhoff, O., Territorialgeschichte
des Fürstentums Nassau-Dillenburg, Diss. phil. Marburg 1932; Handbuch der
hessischen Geschichte Bd. 3 Ritter, Grafen und Fürsten hg. v. Speitkamp, W.,
2014, 61, 81.
Nassau-Oranien (Fürsten). Die Linie Nassau-Dillenburg
der ottonischen Linie der Grafen von Nassau erwarb 1515/1530 durch Erbfall über
die Erbtochter Claudia von Chalon Oranien und nannte sich seitdem N. (1544
Prince d’Orange). 1559 erfolgte eine Teilung in N. und Nassau-Dillenburg. 1702
fiel N., das Oranien durch Okkupation an Frankreich verlor, an das durch
Teilung Nassau-Dillenburgs entstandene Nassau-Diez. Moers, Lingen und Neuenburg
kamen unter Berufung auf das Erbrecht Luise Henriettes von Nassau-Oranien
(1627-1667) an Preußen. Nassau-Diez, das auch die deutschen Güter der
ottonischen Linie gewann, nannte sich seitdem Fürsten von N. und verlegte 1747
die Residenz nach Den Haag (Regierung des Stammlands über das deutsche
Kabinett). 1732 trat N. zahlreiche niederländische Güter (Herstal, Montfoort
[Montfort], Turnhout) an Preußen ab, das diese bald nach 1740 verkaufte.
1795/1797/1801 verlor N. alle linksrheinischen Güter an Frankreich und erlangte
dafür als Entschädigung im Reichsdeputationshauptschluss vom 25. 2. 1803 das
Hochstift Fulda, das Schloss Johannisberg (Vollrads bei Östrich-Winkel), Corvey
und Höxter, Dortmund, die Benediktinerabtei Weingarten, Sankt Gerold (in
Vorarlberg), das Benediktiner-Priorat Hofen (bei Friedrichshafen), Dietkirchen
und Bendern (in Liechtenstein) (insgesamt 46 Quadratmeilen mit 120000
Einwohnern). 1806 verlor es durch die Rheinbundakte auch die rechtsrheinischen
Güter, vor allem das Fürstentum Diez, an das Herzogtum
Nassau und das Großherzogtum Berg. Nach dem Ende der französischen
Vorherrschaft ergriff der Fürst von N. am 20. 12. 1813 wieder Besitz von seinen
Ländern. Am 14. 7. 1814 gab das Herzogtum Nassau
an N. das Fürstentum Diez und weitere Güter zurück. Durch Vertrag vom 31. 5.
1815 gab der Fürst von N., der 1815 König der Niederlande geworden war, alle
deutschen Gebiete als Gegenleistung für das ihm auf dem Wiener Kongress
zugesprochene Großherzogtum Luxemburg an Preußen.
L.: Spielmann, C., Geschichte von Nassau, Bd. 1ff. 1909ff.; Nassau und Oranien,
hg. v. Tamse, C., 1985; Oranien-Nassau, die Niederlande und das Reich, hg. v.
Lademacher, H., 1995; Menk, G., Das Haus Nassau-Oranien in der Neuzeit, 2009.
Nassau-Usingen (Grafschaft, Fürstentum). Usingen im
Taunus wird im 8. Jahrhundert erstmals erwähnt. 1207 gehörte es den Grafen von
Diez, 1326 den Grafen von Nassau. 1659 wurde Usingen bei der Teilung der Linie
Nassau-Saarbrücken Sitz der walramischen Linie N. der Grafen von Nassau, die
1721 die Linie Nassau-Idstein, 1723 die Linie Nassau-Saarbrücken und 1728 die
Linie Nassau-Ottweiler beerbte. Sie teilte sich 1735 in die Linien N. und
Nassau-Saarbrücken. 1744 verlegte N. die Residenz von Usingen nach Biebrich und
die Regierung nach Wiesbaden. Um 1790 war das zum oberrheinischen Reichskreis
zählende N. mit Falkenstein, Kettenbach, Daisbach und Hausen Mitglied des
Kantons Mittelrheinstrom des Ritterkreises Rhein. 1793/1801 verlor es seine
linksrheinischen Güter an Frankreich. 1797 beerbte N. Nassau-Saarbrücken. Am
25. 2. 1803 erhielt der Fürst von N. durch § 12 des
Reichsdeputationshauptschlusses für das Fürstentum Saarbrücken, zwei Drittel
der Grafschaft Saarwerden, die Herrschaft Ottweiler und die Herrschaft Lahr in
der Ortenau von Mainz die Ämter Königstein, Höchst, Kronberg (Kronenburg),
Rüdesheim, Oberlahnstein, Eltville, Harheim (Haarheim), Kastel, vom Mainzer
Domkapitel die Güter unterhalb Frankfurts, von der Pfalz das Amt Kaub, vom
Erzstift Köln den Rest des eigentlichen Kurfürstentums Köln (u. a. Deutz,
Königswinter, aber mit Ausnahme der Ämter Altenwied )[Altwied] und Neuerburg
[Nürburg]), von Hessen-Darmstadt die Ämter Katzenelnbogen, Braubach, Ems,
Eppstein und Cleeberg (Kleeberg) (frei von solmsischen Ansprüchen), die
Reichsdörfer Soden und Sulzbach, die Dörfer Weiperfelden, Schwanheim und
Okriftel, die Kapitel und Abteien Limburg, Rommersdorf (Rumersdorf),
Bleidenstadt, Sayn, alle Kapitel, Abteien und Klöster in den zugefallenen
Landen, die Grafschaft Sayn-Altenkirchen und eine Virilstimme im
Reichsfürstenrat. Am 30. 8. 1806 schloss sich das 16 Quadratmeilen große N. mit
Nassau-Weilburg zum Herzogtum Nassau zusammen,
das 1866 von Preußen annektiert wurde. Die Linie N. starb 1816 aus und wurde
von Nassau-Weilburg beerbt.
L.: Wolff 265; Zeumer 553 II b 60, 1; Wallner 695 OberrheinRK 10; Schliephake,
F./Menzel, K., Geschichte von Nassau walramischen Teils, Bd. 1ff. 1864ff.;
Winkelmann-Holzapfel 157; Kloft, J., Territorialgeschichte des Kreises Usingen,
1971.
Nassau-Weilburg (Grafschaft). Weilburg an der Lahn war
seit merowingischer Zeit Königsgut. 906 errichteten die konradinischen Grafen
des Lahngaues eine Burg, 912 ein Kollegiatstift Sankt Walpurgis. Nach 939 fiel
der Ort als Reichslehen an den Bischof von Worms. Nach 1124 wurden die Grafen
von Nassau Vögte des Hochstifts Worms. 1255 wurde Weilburg an die Grafen von
Nassau verpfändet, nach 1292 von König Adolf von Nassau erworben. 1355 wurde
Weilburg Sitz der Linie N. der walramischen Linie der Grafen von Nassau. 1381
erlangte es infolge Heirat die Grafschaft Saarbrücken, 1393 die Herrschaften
Kirchheim und Stauf, 1405 Neuweilnau (durch Kauf), Bingenheim, Reichelsheim,
Elkerhausen und Teile von Homburg, Löhnberg, Sonnenberg, Cleeberg und
Mensfelden. Sie teilte sich 1442 in die neue Linie N. und in die Linie
Nassau-Saarbrücken. 1561 teilte sich die neue Linie N. in die Linien N. und
Nassau-Weilnau. Diese beerbten 1574 Nassau-Saarbrücken. 1602 fielen die Güter
der Linie Nassau-Weilnau an N. zurück. 1605 kamen auch die Güter der Linie
Nassau-Idstein an N. zurück. 1629 wurde N. wieder aufgeteilt in Nassau-Idstein
(mit Wiesbaden und Lahr, 1629-1721), N. (1629-1806) und Nassau-Saarbrücken
(1629-1642, danach weitere Aufteilung). Am Ende des 18. Jahrhunderts umfasste
ihr Gebiet die Ämter Weilburg, Weilmünster, Löhnberg, Merenberg, Cleeberg
(Kleeberg), Atzbach, Miehlen und den Flecken Reichelsheim sowie das Amt
Kirchheim umfassend die Herrschaften Kirchheim und Stauf (mit Kirchheim
[Kirchheimbolanden]) (sowie die Grafschaft Saarwerden und das Amt Alsenz). 1799
erheiratete N. den größten Teil der Reichsgrafschaft Sayn-Hachenburg. 1801
verlor es alle linksrheinischen Güter an Frankreich. Am 25. 2. 1803 erhielt der
Fürst von N. durch § 12 des Reichsdeputationshauptschlusses für den dritten
Teil der Grafschaft Saarwerden und die Herrschaft Kirchheim (Kirchheimbolanden)
den Rest des Fürstentums (Erzstifts) Trier (Ämter Montabaur und Limburg) mit
den Abteien Arnstein, Schönau und Marienstatt (Marienstadt). Das zum
oberrheinischen Reichskreis zählende N. schloss sich am 30. 8. 1806 mit dem aus
Nassau-Saarbrücken 1735 entstandenen Nassau-Usingen zum Herzogtum Nassau zusammen und beerbte 1816 Nassau-Usingen. Die
Linie N. starb 1912 aus.
L.: Wolff 265; Zeumer 553 II b 60, 2; Wallner 696 OberrheinRK 12; Schliephake,
F./Menzel, K., Geschichte von Nassau walramischen Teils, Bd. 1ff. 1864 ff;
Struck, W. H., Die Kollegiatstifte Dietkirchen, Diez, Gemünden, Idstein und
Weilburg, 1959.
Neiße (Fürstentum, Residenz), poln. Nysa. Das
aus einem älteren slawischen Dorf Nyza hervorgegangene, schon im 12.
Jahrhundert in den Händen der Bischöfe von Breslau befindliche, vor 1223 Vorortaufgaben
erhaltende N. in Schlesien erlangte im frühen 13. Jahrhundert flämisches
Stadtrecht. Kurz vor dem 23. 6. 1290 räumte der Herzog
von Breslau dem Hochstift Breslau auf seinen Gütern um N. und Ottmachau
beschränkte Landesherrschaft ein, die spätestens 1333 zur vollen
Landesherrschaft erstarkte. 1342 nahmen die Bischöfe dieses Bistumsland von
Böhmen zu Lehen, erweiterten es 1344 durch den Kauf des Herzogtums Grottkau und nannten sich seitdem Fürsten von N. und
Herzöge von Grottkau. N. hatte einen Flächeninhalt von 41 Quadratmeilen und war
in die Kreise N. und Grottkau gegliedert. 1742 wurde N. zwischen Preußen und
Österreich geteilt. Der zu Preußen gehörige Anteil wurde 1810 säkularisiert,
der zu Österreich gehörige Anteil fiel 1918/1919 an die Tschechoslowakei. N.
gelangte 1945 unter die Verwaltung Polens, 1990 als politische Folge der
deutschen Wiedervereinigigung an Polen.
L.: Wolff 477f., 488; Kastner, A., Geschichte der Stadt Neiße mit besonderer
Berücksichtigung des kirchlichen Lebens in der Stadt und dem Fürstentum Neiße,
Bd. 1f. 1854ff.; Pfitzner, J., Besiedlungs-, Verfassungs- und
Verwaltungsgeschichte des Breslauer Bistumslandes, 1926; Schönaich, G., Die
alte Bischofsstadt Neiße, 1935; Keblowski, J., Nysa, 1972; Klose, A., ”Festung
Neisse”, 1980; Neiße, hg. v. d. Stiftung Kulturwerk Schlesien, 1988; Bein,
W./Schmilewski, U., Neiße - das Schlesische Rom im Wandel der Jahrhunderte,
1988; Menzel, J., Neiße, LexMA 6 1992, 1086; Jarczyk, F., Neisse, 1996; Höfe
und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1,
2, 406; Scholz, B., Das geistliche Fürstentum Neisse, 2011.
Netzedistrikt (Gebiet). Von den Gebieten beiderseits
der Netze, die seit dem späten Mittelalter zur Landschaft Kujawien in Polen
gehörten, fiel 1772 der nördliche Teil an Preußen. 1776 wurde dieses sog.
Kleinpreußen mit zwischenzeitlich erfolgten Erweiterungen zum N. (Kreise
Deutsch Krone [Deutsch-Krone], Flatow und Bromberg) zusammengefasst. 1807 kamen
große Teile hiervon an das neue Herzogtum
Warschau. 1815 wurden die Kreise Deutsch Krone (Deutsch-Krone) und Flatow der
Provinz Westpreußen, der Südteil des Netzedistrikts der Provinz Posen innerhalb
Preußens zugeteilt. 1919 fiel der größte Teil an Polen, der Rest verblieb in
der Provinz Grenzmark Posen-Westpreußen. Er kam 1945 unter die Verwaltung
Polens und fiel 1990 als politische Folge der deutschen Einheit an Polen.
L.: Ludat, H., Netze, LexMA 6 1992, 1099
Neuburg (Fürstentum, seit etwa 1700 Herzogtum, Residenz des Herzogs
von Bayern bzw. Pfalzgrafen bei Rhein). Nach keltischen und römischen
Siedlungen errichteten die Herzöge der Bayern in der Landnahmezeit auf einem
Jurarücken an der Donau die schon bei dem Geographen von Ravenna (7. Jh.)
bezeugte civitas nova (N.). 742 wurde sie Sitz eines bis 801/807 bestehenden
Bistums. N. selbst fiel 788 an den König, im 10. Jahrhundert aber wieder an die
Herzöge von Bayern. Seit dem 12. Jahrhundert kam N. an die Pappenheim (Heinrich
von Kalendin), 1247 gewaltsam wieder an Bayern. 1392 wurde es Bayern-Ingolstadt
zugeteilt, 1445 Bayern-Landshut. Nach dem bayerischen Erbfolgekrieg 1505 wurde
es Sitz des räumlich nicht geschlossenen, aus Teilen Bayern-Landshuts
(Niederbayerns) und Bayern-Münchens (Oberbayerns) gebildeten Fürstentums (N.
bzw.) Pfalz-Neuburg (Höchstädt, Monheim, Graisbach, Neuburg, Reichertshofen,
Heideck, Hilpoltstein, Allersberg, Burglengenfeld, Sulzbach, Schwandorf,
Parkstein, Weiden, Regenstauf, Kallmünz, Hemau, Lupburg und Laaber), dessen
erster Fürst Ottheinrich war. Ihm folgte 1557 nach dem Wechsel Ottheinrichs in
die Pfalz Wolfgang von Zweibrücken-Veldenz und diesem sein Sohn Philipp Ludwig,
der zweien seiner Brüder für deren Lebzeiten unselbständige Teilfürstentümer
einrichtete. Über die Heirat Pfalzgraf Philipp Ludwigs mit Anna von
Jülich-Kleve-Berg wurden 1609/1614/1666 Jülich und Berg sowie 1670 Ravenstein
gewonnen. 1614 wurde beim Tod Philipp Ludwigs in N., Neuburg-Sulzbach und
Neuburg-Hilpoltstein (1644 an N. zurück) geteilt. 1685 fiel die Pfalz an. Beim
Erlöschen Neuburgs (Pfalz-Neuburgs) erbte 1742 Neuburg-Sulzbach die Stammlande
Neuburgs, Jülich-Berg und die Pfalz, 1777 folgte Neuburg-Sulzbach bzw.
Pfalz-Sulzbach auch in Bayern nach. S. Pfalz-Neuburg.
L.: Wolff 140; Beitelrock, A. v., Geschichte des Herzogtums
Neuburg oder der Jungen Pfalz, 1858ff.; Heider, J., Neuburg, die junge Pfalz
und ihre Fürsten, 1955; Kaess, F./Seitz, R., Neuburg an der Donau. Stadt der
Renaissance und des Barock, 1986; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen
Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 2, 410.
Neuburg (am Inn) (Herrschaft). Im 11.
Jahrhundert gründeten die Grafen von Formbach nach Umwandlung ihrer Stammburg
in ein Kloster die Burg N. am Inn. Nach Aussterben der Grafen 1158 kam N. an
die Grafen von Andechs. Nach deren Aussterben gab sie Kaiser Friedrich II. 1248
an den Herzog von Bayern, später fiel sie mit
der zugehörigen Herrschaft an Habsburg. 1463 belehnte Kaiser Friedrich III.
Hans von Rohrbach mit der Burg. 1473 kam sie pfandweise an Bayern-Landshut,
nach der Rückkehr zu Habsburg 1528 als Lehen an die Grafen von Salm und von
1664 bis 1680 an die Grafen von Sinzendorf. 1719 erwarb der Graf von
Lamberg-Sprinzenstein die Burg. 1730/1739 fiel sie durch Kauf an das Hochstift
Passau und 1802/1803 an Bayern.
L.: Wolff 144.
Neuenburg (Reichsstadt). N. bei Müllheim wurde
(vielleicht) um 1170/1180 von den Herzögen von Zähringen planmäßig angelegt.
Nach 1218 war es vorübergehend Reichsstadt. 1797 kam es von Österreich an den Herzog von Modena, 1805 an Baden und damit 1951/1952
an Baden-Württemberg.
L.: Wolff 41; Schäfer, K., Neuenburg. Die Geschichte einer preisgegebenen
Stadt, 1963; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 2, 454.
Neuengleichen (Herrschaft). Die beiden Burgen Gleichen
südlich von Göttingen wurden um 1100 von den Grafen von Reinhausen erbaut. Über
das Kloster Reinhausen kamen sie an das Erzstift Mainz, wurden 1152 aber von Herzog Heinrich dem Löwen eingezogen. 1270 gaben sie
die Welfen gegen Güter im Solling an die Herren von Uslar. Diese teilten sich
zu Anfang des 14. Jahrhunderts in die Linie Altengleichen und N. Die Linie N.
verkaufte 1451 ihre Güter an die Landgrafen von Hessen, die sie von 1455 bis
1578 an die Herren von Bodenhausen verpfändeten. 1816 gab Hessen das Amt N. tauschweise
an Hannover ab. Damit kam N. 1866 an Preußen und 1946 an Niedersachsen.
L.: Wolff 254; Geschichtlicher Atlas von Hessen, Karte 18; Lücke, H., Burgen,
Amtssitze und Gutshöfe um Göttingen, 1952.
Neuenheerse (Kloster). Um 868 gründete Bischof
Liuthard von Paderborn das Kanonissenstift Heerse an der Nethequelle. 871 nahm
König Ludwig der Deutsche die Stiftung in seinen Schutz. Die Vogtei hatten im
12. Jahrhundert die Edelherren von Eberschütz-Schöneberg als Lehen des Stiftes
inne. Bei ihrem Aussterben 1429 ging sie auf einen Herzog
von Braunschweig-Lüneburg und 1438 auf die Landgrafen von Hessen über. 1810
wurde das 1803 in Preußen umgewandelte Stift im Königreich Westphalen
aufgehoben. 1815 kam N. an Preußen und 1946 an Nordrhein-Westfalen.
L.: Gemmeke, A., Geschichte des adeligen Damenstifts zu Neuenheerse, 1931.
Neuhaus (Amt). Das über das Herzogtum Braunschweig-Lüneburg und das spätere
Königreich Hannover und damit Preußen (1866) 1945 mit 6500 Einwohnern von der
britischen Besatzungszone im Zuge einer Grenzbegradigung an die sowjetische
Besatzungszone und damit von 1949 bis 1990 an die Deutsche Demokratische
Republik gelangte, 229 Quadratkilometer große Gebiet (Neu Wendischthun
[Neuwindischthun], Sückau, Niendorf, Viehle, Sumte, Haar, Darchau, Vockfey,
Stapel, Zeetze [Zetze], Laave, Kaarßen, Tripkau, Wehningen, Wilkenstorf) kam am
1. 7. 1993 von Mecklenburg-Vorpommern an Niedersachsen zurück.
L.: Wolff 450.
Neumarkt, Neumarkt (in der Oberpfalz) (Reichsgut,
Reichsstadt?, Residenz des Pfalzgrafen bei Rhein). Das Gebiet um N. in der
Oberpfalz gehörte zum bayerischen Nordgau und kam über die Heirat der Tochter
des Markgrafen (Adela von Vohburg) mit Friedrich I. Barbarossa an die Staufer.
Am Ende des 12. Jahrhunderts ist N. als Sitz eines Reichsschultheißenamtes
bezeugt. Vielleicht war es 1235 Stadt. Im Interregnum (1268) gelangte es an
Bayern, 1269 an Oberbayern und 1329 an die pfälzischen Wittelsbacher. 1410 fiel
es an Herzog Johann von Pfalz-Neumarkt und wurde
dessen Sitz. (Nach 1448 kam es an Pfalz-Mosbach und 1499 an die Pfalz, fiel
aber 1628 an Bayern zurück.) Am 20. 4. 1945 wurde es fast vollständig zerstört.
S. Pfalz-Neumarkt, Pfalz-Oberpfalz.
L.: Hofmann, F./Mader, F., Stadt und Bezirksamt Neumarkt, 1909; Kurz, J., Die
Stadt Neumarkt in der Oberpfalz, 1954; Ried, K., Neumarkt in der Oberpfalz.
Eine quellenmäßige Geschichte der Stadt Neumarkt in der Oberpfalz, 1960;
Heinloth, B., Neumarkt, 1967; Romstöck, K., Neumarkt in der Oberpfalz von 1500
bis 1945, 1985; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W., 2003, 1, 2, 414.
Neuneck (Herrschaft). Die Herrschaft N. bei
Dornstetten gehörte am Ende des 18. Jahrhunderts über das Herzogtum Württemberg zum schwäbischen Reichskreis.
1951/1952 kam N. zu Baden-Württemberg.
L.: Wallner 684 SchwäbRK 1.
Neustadt am Rübenberge (Residenz des Grafen von
Wölpe bzw. des Herzogs von
Braunschweig-Lüneburg)
L.: ; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini,
W., 2003, 1, 2, 415.
Neuwürttemberg (Land). Die Württemberg 1796/1801 als
Entschädigung für seine linksrheinischen Verluste an Frankreich in Aussicht
gestellten Gebiete wurden im September/Oktober 1802 von Württemberg besetzt
(Aalen, Esslingen, Giengen, Heilbronn, Reutlingen, Rottweil, Schwäbisch Gmünd,
Schwäbisch Hall, Weil der Stadt, Comburg, Heiligkreuztal, Margrethausen,
Oberstenfeld, Rottenmünster, Schöntal, Zwiefalten, halb Dürrenmettstetten) und
in einem vom Herzogtum Württemberg rechtlich
getrennten absolutistisch regierten Land mit der Bezeichnung N. (Hauptstadt
Ellwangen, 2200 Quadratkilometer, 123000 Einwohner) zusammengefasst, das am 7.
1. 1806 mit der Eingliederung in Württemberg sein Ende fand.
L.: Müller, M., Neuwürttemberg unter Herzog und
Kurfürst Friedrich, 1934.
Nideggen (südlich Jülichs) (Residenz des Grafen
von Jülich bzw. Herzogs von Kleve-Mark bzw.
Pfalz-Neuburg)
L.: Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W.,
2003, 1, 2, 420.
Niederbayern (Herzogtum).
Das durch die Landesteilung von 1255 geschaffene Herzogtum
N. lag innerhalb Bayerns etwa zwischen Reichenhall, Cham, Freising und
Landshut. 1309 übernahm Ludwig IV. von Oberbayern zeitweise vormundschaftlich
die Herrschaft. 1331 wurde N. in drei Teile geteilt, doch fielen
Bayern-Deggendorf 1333 und Bayern-Burghausen 1334 an die verbleibende dritte
Linie zurück. 1340 kam es nach dem Aussterben der Herzöge wieder an Oberbayern.
1349 gelangte N. an Herzog Stephan II., der 1353
neben Lehen in Holland auch das Gebiet um Straubing (Straubinger Ländchen) an
seine Halbbrüder Wilhelm I. und Albrecht I. überließ, das restliche
Niederbayern aber 1363 wieder mit Oberbayern vereinigte. 1392 kam
Niederbayern-Landshut an Herzog Friedrich.
1425/1429 wurde ein Teil Bayern-Straubings beim Aussterben der dortigen Linie
hinzuerworben. 1447 gewann Bayern-Landshut (Niederbayern-Landshut) auch das
wesentliche Erbe Bayern-Ingolstadts. Nach dem Aussterben Bayern-Landshuts 1503
kam N. 1505 zu Oberbayern, doch wurden einige Gebiete zur Bildung des
Fürstentums Pfalz-Neuburg verwandt. S. Bayern, Bayern-Burghausen,
Bayern-Deggendorf, Bayern-Landshut, Bayern-Straubing
L.: Wolff 136; Schnurrer, L., Urkundenwesen, Kanzlei und Regierungssystem der Herzöge
von Niederbayern 1255-1340, 1972; Pietrusky, U., Niederbayern im 19.
Jahrhundert, 1988; Hartmann, P., Bayerns Weg in die Gegenwart, 2. A. 1992;
Stauber, R., Das Herzogtum Niederbayern, (in)
Sammelblatt des hist. Ver. Ingolstadt 102/103 (1993/1934), 169.
Niederlande (Staat). Bei der karolinigischen
Reichsteilung 843 fiel Flandern westlich der Schelde an das westfränkische
Reich (Westfranzien, Frankreich), der übrige Raum um Maas, Schelde und Rhein an
das mittlere Reich Kaiser Lothars und 879/925 an das ostfränkische Reich.
1477/1493 kam das sich (seit etwa 1200 oder 1540?) sprachlich
verselbständigende Gebiet der späteren N. über Maria von Burgund von Burgund an
Habsburg, das die von Burgund zusammengefassten Gebiete hausmachtpolitisch
gegenüber dem Reich zu verselbständigen suchte. Kaiser Karl V. fügte durch Kauf
1524 Friesland, durch Säkularisation 1528 Utrecht und Overijssel mit Deventer
sowie 1538 Groningen und 1543 Geldern dem 1512/1548 gebildeten burgundischen
Reichskreis hinzu, so dass insgesamt ein Komplex von 17 Gebieten entstand
(Brabant, Limburg, Luxemburg, Geldern, Flandern, Artois [mit Arras], Hennegau,
Holland, Seeland, Namur, Friesland, Rijssel [Lille], Doornik [Tournai], Mecheln,
Utrecht, Overijssel und Groningen), und übertrug 1555 die Nachfolge an Philipp
II. von Spanien (spanische N.). Seit 1565 wehrten sich Adlige in dem seit etwa
1540 zunehmend calvinisierten Gebiet gegen die von Philipp II. seiner
Statthalterin Margarete von Parma (1559) in Auftrag gegebene Steigerung der
königlichen Macht, mit der eine starke Erhöhung finanziellen wie religiösen
Druckes einherging. Nach Ablehnung einer Bittschrift bildeten sie einen Bund
des als Geusen verhöhnten Adels, der von den calvinistischen Religionsführern
unterstützt wurde. 1567 wurde Margarete von Parma durch Herzog Alba als Statthalter abgelöst, der den Aufstand zunächst
niederschlug. Am 1. 4. 1571 besetzten die Meergeusen Brielle (Briel) an der
Maasmündung. Danach erhoben sich Seeland und Holland. Am 18. 7. 1572 wählten
zwölf Städte in Seeland und Holland Wilhelm von Oranien zum königlichen
Statthalter von Holland, Seeland und Utrecht. Am 8. 11. 1576 schlossen sich
weitere Gebiete an. Am 23. 1. 1579 einigte Oranien in der Union von Utrecht die
sieben nördlichen Provinzen Holland, Seeland, Utrecht, Geldern, Groningen,
Overijssel (mit Drente) und Friesland, zu denen noch Flandern und Brabant
kamen. 1581 setzte die Utrechter Union Philipp II. ab und schloss sich in den
Generalstaaten zu einem losen Staatenbund zusammen (Republik der Vereinigten
N.). Die südlichen N. wurden von Spanien erneut unterworfen. Nach weiteren
schweren Kämpfen, in denen die seit 1635 mit Frankreich verbündeten
Generalstaaten 1629-1637 den nördlichen Teil Brabants als Generalitätslande
eroberten, wurden die Generalstaaten 1648 als eigener vom Reich gelöster Staat
anerkannt. Ihr Interesse verlagerte sich rasch vom Reich auf die überseeischen
Kolonien. Von 1590 bis 1700 waren die von 1572 bis 1650, von 1672 bis 1702
sowie von 1742 bis 1795 unter einem Statthalter handelnden N. das am stärksten
urbanisierte und wirtschaftlich fortgeschrittenste Land Europas. Die südlichen
(spanischen) Niederlande (Hennegau, Flandern, Artois, Namur, Luxemburg) kamen
nach dem spanischen Erbfolgekrieg 1713/1714 von Spanien an Österreich. 1794
wurden sie von Frankreich erobert. Sie blieben Teil des deutschen Reiches.
1797/1801 musste Österreich sie an Frankreich abtreten. 1806 machte Napoleon
die Generalstaaten zum Königreich Holland und vereinigte dieses 1810 mit
Frankreich. 1814 wurde nach der Vertreibung der französischen Truppen die
Vereinigung der nördlichen und südlichen N. sowie Lüttichs als Königreich der
Vereinigten N. beschlossen. Dieses gehörte dem Deutschen Bund durch Personalunion
mit Luxemburg an. 1830 wurde mittels der belgischen Revolution die Verbindung
der sich benachteiligt fühlenden südlichen N. mit den nördlichen N. gelöst und
Belgien von den N. getrennt. 1866 schieden Limburg und Luxemburg mit der
Auflösung des Deutschen Bundes aus diesem aus. S. Flandern, Brabant, Hennegau,
Namur, Limburg, Lüttich, Holland, Utrecht, Seeland, Geldern, Cambrai,
Niederlothringen.
L.: Die Territorien des Reichs 3, 200; Blok, P., Geschichte des
niederländischen Volkes, Bd. 1ff. 1901ff.; Geschiedkundige Atlas van Nederland,
hg. v. Beekman, A., 1911ff.; Pirenne, H., Histoire de Belgique, Bd. 1ff. 1926;
Geschiedenis van Nederland, hg. v. Brugmans, H., Bd. 1ff. 1933ff.; Reese, W.,
Die Niederlande und das Reich, Bd. 1 3. A. 1943; Allgemene geschiedenis der
Nederlanden, hg. v. Niermeyer, J. u. a., Bd. 1ff. 1949ff., Neue Ausgabe
1980ff.; Polenz, P. v., Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, II, 50; Buck, H.
de, Bibliografie der geschiedenis van Nederland, Leiden 1968; Prevenier,
W./Blockmans, W., Die burgundischen Niederlande, 1986; De Nederlanden in de
late middeleeuwen, hg. v. Boer, D. de/Marsilje, J., 1987; Schepper, H. de,
Belgium Nostrum, 1987; Schilling, J./Täubrich, R., Niederlande, 1988;
Blockmans, W., Niederlande, LexMA 6 1993, 1141; Lademacher, H., Die
Niederlande, 1993; North, M., Geschichte der Niederlande, 1997; Mörke, O.,
Stadtholder oder Staetholder?, 1997; Weis, M., Les pays-bas espagnols, 2003;
Seggern, H. v., Geschichte der burgundischen Niederlande, 2009; Verortete
Herrschaft, hg. v. Lieven, J., 2014, 211.
Niederlothringen s. Brabant, Geldern, Jülich, Köln,
Limburg, Lothringen, Pfalz
L.: Werner, M., Der Herzog von Lothringen in
salischer Zeit, (in) Die Salier und das Reich, hg. v. Weinfurter, S., Bd. 1
1991; Despy, G., Niederlothringen, LexMA 6 1993, 1142; Verortete Herrschaft,
hg. v. Lieven, J., 2014, 29ff.
Niederösterreich (Land, Ländergruppe, Bundesland). Das
Gebiet zwischen Enns und March war südlich der Donau römische Provinz, nördlich
der Donau germanischer Siedlungsraum. Nach Abzug der Römer drangen Bayern im
Westen und Slawen im Osten ein. Um 790 wurde das ganze Gebiet dem Frankenreich
eingegliedert und einem Markgrafen unterstellt. Von 905/907 bis 955 kam es
unter die Herrschaft der Ungarn. Danach entstand wieder eine bayerische Mark an
der Donau (Ostmark), die Kaiser Otto II. 976 den Babenbergern verlieh und in
der 996 erstmals (Neuhofen an der Ybbs in) Ostarrichi genannt wurde. 1156 wurde
diese Markgrafschaft Herzogtum. 1180 kam das
Land von der Hasel bis zur großen Mühl hinzu, 1254 das Gebiet zwischen Enns und
Hausruck und zwischen Pitten und Wiener Neustadt. Nach dem Aussterben der
Babenberger 1246 nahm 1251 der König von Böhmen das Herzogtum
in Besitz, teilte das Land längs der Enns (östlich der Enns, Österreich [unter
der Enns], 1264 N. [Austria inferior]), verlor es aber 1278 an König Rudolf von
Habsburg. Dieser verlieh es 1282 seinen Söhnen. In einem erweiterten Sinn
umfasste N. (Ländergruppe) im ausgehenden 14. Jahrhundert die Länder N.,
Oberösterreich, Steiermark, Kärnten und Krain. Dieses N. wurde von König
Maximilian I. dem österreichischen Reichskreis zugeteilt. Seit 1564 galten nur
noch das Land N. und das Land Oberösterreich als „niederösterreichische
Länder“. N. im engeren Sinn war als Land unter der Enns mit Wien als Zentrum
bis 1918 das führende Erbland der Habsburger. Seit der Verfassung Österreichs
vom 1. 10. 1920 gibt es das Bundesland N. (seit 1986 Sitz in Sankt Pölten),
innerhalb dessen Wien als eigenes Bundesland verselbständigt wurde.
L.: Wolff 25; Lechner, K., Niederösterreich (Österreich unter der Enns), (in)
Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Die Territorien des Reichs 1, 118;
Topographie von Niederösterreich, hg. v. Verein für Landeskunde von
Niederösterreich, Bd. 1ff. 1871-1915; Vancsa, M., Historische Topographie mit
besonderer Berücksichtigung Niederösterreichs, Dt. Geschichtsblätter 3 (1902);
Vancsa, M., Geschichte von Niederösterreich und Oberösterreich (bis 1526), Bd.
1f. 1905ff.; Grund, A., Beiträge zur Geschichte der hohen Gerichtsbarkeit in
Niederösterreich, (in) Abhandlungen zum Historischen Atlas der österreichischen
Alpenländer, Archiv f. österr. Geschichte Band 99 (o. J.); Hassinger, H./Bodo,
F., Burgenland, ein deutsches Grenzland im Südosten, 1941; Atlas von
Niederösterreich, hg. v. d. Kommission für Raumforschung und Wiederaufbau der
österr. Akademie d. Wiss., 1951ff.; Allgemeine Landestopographie des Burgenlandes,
bearb. v. Burgenländischen Landesarchiv, Bd. 1: Bezirk Neusiedl, 1954, Bd. 2:
Bezirk Eisenstadt, 1962; Regele, O., Beiträge zur Geschichte der staatlichen
Landesaufnahme und Kartographie in Österreich bis 1918, 1955; Grund,
A./Giannoni, K. u. a., Niederösterreich I, II 1910, 1957; Wolf, H.,
Niederösterreich, 1956, (in) Erläuterungen zum historischen Atlas der
österreichischen Alpenländer; Bernleithner, E., Die Entwicklung der
Kartographie in Österreich, Ber. zur dt. Landeskunde 22 (1959); Thenius, E.,
Niederösterreich, 1962; Vorberg, G., Zur Struktur des landesfürstlichen
Besitzes in Niederösterreich, Diss. phil. Wien 1965 (masch.schr.); Winner, G.,
Klosteraufhebungen in Niederösterreich und Wien, 1967; Österreichisches
Städtebuch, hg. v. Hoffmann, A., Bd. 1ff. 1968ff.; Handbuch der historischen
Stätten. Österreich Bd. 1, hg. v. Lechner, K., 1970; Gutkas, K., Geschichte des
Landes Niederösterreich, Bd. 1ff. 1957ff., 6. A. 1983; Zöllner, E., Geschichte
Österreichs, 8. A. Wien 1990; Lechner, K., Die Babenberger. Markgrafen und
Herzöge von Österreich 976-1246, Wien 1976; Berthold, W., Bibliographie zur
Landeskunde von Niederösterreich, 1988; Friesinger, H./Vacha, B., Römer -
Germanen - Slawen in Österreich, Bayern und Mähren, 1988; Feigl, H., Recht und Gerichtsbarkeit
in Niederösterreich, 1989; Urkunde und Geschichte. Niederösterreichs
Landesgeschichte im Spiegel der Urkunden seines Landesarchivs, bearb. v.
Weltin, M., 2004; Niederösterreich im 20. Jahrhundert, hg. v. Eminger, S. u.
a., Bd. 1ff. 2008; Niederösterreichisches Urkundenbuch, Bd. 1 ff. 2008ff.;
Landrechtsentwurf für Österreich unter der Enns 1526, hg. v. Brauneder, W.,
2014.
Niederrheinisch-westfälischer Reichskreis, westfälischer Reichskreis.
Der häufig nur westfälischer Reichskreis genannte, 1500 geschaffene
niederrheinisch-westfälische Reichskreis umfasste die Gebiete zwischen Weser
und späterer Grenze der Niederlande, in dem aber auch Teile des zum
kurrheinischen Reichskreis gehörigen Erzstifts Köln lagen. Kreisstände waren
nach der 1548 vertragsweise erfolgten Ausgliederung Utrechts, Gelderns und
Zütphens Kleve-Mark-Ravensberg, Jülich-Berg, die Hochstifte Münster, Paderborn,
Lüttich, Osnabrück, Minden und Verden, die Abteien Corvey, Stablo und Malmédy,
Werden, Kornelimünster, Essen, Thorn, Herford, die Grafschaften und
Herrschaften Nassau-Diez, Ostfriesland, Moers, Wied, Sayn, Schaumburg,
Oldenburg und Delmenhorst, Lippe, Bentheim, Steinfurt, Tecklenburg, Hoya,
Virneburg, Diepholz, Spiegelberg, Rietberg, Pyrmont, Gronsfeld (Gronsveld),
Reckheim, Anholt, Winneburg, Holzappel, Witten, Blankenheim und Gerolstein,
Gemen, Gimborn-Neustadt, Wickrath, Millendonk (Myllendonk), Reichenstein,
Kerpen-Lommersum, Schleiden, Hallermunt sowie die Reichsstädte Köln, Aachen und
Dortmund. Kreisausschreibender Reichsstand (seit dem 17. Jahrhundert
Kreisdirektor) war zunächst der Herzog von
Jülich, seit dem Anfang des 17. Jahrhunderts der Bischof von Münster, der das
Amt nach dem jülich-klevischen Erbfolgestreit mit Brandenburg und Pfalz-Neuburg
teilen musste. Im 18. Jahrhundert wurde der niederrheinisch-westfälische
Reichskreis, dessen wenige Kreistage in Köln stattgefunden hatten und dessen
Kreisarchiv in Düsseldorf lag, weitgehend handlungsunfähig. 1806 löste er sich
auf.
L.: Gumpelzhaimer 145; Wolff 310; Casser, P., Der Niederrheinisch-westfälische
Reichskreis, 1934, (in) Der Raum Westfalen 2, 2; Hastenrath, W., Das Ende des
Niederrheinisch-westfälischen Reichskreises, 1949; Der Kulturraum Niederrhein,
1996.
Niedersächsischer Reichskreis. Der 1512 neben dem
obersächsischen Reichskreis gebildete N. umfasste das Gebiet zwischen Weser,
Harz und Elbe einschließlich Magdeburgs, Mecklenburgs und Holsteins.
Kreisausschreibende Fürsten waren seit 1522 der Erzbischof von Magdeburg und
der Herzog von Braunschweig-Lüneburg,
abwechselndes Direktorium seit 1648 Brandenburg und Schweden. Die wichtigsten
Mitglieder des seit 1682/1702 im Wesentlichen handlungsunfähigen Gebildes waren
Erzstift Magdeburg (seit 1648 Brandenburg), Erzstift Bremen (seit 1715
Hannover), Lüneburg, Grubenhagen, Calenberg-Göttingen, Wolfenbüttel, Hochstift
Halberstadt mit Grafschaft Regenstein (seit 1648 Brandenburg), Mecklenburg-Schwerin,
Mecklenburg-Güstrow, Hochstift Schwerin (Mecklenburg-Schwerin),
Holstein-Glückstadt (Dänemark), Holstein-Gottorp (Gottorf) (Dänemark),
Grafschaft Rantzau (Dänemark), Hochstift Hildesheim und die Reichsstädte
Bremen, Goslar, Hamburg, Lübeck, Mühlhausen und Nordhausen.
L.: Gumpelzhaimer 185; Wolff 426; Schmidt, W., Geschichte des niedersächsischen
Reichskreises, Niedersächs. Jb. f. Landesgesch. 7 (1930).
Niederschlesien (Herzogtum,
Provinz). Bei der Teilung Schlesiens 1173 kam N. an Boleslaw I. Sein Sohn
musste 1202 Oppeln abtreten. 1251 wurde N. (ducatus Silesiae im Gegensatz zum
ducatus Opoloniensis [Oberschlesien]) in Glogau, Breslau und Liegnitz geteilt.
Von Glogau spalteten sich Sagan mit Crossen und Oels mit Wohlau und Trachenberg
ab, von Breslau Brieg und das Bistumsland Neiße; aus Liegnitz entstanden
Schweidnitz-Jauer und Münsterberg. Seit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts
bürgerte sich für diese Gebiete der Name N. ein. Von 1919 bis 1938 war N. eine
eigene Provinz Preußens. S. Schlesien, Polen.
L.: Schlesien, hg. v. Conrads, N., 1994; Menzel, J., Schlesien, LexMA 7 1995,
1481ff.
Nivelles (Reichsabtei?, Residenz). Die königliche
Abtei N. (nahe Lüttichs) wurde im 7. Jh. in einer villa der Pippiniden
gegründet. Das Doppelkloster folgte nacheinander der columbano-benediktinischen
und schließlich der kanonischen Regel von Aachen. Seit dem 13. Jh. nahm der Herzog von Brabant die Stadt N. in Beschlag und
bestritt die Reichsunmittelbarkeit der Abtei. Bis 1795-1798 führte die Äbtissin
den Titel einer Prinzessin des Reiches und von Nivelles, den die Regierung der
Niederlande Habsburgs bestritt, der Rat von Brabant aber 1669 anerkannte. Die
Güter der Abtei bildeten niemals ein geschlossenes Gebiet und waren über
Seeland, Rheinland und Brabant verstreut.
L.: Hoebanx, J.,
L’abbaye de Nivelles, 1952; Collet, E., Sainte Gertrude de Nivelles, 1985;
Douxchamps, J., Chanoinesses et chanoines nobles, 4. A., 1996; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 717, 1, 2, 422.
Nomeny (Markgrafschaft). Die Markgrafschaft N.
gehörte ursprünglich zum Hochstift Metz, wurde von diesem aber zeitweilig an
die Herzöge von Lothringen verpfändet und 1551 zu Lehen gegeben. Später kaufte
Lothringen N. 1613 starb die Linie Mercoeur aus und vererbte N. an den Herzog von Lothringen. Frankreich verzichtete auf die
ursprünglich als Nachfolger von Metz geltend gemachten Rechte. Der Herzog von Lothringen musste 1735 zugunsten Stanislaus
Leszczynskis (gegen Toskana) auf seine Länder verzichten, erhielt aber 1736 das
Recht, unter dem Aufruf von N. Sitz und Stimme auf Reichstagen und Kreistagen
für die ihm noch verbliebenen reichsunmittelbaren Territorien (Grafschaft
Falkenstein am Donnersberg) zu führen und damit trotz Verlustes des
stimmbegründenden Landes Reichsstand zu bleiben. N. zählte zum oberrheinischen
Reichskreis.
L.: Wolff 304; Zeumer 553. II b 44; Rolin, C., Nomeny, 1937.
Norderdithmarschen (Land, Landschaft). Die Landschaft N. um
Heide kam als Teil von Dithmarschen 1580/1581 an Holstein-Gottorp (Gottorf) und
1773 unter die Oberherrschaft Dänemarks. Über Holstein-Gottorp (Gottorf,
Holstein-Gottorf) gehörte sie am Ende des 18. Jahrhunderts zum
niedersächsischen Reichskreis.
L.: Wolff 446; Hadel, W. v., Die Eingliederung des Landes Dithmarschen in den
Verband der Herzogtümer Schleswig und Holstein,
1963; Witt, R., Die Privilegien der Landschaft Norderdithmarschen in
gottorfischer Zeit 1559-1773, 1975.
Nordstrand (Insel). Die eingedeichte Marschinsel N.
mit 45 Quadratkilometern ist ein Rest der am 11. 11. 1634 durch eine Sturmflut
zerstörten Insel Strand, die 1231 in 5 Harden eingeteilt war und über 50
Kirchen bzw. Kapellen aufwies. Sie unterstand den Grafen von Holstein. 1652 zog
der Herzog von Holstein-Gottorp (Gottorf)
niederländische Deichbaumeister ins Land, die weitreichende Privilegien
erhielten, das ungeschützte Land neu eindeichten und die Wiedergewinnung des
verlorenen Landes begannen. Bis 1867 hatte N. weitgehende Selbstverwaltung und
bis 1900 ein eigenes, 1572 aufgezeichnetes Landrecht. 1864 kam N. an den
Deutschen Bund, 1866 an Preußen und 1946 an Schleswig-Holstein.
L.: Boysen, K., Das Nordstrander Landrecht von 1572, 1967; Karff, F.,
Nordstrand. Geschichte einer nordfriesischen Insel, 1968.
Northeim (Grafen). In N. an der Mündung der Rhume
in die Leine bestand schon an der Zeitenwende und in frühmerowingischer Zeit
eine Siedlung. Um 800 gab der edle Nidhart Güter an Fulda. Ein Grafengeschlecht
von N. wird im 10. Jahrhundert (982) erkennbar. Graf Otto (um 1025-1083) wurde
1061 Herzog von Bayern (bis 1070). Die Güter der
Grafen von N. an der oberen Leine, Werra, Weser, Diemel, Nethe und der unteren
Elbe (Boyneburg, Vogtei über Corvey, Gandersheim, Helmarshausen, Hausklöster
Northeim, Bursfelde, Amelungsborn, Oldisleben (Oldesleben) kamen nach dem Tod
der Kaiserin Richenza (1141) und Siegfrieds IV. von Boyneburg (1144) bzw.
Hermanns von Winzenburg (1152) auf Grund der Heirat Gertruds von
Süpplingenburg, der Tochter König Lothars von Süpplingenburg und Richenzas von
N., mit Heinrich dem Stolzen an die Welfen (Heinrich den Löwen).
L.: Wolff 437; Lange, K., Der Herrschaftsbereich der Grafen von Northeim, 1969;
Pischke, G., Herrschaftsbereiche der Billunger, der Grafen von Stade, der
Grafen von Northeim und Lothars von Süpplingenburg, 1984; Hindte, H. v.,
Northeim, LexMA 6 1993, 1253; Pischke, G., Die Grafen von Northeim, Z. d. V. f.
hess. Gesch. 103 (1998), 3; Borchert, S., Herzog
Otto von Northeim (um 1025-1083), 2005; Borchert, S., Herzog
Otto von Northeim (um 1025-1083), 2005.
Novara (Stadtkommune). Das aus einer
ligurisch-keltischen Siedlung hervorgegangene antike N. in der westlichen
Poebene wurde unter Cäsar römisches Munizipium und im vierten nachchristlichen
Jahrhundert Bischofssitz. Im 11. Jahrhundert gewann es Selbständigkeit, wurde
aber 1110 von Kaiser Heinrich V. zerstört. Im 14. Jahrhundert (1322) fiel es an
die Visconti. Mit dem Herzogtum Mailand kam es
von 1500 bis 1524 an Frankreich, 1535 an Spanien, 1714 an Österreich, 1735 an
Sardinien und damit 1861 an Italien.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 48 (1300) C2; Novara e il suo territorio,
1952; Cognasso, F., Storia di Novara, 1971; Andenna, G., Novara, LexMA 6 1993,
1300; Behrmann, T., Domkapitel und Schriftlichkeit in Novara, 1994.
Novellara (Stadt). N. wird erstmals in der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts erwähnt. Um 1150 kam es an Reggio. 1371 wurde es Sitz einer Linie der Gonzaga, bei deren Erlöschen es 1728/1737 an das Herzogtum Modena fiel (1861 Italien).
Oberbayern (Herzogtum).
1255 entstand durch Landesteilung innerhalb Bayerns im Raum zwischen Kufstein
und Ingolstadt bzw. dem Nordgau O. 1329 wurden Gebiete im Nordgau zugunsten der
Pfalz abgetrennt, doch blieben Lengenfeld (Burglengenfeld), Schwandorf,
Kallmünz und die Burggrafenrechte von Regensburg bei O. 1340 gewann O. den
niederbayerischen Landesteil, doch erfolgte 1349 eine erneute Teilung, die bis
1363 währte. 1392 wurde nochmals geteilt. Dabei zerfiel O. in Bayern-Ingolstadt
und Bayern-München. Nach dem Aussterben der Linie Bayern-Ingolstadt 1447
gelangte deren Gebiet im Wesentlichen an (Nieder-)Bayern-Landshut, das
seinerseits aber 1503/1505 weitgehend an Bayern-München (O.) kam. S. Bayern,
Bayern-Ingolstadt, Bayern-München.
L.: Wolff 136; Hartmann, P., Bayerns Weg in die Gegenwart, 2. A. 1992;
Oberbayerisches Landrecht von 1346, hg. v. Schlosser, H. u. a., 2000.
Oberglogau (Herrschaft). O. an der Hotzenplotz in
Oberschlesien wurde 1275 planmäßig angelegt. Es gehörte zum Herzogtum Oppeln. Nach dem Aussterben der Herzöge kam
es 1532 mit Oppeln an Österreich, das es an Georg von Ansbach-Jägerndorf, dann
an die Königin Isabella von Ungarn (1552) und danach an Otto von Zedlitz
verpfändete. Von dort gelangte es über die Erbtochter an die Oppersdorff, die
1626 in den Reichsgrafenstand aufstiegen. 1945 fiel O. unter die Verwaltung
Polens und damit 1990 als politische Folge der deutschen Einheit an Polen.
L.: Wolff 480; Schnurpfeil, H., Geschichte und Beschreibung der Stadt
Oberglogau, 1860; Kosian, A., Führer durch das schöne Oberglogau, 1931.
Oberlothringen (Herzogtum)
s. Lothringen (Herzogtum)
L.: Weller, T., Die Heiratspolitik, 2004.
Oberösterreich (Fürstentum, Bundesland). Das Gebiet
zwischen Donau, Inn und Enns gehörte zunächst zum keltischen Königreich
Noricum, seit 15 n. Chr. zur römischen Provinz Noricum ripense. Seit dem 6.
Jahrhundert wurde es von Bayern besiedelt (748 Mondsee, 777 Kremsmünster). Die
wichtigste Stellung errangen die Grafen von Traungau. 1058 folgten ihnen die
Burggrafen (Otakare, Ottokare) von Steyr. 1156/1192 kamen die Güter an die
Babenberger, die 1189 Regauer Güter mit Vöcklabruck, 1216 die Herrschaft Wels,
1224 die Herrschaft Waxenberg und 1271 die Herrschaft Linz, erwarben. Seit
1254/1261/1264 erscheint nach dem Aussterben der Babenberger und der Lösung der
Verbindung des Traungaus mit der Steiermark durch König Ottokar von Böhmen
Austria superior (O., 1264) als politische und gerichtliche Verwaltungseinheit.
Nach Übergang an die Grafen von Habsburg (1282) kam 1289 das Land westlich der
Großen Mühl hinzu. In kriegerischen Auseinandersetzungen unterwarf Habsburg
1380/1390 die Grafen von Schaunberg (bzw. Schaunburg). Seit 1453 wurden die
Gebiete bzw. Güter der Hochstifte Salzburg, Regensburg, Freising, Eichstätt und
Bamberg zu Landständen herabgedrückt. Von 1456 bis 1483 wurde O. eigenes
Fürstentum, um 1466 auch so genannt. 1506 wurde im bayerischen Erbfolgekrieg
die Herrschaft Wildenegg (Wildeneck) mit dem Land Mondsee (Mondseeland) und Wolfgangsee
von Bayern für O. erworben. Das früh verbreitete Luthertum wurde durch die
Gegenreformation beseitigt. 1554/1559 setzte sich das Fürstentum Österreich ob
der Enns endgültig gegen Österreich unter der Enns (Niederösterreich) durch. Im
Übrigen wurden in der frühen Neuzeit als (Ländergruppe) O. verschiedentlich
auch Tirol und Vorderösterreich bezeichnet. 1765 kam es zu einem
Gebietsaustausch zwischen O. und Passau. 1779 fiel das Innviertel an O., 1782
Obernberg und Vichtenstein. 1809 an Bayern verlorene Gebiete kamen 1816 zurück.
Ab 1784/1804/1815 war O. Herzogtum, von 1849 bis
1918 selbständiges Kronland (1861 Erzherzogtum), seit 1920 Bundesland
Österreichs, von 1938 bis 1945 Hauptteil des Reichsgaus Oberdonau. In der
frühen Neuzeit wurden auch Tirol und die Vorlande verschiedentlich als O.
bezeichnet.
L.: Wolff 26; Lechner, K., Oberösterreich, (in) Geschichte der deutschen
Länder, Bd. 1; Die Territorien des Reichs 1, 118; Pritz, F., Geschichte des
Landes ob der Enns, Bd. 1f. 1847; Urkundenbuch des Landes ob der Enns, Bd. 1ff.
1852ff.; Vancsa, M., Geschichte Nieder- und Oberösterreichs, Bd. 1f. 1905ff.;
Straßmayr, E., Bibliographie zur oberösterreichischen Geschichte, Bd. 1ff.
1929ff.; Schiffmann, K., Historisches Ortsnamenlexikon des Landes Oberösterreich,
Bd. 1f. 1935ff.; Regele, O., Beiträge zur Geschichte der staatlichen
Landesaufnahme und Kartographie in Österreich bis 1918, 1955; Strnadt, J.,
Österreich ob der Enns, (in) Erläuterungen zum Historischen Atlas der
österreichischen Alpenländer 1917, 1956; Ferihumer, H., Oberösterreich, (in)
Erläuterungen zum Historischen Atlas der österreichischen Alpenländer 1917,
1956; Zibermayr, I., Noricum, Baiern und Österreich, 2. A. 1956; Atlas von
Oberösterreich, hg. i. A. der oberösterr. Landesregierung v. Inst. für
Landeskunde von Oberösterreich, Leitung Pfeffer, F./Burgstaller, E., 1958ff.;
Pfeffer, F., Das Land ob der Enns, 1958; Bernleithner, E., Die Entwicklung der
Kartographie in Österreich, Ber. zur dt. Landeskunde 22 (1959); Hageneder, O.,
Die Geschichte des „Landes“ Oberösterreich, (in) Österreichisches Städtebuch,
hg. v. Hoffmann, A., Bd. 1 1968; Hageneder, O., Die Entstehung des Landes ob
der Enns, (in) Kulturzs. Oberösterreich 18/2 (1968); Österreichisches
Städtebuch, hg. v. Hoffmann, A., 1968ff.; Haider, S., Geschichte
Oberösterreichs, 1987; Landtafel des Erzherzogtums Österreich ob der Enns, hg.
v. Strätz, H., 1990; Oberösterreichische und kaiserliche Zentralbehörden bis
1752, bearb. v. Steuer, P. u. a., 2014.
Oberpfalz (Pfalzgrafschaft, Herzogtum). Das ursprünglich zur bayerischen Nordmark,
dann zur bayerischen Markgrafschaft Nordgau gehörige Gebiet fiel 1268 als Pfand
an die Herzöge von Bayern. Bei der Teilung innerhalb der Wittelsbacher von 1329
kamen diese Güter an die Pfalz (größerer Teil des Viztumamtes Burglengenfeld
mit dem Hauptort Amberg). Diese verpfändete sie 1353 weitgehend an König Karl
IV., gewann sie aber seit 1373 zurück. 1410 fiel das Gebiet etwas verkleinert
an König Ruprechts von der Pfalz Sohn Johann (Pfalz-Neumarkt), 1448 an
Pfalz-Mosbach (und teilweise kurzfristig an Pfalz-Simmern), 1499 wieder an die
Hauptlinie Pfalz. Seit der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts setzte sich der
Name O. durch. 1621 wurde das früh lutherisch gewordene Gebiet von Bayern
besetzt und seit 1625 rekatholisiert. 1628 gab es der Kaiser mit Ausnahme
einiger an Pfalz-Neuburg gefallener Ämter an Bayern als Kriegsentschädigung.
1631 erhielt Bayern die Belehnung mit Gütern Böhmens. Bayern unterwarf die O.
der katholischen Gegenreformation und bezog sie in seinen zentralisierenden
Frühabsolutimsus ein. Die zum bayerischen Reichskreis zählende O. bestand aus
zwei getrennten Hauptteilen zwischen denen das Fürstentum Sulzbach, das
bambergische Amt Vilseck, die Grafschaft Sternstein (Störnstein) und die
Landgrafschaft Leuchtenberg lagen. Zum südlichen Hauptteil gehörten die
Pfleggerichte Amberg, Pfaffenhofen, Haimburg, Rieden, Freudenberg, Hirschau,
Nabburg, Neunburg vor dem Wald, Wetterfeld, Bruck, Rötz (Retz) Waldmünchen,
Obermurach (Murach) und Treswitz-Tännesberg (Treswitz-Tenesberg), zum
nördlichen Teil die Pfleggerichte Bärnau (Bernau), Eschenbach, Grafenwöhr,
Hollenberg (Holnberg), Kirchenthumbach (Kirchentumbach), Auerbach und
Hartenstein, das Kastenamt Kemnath (Kemnat), das Landgericht Waldeck und die
Herrschaft Rothenberg. Darüber hinaus befanden sich noch kleinere Teile
innerhalb des nürnbergischen Gebiets. 1677 kam das 1614 abgetrennte Sulzbach
wieder zu O. zurück. 1803 wurden das bambergische Amt Vilseck und das Kloster
Waldsassen und 1806 Sternstein (Störnstein). S. Bayern-Oberpfalz, Neuburg.
L.: Wolff 138; Wallner 712 BayRK 3; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378)
F/G4; Die Territorien des Reichs 5, 8; Bosl, K., Das kurpfälzische Territorium
”Obere Pfalz”, Zs. f. bay. LG. 26 (1963); Bosl, K., Die Oberpfalz und ihre
junge Hauptstadt, 1980; Emmerig, E., Die Regierung der Oberpfalz. Geschichte
einer bayerischen Mittelbehörde, 1981; Ambronn, K., Landsassen und
Landsassengüter des Fürstentums der oberen Pfalz im 16. Jahrhundert, 1982;
Ackermann, K., Die Oberpfalz, 1987; Fuchs, A./Ambronn, K., Die Oberpfalz in
alten Ansichten, 1988; Schaub, M., Geschichte der Kurpfalz, Bd. 1 1988;
Ambronn, K., Oberpfalz, LexMA 6 1993, 1332; Handbuch der bayerischen
Geschichte, hg. v. Spindler, M., Bd. 3, 3 Geschichte der Oberpfalz und des
bayerischen Reichskreises, 3.A. 1995; Barth, T., Adelige Lebenswege im alten
Reich, 2005.
Obersächsischer Reichskreis. Der O. wurde 1512 aus
Sachsen, Brandenburg, Pommern, Cammin (Kammin), Anhalt, den Abteien
Quedlinburg, Gernrode und Walkenried, den Fürstentümern Querfurt und
Schwarzburg, den Grafschaften Mansfeld, Stolberg und Wernigerode, Barby,
Hohnstein mit Lohra und Klettenberg, Hatzfeld, Reuß und Schönburg gebildet.
Zeitweise gehörten der König von Schweden für Vorpommern und der Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel für Walkenried
dem Kreis an. Kreisausschreibende Fürsten waren die Markgrafen von Brandenburg
und die Herzöge von Sachsen(-Wittenberg). 1683 traten die Mitglieder letztmals
zu einem Kreistag zusammen, obwohl der Kreis formell erst 1806 erlosch.
L.: Gumpelzhaimer 169; Wolff 372.
Oberschlesien (Herzogtum,
Provinz). Bei der Teilung Schlesiens 1173 erhielt Mesko Ratibor und Teschen. Er
erwarb nach 1177 die zum Großfürstentum Krakau gehörenden Gebiete Beuthen,
Auschwitz, Zator, Sewerien und Pless und eroberte 1202 Oppeln. Nach 1281
zerfiel O. in Oppeln (mit Oberglogau, Falkenberg und Groß Strehlitz
[Groß-Strelitz, Großstrehlitz], bis 1532), Beuthen (mit Cosel, Tost und
Gleiwitz, bis 1355), Ratibor (mit Rybnik, Sohrau [Sorau] und Pless, bis 1336)
und Teschen mit Auschwitz (bis 1625). 1457 fielen Auschwitz an Polen, 1494
Zator, 1443 Sewerien an den Bischof von Krakau. Für die bei Schlesien
verbliebenen Gebiete sowie Troppau bürgerte sich seit der zweiten Hälfte des
15. Jahrhunderts die Bezeichnung O. ein. Von 1919 bis 1938 war O. eine eigene
Provinz Preußens. Nachdem sich am 20. 3. 1921 bei einer Volksabstimmung 59,6%
für den Verbleib bei Deutschland entschieden hatten, wurde O. am 20. 10. 1921
geteilt. Der größte Teil des Industriegebiets fiel an Polen. S. Schlesien.
L.: Triest, F., Topographisches Handbuch von Oberschlesien, 1864, Neudruck
1984; Karzel, O., Die Reformation in Oberschlesien, 1979; Fuchs, K.,
Wirtschaftsgeschichte Oberschlesiens: 1871-1945, 1981; Oberschlesien im 19. und
20. Jahrhundert, hg. v. Bein, W., 1984; Oberschlesien 1815-1945, Landschaft,
Geschichte, Kultur, hg. v. Bein, W., o. J.; Oberschlesien im späten
Mittelalter, hg. v. Wünsch, T., 1993; Stadtgeschichte Oberschlesiens, hg. v.
Wünsch, T., 1995.
Oberstenfeld (Kloster). Um 1016 gründete ein Graf Adalhard in dem wohl schon seit dem 7. oder 8. Jahrhundert bestehenden Dorf O. bei Ludwigsburg ein Frauenstift. Schirmvögte waren bis 1357 die Hummel von Lichtenberg, dann durch Kauf die Grafen von Württemberg. 1534/1535 wandelte der Herzog das Stift in ein evangelisches Damenstift um. Wenig später schloss sich dieses dem Kanton Kocher der Reichsritterschaft an, musste jedoch 1730 die Schirmherrschaft Württembergs, an das es 1802/1803 fiel, anerkennen. 1951/1952 kam O. an Baden-Württemberg.
Odenthal (Herrschaft). 1150 wird O. bei Porz
erstmals erwähnt (Udindar). 1631 kam es innerhalb Bergs als Pfandherrschaft an
die Inhaber von Strauweiler. Am Ende des 18. Jahrhunderts gehörte es über das Herzogtum Berg und das Herzogtum
Jülich der Kurfürsten von der Pfalz zum niederrheinisch-westfälischen
Reichskreis. Über Preußen fiel es 1946 an Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 324; Wallner 701 WestfälRK 2; Müller, A., Odenthal bei Altenberg (o.
J.).
Oderberg (Herrschaft). Die freie Minderherrschaft
O. in Oberschlesien war ursprünglich ein Teil des Fürstentums Ratibor, den Herzog Johann von Oppeln und Ratibor an Markgraf Georg
von Jägerndorf gab. 1617 verlor dieser durch Spruch der Landstände nach Beuthen
auch O., das an die Grafen Henckel gelangte. 1742 wurde der nördlich der Oder
und Oppa gelegene Teil an Preußen abgetreten, der Rest mit der Stadt O. an der
alten Oder blieb bei Schlesien böhmischen Anteils und damit bei Österreich.
1918 kam O. zur Tschechoslowakei.
L.: Wolff 482, 489.
Odescalchi (Reichsfürst). 1689 wurde Livio O. zum
Reichsfürsten erhoben. 1697 erwarb er Ilok (Illok) (2 Städte, 28 Dörfer), das
zum Herzogtum erhoben wurde (Herzog von Syrmien). Wenig später bewarb er sich als
Verwandter Johann Sobieskis um den Königsthron Polens.
L.: Klein 166.
Oels (Fürstentum, Herzogtum,
Residenz), Olešnica. O. am Oelsbach in Niederschlesien ist im 12. Jahrhundert
als Marktort bezeugt und erhielt 1255 deutsches Stadtrecht. Das Gebiet um O.
gehörte ursprünglich zum Herzogtum Breslau. 1294
wurde es mit anderen Gebieten vom Fürstentum Breslau an das Fürstentum Görlitz
abgetreten. 1312 wurde es nach einer Teilung der Herzöge von Glogau
selbständiges Fürstentum einer piastischen Linie (zeitweise mit Wohlau und
Wartenberg). 1323 gingen Namslau, Bernstadt, Konstadt, Kreuzburg, Pitschen und Landsberg
verloren. 1329 geriet O. unter die Lehnshoheit Böhmens. 1355 erhielt es Cosel
und die Hälfte von Beuthen (bis 1472), später auch Steinau und Raudten. 1489
wurde die freie Standesherrschaft Wartenberg (Großwartenberg), 1492 wurden
Trachenberg und 1494 Militsch ausgegliedert. 1492 starb die Linie aus und O.
kam als erledigtes Lehen an Böhmen (und Ungarn), von dort nach Abtrennung von
(Trachenberg, Militsch und) Wohlau 1495 an die Herzöge von Münsterberg aus dem
Hause Podiebrad. Diese wurden 1647/1649 über die Erbtochter von Silvius Nimrod
von Württemberg beerbt, der das Haus Württemberg-Oels als habsburgisches
Lehnsfürstentum begründete, das infolge des Anfalls Böhmens an Habsburg
zunächst Lehnsfürstentum Habsburgs bzw. Österreichs, seit 1742 Preußens war. Es
fiel 1792 mit einem Gebiet von 35,5 Quadratmeilen durch Heirat in weiblicher
Erbfolge an Herzog Friedrich August von
Braunschweig. Sein Neffe Friedrich Wilhelm nannte sich seit 1805 Herzog von Braunschweig-Oels. 1884 gelangte O. als
erledigtes Thronlehen an Preußen und wurde als Lehen an den Kronprinzen
gegeben. Einige Güter und Herrschaften kamen an den König von Sachsen. S. a.
Braunschweig-Oels, Württemberg-Oels.
L.: Wolff 478; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) I3; Häusler, W.,
Geschichte des Fürstentums Oels, 1883; Häusler, W., Urkundensammlung zur
Geschichte des Fürstentums Oels, 1883; Schulenburg, W. v. d., Die
staatsrechtliche Stellung des Fürstentums Oels, 1908; Olsnographia rediviva.
Des Herrn Sinapius Beschreibung des Oelser Fürstentums für die heutige Zeit
überarbeitet von Messerschmidt, E., 1931; Menzel, J., Öls, LexMA 6 1993, 1402;
Schlesien, hg. v. Conrads, N., 1994; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 2, 429; Zerelik,
R., Najstarszy kopiarz, 2012.
Oldenburg (Grafschaft, Herzogtum,
Großherzogtum). Bereits um 800 bestand eine Siedlung im heutigen Stadtkern von
O. 1108 wird O. (urspr. Ommeresburg, Ammerburg) erstmals erwähnt (str., erste
Hälfte 12. Jh. Burg entstanden?). Im Schutze der Burg entstand eine um das Jahr
1270 ummauerte Siedlung, die 1345 Stadtrecht von Bremen erhielt. Seit der Mitte
des 12. Jahrhunderts war O. Mittelpunkt der im alten Stammesherzogtum Sachsen gelegenen
Grafschaft O., die sich in Kämpfen mit den Friesen allmählich erweiterte. Die
Grafen selbst stammten möglicherweise von der Familie Widukinds von Sachsen ab.
Viele ihrer später sichtbaren Güter lagen im Osnabrücker Nordland. Ihr erster
bekannter Vertreter (Egilmar um 1091-1108) erscheint um 1100 (1108) als comes
in confinio Saxoniae et Frisiae. Seit dem (frühen) 12. Jahrhundert hatten die
Grafen vielleicht aus widukindischem Erbe die Vogtei ihres Hausklosters Rastede
(1124) und des Stiftes Wildeshausen (um 1100) inne. 1180 erhielten sie die
Grafschaft als umstrittenes Reichslehen. Vielleicht schon um 1150 wurde die
Linie Oldenburg-Wildeshausen mit Wildeshausen, Gütern im östlichen Lerigau und
Ammerland, Friesland und der Vogtei Rastede (1388 erloschen) von der Hauptlinie
(mit O., Landwürden und Gütern im westlichen Lerigau und im Hasegau, 1180
Grafenrechte im Ammergau) abgetrennt, von der sich um 1220 Grafen von
Oldenburg-Bruchhausen abspalteten. Ihre später mehrfach geteilten Güter kamen
1252 an das Hochstift Münster (Vechta), 1270/1355/1384 an das Erzstift Bremen
(Wildeshausen), die Grafen von Tecklenburg (Altbruchhausen) und die Grafen von
Hoya. Das im Kampf mit den Stedinger Bauern eroberte, 1247/1259 durch die Burg
Delmenhorst gesicherte Land (Süderbrok [Söderbrok], Holle, Berne, Hammelwarden,
Elsfleth/Weser) fiel 1278/1281 an die Seitenlinie Oldenburg-Delmenhorst, kam
aber 1436/1447 beim Erlöschen der Linie trotz kurzfristiger Übertragung an das
Erzstift Bremen (1421-1434) bzw. Braunschweig-Lüneburg an die Hauptlinie
zurück. In dieser hinterließ Graf Dietrich 1440 aus seiner Ehe mit Herzogin Hedwig von Holstein drei Söhne, von denen der
älteste (Christian) 1448 König von Dänemark, Norwegen und Schweden wurde und
1459 das Herzogtum Schleswig und die
Grafschaften Schleswig und Holstein erbte, während der jüngste die Grafschaft
O. erlangte. Die Linie verlor 1482 Delmenhorst an Münster (bis zur Eroberung
von 1547) und 1500 Dithmarschen, gewann bis 1514/1523 Stadland-Butjadingen und
1517 die Herrschaft Jever, die aber bis 1575 wieder Ostfriesland überlassen
werden musste. 1531 wurde O. geringeres Reichslehen. Graf Anton I. (1529-1573)
führte die Reformation ein. 1667 kam die zum westfälischen
Reichsgrafenkollegium zählende Grafschaft beim Tod des ohne erbberechtigte
Nachkommen verstorbenen Grafen Anton Günther durch Erbvertrag von 1649 unter
Aufgabe von O. als Residenz an Dänemark (und bis 1676 Holstein-Gottorp
[Gottorf] dann Abfindung durch das Amt Traventhal [Travendahl]), doch fiel die
1575 erworbene Herrschaft Jever an Anhalt-Zerbst und über Katharina II. (1793)
an Russland und gingen Delmenhorst, Varel sowie die 1623/1624 durch Kauf
erlangte Herrschaft Kniphausen als Fideikommiss an den Sohn Anton Günthers, den
bis dahin illegitimen Reichsgrafen von Aldenburg, 1733 durch Heirat an die
Grafen von Bentinck. 1774 wurde O. (unter Holstein-Gottorp [Gottorf] in den
Reichsfürstenstand erhoben. O. umfasste zu dieser Zeit die beiden im
Reichsfürstenrat vertretenen Reichsgrafschaften O. und Delmenhorst mit rund 70000
Einwohnern. Durch Ländertausch im Hause Gottorp (Gottorf) kam die von
Statthaltern Dänemarks regierte Grafschaft O. 1773/1777 von Dänemark an
Holstein-Gottorp (Gottorf), das 1762 den Thron in Russland bestiegen hatte, und
innerhalb dieses Hauses an (die jüngere Linie bzw.) das reformierte Fürstbistum
Lübeck(-Eutin), wofür Holstein-Gottorp an Dänemark abgegeben wurde. 1774 wurde
die Grafschaft Herzogtum. Von 1774 bis 1918/1919
war wieder die Stadt O. Residenz. 1803 erhielt O. durch § 8 des Reichsdeputationshauptschlusses
vom 25. 2. 1803 für den verlorenen, 1623 gegen Bremen eingerichteten Elsflether
Weserzoll und einige Dörfer (das Erbfürstentum Lübeck) die Ämter Cloppenburg
und Vechta aus dem Niederstift Münster und das seit 1700/1719 hannoversche Wildeshausen.
Am 10. 12. 1810 wurde es bis auf das Fürstentum Lübeck von Frankreich
annektiert (bis 1813). 1815 stieg es zum Großherzogtum auf und wurde
geringfügig um die Ämter Damme und Neuenkirchen vergrößert. Mit dem ihm danach
überlassenen Fürstentum Birkenfeld an der Nahe (20000 Einwohner) trat es in
Personalunion, so dass das Land nunmehr aus drei Teilen bestand. 1818/1823
erlangte es durch Abtretung die Herrschaft Jever von Russland zurück. Am 18. 2.
1849 erhielt es eine Verfassung. Am 1. 12. 1853 wurde das Gebiet um
Wilhelmshaven an Preußen veräußert, umgekehrt 1854 die Herrschaft Kniphausen
erworben. 1864 verzichtete O. auf seine 1866 gegen Abtretung von Ahrensbök und
Zahlung von 1 Million Taler abgefundenen Erbansprüche in Holstein, 1867 beim
Eintritt in den Norddeutschen Bund gegen Gebietserweiterung und Geldausgleich
auf die Elbherzogtümer. 1918 wurde O. Freistaat. 1932 erhielten die
Nationalsozialisten die Mehrheit. Das Fürstentum Birkenfeld kam 1937 an Preußen
(Rheinprovinz). Ebenso gelangte Lübeck an Preußen, das seinerseits das 1853
erhaltene Wilhelmshaven abgab. Der Freistaat O. ging 1946 als Verwaltungsbezirk
in Niedersachsen auf. S. a. Holstein-Oldenburg, Holstein-Gottorp-Oldenburg.
L.: Wolff 341ff.; Zeumer 554 II b 63,7; Wallner 702 WestfälRK 9; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) E2, II 78 (1450) F3, III 22 (1648) D2, III
38 (1789) C1; Schnath, G./Lübbing, H./Engel, F., Niedersachsen, (in) Geschichte
der deutschen Länder, Bd. 1; Die Territorien des Reichs 6, 130; Bauer 1, 409;
Corpus constitutionum Oldenburgicarum, hg. v. Oetken, J. v./Schloifer, H., Bd.
1ff. Oldenburg 1792ff.; Halen, G. v., Geschichte des Herzogtums
Oldenburg, Bd. 1ff. 1794ff., Neudruck 1974; Rüthning, G., Oldenburger
Geschichte, Bd. 1f. 1911ff.; Oldenburger Urkundenbuch, Bd. 1ff. 1914ff.; Sello,
G., Die territoriale Entwicklung des Herzogtums
Oldenburg, 1923; Kohl, D., Geschichte der Stadt Oldenburg, 1925; Kohl, D., Das
Oldenburger Stadtrecht, (in) Oldenburger Jahrbuch 34 (1930); Niedersachsen um
1780, Lief. 1 u. a. Emden-Oldenburg, hg. v. Prinz, J., 1938; Lübbing, H.,
Oldenburgische Landesgeschichte, 1953; Boy, H., Die Stadtlandschaft Oldenburg,
1954; Wietek, G., Oldenburger Land, 1956; Hannemann, M., Der Landkreis
Oldenburg, 1956; Oldenburgische Städte, A1-5 Oldenburg, (in) Niedersächsischer
Städteatlas, hg. v. Lübbing, H./Harms, O., 1960-1968; Hanisch, W.,
Südoldenburg, 1962; Knollmann, W., Das Verfassungsrecht der Stadt Oldenburg im
19. Jahrhundert, 1969; Last, M., Adel und Grafen in Oldenburg während des
Mittelalters, 1969; Hülle, W., Geschichte des höchsten Landesgerichts von
Oldenburg (1573-1935), 1974; Seeber, E., Die Oldenburger Bauerbriefe.
Untersuchungen zur bäuerlichen Selbstverwaltung in der Grafschaft Oldenburg von
1518-1810, 1975; Historisches Gemeindeverzeichnis für das Oldenburger Land,
bearb. v. Raykowski, H., 1981; Parteien und Wahlen in Oldenburg, hg. v.
Günther, W., 1984; Rössler, L., Die Entwicklung der kommunalen Selbstverwaltung
im Großherzogtum Oldenburg, 1985; Koolman, E., Oldenburgische Bibliographie
(16. Jh.-1907), 1987; Geschichte des Landes Oldenburg, hg. v. Eckhardt, A. u.
a., 3. A. 1988; Hinrichs, E., Die Wirtschaft des Landes Oldenburg in
vorindustrieller Zeit, 1988; Die Grafschaften Oldenburg und Delmenhorst nach
der Steuererhebung von 1744, hg. v. Krüger, K., 1988; Hummerich, A.,
Historische Streifzüge durch das Ammerland, 1989; Friedl, H., Biographisches
Handbuch zur Geschichte des Landes Oldenburg, 1992; Schmidt, H., Oldenburg,
LexMA 6 1993, 1390; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W. u. a., 2003, 1, 1, 170; Harms, H., Oldenburgische Kartographie,
2004; Pauly, M., Stammtafeln der Großherzöge von Oldenburg und verwandter
Fürstenhäuser in Europa, 2004; Strauch, D., Birkenfeld, Lichtenberg, Meisenheim
etc. (in) Engagierte Verwaltung für die Wissenschaft, 2007, 487; Schmidt, H.,
Oldenburg 1108, Oldenburger Jb. 107 (2007), 11ff. (Aldenburg 1108 auf eine
Wallanlage in Drielake bezogen?); Dee Gerichtsbarkeit wird ausgeübt durch
Amtsgerichte - 150 Jahre Amtsgerichte im Oldenburger Land, red. v. Welp, J.,
2008; Steinwascher, G., Das Haus Oldenburg, 2011.
Oldenburg-Wildeshausen (Grafen). Wildeshausen am Übergang einer
Straße von Westfalen nach Bremen über die Hunte wird 851 erstmals erwähnt
(Wigaldinghus). Graf Waltbert, Enkel des sächsischen Herzogs
Widukind, gab den Ort 872 an das von ihm dort gegründete Alexanderstift. Im 11.
Jahrhundert unterstand der Ort den Billungern, welche die Vogteirechte um 1100
den Grafen von Oldenburg übertrugen, während die Welfen dem Domkapitel von
Bremen das Propsteigut überließen. Um 1150 gründete Graf Heinrich von Oldenburg
die Burg Wildeshausen. Eine der Linien der Grafen wurde in Wildeshausen
ansässig und verband mit ihrem Amt Wildeshausen vorübergehend die Grafschaften
Vlotho und Tecklenburg. Nach dem Aussterben der Grafen 1270/1335/1384 ergriff
das Erzstift Bremen 1270 Besitz von Wildeshausen, während andere Güter an die
Grafen von Hoya fielen. W. zählte zum niedersächsischen Reichskreis. Im
Dreißigjährigen Krieg kam es an Schweden, 1700 an Hannover, 1803 mit 2,3
Quadratmeilen Gebiet an Oldenburg und 1946 mit diesem zu Niedersachsen. S.
Wildeshausen.
L.: Wallner 707 NiedersächsRK 25; Haase, C., Mittelalterliche Rechtsquellen der
Stadt Wildeshausen, 1953; 1270-1970. 700 Jahre Stadt Wildeshausen, hg. v.
Boning, H., 1970; Lübbing, H./Jäkel, W., Geschichte der Stadt Wildeshausen,
1970.
Oppeln (Herzogtum,
Residenz), Opole. O. an der Oder in Oberschlesien war bei der ersten Nennung um
1000 Mittelpunkt des Siedlungsgebiets der slawischen Opolanen. Seit der
Eroberung durch den oberschlesischen Herzog 1202
war die im 11. und 12. Jahrhundert befestigte, 1173 zunächst an Niederschlesien
gelangte Siedlung Hauptort des von Niederschlesien getrennten, nunmehr auch
nach O. bezeichneten piastischen Herzogtums (O.)
Oberschlesien (mit Ratibor, Teschen, 1178 Beuthen, Auschwitz). 1254 wurde die
deutschrechtliche Stadt O. gegründet. Im 13. Jahrhundert splitterte sich das Herzogtum in Teilfürstentümer auf (1281 Teilung in. O.
mit Oberglogau, Falkenberg, Groß Strehlitz [Großstrehlitz, Groß-Strehlitz],
1313 dreigeteilt, Beuthen mit Cosel, Tost, Gleiwitz, bis 1335, Ratibor mit
Rybnik, Sohrau [Sorau], Pless, bis 1336, sowie Teschen und Auschwitz, bis
1625). 1327 wurde O. Lehen Böhmens. 1521 kam Ratibor an O. Beim Tod des letzten
Oppelner Piastenherzogs (1532) fiel das zwischen 1493 und 1521 um Gleiwitz,
Tost, Beuthen, Cosel und den größten Teil Ratibors vergrößerte O. an Böhmen und
damit an Habsburg bzw. Österreich. Von 1532 bis 1551 war es an die Markgrafen
von Brandenburg-Ansbach, von 1645 bis 1666 an Polen verpfändet. O. umfasste ein
Gebiet von 137 Quadratmeilen und war seit 1741 in die Kreise O., Falkenberg,
Rosenberg, Lublinitz, Groß Strehlitz, Tost, Cosel (Kosel) und Neustadt
gegliedert. 1742 kam O.von Österreich an Preußen. Seit 1945 stand es unter
Verwaltung Polens (Woiwodschaft Opole). 1990 kam es als politische Folge der
deutschen Einheit an Polen.
L.: Wolff 479f.; Idzikowski, F., Geschichte der Stadt Oppeln, 1863ff.;
Steinert, A., Oppelns Werdegang, 1924; Oppeln, hg. v. Maurer, K., 1926; Kuhn,
W., Siedlungsgeschichte Oberschlesiens, 1954; Oppeln. Die grüne Brückenstadt,
hg. v. Verlag Oppelner Heimatblatt, 1964; Straszewicz, L., Opola Silesia:
outline of economic geography (engl. Übersetzung aus dem Polnischen), 1965;
Kuhn, W., Oppeln, 1979; Kuhn, W., Geschichte Oberschlesiens, Jb. d. schles.
Friedrich-Wilhelms-Universität zu Breslau 24 (1983), 1ff.; Petry, L.,
Geschichte Schlesiens, Bd. 1 5. A. 1988; Menzel, J., Oppeln, LexMA 6 1993,
1415; Veldtrup, D., Prosopographische Studien zur Geschichte Oppelns, 1995;
Marsch, A., Oppeln – Falkenberg – Groß Strehlitz, 1998; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 2, 434.
Oppeln-Falkenberg (Herzogtum) s. Oppeln, Falkenberg
Oppeln-Ratibor (Herzogtum) s. Oppeln, Ratibor
Ortenau (Gau rechts des Rheines zwischen Kinzig
und Murr, Landgrafschaft, Landvogtei, Reichslandvogtei). Zwischen Oos,
Schwarzwald, Bleich und Rhein lag die alemannische Grafschaft Mortenau (768
Mordenaugia, Mordunowa). Sie löste sich vor allem nach dem Aussterben der
Herzöge von Zähringen 1218 und der Staufer (1268) in viele kleine
Herrschaftsgebiete auf (u. a. Habsburg, Geroldseck, Hochstift Straßburg). König
Rudolf von Habsburg unternahm 1274 mit der Gründung der Reichslandvogtei O.
(1302 Reichslandvogt erwähnt) den nur teilweise gelungenen Versuch, das
entfremdete Reichsgut zurückzugewinnen. Die Reichslandvogtei (rund 30 Dörfer um
Ortenberg, Griesheim, Appenweier und Achern sowie Zell am Harmersbach,
Offenburg und Gengenbach) wurde von 1334 bis 1351 an Baden, von dort von 1351
bis 1405 an das Hochstift Straßburg und später an Straßburg und an die Pfalz
(bis 1504) bzw. Fürstenberg (1504-1551) verpfändet. Seit dem 15. Jahrhundert
setzte sich der nach Ortenberg veränderte Name O. durch. 1551/1556 löste
Österreich das fürstenbergisch-straßburgische Pfand ein und fügte die O. zu
Vorderösterreich hinzu. 1701 wurde die O. Lehen bzw. Pfand Baden-Badens, 1771
beim Aussterben der markgräflichen Linie aber von den Habsburgern eingezogen.
1801 kam sie an den Herzog von Modena, 1803
erbweise an Erzherzog Ferdinand von Modena/Österreich (Österreich-Este) und
1805/1806 mit rund 400 Quadratkilometern und etwa 19000 Einwohnern an Baden,
wodurch die nördlichen und südlichen Teile der Markgrafschaft vereinigt wurden.
Mit Baden gelangte die O. 1951/1952 an Baden-Württemberg.
L.: Wolff 165; Ruppert, P., Geschichte der Ortenau, 1878; Curs, O.,
Deutschlands Gaue im zehnten Jahrhundert, 1908, 16 (Mortanouua, Mortanhouua,
Mordenouua, Mortenovua, Mortenoua, Mortenuua, Mortenaugensis, Mortonowa,
Mortungaugensis, Mortenovua, Mortinouua, Gau rechts des Rheins zwischen Kinzig
und Murr, Dinglingen (Tenzlingen), Bohlsbach, Schuttern, Nussbach, Gengenbach,
Friesenheim, Heiligenzell, Schwarzach, Allmannsweiler), Die Ortenau in Wort und
Bild, (in) Die Ortenau, Mitteilungen des hist. Vereins f. Mittelbaden, 16
(1929); Offenburg und die Ortenau, hg. v. Busse, H., Bad. Heimat 22 (1935);
Bader, K., Der deutsche Südwesten in seiner territorialstaatlichen Entwicklung,
2. unv. A. 1978; Polenz, P. v., Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, II, 21,
22, 30, 41, 44, Mortunouwa, Mordenaugia, pagus Mortinaugensis, Mortonogouuua,
Ortenau’, s. Mortunouwa; Kähni, O., Die Landvogtei Ortenau, (in)
Vorderösterreich, hg. v. Metz, F., 3. A. 1978; Sick, W., Siedlungsgeographische
Fragen in der Ortenau, Alemann. Jb. (1970); Borgolte, M., Geschichte der
Grafschaften Alemanniens in fränkischer Zeit, 1984, 212; Andermann, K.,
Ortenau, LexMA 6 1993, 1481; Geschichte der Ortenau, hg. v. Hanss, K., 1995.
Ortenburg (reichsunmittelbare Grafschaft). Die
Familie der Grafen von O. (Ortenberg) bei Vilshofen stammte vielleicht von den
Grafen von Sponheim ab, fasste am Ende des 10. Jahrhunderts in Kärnten Fuß,
erweiterte die Güter durch Heiraten Graf Siegfrieds mit Richgard von Lavant und
Engelberts mit der Schwester des Herzogs von
Kärnten, gewann 1090 die Markgrafschaft von Istrien (1090-1096, 1103-1170),
erbaute die Burg O. in Kärnten (1093 von O., 1141 Grafen von O.) und wurde 1122
zu Herzögen von Kärnten erhoben (1276 Verlust des Herzogtums
an König Ottokar von Böhmen bzw. der Güter an die Grafen von Görz bzw.
Habsburg). Außerdem erwarb sie in Bayern Güter von Tirol bis zur Donau (u. a.
der Grafen von Formbach) und stieg nach den Grafen von Andechs und Wittelsbach
zum mächtigsten bayerischen Geschlecht (Herrschaft im Rottgau (Rottachgau) und
Chiemgau) auf. Nördlich der Donau wurde Obermurach bzw. Murach (Murau) im
Oberpfälzer Wald gewonnen. Nach 1190 erfolgte eine Teilung. Die von Rapoto I.
gegründete jüngere Linie gewann das Erbe der Grafen von Frontenhausen
(Markgrafschaft Kraiburg/Inn) und erbaute vor 1190 die Burg O. (Ortenberg) bei
Vilshofen südwestlich von Passau. 1208/1209/1210 wurde das Amt der Pfalzgrafen
von Bayern erworben. In den Erbstreitigkeiten nach Erlöschen der jüngeren Linie
im Mannesstamm (1241/1248) verloren die Grafen alle Güter bis auf die vom Reich
zu Lehen gehende Grafschaft O. an Bayern. 1521 wurde O. in die Reichsmatrikel
aufgenommen. Seit 1530 nannten sich die Grafen von Ortenberg, die 1456
vergeblich das Erbe der Grafen von O. in Kärnten beansprucht hatten, von O.
Ihre Reichsunmittelbarkeit wurde von Bayern erfolglos bestritten und 1573 durch
das Reichskammergericht anerkannt. 1563 wurde die Reformation in O. eingeführt.
1602 erkannte auch Bayern die Reichsunmittelbarkeit an. O. hatte Sitz und
Stimme im bayerischen Reichskreis und gehörte seit 1698 dem wetterauischen
Reichsgrafenkollegium an. 1805 setzte Bayern den Tausch der 2 Quadratmeilen mit
2000 Einwohnern umfassenden Grafschaft O. gegen das ehemals dem Kloster
Langheim gehörige Amt Tambach bei Coburg und das Würzburger Amt Seßlach durch.
1806 wurde Bayern in Tambach durch Mediatisierung der Grafen von
Ortenburg-Tambach Landesherr. 1807 kam Seßlach zum Großherzogtum Würzburg,
1814/1815 ebenfalls zu Bayern. In Kärnten wurden die Ortenburger neben den
Erzbischöfen von Salzburg und den Grafen von Görz zu den mächtigsten Herren in
der ehemaligen Grafschaft Lurn. 1417 wurde die Grafschaft als Reichslehen
anerkannt. 1418/1419 starb das Geschlecht aus. Die Güter fielen an die Grafen
von Cilli, die 1420 vom Kaiser belehnt wurden, nach ihrem Aussterben an
Habsburg/Österreich. Nach mehrfacher Verpfändung kam die Grafschaft O. 1529 als
Mannlehen an König Ferdinands aus Spanien gekommenen Schatzmeister Gabriel von
Salamanca. Nach dem Aussterben der Grafen von Salamanca-Ortenburg (1639) gingen
die Güter als freies Eigen an die Grafen Widmann, 1622 an die Fürsten von
Portia über, die bis 1918 in Spittal an der Drau residierten.
L.: Wolff 147; Zeumer 553 II b 60, 24; Wallner 712 BayRK 14; Großer
Historischer Weltatlas III 22 (1648), III 38 (1789) E3; Tangl, K., Die Grafen
von Ortenburg in Kärnten, 1864ff.; Ortenburg-Tambach, E. Graf zu, Geschichte
des reichsständischen, herzoglichen und gräflichen Gesamthauses Ortenburg, Bd.
1, 2 1931 ff; Historischer Atlas von Bayern, Teil Franken II 2, 1955; Handbuch
der bayerischen Geschichte, hg. v. Spindler, M., Bd. 1 2. A. 1981; Archiv der
Grafen zu Ortenburg, bearb. v. Hausmann, F., Bd. 1 1984; Hausmann, F.,
Wittelsbacher und Ortenburger, (in) FS K. Bosl, Bd. 2 1988; Lackner, C., Zur
Geschichte der Grafen von Ortenburg in Kärnten und Krain, Carinthia 181 (1991),
181ff.; Schmid, A., Der Einbau des Raumes Vilshofen in den Territorialstaat der
frühen Wittelsbacher, Vilshofener Jb. 1992, 15ff.; Störmer, W., Ortenburg,
LexMA 6 1993, 1481; Dopsch, H., Ortenburg, LexMA 6 1993, 1482; Hausmann, F.,
Die Grafen von Ortenburg und ihre Vorfahren, Ostbairische Grenzmarken 36
(1994), 9.
Orth (an der Donau) (Herrschaft). O. (865
Ortaha?) am Südrand des Marchfeldes war Mittelpunkt einer Herrschaft des
Hochstifts Regensburg. 1377 zwang der Herzog von
Österreich die Grafen von Schaunberg, die um 1230 O. als Lehen Regensburgs
erlangt hatten, zur Aufsendung und zum Verkauf. Bis ins 18. Jahrhundert war die
Herrschaft ein landfremdes Lehen Habsburgs/Österreichs, das O. stets
weiterverpachtete oder weiterverpfändete.
L.: Willinger, H., Orth, ein Grenzlandschicksal, 1962.
Osterode (am Harz) (Residenz des Herzogs von Braunschweig-Lüneburg)
L.: Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W.,
2003, 1, 2, 438.
Österreich (Mark, Herzogtum,
Kaisertum, Republik). Das Gebiet zwischen mittlerer Donau und Alpen (sowie Inn
und March bzw. Leitha) wurde zunächst von Kelten, seit 29/15 v. Chr. von Römern
(Noricum), seit dem 5. Jahrhundert von durchziehenden Stämmen der Germanen,
dann zumindest teilweise von Slawen und spätestens seit dem 8. Jahrhundert von
den 788 unter die Herrschaft der Franken gelangten Bayern (um 660 im
Wienerwald) beherrscht. Nach dem Tod des bayerischen praefectus Gerold 799
wurde der Kern des späteren Ö. (zwischen Enns und Wienerwald) als Mark
eingerichtet, neben der es eine Mark Oberpannonien gab. Gegen Ende des 9.
Jahrhunderts (881) wurden die karolingischen Marken im Südosten von den Ungarn
angegriffen und beseitigt (907). Nach der Schlacht gegen die Ungarn auf dem Lechfeld
(955) erscheint 970 erneut ein Markgraf im Südosten. 976 wird die Mark
(Markgrafschaft) den Babenbergern gegeben. In einer Urkunde Kaiser Ottos III.
vom 1. 11. 996 für das Hochstift Freising begegnet Ö. (Ostarrichi, 998
Ostarriche) erstmals als Name für ein um Neuhofen an der Ybbs liegendes, nicht
sicher bestimmbares Gebiet („Ostland“, Ostreich, Osten). Um die Mitte des 11.
Jahrhunderts erreichte die Mark Thaya und Leitha. Ab 1147 wurde die Mark auch
als Austria bezeichnet. Hauptort wurde zwischen 1141 und 1177 Wien. 1139 entzog
der 1138 im Wettbewerb mit dem welfischen Herzog
der Bayern und Sachsen zum deutschen König gewählte Staufer Konrad III. den
übermächtigen Welfen (Heinrich dem Stolzen) das Herzogtum
der Bayern mit der Begründung, dass kein Herzog
zwei Herzogtümer gleichzeitig haben könne, und
gab es als Lehen an seinen Stiefbruder, den babenbergischen Markgrafen Leopold
IV., der damit vom Grafen einer Mark zum Herzog
des gesamten Herzogtums (Stammesherzogtums) der
Bayern aufstieg. Als sich der seinen Vater Heinrich den Stolzen beerbende Welfe
Heinrich der Löwe mit diesem Verlust nicht abfinden wollte, gab sein um
Ausgleich bemühter Vetter, Kaiser Friedrich I. Barbarossa, 1156 das Herzogtum Bayern an die Welfen zurück (bis 1180),
löste aber im seit dem 19. Jahrhundert so genannten privilegium minus die Mark
vom Herzogtum Bayern und erhob sie zum eigenen,
dadurch von Bayern getrennten Herzogtum
(Territorialherzogtum) Ö. (Weiberlehen), in dem der Herzog
die grundsätzlich oberste Gerichtsgewalt innehatte. 1180 wurde auch die
karantanische Mark ein Herzogtum (Steiermark).
1192 fiel durch Erbvertrag (Georgenberger Handfeste) von 1186 das Herzogtum Steiermark von den Traungauern (Otakaren) an
die Babenberger. 1246 starben die Babenberger im Mannesstamm aus. Der mit einer
Erbtochter verheiratete Ottokar II. von Böhmen und Bela IV. von Ungarn teilten
sich 1254 das Erbe. Dabei gelangten Ö. und der Traungau an Böhmen. Seit etwa
dieser Zeit (1252/1254/1264) wurde von der provincia super Anasum (Land ob der
Enns) oder von der Austria superior gesprochen, von wo aus es allmählich zur
Benennung des Herzogtums Ö. als Land unter der
Enns (Niederösterreich) kam, obwohl beide Länder bis 1806 nur ein einheitliches
Reichslehen bildeten und weitgehend gemeinsame Wege gingen. Über diese beiden
Länder hinaus errang Ottokar II. von Böhmen 1260 die Steiermark sowie 1269
Kärnten und Krain, nachdem schon 1192 und 1198 unter den Babenbergern eine
Personalunion zwischen Ö. und Steiermark bestanden hatte. Nach dem Sieg über
Ottokar 1276/1278 belehnte König Rudolf von Habsburg 1282 seine Söhne mit Ö.,
das während des 13. Jahrhunderts zwei eigene Landrechte erhielt, Steiermark und
Krain, von denen Krain aber bis 1335/1374 als Pfandschaft an die in Friaul,
Istrien und Krain sowie in Tirol (1248) begüterten Grafen von Görz kam, die
auch das Herzogtum Kärnten erhalten hatten. Von
diesen übernahmen die Herzöge von Ö., die (durch Rudolf IV.) 1358/1359 zwecks
Angleichung ihrer minderen Rechtsstellung an diejenige der Kurfürsten das im
19. Jahrhundert sog. privilegium maius als Fälschung herstellen ließen und 1365
in Wien eine Universität gründeten, 1335 Kärnten, Teile Krains und der
Windischen Mark, 1363/1364 Tirol, 1374 Istrien und weitere Teile Krains sowie
1500 schließlich die vordere und hintere Grafschaft Görz. Dazu kamen 1368 der
Breisgau mit Freiburg sowie die Reichslandvogtei in Schwaben und die
Reichsgrafschaft Hohenberg, 1375 Herrschaften westlich des Arlbergs (Feldkirch,
Bregenz), 1382 Triest und 1471 Sankt Veit/Pflaum (Fiume). 1379 wurden diese
Gebiete zwischen Herzog Albrecht III. (Ö. ob der
Enns und Ö. unter der Enns, außer Pitten-Wiener Neustadt) und seinem Bruder
Leopold II. (übrige Länder Steiermark, Kärnten, Krain, Tirol, Gebiete vor dem
Arlberg) geteilt. Die leopoldinische Linie wurde ab 1396 mehrmals geteilt,
wobei eigene Linien für Tirol (und das Gebiet westlich vor dem Arlberg,
Vorderösterreich) und die schwäbisch-alemannischen Herrschaften entstanden.
Albert VII. (als König [1438] Albrecht II.) erlangte als Schwiegersohn und Erbe
König Sigmunds dessen Güter und den Königsthron. Unter Friedrich III. wurde
infolge Anerkennung des gefälschten privilegium maius Ö. Erzherzogtum bzw.
Pfalzerzherzogtum. 1457 kam das albertinische Erbe an die Leopoldiner, die aber
im Westen (Schweiz), im Süden (Friaul) und vorübergehend im Osten (Böhmen,
Ungarn, 1485/1487-1490 Wien und Niederösterreich) Güter verloren. Nach dem
Aussterben der übrigen Linien vereinigte die leopoldinische Linie unter
Maximilian I. alle Herrschaften (einschließlich Burgunds mit rund 2000
Quadratmeilen), die nunmehr in ”niederösterreichische” Länder (Ö. ob der Enns
und Ö. unter der Enns, Steiermark, Kärnten, Krain) und ”oberösterreichische”
Länder (Tirol, Vorderösterreich) eingeteilt wurden, mit denen Württemberg (von
1519 bis 1534) und das 1477 erworbene Burgund in Personalunion verbunden waren.
Dazu kamen 1500 Görz, um 1505 als Gewinn aus dem bayerischen Erbfolgekrieg die
drei unterinntalischen Gerichte Rattenberg, Kufstein, Kitzbühel, Landvogtei
Hagenau und Ortenau (1551/1556 Lösung des Pfands Fürstenbergs) sowie 1516
venetianische Gebiete (Ampezzo, Rovereto u. a.). 1519/1521/1522 fiel der
Herrschaftskomplex dieses Hauses Ö. (Oberösterreich und Niederösterreich,
Steiermark, Kärnten, Krain, Tirol, Vorderösterreich, Württemberg), der im
Wesentlichen den 1512 geschaffenen österreichischen Reichskreis bildete,
vertraglich (von Karl V.) an Ferdinand I. Dieser erwarb gemäß dem Hausgrundsatz
bella gerant alii, tu felix Austria nube (Mögen andere Kriege führen, du,
glückliches Ö., heirate) nach dem Tod des Königs von Ungarn 1526 das Königreich
Böhmen mit seinen Nebenländern sowie einen Teil Ungarns. 1564 wurde dann weiter
aufgeteilt in eine oberösterreichische Ländergruppe (mit Tirol,
Vorderösterreich) mit der Residenz Innsbruck, eine innerösterreichische
Ländergruppe (Steiermark, Kärnten, Krain) mit der Residenz in Graz sowie Ö. ob
der Enns und Ö. unter der Enns mit Böhmen und dem restlichen Ungarn und der
Residenz in Prag bzw. Wien. 1648 gingen das Elsass an Frankreich und die Lausitz
an Sachsen verloren. Mit dem Aussterben der jüngeren Tiroler Linie, die in der
oberösterreichischen Ländergruppe nachgefolgt war, kamen deren Güter 1665 an
die innerösterreichische Linie. Ihr gelangen in den Türkenkriegen 1683-1699 und
1715-1718 erhebliche Erweiterungen (Ungarn, Siebenbürgen, Banat, Kleine
Walachei, Teile Serbiens mit Belgrad). Am Ende des um das Erbe der spanischen
Habsburger (Karl II. † 1. 11. 1700) geführten spanischen Erbfolgekriegs erhielt
Karl (VI.) 1713/1714 bei Verzicht auf Spanien, das an Philipp V. von Frankreich
fiel, die (Reste der) spanischen Niederlande, Mailand (mit den Grafschaften
Pavia und Angleria und den Markgrafschaften Castro und Malgrate), Mantua,
Mirandola, Neapel und Sardinien, das er 1720 gegen Sizilien, das an Savoyen
gefallen war, tauschte. 1735/1738 wurde Neapel-Sizilien gegen das 1748 zusammen
mit dem 1729 eingezogenen Guastalla wieder verlorene Parma-Piacenza
ausgetauscht sowie das Herzogtum Lothringen, das
Franz Stefan, der Gemahl Maria Theresias, eingebracht hatte, gegen die Toskana,
wobei die Niederlande, Ungarn, Siebenbürgen, die Militärgrenzbezirke sowie die
ab 1713 in Italien erworbenen Gebiete (beansprucht u. a. Mailand,
Generalvikariat Siena, Finale, Piombino mit Elba, Correggio) nicht dem Heiligen
Römischen Reich angehörten. 1713 erhielt die sog. monarchische Union in der
Pragmatischen Sanktion erstmals ein Grundgesetz, das die unteilbare Einheit
(unio indivisibilis et inseparabilis), die Primogeniturnachfolge und die
subsidiäre weibliche Erbfolge festschrieb. Erster gemeinsamer Landesfürst war
Karls VI. Tochter Maria Theresia (1740-1780), unter der als Auswirkung des
Absolutismus das Behördenwesen in der Form sachlich gegliederter
Zentralbehörden reformiert wurde, zugleich aber im schlesischen Erbfolgekrieg
Schlesien mit Ausnahme Jägerndorf-Teschens an Preußen verloren ging. Unter
ihren Nachfolgern, Joseph II. und Leopold II., wurde aus der monarchischen
Union, die vor allem als Folge der Aufteilung Polens 1772 um Ostgalizien mit
Lodomerien, 1775 um die Bukowina, 1779 um das Innviertel und 1795 um
Westgalizien erweitert wurde, ein Staat im Sinne des aufgeklärten Absolutismus,
in dem bisher von den Ländern ausgeübte Hoheitsrechte der Gesetzgebung,
Verwaltung und Rechtsprechung auf Zentralbehörden übergingen. Folgerichtig
entstanden ein einheitliches Strafgesetzbuch (1787) und ein für die deutschen
Erbländer gültiges Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (1811). 1804 erhielt der
Staat nach dem Vorbild Frankreichs auch durch die Annahme des Titels eines erblichen
Kaisers von Ö. einen einheitlichen, in seinem Umfang aber bis 1867 nicht ganz
klaren Namen. Infolge der Kriege mit Frankreich gingen 1797 die (verbliebenen)
österreichischen Niederlande und die Lombardei verloren, doch wurden von der
1797 durch Frankreich aufgelösten Republik Venedig Venetien, das istrianische
Küstenland und Dalmatien erworben. Im § 1 des Reichsdeputationshauptschlusses
vom 25. 2. 1803 erhielt Ö. für die Abtretung der Landvogtei Ortenau die
Bistümer Trient und Brixen und die in beiden Bistümern gelegenen Kapitel,
Abteien und Klöster. Weiteres kam an Toskana und Modena. 1805 musste auf
Venetien, das istrianische Küstenland und Dalmatien bzw. Vorderösterreich und
Tirol (zu Bayern) verzichtet werden, doch konnte das 1803 an Toskana gelangte
Erzstift Salzburg mit Berchtesgaden eingegliedert werden. 1809 mussten
Salzburg, Westgalizien, Teile Österreichs ob der Enns und Kärntens, Krain und
das Küstenland mit Triest abgegeben werden. 1815 wurde dann der Stand von 1797
mit Ausnahme der Niederlande, Vorderösterreichs und Westgaliziens
wiederhergestellt. Zugleich begann die Mitgliedschaft Österreichs mit seinen
ehemaligen Reichsländern im Deutschen Bund als Präsidialmacht. 1816 wurde von
Bayern gegen Marktredwitz Vils im Außerfern gewonnen. Im Gefolge der Unruhen
von 1848 erhielt Ö. am 25. 4. 1848 eine vom Kaiser durch Oktroi in Kraft
gesetzte Verfassung, die abgelehnt und am 31. 12. 1851 unter Rückkehr zum
Absolutismus (Neoabsolutismus) wieder aufgehoben wurde. Nach § 1 der
österreichischen oktroyierten Verfassung vom 4. 3. 1849 bestand zu dieser Zeit
das Kaisertum Ö. aus folgenden Kronländern: Erzherzogtum Ö. ob der Enns, Ö.
unter der Enns, Herzogtum Salzburg, Herzogtum Steiermark, Königreich Illyrien (Herzogtum Kärnten, Herzogtum
Krain, gefürstete Grafschaft Görz und Gradisca [Gradiska], Markgrafschaft
Istrien und Stadt Triest mit ihrem Gebiet), gefürstete Grafschaft Tirol und
Vorarlberg, Königreich Böhmen, Markgrafschaft Mähren, Herzogtum
Oberschlesien und Niederschlesien (Schlesien), (Königreich Galizien und
Lodomerien [mit den Herzogtümern Auschwitz und
Zator und dem Großherzogtum Krakau], Herzogtum
Bukowina, Königreich Dalmatien, Kroatien, Slawonien, Ungarn, Großfürstentum
Siebenbürgen, Militärgrenzbezirke, lombardisch-venetianisches Königreich
(lombardo-venezianisches Königreich), wobei nach dem 5. 3. 1860 diese strikte
Terminologie zugunsten von Königreichen und Ländern aufgegeben wurde. 1859 ging
infolge der Niederlage gegen Sardinien und Frankreich die Lombardei an
Sardinien (1861 Italien) verloren. 1861 wurde erneut eine wenig eindrucksvolle
Verfassung geschaffen. 1866 fiel infolge der Niederlage gegen Preußen und
Italien Venetien an das 1861 aus Sardinien neu entstandene Italien. Außerdem
musste Ö. der Auflösung des Deutschen Bundes und der Begründung des
Norddeutschen Bundes zustimmen. 1867 mussten im sog. Ausgleich Ungarn besondere
Rechte zugestanden werden, so dass aus dem Kaisertum Ö. die
österreichisch-ungarische Doppelmonarchie (Transleithanien und Zisleithanien,
seit 1915 Ungarn und Ö.) erwuchs. Da Ungarn seit 1848 eine Verfassung hatte,
führte dies im Dezember 1867 zugleich in Erweiterung der Reichsverfassung von
1861 zu einer konstitutionellen Verfassung. Die weitere Entwicklung wurde von
den Nationalitätenproblemen bestimmt. Die sich aus der fehlenden
Übereinstimmung von Staat und Nation ergebenden Spannungen verschärften sich
durch die Okkupation (1878) und die Annexion (1908) Bosniens und der
Herzegowina aus dem zuvor osmanisch-türkischen Herrschaftsbereich. Sie führten
schließlich in den durch das Attentat auf den österreichischen Thronfolger
Franz Ferdinand (Sarajewo 18. 6. 1914) ausgelösten ersten Weltkrieg. Nach der
militärischen Niederlage und nach dem missglückten Versuch der Umwandlung
Zisleithaniens in einen Nationalitätenstaat (17. 10. 1918) verzichtete der
Kaiser von Ö. am 11. 11. 1918 auf jeden Anteil an den Staatsgeschäften. Schon
zuvor hatten sich nichtdeutsche nationale Bestandteile von Ö. abgelöst
(Tschechoslowakei, Ungarn, Jugoslawien). Neben Tschechen, Südslawen und
Ukrainern begründeten am 21. 10. 1918 auch die deutschen Abgeordneten des
Reichsrates als provisorische Nationalversammlung den eigenen Staat
Deutschösterreich (Deutsch-Österreich), in den die deutschen Siedlungsgebiete
Österreich-Ungarns einbezogen werden sollten, dem Deutsch-Böhmen, Sudetenland,
Südtirol sowie kleinere Teile Kärntens und Deutsch-Westungarns aber verloren
gingen und der auf Druck der nichtdeutschen Mächte auf die Verbindung mit dem
Deutschen Reich verzichten und den Namen Ö. annehmen musste. Am 1. 10. 1920
erhielt die neue Republik Ö. eine Verfassung. 1933/1934 kam es in ihr zu einem
schrittweisen Staatsstreich durch das Kabinett Dollfuß, das am 1. 5. 1934 eine
neue Verfassung (ständischer Bundesstaat) erließ, und am 11. 3. 1938 zum 1918 von
den Alliierten verwehrten, von dem in Braunau am Inn in Oberösterreich
geborenen deutschen Reichskanzler Adolf Hitler ultimativ geforderten Anschluss
an das Deutsche Reich, dem in einer Volksabstimmung vom 10. 4. 1938 99,73% der
Österreicher zustimmten. Durch das Ostmarkgesetz vom 14.4.1939 wurde Ö. bis
1945 in die sieben Reichsgaue Wien, Kärnten, Niederdonau, Oberdonau, Salzburg,
Steiermark und Tirol gegliedert. Nach dem Ende des zweiten Weltkrieges wurde Ö.
wiederhergestellt und wurde durch Verfassungsüberleitungsgesetz vom 1. 5. 1945
am 19. 12. 1945 die Verfassung von 1920 wieder in Kraft gesetzt. 1955 endete
mit dem Abschluss eines Staatsvertrages (15. 5. 1955) mit den alliierten
Siegermächten gegen Zusicherung der Neutralität die Besatzungszeit. Wirtschaftlich
an Deutschland orientiert trat Ö. unter äußerlicher Wahrung der Neutralität zum
1. 1. 1995 der Europäischen Union bei. S. a. Habsburg, Ostarrihhi II.
L.: Wolff 23; Zeumer 552 II a 1, II b 61, 5, 61, 13; Wallner 713 ÖsterreichRK
1; Großer Historischer Weltatlas II 34 (1138-1254) H4, II 66 (1378) G/I4, II 78
(1450) H4, III 22 (1648) F-H4, III 38 (1789) E3/4; Lechner, K., Österreich,
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Bd. 1f. 1895, 2. A. 1918; Beidtel, I., Geschichte der österreichischen
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Ostarike, Ostarriche, [Gau um die Donau?,] Nöchling, Neuhofen an der Ybbs,
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2000; Brauneder, W., Deutschösterreich 1918, 2000; Urban, O., Der lange Weg zur
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Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 846;
Kulenkampff, A., Österreich und das alte Reich, 2005; Beller, S., Geschichte
Österreichs, 2007; Die Geburt Österreichs, hg. v. Schmid, P. u. a., 2007.
Österreichisch-Schlesien (Herzogtum).
1526 gelangten die stark zersplitterten Fürstentümer Schlesiens mit Böhmen
durch Erbfolge an Habsburg bzw. Österreich. Ihm gegenüber erhob Brandenburg auf
Grund eines 1537 geschlossenen, 1546 aber für nichtig erklärten Erbvertrages
Ansprüche auf Liegnitz, Brieg, Wohlau und das 1621 in Vollstreckung der
Reichsacht Georg von Brandenburg entzogene Jägerndorf. 1686 wurde Brandenburg
durch die Überlassung des Kreises Schwiebus zur Aufgabe seiner Ansprüche
bewogen, gab den Kreis aber 1695 gegen Geldentschädigung zurück. Nach dem auf
dieser Grundlage geführten ersten schlesischen Krieg erlangte Preußen 1742
Schlesien bis zur Oppa, wohingegen Österreich Troppau, Teschen und Jägerndorf
behielt, die als Herzogtum (seit 1849 Kronland)
durch einen Landespräsidenten in Troppau verwaltet wurden. 1919 kam Ö. zur Tschechoslowakei,
1920 der Ostteil von Teschen zu Polen. S. Schlesien, Tschechien.
L.: Zöllner, E., Geschichte Österreichs. Von den Anfängen bis zur Gegenwart, 8.
A. 1990.
Österreich-Ungarn (Doppelmonarchie). 1867 wurde das
Kaiserreich Österreich in die Doppelmonarchie Ö. umgewandelt. Zu Österreich
gehörten (als die im Reichsrat vertretenen Königreiche und Länder im Gegensatz
zu den Ländern der ungarischen Stephanskrone) das Königreich Böhmen, das
Königreich Dalmatien, das Königreich Galizien und Lodomerien mit Auschwitz,
Zator und Krakau, das Erzherzogtum Österreich unter der Enns, das Erzherzogtum
Österreich ob der Enns, das Herzogtum Salzburg,
das Herzogtum Steiermark, das Herzogtum Kärnten, das Herzogtum
Krain, das Herzogtum Bukowina, die
Markgrafschaft Mähren, das Herzogtum
Oberschlesien und Niederschlesien (Schlesien, Österreichisch-Schlesien), die
gefürstete Grafschaft Tirol und Vorarlberg sowie die Markgrafschaft Istrien
samt der gefürsteten Grafschaft Görz und Gradiska (Görz und Gradisca)und der
Stadt Triest. 1878 kamen die zuvor türkischen Provinzen Bosnien und Herzegowina
hinzu. Gemeinsam waren beiden Reichshälften der Monarchie die auswärtigen
Angelegenheiten und das Militärwesen und das Finanzwesen. Ö. endete am 11. 11.
1918 durch Verzicht des Kaisers auf jeden Anteil an den Reichsgeschäften und
Ausrufung der Republik.
L.: Brauneder, W., Österreichische Verfassungsgeschichte, 10. A. 2005.
Ostfriesland (Reichsgrafschaft, Fürstentum). Der Raum
zwischen Dollart, Jadebusen, Oldenburg und Nordsee war schon in der Steinzeit
besiedelt. Um 700 bildete sich dort ein Reich der Friesen unter Herzog Radbod. Noch vor 800 wurde dieses 785 von den
Franken unterworfene Gebiet christianisiert. 843 kam es zum Mittelreich Kaiser
Lothars I., 870 zum ostfränkischen Reich. Nach dem Zerfall des
Karolingerreiches bildeten sich in O. mehrere selbständige Länder (terrae)
(Brokmerland bzw. Brookmerland, Emsigerland, Harlingerland u. a.), die im
Hochmittelalter von consules regiert wurden und sich im sog. Upstalsboom
(benannt nach einem Versammlungsplatz südlich Aurichs) in einer Art
Landfriedensbund zusammenschlossen. Nach 1327 verfiel dieser Verband der
friesischen Freiheit und die einzelnen Gebiete gerieten unter die Herrschaft
von Häuptlingen (u. a. das Geschlecht tom Brok auf der Oldeborg im Brokmerland
bzw. Brookmerland, später in Aurich), die sich in zahlreichen Fehden
gegenseitig bekämpften. Nach dem zunächst das Geschlecht tom Brok (1361 Keno
Hilmersna) eine gewisse Führung erlangt hatte (1371 Häuptling des Brokmerlandes
(Brookmerlandes), 1376ff. Norderland, Emsigerland, Harlingerland und
Auricherland, 1413 Emden, westliches Friesland, Okko II. 1417-1427 Häuptling in
O.), gelang es seit 1427/1430/1441 dem Häuptling Edzard Cirksena und dann
seinem Bruder Ulrich Cirksena aus der seit dem 13. Jahrhundert in führender
Stellung der Norder Landesgemeinde nachweisbaren Familie Cirksena, die ihren
Namen und ihr Erbe in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts über die
Erbtochter an die Häuptlinge von Greetsiel übertragen hatte, die Fehden zu
beenden und den größten Teils des Landes östlich der Ems unter einer Herrschaft
zu vereinigen (1453 Emden). 1464 ließ sich Ulrich Cirksena als Ulrich I. vom
Kaiser mit der Reichsgrafschaft (in) O. belehnen (Grafschaft zu Norden, Emden,
Emisgonien in O., von der Westerems bis an die Weser), was zur Folge hatte,
dass O. beim Reich verblieb und nicht, wie das schon früh in der Grafschaft
Holland aufgegangene Gebiet von Sinkfal bei Brügge bis zur Zuidersee und später
das westerlauwersche Friesland (Westfriesland) und das Groningerland, über das Herzogtum Burgund an die sich seit 1571 verselbständigenden
Niederlande gelangte. Ausgenommen blieben Jever, Butjadingen östlich des
Jadebusens, Harlingerland und Stadland, Hauptstadt wurde Emden, 1561 Aurich.
1511 entstand ein eigenes ostfriesisches Landrecht. Seit 1519 drang die
Reformation ein. Zwischen 1568 und 1648 kam es zum achtzigjährigen Krieg, in
dem sich der lutherische Landesherr und die unter Führung der calvinistischen,
1595 verloren gegangenen Stadt Emden (Genf des Nordens) stehenden Stände
gegenübertraten. Die Gewinnung Jevers misslang 1529/1575. 1600 wurde durch
Heirat das Harlingerland mit O. vereinigt. 1654/1662 wurde Graf Enno Ludwig in
den Fürstenstand erhoben (Reichsfürstentum O., 1677 Sitz und Stimme auf dem
Reichstag, Einführung in den Reichsfürstenrat 1677, Entstehung des Titels
Fürstentum O. durch Observanz und Verjährung, Zugehörigkeit zum
niederrheinisch-westfälischen Reichskreis, nur zeitweilige Zugehörigkeit zum
westfälischen Reichsgrafenkollegium). 1682 verlegte Brandenburg Truppen in das
faktisch selbständige Emden. 1744 starb das Geschlecht Cirksena aus. König
Friedrich der Große von Preußen besetzte das an sich den Generalstaaten
vermachte, von diesen aber nicht angenommene Land auf Grund einer kaiserlichen
Anwartschaft von 1694 und machte es zu einer Provinz Preußens mit der
Hauptstadt Aurich. Das Fürstentum enthielt die Städte und Ämter Aurich, Norden,
Emden, Berum, Greetsiel, Pewsum, Leer, Stickhausen und Friedeburg und die
adligen Herrschaften Dornum, Lütetsburg, Jennelt (Jindelt), Rysum (Risum),
Petkum und Gödens. 1807 verlor Preußen das 60 Quadratmeilen große O. (ohne
Rheiderland bzw. Reiderland) mit 110000 Einwohnern an Napoleon I., der es dem
Königreich Holland, 1810 Frankreich unmittelbar einverleibte (Département
Ost-Ems). 1813 kam O. an Preußen, 1815 an Hannover (Landdrostei Aurich), 1866
mit diesem an Preußen. 1946 wurde es als Regierungsbezirk Aurich Teil
Niedersachsens.
L.: Wolff 338ff.; Zeumer 553 II b 54; Wallner 702 WestfälRK 5; Großer
Historischer Weltatlas III 22 (1648) C2, III 38 (1789) B1; Möhlmann, G., Ostfriesland,
(in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Die Territorien des Reichs 3, 162;
Wiarda, T., Ostfriesische Geschichte, Bd. 1-10 1792ff., Neudruck 1968;
Ostfriesisches Urkundenbuch, hg. v. Friedländer, E., Bd. 1f. 1878ff., Neudruck
1968; Klinkenborg, M., Geschichte der tom Broks, 1895; Reimers, H.,
Ostfriesland bis zum Aussterben seines Fürstenhauses, 1925; Koolmann,
A./Wiemann, H., Ostfriesische Geschichte, Bd. 1ff. 1951; König, J.,
Verwaltungsgeschichte Ostfrieslands bis zum Aussterben seines Fürstenhauses,
1955; Lang, A., Die älteste gedruckte Seekarte der Ems, Erläuterungen zur
Neudruckausgabe der Beschreibungen der ostfriesischen Küste des L. Waghenaer
von 1584, 1957; Möhlmann, G., Geschichte Ostfrieslands, 1962; Baker, G., De
grenzen van Frisia tussen 600 en 1150, 1962; Lengen, H. van, Zur Geschichte des
Namens Ostfriesland im Mittelalter, Jb. d. Ges. für bildende Kunst und
vaterländ. Altertümer zu Emden 42 (1962), 5ff.; Teschke, G., Studien zur
Sozial- und Verfassungsgeschichte Frieslands im Hoch- und Spätmittelalter,
1966; Wiemann, H., Die Grundlagen der landständischen Verfassung Ostfrieslands,
1974; Ostfriesland, hg. v. Möhlmann, G., 3. A. 1975; Schmidt, H., Politische
Geschichte Ostfrieslands, (in) Ostfriesland im Schutze des Deiches 5 (1975),
86ff.; Wiemann, H., Materialien zur Geschichte der ostfriesischen Landschaft,
1982; Lamschus, C., Emden unter der Herrschaft der Cirksena, 1984; Burgen,
Siedlungen und Klöster im Mittelalter, hg. v. Barlage, D., 1989; Deeters, W.,
Geschichte der Grenze zwischen Drenthe und dem Emsland und Groningen und
Ostfriesland, (in) Rondom Eems en Doolard, 1992, 59ff.; Lengen, H. van,
Ostfriesland, LexMA 6 1993, 1529; Ostfriesland, hg. v. Lengen, H. van, 1995;
Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W.,
2003, 1, 856; Haefs, H., Ostfriesland, 2013.
Ostpreußen (Landschaft, [Teil des] Herzogtum[s], Gebiet, Provinz). Das Gebiet zwischen
Weichsel- und Memelmündung wurde in der Jungsteinzeit von Jägern und Fischern
besiedelt. Im 2. und 3. Jahrhundert n. Chr. bewohnten es die Goten, später die
baltischen Pruzzen, deren im 10. Jahrhundert erstmals genannter Name (um 965
Brus) auf das Siedlungsgebiet übertragen wurde. Um 1225 wandte sich der
polnische Herzog Konrad I. von Masowien an den
Deutschen Orden um Hilfe gegen die heidnischen Pruzzen und übertrug ihm als
Lohn das Kulmer Land (Kulmerland). Kaiser Friedrich II. gewährte 1226 dem
Hochmeister Culm (Kulm, Kulmerland) und alle noch zu erobernden pruzzischen
Gebiete. 1283 war die Eroberung des Landes abgeschlossen. Die Niederlage gegen
Polen in der Schlacht von Tannenberg (1410) schwächte den Deutschen Orden, der
zwischen 1231 und 1410 93 Städte und etwa 1400 Dörfer gegründet hatte, sehr.
1466 wurde er auf den östlichen Teil Preußens ohne das Ermland beschränkt. Der
verbliebene Ordensstaat war vom Heiligen Römischen Reich getrennt und musste
die Oberhoheit Polens anerkennen. 1525 wurde der Ordensstaat unter dem
Hochmeister Albrecht von Brandenburg-Ansbach in das erbliche, unter Lehnshoheit
Polens stehende Herzogtum Preußen, in dem 1544
die Universität Königsberg gegründet wurde, umgewandelt. Dieses wurde 1618 mit
Brandenburg in Personalunion vereinigt und 1657/1660 vertraglich von der
Lehnshoheit befreit. 1701 wurde es als einziges voll souveränes Land der
Kurfürsten von Brandenburg zur Keimzelle des Königreichs Preußen, indem
Kurfürst Friedrich sich selbst zum König in Preußen krönte. Der Name O. für das
Herzogtum Preußen setzte sich amtlich erst
durch, als 1772 Westpreußen (Pomerellen bzw. Pommerellen) bei der ersten
Teilung Polens mit dem Königreich Preußen vereinigt wurde. Das Ermland kam zu
O., Marienwerder zu Westpreußen. Beide Provinzen wurden 1815 getrennt, von 1824
personal und 1829 real bis 1878 zur Provinz Preußen vereinigt und dann wieder
getrennt. 1919/1920 kam das Gebiet um Soldau zu Polen, das Memelgebiet an die
Alliierten und 1923 faktisch an Litauen. Danzig wurde Freie Stadt. Das
restliche Westpreußen wurde O. angefügt. 1939 wurde das Memelgebiet von Litauen
zurückerzwungen, wurden Westpreußen und Danzig zurückerobert und damit wurde O.
wieder mit dem Reich verbunden. 1945 wurde der nördliche Teil O. unter die
Verwaltung der Sowjetunion, der westliche Teil unter die Verwaltung Polens
gestellt, die ansässige deutsche Bevölkerung fast vollständig ausgesiedelt.
1990 kam das Gebiet als politische Folge der deutschen Einheit an die
Sowjetunion bzw. Polen.
L.: Goldbeck, J., Königreich Preußen, Teil 1 1785, Neudruck 1975ff.; Horn, A.,
Die Verwaltung Ostpreußens seit der Säkularisation (1525-1875), 1890; Heim, M.,
Geschichte der ostpreußischen Landschaft 1788-1888, 1938; Dehio, G./Gall, E.,
Deutschordensland Preußen, 1952; Die Vertreibung der deutschen Bevölkerung aus
den Gebieten östlich der Oder-Neiße, hg. v. Schieder, T., Bd. 1f. 1953;
Schumacher, B., Geschichte Ost- und Westpreußens, 7. A. 1987; Schumacher, B.,
Wege und Wirkungen ostpreußischer Geschichte, 4. A. 1959; Dönhoff, M. Gräfin,
Namen, die keiner mehr nennt. Ostpreußen, Menschen und Geschichte, 1962;
Henning, F., Herrschaft und Bauernuntertänigkeit, 1964; Bibliographie der
Geschichte von Ost- und Westpreußen, Bd. 1 2. A. 1962, 2 1964, Ergänzungsbände;
Ost- und Westpreußen. Handbuch der historischen Stätten, hg. v. Weise, E.,
1966; Historisch-geographischer Atlas des Preußenlandes, hg. v. Mortensen, H.
u. a. 1968ff.; Grundriss zur deutschen Verwaltungsgeschichte 1815 bis 1945,
Reihe A, Preußen I: Ost- und Westpreußen, bearb. v. Stüttgen, D., 1975; Gause,
F., Geschichte des Preußenlandes, 1986; Ambrassat, A., Die Provinz Ostpreußen,
1988; Rankl, M., Bibliographie zur Literatur Ost- und Westpreußens mit Danzig
1945-1988, Bd. 1f. 1990; Neuschäffer, H., Das Königsberger Gebiet, 1991;
Groeben, K. v. d., Das Land Ostpreußen, 1993; Handbuch der Geschichte Ost- und
Westpreußens, hg.v. Opgenoorth, E., Bd. 2, 1 1994; Kibelka, R., Ostpreußens
Schicksalsjahre, 2000; Mast, P., Ost- und Westpreußen und die Deutschen in
Litauen, 2000; Kulturgeschichte Ostpreußens in der frühen Neuzeit, hg. v.
Garber, K. u. a., 2001; Kossert, A., Ostpreußen, 2005.
Otakare (Geschlecht, Markgrafen, Herzöge). Das
seit der Mitte des 10. Jahrhunderts im Chiemgau als Grafen bezeugte, im 11.
Jahrhundert im Chiemgau und Traungau (Mittelpunkt Styraburg, Steyr) begüterte,
nach dem Leitnamen Otakar als O. bezeichnete bayerische Grafengeschlecht, das
sich mit karolingischen Otakaren nicht sicher verbinden lässt, hatte nach dem
Aussterben der Grafen von Wels-Lambach seit 1050 die Markgrafschaft der
karantanischen Mark zu Lehen. 1122 beerbte das Geschlecht die Eppenstein
(Eppensteiner) in Kärnten. 1180 wurde die karantanische Mark zum Herzogtum Steiermark mit Otakar IV. als erstem Herzog erhoben. Durch Erbvertrag kam sie 1192 an die
Babenberger.
L.: Posch, F., Die Entstehung des steirischen Landesfürstentums, MIÖG 59
(1951); Das Werden der Steiermark, hg. v. Pferschy, G., 1980; 800 Jahre
Steiermark und Österreich 1192-1992, hg. v. Pickl, O., 1992; Ebner, H.,
Otakare, LexMA 6 1993, 1555; Weller, T., Die Heiratspolitik, 2004.
Parma (Stadtkommune). Die etruskische Gründung
P. am Nordfuß des Apennins wurde 183 v. Chr. römisch. Seit dem 4. Jahrhundert
n. Chr. geriet P. zunehmend unter die Herrschaft seiner Bischöfe, die in
fränkischer Zeit Grafschaftsrechte gewannen. Im 12. Jahrhundert erlangte es
eine gewisse Selbständigkeit (1140 Konsuln). Seit 1322 gehörte es rechtlich zum
Kirchenstaat des Papstes, stand aber tatsächlich vielfach unter der Herrschaft
Mailands (1346-1447, 1449-1500) und Frankreichs (1500-1512, 1515-21). 1545
wurde es durch Papst Paul III. Teil des Herzogtums
Parma und Piacenza, das 1860 Sardinien bzw. 1861 dem neuen Königreich Italien
eingegliedert wurde. S. Parma und Piacenza.
L.: Bazzi, T./Benassi, U., Storia di Parma, Bd. 1ff. 1899ff.; Drei, G., Le
carte degli archivi parmensi, Bd. 1ff. 1924ff.; Cortellini, L., Storia di Parma,
1953; Pighini, G., Storia di Parma e i suoi personaggi più illustri, 1965;
Schuhmann, R., Authority and the Commune: Parma 833-1133, 1973; Fumagalli, V.,
Terra e società nell’Italia padana. I secoli IX e X, 1976; Chittolini, G., La
formazione dello stato regionale e le istituzioni del contado. Secoli XIV e XV,
1979; Greci, R., Parma medievale, 1992; Greci, R., Parma, LexMA 6 1993, 1735.
Parma und Piacenza (Herzogtum).
Papst Paul III. trennte 1545 die 1511/1512 von Papst Julius II. eroberten Gebiete
P. vom Kirchenstaat ab und übertrug sie seinem natürlichen Sohn Pier Luigi
Farnese, der bereits über die Herzogtümer Castro
und Ronciglione herrschte, als Herzogtum zu
Lehen. Nach dem Aussterben der Farnese im Mannesstamm 1731 erbte der spätere
König Karl III. von Spanien als Großneffe des letzten Farnese. 1735 gab er P.
gegen Neapel und Sizilien an Österreich. Dieses trat 1748 P. zusammen mit dem Herzogtum Guastalla an Karls III. Bruder Philipp ab.
1802 kamen P. und das 1806 für Napoleons Schwester Pauline abgetrennte
Guastalla an Frankreich und bildeten seit 1808 das Departement Taro. 1815
wurden P. und Guastalla Napoleons Gemahlin Maria Louise von Österreich
zuerkannt. Bei ihrem Tode fielen sie 1847 an Karl II. Ludwig von Bourbon-Parma,
1860 durch Volksabstimmung an Sardinien und damit 1861 an das neue Königreich
Italien.
L.: Bazzi, T./Benassi, U., Storia di Parma, Bd. 1ff. 1899ff.; Bernin,
F./Bourgoing, J. de, Maria Louise von Österreich, 1933; Cattelani, R., Parma
nella storia, 1957; Pescatori, A., Il declino di un ducato (1839-1859), 1974.
Passau (Hochstift, Residenz). Nach einer
keltischen Siedlung Boiodorum am Zusammenfluss von Donau, Inn und Ilz
errichteten die Römer um 90 n. Chr. (seit 15 n. Chr. ?) ein um 130 n. Chr.
erstmals bezeugtes gleichnamiges Kastell. Um 150 n. Chr. gründeten sie ein
zweites Lager mit dem Name Batavis für die hier stationierte 9. Bataverkohorte.
453 erbaute der heilige Severin jenseits des Inns ein Kloster. Im 7.
Jahrhundert war in P. ein agilofingischer Herzogshof
vorhanden, 737 ein Bischof (Vivilo), den Bonifatius 739 bestätigte. Das Bistum
reichte von der Isar bis zur Enns sowie im Norden bis zum Arber und wurde 804
bis zur Raab, 874 bis zur March (907-955 wieder eingeschränkt) und 1043 bis zur
Leitha erweitert, doch gingen Ungarn und Böhmen durch die Errichtung von Gran,
Kálocsa, Prag und Olmütz wieder verloren. Seit 798 unterstand es Salzburg. 886
gewann es Immunität. Kaiser Otto III. verlieh 999 dem Bischof Markt, Zoll und
Bannrechte in P. 1161/1193 erwarb der Bischof die durch Gaben König Heinrichs
II. (1010 Nordwald zwischen Ilz, Rodl [Rottel] und Donau) reich gewordene
königliche Abtei Niedernburg am Ostende der Passauer Landzunge. Durch die
Belehnung mit dem Ilzgau wurde P. 1217 Fürstbistum. Güter in Sankt Pölten und
Mattsee konnten nicht gehalten werden. 1298, 1367 und 1394 erhoben sich die
Bürger vergeblich gegen die bischöfliche Stadtherrschaft. Durch die Abtrennung
der Bistümer Wien (1468/1469), das 28 der insgesamt 835 Pfarreien Passaus
erhielt, Linz (1783) und Sankt Pölten (1784/1785) wurde das zunehmend von
Österreich bestimmte Bistum P., das 1728 als Gegenleistung für die Errichtung
des Erzbistums Wien die Exemtion von Salzburg erreichte, erheblich verkleinert.
Das Hochstift konnte allerdings die Herrschaft Neuburg am Inn erwerben und die
in der Mitte des 14. Jahrhunderts erlangte, 1487/1506 an Kaiser Friedrich III.
veräußerte Herrschaft Rannariedl zurückgewinnen. Außerdem gehörten ihm die
Stadt P., das Landgericht Oberhaus, die Herrschaften Vichtenstein (1227),
Hafnerzell oder Obernzell, Leoprechting, Wegscheid, Riedenburg (1436),
Obernberg (1407), das Richteramt Waldkirchen, die Schlösser Starhemberg
[Stahrenberg] und Pürnstein [Pihrenstein] und eine Anzahl Dörfer. 1803 kam das
dem bayerischen Reichskreis zugehörige Hochstift mit 18 Quadratmeilen und 55600
Einwohnern in seinen westlich von Ilz und Inn gelegenen Teilen zu Bayern, im
Übrigen zunächst an Ferdinand von Salzburg-Toskana, 1805 ebenfalls an Bayern.
Das Bistum P. wurde 1817/1821 unter veränderter Grenzziehung dem Erzbistum
München-Freising unterstellt.
L.: Wolff 144; Zeumer 552 II a 18; Wallner 712 BayRK 6; Großer Historischer
Weltatlas II 66 (1378) G4, III 22 (1648) F4, III 38 (1789) E3; Die Territorien
des Reichs 6, 58; Buchinger, J., Geschichte des Fürstentums Passau, Bd. 1,2
1816ff.; Heuwieser, M., Die Traditionen des Hochstifts Passau, 1930, Neudruck
1988; Maidhof, A., Passauer Urbare, Bd. 1 1933; Oswald, J., Das alte Passauer
Domkapitel, 1933; Heuwieser, M., Geschichte des Bistums Passau, Bd. 1 1939;
Oswald, J., Der organisatorische Aufbau des Bistums Passau im Mittelalter und
in der Reformationszeit, ZRG KA 61 (1941); Schneider, R., Passau. Werden,
Antlitz und Wirksamkeit der Dreiflüssestadt, 1944; Bauerreiss, R.,
Kirchengeschichte Bayerns, Bd. 1ff. 1949ff.; Schwaiger, G., Die altbayerischen
Bistümer Freising, Passau und Regensburg, 1959; Ott, G., Das Bürgertum der
geistlichen Residenz Passau in der Zeit des Barock und der Aufklärung, 1961;
100 Jahre Landkreis Passau. Heimatbuch, 1963; Die Passauer Bistumsmatrikeln,
hg. v. Zinnhobler, R., 1972ff.; Veit, L., Hochstift Passau, 1977, (in)
Historischer Atlas von Bayern, Teil Altbayern; Hartmann, P., Das Hochstift
Passau und das Erzstift Salzburg, Ostbairische Grenzmarken 30 (1988);
Zurstraßen, A., Die Passauer Bischöfe des 12. Jahrhunderts, 1989; Leidl, A.,
Kleine Passauer Bistumsgeschichte, 1989; 1250 Jahre Bistum Passau 739-1989,
Symposion des Institutes für Ostbairische Heimatforschung der Universität
Passau anlässlich des 1250jährigen Bistumsjubiläums 1989, 1989; Die Regesten
der Bischöfe von Passau, Bd. 1 739-1206, bearb. v. Boshof, E., 1992, Bd. 2
1207-1253, 2000, Bd. 3 1254-1282, 2007; Zurstraßen, A., Passau, LexMA 6 1993,
1756; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini,
W., 2003, 1, 591, 1, 2, 441; Knorring, M. v., Die Hochstiftspolitik des
Passauer Bischofs Wolfgang von Salm, 2006.
Pfaffenhofen (Herrschaft). P. an der Roth (Rot)
erscheint am Ende des 12. Jahrhunderts als Teil einer kleinen, nach dem nahen
Holzheim benannten Grafschaft. 1303 verkaufte Graf Ulrich von Berg seine
Grafschaft in Holzheim an den Herzog von
Österreich. Zu dessen neuer Grafschaft P. zählten Leibi und das Rothtal
(Rottal) von Kadeltshofen bis Attenhofen. Die Herrschaft blieb bis 1805 bei
Habsburg/Österreich, war aber unter Vorbehalt der Landeshoheit vielfach
verpfändet (1325-1370 Herren von Ellerbach, ab 1448 Ehinger). 1469 erhielt Hans
Ehinger die Herrschaft von Herzog Sigmund zu
eigen und verkaufte sie 1495 an Bayern-Landshut. 1505 zog sie König Maximilian
nach dem bayerischen Erbfolgekrieg als Kriegsentschädigung ein, verkaufte sie
aber 1507 an die Fugger, unter denen sie 1735 an die
Fugger-Kirchberg-Weißenhorn (Fugger zu Kirchberg und Weißenhorn) kam. Die
Landeshoheit fiel 1805 an Bayern.
L.: Wolff 45; Hölzle, Beiwort 4, 45; Gaiser, H./Matzke/Rieber, Kleine
Kreisbeschreibung des Stadt- und Landkreises Neu-Ulm, 1959.
Pfalz (Pfalzgrafschaft bei Rhein,
Kurfürstentum, Regierungsbezirk, Landesteil). Die P. (Kurpfalz, Rheinpfalz,
untere Pfalz) entstand durch die Verlagerung der wohl spätestens im 10.
Jahrhundert entstandenen, fränkischen Pfalzgrafschaft Lothringen vom
Niederrhein (Aachen, Köln, mit Gütern bei Bacharach und Vogteirechten über
Trier und Jülich) über die Mosel zum Mittelrhein und Oberrhein. 1093 wird
Heinrich von Laach, der dritte Gatte der Witwe (Adelheid von Orlamünde) des
letzten lothringischen Pfalzgrafen aus dem Haus der Hezeliniden (Hermann), nach
kaiserlicher Übertragung des Pfalzgrafenamtes (1085) als comes palatinus Rheni
(Pfalzgrafschaft bei Rhein) erstmals genannt. Mit dieser an wechselnde Familien
gelangten Pfalzgrafschaft belehnte 1155/1156 Kaiser Friedrich I. Barbarossa
seinen Stiefbruder Konrad von Staufen und erhob ihn zum Reichsfürsten. Zur
Pfalzgrafschaft kamen Hausgut, Lehnsrechte und Vogteirechte über Speyer, Worms
und Lorsch sowie zunächst auch Trier. 1195 fiel die P. über Konrads Tochter
Agnes vorübergehend an die Welfen. 1214 übertrug sie König Friedrich II. nach
dem kinderlosen Tod des Welfen Heinrich des Jüngeren (1213) an Ludwig I. von
Bayern, dessen Sohn (Otto II.) über die welfische Erbtochter Agnes auch die
Eigengüter der Pfalzgrafen erwarb. (Pforzheim gelangte über eine weitere
Erbtochter an Baden.) Schwerpunkte des Gutes waren Bacharach (12./13.
Jahrhundert) und Alzey (1214 vom König erhalten). Vom Bischof von Speyer nahm der
Pfalzgraf Neustadt, vom Bischof von Worms Heidelberg (1225) zu Lehen. Weiter
erlangte er die Herrschaft über die Klöster Schönau und Otterberg. Andere Güter
wurden nach der Aufhebung Lorschs (1232) 1247/1344 gewonnen. 1255 kamen durch
Teilung Oberbayern (westliche Teile mit München) und die P. an Herzog Ludwig von Bayern, während Niederbayern mit
Landshut an Heinrich XIII. fiel. 1266/1268 wurden die staufischen Güter um
Sulzbach, 1277/1289 Kaub mit dem dortigen Rheinzoll erworben. Ludwig II. war
somit angesehenster Reichsfürst und wirkte bereits 1257 als Kurfürst mit. 1329
bestimmte der wittelsbachische Hausvertrag von Pavia die Trennung der (unteren)
P. und der oberen P. im bayerischen Nordgau (Oberpfalz) zwischen Regensburg und
Fichtelgebirge, die der älteren pfälzischen Linie zugesprochen wurden, von
Bayern, das an die jüngere bayerische Hauptlinie kam, wobei die Kurwürde
zwischen P. und Bayern wechseln sollte, was die Goldene Bulle 1356 zugunsten
der P. aufhob. Unter Kurfürst Ruprecht I. gewann die Pfalz, die 1329 die
Pfandschaft der Stadt Mosbach (1330 Mosbach, Eberbach, Sinsheim, Neckargemünd,
Germersheim, Annweiler, Trifels) erlangt hatte, unter anderem 1349 Bretten,
1354 Simmern, 1375 Ingelheim, Kaiserslautern, Odernheim, Nierstein und
Oppenheim sowie 1385 die Grafschaft Zweibrücken mit Bergzabern, gab aber 1355
Teile der Oberpfalz für einige Zeit an Böhmen (Neuböhmen). 1386 wurde die
Universität Heidelberg gegründet. Ruprecht II. strebte in der sog.
Rupertinischen Konstitution die Unteilbarkeit der Pfalz an. Nach dem Tod des
1400 zum König gewählten Ruprecht III. (1410), der die an Böhmen gegebenen
Teile der Oberpfalz zurückgewann und die Grafschaften Kirchberg am Hunsrück
sowie (die Vordere Grafschaft) Sponheim (zu einem Fünftel) und die Reichsvogtei
im Elsass (1408) erlangte, wurde die P. in die vier Linien Kurpfalz
(Heidelberg, Amberg, Nabburg), Pfalz-Neumarkt (restliche Oberpfalz),
Pfalz-Simmern (bzw. Pfalz-Zweibrücken-Simmern) (bis 1685) mit der Nebenlinie
Pfalz-Zweibrücken (bis 1731) und Pfalz-Mosbach geteilt. Von diesen Linien starb
die Linie Pfalz-Neumarkt (Oberpfalz) 1443 aus und wurde von Pfalz-Mosbach und
Pfalz-Simmern beerbt. 1499 erlosch die Linie Pfalz-Mosbach und wurde von der
Kurpfalz beerbt. Unter Friedrich I. (1449-1476) wurde die Vormacht der P. am
Oberrhein (Erwerb der Reichsgrafschaft Lützelstein [1492] und Rappolstein, der
Reichslandvogtei Hagenau, von Bischweiler, Selz, Kleeburg und Gebieten an Nahe
und Bergstraße [1462], der Grafschaft Löwenstein [1461/1464]) begründet und die
Kurpfalz modern organisiert. 1503 gingen im bayerischen Erbfolgekrieg die Güter
im Elsass an Habsburg, die Grafschaft Löwenstein an Württemberg und Lauf,
Hersbruck und Altdorf an Nürnberg verloren, doch wurde die neue Linie
Pfalz-Neuburg 1508 noch mit Gütern Bayern-Landshuts ausgestattet. 1556 führte
Otto Heinrich (Ottheinrich) die Reformation in seinem sehr zersplitterten
Herrschaftsgebiet ein. 1559 starb mit Ottheinrich von Pfalz-Neuburg die alte
Linie Kurpfalz aus und wurde (1556) in Pfalz-Neuburg von Pfalz-Zweibrücken
(Wolfgang) und in den Kurlanden von Pfalz-Simmern (Friedrich III.) als
mittlerer Kurlinie beerbt. Der neue Kurfürst führte dort sofort den Calvinismus
ein. Infolge der Wahl zum König des aufständischen Böhmen (1619) verlor
Friedrich V. Land und Kurwürde 1623 an Herzog
Maximilian von Bayern, wobei weitere Güter an Habsburg und Hessen-Darmstadt
kamen. Friedrichs Sohn erhielt 1648 die P. und eine neue achte Kurwürde,
während die Oberpfalz und die alte Kurwürde bei Bayern verblieben. 1685 erlosch
die Linie Pfalz-Simmern. Ihr folgte die aus Pfalz-Zweibrücken hervorgegangene
katholische Linie Pfalz-Neuburg. Da auch König Ludwig XIV. von Frankreich für
die Frau seines Bruders, Liselotte von der P., Erbansprüche auf Simmern,
Kaiserslautern, Germersheim und Sponheim erhob, kam es zum pfälzischen
Erbfolgekrieg (1688/1697) und der Verwüstung der Pfalz (1697) durch Frankreich,
das Straßburg und Saarlouis behielt, Lothringen aber verlor. Pfalz-Neuburg
vermochte sich - mit Ausnahme Germersheims - zu behaupten. Vorübergehend wurden
die alten Kurrechte und die Oberpfalz zurückgewonnen. Zeitweise gehörte die P.
dem Kanton Odenwald des Ritterkreises Franken an. 1720 wurde die Residenz von
Heidelberg nach Mannheim verlegt und zwischen 1743 und 1748 eine Sommerresidenz
in dem 1200 erlangten Schwetzingen eingerichtet. 1742 erlosch die Linie
Pfalz-Neuburg. Sie wurde von Karl Theodor aus der Linie Pfalz-Sulzbach beerbt,
der durch Tausch die Herrschaften Zwingenberg und Ebernburg erlangte und zur
Finanzierung seiner Hofhaltung die Industrie förderte. Wegen Udenheim gehörte
unter ihm die P. seit 1788 zum Kanton Oberrheinstrom des Ritterkreises Rhein.
1777 fiel ihm Bayern an. Als Folge hiervon wurde der Hof von Mannheim 1778 nach
München verlegt. Der Versuch, Bayern gegen die habsburgischen Niederlande an
Österreich abzugeben, scheiterte 1778/1779 und 1784/1785 an dem Widerstand
Preußens. Am Ende seines Bestehens umfasste das niemals geschlossene, in bunter
Gemengelage mit anderen Herrschaften liegende, von Germersheim bis Bacharach
und von Kaiserslautern bis Mosbach reichende Gebiet der zum kurrheinischen
Reichskreis zählenden P. 8200 Quadratkilometer (bzw. 76 Quadratmeilen) mit rund
300000 Einwohnern. 1801 musste Maximilian I. Joseph aus der 1799 erbenden Linie
Pfalz-Zweibrücken-Birkenfeld die Abtretung der linksrheinischen, seit 1792
besetzten Gebiete an Frankreich (Departement Donnersberg) anerkennen. Das
rechtsrheinische Gebiet wurde 1803 an Baden, Hessen-Darmstadt, Nassau-Usingen
(Nassau) und Leiningen verteilt. 1815 kamen die linksrheinischen Teile von
Frankreich zurück und fielen 1816 weitgehend und um Gebiete Sickingens,
Nassaus, von der Leyens, Leiningens usw. erweitert als Ersatz für Salzburg,
Innviertel und Hausruckviertel an Bayern, im Übrigen an Hessen und Preußen. Der
bayerische Teil bildete zunächst die königlich bayerischen Lande am Rhein, seit
1836 den bayerischen, von Speyer aus verwalteten Regierungsbezirk P. (seit 1838
Rheinpfalz). Von Dezember 1918 bis Juni 1930 war die Pfalz von Frankreich
besetzt. (1919 bzw.) 1920 gelangten Teile der Westpfalz (Homburg, Sankt
Ingbert, Blieskastel, insgesamt 418 Quadratkilometer mit 100000 Einwohnern) zum
Saargebiet. Bereits 1940 wurde die P. aus der Verwaltung Bayerns gelöst und kam
nicht mehr zurück. 1945 gehörte die P. zur französischen Besatzungszone und
wurde 1946 wie Rheinhessen und Koblenz-Trier Teil des Landes Rheinland-Pfalz,
wobei sie bis 1968 eigener Regierungsbezirk war (seit 1968 Rheinhessen-Pfalz).
L.: Wolff 88; Zeumer 552 I 5; Wallner 699 KurrheinRK 4; Großer Historischer
Weltatlas II 34 (1138-1254) F4, II 66 (1378) E4, III 22 (1648) D4, III 38
(1789) C3; Winkelmann-Holzapfel 158; Riedenauer 129; Neumaier 49f., 125, 127,
140; Haselier, G./Sante, G., Die Pfalz - Das Saarland, (in) Geschichte der
deutschen Länder, Bd. 1; Die Territorien des Reichs 5, 8; Tolner, C., Codex
diplomaticus palatinus, 1700; Widder, J., Versuch einer vollständigen
geographisch-historischen Beschreibung der kurfürstlichen Pfalz am Rheine,
1786ff.; Frey, M., Versuch einer geographisch-historisch-statistischen
Beschreibung des königlich baierischen Rheinkreises, Bd. 1ff. 1836ff.; Häusser,
L., Geschichte der rheinischen Pfalz, Bd. 1f. 1845, 2. A. 1856, Neudruck 1970;
Koch, A. u. a., Regesten der Pfalzgrafen am Rhein, Bd. 1f. 1894ff.; Haberle, D.,
Pfälzische Bibliographie, Bd. 1ff. 1907ff.; Schreibmüller, H., Bayern und Pfalz
1816-1916, 1916; Raumer, K. v., Die Zerstörung der Pfalz 1689, 1930;
Pfälzischer Geschichtsatlas, hg. v. Winkler, W., 1935; Stamer, C.,
Kirchengeschichte der Pfalz, Bd. 1ff. 1936ff.; Zimmermann, F., Die Weistümer
und der Ausbau der Landeshoheit in der Kurpfalz, 1937; Gerstner, R., Die
Geschichte der lothringischen und rheinischen Pfalzgrafschaft von ihren
Anfängen bis zur Ausbildung des Kurterritoriums Pfalz, 1941; Christmann, E.,
Die Siedlungsnamen der Pfalz, Bd. 1ff. 1952ff.; Schütze, C., Die territoriale
Entwicklung der rheinischen Pfalz im 14. Jh., Diss. phil. Heidelberg 1955;
Vogt, W., Untersuchungen zur Geschichte der Stadt Kreuznach und der
benachbarten Territorien im frühen und hohen Mittelalter, 1956; Böhm, G. F.,
Beiträge zur Territorialgeschichte des Landkreises Alzey, 1956; Weizsäcker, W.,
Pfälzische Weistümer, 1957ff.; Trautz, F., Die Pfalz am Rhein in der deutschen
Geschichte, 1959; Karst, T., Das kurpfälzische Oberamt Neustadt an der Haardt,
1960; Schmidt, H., Die Kurpfalz unter den Kurfürsten der Häuser Neuburg und
Sulzbach 1665-1799, (in) Mannheimer Hefte 1962; Hess-Gotthold, J., Hausmacht
und Politik Friedrich Barbarossas im Raume des heutigen Pfälzer Waldes, 1962;
Pfalzatlas, hg. v. Alter, W., 1963ff. (u. a. Schaab, M./Moraw, P., Territoriale
Entwicklung der Kurpfalz von 1156-1792); Cohn, H., The Government of the Rhine
Palatinate in the 15th century, 1965; Territorialverhältnisse der Gemeinden in
Rheinland-Pfalz von 1789 bis zur Bildung des Landes, Statistik von
Rheinland-Pfalz 172 (1967); Haas, R., Die Pfalz am Rhein, 1967, 2. A. 1968;
Weiden, A. v. d., Erste Landesaufnahme in unserem Landesgebiet und
Veröffentlichung des danach gefertigten topographischen Kartenwerks aus den
Jahren 1804-1820, Nachrichtenblatt der Vermessungs- und Katasterverwaltung
Rheinland-Pfalz 12 (1969); Press, V., Calvinismus und Territorialstaat.
Regierung und Zentralbehörden der Kurpfalz 1559-1619, 1970; Topographische
Aufnahme pfälzischer Gebiete durch Offiziere des kgl. bayerischen Generalstabes
1836-1837, hg. v. Landesvermessungsamt des Saarlandes, 1973-197474; Spieß, K.,
Lehnsrecht, Lehnspolitik und Lehnsverwaltung der Pfalzgrafschaft bei Rhein im
Spätmittelalter, 1978; Spieß, K., Das älteste Lehnsbuch der Pfalzgrafen bei
Rhein vom Jahr 1401, 1981; Haas, R./Probst, H., Die Pfalz am Rhein, 4. A. 1984;
Moersch, K., Geschichte der Pfalz, 1987; Schaab, M., Geschichte der Kurpfalz,
Bd. 1f. (Mittelalter) 1988ff.; Hesse, W., Hier Wittelsbach, hier Pfalz. Die
Geschichte der pfälzischen Wittelsbacher von 1214 bis 1803, 1989; Handbuch der
baden-württembergischen Geschichte, hg. v. d. Komm.f. gesch. Landeskunde in
Baden-Württemberg, Bd. 1ff. 1990ff.; Maier, F., Die baierische Unterpfalz,
1990; Heimann, H., Hausordnung und Staatsbildung, 1993; Schaab, M.,
Pfalzgrafschaft bei Rhein, LexMA 6 1993, 2013; Kurpfalz, hg. v. Schweickert,
A., 1997; Ausgewählte Urkunden zur Territorialgeschichte der Kurpfalz
1156-1505, hg. v. Schaab, M., 1998; Repertorium der Policeyordnungen der frühen
Neuzeit, hg. v. Härter, K./Stolleis, M., Bd. 3 1999; Die Pfalz im 20.
Jahrhundert, hg. v. Schwarzmüller, T. u. a., 1999; … so geht hervor’ ein neue
Zeit, hg. v. Kohnle, A. u. a, 2003; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen
Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 440; Kohnle, A., Kleine Geschichte der
Kurpfalz, 2005; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 497; Reinhardt,
C., Fürstliche Autorität versus städtische Autonomie, 2012; Peltzer, J., Der
Rang der Pfalzgrafen bei Rhein, 2013; Handbuch der hessischen Geschichte Bd. 3
Ritter, Grafen und Fürsten hg. v. Speitkamp, W., 2014, 156.
Pfalz-Lautern (Fürstentum, Herzogtum).
1576 wurde für den reformierten Pfalzgrafen Johann Casimir aus der in der Pfalz
seit 1559 regierenden Linie Pfalz-Simmern aus den Oberämtern Lautern
(Kaiserslautern) und Neustadt und dem Amt Sobernheim ein selbständiges Herzogtum gebildet. Nach seinem Tode 1592 fiel es an
die Pfalz (Kurpfalz) zurück. Das zum oberrheinischen Reichskreis zählende
Fürstentum umfasste das Oberamt Lautern mit der Stadt Kaiserslautern (Lautern),
die Unterämter Otterberg, Rockenhausen und Wolfstein (Wolffstein) und die
Gerichte Kübelberg, Ramstein, Steinwenden, Weilerbach, Morlautern
(Mohrlautern), Neukirchen (Neukirch), Alsenborn und Waldfischbach.
L.: Wolff 245; Zeumer 553 II b 3; Wallner 695 OberrheinRK 7; Kuhn, M.,
Pfalzgraf Johann Casimir von Pfalz-Lautern 1576-83, 1961.
Pfalz-Neuburg (Fürstentum, Herzogtum).
Neuburg an der Donau wird 680 erstmals genannt. Es war Herzogssitz
der bayerischen Agilolfinger, von 739/742 bis 801/807 auch Bischofssitz. Bei
der Absetzung der Agilolfinger (788) wurde es Königsgut. 1247 fiel es an die
Herzöge von Bayern, 1392 an die Linie Bayern-Ingolstadt, 1445 an
Bayern-Landshut. Als Folge des Landshuter Erbfolgekriegs wurde 1505/1509 aus
Gütern Bayern-Landshuts sowie Bayern-Münchens das Fürstentum P. mit Residenz in
Neuburg und Gütern um Neuburg, Höchstädt, Sulzbach, Weiden und Burglengenfeld
(Lengenfeld) gebildet. 1542/1552 wurde die Reformation eingeführt. 1556 kam es
im Zusammenhang mit dem Erlöschen der alten Linie Kurpfalz, bei dem die Pfalz
1559 an Pfalz-Simmern gelangte, an Pfalz-Zweibrücken. 1569 entstand durch
Teilung von Pfalz-Zweibrücken neben Pfalz-Zweibrücken und Pfalz-Birkenfeld die
jüngere Linie P., von der sich zwei unselbständige Teilfürstentümer um
Hilpoltstein und Sulzbach sowie um Floss, Vohenstrauß und Parkstein-Weiden
abspalteten, die aber schon 1604 bzw. 1597 zurückfielen. 1614 erhielt P. nach
Beendigung des jülich-klevischen Erbfolgestreits infolge der Heirat Philipp
Ludwigs († 1614) mit Anna von Jülich-Kleve Berg und Jülich sowie 1670 Ravenstein
und errichtete die Residenz in Düsseldorf (bis 1716). P. kam an den Sohn
Wolfgang Wilhelm, der sein Land rekatholisierte, Teile davon als Pfalz-Sulzbach
an Pfalzgraf August und Hilpoltstein an Pfalzgraf Johann Friedrich (1644 an P.
zurück). 1685 wurde P. nach dem Aussterben der mittleren pfälzischen Kurlinie
(Pfalz-Simmern) neue Kurlinie der Pfalz. 1742 wurde P., das seit etwa 1700 als Herzogtum bezeichnet wurde, bei seinem Aussterben von
Pfalz-Sulzbach beerbt. 1803 erhielt P. innerhalb Bayerns eine eigene
Provinzialregierung und wurde seit 1805 Provinz Neuburg genannt. 1808 kam es
zum neugeschaffenen Altmühlkreis. Das insgesamt zum bayerischen Reichskreis
zählende Fürstentum P. war in vier Teile getrennt: der größte Teil lag nördlich
Regensburgs zwischen dem Herzogtum Bayern, dem
Hochstift Regensburg und der Oberpfalz, der zweite Teil erstreckte sich zu
beiden Seiten der Donau bei der Stadt Neuburg, der dritte Teil befand sich auf
dem linken Donauufer zwischen der Markgrafschaft Burgau, dem Fürstentum
Oettingen und dem Ulmer Gebiet, und der vierte Teil lag zwischen der Oberpfalz
und dem Fürstentum Ansbach. Das Fürstentum enthielt die Pflegämter Neuburg,
Monheim, Lauingen, Gundelfingen, Heideck, Hilpoltstein, Allersberg, Hemau,
Beratzhausen, Laaber und Lupburg (Luppurg), Regenstauf, Kallmünz die
Landrichterämter Graisbach und Burglengenfeld, die Landvogteiämter Höchstädt
und Neuburg (letzteres mit den Pflegämtern Rennertshofen [Rennerzhofen],
Reichertshofen, Velburg und Schwandorf) und das Pfleggericht Burgheim.
L.: Wolff 140f.; Zeumer 553 II b 5; Wallner 712 BayRK 4; Großer Historischer
Weltatlas III 22 (1648) E4; III 38 (1789) D3; Die Territorien des Reichs 1, 44;
Häusser, L., Geschichte der rheinischen Pfalz, Bd. 1f. 2. A. 1856, Neudruck
1970; Schröder, A., Die Herrschaftsgebiete im heutigen Regierungsbezirk
Schwaben und Neuburg nach dem Stand von Mitte 1801, Z. hist. Ver. Schwaben und
Neuburg 32 (1906); Neuburg, die junge Pfalz und ihre Fürsten, hg. v. Heider,
J., 1955; Scherl, A., Die pfalzneuburgische Landesaufnahme unter Philipp
Ludwig. Zum 350. Todestag des Kartographen Christoph Vogel, Archivalische Zs.
56 (1960); Heider, F., Landvogteiamt und Landgericht Neuburg a. d. Donau. Seine
Hofmarken, gefreiten Sitze und Dorfgerichte, mit bes. Berücksichtigung von
Strass, Burgheim und Oggermühle, Neuburger Kollektaneenblatt 113 (1960); Press,
V., Fürstentum und Fürstenhaus Pfalz-Neuburg, (in) Gustl Lang, Leben für die
Heimat, hg. v. Ackermann, K. u. a., 1989; Handbuch der bayerischen Geschichte,
hg. v. Spindler, M., Bd. 3, 3 Geschichte der Oberpfalz und des bayerischen
Reichskreises, 3.A. 1995; Repertorium der Policeyordnungen der frühen Neuzeit,
hg. v. Härter, K./Stolleis, M., Bd. 3 1999; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 859.
Pfalz-Sulzbach (Fürstentum). Die seit 1071 nach der zu
Anfang des 11. Jahrhunderts errichteten Burg Sulzbach benannten Grafen von
Sulzbach vererbten 1188 Sulzbach an die Grafen von Hirschberg. Über diese kam
die Grafschaft Sulzbach 1269/1305 an Bayern, 1329 an die pfälzische Linie. Von
1569 bis 1604 war P. Teilfürstentum des Pfalzgrafen Otto Heinrich unter der
Landeshoheit Pfalz-Neuburgs. 1610/1614 entstand durch Teilung Pfalz-Neuburgs
das Fürstentum P. mit Sulzbach, Floß und Vohenstrauß und einem Anteil an
Parkstein-Weiden. 1656 verzichtete Pfalz-Neuburg auf die Landeshoheit über das
1649 endgültig reformierte Gebiet. Der Pfalzgraf von P. war beim bayerischen
Reichskreis, nicht aber beim Reichstag vertreten. 1742 erbte Karl Theodor von
P. die Pfalz (Kurpfalz) und Pfalz-Neuburg sowie 1777 Bayern, in das danach P.
eingegliedert wurde. Das 19 Quadratmeilen große Fürstentum P., das die beiden
Hauptteile der Oberpfalz voneinander trennte und selbst durch das Amt Vilseck
Bambergs geteilt wurde, umfasste das Landgericht Sulzbach mit der Stadt und die
sogenannten hinteren Lande mit den Pflegämtern Weiden und Floß und den Ämtern
Parkstein und Floss. 1799 gelangte P. in Bayern an Maximilian I. Joseph von
Pfalz-Birkenfeld.
L.: Wolff 141; Wallner 712 BayRK 5; Großer Historischer Weltatlas III 22 (1648)
E/F4, III 38 (1789) D3, III 39 E3; Gack, G., Geschichte des Herzogthums Sulzbach, 1847, Neudruck 1988; Häusser,
L., Geschichte der rheinischen Pfalz, Bd. 1f. 2. A. 1856, Neudruck 1970;
Piendl, M., Sulzbach, 1957, (in) Historischer Atlas von Bayern, hg. v. der
Kommission für bay. LG., Teil Altbayern; Sturm, H., Sulzbach im Wandel der
Jahrhunderte, (in) Oberpfälzer Heimat 14 (1970); Handbuch der bayerischen
Geschichte, hg. v. Spindler, M., Bd. 3, 3 Geschichte der Oberpfalz und des
bayerischen Reichskreises, 3. A. 1995; Repertorium der Policeyordnungen der
frühen Neuzeit, hg. v. Härter, K./Stolleis, M., Bd. 3 1999.
Pfalz-Veldenz (Fürstentum, Pfalzgrafschaft). 1444 fiel
Veldenz bei Bernkastel an Pfalz-Zweibrücken. 1543 übertrug Pfalzgraf Wolfgang
von Pfalz-Zweibrücken seinem bisherigen Vormund das Gebiet um Veldenz als zum
oberrheinischen Reichskreis zählendes Fürstentum P. Zu ihm gehörten die Ämter
Veldenz und Lauterecken, das Kloster Remigiusberg, seit 1559/1566 die Grafschaft
Lützelstein und seit 1559 die halbe Herrschaft Guttenberg. 1694 starb die Linie
aus. Das Land wurde von der Pfalz (Kurpfalz) besetzt. Zu einer Einigung über
die Erbschaft zwischen Pfalz (Kurpfalz), Pfalz-Sulzbach und Pfalz-Zweibrücken
(Pfalz-Bischweiler) kam es erst 1733. Die Pfalz (Kurpfalz) erhielt die Ämter
Veldenz und Lauterecken, Pfalz-Sulzbach die Hälfte von Lützelstein sowie
Pfalz-Zweibrücken (Pfalz-Birkenfeld) die andere Hälfte von Lützelstein und den
Anteil an Guttenberg.
L.: Zeumer 553 II b 8; Wallner 697 OberrheinRK 23; Lehmann, J., Vollständige
Geschichte des Herzogtums Zweibrücken, 1867;
Gümbel, T., Geschichte des Fürstentums Pfalz-Veldenz, 1900; Fabricius, W., Die
Grafschaft Veldenz, Mitt. d. hist. Ver. Pfalz 33 (1913); Fabricius, W., Das Oberamt
Meisenheim in seiner Entwicklung unter den Grafen von Veldenz und den
Pfalzgrafen von Zweibrücken, Mitt. d. hist. Ver. Pfalz 36 (1916); Höfe und
Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 865.
Pfalz-Zweibrücken (Pfalzgrafen, Fürsten, Herzogtum). Das Fürstentum Zweibrücken, das zu zwei
Dritteln aus Stücken der alten Grafschaft Veldenz (Oberämter Lichtenberg und
Meisenheim) und im Übrigen aus der ehemaligen Grafschaft Zweibrücken (Oberämter
Zweibrücken und Neukastel [Neukastell] oder Bergzabern) entstanden war, fiel
mit dem Aussterben der Grafen von Zweibrücken 1390 an die Pfalz. 1410 entstand
durch Teilung der Pfalz das Fürstentum Pfalz-Simmern (Pfalz-Simmern-Zweibrücken)
mit Simmern, der Grafschaft Zweibrücken (Bergzabern, Bischweiler, Guttenberg,
Hagenbach, Selz), Veldenz und Teilen der Grafschaft Sponheim. 1453/1459
spaltete sich von Pfalz-Simmern P. mit Zweibrücken und Veldenz ab. Seit 1477
war die Residenz in Zweibrücken. 1543 wurde Pfalz-Veldenz durch Abtretung
verselbständigt, 1556 kam in Zusammenhang mit dem Aussterben der älteren, in
der Pfalz (Kurpfalz) herrschenden Linie Pfalz-Neuburg dagegen Pfalz-Neuburg
hinzu. 1569 teilte sich P. in P., Pfalz-Neuburg (jüngere Linie) und
Pfalz-Birkenfeld (Grafschaft Sponheim). 1611 wurde P. in drei Linien geteilt
(Zweibrücken, Moschellandsburg [Moschellandsberg], Kleeburg). 1681/1697 fiel
das zum oberrheinischen Reichskreis zählende P. an die seit 1654 in Schweden regierende
Linie Kleeburg (Karl X., Karl XI., Karl XII.). Von 1714 bis 1718 wurde P. von
Karl XII. von Schweden Stanislaus Leszczynski, dem vertriebenen König von
Polen, überlassen.1734 fiel P. als Erbe an Pfalz-Birkenfeld. Seitdem nannte
sich diese Linie Pfalz-Zweibrücken-Birkenfeld. 1793/1801 kam P. mit 36
Quadratmeilen und rund 60000 Einwohnern unter die Herrschaft Frankreichs. 1799
erbte Pfalz-Birkenfeld die Pfalz mit Bayern. 1816 gelangte das Gebiet
Pfalz-Birkenfelds an Bayern, 1919 und 1945/1946 teilweise (ohne Stadt
Zweibrücken) zum Saargebiet und im Übrigen 1946 zu Rheinland-Pfalz.
L.: Wolff 247; Zeumer 553 II b 7; Wallner 695 OberrheinRK 3; Großer
Historischer Weltatlas III 38 (1789) B3; Die Territorien des Reichs 6, 170;
Lehmann, J., Vollständige Geschichte des Herzogtums
Zweibrücken, 1867; Fabricius, W., Das pfälzische Oberamt Simmern, Mitt. d.
hist. Ver. Pfalz 28 (1909); Fabricius, W., Das Oberamt Meisenheim in seiner
Entwicklung unter den Grafen von Veldenz und den Pfalzgrafen von Zweibrücken,
Mitt. d. hist. Ver. Pfalz 36 (1916); Baumann, K., Das Herzogtum
Pfalz-Zweibrücken. Umrisse einer Landesgeschichte, Saarheimat 1960, 10/11;
Lillig, K., Rechtssetzung im Herzogtum
Pfalz-Zweibrücken während des 18. Jahrhunderts, 1985; Rose, M., Das
Gerichtswesen, 1994; Repertorium der Policeyordnungen der frühen Neuzeit, hg.
v. Härter, K./Stolleis, M., Bd. 3 1999; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 868
(Pfalz-[Simmern]-Zweibrücken).
Piacenza (Stadtkommune). P. nahe dem mittleren Po
wurde 218 v. Chr. am nördlichen Endpunkt der römischen Via Aemilia als Colonia
Placentina, Placentia, gegründet. Seit dem 4. Jahrhundert war es Sitz eines
Bischofs. Im 6. Jahrhundert fiel es an die Langobarden, 724 an die Franken.
996/997 verlieh Kaiser Otto III. den Ort dem Bischof. Am Ende des 11.
Jahrhunderts wurde P. Stadtkommune (Konsuln 1126). Im 12. und 13. Jahrhundert
gehörte P. dem lombardischen Städtebund an. 1313/1336 kam es an die Visconti
von Mailand, erlangte aber mehrfach zeitweise republikanische Selbständigkeit.
1512 fiel es an den Kirchenstaat, unter dem es 1545 dem Herzogtum Parma und Piacenza zugeteilt wurde. 1860 kam es an
Sardinien, 1861 an Italien. S. Parma und Piacenza.
L.: Cerri, L., Piacenza ne’suoi monumenti, 1908; Ottolenghi, E., Storia di
Piacenza dalle origini sono all’anno 1918, 1947; Panorami di Piacenza, hg. v.
Nasalli Rocca, E., 1955; Storia di Piacenza, Bd. 1f. 1984ff.; Il registrum
Magnum, hg. v. Falconi, E. u. a., Bd. 1ff. 1984ff.; Racine, P., Piacenza, LexMA
6 1993, 2123; Zumhagen, O., Religiöse Konflikte und kommunale Entwicklung,
2001; Storia della diocesi di Piacenza, hg. v. Ceriotti, L. u. a., 2004.
Piccolomini (Fürsten). Die P. sind ein Adelsgeschlecht, das mit Enea Silvio P. (1452 Sekretär Kaiser Friedrichs III., 1458 Papst Pius II.) im Mannesstamm erlosch. Danach ging der Name aber auf die Nachkommen der Schwester Laudemia (Piccolomini-Todeschini, bis 1783) und der Nichte Caterina (Piccolomini-Pierri, bis 1757) Enea Silvio Piccolominis über. Ottavio Piccolomini-Pierri (P. d’Arragona), seit 1648 kaiserlicher Feldmarschall, wurde 1639 Herzog von Amalfi und 1654 Reichsfürst († 1656).
Piemont (Fürstentum). Das Gebiet der westlichen
Poebene und der Westalpen kam unter Kaiser Augustus zum römischen Reich
(Transpadana, Liguria). Nach der Herrschaft der Ostgoten, Byzantiner,
Langobarden und Franken (ab 773/774) fiel es, im 10. Jahrhundert in die Marken
von Ivrea, Turin und Ligurien gegliedert, um 1046 durch Heirat mit der
Erbtochter der Markgrafschaft Turin an die Grafen (ab 1416 Herzöge) von
Savoyen, unter denen es ein Fürstentum bildete. Der Name P. (mlat. Pedemontium,
Bergfuß) ist für einen Teil (Gebiet zwischen Alpen, Po und Sangone) des
heutigen P. (Savoyen-Achaia, Montferrat, Saluzzo, Canavese, Alba, Asti, Acqui,
Mortara, Novara, Vercelli) seit 1240 belegt. Zur Herrschaft der Grafen von
Savoyen, neben denen vor allem die Markgrafen von Saluzzo, die Markgrafen von
Montferrat und Mailand (Visconti) begütert waren, gehörten die Alpenpässe, das
Waadtland (Moudon 1207, Nyon 1293), Cuneo (1382), die Grafschaft Nizza (1388),
die Grafschaft Genf (1401) und seit 1418 das übrige P. sowie bald darauf
Vercelli. 1526 ging Genf, 1536 das Waadtland verloren. Außerdem wurde das Herzogtum bis 1559 von Frankreich besetzt. 1587 konnte
die Markgrafschaft Saluzzo, 1630/1631 ein Teil des Herzogtums
Montferrat gewonnen werden. 1713/1714 erlangte Savoyen Sizilien, das es
1717/1719/1720 gegen Sardinien an Österreich geben musste. Seitdem hieß P.
Königreich Sardinien. Von 1797/1801 bis 1814 gehörte P. zu Frankreich. 1815
wurde das Königreich Sardinien mit P. wiederhergestellt. In der Folge wurde es
zum Kristallisationskern des 1861 entstandenen neuen Königreiches Italien.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 78/79 a (1450) F4/5, III 12 (16./17. Jh.)
B2/3; Gribaudi, D., Piemonte e Val d’Aosta, 1960; Storia del Piemonte, hg. v.
Gribaudi, D. u. a., Bd. 1ff. 1960; Zürcher, R., Piemont und das Aosta-Tal,
1976; Beltrutti, G., Storia del Piemonte, 1976; Tabacco, G., Piemonte
medievale, 1985 (Aufsatzsammlung); Nada Patrone, A., Il medioevo in Piemonte,
1986; Il Piemonte e la sua storia, hg. v. Bordone, R. u. a., 1991 (Katalog);
Provero, L., Dai marchesi del Vasto ai primi marchesi di Saluzzo, 1992; Sergi,
G., Piemont, LexMA 6 1993, 2134.
Pinneberg (Herrschaft, Grafschaft). Das erstmals
1351 genannte P. an der Pinnau zwischen Hamburg und Itzehoe war Sitz der
Herrschaft P. 1304 kam sie bei der Landesteilung der Grafen von Holstein an die
Linie Schauenburg (Schaumburg), die auch die Stammgrafschaft (Schaumburg) an
der Weser innehatte. Die Linie Schauenburg (Schaumburg) behauptete die
Herrschaft über das Aussterben der Grafen in Holstein (1459) hinaus und
verlegte die Residenz 1568 von Wedel nach P. Bei ihrem Aussterben 1640 kam P.
an die Landesherren von Holstein, König Christian IV. von Dänemark und Herzog Friedrich III. von Gottorp (Gottorf). 1649
verkaufte der Herzog von Gottorp (Gottorf) das
zu P. zählende Amt Barmstedt an den königlichen Statthalter Christian Rantzau.
1650 wurde das Amt zur Reichsgrafschaft Rantzau erhoben. 1726 zog Dänemark die
Reichsgrafschaft ein und vereinigte deren Gebiet wieder mit dem Herzogtum Holstein. Über Preußen (1866) kam P. 1946 an
Schleswig-Holstein.
L.: Wolff 446; Ehlers, W., Geschichte und Volkskunde des Kreises Pinneberg,
1922; Ehlers, W., Die Geschichte der Stadt Pinneberg, 1925; Petersen, L., Über
die Verfassung und Verwaltung der Grafschaft Pinneberg, ZSHG 72 (1944), 201ff.,
73 (1949), 141ff.; Risch, H., Die Grafschaft Holstein-Pinneberg, 1986.
Pless, Pleß (Herrschaft, Fürstentum). 1517
wurde die Herrschaft P. in Schlesien aus dem Herzogtum
Teschen ausgegliedert und von Bischof Johann Thurzo von Breslau käuflich
erworben. 1542/1548 kam sie an die Freiherren von Promnitz, 1742 unter die
Landeshoheit Preußens, 1765 mit einem Gebiet von 18 Quadratmeilen an eine
Nebenlinie der Fürsten von Anhalt-Köthen und 1846 durch Verkauf an die Grafen
von Hochberg zu Fürstenstein, die 1850 preußische Fürsten von P. wurden.
1918/1922 fiel der größte Teil der Herrschaft an Polen.
L.: Wolff 481; Zivier, E., Geschichte des Fürstentums Pleß, 1906; Musiol, L.,
Pszczyna, 1936; Musiol, L., Bilder aus der Geschichte, 1941; Vier
oberschlesische Urbare des 16. Jahrhunderts, hg. v. Kuhn, W., 1973; Skibicki,
K., Industrie im oberschlesischen Fürstentum Pless, 2002.
Plön (Herrschaft, Grafschaft, Herzogtum, Residenz des Grafen von
Holstein-Schauenburg bzw. Holstein-Plön). An der Stelle einer 1139 durch
Heinrich von Badwide zerstörten wendischen Burg erbaute Graf Adolf II. von
Schauenburg (Schaumburg) seit 1156/1158 die Burg P. (Plune „eisfreies Wasser“)
am Plöner See südöstlich Kiels. Von 1290 bis 1390 war P. Sitz einer Nebenlinie
der Grafen von Schauenburg (Schaumburg). 1460 kam P. beim Aussterben der
Schauenburger (Schaumburger) an Dänemark und 1564 von König Friedrich II. von
Dänemark an Johann den Jüngeren. 1623 wurde es bei der Teilung
Holstein-Sonderburgs (Schleswig-Holstein-Sonderburgs) Sitz der Linie
Holstein-Sonderburg-Plön (Schleswig-Holstein-Plön) und gelangte bei deren
Aussterben 1761 an Dänemark zurück. 1864/1866 fiel Holstein an Preußen, 1946 an
Schleswig-Holstein. S. Holstein-Sonderburg-Plön.
L.: Wolff 445; Hanssen, P., Kurzgefasste zuverlässige Nachricht von den
Holstein-Plönischen Landen, 1759; Kinder, J., Urkundenbuch zur Chronik der
Stadt Plön, 1890; Klüver, W., Plön. Grundzüge und Hauptdaten einer
Stadtgeschichte, 2. A. 1964; Neumann, J., Das Herzogtum
Plön unter Herzog Johann Adolf 1671-1704, (in)
ZSHG 93 (1968), 49ff., 94 (1969), 121ff.; Schulze, T., Die Herzogszeit in Plön 1564-1761, 1983; Freytag, H., Die
Lage der slawischen und frühen deutschen Burg Plön, ZSHG 110 (1985), 27ff.;
Plön: 1000 Jahre Plön, 750 Jahre lübisches Stadtrecht, hg. v. d. Stadt Plön,
1986; Stender, F., Geschichte der Stadt Plön, 1986; Willert, H., Anfänge und
frühe Entwicklung der Städte Kiel, Oldesloe und Plön, 1990; Gabriel, I., Plön,
LexMA 7 1994, 23; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W., 2003, 1, 2, 456; Die Fürsten des Landes. Herzöge und Grafen von
Schleswig, Holstein und Lauenburg, hg. v. Rasmussen, C. u. a., 2008.
Polen (Königreich, Republik). Um 960 erscheint
im von den namengebenden Polanen (zu pole, Feld, Acker) besiedelten Gebiet
zwischen Karpaten und Ostsee an der mittleren Weichsel und Warthe Herzog Miezsko aus dem Hause der Piasten, der 966
Christ wurde. Sein Sohn (König) Boleslaw I. Chrobry (992-1025) dehnte das Reich
erheblich aus (Mähren, Lausitz, Gebiet am oberen Bug und San). Im Jahre 1000
erhielt es mit Gnesen ein eigenes Erzbistum mit den Suffraganbistümern Breslau,
Kolberg, Krakau und Posen. Nach Gebietsverlusten von 1032/1034 bildeten die Landschaften
Großpolen (ab 1239 dux Poloniae maioris), Masowien, Schlesien, Kleinpolen und
Pommern den verbliebenen Herrschaftsbereich. 1163 wurde Schlesien von P.
abgetrennt, 1181 Pommern dem Deutschen Reich eingegliedert. 1225/1226 kam auf
Bitten des Teilfürsten Herzog Konrads von
Masowien der Deutsche Orden ins Land und gewann das Culmer Land (Kulmer Land,
Kulmerland). 1249 fiel Lebus an Brandenburg. 1295 und 1320 ließ sich der Herzog zum König krönen (Großpolen, Kleinpolen und
einige mittelpolnische Gebiete). König Kasimir III. (1333-1370) verzichtete
zugunsten des Deutschen Ordens auf Pommerellen (Pomerellen) sowie auf Schlesien
(1348), schuf ein allgemeines polnisches Landrecht und gründete 1364 die
Universität Krakau. Nach seinem Tod gelangten zunächst sein Neffe und dann 1386
infolge Heirat der Erbtochter (Hedwig) das litauische Haus der Jagiellonen, das
außer Litauen auch Weißrussland und die Ukraine beherrschte, auf den Thron. 1466
musste der Deutsche Orden die Oberlehnshoheit Polens über Ostpreußen anerkennen
und verlor Pomerellen, das Culmer Land (Kulmer Land, Kulmerland) und Ermland.
1561 kam Livland an P. Kurland wurde ein Lehen Polens. 1572 starben die
Jagiellonen aus. 1629 verlor P. Livland an Schweden, 1657/1670 die Lehnshoheit
über Ostpreußen an Brandenburg, 1654 die Ukraine an Russland. 1697 wurde der
dafür zum Katholizismus übertretende Kurfürst von Sachsen durch Wahl König von
Polen. 1763 endete die damit geschaffene Verbindung aber wieder. 1772, 1793 und
1795 wurde P., dessen Adel gegen den von Katharina II. von Russland
protegierten neuen König Stanislaus Poniatowski seit 1768 rebellierte, zwischen
Russland, Preußen und Österreich aufgeteilt. In der ersten Teilung (1772)
erhielt Österreich Ostgalizien und Lodomerien und behielt die 1769 besetzte
Zips (85000 Quadratkilometer mit mehr als 2000000 Einwohnern). Preußen erlangte
Westpreußen (ohne Danzig und Thorn) sowie Ermland und den Netzedistrikt (35000
Quadratkilometer mit etwa 350000 Einwohnern). Russland gewann das polnische
Livland und Teile von Weißrussland, Polozk, Minsk, Witebsk und Mstislaw (84000
Quadratkilometer mit 1300000 Einwohnern). Dadurch verringerte sich das Gebiet
und die Einwohnerzahl um 30%. In der zweiten Teilung (1793) erhielt Russland
die restlichen Teile Litauens, die Ukraine, die Hälfte von Wolhynien, Podolien,
Nowogrodek (Nowgrodek) und Brest-Litowsk (Brzesk) sowie die noch polnischen
Gebiete von Polozk und Minsk (228000 Quadratkilometer). Preußen erlangte
Danzig, Thorn, Posen, Kalisch, Gnesen, Lodz (Lodsch), Dobrin (Dobrzyn),
Tschenstochau (Czenstochau), einen Teil von Rawa und die Hälfte von
Brześć Kujawski (Brzesk) (58000 Quadratkilometer, 1130000 Einwohner,
„Südpreußen“). Dadurch wurde Polen auf 240000 Quadratkilometer mit 3400000
Einwohnern beschränkt. Bei der dritten Teilung (1795)kamen das restliche
polnische Litauen, der Großteil von Samogitien, das übrige Schwarzrussland,
Podlesien und Wolhynien, ein Stück von Cholm, Kurland und Semgallen an Rußland
(146000 Quadratkilometer), Sandomir, Lublin, Radom, Teile von Brest-Litowsk
(Brzesk), Podlachien und Masowien an Österreich (51000 Quadratkilometer mit
1000000 Einwohnern) sowie Teile Masowiens mit Warschau, das Gebiet zwischen
Weichsel, Bug und Memel (Njemen) (Neuostpreußen) sowie ein Teil Krakaus
(Neuschlesien) an Preußen (43000 Quadratkilometer mit 1000000 Einwohnern). 1807
wurde durch Napoleon aus preußischen Gebieten das Herzogtum
Warschau geschaffen, das 1815 in veränderter Gestalt als Kongresspolen mit
Russland in Personalunion vereinigt wurde. Am 11. 11. 1918 wurde die Republik
P. gegründet, die 1919 den größten Teil Westpreußens erhielt. 1939 wurde Polen
zwischen dem Deutschen Reich und der Sowjetunion aufgeteilt, 1945/1990 aber,
unter zugunsten der Sowjetunion erfolgender Verlagerung nach Westen bis zur
Oder-Neiße-Grenze, wiederhergestellt. S. Brandenburg, Breslau, Cammin, Danzig,
Deutscher Orden, Ermland, Galizien, Gnesen, Kulm, Kurland, Lausitz, Lebus,
Memelgebiet, Pommerellen (Pomerellen), Pommern, Posen, Preußen, Schlesien,
Teschen.
L.: Beer, A., Die erste Teilung Polens, 1873; Lord, H., The Second Partition of
Poland, 1916; Rhode, G., Geschichte Polens, 3. A. 1980; Hoensch, J., Geschichte
Polens, 1983; Boockmann, H., Deutsche Geschichte im Osten Europas. Ostpreußen
und Westpreußen, 1992; Jasinski, K., Rodowód pierwszych Piastów, 1992; Labuda,
G., Mieszko II król polski 1025-34, 1992; Atlas historyczny miast Polskich, hg.
v. Czacharowski, A., 1993; Gieysztor, A., Polen, LexMA 7 1994, 52; Zernack, K.,
Polen und Russland, 1994; Urban, T., Deutsche in Polen, 4. A. 2000; Bömelburg,
H., Zwischen polnischer Ständegesellschaft und preußischem Obrigkeitsstaat,
1995; Normdurchsetzung in osteuropäischen Nachkriegsgesellschaften, Bd. 3 1997;
Kempen, B., Die deutsch-polnische Grenze, 1997; Urban, T., Von Krakau bis
Danzig, 2000; Davies, N., Im Herzen Europas, 2000; Deutsch-polnische
Beziehungen in Geschichte und Gegenwart, hg. v. Lawaty, A. u. a., Bd. 1f. 2000;
Borodhiej, W., Der Warschauer Aufstand 1944, 2001; Alexander, M., Kleine
Geschichte Polens, 2003; Urban, T., Polen, 2. A. 2003; Wyszkowski, M., (Die
politische Verfassung Großpolens in den Jahren 1138-1296), 2009; Michel, A.,
Polens Staatlichkeit in sieben Jahrhunderten, 2014.
Pomerellen (Herzogtum) s. Pommerellen
Pomesanien (Hochstift). Das ursprünglich slawisch,
zwischen dem 6. und 8. Jahrhundert pruzzisch besiedelte Gebiet zwischen Nogat,
Sorge, Drewenz, Weichsel und dem Drausensee wurde zwischen 1233 und 1236 vom
Deutschen Orden erobert. 1243 wurde infolge einer Verfügung Papst Innozenz’ IV.
P. als eines der vier Bistümer des Deutschen Ordens begründet. Das bischöfliche
Herrschaftsgebiet umfasste seit 1255 etwa ein Drittel der Diözese (zwei Drittel
fielen an den Deutschen Orden), zu der die alten pruzzischen Gaue P. und
Pogesanien sowie das Marienburger Werder zählten. Bei der Aufteilung des Landes
1250 wählte der Bischof das Gebiet um Marienwerder. 1255 wurde P. dem Erzbistum
Riga unterstellt. 1410 huldigte der Bischof dem König von Polen. 1466 fiel
Marienburg an Polen, doch blieb das weltliche Herrschaftsgebiet im
Ordensbereich. Der letzte katholische Bischof huldigte Albrecht von Brandenburg
als Herzog, trat zum Luthertum über und
verzichtete 1527 auf die weltliche Herrschaft. Aus dem Hochstiftsgebiet wurden
in Preußen die Ämter Marienwerder und Riesenburg und das Erbhauptamt Schönberg
(Schöneberg) gebildet. Nach 1587 wurde als Ersatz für den Bischof ein
Konsistorium zu Saalfeld (Salfeld) eingesetzt, das 1751 zugunsten des
Konsistoriums zu Königsberg aufgehoben wurde. Die kirchliche Aufsicht und
später auch den Titel des Bischofs von P. nahm bis 1821 der katholische Bischof
von Culm wahr. S. Polen.
L.: Cramer, H., Geschichte des vormaligen Bistums Pomesanien, 1884; Boockmann,
H., Pomesanien, LexMA 7 1994, 82; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen
Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 596.
Pommerellen, Pomerellen (Herzogtum).
Das Gebiet an der unteren Weichsel bzw. zwischen Weichsel und Leba wurde nach
dem Abzug der Germanen von den westslawischen Pomoranen besiedelt. Seit Beginn
der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts oder seit Anfang des 11. Jahrhunderts
stand es meist unter der Herrschaft Polens und trennte sich vom westlich
gelegenen Pommern. Am Ende des 12. Jahrhunderts (um 1180) entstand unter Sambor
I. ein eigenes Herzogtum (völlig selbständig seit
1227) mit dem Hauptort Danzig. 1271 wurde das Gebiet mit Schlawe vereinigt.
Nach dem Aussterben des Herzogsgeschlechts der
Samboriden 1294 kam es zwischen Polen, Brandenburg, Pommern, Böhmen (als
Bewerber um die Krone Polens) und dem von Polen ins Land gerufenen Deutschen
Orden zu Kämpfen um das Land. 1309/1343 (Vertrag von Soldin, Vertrag von
Kalisch) setzte sich der Deutsche Orden weitgehend durch (Stolp und Schlawe
blieben von 1309 bis 1317 bei Brandenburg), verlor aber 1466 das seit dem 15.
Jahrhundert als P. (Pomeronia parva), Kleinpommern, bezeichnete Gebiet an
Polen, das P. mit Marienburg, dem Culmer Land (Kulmer Land, Kulmerland,
Culmerland) und Ermland bis 1569 eine Sonderstellung beließ (sog. Preußen
königlichen Anteils, Königspreußen im Gegensatz zum herzoglichen Preußen im
Ostteil). 1772 kam P. an Preußen (Danzig 1793) und bildete 1815 den Hauptteil
der Provinz Westpreußen. 1919 fiel es an Polen. Danzig wurde freie Stadt. Von
1939 bis 1945 gehörte es zum Reichsgau Danzig-Westpreußen. Seit 1945 stand es
unter Verwaltung Polens, an das es 1990 als politische Folge der deutschen
Einheit gelangte.
L.: Forstreuter, K., Deutschordensland Preußen, (in) Geschichte der deutschen
Länder, Bd. 1; Pommerellisches Urkundenbuch, hg. v. Perlbach, M., Teil 1f. (bis
1315) 1881ff., Neudruck 1969; Kauder, V., Das Deutschtum in Posen und
Pommerellen, 1937; Keyser, E., Geschichte des deutschen Weichsellandes, 2. A.
1940; Schumacher, B., Geschichte Ost- und Westpreußens, 7. A. 1987; Historia
Pomorza (Geschichte Pommerns), Bd. 1 (bis 1466) 1969; Slaski, K., Beiträge zur
Geschichte Pommerns und Pommerellens, 1987; Grzegorz, M., Die territorialen
Erwerbungen des Deutschen Ordens in Pommerellen, Zs.f. Ostforschung 38 (1989);
Grzegorz, M., Pommerellen als Gebiet von Siedlungstätigkeit, (in) Beiträge zur
Geschichte des Deutschen Ordens, 2 1993, 87; Strzelczyk, J., Pommerellen, LexMA
7 1994, 82.
Pommern (Herzogtum,
Provinz). Das beiderseits der Odermündung liegende P. (seit etwa 1000 Pomorje,
Land am Meer, 1046) wurde nach Abzug der Germanen im 6./7. Jahrhundert von
Slawen (Liutizen im Westen, Pomoranen im Osten) besiedelt. Während im Osten
(Pommerellen) am Ende des 12. Jahrhunderts (um 1180) das Geschlecht der Samboriden
zur Herrschaft kam, gelang im Westen dem westslawischen, vermutlich aus den
Teilfürsten um Belgard-Kolberg hervorgegangenen, seit 1214 einen Greifen im
Wappen führenden und seit dem 15. Jahrhundert sich auch danach benennenden
Fürstenhaus der Greifen der Aufbau eines bis Demmin, Wolgast und die Uckermark
reichenden Herrschaftsgebiets mit Stettin als Mittelpunkt. Sein erster sicher
bekannter Herrscher (Wartislaw I.) leitete nach einer Zeit polnischer
Oberherrschaft (1121-1138) zusammen mit Bischof Otto von Bamberg die
Christianisierung ein (1140 Gründung des Bistums Wollin Cammin (Kammin]
[1176]). Daraufhin erfolgte der Zuzug zahlreicher deutscher Siedler. Seit etwa
1175 führten die Herrscher in Urkunden den Titel Herzog.
1181 erkannte Kaiser Friedrich I. Barbarossa Herzog
Bogislaw I. als Herzog der Slawen und als
Reichsfürsten an, womit die seit etwa 1000 von Polen immer wieder erneuerte
Oberherrschaft über P. beendet wurde. Um 1195 wurde P. geteilt, aber 1264
wieder vereinigt. Von 1185 bis 1227 hatte Dänemark die Oberherrschaft (über
Vorpommern). Beim Aussterben einer um Schlawe und Stolp herrschenden Nebenlinie
1228 gelangte deren Gebiet an die Askanier. 1231 sprach Kaiser Friedrich II.
Brandenburg die Lehnshoheit über das übrige P. zu. 1236 kam das Land Stargard,
1250 die Uckermark an Brandenburg. 1295 erfolgte (bis 1478) eine Teilung in die
Herzogtümer Pommern-Stettin (Stettin,
Odergebiet) und Pommern-Wolgast (Wolgast, Küstengebiet) entsprechend dem
Geltungsbereich des lübischen und magdeburgischen Stadtrechts. 1317 fielen die
Länder Schlawe und Stolp an P. (Pommern-Wolgast), 1325 das Fürstentum Rügen.
1338 wurde Pommern-Stettin aus der Lehnshoheit Brandenburgs entlassen und zum
Reichslehen gemacht. 1348 erkannte Kaiser Karl IV. die umstrittene Reichsunmittelbarkeit
Pommerns, dem er das Reichsjägeramt übertrug, ausdrücklich an. Die Wolgaster
Linie teilte 1368/1372 ihr Erbe (Pommern-Wolgast, Pommern-Stolp). Um 1400
bestanden vorübergehend fünf Teilherrschaften (u. a. Pommern-Barth,
Pommern-Stolp, Pommern-Stargard [bis 1439]), doch blieb das Bewusstsein der
Einheit vor allem unter den 1459/1463 einflussreich werdenden Ständen bestehen.
1456 wurde die Universität Greifswald gegründet. 1466 kaufte Pommern-Stolp die
Länder Lauenburg und Bütow vom Deutschen Orden frei und behielt sie später als
Pfand. Seit 1478 war, nachdem bereits zuvor die Linie Pommern-Barth die Linien
Pommern-Stettin (1464, gegen Ansprüche Brandenburgs) und Pommern-Stargard
(1459) beerbt hatte, P. in der Nebenlinie Pommern-Rügen wieder vereinigt. Herzog Bogislaw X. (1474-1523) festigte das Herzogtum durch eine geordnete Verwaltung, musste aber
1479 Brandenburg huldigen und gegen Befreiung von dieser Pflicht 1493
Brandenburg Erbrecht auf P. zugestehen. Gegen den Einspruch Brandenburgs erhielt
Bogislaw X. 1521 den kaiserlichen Lehnsbrief als Grundlage der Durchsetzung der
Reichsunmittelbarkeit gegenüber Brandenburg (1529). 1523/1532 und 1569 wurde
das dem obersächsischen Reichskreis zugehörige P. wieder geteilt
(Pommern-Stettin [bis 1600], Pommern-Wolgast [bis 1625], Pommern-Rügenwalde
[bis 1603] und Pommern-Barth). Gleichzeitig fand die Reformation Eingang. 1625
kam Pommern-Wolgast wieder an Pommern-Stettin. Wenig später wurde das Land von
Schweden besetzt. 1648 fielen der östlich der Oder gelegene Teil Pommerns
(Hinterpommern) und das bei der Verteilung der durch das Aussterben des Herzogshauses in männlicher Linie 1637 frei gewordenen
Länder seit 1556 säkularisierte Stift Cammin (Kammin) an Brandenburg, der
westlich der Oder gelegene, wertvollere Teil (Vorpommern mit Stettin und dem
früher zeitweise fast unabhängigen Stralsund, Usedom, Wollin und Rügen sowie
der Stadt Cammin [Kammin]) an Schweden, das für P. Sitz und Stimme im Reichstag
erhielt. 1657/1658 erlangte Brandenburg (Preußen) Lauenburg und Bütow sowie die
Starostei Draheim von Polen, 1679 die östlich der Oder gelegenen Teile Pommerns
und 1720 Vorpommern bis zur Peene von Schweden. 1815 erwarb es schließlich
(gegen Sachsen-Lauenburg) das restliche, 1813/1814 von Schweden an Dänemark
gelangte pommersche Gebiet (die Distrikte Stralsund, Rügen, Franzburg-Barth,
Grimmen, Tribsees, Loitz, Wolgast und Greifswald) und gliederte P. unter
Einbeziehung des preußischen Anteils von P. (Vorpommern, die Kreise Randow,
Anklam, Demmin und Altentreptow bzw. Treptow, Usedom und Wollin umfassend und
Hinterpommern mit den Kreisen Greifenhagen, Pyritz, Saatzig [Satzig], Daber,
Labes, Greifenberg, Belgard, Neustettin, Fürstentum Schlawe, Stolp [Stolpe] und
Rummelsburg und dem flemmingschen und ostenschen Kreis) in die drei
Regierungsbezirke Stettin, Köslin und Stralsund (1932 aufgehoben). 1945 wurde
Hinterpommern mit Stettin und Swinemünde unter Verwaltung Polens gestellt und
die deutsche Bevölkerung zwangsausgesiedelt. 1990 gelangte das Gebiet als
politische Folge der deutschen Einheit an Polen. Vorpommern kam 1945 zu
Mecklenburg, das von 1949 bis 1990 an die Deutsche Demokratische Republik fiel
und in ihr von 1952 bis 1990 aufgelöst war (str.). Seit 1990 ist Vorpommern ein
Teil des Bundeslands Mecklenburg-Vorpommern der Bundesrepublik Deutschland.
L.: Wolff 401ff.; Zeumer 552ff. II b 21, 22; Wallner 708 ObersächsRK 3, 4;
Großer Historischer Weltatlas II 34 (1138-1254) G3, II 66 (1378) G1/2; Sandow,
E., Pommern, (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Die Territorien des
Reichs 2, 182; Bauer 1, 473; Dähnert, J., Sammlung gemeiner und besonderer
pommerscher und rügischer Landesurkunden, Bd. 1ff. 1765ff.; Brüggemann, L.,
Beschreibung des preußischen Herzogtums Vor- und
Hinterpommern, 1779; Berghaus, H., Landbuch des Herzogtums
Preußen, Bd. 1-13 1865ff.; Pommersches Urkundenbuch, hg. v. Staatsarchiv
Stettin und d. hist. Komm. für Pommern, Bd. 1-9 1868ff., Neudruck 1958ff.;
Spahn, M., Verfassungs- und Wirtschaftsgeschichte des Herzogtums
Pommern 1478-1625, 1896; Curschmann, F., Die Landeseinteilung Pommerns im
Mittelalter und die Verwaltungseinteilung der Neuzeit, 1911; Wehrmann, M.,
Geschichte von Pommern, 2. A. 1919ff., Neudruck 1986; Drolshagen, C.,
Landesaufnahme und Hufenmatrikel von Vorpommern als ältester deutscher
Kataster, 1923; Menke, K., Das Amt Wolgast, 1931; Schulze, B., Die Reform der
Verwaltungsbezirke in Brandenburg und Pommern 1809-1818, 1931; Historischer
Atlas der Provinz Pommern, hg. v. d. Landeskundlichen Forschungsstelle der
Provinz Pommern (Curschmann, F.), 1935ff.; Curschmann, F., Die schwedischen
Matrikelkarten von Vorpommern und ihre wissenschaftliche Auswertung, 1935;
Heuer, K., Das Amt Ueckermünde, 1935; Linke, G., Die pommerschen
Landesteilungen des 16. Jahrhunderts, 1935; Wehrmann, M., Genealogie des
pommerschen Herzogshauses, 1937; Hofmeister, A.,
Genealogische Untersuchungen zur Geschichte des pommerschen Herzogshauses, 1938; Engel, F., Erläuterungen zur
historischen Siedlungsformenkarte Mecklenburg und Pommern, 1953; Sandow, E., Die
polnisch-pomerellische Grenze 1309-1454, 1954; Heyden, H., Kirchengeschichte
Pommerns, Bd. 1f. 2. A. 1957; Krallert, W., Atlas zur Geschichte der deutschen
Ostsiedlung, 1958; Historischer Atlas von Pommern, hg. v. d. hist. Komm. für
Pommern, 1959ff.; Atlas östliches Mitteleuropa, hg. v. Kraus, T./Meynen,
E./Mortensen, H./Schlenger, H., 1959; Engel, F., Pommern, 1959; Spruth, H.,
Landes- und familiengeschichtliche Bibliographie für Pommern, Teil 1ff.
1962ff.; Eggert, O., Geschichte Pommerns, 4. A. 1965; Eggert, W., Geschichte
Pommerns, 1974; Stüttgen, D., Pommern, (in) Grundriss der deutschen
Verwaltungsgeschichte 1815-1945, hg. v. Hubatsch, W., 1975-1976; Petersohn, J.,
Der südliche Ostseeraum im kirchlich-politischen Kräftespiel des Reichs, Polens
und Dänemarks vom 10. bis 13. Jahrhundert, 1979; Benl, R., Die Gestaltung der
Bodenrechtsverhältnisse in Pommern vom 12. bis zum 14. Jahrhundert, 1986;
Becker, O., Zur Geschichte des Fürstlich hohenzollernschen Besitzes in Pommern,
1986; Slaski, K., Beiträge zur Geschichte Pommerns und Pommerellens, 1987;
Ostdeutsche Geschichts- und Kulturlandschaften, T. 3 Pommern, hg. v. Rothe, H.,
1988; Fenske, H., Die Verwaltung Pommerns 1915 bis 1945, 1993; Schmidt, R.,
Pommern, LexMA 7 1994, 84; Pommern, hg. v. Lucht, D., 1995; Pommern, hg. v.
Wernicke H. u. a., 1996; Pommern, hg. v. Schmidt, R., 1996; Branig, H.,
Geschichte Pommerns, Bd. 1f. 1997; Pommern, hg. v. Buchholz, W.,1999; Tausend
Jahre pommersche Geschichte, hg. v. Schmidt, R., 1999; Völker, E., Die Pommern
und Ostbrandenburger, 1999; Schlinker, S., Fürstenamt und Rezeption, 1999, 196;
Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W.,
2003, 1, 871; Schmidt, R., Das historische Pommern, 2007 (Aufsätze); Pommern im
19. Jahrhundert, hg. v. Stamm-Kuhlmann, T., 2007; Die Herzöge von Pommern.
Zeugnisse der Herrschaft des Greifenhauses, hg. v. Buske, N. u. a., 2012.
Pommern-Barth (Herzogtum).
Das 1232 erstmals erwähnte Barth an der Ostsee gehörte seit 1325/1369 zu
Pommern. Das 1295 entstandene Herzogtum
Pommern-Wolgast wurde 1376, 1425, 1457 in die Herzogtümer
Pommern-Wolgast und P. geteilt, 1393, 1451 und 1478 aber wieder unter Barth
bzw. Wolgast vereinigt. P. zählte später zum obersächsischen Reichskreis.
L.: Wallner 708 ObersächsRK 4; Bülow, W., Chronik der Stadt Barth, 1922;
Festschrift zur 700-Jahrfeier der Stadt Barth, 1955.
Pommern-Wolgast (Herzogtum).
1295 entstand bei der Teilung Pommerns das Herzogtum
P. Herzog Bogislaws IV. († 1309) mit Gütern
nördlich der Peene und westlich und östlich der Odermündung. 1317 kam aus dem
Erbe der Herzöge von Pommerellen durch Brandenburg das Land Stolp und Schlawe
hinzu, das aber durch das Hochstift Cammin (Kammin) von Wolgast getrennt blieb.
1325 fiel das Fürstentum Rügen erbweise an. 1348 wurde P. als Reichsfürstentum
anerkannt. 1368/1372 wurde in Stargard östlich der Swine (Hinterpommern),
Stralsund sowie die übrigen westlichen Gebiete mit Rügen (Vorpommern) geteilt.
Nach weiteren Teilungen kam es 1478 zur Wiedervereinigung in Pommern. 1523/1569
wurde aber bis 1625 erneut geteilt. P. zählte zum obersächsischen Reichskreis.
S. a. Vorpommern, Pommern.
L.: Wallner 708 ObersächsRK 4; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378)
G-I1/2; Eggert, W., Geschichte Pommerns, 1974.
Pont-á-Mousson (Markgrafschaft) s. Bar (Herzogtum)
L.: Schlinker, S., Fürstenamt und Rezeption, 1999
Posen (Großherzogtum, Provinz). Im 10.
Jahrhundert war P. an der Warthe, wo in der Mitte des 10. Jahrhunderts eine
erste Burg errichtet wurde, Hauptsitz der Herzöge von Polen, die sich nach 963
für ihr Gebiet links der Warthe dem Reich als tributpflichtig unterstellt
hatten, und wahrscheinlich seit 968 Bischofssitz im Erzbistum Magdeburg, seit
1000 im Erzbistum Gnesen. 1253 entstand die Neustadt nach deutschem Recht.
1779/1793 ging P. an Preußen über. 1807 wurde aus den Erwerbungen Preußens in
der zweiten (1793) und dritten (1795) Teilung Polens (Westpreußen, Südpreußen,
Netzedistrikt) das Herzogtum Warschau gebildet,
das 1813 von Russland besetzt und 1813/1815 zwischen Russland und Preußen geteilt
wurde. Preußen erhielt den Netzedistrikt und den Westteil von Südpreußen bis
zur Prosna, doch gehörte dieses Gebiet nicht dem Deutschen Bund an. Das Culmer
Land (Kulmerland) und Thorn wurden mit Westpreußen vereinigt. Das Restgebiet
wurde mit 29000 Quadratkilometern und etwa 847000 Einwohnern (davon etwa ein
Drittel Deutsche) als Großherzogtum P. (seit 1830 nur P.) Provinz Preußens, die
vom 5. 12. 1848 bis Mai 1851 dem Deutschen Bund angehörte. 1867 wurde die
Provinz dem Norddeutschen Bund angeschlossen, 1871 dem Deutschen Reich. 1919
kam P. bis auf geringe westliche Randgebiete (2200 Quadratkilometer, Provinz
Grenzmark Posen-Westpreußen) ohne Volksabstimmung an Polen. Von 1939 bis 1945
war P. deutsch besetzt (Reichsgau Wartheland), fiel 1945/1990 aber wieder an
Polen.
L.: Meyer, C., Geschichte des Landes Posen, 1881; Warschauer, A., Geschichte
der Provinz Posen in polnischer Zeit, 1914; Schütze, H., Landeskunde der
Provinz Posen, 2. A. 1914; Rauschning, H., Die Entdeutschung Westpreußens und
Posens, 1930; Sappok, G., Die Anfänge des Bistums Posen und die Reiche seiner
Bischöfe, Diss. phil. Breslau 1937; Stüttgen, D., Posen, (in) Grundriss der
deutschen Verwaltungsgeschichte 1815-1945, hg. v. Hubatsch, W., 1975-1976;
Streiter, K., Die nationalen Beziehungen des Großherzogtums Posen (1815-1848),
1986; Rauschning, H., Die Abwanderung der deutschen Bevölkerung aus Westpreußen
und Posen, 1930, hg. v. Kessler, W., 1988; Piskorski, J., Posen, LexMA 7 1994,
124; Serrier, T., Provinz Posen, 2005.
Prag (Hochstift, Erzstift, Residenz). Die
zahlreiche vorgeschichtliche und frühgeschichtliche Fundstellen aufweisende
Siedlung P. (dürre Stelle) an der Moldau bestand im 9. Jahrhundert aus vierzig
Höfen zwischen den Burgen Hradschin und Wyschehrad. Wohl vor 890 wurde in einer
zunächst hölzernen Burg ein Sitz der Přemysliden (Przemysliden)
eingerichtet. 973 (972/973) wurde dort für das von Regensburg aus
christianisierte Böhmen ein Bistum gegründet (Bischof Dietmar). Die Bischöfe
waren ursprünglich Fürsten des Reiches, wurden aber 1198 Lehnsleute des sie
seit dem Investiturstreit ernennenden Herzogs
von Böhmen. König Karl IV. ließ 1344 P. unter Lösung von Mainz zum Erzbistum
erheben (Suffragane Olmütz und Leitomischl). 1346 wählte er die Stadt als
Mittelpunkt der böhmischen Länder zur Residenz und gründete 1348 dort die erste
deutsche Universität. Der Bischof bzw. Erzbischof zählte zu den Reichsfürsten.
Das Erstarken des Tschechentums führte dann zur Bewegung des Jan Hus mit dem
ersten Prager Fenstersturz vom 30. 6. 1419, der Säkularisierung der weltlichen
Güter des Erzstiftes und zum böhmischen Aufstand der Protestanten mit dem
zweiten Prager Fenstersturz (23. 5. 1618), der den Dreißigjährigen Krieg
einleitete. 1918 wurde die Stadt P. Hauptstadt der durch Lösung Böhmens und
Mährens von Österreich entstandenen Tschechoslowakei bzw. 1993 Tschechiens.
L.: Wolff 464; Schlüter, O., Prag, 5. A. 1943; Schreiber, R., Prag, 1952;
Handbuch der Geschichte der böhmischen Länder, hg. v. Bosl, K., 1966ff.;
Hilsch, P., Die Bischöfe von Prag in der frühen Stauferzeit, 1969; Rokyta, H.,
Die böhmischen Länder, 1970; Tausend Jahre Bistum Prag 973-1973, 1974; Die
Universität zu Prag, 1986; Hlavácek, I., Prag, LexMA 7 1994, 159; Metropolen im
Wandel, 1995, 185¸; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W., 2003, 1, 481, 1, 2, 461.
Přemysliden (Geschlecht) Przemysliden. Die sich
selbst auf einen Přemysl (Przemysl) zurückführende, zunächst in Levý
Hradec ansässige, gegen Ende des 9. Jahrhunderts nach Prag wechselnde, mit dem
um 890 (874?, 882-884?) getauften Prager Burgherren Boriwoi sichtbar werdende
böhmische Adelsfamilie gewann im beginnenden 10. Jahrhundert die Herrschaft in
Böhmen. 1040 erhielt Bretislaw I. Böhmen als Reichslehen und setzte 1055 eine
200 Jahre beachtete Senioratserbfolge (mit zeitweisen Nebenlinien in Olmütz,
Brünn, Znaim, Lundenburg und Jamnitz) durch. Wartislaw II. erlangte 1075 die
sächsische Ostmark und 1076 die Mark Meißen als Reichslehen sowie 1085/1086 für
sich den Königstitel. 1198 wurde die erbliche Königswürde und 1212 wurden
zusätzliche Privilegien gewonnen. Unter dem mit Margarete von Babenberg
verheirateten Ottokar II. erlitten die P., die auf dem Höhepunkt ihrer Macht
Böhmen, Mähren, Österreich, Steiermark, Kärnten und Krain beherrschten, gegen
Rudolf von Habsburg 1278 eine schwere Niederlage, erlangten aber 1300 über die
Erbtochter das Königreich Polen und 1301 über Kunigunde von Ungarn das
Königreich Ungarn. Mit der Ermordung Wenzels III./Ladislaus’ V. erloschen sie
1306. Über die Tochter Elisabeth kamen die Güter an Johann von Luxemburg. Eine
von Ottokar II. begründete bzw. von Herzog
Nikolaus von Troppau abstammende uneheliche Linie starb 1521 aus.
L.: Wegener, W., Die Premysliden, 1957; Handbuch der Geschichte der böhmischen
Länder, hg. v. Bosl, K., Bd. 1 1966; Stillfried, A., Die Premysliden und der
Ursprung des Hauses Stillfried, 2. A. 1973; Zemlicka, J., Premysl Otakar I.,
1990; Zemlicka, J., Premysliden, LexMA 7 1994, 186; Clemens, E.,
Luxemburg-Böhmen, Wittelsbach-Bayern, Habsburg-Österreich, 2001; Höfe und
Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W. u. a., 2003,
1, 1, 183.
Preußen (Herzogtum,
Königreich, Land). Im 10. Jahrhundert erscheinen erstmals die baltischen
Pruzzen (um 965 Brus) bzw. Prußen, die um 1200 zwischen Litauen, Culmer Land
(Kulmerland), Weichsel und Nogat die Gaue Pomesanien, Pogesanien, Warmien
(Ermland), Natangen, Samland, Barten, Nadrauen, Schalauen und Sudauen
bewohnten. Um 1225 wandte sich Herzog Konrad I.
von Masowien (Polen) an den Deutschen Orden um Hilfe gegen die Pruzzen bzw.
Prußen und übertrug ihm dafür das Culmer Land (Kulmerland). Kaiser Friedrich
II. gewährte 1226 dem Hochmeister Culm (Kulmerland) und alle noch zu erobernden
pruzzischen bzw. prußischen Gebiete. 1283 war die Eroberung des Landes
abgeschlossen, das den Namen der Pruzzen bzw. Prußen auch unter der Herrschaft
des Deutschen Ordens behielt. 1309 erweiterte der Deutsche Orden sein
Herrschaftsgebiet um Pommerellen. Bald wurde das gesamte Land als P.
bezeichnet, ohne dass es auf Dauer eine rechtliche Einheit darstellte. Nach der
Schlacht von Tannenberg (1410) gingen 1411 geringe Gebiete verloren. 1466
musste der Deutsche Orden Pommerellen, das Culmer Land (Kulmerland), das
Ermland, das Ländchen Michelau und die Gebiete von Marienburg, Elbing,
Christburg und Stuhm an Polen abtreten (Preußen königlichen Anteils,
Königspreußen). Für das verbliebene Gebiet wurde der Hochmeister polnischer
Fürst und leistete dem König von Polen einen persönlichen Eid. 1525 vereinbarte
der Hochmeister des Deutschen Ordens Albrecht von Brandenburg-Ansbach mit
seinem Onkel König Sigismund von Polen in einem von Kaiser Karl V. am 14. 11.
1530 wegen mangelnder Berücksichtigung der Rechte des Reiches für nichtig
erklärten Vertrag die Umwandlung des nach 1466 verbliebenen Deutschen
Ordenslandes in das erbliche, unter (loser) Lehnshoheit Polens stehende Herzogtum P. (Herzog in
Preußen, herzogliches, zur Reformation übertretendes P. mit Königsberg im
Gegensatz zum königlich-polnischen, katholisch bleibenden Westteil [Pommerellen
mit <Danzig,> Elbing und Thorn, späteres Westpreußen]), für das er 1544
die Universität Königsberg gründete. Weiter führte er die Reformation durch und
unterstellte die Bischöfe von Pomesanien und Samland seiner Herrschaft. Das Herzogtum wurde nach Heirat der Erbtochter (1594)
1618/1619 mit Brandenburg in Personalunion vereinigt und 1657/1660 vertraglich
von der Lehnshoheit Polens befreit. Damit war es voll souveränes Land der
Kurfürsten von Brandenburg, die 1694 den Kreis Schwiebus an Glogau abgaben. Am
18. 1. 1701 krönte sich Kurfürst Friedrich III. (I.) von Brandenburg
(1688-1713), der 1694 die Universität Halle gegründet hatte, mit Zustimmung des
Kaisers, den er im spanischen Erbfolgekrieg unterstützt hatte, in Königsberg
zum König in P., womit politisch die Rangerhöhung des Kurfürsten von Sachsen
durch die Krönung zum König von Polen und die Anwartschaft des Kurfürsten von
Hannover auf die Königskrone in England ausgeglichen werden sollten. Mit der
auf die anderen brandenburgischen Länder übertragenen Königswürde ging zugleich
der Name des Herzogtums P. auf den
brandenburg-preußischen Gesamtstaat über, von dem das Land P. nicht zum
Heiligen Römischen Reich gehörte. Rund 20000 seit dem Edikt von Potsdam (1685)
allmählich einströmende französische Hugenotten brachten zahlreiche bis dahin
unbekannte Kenntnisse und Fertigkeiten in das Land. 1702 erbte Friedrich III.
(I.) nach dem Aussterben der Prinzen von Oranien (König Wilhelm III. von
England) die Grafschaft Lingen und das Fürstentum Moers, 1707 das Fürstentum
Neuenburg (Neuchâtel) mit der Grafschaft Valangin. 1707/1729 kaufte er die
Grafschaft Tecklenburg sowie die Erbpropstei über Nordhausen und Quedlinburg.
Sein sparsamer und als Amtmann Gottes pflichtbewusster Sohn Friedrich Wilhelm
I. erhielt 1713 am Ende des spanischen Erbfolgekriegs als Ersatz für Oranien
einen Teil des Herzogtums Geldern (Obergeldern)
und erwarb 1720 gegen 2 Millionen Taler von Schweden Vorpommern bis zur Peene
mit Stettin, Usedom und Wollin. Im Inneren baute er als Soldatenkönig eine
straffe Finanzverwaltung und Heeresverwaltung (mit Generaloberfinanz-, -kriegs-
und -domänendirektorium) auf, wobei er Sparsamkeit, Pünktlichkeit,
Uneigennützigkeit, Gehorsam, Ordnung und Pflichtentreue zu den obersten Geboten
des preußischen Beamtentums erhob. Mit der relativ größten und absolut besten
Armee Europas und in krassem Gegensatz zu seinen eigenen
politisch-theoretischen Forderungen brach sein Sohn Friedrich der Große, der
sich erstmals König von P. nannte, nach dem Tod Kaiser Karls VI. 1740 unter
Berufung auf zweifelhafte Erbansprüche in das zu Österreich gehörende Schlesien
ein, das er in den drei schlesischen Kriegen (1740/1742, 1744/1745, 1756/1763)
größtenteils eroberte. 1744 fiel auf Grund einer Anwartschaft von 1694 erbweise
Ostfriesland an. 1772 erlangte Friedrich der Große bei der Teilung Polens
Westpreußen, das Ermland und den Netzedistrikt, so dass P. einschließlich des
jetzt als Ostpreußen bezeichneten, mit dem Stammland Brandenburg durch eine
Landverbindung angeschlossenen ursprünglichen Deutschordenslandes im Jahre 1786
195000 Quadratkilometer maß, in denen rund 5,5 Millionen Menschen lebten. Für
diesen Staat, als dessen erster Diener sich der König sah, verwirklichte er die
schon 1713 in Angriff genommene Rechtsvereinheitlichung auf der Grundlage
aufgeklärter, naturrechtlich beeinflusster Vorstellungen, die in der
Inkraftsetzung des Allgemeinen Landrechts von 1794 ihren Höhepunkt fand. 1791
erwarb P. durch Kauf die hohenzollerischen Markgrafschaften Ansbach
(Brandenburg-Ansbach) und Bayreuth (Brandenburg-Bayreuth bzw.
Brandenburg-Kulmbach). 1795 überließ es dem durch die Revolution von 1789
aufgerüttelten Frankreich seine gesamten linksrheinischen Gebiete, erlangte
aber in der zweiten und dritten Teilung Polens (1793, 1795) Danzig, Thorn und
Südpreußen (Posen, Warschau, Kalisch) sowie Neuostpreußen. Als Ausgleich für
die linksrheinischen Verluste an Frankreich (Kleve, Moers, Geldern, Zevenaar
[Sevenaer], Huissen, Malburgen [Malburg], 2391 Quadratkilometer bzw. 48
Quadratmeilen mit 127070 bzw. 137000 Einwohnern) erhielt es am 25. 2. 1803
durch § 3 des Reichsdeputationshauptschlusses die Hochstifte Hildesheim,
Paderborn und Münster (teilweise, Stadt Münster und Gebiete rechts einer Linie
von Olfen [Olphen], Seppenrade [Seperad], Kakesbeck [Kakelsbeck], Hiddingsel
[Heddingschel], Giesking [Ghisschinck], Nottuln [Notteln], Hülfshoff
[Huschhofen], Hohenholte [Nannhold], Nienberge [Nienburg], Uhlenbrock
[Uttenbrock], Gimbte [Grimmel], Schöneflieth [Schönfeld], Greven sowie von dort
an der Ems bis zum Einfluss der Hopstener Aa [Hoopsteraa]), aus dem Erzstift
Mainz das Eichsfeld, Erfurt und Treffurt, die Reichsabteien Herford, Essen,
Quedlinburg, Elten, Werden, Cappenberg sowie die Reichsstädte Mühlhausen,
Nordhausen und Goslar mit 9543 Quadratkilometern (235 Quadratmeilen) und mehr
als einer halben Million (600000) Einwohnern. 1805/1806 gelang gegen Abtretung
Ansbachs (an Bayern) und Kleves und mit der Annexion Hannovers kurzzeitig die
geographische Vereinigung der preußischen Länder. Nach dem Ende des Heiligen
Römischen Reiches kam es zur Auseinandersetzung mit Frankreich, die mit der
Niederlage von Jena und Auerstedt am 14. 10. 1806 endete. Danach verlor P. im
Frieden von Tilsit 1807 alle linkselbischen Länder sowie den größten Teil des
Gewinns aus den Teilungen Polens und damit mehr als die Hälfte seines Gebiets.
In dieser wegen der Kontributionen und der Kontinentalsperre auch
wirtschaftlich äußerst schwierigen Lage wurden unter Stein und Hardenberg
aufgeklärt-liberale innenpolitische Reformmaßnahmen durchgeführt
(Bauernbefreiung 1807/1811, Städteordnung 1808, Gründung der Universität Berlin
1810, Gewerbefreiheit 1810/1811, Judenemanzipation 1812). Die Niederlage
Frankreichs in Russland 1812 und die Siege bei Leipzig (1813) und Waterloo
(1815) bildeten dann die Grundlage dafür, dass P. auf dem Wiener Kongress 1815
trotz gewisser Verluste in Polen seine frühere Stellung zurückgewinnen (u. a. Herzogtum Magdeburg, Altmark, Fürstentum Halberstadt,
Wernigerode, Hohnstein, Mansfeld, Norhausen, Mühlhausen, Eichsfeld, Erfurt) und
sein Gebiet sogar auf 278000 Quadratkilometer mit 10,4 Millionen Einwohnern
vergrößern konnte (Saargebiet/Saardepartement [mit Verpflichtung zur
Entschädigung Hessen-Homburgs - erfolgt durch Meisenheim, 1866 zurückgefallen
-, Oldenburgs - erfolgt durch Birkenfeld, 1937 zurückgefallen -,
Sachsen-Coburg-Saalfelds - erfolgt durch Lichtenberg, zurückerworben am 31. 5.
1834/15. 8. 1834 -, Mecklenburg-Strelitzs - erfolgt durch Geldentschädigung -
und Pappenheims - unter Täuschung nie erfolgt -], Jülich-Kleve-Berg [von
Bayern, dafür Ansbach und Bayreuth an Bayern], Niederrhein [Rheinland],
Westfalen, Sachsen [Kurkreis mit Wittenberg, Torgau, Stiftsgebiete von
Merseburg und Naumburg bzw. Naumburg-Zeitz, thüringischer Kreis, Mansfeld,
Stolberg, Barby, Walternienburg, Gommern, Querfurt], Posen). Mit allen
Provinzen außer Posen, Ostpreußen und Westpreußen trat P. dann dem Deutschen
Bund bei. Hier verhielt sich P. zunächst konservativ. Statt der vom König 1810,
1815 und 1820 versprochenen Verfassung kam es 1823 nur zu der befohlenen
Errichtung von Provinzialständen und Provinziallandtagen, die vom
grundbesitzenden Adel beherrscht wurden. Innerhalb Preußens wurden 1824
personal und von 1829 bis 1878 real Ostpreußen und Westpreußen zur Provinz P.
vereinigt. Am 31. 5. 1834 wurde Lichtenberg bei Birkenfeld von Sachsen-Coburg
gekauft, 1849 kamen die Fürstentümer Hohenzollern (1850 Regierungsbezirk
Sigmaringen der Rheinprovinz) hinzu, doch wurde 1857 endgültig auf Neuenburg
und Valangin verzichtet. 1848 wurden nach schweren Straßenkämpfen zunächst
einige liberale Maßnahmen ergriffen (Aufhebung der Pressezensur, Berufung eines
liberalen Ministeriums), nach dem Sieg der Gegenbewegung aber die gewählte
Nationalversammlung aufgelöst und eine Verfassung erlassen (oktroyiert), nach
welcher der fortan verfassungsmäßig beschränkte König seine exekutiven Rechte
unter Mitwirkung verantwortlicher Minister ausübte und die gesetzgebende Gewalt
gemeinschaftlich mit dem Landtag hatte, wobei das Herrenhaus (1854) sich aus
erblichen oder vom König ernannten Mitgliedern zusammensetzte und die
Mitglieder des Abgeordnetenhauses nach dem Dreiklassenwahlrecht, das die
vermögenden Bevölkerungsgruppen bevorzugte, gewählt wurden. 1862 wurde Fürst
Otto von Bismarck zum Ministerpräsidenten berufen. Im Verfassungskonflikt über
die Finanzierung des Heeres regierte er gegen und ohne das Parlament. 1866 kam
es bei der Verwaltung des 1864 von Dänemark gewonnenen Landes
Schleswig-Holstein zur Konfrontation mit Österreich, die zur Exekution des
Deutschen Bundes gegen P. führte. Die militärische Niederlage des Deutschen
Bundes hatte dessen Auflösung zur Folge. P. annektierte Hannover,
Schleswig-Holstein, Nassau, Hessen-Kassel und Frankfurt und gewann damit
erstmals eine Verbindung zwischen seinen älteren östlichen und seinen seit 1614
im Nordwesten neu erlangten Gebieten. Mit den übrigen norddeutschen Ländern
bildete es 1867 den Norddeutschen Bund. Nach dem Sieg über Frankreich im
deutsch-französischen Krieg von 1870/1871 kam es am 18. 1. 1871 in Versailles
zur Proklamation des preußischen Königs als Kaiser des neugegründeten Deutschen
Reiches, in dem P. zwar nur einer von 25 Bundesstaaten war, aber etwa zwei
Drittel des Reichsgebiets (mit den Industriegebieten Ruhrgebiet, Oberschlesien,
Saargebiet) mit etwa drei Fünfteln der Einwohner des Reiches ausmachte und
damit eindeutig eine Vormachtstellung besaß. 1878 stieg die Zahl seiner
Provinzen durch die Aufteilung Preußens in Ostpreußen und Westpreußen auf
zwölf. Nach der Novemberrevolution 1918 dankte Kaiser Wilhelm II. am 9. 11.
1918 als deutscher Kaiser ab und floh nach Holland. P. blieb erhalten, musste
aber im Friedensvertrag Gebiete abtreten. Die Macht in P. übernahmen die
Sozialdemokratische Partei und die Unabhängige Sozialdemokratische Partei. Am
30. 11. 1920 erhielt P. eine Verfassung, durch die es
demokratisch-parlamentarischer Freistaat wurde. Am 1. 4. 1929 schloss sich
Waldeck an P. an. 1932 errang die Nationalsozialistische Deutsche
Arbeiterpartei den Wahlsieg. Die preußische Regierung wurde durch die
Notverordnung Franz von Papens vom 20. 7. 1932 ihres Amtes enthoben und durch
den Reichskanzler als Reichskommissar für P. ersetzt. 1933 wurde Hermann Göring
zum neuen preußischen Ministerpräsidenten ernannt. P. wurde als Staat durch das
Gesetz über den Neuaufbau des Reiches vom 30. 1. 1934 aufgelöst. Seit 1934
wurden nahezu alle preußischen Ministerien mit den entsprechenden
Reichsministerien zusammengelegt. Am 1. 4. 1937 kam es zu einem
Gebietsaustausch mit Hamburg und Oldenburg (Birkenfeld) und zur Eingliederung
Lübecks. 1939 umfasste P. 293938 Quadratkilometer mit 41,47 Millionen
Einwohnern. 1945 wurde P. auf die vier Besatzungszonen verteilt. Das Gesetz Nr.
46 des Alliierten Kontrollrats vom 25. 2. 1947 löste P. als Staat formell auf.
Seine Gebiete verteilen sich auf Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern,
Sachsen-Anhalt, Thüringen, Niedersachsen, Hessen, Nordrhein-Westfalen,
Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Polen und die Sowjetunion. S. Ostpreußen,
Südpreußen, Westpreußen, Polen, Pommerellen.
L.: Zeumer 554 II b 63, 3; Forstreuter, K., Deutschordensland Preußen, (in)
Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Bauer 1, 507; Die Territorien des
Reichs 2, 206; Corpus constitutionum Marchicarum ., hg. v. Mylius, C. O., Bd.
1ff. 1737ff.; Novum corpus constitutionum Prussico-Brandenburgensium ., hg. v.
d. preuß. Ak. d. Wiss. Bd. 1ff. 1753ff.; Vollständige Topographie des
Königreichs Preußen, hg. v. Goldbeck, J., 1785ff., Neudruck 1966ff.; Droysen,
J., Geschichte der preußischen Politik (bis 1756), Bd. 1ff. 2. A. 1868ff.;
Isaacsohn, S., Geschichte des preußischen Beamtentums von den Anfängen bis auf
die Gegenwart, Bd. 1ff. 1874ff.; Gesetz-Sammlung für die königlich Preußischen
Staaten; Ranke, L. v., Zwölf Bücher preußischer Geschichte (bis 1745), Bd. 1ff.
2. A. 1879; Schade, T., Atlas zur Geschichte des preußischen Staates, 2. A.
1881; Berner, E., Geschichte des preußischen Staates, 1891; Acta Borussica,
Denkmäler der preußischen Staatsverwaltung im 18. Jahrhundert, hg. v. d. preuß.
Ak. d. Wiss., Bd. 1ff. 1892ff.; Hupp, O., Die Wappen und Siegel der deutschen
Städte, Flecken und Dörfer, Bd. 1 Königreich Preußen, 1896, 3. unv. A. 1989;
Berner, E., Quellen und Untersuchungen zur Geschichte des Hauses Hohenzollern,
Bd. 1ff. 1901ff.; Bornhak, K., Preußische Staats- und Rechtsgeschichte, 1903;
Roedder, H., Zur Geschichte des Vermessungswesens Preußens, insbesondere
Altpreußens aus den ältesten Zeiten bis in das 19. Jahrhundert, 1908;
Preußisches Urkundenbuch, Bd. 1ff. 1909ff.; Atlas der Verwaltungsorganisation
des preußischen Staates und des Deutschen Reiches, 1911; Hintze, O., Die
Hohenzollern und ihr Werk, 3. A. 1916, Neudruck 1987; Schmoller, G., Preußische
Verfassungs-, Verwaltungs- und Finanzgeschichte, 1921; Schmidt, E.,
Rechtsentwicklung in Preußen, 2. A. 1929, Neudruck 1961; Braubach, M., Der
Aufstieg Brandenburg-Preußens 1640-1815, 1933; Wermke, E., Bibliographie der
Geschichte von Ost- und Westpreußen, 1933; Penck, A., Die Kartographie Preußens
unter Friedrich dem Großen, SB. Akad. Berlin 1933; Schulze, B., Der Urheber der
Schmettauischen Karte von Preußen, Mitt. d. Reichamts für Landesaufnahme
1933/1934; Hanke, M./Degener, H., Geschichte der amtlichen Kartographie
Brandenburg-Preußens bis zum Ausgang der friderizianischen Zeit, 1935; Atlas
der west- und ostpreußischen Landesgeschichte, hg. v. Keyser, E., 1937;
Schumacher, B., Geschichte Ost- und Westpreußens, 7. A. 1987; Müller,
G./Jurevicz, J./Warren, H., Ostlandatlas, 1942; Keyser, E., Preußenland, (in)
Staats- und Verwaltungsgrenzen in Ostmitteleuropa, 1955; Maschke, E., Preußen.
Das Werden eines deutschen Stammesnamens, Ostdt. Wiss. 1955; Schulze, B., F.
Graf v. Schmettau und seine Kartenwerke, Jb.f. Gesch. Mittel- und
Ostdeutschlands 5 (1956); Schroeder-Hohenwarth, J., Die preußische Landesaufnahme
1816-1875, 1958, Nachrichten aus dem Karten- und Vermessungswesen R. I. H. 5;
Peterson, J., Fürstenmacht und Ständetum in Preußen während der Regierung Herzog Georg Friedrichs 1578-1603, 1963; Atlas
östliches Mitteleuropa, hg. v. Meynen, E./Kraus, T./Mortensen, H./Schlenger,
H., 1963ff.; Schultze, J., Forschungen zur brandenburgischen und preußischen
Geschichte, 1964; Übersicht über die Bestände des Brandenburgischen
Landeshauptarchivs Potsdam, 1964, 1967; Schoeps, H., Preußen. Geschichte eines
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Historisch-geographischer Atlas des Preußenlandes, hg. v. Mortensen, H. u. a.,
Bd. 1ff. 1968ff.; Krauss, G., 150 Jahre Preußische Messtischblätter, Z.f.
Vermessungswesen 94 (1969); Ibbeken, R., Preußen 1807-1813, 1970; Schoeps, H.,
Preußen und Deutschland, Wandlungen seit 1763, 2. A. 1970; Knake, G., Preußen
und Schaumburg-Lippe 1866-1933, 1970; Wenskus, R., Das Deutschordensland
Preußen als Territorialstaat des 14. Jahrhunderts, Bd. 1 1970; Verdenhalven,
F., Namensänderungen ehemals preußischer Gemeinden von 1850-1942, 1971;
Bibliographie zur Geschichte von Ost- und Westpreußen 1939-70, bearb. v.
Wermke, E., 2. A. 1974; Koselleck, R., Preußen zwischen Reform und Revolution.
Allgemeines Landrecht, Verwaltung und soziale Bewegung 1791-1848, 2. A. 1975;
Vogler, G./Vetter, K., Preußen. Von den Anfängen bis zur Reichsgründung, 4. A.
1975, Neudruck 1987; Grundriss der deutschen Verwaltungsgeschichte 1815-1945,
hg. v. Hubatsch, W., 1975f.; Preußen. Versuch einer Bilanz. Ausstellungsführer,
hg. v. Korff, G., 1981; Heinrich, G., Geschichte Preußens, Staat und Dynastie,
1981; Mirow, J., Das alte Preußen im deutschen Geschichtsbild seit der
Reichsgründung, 1981; Hubatsch, W., Grundlinien preußischer Geschichte.
Königtum und Staatsgestaltung 1701-1871, 1983; Matzerath, H., Urbanisierung in
Preußen 1815-1914, 1985; Koch, H., Geschichte Preußens (A history of Prussia),
1986; Labrenz, H., Das Bild Preußens in der polnischen Geschichtsschreibung,
1986; Wenskus, R., Ausgewählte Aufsätze zum frühen und preußischen Mittelalter,
1986; Unruh, G. v., Die verfassungsrechtliche Stellung Preußens im
Norddeutschen Bund und im Deutschen Reich nach den Verfassungen von 1867/1871
und 1919, (in) Preußen, Europa und das Reich, 1987; Mehring, F., Zur Geschichte
Preußens, 1987; Preußen-Ploetz, hg. v. Schlenke, M., 1987; Zur Bildungs- und
Schulgeschichte Preußens, hg. v. Arnold, U., 1988; Das nachfriderizianische
Preußen 1786-1806, hg. v. Hattenhauer, H./Landwehr, G., 1988; Rankl, M.,
Bibliographie zur Literatur Ost- und Westpreußens mit Danzig 1945-1988, Bd. 1f.
1990; Westfalen und Preußen, hg. v. Teppe, K. u. a., 1991; Dollinger, H.,
Preußen. Eine Kulturgeschichte in Bildern und Dokumenten, 1991; Handbuch der
preußischen Geschichte, hg. v. Büsch, O., Bd. 1ff. 1992ff.; Die Anfänge der
ständischen Vertretungen in Preußen und seinen Nachbarländern, hg. v.
Boockmann, H., 1992; Boockmann, H., Deutsche Geschichte im Osten Europas.
Ostpreußen und Westpreußen, 1992; Boockmann, H., Preußen, LexMA 7 1994, 194;
Hannovers Übergang vom Königreich zur preußischen Provinz, hg. v. Sabelleck,
R., 1995; Salmonowicz, S., Preußen, 1995; Bömelburg, H., Zwischen polnischer
Ständegesellschaft und preußischem Obrigkeitsstaat, 1995; Handbuch der
Geschichte Ost- und Westpreußens, hg. v. Opgenoorth, E., Bd. 3 1998;
Repertorium der Policeyordnungen der frühen Neuzeit, hg. v. Härter,
K./Stolleis, M., Bd. 2 1998; Stribrny, W., Die Könige von Preußen als Fürsten
von Neuenburg-Neuchâtel (1707-1848), 1998; Schubert, W., Preußen im Vormärz,
1999; Preußens Herrscher, hg. v. Kroll, F., 2000; Preußen, hg. v. Schoeps, J.,
2000; Straub, E., Eine kleine Geschichte Preußens, 2001; Vondenhoff, C.,
Hegemonie und Gleichgewicht im Bundesstaat, 2001; Preußens Weg in die
politische Moderne, hg. v. Holtz, B. u. a., 2001; Neugebauer, W., Geschichte
Preußens, 2002; Päsler, R., Deutschsprachige Sachliteratur im Preußenland bis
1500, 2003; Walter, D., Preußische Heeresreformen, 2003; Kittstein, L., Politik
im Zeitalter der Revolution, 2003; Neugebauer, W., Geschichte Preußens 2004;
Dorna, M., Bracia zakonu krzyzackiego w Prusach w latach 1228-1309 (Die Brüder
des Deutschen Ordens in Preußen 1228-1309), 2004; Kulturgeschichte Preußens
königlich polnischen Anteils, hg. v. Beckmann, S. u. a., 2005; Haas, S., Die
Kultur der Verwaltung, 2005; Strauch, D., Birkenfeld, Lichtenberg, Meisenheim
etc. (in) Engagierte Verwaltung für die Wissenschaft, 2007, 487; Jarzebowski,
M., Die Residenzen der preußischen Bischöfe bis 1525, 2007; .Bödecker, E.,
Preußen, 2010; Zusammenschlüsse und Neubildungen deutscher Länder im 19. und
20. Jahrhundert, hg. v. Kretzschmar, R. u. a., 2013, 51ff., 75ff.
Priebus (Land). P. an der Neiße kam als
slawischer, auf altem Siedlungsland gelegener Ort um 1210 an Schlesien. Bis
1319 gehörte es zum Fürstentum Glogau. Danach nahm es unter Herzog Heinrich von Jauer (1320-1346), von Pack auf
Sorau (um 1350) und den Herren von Hakenborn auf Triebel eine Sonderstellung
ein. 1413 kam das Land P. an das Herzogtum Sagan
und damit über Böhmen, Sachsen, Österreich und Preußen (1742) 1945/1990 zu
Polen.
L.: Wolff 486; Heinrich, A., Geschichtliche Nachrichten über Priebus, 1898;
Lehmann, R., Die Herrschaften in der Niederlausitz, 1966.
Pyrmont (Herrschaft, Grafschaft). Kurz nach 1180
ließ der Erzbischof von Köln zur Sicherung des Herzogtums
Westfalen an der Emmer die Burg P. (Petri mons) errichten und gab sie den
Grafen von Schwalenberg zu Lehen. Von ihnen spalteten sich 1194 Grafen von P.
mit einer besonderen Herrschaft über rund zehn Dörfer ab. Ihre Güter fielen bei
ihrem Aussterben 1494 an die Grafen von Spiegelberg (bis 1557), an Lippe (bis
1523), Gleichen (bis 1625) und die Grafen von Waldeck (bis 1918). Die zum
niederrheinisch-westfälischen Reichskreis und zum westfälischen
Reichsgrafenkollegium zählende Grafschaft umfasste um 1800 ein Gebiet von 1,5
Quadratmeilen und 4500 Einwohnern. 1922 kam P. von Waldeck an Preußen und damit
1946 an Niedersachsen.
L.: Wolff 359; Zeumer 554 II b 63, 15; Wallner 704 WestfälRK 42; Großer
Historischer Weltatlas III 38 (1789) C1; Schwanold, H., Pyrmont, 1924; Goette,
R., Pyrmonts Vergangenheit, Bd. 1ff. 1960ff.; Garfs, J., Begegnung mit Bad
Pyrmont, 1988.
Raabs (Grafen). R. (zu ahd. Ratgoz?) an der
Thaya in Niederösterreich war Mittelpunkt einer im 11. Jahrhundert entstandenen
(, angeblich erst nachträglich dem Herzogtum
Österreich angegliederten und bis zum Ende des 13. Jahrhunderts
reichsunmittelbaren) Grafschaft. Die sich seit 1144 nach R. (Rachz) nennenden
Herren bzw. Grafen wurden um 1150 Burggrafen von Nürnberg. Bei ihrem Aussterben
1191/1192 folgten ihnen als Burggrafen die ihnen in weiblicher Linie verwandten
Grafen von Zollern (Hohenzollern). 1200 verkaufte Konrad von Zollern seinen
Anteil an der Grafschaft R. an Herzog Leopold
VI. von Österreich, 1297 verkauften die Grafen von Hirschberg den an sie über
die jüngere Erbtochter (Litschau-Heidenreichstein) gelangten Rest ebenfalls an
die habsburgischen Herzöge von Österreich.
L.: Lechner, K., Die Grafschaft R., Monatsblatt des Vereins für Landeskunde von
Niederösterreich 21 (1928); Barta, K., Heimatbuch der Stadt Raabs, 1965;
Tepperberg, C., Die Herren von Puchheim im Mittelalter, Diss. Wien 1978;
Rigele, B., Die Maissauer, Diss. Wien 1990; Weltin, M., Raabs, LexMA 7 1994,
379.
Rangau (Gau südlich des Radenzgaus, Rangeuue,
Rangouue, Rangouui, Rangovve, benannt nach der Ranna bzw. Rannach am Oberlauf
der Aisch)
L.: Curs, O., Deutschlands Gaue im zehnten Jahrhundert, 1908, 18 (Büchenbach, Herzogenaurach, Langenzenn); Polenz, P. v., Landschafts-
und Bezirksnamen, 1961, I, 19, II, 24, 27; Niemeyer, W., Der pagus des frühen
Mittelalters in Hessen, 1968, 120.
Rantzau (reichsunmittelbare Grafschaft,
Reichsgrafen). R. bei Plön wird erstmals 1226 erwähnt (Rantzow). Es war
Stammsitz eines 1226/1236 erstmals sicher bezeugten, in mehreren Linien im
deutschen, dänischen und niederländischen Raum verbreiteten holsteinischen
Adelsgeschlechts. Seine Güter lagen um Breitenburg bei Itzehoe und im Südosten
Kiels. 1649 verkaufte Herzog Friedrich III. von
Holstein-Gottorp (Gottorf) den 1640 beim Aussterben der Linie Pinneberg der
Grafen von Schauenburg (Schaumburg) an ihn gelangten Anteil der Herrschaft
Pinneberg (Barmstedt, Elmshorn) an den königlichen Statthalter Christian R.
1650/1651 wurde die Familie in den Reichsgrafenstand erhoben. Danach hatte sie
bis 1726 das Amt Barmstedt als reichsunmittelbare, zum niedersächsischen
Reichskreis und zum westfälischen Reichsgrafenkollegium gehörige Grafschaft
inne. Die Reichsgrafschaft wurde 1726 auf Grund eines Erbvertrages von
1669/1671 von Dänemark eingezogen, nachdem Wilhelm Adolf R. seine älteren
kinderlosen Brüder hatte ermorden lassen. 1734 gelangte R. endgültig an
Dänemark. Die Allodialgüter kamen 1726 an Katharina Hedwig R. 1739 begann Hans
Graf zu R. in Gut Ascheberg bei Plön mit der Abschaffung der Leibeigenschaft
(Bauernbefreiung, Agrarreform). Um 1800 umfasste das Gebiet der Grafschaft R.
4,5 Quadratmeilen. (1865 kam Barmstedt zu Preußen, 1946 zu Schleswig-Holstein.)
L.: Wolff 454; Wallner 707 NiedersächsRK 21; Großer Historischer Weltatlas II
22 (1648) D2, III 38 (1789) C1; Ranert, M., Die Grafschaft Rantzau, 1840;
Barmstedt. Stadt und Kirchspiel. Eine geschichtliche Schau, hg. v. Dössel, H.,
Teil 1ff. 1936ff.; Hoffmann, E., Rantzau, LexMA 7 1994, 440.
Ratibor (Herzogtum,
Residenz), poln. Racibórz. An der Furt der Straße von Böhmen nach Polen über
die Oder erscheint 1108 die Burg R. in Oberschlesien. Bereits im 12.
Jahrhundert (1163) war sie ein Hauptsitz der piastischen Herzöge Schlesiens.
1202 kam sie zum Herzogtum Oppeln. Als dieses
1281 geteilt wurde, entstand das Herzogtum R.
Seit 1327 unterstand es der Lehnshoheit Böhmens. 1336 bildete es eine Union mit
dem přemyslidischen (przemyslidischen) Herzogtum
Troppau, wurde aber 1365 unter einer Nebenlinie wieder selbständig. 1521 kam es
an die piastischen Herzöge von Oppeln. Die Lehnsherrschaft fiel 1526 mit Böhmen
an Habsburg/Österreich. 1531/1532 kam R. durch Erbvertrag an
Habsburg/Österreich, das es bis 1551/1552 an Brandenburg verpfändete und dann
einlöste. Von 1645 bis 1666 war es bei der Krone Polens. 1742 fiel es mit 18 Quadratmeilen
Gebiet an Preußen. Aus 1810 säkularisiertem Kirchengut und Resten des
Fürstentums wurde am Anfang des 19. Jahrhunderts eine neue Standesherrschaft R.
gebildet. Sie kam 1822 als Ersatz für an Preußen abgetretene Güter in Hessen
als Mediatfürstentum an Landgraf Viktor Amadeus von Hessen-Rotenburg, 1834
erbweise an Prinz Viktor von Hohenlohe-Schillingsfürst, der 1840 den Titel Herzog von R. erhielt. 1945 gelangte R. unter
Verwaltung Polens und damit 1990 als politische Folge der deutschen Einheit an
Polen.
L.: Wolff 480; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) K3; Weltzel, A.,
Geschichte der Stadt und Herrschaft Ratibor, 2. A. 1881; Mosler, J., Ratibor
und das Ratiborer Land im Schrifttum der Jahrhunderte, 1938; Kuhn, W.,
Siedlungsgeschichte Oberschlesiens, 1954; Hyckel, G., Geschichte der Stadt
Ratibor, 1956; Hyckel, G., Geschichte und Besiedlung des Ratiborer Landes, 3.
A. 1961; Hupka, H., Ratibor, Stadt im schlesischen Winkel, 1962; Ratibor. Stadt
und Land an der oberen Oder, hg. v. Kosler, A., Teil 1 1980; Menzel, J.,
Ratibor, LexMA 7 1994, 458; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich,
hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 2, 470.
Ratzeburg (Fürstbistum, Fürstentum, Land, bischöfliche
Residenz, weltliche Residenz des Herzogs von
Sachsen-Lauenburg). 1062 erscheint an der Stelle einer alten wendischen
Befestigung die wohl im 11. Jahrhundert errichtete Burg R. auf einer Insel im
Ratzeburger See anlässlich der Übertragung vom Reich an den Herzog von Sachsen. Sie war Sitz eines durch
Erzbischof Adalbert von (Hamburg-)Bremen und den slawischen Fürsten Gottschalk
zur Missionierung der slawischen Abodriten 1062 auf einem Teilgebiet des
Bistums Oldenburg eingerichteten Bistums. Dieses ging im Slawenaufstand von
1066 unter. 1138/1154 wurde es unter reicher Ausstattung durch Heinrich von
Badwide bzw. Herzog Heinrich den Löwen, der das
westliche Mecklenburg erobert und (1143) eine Grafschaft (Polabien und) R.
eingerichtet hatte, zwischen Travemündung und Elbe neu errichtet (Bischof
Evermod). Seit 1170 wurde der Dom erbaut. Nach dem Sturz Heinrichs des Löwen
1180 (bzw. 1236) wurde es reichsunmittelbar und wurden die Bischöfe
Reichsfürsten. Die Grafschaft kam nach dem Aussterben der Badwide (1199) 1201
unter der Oberherrschaft Dänemarks an Albrecht von Orlamünde, 1227 an Sachsen
(Askanier) und wurde 1295/1296 zum Mittelpunkt Sachsen-Lauenburgs. Im 13./14.
Jahrhundert erwarben die Bischöfe ein kleines geschlossenes Herrschaftsgebiet
um Schönberg zwischen Ratzeburger See und Dassower See, wozu (anders als die
Stadt R.) die Dominsel in R. und verstreute Güter kamen. 1551/1554 wurde das
Bistum lutherisch. Der letzte Bischof überließ es dem Herzog
von Mecklenburg. Von 1554 an herrschten Administratoren über das Hochstift.
1648 wurde es säkularisiert und kam als zum niedersächsischen Reichskreis
zählendes Fürstentum R. 1653 an Mecklenburg-Schwerin, 1701 mit an
Mecklenburg-Strelitz, jedoch ohne Anteil an der mecklenburgischen Verfassung.
1869 erhielt das 6,8 Quadratmeilen große, durch Mecklenburg-Schwerin vom
übrigen Mecklenburg-Strelitz abgetrennte Fürstentum mit 10000 Einwohnern einen
eigenen Landtag, der aber erst nach einer Verfassungsänderung 1906
zusammentrat. Am 1. 10. 1937 kam der Domhof R. (Mecklenburg) durch das sog.
Groß-Hamburg-Gesetz zur Stadt R. (Schleswig-Holstein). S. Sachsen-Lauenburg,
Hannover, Schleswig-Holstein.
L.: Wolff 453; Zeumer 553 II b 42; Wallner 707 NiedersächsRK 19; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) F2, III 22 (1648) E2; Masch, G., Geschichte
des Bistums Ratzeburg, 1835; Hellwig, L., Chronik der Stadt Ratzeburg, 2. A.
1929; Jordan, K., Die Bistumsgründungen Heinrichs des Löwen, 1939; Freytag, H.,
Die Bischöfe von Ratzeburg als Landesherren im Mittelalter, (in) Der Dom zu
Ratzeburg, hg. v. Schreiber, H., 1954; Ratzeburg - 900 Jahre 1062 bis 1962,
zusammengest. v. Landenheim, K./Prillwitz, K., 1962; Kaack, H., Ratzeburg,
1987; Hoffmann, E., Ratzeburg, LexMA 7 1994, 469; Ein Jahrtausend Mecklenburg
und Vorpommern, 1995; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg.
v. Paravicini, W., 2003, 1, 599, 1, 2, 471, 472.
Rechberg (Herrschaft, Herren, Reichsritter,
Grafen). Die Burg Hohenrechberg am nordwestlichen Rand der Schwäbischen Alb
wurde im 12. Jahrhundert errichtet. Nach ihr nannten sich seit 1179 (Rehperc)
die vielleicht von einer Linie der Familie Pappenheim abstammenden Herren von
R., die als staufische Ministeriale 1179 erstmals erscheinen, 1194 das
Marschallamt im Herzogtum Schwaben erhielten und
um ihren Stammsitz eine kleine reichsritterschaftliche Herrschaft (u. a. 1401
Weißenstein) behaupteten. In der Mitte des 13. Jahrhunderts entstanden die
Hauptlinien Unter den Bergen (in Bargau, Bettringen, Rechberghausen, bis 1413)
und Auf den Bergen. Diese teilte sich 1326 in die Linien Hohenrechberg (bis
1585) und Illereichen. Bereits 1488 waren die R. Mitglied der
Rittergesellschaft St. Jörgenschild, Teil im Hegau und am Bodensee. 1607 wurde
die Familie in den Grafenstand erhoben, doch blieb die namengebende Herrschaft
wegen des Widerstandes der Reichsritterschaft im reichsritterschaftlichen
Kanton Kocher des Ritterkreises Schwaben (R. und Rothenlöwen mit Hohenrechberg,
Weißenstein, Donzdorf, Treffelhausen [Traffelhausen], Böhmenkirch
[Böhmenkirchen]). Dorthin steuerten die R. auch mit dem 1789 von den Bubenhofen
erworbenen Gut Mösselhof und bis 1789 mit der Herrschaft Kellmünz. Außerdem
gehörten sie vielleicht bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts zum Kanton Odenwald
des Ritterkreises Franken. 1810 wurden sie endgültig als Grafen anerkannt. Die
Güter (Staufeneck bzw. Stauffeneck, Salach, Winzingen, Donzdorf, Wäschenbeuren,
Hohenrechberg, Eislingen bzw. Großeislingen, Straßdorf, Wißgoldingen,
Waldstetten [Unterwaldstetten], Rechberghausen, Weißenstein, Böhmenkirch
[Böhmenkirchen], Degenfeld, Schnittlingen) umfassten zuletzt rund 220
Quadratkilometer und kamen 1805 an Württemberg (Rechberg) und Bayern.
L.: Wolff 510; Ruch Anhang 3; Hölzle, Beiwort 62; Kollmer 371, 375, 380;
Stetten 33; Riedenauer 126; Schulz 269, Rahrbach 180; Maurer, H., Der
Hohenstaufen, 1977; Konzen, N., Aller Welt Feind, 2013.
Rechnitz (Herrschaft). R. im südlichen Burgenland wird 1238 erstmals genannt. 1289 eroberte Herzog Albrecht von Österreich die Burg des Grafen von Güssing, gab sie aber 1291 an Ungarn zurück. 1441 wurde R. tatsächlich an das Reich gezogen, 1478 aber von Matthias Corvinus zurückerobert. 1527 kam die Herrschaft durch Ferdinand I. an Franz Batthyány. 1919 gelangte R. zum Burgenland.
Recklinghausen (Vest). Das auf einen karolingischen
Königshof zurückgehende R. (Ricoldinchuson) wird 1071 (vielleicht schon 965)
erstmals genannt. Wohl seit der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts wurde das
1228 erstmals erwähnte Gogericht (Vest) R., das sich westlich Recklinghausens
und südlich der Lippe erstreckte, Grundlage einer Herrschaft des Erzstifts
Köln. Das Vest wurde von 1446 bis 1576 an die Herren von Gemen und ihre Erben,
die Grafen von Schaumburg verpfändet. Ende 1802/1803 kam es an den Herzog von Arenberg, 1811 an das Großherzogtum Berg,
1815 an Preußen (Provinz Westfalen) und 1946 R. an Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 86; Ritz, L., Die ältere Geschichte des Vestes und der Stadt
Recklinghausen, 1903; Körner, J./Weskamp, A., Landkreis Recklinghausen, 1929;
Pennings, H., Geschichte der Stadt Recklinghausen, Bd. 1f. 1930ff.; Dorider,
A., Geschichte der Stadt Recklinghausen 1577-1933, 1955; Der Landkreis
Recklinghausen, hg. v. Lübbersmann, H., 1966; Der Kreis Recklinghausen, hg. v.
Kreis Recklinghausen, 1979; Köbler, G., Gericht und Recht in der Provinz
Westfalen 1815-1945, FS G. K. Schmelzeisen, 1980, 169; 750 Jahre Stadt
Recklinghausen, 1236-1986, hg. v. Burghardt, W., 1986; Koppe, W.,
Stadtgeschichte im Unterricht, Recklinghausen 900-1950, 1986; Escher, M. u. a.,
Die urbanen Zentren, 2005, 2, 501.
Regensburg (freie Stadt, freie Reichsstadt). Nahe
einer älteren vermutlich Radasbona genannten keltischen Siedlung an der Mündung
von Regen (und Naab) in die Donau errichteten die Römer um 80 n. Chr. ein
Kohortenkastell und 179 n. Chr. das Legionskastell Castra Regina bzw. Reginum,
das sie um 400 unzerstört wieder aufgaben. Um 535 nahmen es die Bayern in
Besitz. Ihre agilolfingischen Herzöge richteten dort eine Pfalz ein, die in
Nachfolge von Lorch Hauptsitz wurde. 739 erneuerte Bonifatius das Bistum. 788
fiel bei der Absetzung des bayerischen Herzogs
Tassilo III. die Pfalz an den König. Von 918 bis 937 kam R. nochmals an den Herzog, dann wieder an den König. Infolge seiner
günstigen Verkehrslage entwickelte sich R. zu einer bedeutenden Handelsstadt.
Der Bischof von R. und der Herzog von Bayern,
dessen Vorort es bis in die Mitte des 13. Jahrhunderts war, bemühten sich vor
allem nach dem 1185/1196 erfolgten Aussterben der Burggrafen von R. aus dem
Geschlecht der Babonen (Paponen) um die Erringung der Stadtherrschaft, doch
blieb diesen Versuchen der Erfolg versagt. 1207, 1230 und 1245 erhielt R. von
König Philipp von Schwaben und Kaiser Friedrich II. wichtige Privilegien, so
dass es im Spätmittelalter zu einer der sieben freien Städte aufsteigen konnte,
die dem Reich weder Steuern noch sonstige Abgaben noch Huldigung zu leisten
hatten. 1256 trat die Stadt dem rheinischen Städtebund bei. Im 14. und 15.
Jahrhundert sank im Wettbewerb mit Augsburg, Nürnberg und Wien Regensburgs
wirtschaftliche Bedeutung. Von 1486 bis 1492 kam es sogar vorübergehend an
Bayern (Bayern-München). Maximilian I. machte aus der freien Stadt eine
kaiserliche Stadt. 1542 trat R. der Reformation bei, wurde durch Zuwanderung
später aber wieder überwiegend katholisch. Seit 1663 war es der Tagungsort des
immerwährenden Reichstags, seit 1748 Sitz des kaiserlichen Prinzipalkommissärs
Thurn und Taxis. R. führte die erste Stimme auf der schwäbischen Städtebank des
Reichsstädtekollegiums im Reichstag und gehörte dem bayerischen Reichskreis an.
1802/1803 wurde die Reichsstadt R. mit dem Hochstift sowie den Klöstern und
Reichsstiften Sankt Emmeram, Obermünster und Niedermünster unter Fürstprimas
Karl Theodor von Dalberg zum Fürstentum R. vereinigt. 1810 kam sie mit 0,5
Quadratmeilen Gebiet (der Stadtmark und den Donauinseln Obererer Wöhrd bzw.
Oberer Wörth [Oberwörth] und Unterer Wöhrd bzw. Unterer Wörth [Niederwörth]) an
Bayern.
L.: Wolff 152; Zeumer 555 III b 1; Wallner 713 BayRK 17; Großer Historischer
Weltatlas II 66 (1378) G4, III 22 (1648) F4, III 38 (1789) D3; Schroeder
417ff.; Die Territorien des Reichs 6, 36; Gemeiner, K., Regensburger Chronik,
Bd. 1ff. 1800ff., Neudruck 1971; Walderdorff, H. Graf v., Regensburg in seiner
Vergangenheit und Gegenwart, 4. A. 1896; Regensburger Urkundenbuch, Bd. 1 (bis
1350) 1913; Hofmann, A. v., Die Stadt Regensburg, Bd. 1f. 1922; Bastian, F.,
Regensburger Urkundenbuch, 1956; Bosl, K., Die Sozialstruktur der
mittelalterlichen Residenz- und Fernhandelsstadt Regensburg, 1966; Ambronn, K.,
Verwaltung, Kanzlei und Urkundenwesen der Reichsstadt Regensburg im 13.
Jahrhundert, 1968; Hable, H., Geschichte Regensburgs, 1970; Kreuzer, G., 2000
Jahre Regensburger Stadtentwicklung, 1972; Schmid, D., Regensburg I, 1976, (in)
Historischer Atlas von Bayern, Teil Altbayern; Albrecht, D., Regensburg im
Wandel - Studien zur Geschichte der Stadt im 19. und 20. Jahrhundert, 1984;
Regensburg. Geschichte in Bilddokumenten, hg. v. Kraus, A./Pfeiffer, W., 2. A.
1986; Bauer, K., Regensburg, 4. A. 1988; Schmid, A., Regensburg und Bayern, 1989;
Kraus, A., Regensburg, ein Beispiel deutscher Stadtentwicklung, 1989; Schmid,
A., Regensburg. Die Reichsstadt und die Klöster, 1994, Historischer Atlas von
Bayern; Schmid, A., Regensburg, LexMA 7 1994, 563; Regensburg, hg. v. Albrecht,
D., 1994; Regensburg im Mittelalter, hg. v. Wanderwitz, H. u. a., 1995; Schmid,
P., Die Reichsstadt Regensburg, (in) Handbuch der bayerischen Geschichte, hg.
v. Spindler, M., Bd. 3, 3 3. A. 1995, 302; Schmid, A., Regensburg, 1995; Mayer,
S., Das Ringen Bayerns und des Kaiserhofs um die Reichsstadt Regensburg, 1996;
Schmuck, J., Ludwig der Bayer und die Reichsstadt Regensburg, 1997; Trapp, E.,
Welterbe Regensburg, 2008.
Regensburg, Niedermünster (gefürstete Abtei,
Reichsstift, Residenz). An der Stelle einer vorkarolingischen Kirche wird
erstmals um 890 die Abtei Niedermünster in Regensburg genannt. Sie erhielt auf
Veranlassung der Herzogin Judith von Bayern vor
allem durch Kaiser Otto I. reiche Güter. Das Damenstift Niedermünster war seit
1002 reichsunmittelbar (Immunität, Königsschutz, Vogtwahlrecht) und stand seit
1229 unter dem Schutz des Papstes. Zu Beginn des 13. Jahrhunderts wurde die
Äbtissin gefürstet. Nach 1654 gehörte sie den rheinischen Reichsprälaten im
Reichstag an und war im bayerischen Reichskreis vertreten. 1802/1803 wurde das
im Regensburger Burgfrieden gelegene reichsunmittelbare Stiftsgebiet mit der
Reichsstadt Regensburg, dem Hochstift Regensburg, den Reichsstiften Sankt
Emmeram und Obermünster zum Fürstentum R. vereinigt. 1810 kam es an Bayern.
1821 wurde es Residenz des Bischofs.
L.: Wolff 148; Zeumer 553 II a 37, 15; Wallner 713 BayRK 20; Die Territorien
des Reichs 6, 36; Schönberger, A., Die Rechtsstellung des Reichsstifts
Niedermünster zu Papst und Reich, Bischof, Land und Reichsstadt Regensburg,
Diss. phil. Würzburg 1953; Schlaich, H., Das Ende der Regensburger Reichsstifte
Sankt Emmeram, Ober- und Niedermünster, Verh. d. hist. Ver. f. Oberpfalz und
Regensburg 97 (1956); Wanderwitz, H., Die Reichsstifte Nieder- und Obermünster
bis ins 11. Jahrhundert, FS Kraus, A., 1992, 51; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 716, 1, 2, 421;
Schröder-Stapper, T., Fürstäbtissinnen, 2015.
Regenstein, Reinstein, Rheinstein (Grafen). Nach
der Burg R. bei Blankenburg im Harzvorland nannten sich seit dem Ende des 12.
Jahrhunderts Grafen von R., welche die Burg von dem mit ihnen verwandten Lothar
von Süpplingenburg erhalten hatten und nach dem Sturz Herzog
Heinrichs des Löwen (1180) ihre Güter mehrten. 1599 fiel die Burg an das
Hochstift Halberstadt. 1648/1662 kam sie an Brandenburg/Preußen. Am Ende des
18. Jahrhunderts zählte die Grafschaft zum niedersächsischen Reichskreis und
zum westfälischen Reichsgrafenkollegium. Das mit dem Fürstentum Halberstadt
zusammen 31 Quadratmeilen umfassende Gebiet um R. bildete bis 1945 eine Exklave
Preußens (Provinz Sachsen) im Kreis Blankenburg Braunschweigs. 1945 kam es in
Sachsen-Anhalt zur sowjetischen Besatzungszone und damit von 1949 bis 1990 zur
Deutschen Demokratischen Republik.
L.: Wolff 440; Arndt 219; Gringmuth-Dallmer, H., Magdeburg-Wittenberg, (in)
Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Stolberg, F., Befestigungsanlagen im
und am Harz, 1968; Fenske, L./Schwarz, U., Das Lehnsverzeichnis Graf Heinrichs
I., 1990; Casemir, K./Ohainski, U., Das Territorium der Wolfenbütteler Herzöge
um 1616, 1996.
Remagen (Reichsstadt). An der Stelle älterer
Siedlungen errichteten die Römer am Rhein in Rigomagus ein Kastell, das wohl um
406 zugrundeging. Später hatten dort 893 Prüm, 1002 Deutz sowie Siegburg und
Stifter und Klöster Kölns Rechte. Danach kam R. an das Reich, doch fielen die
Reichsrechte seit dem 13. Jahrhundert durch Verleihung und Verpfändung an
andere Herren. 1357 bestätigte Kaiser Karl IV. den Grafen von Berg R. als
Reichspfand. Seit dem 16. Jahrhundert blieb R. beim Herzogtum
Jülich. Über Preußen kam es dann 1946 zu Rheinland-Pfalz.
L.: Wolff 322; Landwehr, G., Die Verpfändung der deutschen Reichsstädte im
Mittelalter, 1967, 101; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 2, 504.
Rheina-Wolbeck (Fürstentum). An der Furt einer
wichtigen Straße über die Ems wird erstmals 838 ein Königshof genannt, zu dem
eine dem heiligen Dionysius (von Paris) geweihte Pfarrkirche gehörte. Seit dem
13. Jahrhundert kam Rheine an das Hochstift Münster. 1327 wurde es zur Stadt
erhoben. 1463 wurde in der Nähe ein Kloster gegründet. 1803 wurde das
aufgegebene Kloster Residenz des aus zwei Ämtern des ehemaligen Hochstifts
Münster für den Herzog Wilhelm Joseph von
Looz-Corswarem gebildeten Fürstentums R. Dieses bestand aus einem 80 Kilometer
langen, 10 bis 15 Kilometer breiten Streifen längs der Ems (zwischen Münster
und Lingen) und kam 1806 an das Großherzogtum Berg, 1811 an Frankreich, 1815 in
seinem südlichen Teil an Preußen (Provinz Westfalen), in seinem nördlichen Teil
an Hannover und damit 1866 ebenfalls an Preußen. 1946 fiel das Gebiet mit
Rheine bis auf einen kleinen Teil im Norden an Nordrhein-Westfalen.
L.: Führer, A., Geschichte der Stadt Rheine, 1927; Tönsmeyer, J., Das
Landesfürstentum Rheina-Wolbeck, 1962.
Rheinbund (Länderbund, Konföderation). Am 12. 7.
1806 schlossen sich Bayern, Württemberg, der Kurerzkanzler (aus dem früheren
Erzstift Mainz), Baden, Berg und Kleve, Hessen-Darmstadt, Nassau-Usingen,
Nassau-Weilburg, Hohenzollern-Hechingen, Hohenzollern-Sigmaringen, Salm-Salm,
Salm-Kyrburg, Isenburg-Birstein, Arenberg, Liechtenstein und von der Leyen
unter Vergrößerung ihrer Gebiete durch Mediatisierungen und unter Lossagung vom
Reich zu einer etwa ein Drittel des Reiches umfassenden Konföderation unter dem
Protektorat Frankreichs zusammen. Mit Ausnahme Österreichs, Preußens, Pommerns
(Schweden) und Holsteins (Dänemark) traten ihm bis 1808 alle verbliebenen
deutschen Einzelstaaten bei, nämlich am 25. 9. 1806 das Großherzogtum Würzburg,
am 11. 12. 1806 das Königreich Sachsen, am 15. 12. 1806 Sachsen-Weimar,
Sachsen-Coburg, Sachsen-Gotha, Sachsen-Hildburghausen, Sachsen-Meiningen, am
18. 4. 1807 Anhalt-Bernburg, Anhalt-Dessau, Anhalt-Köthen,
Schwarzburg-Rudolstadt, Schwarzburg-Sondershausen, Waldeck, Lippe-Detmold,
Schaumburg-Lippe und vier Linien Reuß, am 15. 11./7. 12. 1807 das Königreich
Westphalen, am 10. 2./22. 3. 1808 die Herzogtümer
Mecklenburg-Strelitz und Mecklenburg-Schwerin und am 14. 10. 1808 Oldenburg.
Damit zählte der R. 39 Einzelstaaten mit 325800 Quadratkilometern und 14,61
Millionen Einwohnern. Am Ende des Jahres 1810 annektierte Frankreich Hamburg,
Lübeck, Bremen, Lauenburg, Oldenburg, Arenberg, Salm-Salm, Salm-Kyrburg und die
nördlichen Teile von Westphalen und Berg. 1813 zerfiel der R.
L.: Joachim, E., Die Entwicklung des Rheinbundes, 1886; Bitterauf, T.,
Geschichte des Rheinbundes, Bd. 1 1905; Huber, E., Deutsche
Verfassungsgeschichte, Bd. 1 2. A. 1967.
Richold (reichsunmittelbare Herrschaft),
niederländ. Rijckholt. Am Anfang des 14. Jahrhunderts trennte sich von
Gronsfeld bzw. Gronsveld südöstlich von Maastricht im Herzogtum
Limburg die aus Burg und Dorf R. bestehende Herrschaft R. ab. 1496 wurde sie
von ihren Schöffen zum sog. Sonnenlehen erklärt. Im 16. Jahrhundert wurde sie
zur Baronie erhoben. Die vielfach den Besitzer wechselnde Herrschaft gehörte am
Ende des 18. Jahrhunderts zu den nicht eingekreisten Reichsteilen des Heiligen
Römischen Reiches. 1806 verlor sie durch Frankreich die Selbständigkeit.
1815/1839 kam sie zur Provinz Limburg (Südlimburg) der Niederlande.
L.: Wolff 498.
Riddagshausen (Abtei). Das 1145 von Amelungsborn aus
besetzte Zisterzienserkloster (Marienzelle bzw.) R. bei Braunschweig erhielt
1146 von Herzog Heinrich dem Löwen die villa R.
und in der Folge zahlreiche andere Güter um Braunschweig, Schöningen und auf
dem linken Okerufer. In den Auseinandersetzungen zwischen der Stadt
Braunschweig und den Herzögen von Braunschweig-Wolfenbüttel stand es auf der
Seite der Herzöge. 1568 wurde die Reformation eingeführt. 1776 erscheint die
Abtei in der Reichsmatrikel im niedersächsischen Reichskreis. S. Braunschweig,
Niedersachsen.
L.: Gumpelzhaimer 189; Wolff 438; Pfeifer, H., Das Kloster Riddagshausen bei
Braunschweig, 1896; Ehlers, J., Die Anfänge des Klosters Riddagshausen und der
Zisterzienserorden, Braunschweigisches Jb. 67 (1986).
Römhild (Ort, Stadt, Herrschaft, Residenz des
Grafen von Henneberg-Römhild bzw. des Herzogs
von Sachsen-Römhild). Im Jahre 800 gab Emhilt dem von ihr gestifteten Kloster
Milz Rotemulte („braunroter Mergel“, Altrömhild) bei Hildburghausen, 867
Adalolt einen dortigen Bifang an Fulda. Vermutlich gegen Ende des 13.
Jahrhunderts gründete Graf Heinrich IV. von Henneberg-Hartenberg die Stadt R.
Sie kam später an die 1274 entstandene Linie Henneberg-Aschach, die sich
seitdem nach R. nannte (Henneberg-Römhild) und zahlreiche Güter erwarb (1433
Lichtenberg, 1435 Fladungen, 1435/1444 Kühndorf, 1455 ein Viertel Fischberg).
1465/1502 verlor die Linie durch Teilung an Bedeutung. 1548 kamen die Güter
Graf Bertholds an die verschwägerten Grafen von Mansfeld und von diesen
teilweise an Henneberg-Schleusingen (ein Viertel Henneberg), im Übrigen 1555 an
die Ernestiner (Sachsen). Die Güter Graf Albrechts fielen an die verschwägerten
Grafen von Stolberg, im Übrigen ebenfalls an die Wettiner. 1572 gelangte R. an
Sachsen-Coburg-Eisenach (Sachsen-Coburg), 1640 an Sachsen-Altenburg, 1672 an
Sachsen-Gotha. Von 1680 bis 1710 war es Sitz von Sachsen-Römhild und fiel
danach zu einem Drittel an Sachsen-Coburg-Saalfeld und zu zwei Dritteln an
Sachsen-Meiningen. Das Sachsen-Coburg-Saalfelder Drittel kam 1805 durch Tausch
an Sachsen-Gotha, ganz R. 1826 an Sachsen-Meiningen, 1920 an Thüringen und
damit von 1949 bis 1990 an die Deutsche Demokratische Republik. S. Henneberg,
Sachsen-Römhild.
L.: Wolff 115; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W., 2003, 1, 2, 491.
Rothenburg (Herzogtum).
Nach der nach dem Aussterben der Grafen von Comburg (Komburg) (1116) an die
Staufer gelangten Burg R. ob der Tauber nannten sich von 1150 bis 1192 mehrere
Angehörige des staufischen Hauses Herzöge von R., womit sie möglicherweise den
Anspruch auf das Herzogtum Franken, das schon
kurz nach seiner Vergabe durch Kaiser Heinrich V. an den späteren König Konrad
III. (1116) 1120 an den Bischof von Würzburg gekommen war, betonen wollten. Im
14. Jahrhundert kamen die Güter überwiegend an die Reichsstadt R. und damit
später an Bayern bzw. Baden-Württemberg.
L.: Bosl, K., Rothenburg im Stauferstaat, 1947; Schlinker, S., Fürstenamt und
Rezeption, 1999, 29.
Rothenburg, Rothenburg ob der Tauber (Reichsstadt).
Auf der Bergnase oberhalb des 970 von den Grafen von Comburg (Komburg) mit
einer Kirche versehenen Dorfes Detwang (Dettwang) im Taubertal errichteten die
Grafen von Comburg (Komburg) die rothe Burg, nach der sie sich im 11.
Jahrhundert ebenfalls benannten. Beim Aussterben der Grafen von
Rothenburg-Comburg (Rothenburg-Komburg) 1116 fiel sie zusammen mit dem Herzogtum Franken und der Grafschaft im Kochergau an
die Staufer, als deren Gut sie 1144 erstmals genannt wird (Reichsburg nach
1142?). Vor 1241 erhielt der sich anschließende Ort Stadtrecht (1172?). 1273
zog König Rudolf von Habsburg ihn an das Reich. Ab 1274 war er Reichsstadt und
löste sich von der Reichslandvogtei. R. gewann trotz zeitweiliger Verpfändung
an die Herren von Hohenlohe vom 14. bis zum 16. Jahrhundert ein ansehnliches,
auf drei Seiten eingezäuntes und befestigtes Landgebiet (Landhege), wurde aber
wegen des Widerstands des Patriziats nie Fernhandelsstadt. 1355 gab Kaiser Karl
IV. das Privileg der Unverpfändbarkeit. 1544 wurde die Reformation eingeführt.
Die Herrschaft der mit Sitz und Stimme im schwäbischen Reichsstädtekollegiums
des Reichstags und im fränkischen Reichskreis vertretenen Stadt umfasste am
Ende des 18. Jahrhunderts die Landvogtei im Gau rechts der Tauber und die
kleine Landvogtei links der Tauber (Teile von Gebsattel, Herrschaft Nordenberg
mit Reichsamt Detwang [Dettwang] und der Hinterburg, Bannerschaft Endsee,
Burgen Gammesfeld [Gammersfeld] und Insingen [Inzingen] mit Zubehör, Burg und
Herrschaft Lichtel [Liental], Burg und Vogtei Seldeneck, Burg und Herrschaft
Gailnau mit Vogtei Wettringen und Gericht zu Brettheim, Oberstetten, Oestheim,
Teile von Archshofen, Burg Diebach und das Deutschordenshaus Rothenburg mit
Gütern). Mit Teilen von Pfahlenheim war R. im Kanton Odenwald des Ritterkreises
Franken immatrikuliert. 1802/1803 kam es mit 5 Quadratmeilen bzw. 370
Quadratkilometern Gebiet, 180 Ortschaften und 24000 Einwohnern an Bayern, 1810
der westliche Teil des Landgebiets an Württemberg und damit 1951/1952 an
Baden-Württemberg.
L.: Wolff 128; Zeumer 555 III b 8; Wallner 693 FränkRK 18; Großer Historischer
Weltatlas II 66 (1378) F4, II 78 (1450) G4, III 22 (1648) E4, III 38 (1789) D3;
Winkelmann-Holzapfel 160; Riedenauer 129; Schroeder 241ff.; Bensen, W.,
Beschreibung und Geschichte der Stadt Rothenburg, 1856; Hölzle, E., Der
deutsche Südwesten am Ende des alten Reiches, 1938; Bosl, K., Rothenburg im
Stauferstaat, 1947; Holstein, K., Rothenburger Stadtgeschichte, 1953;
Woltering, W., Die Reichsstadt Rothenburg ob der Tauber und ihre Herrschaft
über die Landwehr, Bd. 1 1965, Bd. 2 1971; Schnelbögl, F., Die fränkischen
Reichsstädte, Zs. f. bay. LG. 31 (1968); Schnurrer, L., Rothenburg im
schwäbischen Städtebund, 1969, Esslinger Studien 15; Ziegler, P., Die
Dorfordnungen im Gebiet der Reichsstadt Rothenburg, Diss. jur. Würzburg, 1977;
Fränkische Reichsstädte, hg. v. Buhl, W., 1987, 187; Borchardt, K., Die
geistlichen Institutionen in der Reichsstadt Rothenburg ob der Tauber und dem
zugehörigen Landgebiet von den Anfängen bis zur Reformation, 1988; Wendehorst,
A., Rothenburg, LexMA 7 1995, 1050.
Rottenbuch (Reichsstift). Am 27. 12. 1075
begründeten Herzog Welf IV. von Bayern und seine
Gemahlin Judith südlich Peitings im Ammergau an der Stelle einer wenig älteren
Einsiedelei das Augustinerchorherrenstift R. 1090 wurde es dem heiligen Petrus
in Rom übergeben. 1191/1192 hatten die Staufer die Vogtei. 1268 entstand
hieraus eine Reichsvogtei. Ludwig der Bayer zog R. an Bayern.
L.: Rottenbuch, hg. v. Pörnbacher, H., 1980; Weinfurter, S., Rottenbuch, LexMA
7 1995, 1055.
Rottweil (Reichsstadt). R. am obersten Neckar
liegt auf dem Gebiet des römischen, um 73 n. Chr. an wichtigen Straßen
angelegten Ortes Arae Flaviae. 771/887 wird die vielleicht aus einem
alemannischen Herzogshof bzw. merowingischen
Königshof des 8. Jahrhunderts entstandene Pfalz Rotumvila (roter Hof) erwähnt,
deren Vögte seit dem 11. Jahrhundert die Herzöge von Zähringen waren.
Vermutlich um die Mitte des 12. Jahrhunderts (1140?) entwickelte sich daneben
auf einem nordwestlich gelegenen Bergsporn eine Siedlung zum Markt, die im 14.
Jahrhundert Reichsstadt (1299 Freiheit von auswärtigen Gerichten, 1358 Kauf des
Königshofs, 1359 Erwerb des Blutbanns, 1383/1401 Erwerb des
Reichsschultheißenamtes) wurde. Von 1463/1519 bis 1802/1803 war R., das im 15.
und 16. Jahrhundert ein ansehnliches Herrschaftsgebiet mit 28 Dörfern vor allem
aus den Gütern der 1594 ausgestorbenen Grafen von Zimmern gewann, zugewandter
Ort der Eidgenossenschaft der Schweiz. Bis 1784 bestand das seit dem 13.
Jahrhundert überlieferte kaiserliche Hofgericht zu R. Am Ende des 18.
Jahrhunderts gehörten der Stadt das Obervogteiamt (Dietingen und Irslingen,
Dunningen, Böhringen, Göllsdorf, Villingendorf und Talhausen, die Burg
Schenkenberg mit Epfendorf, Herrenzimmern und Seedorf), das Pürschvogteiamt
(Teile von Zimmern, Horgen, Hochmössingen und Winzeln, Bösingen, Stetten,
Niedereschach, Fischbach, Neufra, Sinkingen und Bettlinsbad), das
Bruderschaftsoberpflegamt (Deißlingen, Dauchingen, Mühlhausen und Weilersbach),
das Spitaloberpflegamt (Feckenhausen) und die unmittelbar unter dem
Stadtmagistrat stehenden Orte Altstadt, Bernburg, Eckhof, Harthausen
[Harthaus], Hochwald, Hohenstein und Wildeck. 1802/1803 fiel das 4
Quadratmeilen bzw. 220 Quadratkilometer große und rund 13600 Einwohner
umfassende R. noch vor Verkündigung des Reichsdeputationshauptschlusses an
Württemberg und wurde Sitz eines Oberamts. 1951/1952 kam R. an
Baden-Württemberg.
L.: Wolff 215; Zeumer 555 III b 10; Wallner 687 SchwäbRK 32; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) E4, II 72b (bis 1797) B1, II 78 (1450) F4,
III 22 (1648) D4, III 38 (1789) C3; Schroeder 339ff.; Die Territorien des
Reichs 5, 214; Ruckgaber, H., Geschichte der Frei- und Reichsstadt Rottweil,
1835ff.; Thudichum, F., Geschichte der Reichsstadt Rottweil und des
kaiserlichen Hofgerichts daselbst, 1911; Merkle, J., Das Territorium der
Reichsstadt Rottweil, 1913, Darstellungen aus der württembergischen Geschichte
11; Hölzle, E., Der deutsche Südwesten am Ende des alten Reiches, 1938;
Steinhauser, A., Officina Historiae Rottwilensis, 1950; Leist, J., Reichsstadt
Rottweil, 1962; Laufs, A., Die Verfassung und Verwaltung der Stadt Rottweil
1650-1806, 1963; Der Kreis Rottweil, hg. v. Theiss, K./Baumhauer, H., 1963; Grube,
G., Die Verfassung des Rottweiler Hofgerichts, 1969; Planck, D., Arae Flaviae.
Neue Untersuchungen zur Geschichte des römischen Rottweil, Teil 1f. 1975;
Burgstahler, F., Rottweil im 19. Jahrhundert, 1989; Weber, E., Städtische
Herrschaft und bäuerliche Untertanen, 1992; Fahlbusch, F., Rottweil, LexMA 7
1995, 1055; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 2, 529; Marquardt, B.,
Die alte Eidgenossenschaft und das Heilige römische Reich, 2007.
Rozendaal (Herrlichkeit). Die Herrlichkeit R.
gehörte zum Herzogtum Geldern.
L.: Wolff 68.
Rubempré-Everbergh (Fürstentum). Am Ende des 18.
Jahrhunderts zählte das Fürstentum R. über das Herzogtum
Brabant zum burgundischen Reichskreis.
L.: Wallner 700 BurgRK 1.
Rügen (Fürsten, Fürstentum). Die 926
Quadratkilometer große Insel R. in der Ostsee war vielleicht seit 500 v. Chr. von
den germanischen Rugiern besiedelt. Nach deren Abzug drangen im 7. Jahrhundert
n. Chr. slawische Ranen ein. Diese wurden 1168 von König Waldemar von Dänemark
unterworfen und christianisiert (Bistum Roskilde). Die von 1162 bis 1325
herrschenden Fürsten von R. waren Lehnsträger Dänemarks. 1325 fiel R. beim
Aussterben der Fürsten an die Herzöge von Pommern und zählte später zum
obersächsischen Reichskreis. 1534 wurde im Herzogtum
Pommern die Reformation eingeführt. 1648 kam R. an Schweden, 1815 an Preußen, 1945
an Mecklenburg und damit von 1949 bis 1990 zur Deutschen Demokratischen
Republik. S. Mecklenburg-Vorpommern, Putbus.
L.: Wolff 404; Wehrmann, M., Geschichte der Insel Rügen, Bd. 1f. 2. A. 1923;
Rudolph, W., Die Insel Rügen, 3. A. 1955; Polenz, P. v., Landschafts- und
Bezirksnamen, 1961, II, 56; Scheil, U., Zur Genealogie der einheimischen
Fürsten von Rügen, 1962; Steffen, W., Kulturgeschichte von Rügen bis 1815,
1963; Leciejewicz, L., Rügen, LexMA 7 1995, 1091f.; Büttner, B., Die Pfarreien
der Insel Rügen, 2006; Rügen im Mittelalter, hg. v. Reimann, H. u. a., 2011.
Rügenwalde (Residenz des Herzogs
von Pommern), Darlowo
L.: Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W.,
2003, 1, 2, 503.
Sachsen (Herzogtum,
[Kurfürstentum,] Königreich, Land, Freistaat). Bei den wohl für das Gebiet
nördlich der unteren Elbe um 150 n. Chr. erstmals erwähnten, danach sich nach
Südosten und gemeinsam mit den Angeln auch nach Westen (Britannien)
ausbreitenden, von (König) Karl dem Großen (772-804) unterworfenen
westgermanischen S. (germ. *sahsaz, Schwert, Messer) in Nordalbingien,
Westfalen, Engern und Ostfalen gewannen im 9. Jahrhundert die zwischen Harz und
Weser begüterten Liudolfinger (Liudolf † 868) die Stellung eines Stammesherzogs
der Sachsen. Nach der Wahl der Liudolfinger zum sächsischen Königshaus des
Reiches (919, Heinrich I., 936ff. Otto I., Otto II., Otto III., Heinrich II.)
wurden 966 die Billunger (Hermann Billung † 973) mit der Wahrnehmung des von
der Elbe-Saale bis zum Rhein reichenden sächsischen Herzogtums
betraut, doch beherrschten sie nur die nördlichen Teile des Herzogtums wirklich. Im südlichen Teil des Herzogtums richtete Otto I. die Pfalzgrafschaft S.
ein, die 1088 bei den Grafen von Sommerschenburg und 1180 bei den Landgrafen
von Thüringen lag und auch später häufig den Inhaber wechselte, bis sie 1356
zum Zubehör des Herzogtums S. bestimmt wurde.
Nach dem Aussterben der Billunger 1106 kam das Herzogtum
nicht an die askanischen bzw. welfischen Schwiegersöhne sondern an Lothar von
Süpplingenburg, dessen Macht auf dem ihm angefallenen Erbe der Brunonen und
Ottos von Northeim († 1083) beruhte, 1137 aber an die Askanier und 1142 an
Lothars Schwiegersohn Heinrich den Stolzen aus dem Hause der Welfen, neben denen
jedoch vor allem der Erzbischof von Magdeburg und die Askanier eigene
Herrschaftsbereiche ausbauten. Der Welfe Heinrich der Löwe erweiterte Sachsen
um Mecklenburg und das westliche Pommern. Mit seinem Sturz 1180 endete das alte
Herzogtum der Sachsen. An seine Stelle trat
neben dem Herzogtum (Engern und) Westfalen der
Erzbischöfe von Köln, dem Herzogtum
Braunschweig-Lüneburg (1235) der Welfen zwischen Elbe und Weser sowie den
Hochstiften Münster und Osnabrück und mehreren Grafschaften (Oldenburg, Hoya,
Diepholz, Schaumburg, Bentheim u. a.) im Westen das um diese Gebiete
verkleinerte, aus nicht zusammenhängenden Gebieten bestehende neue Herzogtum S. der Askanier (Bernhard von Anhalt) in
Ostsachsen (Ostfalen). Dieses gründete sich auf das Land Hadeln zwischen
Unterweser und Unterelbe, auf einst billungisches Gebiet an der Unterelbe
(Lauenburg) und Gebiete um Neuhaus sowie altes askanisches Gut um Wittenberg an
der mittleren Elbe. 1260/1296 teilte sich dieses verbleibende Herzogtum S., das 1227 die Grafschaft Ratzeburg
erworben hatte, in die Linien Sachsen-Lauenburg und Sachsen-Wittenberg. Das Herzogtum Sachsen-Wittenberg erlangte 1356 durch die
Goldene Bulle die sächsische Kurwürde. Nach dem Aussterben der Herzöge von
Sachsen-Wittenberg fielen Land, Herzogstitel und
Kurwürde 1422/1423 für ihre Hilfe im Kampf gegen die Hussiten als Lehen an die
in der Markgrafschaft Meißen seit 1089/1125 herrschenden Markgrafen von Meißen
(Haus Wettin), die 1247 schon die Landgrafschaft Thüringen erlangt hatten.
Damit wurde der Name S. auf die wettinischen Gebiete (Meißen, Lausitz,
Thüringen) übertragen (Obersachsen im Gegensatz zu dem seitdem als
Niedersachsen bezeichneten, ursprünglichen sächsischen Stammesgebiet). 1423
wurde die Herrschaft Stollberg im Erzgebirge gewonnen, 1427 die Herrschaft
Weida in Thüringen. 1443 und 1451 wurden die Herrschaften Hohnstein und Wildenstein
gekauft. 1439 erwarb S. im meißnisch-thüringischen Raum die Burggrafschaft
Meißen, 1466 von den Grafen von Reuß die Herrschaft Plauen und damit den Kern
des Vogtlandes. Mit dem Kauf von Finsterwalde 1425, Senftenberg 1448, Beeskow,
Storkow 1477 (Wiederkauf) und Sagan 1472 drang S. nach Osten vor. Von 1440 bis
1445 und von 1482 bis 1485 wurden die zwischenzeitlich entstandenen
Teilherrschaften wieder zusammengeführt. 1485 kam es zur Teilung in die
ernestinische Linie und die albertinische Linie, die nicht mehr rückgängig
gemacht wurde. Kurfürst Ernst (Ernestiner) erhielt das Kurland S.
(Sachsen-Wittenberg), kleine Teile der Mark Meißen und des Osterlandes und
Pleißenlandes (Eilenburg, Grimma, Borna, Leisnig, Altenburg, Zwickau, Plauen,
Schwarzenberg), den größten Teil Thüringens (Weimar, Gotha, Eisenach) und die
Pflege Coburg, das fränkische Königsberg, die Schutzherrschaft über das Bistum
Naumburg und die Reichsgrafschaft von Gleichen, Kirchberg und Reuß sowie zum
Teil Schwarzburg. Herzog Albrecht (Albertiner)
erlangte die Markgrafschaft Meißen mit den Hauptorten Dresden und Freiberg, die
Ämter Leipzig, Delitzsch-Landsberg, Zörbig, die Pfalzgrafschaft S. nebst
Sangerhausen, Ämter im nördlichen Thüringen, die Schutzherrschaft über das
Bistum Merseburg und über die Reichsgrafen und Herren von Stolberg-Hohnstein,
Mansfeld, Arnstein, Beichlingen, Leisnig, Querfurt und Schönburg. Gemeinsam
blieben die Herrschaft in Schlesien und den Lausitzen sowie die
Schutzherrschaft über Erfurt, Nordhausen, Mühlhausen, Görlitz und das Hochstift
Meißen. Die ernestinische Linie stiftete 1502 für das verloren gegangene
Leipzig die Universität Wittenberg, von der die Reformation ihren Ausgang nahm
und förderte Luther und die Reformation. 1547 unterlag Kurfürst Johann
Friedrich der Großmütige Kaiser Karl V., der daraufhin das Kurland S.
(Sachsen-Wittenberg) der albertinischen Linie übertrug, die seitdem die
Kurwürde führte. Die ernestinische Linie behielt nur die Ämter Weimar, Jena,
Saalfeld, Weida, Gotha und Eisenach sowie Coburg und erhielt 1554 noch die
Ämter Sachsenburg, Altenburg, Herbsleben und Eisenberg. ----- Das 1531 einen
Hof von schätzungsweise 500 Personen umfassende ernestinische Herzogtum teilte sich 1572 weiter auf. Die zahlreichen
Erbteilungen zersplitterten es in eine Vielzahl kleiner Länder. Dabei
entstanden 1572 Sachsen-Coburg-Eisenach (1572-1596) und Sachsen-Weimar
(1572-1603). Sachsen-Coburg-Eisenach teilte sich 1596 in Sachsen-Coburg
(1596-1633) und Sachsen-Eisenach (1596-1638). Die Linie Coburg erlosch 1633 und
vererbte die Güter an Sachsen-Eisenach. Die Linie Eisenach endete 1638. Ihre
Güter fielen zu zwei Dritteln an die Linie Sachsen-Weimar und zu einem Drittel
an die Linie Sachsen-Altenburg, die 1603 durch Teilung aus Sachsen-Weimar
entstanden war(en). Sachsen-Weimar zerfiel weiter 1640(/1641) in die Linien
Sachsen-Weimar (1640-1672), Sachsen-Eisenach (1640-1644) und Sachsen-Gotha
(1640-1680). Hiervon starb Sachsen-Eisenach 1644 aus, wobei die Güter je zur
Hälfte an Sachsen-Weimar und Sachsen-Gotha kamen. Die Güter Sachsen-Altenburgs
fielen bei dessen Aussterben 1672 zu drei Vierteln (darunter Coburg) an
Sachsen-Gotha, zu einem Viertel an Sachsen-Weimar. Im gleichen Jahr teilte sich
Sachsen-Weimar in Sachsen-Weimar (1672-1918), Sachsen-Eisenach (1672-1741) und
Sachsen-Jena (1672-1690), wovon Sachsen-Jena 1690 erlosch und seine Güter an
Sachsen-Weimar und Sachsen-Eisenach vererbte, Sachsen-Eisenach wiederum fiel
1741 an Sachsen-Weimar, das bald Mittelpunkt der klassischen deutschen
Literatur wurde, brachte. 1680/1681 zerfiel Sachsen-Gotha in die sieben Linien
Sachsen-Gotha-Altenburg (1681-1825), Sachsen-Coburg (1681-1699),
Sachsen-Meiningen (1681-1826), Sachsen-Römhild (ohne Landeshoheit) (1680-1710),
Sachsen-Eisenberg (ohne Landeshoheit) (1680-1807), Sachsen-Hildburghausen
(1680-1826) und Sachsen-Saalfeld (ohne Landeshoheit) (1680-1735,
Sachsen-Coburg-Saalfeld). Sachsen-Coburg erlosch 1699 und fiel an
Sachsen-Saalfeld und Sachsen-Meiningen, Sachsen-Eisenberg 1707 und gelangte an
Sachsen-Altenburg. Sachsen-Römhild endete 1710 und fiel an
Sachsen-Gotha-Altenburg, Sachsen-Coburg-Saalfeld, Sachsen-Meiningen und
Sachsen-Hildburghausen. 1741 starb Sachsen-Eisenach aus und kam an
Sachsen-Weimar (Sachsen-Weimar-Eisenach), wobei die beiden Landesteile
verfassungsmäßig bis 1809, verwaltungsmäßig bis 1849 getrennt blieben. 1806
traten die sächsischen Herzogtümer dem Rheinbund
bei. 1815 gewann Sachsen-Coburg-Saalfeld das Fürstentum Lichtenberg an der
Nahe, das es am 31. 5. 1834 an Preußen verkaufte. Sachsen-Weimar-Eisenach wurde
Großherzogtum, erhielt einen Teil des Erfurter Gebiets, das vorher fuldische
Amt Dermbach (Dernbach) und die königlich-sächsischen Orte Weida und Neustadt
an der Orla (Neustadt-Orla) und gab sich 1816 eine Verfassung. Als 1825
Sachsen-Gotha-Altenburg ausstarb, wurden die vier Herzogtümer
Sachsen-Gotha-Altenburg, Sachsen-Hildburghausen, Sachsen-Coburg-Saalfeld und
Sachsen-Meiningen am 12. 11. 1826 durch Schiedsspruch König Friedrich Augusts
I. von S. in die Herzogtümer Sachsen-Meiningen
(1826-1918), Sachsen-Altenburg (1826-1918) sowie Sachsen-Coburg und Gotha
(1826-1918) neu gegliedert, wobei der Herzog von
Sachsen-Hildburghausen unter Verzicht auf dieses Sachsen-Altenburg übernahm,
Sachsen-Meiningen Sachsen-Hildburghausen und das zu Sachsen-Coburg gehörige Sachsen-Saalfeld
erhielt und Sachsen-Coburg mit Sachsen-Gotha in Personalunion vereinigt wurde.
Die(se) vier sächsischen Herzogtümer
(Sachsen-Weimar-Eisenach, Sachsen-Meiningen, Sachsen-Altenburg, Sachsen-Coburg
und Gotha), von denen Coburg 1821, Meiningen 1829 und Altenburg 1831 eine
Verfassung erhielten, traten 1833/1834 dem Deutschen Zollverein, 1867 dem
Norddeutschen Bund und 1871 dem Deutschen Reich bei. 1877/1903 wurde
Sachsen-Weimar-Eisenach in Großherzogtum S. umbenannt. Vom 9. bis 14. 11. 1918
dankten die Fürsten ab. Aus den damit entstandenen Freistaaten bildete sich von
1918 bis 1921 das Land Thüringen (so ab 1. 5. 1920). Lediglich Coburg fiel an
Bayern. ----- Das seit 1547 albertinische Kursachsen, das 1499 die
Primogeniturerbfolge einführte, Beeskow, Storkow und Sorau (1515 an
Brandenburg), Sagan (bis 1547) und Friedland (bis 1515) erwarb, 1547 einen
Großteil der Gebiete der ernestinischen Linie erhielt, 1539/1541 zur
Reformation übertrat und 1572 in den Kursächsischen Konstitutionen sein Recht zu
vereinheitlichen versuchte, erlangte 1559/1591 die evangelisch gewordenen
Hochstifte Meißen, Merseburg und Naumburg sowie 1556/1569 das Vogtland und
Teile der Herrschaft Schönburg sowie 1583 Teile der Grafschaft Henneberg,
näherte sich im Dreißigjährigen Krieg an Österreich/Habsburg an und erlangte
dafür 1620/1635 die Niederlausitz, die Oberlausitz und das Erzstift Magdeburg,
das 1648/1680 aber an Brandenburg kam. Von der Hauptlinie spalteten sich 1657
die Nebenlinien Sachsen-Weißenfels (bis 1746), Sachsen-Merseburg (bis 1738) und
Sachsen-Zeitz (bis 1718, Naumburg, Zeitz, Neustadt, Schleusingen, Suhl) ab,
fielen aber bis 1746 wieder zurück. Unter August dem Starken setzte sich der
Absolutismus durch. Dresden wurde als Hauptstadt ein Kulturzentrum. Der Kurfürst
trat zum Katholizismus über und gab die Rechte an Sachsen-Lauenburg an
Hannover, die Erbvogtei über Quedlinburg, das Reichsschulzenamt über Nordhausen
und die Ämter Lauenburg (Lauterberg), Seweckenberge (Sevenberg), Gersdorf
(Gersdorff) und Petersberg (bei Halle) an Brandenburg, um die Königskrone
Polens zu gewinnen (1697). Danach bestand eine Personalunion mit Polen bis
1763. Am Ende des 18. Jahrhunderts umfasste S. 450 Quadratmeilen mit 1,35
Millionen Einwohnern. 1806 wurde Kurfürst Friedrich August III. Mitglied des
Rheinbunds, musste Gebiete an das Königreich Westphalen abtreten, erhielt dafür
den Königstitel und wurde 1807 in Personalunion Herzog
des Herzogtums Warschau. Nach der an der Seite
Frankreichs erlittenen Niederlage in der Völkerschlacht von Leipzig kam S. 1813
zunächst unter die Verwaltung eines russischen, dann eines preußischen
Gouverneurs. Am 12. 5. 1815 musste S. seine nördlichen Gebiete ([Kurkreis mit
Wittenberg, Stiftsgebiete von Merseburg und Naumburg, thüringischer Kreis,
Mansfeld, Stolberg, Barby, Querfurt], insgesamt 20000 Quadratkilometer, 860000
Einwohner, 57,5 Prozent der Fläche und 42,2 Prozent der Einwohner) an Preußen
abtreten (Ämter Wittenberg [mit den Städten Wittenberg, Kemberg, Zahna und
Schmiedeberg], Gräfenhainichen, Belzig [mit den Städten Belzig, Brück
<Bruck> und Niemegk <Niemeck>], Gommern mit Elbenau [Burggrafschaft
Magdeburg mit der Stadt Gommern], Seyda, Annaburg, Schweinitz [mit den Städten
Schweinitz, Jessen, Schönewalde <Schönwalde>, Herzberg und Prettin], Pretzsch,
Schlieben [mit der Stadt Schlieben und den Herrschaften Baruth und Sonnewalde],
Liebenwerda und Bitterfeld). Dabei kam die Ostoberlausitz (Görlitz, Lauban) zur
preußischen Provinz Schlesien, die Niederlausitz und der erst 1807 von Preußen
übernommene Kreis Cottbus gelangten zur Provinz Brandenburg und das Gebiet des
ehemaligen Herzogtums Sachsen-Wittenberg mit der
Grafschaft Brehna, die Hochstifte Merseburg und Naumburg (Naumburg-Zeitz), die
Grafschaft Barby, der Thüringer Kreis, ein Teil des Neustädter Kreises
(Ziegenrück) sowie Teile der Grafschaft Henneberg bildeten zusammen mit
Altmark, Erzstift Magdeburg, Hochstift Halberstadt (mit Aschersleben), den
Grafschaften Hohnstein, Wernigerode, Stolberg, Querfurt und Mansfeld, Stift
Quedlinburg, Mühlhausen, Nordhausen, Erfurt und dem Eichsfeld sowie der
Ganerbschaft Treffurt die neue Provinz S. (1. 4. 1816, Verordnung vom 30. 4.
1815) mit der Hauptstadt Magdeburg, die den Rang eines Herzogtums
hatte (Gliederung in drei Regierungsbezirke Magdeburg, Merseburg und Erfurt,
Sitz der Provinzialselbstverwaltung in Merseburg). 1866 kamen Schmalkalden und
Ilfeld hinzu. Am 1. 4. 1944 wurde zum 1. 7. 1944 bezüglich dieser durch das
Fürstentum Anhalt in zwei Teile geteilten und durch mehrere Exklaven und
Enklaven aufgesplitterten Provinz S. mit den Regierungsbezirken Magdeburg,
Merseburg und Erfurt der Reichsstatthalter in Thüringen mit der Wahrnehmung der
Aufgaben und Befugnisse des Oberpräsidenten in der staatlichen Verwaltung des
Regierungsbezirks Erfurt beauftragt (nach der Kapitulation vom 8. 5. 1945 an
Thüringen) und die Provinz in die Provinzen Magdeburg und Halle-Merseburg
aufgeteilt. 1945 gelangte nach dem Rückzug der Truppen der Vereinigten Staaten
von Amerika, die das Gebiet bis zur Elbe besetzt hatten, das Land Anhalt zu
diesen beiden Provinzen und bildete mit ihnen vom 5. 7. 1945 bis 1952 (str.)
das Land (Provinz) Sachsen-Anhalt, das vom 23. 7. 1952 bis 3.10.1990 auf die
Bezirke Magdeburg und Halle aufgeteilt, mit dem Beitritt der Deutschen
Demokratischen Republik zur Bundesrepublik aber wiederhergestellt wurde. -----
Das 1813/1815 nach der Abtretung des nördlichen Teiles an Preußen (Provinz
Sachsen) verbliebene Gebiet des Königreiches S. (Riesa, Löbau, Bautzen, Kamenz,
Zittau, Königstein, Marienberg, Plauen, Zwickau, Crimmitschau, Leipzig,
Chemnitz, Meißen, Dresden, Großenhain, Oschatz, Grimma, Borna, Rochlitz,
Glauchau, Auerbach, Oelsnitz, Schwarzenberg, Annaberg, Freiberg,
Dippoldiswalde, Pirna, Döbeln, Flöha, Stollberg) umfasste etwa 15000
Quadratkilometer mit 1183000 Einwohnern und wurde rasch zum ausgeprägten
Industriestaat. 1831 erhielt er eine Verfassung mit Zweikammersystem. 1848/1849
schlug S. mit Hilfe Preußens einen Aufstand blutig nieder. 1863 gab es sich ein
Bürgerliches Gesetzbuch. 1866 blieb S. trotz der Niederlage des Deutschen
Bundes gegen Preußen auf Betreiben Bismarcks erhalten, musste aber dem
Norddeutschen Bund beitreten. 1903 errangen die Sozialdemokraten fast alle
sächsischen Reichstagssitze (rotes S.). Am 10. 11. 1918 wurde in Dresden von
den Arbeiterräten und Soldatenräten die Republik S. ausgerufen. Am 13. 11. 1918
verzichtete der König auf den Thron. Am 1. 11. 1920 wurde eine Landesverfassung
des Freistaats S. in Kraft gesetzt. 1933 übernahmen die Nationalsozialisten die
Macht. 1939 umfasste das Land S. 14995 Quadratkilometer mit 5230000 Einwohnern.
1945 kam auch der zuerst von amerikanischen Truppen besetzte Westen Sachsens
zur sowjetischen Besatzungszone. Die westlich der Oder-Neiße liegenden Gebiete
der preußischen Provinz Niederschlesien (Hoyerswerda, Görlitz) wurden dem Land
S. eingegliedert. Die östlich der Neiße gelegene Hälfte des sächsischen Kreises
Zittau mit Kleinschönau, Reichenau, Zittau-Poritsch, Seitendorf, Weigsdorf und
den später im Tagebau untergegangenen Dörfern Reibersdorf und Friedersdorf kam
unter die Verwaltung Polens und damit 1990 an Polen. Am 28. 2. 1947 erließ der
Landtag eine Landesverfassung. 1949 wurde das Land ein Teil der Deutschen
Demokratischen Republik. Am 23. 7. 1952 wurde es aufgelöst (str.) und auf die
Bezirke Chemnitz, Dresden und Leipzig aufgeteilt, zum 3. 10. 1990
wiederbegründet (ohne die Kreise Altenburg und Schmölln, aber mit den Kreisen
Hoyerswerda und Weißwasser). Hauptstadt des rund 4900000 Einwohner zählenden
Landes wurde wieder Dresden. Am 1. 4. 1992 kamen zehn Gemeinden (Elsterberg,
Mühltroff, Pausa, Ebersgrün, Görschnitz, Langenbach [Lengenbach], Ranspach
[Ransbach], Thierbach, Unterreichenau, Cunsdorf) mit 12000 Einwohnern von
Thüringen wieder an Sachsen zurück.
L.: Wolff 374ff., 392ff.; Zeumer 552ff. I 6; Großer Historischer Weltatlas II
34 F3, II 66 (1378) F3, II 78 E2, III 21 (1648) F3, III 22 F3, III 38 (1789)
E2; Blaschke, K./Kretzschmar, H., (Ober-)Sachsen und die Lausitzen, (in)
Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Die Territorien des Reichs 2, 8; Die
Territorien des Reichs 4, 8; Bauer 1, 569; Historischer Atlas von Sachsen
(950-1815), 1816; Süssmilch-Hörnig, M. v., Historisch-geographischer Atlas von
Sachsen und Thüringen, 1861f.; Codex diplomaticus Saxoniae regiae, Bd. 1ff. 1864ff.;
Geschichtsquellen der Provinz Sachsen und angrenzender Gebiete, hg. v. d. hist.
Komm. d. Provinz Sachsen 1870ff.; Oeder, M., Die erste Landesvermessung des
Kurstaates Sachsen, hg. v. Ruge, S., 1889; Kirchhoff, A., Karte der
territorialen Zusammensetzung der Provinz Sachsen, 1891; Beschorner, H.,
Denkschrift über die Herstellung eines historischen Ortsverzeichnisses für das
Königreich Sachsen, 1903; Hantzsch, V., Die ältesten gedruckten Karten der
sächsisch-thüringischen Länder 1550-1593, 1906; Beschorner, H., Geschichte der
sächsischen Kartographie im Grundriss, 1907; Hänsch, E., Die wettinische
Hauptteilung von 1485 und die aus ihr folgenden Streitigkeiten bis 1491, Diss.
phil. Leipzig 1909; Bibliographie der sächsischen Geschichte, hg. v. Bemmann, R./Jatzwauk,
J., Bd. 1ff. 1918ff.; Friedensburg, W., Die Provinz Sachsen, ihre Entstehung
und Entwicklung, 1919; Treitschke, C., Die Landesaufnahmen Sachsens von
1780-1921, Beiträge zur deutschen Kartographie, hg. v. Praesent, H., 1921;
Kessler, E., Die Ämter und Kreise im Gebiete des Kurfürstentums Sachsen mit
Einschluss der Lausitzen von den Anfängen bis 1815, 1921; Kretzschmar, H.,
Historisch-statistisches Handbuch für den Regierungsbezirk Magdeburg, Bd. 1
1926; Meiche, A., Historisch-topographische Beschreibung der
Amtshauptmannschaft Pirna, 1927; Beschorner, H., Der geschichtliche Atlas von
Sachsen, 1931, Amt und Volk 5; Schnath, G., Hannover und Westfalen in der
Raumgeschichte Nordwestdeutschlands, 1932; Mörtzsch, O.,
Historisch-topographische Beschreibung der Amtshauptmannschaft Großenhain,
1935; Kötzschke, R./Kretzschmar, H., Sächsische Geschichte, Bd. 1f. 1935,
Neudruck 1965; Mitteldeutscher Heimatatlas, hg. v. d. Hist. Kommission für die
Provinz Sachsen, 1935-1943; Mentz, G., Weimarische Staats- und Regentengeschichte
1648-1750, 1936; Flach, W., Die staatliche Entwicklung Thüringens in der
Neuzeit, Zs. d. V. f. thür. G. N.F. 35 (1941); Freytag, H., Die Herrschaft der
Billunger in Sachsen, 1951; Brather, H., Die ernestinischen Landesteilungen des
16. und 17. Jahrhunderts, 1951; Helbig, H., Der wettinische Ständestaat, 1955;
Blaschke, K., Historisches Ortsnamensverzeichnis von Sachsen, 1957; Lütge, F.,
Die mitteldeutsche Grundherrschaft, 2. A. 1957; Hessler, W., Mitteldeutsche
Gaue des frühen und hohen Mittelalters, 1957; Hömberg, A., Westfalen und das
sächsische Herzogtum, 1958; Atlas des Saale- und
mittleren Elbegebietes, hg. v. Schlüter, O./August, O., 1959f.; Polenz, P. v.,
Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, I, 12, II, 22, 51, 52, III, 30,
Sahsonolant, Saxonia, Saxones Volksname, Sachsen; Schnath, G./Lübbing,
H./Möhlmann, G./Engel, F., Geschichte des Landes Niedersachsen, 1962;
Schlesinger, W., Kirchengeschichte Sachsens im Mittelalter, Bd. 1f. 1962;
Sächsische Bibliographie, hg. v. d. Sächsischen Landesbibliothek, 1962ff.;
Handbuch der historischen Stätten, Bd. 8, hg. v. Schlesinger, W., 1965;
Schmidt, G., Die Staatsreform in Sachsen in der ersten Hälfte des 19.
Jahrhunderts, 1966; Geschichte Thüringens, hg. v. Patze, H./Schlesinger, W.,
Bd. 1ff. 1967ff.; Blaschke, K., Sachsen im Zeitalter der Reformation, 1970;
Klein, T., Provinz Sachsen, (in) Grundriss der deutschen Verwaltungsgeschichte
1815-1945, hg. v. Hubatsch, W., 1975f.; Klein, T., Sachsen, 1982; Geschichte
Sachsens, hg. v. Czok, K., 1989; Blaschke, K., Geschichte Sachsens im
Mittelalter, 1990; Sachsen. Eine politische Landeskunde, hg. v. Gerlach, S.,
1993; Sachsen und Mitteldeutschland, hg. v. Hess, U. u. a., 1995; Meyn, J., Vom
spätmittelalterlichen Gebietsherzogtum zum frühneuzeitlichen ”Territorialstaat”,
1995; Ehlers, J. u. a., Sachsen, LexMA 7 1995, 1231ff.; Sachsen 1763-1832, hg.
v. Schirmer, U., 1996; Schirmer, U., Das Amt Grimma, 1996; Becher, M., Rex, Dux
und Gens, 1996; Lück, H., Die kursächsische Gerichtsverfassung 1423-1550, 1997;
Landesgeschichte in Sachsen, hg. v. Aurig, S. u. a., 1997; Geschichte des
sächsischen Adels, hg. v. Keller, K. u. a., 1997; Held, W., August der Starke
und der sächsische Adel, 1999; Gross, R., Geschichte Sachsens, 1999; Sachsen in
Deutschland, hg. v. Retallack, J., 2000; Sächsische Parlamentarier, bearb. v.
Dröscher, E. u. a., 2001; Historisches Ortsnamenbuch von Sachsen, hg. v.
Eichler, E. u. a., 2001; Sachsen in der NS-Zeit, hg. v. Vollnhals, C., 2002;
Keller, K., Landesgeschichte Sachsen, 2002; Vötsch, J., Kursachsen, das Reich
und der mitteldeutsche Raum zu Beginn des 18. Jahrhunderts, 2003;
Diktaturdurchsetzung in Sachsen, hg. v. Behring, R. u. a., 2003; Höfe und
Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 446,
880; Richter, M., Die Bildung des Freistaates Sachsen, 2004; Die Herrscher
Sachsens, hg. v. Kroll, F., 2004; Hesse, C., Amtsträger der Fürsten im
spätmittelalterlichen Reich, 2005; Hädecke, W., Dresden, 2006; Geschichte der
Stadt Dresden, hg. v. Blaschke, K. u. a., Bd. 1-3, 2006; Schirmer, U.,
Kursächsische Staatsfinanzen (1456-1656), 2006; Krüger, N., Landesherr und
Landstände in Kursachsen, 2007; Moritz von Sachsen, hg. v. Blaschke, K., 2007;
Ott, T., Präzedenz und Nachbarschaft. Das albertinische Sachsen und seine Zuordnung
zu Kaiser und Reich im 16. Jahrhundert, 2008; Ostsiedlung und Landesausbau in
Sachsen, hg. v. Bünz, E., 2008; .Zusammenschlüsse und Neubildungen deutscher
Länder im 19. und 20. Jahrhundert, hg. v. Kretzschmar, R. u. a., 2013, 51ff.
Sachsen (Pfalzgrafschaft). Im südlichen Teil des
Herzogtums S. richtete König Otto I. die
Pfalzgrafschaft S. ein. Sie stand 1088 den Grafen von Sommerschenburg, 1180 den
Landgrafen von Thüringen, 1247/1264 dem Haus Wettin, 1291 den Markgrafen von
Brandenburg und 1347 dem Haus Wettin zu. Sie umfasste zunächst das Gebiet um
Lauchstädt, seit etwa 1350 auch das Gebiet um Allstedt. Die Goldene Bulle von
1356 ordnete sie als Zubehör des Herzogtums S.
ein.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) G3, III 22 (1648) F3; Starke, H.
D., Die Pfalzgrafen von Sachsen, Diss. phil. Kiel 1953; Starke, H., Die
Pfalzgrafen von Sachsen bis zum Jahre 1088, Braunschweig. Jb. 36 (1955), 24.
Sachsen (Provinz). S. ist die am 1. 4. 1816 aus
unterschiedlichen Gebieten gebildete Provinz Preußens. Sie bestand
hauptsächlich aus 1815 wiedererlangten Gebieten Preußens (Herzogtum Magdeburg, Altmark, Fürstentum Halberstadt, Wernigerode,
Hohnstein, Mansfeld, Nordhausen, Mühlhausen, Eichsfeld, Erfurt), aus von
Sachsen abgetretenen Gebieten (Kurkreis mit Wittenberg, Torgau, Hochstift
Merseburg, Hochstift Naumburg-Zeitz, thüringischer Kreis mit Stolberg,
Querfurt, Barby, Ziegenrück, Schleusingen) und aus den schwarzburgischen Ämtern
Heringen und Kelbra. 1945 wurde sie erweitert und 1946 in die Provinz
Sachsen-Anhalt überführt.
L.: Jacobs, E., Geschichte der in der Provinz Sachsen vereinigten Gebiete,
1883; Friedensburg, W., Die Provinz Sachsen, 1919; Zusammenschlüsse und
Neubildungen deutscher Länder im 19. und 20. Jahrhundert, hg. v. Kretzschmar,
R. u. a., 2013, 51.
Sachsen-Altenburg (Herzogtum,
Freistaat). Sachsen-Wittenberg, 1260 aus dem nach der Absetzung Herzog Heinrichs des Löwen (1180) geschaffenen Herzogtum Sachsen gebildet, spaltete sich 1485 in die
albertinische Linie und die ernestinische Linie. Die ernestinische Linie
erhielt den größten Teil Thüringens und das Vogtland. Sie splitterte ab 1572 in
zahlreiche Teilherzogtümer auf. Dabei entstand 1572 Sachsen-Weimar und hieraus
1603 das nach dem bereits 976 als Ausstattungsgut des Bistums Zeitz erwähnten,
1328 an die Wettiner gefallenen Altenburg an der Pleiße nördlich von Zwickau
benannte S. Dieses erlangte 1640 aus dem Erbe Sachsen-Coburgs Coburg,
Hildburghausen und Römhild, 1660 einige hennebergische Ämter (u. a. Meiningen).
Seine Güter kamen beim Aussterben der Linie 1672 zu drei Vierteln an
Sachsen-Gotha, zu einem Viertel an Sachsen-Weimar. 1680 zerfiel Sachsen-Gotha
unter anderem in Sachsen-Gotha-Altenburg (daneben Sachsen-Meiningen,
Sachsen-Coburg, Sachsen-Römhild, Sachsen-Hildburghausen). Später kamen die
Ämter Altenburg und Ronneburg, die Städte und Ämter Eisenberg, Camburg
(Camberg) und Stadtroda (Roda) und das Amt Kahla an Sachsen-Gotha-Altenburg und
die Ämter Saalfeld, Gräfenthal und Probstzella an Coburg-Saalfeld. Am Ende des
18. Jahrhunderts gehörten S. und Sachsen-Gotha zur weltlichen Bank des Reichsfürstenrates
des Reichstags und zum obersächsischen Reichskreis. 1825 erlosch das Haus. Am
12. 11. 1826 erfolgte durch Schiedsspruch König Friedrich Augusts I. von
Sachsen eine umfassende Neuordnung in die Herzogtümer
S., Sachsen-Coburg und Gotha und Sachsen-Meiningen. Herzog
Friedrich von Sachsen-Hildburghausen erhielt für seinen Verzicht auf
Sachsen-Hildburghausen das neue S. Dieses S. erlangte am 29. 4. 1831 eine
Verfassung und trat 1833/1834 dem Deutschen Zollverein, 1867 dem Norddeutschen
Bund und 1871 dem Deutschen Reich bei. 1910 umfasste es 1324 Quadratkilometer
mit 216100 Einwohnern. Im November 1918 dankte der Herzog
ab. Der Freistaat S. schloss sich dem Land Thüringen (1. 5. 1920) an, dessen
Gebiet von 1949 bis 1990 zur Deutschen Demokratischen Republik gehörte.
L.: Wolff 398; Zeumer 553 II b 13; Wallner 709f. ObersächsRK 9, 18; Großer
Historischer Weltatlas III 38 (1789) D2; Schneider, F./Tille, A., Einführung in
die thüringische Geschichte, 1931; Geschichte Thüringens, hg. v. Patze,
H./Schlesinger, W., Bd. 1ff. 1967ff.; Roubitscheck, Die Altenburger
Landesvermessung und die von ihr abgeleiteten Kartenwerke, Wiss. Z. der
Martin-Luther-Univ. Halle-Wittenberg, Math.-nat. Reihe 7 (1958); Wolfrum, A.,
Die Sozialdemokratie im Herzogtum
Sachsen-Altenburg zwischen 1848 und 1920, 2003.
Sachsen-Coburg (Herzogtum).
1353 erlangten die Wettiner (Markgrafen von Meißen) Coburg und teilten es 1485
der ernestinischen Linie zu. S. entstand als sächsisches Teilherzogtum aus
Sachsen-Coburg-Eisenach 1596 und erlosch 1633. 1680/1681 teilte sich von
Sachsen-Gotha erneut S. ab, das 1699 erlosch. Nach langwierigen
Erbstreitigkeiten fiel Coburg 1735 an Sachsen-Saalfeld unter der Landeshoheit
Sachsen-Gothas, womit Sachsen-Coburg-Saalfeld entstand. Am Ende des 18.
Jahrhunderts gehörte S. der weltlichen Bank des Reichsfürstenrates des
Reichstags an. Um 1800 zählte S. (auch) zum Kanton Baunach des Ritterkreises
Franken. Das durch zahlreiche Prozesse und Misswirtschaft hochverschuldete Land
trat 1806 dem Rheinbund und 1815 dem Deutschen Bund bei. 1826 gab der Herzog Saalfeld und das Amt Themar an
Sachsen-Meiningen ab und erhielt dafür Sachsen-Gotha und die Ämter Königsberg
und Sonnefeld. S. Sachsen-Coburg und Gotha.
L.: Zeumer 553 II b 11; Großer Historischer Weltatlas III 38 (1789) D2;
Riedenauer 129; Nicklas, C., Das Haus Sachsen-Coburg, 2003; Dressel, C. v., Die
Entwicklung von Verfassung und Verwaltung in Sachsen-Coburg 1800-1826, 2007.
Sachsen-Coburg-Eisenach (Fürstentum). 1572 entstand durch Erbteilung der ernestinischen Linie des Herzogtums Sachsen S. Dieses teilte sich 1596 in Sachsen-Coburg (1596-1633) und Sachsen-Eisenach. Sachsen-Coburg vererbte seine Güter an Sachsen-Eisenach, dieses 1638 an Sachsen-Weimar und Sachsen-Altenburg.
Sachsen-Coburg und Gotha (Herzogtum,
Freistaat). Sachsen-Wittenberg, 1260 aus dem nach der Absetzung Heinrichs des
Löwen geschaffenen Herzogtum Sachsen entstanden,
spaltete sich 1485 in die albertinische Linie und in die ernestinische Linie,
die den größten Teil Thüringens und das Vogtland erhielt. Sie zersplitterte ab
1572 in zahlreiche Teilherzogtümer. Dabei entstand 1572 Sachsen-Coburg-Eisenach
und 1596 Sachsen-Coburg, das 1633 erlosch, wobei die Güter an Sachsen-Weimar
und Sachsen-Altenburg fielen. Aus den Gütern Sachsen-Altenburgs kam 1672 Coburg
an Sachsen-Gotha. Dieses zerfiel 1680 in Sachsen-Gotha-Altenburg und
Sachsen-Coburg, das 1699 erlosch. Nach dem Erlöschen Sachsen-Eisenbergs und
Sachsen-Römhilds entstanden unter anderem Sachsen-Gotha-Altenburg und
Sachsen-Coburg-Saalfeld. Am Ende des 18. Jahrhunderts gehörten Sachsen-Gotha
und Sachsen-Coburg der weltlichen Bank des Reichsfürstenrates des Reichstags
an. Am 12. 11. 1826 erfolgte durch Schiedsspruch König Friedrich Augusts I. von
Sachsen eine umfassende Neuordnung in die Herzogtümer
Sachsen-Altenburg, S. und Sachsen-Meiningen. S. bestand unter Personalunion aus
den beiden Herzogtümern Sachsen-Coburg und
Sachsen-Gotha. 1833/1834 trat es dem Deutschen Zollverein bei, erhielt am 3. 5.
1852 eine Verfassung (Landesgrundgesetz) und wurde 1867/1871 Mitglied des
Norddeutschen Bundes bzw. des Deutschen Reiches. 1893 trat die englische Linie
des Hauses Coburg die Nachfolge an. Am 14. 11. 1918 dankte der Herzog ab. Der Freistaat Gotha ging am 1. 5. 1920 im
Land Thüringen auf. Der Landesteil Coburg kam durch Volksabstimmung am 1. 7.
1920 zu Bayern. 1945 gehörte Thüringen zur sowjetischen Besatzungszone und
damit von 1949 bis 1990 zur Deutschen Demokratischen Republik. Am 23. 7. 1952
wurde es aufgelöst (str.), am 3. 10. 1990 wieder begründet.
L.: Zeumer 552ff. II b 11, 12; Schneider, F./Tille, A., Einführung in die
thüringische Geschichte, 1931; Geschichte Thüringens, hg. v. Patze,
H./Schlesinger, W., Bd. 1ff. 1967ff.
Sachsen-Coburg-Saalfeld (Herzogtum).
Seit 1690 bestand das Fürstentum Sachsen-Saalfeld der ernestinischen Linie der
Herzöge von Sachsen mit dem Sitz in Saalfeld an der Saale. 1735 entstand durch
den Anfall Sachsen-Coburgs an Sachsen-Saalfeld das Herzogtum
S. Es gehörte am Ende des 18. Jahrhunderts zur weltlichen Bank des
Reichsfürstenrats des Reichstags. Es umfasste aus dem Bestand Sachsen-Coburgs
Stadt und Amt Coburg und die Gerichtsbezirke Gestungshausen, Lauter
(Unterlauter), Rodach, Neustadt an der Heide und Steinheid, aus dem Bestand
Sachsen-Saalfelds die Ämter Saalfeld, Gräfenthal und Probstzella. Außerdem
hatte es zwei Drittel des Amtes Themar Hennebergs. 1710 kamen Teile
Sachsen-Römhilds hinzu. Um 1800 zählte S. auch zum Kanton Baunach des
Ritterkreises Franken. Das durch viele Prozesse und durch Misswirtschaft
hochverschuldete Land trat 1806 dem Rheinbund und 1815 dem Deutschen Bund bei.
1816 erhielt es das Fürstentum Lichtenberg an der Nahe. 1826 gab der Herzog Saalfeld und das Amt Themar an
Sachsen-Meiningen ab und erlangte dafür die Ämter Königsberg und Sonnefeld.
Coburg wurde Teil des neuen Herzogtums
Sachsen-Coburg und Gotha.
L.: Wolff 397; Bauer 1, 607; Geschichte Thüringens, hg. v. Patze,
H./Schlesinger, W., Bd. 1ff. 1967ff.; Strauch, D., Birkenfeld, Lichtenberg,
Meisenheim etc. (in) Engagierte Verwaltung für die Wissenschaft, 2007, 487
Sachsen-Eisenberg s. Sachsen-Gotha-Eisenberg (Herzogtum, ohne Landeshoheit).
Sachsen-Gotha (Herzogtum).
1572 entstand durch Erbteilung der ernestinischen Linie Sachsens
Sachsen-Weimar. Gotha blieb mit Coburg vereint und fiel 1633 an Eisenach. Nach
Abteilung von Sachsen-Altenburg spaltete Sachsen-Weimar 1640/1641 unter Ernst
dem Frommen S. ab. 1645 erlangte es Teile Sachsen-Weimars, 1672/1673
Sachsen-Altenburg. 1680 zerfiel S. in sieben Linien, darunter
Sachsen-Gotha-Altenburg. 1707 fiel das Herzogtum
Sachsen-Gotha-Eisenberg (Sachsen-Eisenberg) an. Am Ende des 18. Jahrhunderts
zählte S., das zusammen mit der Reichsgrafschaft Gleichen ein Gebiet von 28
Quadratmeilen mit 82000 Einwohnern innehatte, zur weltlichen Bank des
Reichsfürstenrats des Reichstags sowie zum obersächsischen Reichskreis. Um 1800
gehörte S. (auch) den Kantonen Rhön-Werra und Baunach des Ritterkreises Franken
an. 1806 trat es dem Rheinbund, 1815 dem Deutschen Bund bei. 1825 starb die
regierende Linie aus. Am 12. 11. 1826 entstand bei der Neuordnung der
sächsischen Herzogtümer Sachsen-Coburg und
Gotha, wobei Altenburg an den Herzog von
Sachsen-Hildburghausen kam.
L.: Wolff 397; Zeumer 553 II b 12; Wallner 709 ObersächsRK 8; Großer
Historischer Weltatlas III 38 (1789) D2; Bauer 1, 609.
Sachsen-Gotha-Altenburg (Herzogtum).
1680 entstand bei der Teilung Sachsen-Gothas unter anderem S. 1707 fiel
Sachsen-Gotha-Eisenberg an. Am Ende des 18. Jahrhunderts zählte S., das
zusammen mit der Reichsgrafschaft Gleichen ein Gebiet von 28 Quadratmeilen mit
82000 Einwohnern umfasste, zur weltlichen Bank des Reichsfürstenrats des
Reichstags und zum obersächsischen Reichskreis. E hatte aus dem Bestand
Sachsen-Gothas Stadt Gotha und Amt Gotha, die Ämter Tenneberg, Reinhardsbrunn,
Georgenthal, Schwarzwald oder Zella, Wachsenburg, Volkenroda und Tonna, die
obere Herrschaft Kranichfeld und den unter Sachsen-Gothas Oberhoheit stehenden
Teil der Grafschaft Gleichen, aus dem Bestand Sachsen-Altenburgs die Ämter
Altenburg und Ronneburg, die Städte und Ämter Eisenberg, Camburg und Stadtroda
sowie das Amt Kahla. Um 1800 gehörte es den Kantonen Rhön-Werra und Baunach des
Ritterkreises Franken an. 1806 trat es dem Rheinbund bei, 1815 dem Deutschen
Bund. 1825 starb die Linie aus. Am 12. 11. 1826 fiel Gotha an das neue Herzogtum Sachsen-Coburg und Gotha, Altenburg an das
neue Herzogtum Sachsen-Altenburg unter dem Herzog von Sachsen-Hildburghausen. S. Sachsen-Gotha.
L.: Wolff 395.
Sachsen-Gotha-Eisenberg, Sachsen-Eisenberg (Herzogtum). 1680 entstand durch Aufteilung Sachsen-Gothas die Linie Sachsen-Gotha-Eisenberg, die keine Landeshoheit hatte und 1707 erlosch. Die Güter kamen an Sachsen-Gotha-Altenburg. S. Sachsen-Eisenberg.
Sachsen-Hildburghausen (Herzogtum).
Hildburghausen an der Werra dürfte in fränkischer Zeit gegründet worden sein
und wird 1234 erstmals erwähnt. Über die Grafen von Henneberg-Bodenlaube
(Henneberg-Botenlauben) (bis 1234), das Hochstift Würzburg (bis 1304), die
Markgrafen von Brandenburg, die Herrschaft Coburg, die Grafen von
Henneberg-Schleusingen (1316) und die Burggrafen von Nürnberg (1353) kam es
1374 mit dem Amt Heldburg durch Heirat an die Landgrafen von Thüringen/Markgrafen
von Meißen. Hier fiel es 1572 innerhalb des Hauses Wettin/Sachsen an die Linie
Sachsen-Coburg, nach deren Aussterben 1638-1640 an Sachsen-Altenburg und
1672-1680 an Sachsen-Gotha. 1680 wurde es bei der Teilung nach Ernst dem
Frommen Residenz des Herzogtums S. (aus dem
Bestand Sachsen-Coburgs Hildburghausen, Heldburg, Eisfeld, 1683 Königsberg
[1683] und die Klosterämter Veilsdorf, und 1705 Sonnefeld [1705], aus Henneberg
das Amt Behrungen [, 1714]), das zunächst unter der Aufsicht Sachsen-Gothas
stand, aber 1702 volle Landeshoheit erhielt. Infolge übergroßen Aufwands musste
1769 die kaiserliche Zwangsschuldenverwaltung hingenommen werden. Das in
weiblicher Erbfolge erlangte Cuylenburg bzw. Culemborg wurde 1720 an die
Generalstaaten der Niederlande verkauft. Um 1800 zählte S. zu den Kantonen
Rhön-Werra und Baunach des Ritterkreises Franken. 1826 kam bei der umfassenden
Neuordnung der sächsischen Herzogtümer die Linie
S. nach Sachsen-Altenburg. Die Güter Sachsen-Hildburghausens fielen bis auf die
Ämter Königsberg und Sonnefeld an Sachsen-Meiningen.
L.: Wolff 397; Großer Historischer Weltatlas III 38 (1789) D2; Riedenauer 129;
Human, A., Chronik der Stadt Hildburghausen, 1886; Hildburghausen 1324-1924.
Festschrift zur 600-Jahr-Feier der Stadt, 1924; Kaiser, E., Südthüringen, 2. A.
1954.
Sachsen-Lauenburg (Herzogtum).
Das an der Niederelbe gelegene Land wurde nach dem Abzug der Germanen im
Frühmittelalter von wendischen Polaben besiedelt, im 12. Jahrhundert aber von
den Welfen erobert. 1142/1143 belehnte Herzog
Heinrich der Löwe Heinrich von Badwide mit der Grafschaft Ratzeburg, die den
größten Teil des späteren Lauenburg einnahm. Nach dem Sturz Heinrichs des Löwen
(1180) fiel das Gebiet an Dänemark und durch Eroberung (1227) an die Askanier,
die 1182 die Burg Lauenburg erbauten und nach dem Aussterben der Badewider die
Grafschaft Ratzeburg einzogen. Bei der Teilung des askanischen Herzogtums Sachsen 1260/1295/1296 erhielt die ältere
Linie das Herzogtum S. (verstreute Güter an der
unteren Elbe) mit Hadeln. 1302/1303 wurde in drei Linien geteilt. Später gingen
umfangreiche Güter an Lübeck und Hamburg verloren (1359 Mölln, 1370 Bergedorf).
1683 konnte Mölln zurückerworben werden. Bei dem Aussterben der Herzöge kam das
zum niedersächsischen Reichskreis gehörige Herzogtum
1689 nach längerem Streit erbweise an Herzog
Georg-Wilhelm von Lüneburg-Celle (Hannover). S. behielt aber eine eigene
Verwaltung. Das Gebiet des ca. 28 Quadratmeilen umfassenden Herzogtums enthielt neben dem Land Hadeln die Städte
Ratzeburg, Lauenburg (beide mit den gleichnamigen Ämtern) und Mölln, die Ämter
Neuhaus, Schwarzenbek (Schwarzenbeck) und Steinhorst und 27 adlige Güter. 1803
kam es an Frankreich, dann an Preußen, Schweden und 1810 wieder an Frankreich.
1815 wurde das Land nördlich der Elbe Dänemark zugesprochen, 1864/1865 aber
nach dem deutsch-dänischen Krieg an Preußen gegeben und dort 1876 der Provinz
Schleswig-Holstein angegliedert. S. Lauenburg.
L.: Wolff 449ff.; Zeumer 553 II b 33; Wallner 707 NiedersächsRK 13; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) F2; Lammert, F., Die älteste Geschichte des
Landes Lauenburg, 1933; Kersten, K., Vorgeschichte des Kreises Herzogtum Lauenburg, 1951; Prange, W.,
Siedlungsgeschichte des Landes Lauenburg im Mittelalter, 1960; Blaschke, K.,
Sachsen-Lauenburg, LexMA 7 1995, 1235; Kenzler, C., Die Ritter- und Landschaft
im Herzogtum Sachsen-Lauenburg in der frühen
Neuzeit, 1997; Hillmann, J., Territorialrechtliche Auseinandersetzungen der
Herzöge von Sachsen-Lauenburg, 1999; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 884.
Sachsen-Meiningen (Herzogtum,
Volksstaat). Das Dorf Meiningen an der Werra wird 982 erstmals erwähnt. Es war
Mittelpunkt der dem Reich gehörigen Meiningeromark (Meiningermark) und kam
zunächst an das Stift Sankt Peter und Alexander in Aschaffenburg. 1007 gab es
König Heinrich II. an das Hochstift Würzburg. Um die Mitte des 12. Jahrhunderts
gründeten die Bischöfe von Würzburg die Stadt Meiningen. Sie kam 1434 als
Pfand, 1542 als Lehen an die Grafen von Henneberg-Schleusingen. Nach deren
Aussterben (1583) fiel sie an das Haus Wettin (Sachsen) und wurde 1660 der
ernestinischen Linie (Sachsen-Altenburg) zugeteilt. Ab 1680 war Meiningen
Residenz des aus der Aufteilung Sachsen-Gothas entstandenen Herzogtums S. Zu ihm gehörten Meiningen und mehrere
vormals hennebergische Ämter. 1699 kamen Teile Sachsen-Coburgs (Städte und
Ämter Schalkau, Sonneberg, Neuhaus, Salzungen und das Amt Altenstein), 1710
Teile Sachsen-Römhilds (mit dem Amt Römhild) hinzu. Um 1790 zählte S. zum
Kanton Rhön-Werra des Ritterkreises Franken. 1807 trat das im ausgehenden 18.
Jahrhundert abgerundete Herzogtum dem Rheinbund,
1815 dem Deutschen Bund bei. 1823 erhielt das Land eine am 23. 8. 1829
verbesserte Verfassung. Am 12. 11. 1826 erfolgte nach dem Aussterben der Linie
Sachsen-Gotha-Altenburg durch Schiedsspruch König Friedrich Augusts I. von
Sachsen eine umfassende Neuordnung der zersplitterten ernestinischen Linie in
die Herzogtümer Sachsen-Altenburg,
Sachsen-Coburg und Gotha sowie S., zu dem von Sachsen-Coburg-Saalfeld Saalfeld
und das Amt Themar sowie von Sachsen-Hildburghausen alle Güter ausgenommen
Königsberg und Sonnefeld kamen. S. trat 1867/1871 dem Norddeutschen Bund bzw.
dem Deutschen Reich bei. Es umfasste 1910 2468 Quadratkilometer mit 278800
Einwohnern. Am 10. 11. 1918 dankte der Herzog
ab. Der am 5. 11. 1918 gebildete Volksstaat/Freistaat ging am 1. 5 1920 im Land
Thüringen auf. Dieses kam 1945 zur sowjetischen Besatzungszone und damit von
1949 bis 1990 zur Deutschen Demokratischen Republik. Am 25. 7. 1952 wurde es
aufgehoben (str.), am 3.10.1990 wieder begründet.
L.: Wolff 397; Großer Historischer Weltatlas III 38 (1789) D2; Riedenauer 129;
Bauer 1, 631; Schneider, F./Tille, A., Einführung in die thüringische
Geschichte, 1931; Pusch, H., Meiningen. Aufsätze zur Stadtgeschichte, 1937; Das
Meininger Heimatbuch, hg. v. Ansorg, A. u. a., 1954; Geschichte Thüringens, hg.
v. Patze, H./Schlesinger, W., Bd. 1ff. 1967ff.
Sachsen-Merseburg (Herzogtum).
Ab 1545/1561 brachte das Haus Wettin (Sachsen) als Administrator das Gebiet des
Hochstifts Merseburg in seine Gewalt und gründete unter Christian I. die von
1657 bis 1731 bestehende Nebenlinie S.
L.: Wolff 380; Schlesinger, W., Kirchengeschichte Sachsens, Bd. 1ff. 1962.
Sachsen-Saalfeld (Fürstentum, Herzogtum).
Saalfeld an der Saale wird 899 erstmals genannt. Es war ursprünglich Königshof
und wurde im 10. Jahrhundert zur Pfalz ausgebaut. 1014 kam es an Pfalzgraf Otto
von Lothringen und über dessen Tochter Richenza 1056 an den Erzbischof von
Köln. 1057 ist die Burg bezeugt. Sie und die zugehörige Siedlung wurden
1167/1188 von Kaiser Friedrich I. Barbarossa zurückerworben. 1208 verpfändete
König Otto IV. den Ort an die Grafen von Schwarzburg. 1389 kaufte ihn das Haus
Wettin (Markgrafen von Meißen). Seit 1680 bestand auf Grund der Aufteilung
Sachsen-Gothas das zum obersächsischen Reichskreis zählende Fürstentum S., seit
1735 das Herzogtum Sachsen-Coburg-Saalfeld. 1826
kam es an Sachsen-Meiningen.
L.: Wallner 710 ObersächsRK 18; Wagner, C./Grobe, L., Chronik der Stadt
Saalfeld, 1874; Richter, R., Saalfeld und Umgebung, 1874; Krauß, E., Die
städtebauliche Entwicklung der Stadt Saalfeld an der Saale, 1934; Geschichte
Thüringens, hg. v. Patze, H./Schlesinger, W., Bd. 1ff. 1967ff.
Sachsen-Teschen (Herzogtum).
Von 1766 bis 1822 besaß Albert Kasimir von Sachsen Teschen als Lehen
Österreichs.
L.: Biermann, G., Geschichte des Herzogtums
Teschen, 2. A. 1894.
Sachsen-Weimar (Fürstentum). 975 erscheint erstmals die
Burg Weimar (ahd. wih heilig, mari Wasser) an der Ilm bei Erfurt. Nach ihr
nannten sich Grafen von Weimar. Nach deren Aussterben kam Weimar an die Grafen
von Orlamünde. Nach deren Aussterben um 1373 fiel Weimar an das Haus Wettin
(Sachsen), 1485 an dessen ernestinische Linie. Nach Teilungen von 1572/1603,
1641 und 1672 war es Sitz des 1672 um Güter Sachsen-Altenburgs (Dornburg, Allstedt,
Rossla) erweiterten Herzogtums S., 1741 nach dem
Anfall Sachsen-Eisenachs Sitz des zum obersächsischen Reichskreis zählenden Herzogtums Sachsen-Weimar-Eisenach (Weimarer Klassik
mit Goethe und Schiller), 1815 des Großherzogtums Sachsen-Weimar-Eisenach. Um
1800 umfasste das Gebiet des Fürstentums Weimar ein Gebiet von 24 Quadratmeilen
und hatte 64000 Einwohner. Am 1. 5. 1920 ging der freie Volksstaat
Sachsen-Weimar-Eisenach im Land Thüringen auf, dessen Hauptstadt Weimar wurde.
1919 tagte die (Weimarer) Nationalversammlung im ehemaligen Hoftheater in
Weimar.
L.: Wolff 396; Zeumer 552ff. II b 9; Wallner 709 ObersächsRK 11; Großer
Historischer Weltatlas III 38 (1789) D2; Bauer, 1, 643; Tille, A., Die Anfänge
der Stadt Weimar, FS O. Dobenecker, 1929; Beiträge zur Geschichte der Stadt
Weimar, hg. v. Fink, F., Bd. 1ff. 1931ff.; Neue Beiträge zur Geschichte der
Stadt Weimar, hg. v. Fink, F., Bd. 1ff. 1934ff.; Mentz, G., Weimarische Staats-
und Regentengeschichte 1648-1750, 1936; Diezel, R., die Ämterbezirke in
Sachsen-Weimar seit dem 16. Jahrhundert, 1943; Patze, H., Bibliographie zur
thüringischen Geschichte, 1965; Geschichte der Stadt Weimar, hg. v. Günther,
G./Wallraf, L., 2. A. 1976.
Sachsen-Weimar-Eisenach (Herzogtum,
Großherzogtum). 1741 entstand nach dem Anfall Sachsen-Eisenachs an
Sachsen-Weimar das zum obersächsischen Reichskreis zählende Herzogtum S., innerhalb dessen Goethe und Schiller
unter Herzog Karl August (ab 1774 bzw. 1775) die
Weimarer Klassik begründeten. S. hatte um 1800 ein Gebiet von 24 Quadratmeilen
mit 64000 Einwohnern bzw. 1900 Quadratkilometern mit 106000 Einwohnern. Es
umfasste aus dem Bestand Sachsen-Weimars Stadt Weimar, Amt Weimar, die Ämter
Oberweimar, Kromsdorf, Berka an der Ilm, Roßla, Brembach und Hardisleben,
Kapellendorf, Heusdorf, Dornburg, Bürgel und Oldisleben, die adligen Pflegen
Denstedt, Schwerstedt, Neumark, Synderstedt, das Amt Apolda und die Gerichte
Buttelstedt, Bösleben, Tannroda, Flurstedt, Graitschen, Wormstedt, Oßmannstedt,
Guthmannshausen, Stedten, Wallichen, Tromlitz und Mechelroda, aus dem Bestand
Sachsen-Eisenachs die Städte und Ämter Eisenach, Creuzburg und Gerstungen,
Remda und Allstedt, die Ämter Tiefenort, Großrudestedt und Jena und die Herrschaft
Farnroda sowie zudem einen Anteil an der Grafschaft Henneberg. 1815 wurde S.
zum Großherzogtum erhoben. Am 5. 5. 1816 erhielt es eine betont
fortschrittliche Verfassung, die früheste im Deutschen Bund überhaupt.
1833/1834 trat es dem Deutschen Zollverein bei. 1850 wurde die Verfassung
abgeändert. 1867/1871 trat S. dem Norddeutschen Bund bzw. dem Deutschen Reich
bei. Seit 1877 führte es amtlich (auch) die Bezeichnung Großherzogtum Sachsen.
1913 wurde mit Sachsen-Meiningen ein Grenzvertrag bezüglich Kranichfelds
geschlossen. 1910 umfasste S. 3610 Quadratkilometer mit 417100 Einwohnern. Im
November 1918 dankte der Großherzog ab. Der Freistaat schloss sich dem Land
Thüringen an (1. 5. 1920). 1945 kam Thüringen zur sowjetischen Besatzungszone
und damit von 1949 bis 1990 zur Deutschen Demokratischen Republik. Am 25. 7.
1952 wurde Thüringen aufgelöst (str.), am 3. 10. 1990 wieder begründet.
L.: Wolff 396; Zeumer 552ff. II b 9, 10; Kronfeld, C., Landeskunde des
Großherzogtums Sachsen-Weimar-Eisenach, Bd. 1f. 1878f., Neudruck 2004;
Geschichte Thüringens, hg. v. Patze, H./Schlesinger, W., Bd. 1ff. 1967ff.;
Ventzke, M., Das Herzogtum
Sachsen-Weimar-Eisenach 1775-1883, 2004; Kreutzmann, M., Zwischen ständischer
und bürgerlicher Lebenswelt, 2007; Das geheime Consilium von
Sachsen-Weimar-Eisenach in Goethes erstem Weimarer Jahrzehnt, hg. v. Wahl, V.
u. a., 2014.
Sachsen-Weimar-Jena (Herzogtum). 1672 entstand durch Teilung Sachsen-Weimars S., das 1690 an Sachsen-Weimar und Sachsen-Eisenach zurückfiel.
Sachsen-Weißenfels (Herzogtum).
Die Burg Weißenfels an der Saale kam 1136 an das Haus Wettin (Meißen), das dort
eine deutsche Siedlung einrichtete, die 1185 Stadtrecht erhielt. 1485 fiel
Weißenfels an die albertinische Linie. Diese spaltete von 1657 bis 1746 eine
Linie S. ab (Weißenfels, Freyburg, Eckartsberga, Heldrungen, Sachsenburg,
Sittichenbach, Wendelstein, Weißensee, Langensalza, Tennstedt, Sangerhausen).
Bei ihrem Aussterben fiel Weißenfels an Sachsen zurück, 1815 an Preußen
(Provinz Sachsen). 1952 kam es in der Deutschen Demokratischen Republik zum
Bezirk Halle, 1990 zu Sachsen-Anhalt zurück.
L.: Wolff 378; Gringmuth-Dallmer, H., Magdeburg-Wittenberg, (in) Geschichte der
deutschen Länder, Bd. 1; Großer Historischer Weltatlas III 38 (1789) D2;
Gerhardt, F., Geschichte der Stadt Weißenfels an der Saale, 1907.
Sachsen-Wittenberg (Herzogtum,
Kurfürstentum). 1180 erhielt der Askanier Bernhard nach dem Sturz Heinrichs des
Löwen Wittenberg und Lauenburg als Herzogtum
Sachsen, wodurch sich der alte Stammesname der Sachsen an die mittlere Elbe
verlagerte. 1260/1296 entstanden durch Teilungen des Herzogtums
Sachsen die Linien Sachsen-Lauenburg und S. (zwischen dem Hohen Fläming um
Belzig und der Elbe bei Torgau, zwischen Bitterfeld an der Mulde und Schlieben
und Liebenwerda). Zu S. kamen 1269 Gebiete der Burggrafschaft Magdeburg, 1288
die Pfalzgrafenwürde und 1290 der größte Teil der Grafschaft Brehna. 1319
scheiterte der Ausgriff auf die Mark Brandenburg. Das 1369 verliehene Gebiet
des älteren Hauses Lüneburg konnte nicht bewahrt werden, sondern ging 1388
wieder verloren. 1356 erlangte das Herzogtum
durch die Goldene Bulle die sächsische, von Sachsen-Lauenburg bestrittene
Kurwürde (Erzmarschall, Reichsvikar). 1360 wurde die Herrschaft Liebenwerda
erworben. 1422 starb das Haus aus. Herzogtum und
Kurwürde kamen gegen Ansprüche Sachsen-Lauenburgs und Brandenburgs 1423 als
Lehen des Reiches an den Wettiner Friedrich den Streitbaren von Meißen. Damit
verlagerte sich der Name Sachsen elbaufwärts auf das Gebiet zwischen
Erzgebirge, Thüringer Wald, Harz und Fläming. Innerhalb der Wettiner fiel S.
1485 an die ernestinische Linie, 1547 an die albertinische Linie. Es zählte zum
obersächsischen Reichskreis. 1815 kam es an Preußen (Provinz Sachsen), 1945 in
die sowjetische Besatzungszone(1947 Teil Sachsen-Anhalts und Brandenburgs) und damit
von 1949 bis 1990 zur Deutschen Demokratischen Republik. S. Sachsen,
Sachsen-Anhalt.
L.: Wallner 708 ObersächsRK 2; Blaschke, K., Sachsen-Wittenberg, LexMA 7 1995,
1235f.; Beck, L., Herrschaft und Territorium der Herzöge von Sachsen-Wittenberg
(1212-1422), 2000.
Sachsen-Zeitz (Herzogtum).
Die ursprünglich slawische Burg Zeitz an einem alten Übergang über die Weiße
Elster wird erstmals 967 genannt. 968 gründete Kaiser Otto I. in Zeitz ein
Bistum für die Slawenmission. 1228/30 wurde dessen Sitz nach Naumburg verlegt.
1140 kam die Vogtei über Zeitz an die Markgrafen von Meißen. 1286 nahmen die
Bischöfe von Naumburg ihren Sitz in Zeitz. Von 1663 bis 1718 war Zeitz Residenz
der albertinischen, zum obersächsischen Reichskreis zählenden Linie S.
(1657-1718, Naumburg, Zeitz, Neustadt, Schleusingen, Suhl). 1815 fiel Zeitz an
Preußen und damit innerhalb Sachsen-Anhalts (1947) von 1949 bis 1990 an die
Deutsche Demokratische Republik.
L.: Wolff 381; Wallner 708 ObersächsRK 2; Gringmuth-Dallmer, H.,
Magdeburg-Wittenberg, (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Wilcke, M.,
Zeitzer Heimatbuch, Bd. 1f. 1925; Schlesinger, W., Kirchengeschichte Sachsens
im Mittelalter, Bd. 1ff. 1962; Müller, A., Geschriebene und gedruckte Quellen
zur Geschichte von Zeitz, 1967; Pappe, O., Tausend Jahre Stadt und Kirche
Zeitz, 1967.
Sagan (Herzogtum,
Residenz), Żagań. Durch Teilung des schlesischen Herzogtums Glogau entstand von 1273/1274 bis 1304, von
1322 bis 1394 und von 1413 bis 1472 ein selbständiges Fürstentum S. mit Sitz in
dem 1252 zum Herzogtum Glogau gelangten, vor
1260 um eine deutsche Stadt erweiterten S. Dieses stand seit 1329 unter der
Lehnshoheit Böhmens. 1472 kam es durch Kauf an Wettin (Sachsen). 1504 starben
die Herzöge von Glogau-Sagan aus. 1549 wurde die Reformation eingeführt. 1549
gab es Moritz von Sachsen gegen böhmische Exklaven an König Ferdinand I.
(Habsburg). Von 1627 bis 1634 stand es Wallenstein zu und kam 1646 an die
Fürsten Lobkowitz. 1742 musste Österreich S. an Preußen abgeben. In Preußen
wurde S. 1785 von Herzog Peter Biron von Kurland
gekauft und 1845 an seine mit Edmund von Talleyrand-Périgord verheiratete
Tochter Dorothea vererbt. 1945 kam S. unter die Verwaltung Polens und damit
1990 als politische Folge der deutschen Einheit an Polen. S. Glogau-Sagan.
L.: Wolff 486; Heinrich, A., Geschichte des Fürstentums Sagan, 1911; Sagan und
Sprottau, hg. v. Bein, W., 1992; Menzel, J., Sagan, LexMA 7 1995, 1254; Höfe
und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1,
2, 507.
Salm (Grafen, gefürstete Grafschaft, Fürsten,
Fürstentum). 1019 spaltete das an der Mosel begüterte Geschlecht der Grafen von
Luxemburg die Grafen von Gleiberg (im 12. Jh. erloschen) und die Grafen von S.
ab, die sich nach der in den Ardennen gelegenen Burg S. bei Vielsalm in der
späteren belgischen Provinz Luxemburg benannten und mit Hermann von S.
1081-1088 einen deutschen Gegenkönig zu Heinrich IV. stellten. 1163/1165/1204
teilte sich das Geschlecht in die Linien Niedersalm (Altsalm) mit Alfter und
Gütern in den Ardennen und Obersalm mit der Burg S. bei Schirmeck im Unterelsass
sowie der Grafschaft S. in den Vogesen, den Herrschaften Mörchingen, Püttlingen
und Warsberg in Lothringen sowie Rotselaar (Rotzlar) in Brabant. Die Linie
Niedersalm (Altsalm) starb 1416 aus. Ihr Gebiet kam (1455) über den Neffen des
letzten Grafen an die Herren von Reifferscheid (und Dyck), die sich seitdem
Salm-Reifferscheid nannten. Dieses Haus teilte sich bald in mehrere Linien
(1639 Bedburg [nordwestlich Kölns], Dyck [südwestlich von Neuß], Raitz [in
Böhmen]), die fast ausnahmslos im 18. Jahrhundert in den Reichsfürstenstand
aufgenommen wurden. Als Personalisten hatten sie Sitz und Stimme im
niederrheinisch-westfälischen Reichskreis. Salm-Reifferscheid-Bedburg erhielt
1803 als Entschädigung für den Verlust der linksrheinischen Gebiete an
Frankreich das aus mainzischen und würzburgischen Ämtern gebildete Fürstentum
Krautheim, das 1806/1826/38 an Württemberg kam und beerbte 1888 die Linie Dyck.
Salm-Reifferscheid-Dyck erhielt 1816 den preußischen Fürstentitel. Obersalm kam
nach dem Aussterben im Mannesstamm mit der Hälfte seiner Güter 1459/1475 durch
Heirat an die Wild- und Rheingrafen (Wildgrafen und Raugrafen bzw.
Rheingrafen), die auch den Namen S. übernahmen und um 1500 noch die
lothringische Herrschaft Diemeringen mit Finstingen (Fénétrange) und Ogéviller
(Eigenweiler) erlangten (1793 an Frankreich). Durch Teilung entstanden mehrere
Linien. Die jüngere Linie Dhaun teilte sich 1574/1588 in S., Grumbach und Dhaun
(bis 1750). Davon wurde die Linie S. 1623 in den Reichsfürstenstand erhoben und
erhielt 1654 (immer für denjenigen, der das Land erbte,) Sitz und Stimme im
Reichsfürstenrat. Die Linie Salm-Kyrburg mit Gütern in den Niederlanden
(Belgien) wurde 1743 reichsfürstlich. 1641 gewann S. durch Heirat mit Maria
Anna von Bronckhorst die Herrschaft Anholt in Westfalen und Güter in den
Niederlanden, vor 1676 das 1740 zum niederländischen Herzogtum
erhobene Hoogstraten (Antwerpen) und 1700 das Fürstentum Arches-Charleville
(die Fürstentümer Arches und Charleville) in den Ardennen. Der 1738 im
Mannesstamm erloschenen Linie S. folgte Fürst Nikolaus Leopold mit dem Titel
eines Fürsten von Salm-Salm. 1763 gewann Salm-Kyrburg die niederländischen
Fürstentümer Horn (Hornes) (westlich Roermonds) und Overijse (Overisque) (in
Limburg). Die zum oberrheinischen Reichskreis zählenden katholischen Linien
Salm-Salm und Salm-Kyrburg erhielten für den Verlust ihrer linksrheinischen
Güter an Frankreich (1793, 1801) 1803 Teile des Hochstifts Münster (Amt Ahaus
[zwei Drittel für Salm-Salm, ein Drittel für Salm-Kyrburg], Amt Bocholt [zwei
Drittel für Salm-Salm, ein Drittel für Salm-Kyrburg], Herrschaft Gemen,
Anholt), insgesamt 39 Quadratmeilen mit 59000 Einwohnern (als Fürstentum).
Hauptstadt dieses Fürstentums S. war von 1803 bis 1805 das vorher zum Hochstift
Münster gehörige Borken, dann Bocholt, Hauptstadt Salm-Kyrburgs war Ahaus.
1810/1811 kam das seit 1806 souveräne Fürstentum an Frankreich, 1815 an
Preußen. Die jüngere lutherische Linie der Wild- und Rheingrafen zu Grumbach
(Salm-Grumbach) erhielt 1802 die ehemals münsterische Herrschaft Horstmar und
nannte sich seitdem Salm-Horstmar. Horstmar kam 1806 an Berg. 1816 wurden die
Grafen von Salm-Grumbach Fürsten von Salm-Horstmar in Preußen. S. a. Salm-Salm.
L.: Wolff 57, 262; Zeumer 553 II b 49 (, 554 II b 63, 18); Wallner 696
OberrheinRK 16; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) C/D3, III 38 (1789)
A/B2; Fahne, A., Die Grafen und Fürsten zu Salm, 1866; Kleinschmidt, A.,
Geschichte von Arenberg, Salm und Leyen 1789-1815, 1912; Schaudal, L., Les
comtes de Salm, 1921; Dunkhase, H., Das Fürstentum Krautheim, 1968; Moreau, J.,
Dictionnaire de géographie historique, 1972, 244.
Salzburg (Erzstift, Bundesland, Residenz). Nach
älteren Siedlungen errichteten die Römer im 1. Jahrhundert n. Chr. den keltisch
benannten, nicht sicher deutbaren Ort Iuvavum, den sie im 5. Jahrhundert wieder
aufgaben. Wenig später begann die Besiedlung durch Bayern. Um 696 gründete der
heilige Rupert (von Worms) auf bayerischem Herzogsgut
das Kloster Sankt Peter und (um 712/715) das Benediktinerinnenkloster Nonnberg.
739 umgrenzte Bonifatius das hier entstandene Bistum (östliche Traun, Inn,
Rotttal, Tauern), das vor allem unter Bischof Virgil (749-784) rasch Aufschwung
nahm und 798 zum bis zur Theiß erweiterten Erzbistum mit den Bistümern Passau,
Regensburg, Freising und Säben bzw. Brixen (sowie bis 802 Neuburg/Donau)
erhoben wurde, wobei der Abt von Sankt Peter bis 987 zugleich Erzbischof war.
Der Name S. erscheint erstmals in der um 755 verfassten Vita sancti Bonifatii.
816 wurde die Immunität bestätigt. Im Pongau gelang der Aufbau eines
geschlossenen Herrschaftsgebiets. Seit dem 11. Jahrhundert gründeten die
Erzbischöfe die salzburgischen Eigenbistümer Gurk (1072), Seckau (1218),
Chiemsee (1216) und Lavant (1226). Entscheidend für den Aufbau eines weltlichen
Herrschaftsgebiets um S. war Erzbischof Eberhard II. von Regensberg (Schweiz)
(1200-1246), dem der Erwerb von Grafschaftsrechten im Lungau, Pinzgau und
Pongau gelang. Hinzu kam die Grafschaft Chiemgau und das Landgericht Lebenau.
1328 erhielt das Hochstift eine eigene Landesordnung. 1342 erscheint erstmals
das Land S. 1490 gingen Pettau und Rann in der Steiermark und Gmünd in Kärnten
verloren. 1535 musste auf jede Sonderstellung der Salzburge Güter in Kärnten,
der Steiermark und Österreich verzichtet werden. Die um 1520 eingedrungene
Reformation wurde 1731/1733 durch zwangsweise Auswanderung (Salzburger
Exulanten, etwa 10500 Personen) rückgängig gemacht. 1622 stiftete Erzbischof
Paris Graf von Lodron die bis 1818 bestehende Universität. 1750 wurde der seit
1529 angenommene, vom Erzbischof von Magdeburg bis 1648 bestrittene Titel
Primas Germaniae allgemein anerkannt. Das Gebiet des zum bayerischen
Reichskreis zählenden Erzstifts teilte sich in einen nördlichen (oberhalb des
Gebirgs) und einen südlichen (innerhalb des Gebirgs) Teil auf. Das nördliche
Erzstift umfasste die Stadt S. und die Pflegämter Laufen, Staufeneck,
Raschenberg, Tittmoning, Mühldorf, Mattsee, Straßwalchen, Altentann (Altenthan),
Lichtentann (Lichtenthan), Neuhaus, Wartenfels (Wattenfels), Hüttenstein,
Hallein, Glanegg (Glaneck) und Golling (Gölling). Das südliche Erzstift
enthielt die Pflegämter Werfen, Bischofshofen (Bischofhofen), Taxenbach, Zell
im Pinzgau, Lichtenberg, Lofer, Itter (Ytter), Zell im Zillertal,
Windisch-Matrei, Mittersill, Rauris, Gastein, Großarl, Sankt Johann im Pongau,
Radstadt, Mauterndorf, Moosham (Mosheim) und Haus (Hauß). Außerdem gehörten
dazu das Pflegamt Stall am Mollfluss, die Märkte Sachsenburg an der Drau,
Feldsperg, Althofen (Altenhofen), Gurk, Hüttenberg und Guttaring, die Städte
Friesach, Sankt Andrä, Straßburg, die Herrschaft Rauchenkatsch (Rauchenkaitz)
(im Herzogtum Kärnten), Schloss und Markt
Deutschlandsberg (Deutschlandberg), die Orte Haus, Gröbming (Gröning) und
Wolkenstein (in der Steiermark) und im Land unter der Enns die Städte
Traismauer an der Traisen, der Markt Oberwölbling (Obergwölbing) und
Unterwölbling (Untergwölbing) sowie einige andere Ortschaften. 1803 wurde das
Fürstentum mit 190 Quadratmeilen bzw. 13000 Quadratkilometern und 200000-250000
Einwohnern säkularisiert und fiel als Kurfürstentum mit den Hochstiften
Berchtesgaden, Passau und Eichstätt an Großherzog Ferdinand III. von Toskana,
1805 mit Berchtesgaden gegen Würzburg an Österreich, 1809/1810 an Bayern, am 1.
5. 1816 ohne Berchtesgaden und den westlichen Flachgau an Österreich. Die
Suffraganbistümer wurden 1817 München-Freising unterstellt, doch kam 1825
Trient neu an das Erzbistum S. (bis 1920). Brixen ging 1921, Lavant 1924
verloren. 1850 wurde S. Hauptstadt des von Oberösterreich getrennten
österreichischen Kronlandes S., das 1920 Bundesland Österreichs wurde.
L.: Wolff 132; Zeumer 552 II a 3; Wallner 711 BayRK 2; Lechner, K., Salzburg,
(in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Großer Historischer Weltatlas II
66 (1378) G5, III 22 (1648) F5, III 38 (1789) E4; Die Territorien des Reichs 1,
72; Richter, E., Untersuchungen zur historischen Geographie des ehemaligen
Hochstifts Salzburg und seiner Nachbargebiete, 1885 (MIÖG Ergbd. 1); Zillner,
F., Geschichte der Stadt Salzburg, Teil 1f. 1885ff.; Salzburger Urkundenbuch,
hg. v. Hauthaler, W./Martin, F., Bd. 1ff. 1898ff.; Arnold, C., Die Vertreibung
der Salzburger Protestanten und ihre Aufnahme bei den Glaubensgenossen, 1900;
Richter, E., Gemarkungen und Steuergemeinden im Lande Salzburg, (in)
Abhandlungen zum Historischen Atlas der österreichischen Alpenländer, (in)
Archiv für österreich. Gesch. 94 (1907); Widmann, H., Geschichte Salzburgs Bd.
1ff. 1907ff.; Martin, F., Die Regesten der Erzbischöfe von Salzburg 1247-1343,
Bd. 1ff. 1928ff.; Lang, A., Die Salzburger Lehen in Steiermark, Bd. 1f.
1937ff.; Salzburg-Atlas. Das Bundesland Salzburg im Kartenblatt, hg. v. Lendl,
E., 1956; Koller, H., Salzburg 1956; Richter, E./Mell, A., Salzburg, Hermann,
K., Salzburg, beide (in) Erläuterungen zum Historischen Atlas der
österreichischen Alpenländer 1917, 1957; Klebel, E., Der Lungau.
Historisch-politische Untersuchung, 1960; Beckel, L., Die Beziehungen der Stadt
Salzburg zu ihrem Umland, 1966; Martin, F., Kleine Landesgeschichte von
Salzburg, 4. A. 1971; Geschichte Salzburgs, hg. v. Dopsch, H./Spatzenberger,
H., Bd. 1f. 2. A. 1984ff.; Dopsch, H., Wandlungen und Konstanz der
spätmittelalterlichen Grundherrschaft im Erzstift Salzburg, (in) Die
Grundherrschaft im späten Mittelalter, Bd. 2 hg. v. Patze, H., 1983; Sankt
Peter in Salzburg. Das älteste Kloster im deutschen Sprachraum, 3.
Landesausstellung 1982; Frühes Mönchtum in Salzburg, hg. v. Zwink, E., Salzburg
1983; Ortner, F., Salzburger Kirchengeschichte, 1988; Hartmann, P., Das
Hochstift Passau und das Erzstift Salzburg, 1988; Zaisberger, F., Die
Salzburger Landtafeln, 1990; Salzburg zur Gründerzeit, hg. v. Haas, H., 1994;
Wolfram, H., Salzburg, Bayern und Österreich, 1995; Dopsch, H., Salzburg, LexMA
7 1995, 1331ff.; Salzburg, hg. v. Hanisch, E. u. a., 1997; Zaisberger, F.,
Geschichte Salzburgs, 1998; 1200 Jahre Erzbistum Salzburg, hg. v. Domkapitel,
1998; 1200 Jahre Erzbistum Salzburg, hg. v. Dopsch, H. u. a., 1998; Höfe und
Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 484,
1, 2, 510; Ortner, F., Salzburgs Bischöfe in der Geschichte des Landes
696-2005, 2005; Quellen zur Salzburger Frühgeschichte, hg. v. Wolfram, H.,
2006.
Salzderhelden (Residenz des Herzogs
von Braunschweig-Lüneburg bzw. Braunschweig-Grubenhagen)
L.: Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W.,
2003, 1, 2, 513.
Samland (Bistum). 1243 gründete der päpstliche
Legat Wilhelm von Modena für die Gebiete des Deutschen Ordens nördlich des
Pregel bis zur Memel das Bistum S. mit einem in drei Teile aufgeteilten Drittel
des noch zu erobernden Gebiets als weltlichem Herrschaftsgebiet. Zwischen (1246
bzw.) 1252 und 1265 gelang die Eroberung durch den Deutschen Orden. 1255 wurde
das Bistum nach der Unterwerfung der Pruzzen durch den Deutschen Orden dem
Erzbistum Riga unterstellt. 1264 nahm der Bischof seinen Sitz in Fischhausen.
1294 wurde die Stiftung des Domkapitels endgültig vollzogen. 1322 wurden die
Gebiete des Bischofs (um Fischhausen, nördlich Königsbergs und nördlich
Insterburgs) von den Gebieten des dem Deutschen Orden inkorporierten Domkapitels
dauerhaft getrennt. 1525 führte der Bischof die Reformation ein und trat die
weltliche Herrschaft an Herzog Albrecht von
Brandenburg ab. 1587 wurde das Bistum aufgehoben und stattdessen ein
Konsistorium in Königsberg geschaffen.
L.: Urkundenbuch des Bistums Samland, hg. v. Woelky, C./Mendthal, H., Bd. 1ff.
1891ff.; Das westliche Samland, hg. v. Schlicht, O., 1920, Neudruck 2001;
Polenz, P. v., Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, II, 50; Der Landkreis
Samland, bearb. v. Gusovius, P., 1966; Boockmann, H., Samland, LexMA 7 1995,
1342; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini,
W., 2003, 1, 605; Biskup, R., Das Domkapitel von Samland, 2007.
Sankt Peter (Kloster). Um 1073 gründete der Herzog von Zähringen (bzw. Schwaben) in Weilheim an
der Teck ein Benediktinerkloster, das 1093 nach S. im Hochschwarzwald verlegt
wurde. 1361 erlangte es die Reichsunmittelbarkeit. 1521 erscheint es in der
Reichsmatrikel. 1803 fiel es an den Johanniterorden, 1806 wurde es
säkularisiert und kam über Baden 1951/1952 an Baden-Württemberg.
L.: Wolff 41; Mayer, J., Geschichte der Benediktinerabtei Sankt Peter, 1893;
Rotulus San-Petrinus, hg. v. Fleig, E., 1908; Weber, K., Sankt Peter im Wandel
der Zeit, 1992; Das Vermächtnis der Abtei, hg. v. Mühleisen, H., 1993; Zotz,
T., Sankt Peter im Schwarzwald, LexMA 7 1995, 1192; Die ältesten
Güterverzeichnisse des Klosters Sankt Peter im Schwarzwald, bearb. v.
Krimm-Beumann, J., 2011 (kommentierte und übersetzte Edition mit CD-ROM).
Saterland (Land). Das von Hochmooren umgebene S.
südwestlich von Oldenburg war anfangs wohl von Westfalen besiedelt und stand
unter der lockeren Herrschaft der Grafen von Tecklenburg. Seit dem 11.
Jahrhundert bildete sich unter dem Einfluss zusiedelnder Friesen ein unter
Berufung auf Karl den Großen zur Selbständigkeit strebendes Land. Nach dem
Zusammenbruch der Oberherrschaft Tecklenburgs kam das S. 1400 an das Hochstift
Münster, 1803 an Oldenburg und damit 1946 an Niedersachsen.
L.: Sello, G., Saterlands ältere Geschichte und Verfassung, 1896; Bröring, J.,
Das Saterland, Bd. 1f. 1897ff.; Heimatkunde des Herzogtums
Oldenburg, Bd. 1 1913; Polenz, P. v., Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, II,
49, III, 23, Sagelteraland, ‚Saterland‘.
Reichsfürsten). Berleburg am südöstlichen Fuß des
Rothaargebirges wird 1258 als (planmäßig angelegte) Stadt erstmals erwähnt.
1258 kam sie teilweise, 1322 gänzlich an die Grafen von Wittgenstein, deren
Güter 1357/1358 überwiegend an die Grafen von Sayn fielen. 1605/1607 entstand
durch Teilung der Grafschaft Sayn-Wittgenstein die Linie S. Sie gehörte mit
zwei Fünfteln der Grafschaft Wittgenstein, dem Amt Berleburg und den
Herrschaften Homburg und Neumagen zum wetterauischen Reichsgrafenkollegium
sowie zum oberrheinischen Reichskreis. Die Grafschaft umfasste ein Gebiet von
3,5 Quadratmeilen und 16000 Einwohner. S. wurde 1792 in den Reichsfürstenstand
erhoben. Durch § 23 des Reichsdeputationshauptschlusses vom 25. 2. 1803 erhielt
der Fürst von Wittgenstein-Berleburg (S.) für die Herrschaften Neumagen und
Hemsbach eine Rente von 15000 Gulden auf das Herzogtum
Westfalen. 1806 kam die Grafschaft an Hessen-Darmstadt, 1816 an Preußen. S.
Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 285; Zeumer 553 II b 60, 14; Wallner 698 OberrheinRK 36; Hinsberg,
G., Sayn-Wittgenstein-Berleburg, Bd. 1ff. 1920ff.; Wrede, G.,
Territorialgeschichte der Grafschaft Wittgenstein, 1927; Schunder, F., Die
Entstehung Berleburgs, Westfäl. Forsch. 13 (1960), 51.
Schaumburg (Grafschaft). Die Burg S. oder
Schauenburg bei Rinteln an der mittleren Weser wurde am Anfang des 12.
Jahrhunderts von einem vielleicht aus dem Magdeburger Raum (Sandersleben)
stammenden Grafengeschlecht erbaut, das um 1030 mit der Grafschaft zwischen
Rinteln und Hameln belehnt war und sich nach der Burg nannte, jedenfalls bereits
seit Jahren bzw. Jahrzehnten im Mindener Raum bzw. an der Mittelweser
verwurzelt erscheint. 1110 (1111) wurden die Grafen von S. nach dem gewaltsamen
Tode des Grafen Gottfried von dem sächsischen Herzog
Lothar von Süpplingenburg mit der Grafschaft Holstein und Stormarn
(Nordalbingien) belehnt. Zwischen 1201/1205 und 1224/1247 mussten die Grafen
zugunsten Dänemarks auf Holstein verzichten. 1241/1273 teilte sich das Haus in
eine Kieler, vor allem in Holstein und Stormarn begüterte, 1315 ausgestorbene Linie
und eine Itzehoer Linie. 1295/1297 wurden die Grafschaften S. und Holstein der
Itzehoer Linie auf zwei Linien verteilt, neben denen noch eine 1390
ausgestorbene Linie Plön bestand. Die holsteinische bzw. Rendsburger Linie (Herzogslinie) vereinigte nach und nach alle Güter mit
Ausnahme der Stammgrafschaft S. und der Herrschaft Pinneberg und erwarb
zeitweise Schleswig tatsächlich, 1375/1386 als Lehen Dänemarks. Bei ihrem
Aussterben 1459 kamen Schleswig und Holstein auf Grund des Vertrages von Ripen
an das Haus Oldenburg, das 1448 den Thron in Dänemark bestiegen hatte. Die
Schauenburger (Schaumburger) bzw. Holstein-Schauenburger
(Holstein-Schaumburger) Linie (jüngeres Haus S.), welche die zum
niederrheinisch-westfälischen Reichskreis zählende, sich am Ende des 14.
Jahrhunderts zwischen Steinhuder Meer, Weserbergland, Weser und Deister
erstreckende Stammgrafschaft S. und 1307/1314 die holsteinische Herrschaft
Pinneberg erhalten, 1377 die seit 1399 an Lippe verpfändete, im 16. Jahrhundert
endgültig verlorene Grafschaft Sternberg, 1492 durch Heirat bzw. Erbfall die
bis 1635 gewahrte Herrschaft Gemen mit dem Pfand am Vest Recklinghausen (bis
1573) und 1573 durch Erbfall die Herrlichkeit Bergen in Nordholland erworben
hatte (1641 verkauft), starb 1622 in der Hauptlinie und 1640 in der Nebenlinie
Gemen kurz nach der Gründung der Universität Rinteln (1619 Stadthagen, 1621
Rinteln, 1810 aufgehoben) und der Verlegung der Residenz nach Bückeburg aus.
Ihre Ansprüche auf die Güter der 1390 ausgestorbenen Linie von Plön bzw. auf
Holstein waren 1459 durch Geldleistungen und den Behalt von Pinneberg
abgefunden worden. (Die neben dem Herzogtum H.
bestehende Grafschaft Holstein wurde nach dem Aussterben der Grafen von
Holstein und Stormarn 1640 an den König von Dänemark verkauft). 1643 kam die
Herrschaft Pinneberg an die Landesherren von Holstein, König Christian IV. von
Dänemark und Herzog Friedrich III. von
Holstein-Gottorp (Gottorf). Die Grafschaft S. wurde 1647/1648 aufgeteilt, wobei
Braunschweig-Lüneburg einige Vogteien mit Lauenau und Bokeloh, Hessen-Kassel
als in Personalunion verbundene Grafschaft S. die Ämter S., Rodenberg und das halbe
Amt Sachsenhagen (insgesamt 8,5 Quadratmeilen Gebiet) sowie das Haus
Lippe-Alverdissen (Lippe) über die Mutter des letzten Grafen von S. die übrigen
Gebiete (Bückeburg, Stadthagen, Hagenburg, Arensburg und das halbe Amt
Sachsenhagen, insgesamt 8 Quadratmeilen mit 20000 Einwohnern) unter nomineller
Oberhoheit Hessen-Kassels erhielt (Schaumburg-Lippe). Der hessische Anteil mit
Rinteln, der seit 1821 als Exklave der Provinz Niederhessen zugeteilt war, kam
1866 an Preußen (Provinz Hessen-Nassau, 1932 Provinz Hannover) und 1946 an
Niedersachsen. Schaumburg-Lippe bestand bis 1946. Zum 1. 11. 1946 ging das
Gebiet der gesamten alten Grafschaft S., die dem westfälischen
Reichsgrafenkollegium angehört hatte, über Preußen in Niedersachsen auf.
L.: Wolff 347f.; Zeumer 554 II b 63, 6; Wallner 703 WestfälRK 19, 22; Schnath,
G./Lübbing, H./Engel, F., Niedersachsen, (in) Geschichte der deutschen Länder,
Bd. 1; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) E2, III 22 (1648) D2, III 38
(1789) C1; Die Territorien des Reichs 6, 152; Schmidt, G., Die alte Grafschaft
Schaumburg, 1920; Möller, H., Studien zur Rechtsgeschichte der
„Schauenburgischen Lande“ in Holstein, 1939; Engel, F., Geschichte der
Grafschaft Schaumburg, (in) Geschichte des Landes Niedersachsen, ein Überblick,
1962; Busch, F., Schaumburgische Bibliographie, 1964; Maack, W., Die Grafschaft
Schaumburg, 2. A. 1964; Wieden, H. bei der, Schaumburgische Genealogie, 1966;
Maack, W., Die Geschichte der Grafschaft Schaumburg, 1986; Steinwascher, G.,
Die frühe Geschichte des Klosters Rinteln und ihre Bedeutung für den Aufbau der
Grafschaft Schaumburg, Niedersächs. Jb. f. LG. N.F. 58 (1986); Laur, W., Die
Ortsnamen in Schaumburg, 1993; Hemann, F., Schaumburg, LexMA 7 1995, 1443;
Husmeier, G., Geschichtliches Ortsverzeichnis für Schaumburg, 2008; Eick, S.,
Die Kanzlei und das Urkundenwesen der Grafen von Holstein-Schaumburg zwischen
1189 und 1209, 2008; Schaumburg im Mittelalter, hg. v. Brüdermann, S., 2013.
Schaunberg (Herrschaft, Grafschaft). Um die Mitte
des 12. Jahrhunderts wurde die Burg S. bei Aschach in Oberösterreich errichtet.
Nach ihr nannten sich dann Herren bzw. seit 1316 Grafen, die vermutlich von den
hochfreien Herren von Julbach (am Inn) abstammten oder mit ihnen identisch oder
mit den Grafen von Formbach verwandt waren, im 13. Jahrhundert zwischen Traun
und Salletwald bedeutende Güter gewannen und im 14. Jahrhundert versuchen
konnten, ihr Herrschaftsgebiet in ein unabhängiges Land zu verwandeln. Sie mussten
sich jedoch trotz Einräumung einer Sonderstellung 1390 dem Herzog von Österreich unterwerfen. Zu Beginn des 16.
Jahrhunderts erhoben sie das 1367 gekaufte Eferding zur Residenz. In der
Reformation wurden sie lutherisch. 1559 starb der letzte Graf. 1572 kamen die
Güter in Österreich an die Grafen von Starhemberg.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) G/H 4/5; Kühne, M., Die Häuser
Schaunberg und Starhemberg im Zeitalter der Reformation und Gegenreformation,
1880; Stowasser, O., Zwei Studien zur österreichischen Verfassungsgeschichte,
ZRG GA 44 (1924), 114; Hageneder, O., Die Grafschaft Schaunberg, Mitt. des
oberösterr. Landesarchivs 5 (1957); Hageneder, O., Das Land der Abtei und der
Grafschaft Schaunberg, Mitt. des oberösterr. Landesarchivs 7 (1960); Haider, S.
Geschichte Oberösterreichs, 1987; Haider, S., Schaunberg, LexMA 7 1995, 1444;;
Hintermayer-Wellenberg, M., Die Anfänge der Herren von Schaunberg, Jb. d.
oberösterreich. Mueselvereins 153 (2008), 23; Zehetmayr, R., Urkunde und Adel,
2010.
Scherpenzeel (Herrlichkeit). Die Herrlichkeit S.
zwischen Arnheim (Arnhem) und Utrecht gehörte am Ende des 18. Jahrhunderts zum Herzogtum Geldern. S. Niederlande.
L.: Wolff 68.
Schlesien (Herzogtum,
Kronland). Das Gebiet an der mittleren und oberen Oder zwischen Sudeten,
Mährischer Pforte, Beskiden, der Wasserscheide zwischen Oder und Warthe sowie
der Bartsch-Obra-Niederung war zunächst von Skythen und Kelten besiedelt, wurde
aber schon vor der Zeitenwende von den germanischen Vandalen eingenommen. Deren
links der Oder um den Zobten ansässiger Teilstamm der Silingen wurde in
allmählicher Ausdehnung namengebend für das gesamte Gebiet. Nach dem Abzug der
Germanen im 5. Jahrhundert drangen Slawen ein. Im 10. Jahrhundert unterstand S.
Böhmen, seit etwa 990 (bis auf das Glatzer Land) Polen, wobei Polen eine Art
Oberhoheit des Reichs anerkannte, wodurch S. in eine mittelbare Verbindung zum
deutschen Reich kam. Im Jahre 1000 wurde unter Mitwirkung Kaiser Ottos III. das
Bistum Breslau gegründet und dem Erzbistum Gnesen unterstellt. 1138 entstand
durch Erbteilung der Piasten (Polen) das piastische Teilfürstentum (Krakau mit)
S. mit einem eigenen Herzog, der allerdings
schon 1146 zu seinen staufischen Verwandten vertrieben wurde. Von Kaiser
Friedrich I. Barbarossa zurückgeführt, teilte sich das Herzogshaus
1173/1202 in die zwei Linien Breslau (mit Liegnitz;, Breslau, Oppeln,
Niederschlesien;, Mittelschlesien und teilweise Oberschlesien) bzw. Schlesien
bzw. Niederschlesien und das unbedeutendere restliche Oberschlesien (mit
Ratibor, Beuthen, Teschen und Pless, 1201 Oppeln) bzw. Oppeln, wobei beide,
seit 1202 unabhängige Teile dem Reich tributpflichtig waren (und König Rudolf
von Habsburg 1280 sogar die vasallitische Huldigung, die Schlesien unter die
Reichsfürstentümer einfügte, erreichte). Zahlreiche Einwanderer aus Sachsen und
Thüringen verstärkten die Beziehungen zum Reich. Seit 1249 bzw. 1251 entstanden
durch Erbteilungen in Niederschlesien die Teilherzogtümer Breslau, Liegnitz und
Glogau, 1278 Jauer, 1281 Schweidnitz. Glogau seinerseits zerfiel in Sagan,
Steinau und Oels. Dazu kamen Brieg und Münsterberg. In Oberschlesien entstanden
1281 die Herzogtümer Oppeln, Ratibor und
Teschen. Weitere Teilungen und Vereinigungen folgten ([Cosel] Kosel, Beuthen,
Falkenberg, Groß Strehlitz [Strehlitz] [1313-1460], Troppau). Daneben besaß der
Bischof von Breslau das Fürstentum Neiße. 1327/1329 unterstellten sich, nachdem
schon Wenzel III. seit 1300 über sämtliche oberschlesische Herzogtümer hatte verfügen können, alle
oberschlesischen und bis auf Schweidnitz-Jauer, die 1353 durch Heirat Annas von
Schweidnitz-Jauer an Kaiser Karl IV. kamen, alle niederschlesischen Herzöge,
die insgesamt alle die deutsche Zuwanderung förderten, zum Schutz vor Polen der
Lehnshoheit der zum deutschen Reich gehörigen Krone von Böhmen, die 1306/1310
an das Haus Luxemburg gekommen war (1327 Teschen, Falkenberg, Cosel-Beuthen,
Auschwitz, Ratibor, Oppeln und Breslau, 1329 Sagan, Oels, Steinau,
Liegnitz-Brieg, 1331 Glogau, 1336 Münsterberg [, 1342 das Bistumsland
Neiße-Ottmachau]). Umgekehrt verzichteten die Könige von Polen 1335, 1339, 1356
und 1372 auf ihre Ansprüche auf S., das nunmehr nicht mehr über Polen, sondern
- neben den Akten von 1163 und 1280 - über Böhmen dem Reich verbunden war. Im
Verhältnis zu Böhmen standen dabei lehnsrührige schlesische Herzöge neben
eigenen Erbfürstentümern der Krone Böhmens (1462 Troppau, Münsterberg, Oels,
Glatz, 1475 Sagan, 1523 Jägerndorf, 1551 Beuthen). Im 15. Jahrhundert fielen
Teile Oberschlesiens an Polen, 1482 Crossen an Brandenburg und 1472 Sagan an
Sachsen (bis 1549). Dagegen wurde Troppau neu zu S. gezählt. 1526 gelangte ganz
S. mit Böhmen im Erbwege an Habsburg bzw. Österreich, das seit 1570/1621 die
Gegenreformation des von 1522 bis 1555 zu neun Zehnteln protestantisch
gewordenen Landes durchführte. Dabei waren Schweidnitz-Jauer, Glatz, Breslau,
seit 1532 Oppeln-Ratibor, Teschen, Neiße und seit 1544 Glogau Erbfürstentümer
Österreichs, während die übrigen Herzogtümer nur
in Lehnsabhängigkeit standen. Brandenburg erhob auf Grund eines 1537
geschlossenen, 1546 aber für nichtig erklärten Erbvertrags Ansprüche auf
Liegnitz, Brieg, Wohlau und das 1621 in Vollstreckung der Reichsacht Georg von
Brandenburg entzogene Jägerndorf, wurde 1686 durch Überlassung des Kreises
Schwiebus zur Aufgabe seiner Ansprüche veranlasst, gab den Kreis aber 1695
gegen Geldentschädigung zurück. Nach dem auf dieser Grundlage zwischen König
Friedrich dem Großen von Preußen und Erzherzogin Maria Theresia von Österreich
geführten ersten schlesischen Krieg kamen (1742/1744) Niederschlesien, große
Teile Oberschlesiens und die Grafschaft Glatz Böhmens an Preußen, während die
südwestlichen Teile der Fürstentümer Neiße, Troppau und Jägerndorf und die
Fürstentümer Teschen und Bielitz (etwa ein Sechstel) bei Österreich blieben und
zunächst als Herzogtum Oberschlesien und
Niederschlesien eingerichtet und von 1782 bis 1849 mit Mähren vereinigt wurden,
aber ab 1849 als Herzogtum S. ein durch einen
Landespräsidenten in Troppau verwaltetes österreichisches Kronland S.
(Österreichisch-Schlesien) mit der Hauptstadt Troppau bildeten. Die Teilungen
Polens brachten eine Verbreiterung der Landbrücke zu den anderen preußischen
Ostprovinzen. 1815 wurde die aus den 1742 erworbenen schlesischen Gebieten und
der Grafschaft Glatz gebildete Provinz S. Preußens um Teile der Oberlausitz
erweitert. Durch die Industrialisierung wurde sie eine der reichsten Provinzen
und wurde 1919 in Oberschlesien und Niederschlesien geteilt. 1918/1919 kam das
Kronland S. Österreichs (Österreichisch-Schlesien), vergrößert um das bis dahin
preußische Ländchen Hultschin (Hultschiner Ländchen) und verkleinert um den
1922 an Polen fallenden Ostteil des Teschener Gebiets (Ostoberschlesien) an die
Tschechoslowakei, 1938 zum Gau Sudetenland. An Polen fielen Gebiete der
niederschlesischen Kreise Guhrau, Militsch, Groß Wartenberg (Großwartenberg)
und Namslau (512 Quadratkilometer mit 26000 Einwohnern) und Teile
Oberschlesiens. 1934/1938 wurden die seit 1919 bestehenden preußischen
Provinzen Oberschlesien und Niederschlesien (26981 Quadratkilometer, 3,204
Millionen Einwohner, Regierungsbezirke Breslau und Liegnitz) vereinigt. 1939
wurden Ostoberschlesien, das Olsagebiet und weitere Grenzgebiete Polens S.
eingegliedert. 1941 wurde S. wieder in die Provinzen Oberschlesien und
Niederschlesien geteilt. 1945 kam S. mit Ausnahme des kleinen Gebiets westlich
der Lausitzer Neiße (Hoyerswerda, Görlitz, Rothenburg), das von 1949 bis 1990
an die Deutsche Demokratische Republik fiel, unter die Verwaltung Polens und
damit 1990 als politische Folge der deutschen Einheit an Polen. Die deutsche
Bevölkerung wurde überwiegend vertrieben. S. a. Beuthen, Bielitz, Breslau,
Brieg, Falkenberg, Glatz, Glogau, Goschütz, Hultschin (Hultschiner Ländchen),
Jägerndorf, Jauer, Kosel (Cosel), Liegnitz, Militsch, Münsterberg, Neiße,
Niederschlesien, Oberschlesien, Oels, Oppeln, Pless, Ratibor, Sagan,
Schweidnitz, Steinau, Strelitz, Teschen, Trachenberg, Troppau, Wartenberg,
Wohlau.
L.: Wolff 472ff.; Birke, E., Schlesien, (in) Geschichte der deutschen Länder,
Bd. 1; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) I3, III 22 (1648) H3; Die
Territorien des Reichs 2, 102; Scriptores rerum Silesiacarum, Bd. 1ff. 1835ff.;
Codex diplomaticus Silesiae, Bd. 1ff. 1857ff.; Triest, F., Topographisches
Handbuch von Oberschlesien, 1864, Neudruck 1984; Grünhagen, C., Geschichte
Schlesiens, Bd. 1ff. 1884ff.; Schlesische Landeskunde, hg. v. Frech,
F./Kampfers, F., Bd. 1ff. 1913; Kutscha, A., Die Stellung Schlesiens zum
deutschen Reich im Mittelalter, 1922; Loewe, V., Bibliographie zur schlesischen
Geschichte, 1927; Kartographische Denkmäler der Sudetenländer, hg. v. Brandt,
B., 10 He. 1930ff.; Gierach, K./Schwarz, E., Sudetendeutsches Ortsnamenbuch,
1932ff.; Holtzmann, R., Schlesien im Mittelalter, (in) Deutschland und Polen,
hg. v. Brackmann, A., 1933; Geschichtlicher Atlas von Schlesien, hg. v. d.
hist. Kommission für Schlesien, 1933; Geschichte Schlesiens, hg. v. Aubin, H.,
Bd. 1 1938; Bellée, H./Belée-Vogt, L., Oberschlesische Bibliographie, Bd. 1ff.
1938; Deutsches Städtebuch, hg. v. Keyser, E., Bd. 1 1939; Grögler, A., Das
Landkartenwesen von Mähren und Schlesien seit Beginn des 16. Jahrhunderts,
1943; Kaps, J., Die Tragödie Schlesiens 1945-46, 1952; Rister, E., Schlesische
Bibliographie, Bd. 1ff. 1953ff.; Dokumentation der Vertreibung der Deutschen
aus Ost- und Mitteleuropa, hg. v. Bundesministerium für Vertriebene, Bd. 1
1953; Sudetendeutscher Atlas, hg. v. Meynen, E., 1954; Kuhn, W.,
Siedlungsgeschichte Oberschlesiens, 1954; Krallert, W., Atlas zur Geschichte
der deutschen Ostsiedlung, 1958; Polenz, P. v., Landschafts- und Bezirksnamen,
1961, III, 27; Schlesisches Urkundenbuch, hg. v. Appelt, H., 1963ff.;
Niederschlesien unter polnischer Verwaltung, hg. v. Bahr, E./König, K., 1967;
Rückert, H., Entwurf einer systematischen Darstellung der schlesischen Mundart
im Mittelalter, 1971; Bahr, E. u. a., Oberschlesien nach dem Zweiten Weltkrieg.
Verwaltung, Bevölkerung, Wirtschaft, 1975; Stüttgen, D., Schlesien, (in)
Grundriss der deutschen Verwaltungsgeschichte 1815-1945, hg. v. Hubatsch, W.,
1975f.; Schlesien im 18. Jahrhundert (Karte 1:500000); Menzel, J., Formen und
Wandlungen der mittelalterlichen Grundherrschaft in Schlesien, (in) Die
Grundherrschaft im späten Mittelalter, Bd. 1 hg. v. Patze, H., 1983;
Geschichtlicher Atlas von Schlesien, hg. v. Petry, L./Menzel, J., 1985; Loebel,
H., Schlesien, 1987; Sommer, F., Die Geschichte Schlesiens, 1987; Trux, E.,
Schlesien in der Biedermeierzeit, 1987; Geschichte Schlesiens, Bd. 1 Von der
Urzeit bis zum Jahre 1526, hg. v. Petry, L., 5. A. 1988, Bd. 2 Die Habsburger
Zeit 1526-1740, hg. v. Petry, L., 2. A. 1988, Bd. 3 Preußisch-Schlesien
1740-1945, Österreichisch-Schlesien 1740-1918/45, hg. v. Menzel, J., 1999;
Weber, M., Das Verhältnis Schlesiens zum Alten Reich in der frühen Neuzeit,
1989; Kontinuität und Wandel, hg. v. Baumgart, P., 1990; Weber, M., Das
Verhältnis Schlesiens zum Alten Reich, 1992; Schlesien, hg. v. Conrads, N.,
1994; Schlesisches Städtebuch, hg. v. Johanek, P. u. a., 1995; Menzel, J.,
Schlesien, LexMA 7 1995, 1481ff.; Schlesien und die Schlesier, hg. v. Bahlcke,
J., 1996; Schlinker, S., Fürstenamt und Rezeption, 1999, 205; Hofmann, A., Die
Nachkriegszeit in Schlesien, 2000; Bartosz, J./Hofbauer, H., Schlesien, 2000;
Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W.,
2003, 1, 895; Filip, V. u. a., Schlesien, Georg von Podiebrad und die römische
Kurie, 2005; Rüther, A., Region und Identität, 2010.
Schleswig (Herzogtum,
Residenz). Seit karolingischer Zeit war das Gebiet an Eider und Schlei zwischen
Dänemark und dem fränkisch-deutschen Reich umstritten. Zwischen 1025 und 1035
verzichtete Kaiser Konrad II. hierauf. Etwa zu dieser Zeit übernahm die
nördlich der Schlei gelegene Siedlung S. die vorher dem südlich der Schlei
gelegenen Handelsplatz Haithabu zugekommene Vorortstellung. Seit Ende des 11.
Jahrhunderts/Anfang des 12. Jahrhunderts setzte der König von Dänemark
Verwandte als Statthalter (lat. praefectus, dän. jarl) für dieses Gebiet
(Südjütland) ein. Dem Statthalter Knut Laward (1115-1131) gelang es seit 1115,
seine Herrschaft auch über die slawischen Abodriten im östlichen Holstein
(Wagrien) auszudehnen. Schon im 12. Jahrhundert und dann seit 1232 trug der
Statthalter den Titel Herzog (lat. dux) und
behauptete mit Hilfe der seit 1237 verschwägerten Grafen von Holstein aus dem
Haus Schauenburg (Schaumburg) die relative Selbständigkeit Schleswigs gegenüber
Dänemark (1261 Erblichkeit als Fahnenlehen Dänemarks). 1326 erzwang Graf
Gerhard III. von Holstein den Ausschluss der einheitlichen Herrschaft über
Dänemark und S. und sicherte sich 1330 eine Anwartschaft auf das
(staatsrechtlich) damit von Dänemark getrennte S. 1375 starb das
dänisch-schleswigsche Herzogshaus aus. 1386
erlangte der Graf von Holstein das Herzogtum S.
als Lehen Dänemarks. Seitdem blieben S. und das vom Reich lehnbare Holstein in
fester staatsrechtlicher Verbindung (Schleswig-Holstein). 1440 musste der König
von Dänemark den Grafen von Holstein die erbliche Belehnung mit dem Herzogtum S. Dänemarks zugestehen. 1448 veranlasste
der Graf von Holstein die Wahl seines Neffen Christian von Oldenburg zum König
von Dänemark (Christian I.). Als mit Adolf VIII. das Haus Schauenburg
(Schaumburg) der Grafen von Holstein und Herzöge von S. 1459 ausstarb, wählten
die Stände am 2. 3. 1460 König Christian I. von Dänemark, Graf von Oldenburg,
zum Herzog von Schleswig (Personalunion
Dänemarks mit Schleswig-Holstein). 1474 erhob Kaiser Friedrich III. Holstein,
Dithmarschen, Wagrien und Stormarn zum reichsunmittelbaren Herzogtum. Nach Christians Tode 1481 wählten die
Stände seine beiden Söhne (König Johann von Dänemark und Friedrich) zu
Landesherren. 1490 teilten beide das Land bei ideeller Einheit in einen
königlichen (Segeberger) Anteil und einen herzoglichen (Gottorper [Gottorfer])
Anteil in bunter Gemengelage. Friedrich wurde 1524 zum König von Dänemark
gekrönt und vereinigte die Herzogtümer Schleswig
und Holstein wieder.
L.: Falck, N., Das Herzogtum Schleswig in seinem
gegenwärtigen Verhältnis zu dem Königreich Dänemark und zu dem Herzogtum Holstein, 1816, Neudruck 2008; Sach, A.,
Geschichte der Stadt Schleswig nach urkundlichen Quellen, 1875; Philippsen, H.,
Kurzgefasste Geschichte der Stadt Schleswig, 1926; Brandt, O., Geschichte
Schleswig-Holsteins, 6. A. 1966; Brandt, O./Klüver, W., Geschichte
Schleswig-Holsteins, 8. A. 1981; Greve, K., Zentrale Orte im Herzogtum Schleswig, 1987; Die Stadt im westlichen
Ostseeraum, Bd. 1 1995, 47; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich,
hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 905; Die Fürsten des Landes. Herzöge und Grafen
von Schleswig, Holstein und Lauenburg, hg. v. Rasmussen, C. u. a., 2008.
Schleswig-Holstein (Herzogtümer,
Land, Provinz). 1326 erzwang Graf Gerhard III. von Holstein den Ausschluss der
einheitlichen Herrschaft über Dänemark und Schleswig. Nach Aussterben des
dänisch-schleswigschen Herzogshauses 1375
erlangte er 1386 das Herzogtum Schleswig als
Lehen Dänemarks. Seitdem blieben Schleswig als Lehen Dänemarks und Holstein als
Lehen des Reiches in fester staatsrechtlicher Verbindung. Nach dem Aussterben
der schauenburgischen (schaumburgischen) Grafen von Holstein und Herzöge von
Schleswig kamen Schleswig und Holstein 1459/1460 auf Grund des Vertrages von
Ripen an den König von Dänemark aus dem Haus Oldenburg (Christian I.), das 1448
den dänischen Thron bestiegen hatte. 1474 erhob Kaiser Friedrich III. Holstein,
Dithmarschen, Wagrien und Stormarn zum reichsunmittelbaren Herzogtum, doch blieb Dithmarschen zunächst die
Unabhängigkeit. Nach einer vorübergehenden Teilung (1490 königlicher Segeberger
und herzoglicher Gottorper [Gottorfer] Anteil bei ideeller Einheit) der seitdem
in Personalunion beherrschten Länder Schleswig und Holstein wurden diese 1524
unter Dänemark wieder vereinigt. Seit 1528 wurde die Reformation eingeführt.
König Friedrichs Sohn Christian III. teilte 1544 Schleswig-Holstein in bunter
Gemengelage mit seinen zwei Stiefbrüdern in drei Herrschaftsbereiche, wodurch
erneut ein königlicher (und 1580 ein herzoglicher) Landesteil entstand. Zum
Gottorper (Gottorfer) Anteil des jüngsten Bruders Adolf gehörten unter anderem
Apenrade, Südschleswig, Stapelholm, Husum, Eiderstedt, Kiel, Neumünster,
Oldenburg in Holstein, Cismar, Neustadt, Trittau und Reinbek (Reinbeck), zum
Haderslebener, 1581 aufgeteilten Anteil Herzog
Johanns des Älteren Hadersleben, Rendsburg (1581 königlich), Tondern,
Lügumkloster, Fehmarn (1581 herzoglich), zum königlichen Sonderburger Anteil
Christians und später Friedrichs II. Alsen, Aerö (Arrö), Flensburg, Bredstedt
und holsteinische Gebiete um Segeberg, Oldesloe, Plön, Steinburg, Reinfeld und
Ahrensbök. König und Herzog wechselten sich in
der gemeinschaftlichen Regierung beider Länder ab. Gemeinsam unterwarfen die
drei Brüder 1559 Dithmarschen und teilten es auf. 1581 wurde der Haderslebener
Anteil Johanns des Älteren zwischen König Friedrich II. und Herzog Adolf von Gottorp (Gottorf) geteilt. König
Christians III. Sohn und Nachfolger trat seinem Bruder Herzog
Johann dem Jüngeren, der 1581 Reinfeld, Sundewitt und Rude-Kloster erhalten
hatte, ein Drittel des Sonderburger Anteils ab (Sonderburg, Norburg, Aerö
[Arrö], Plön, Ahrensbök). Diese Teilung wurde von den Ständen nicht anerkannt,
so dass die sog. abgeteilten Herren, die beim Tode Johanns des Jüngeren die bis
zum 18. Jahrhundert weitgehend aussterbenden Linien Schleswig-Holstein-Sonderburg
(Sonderburg), Schleswig-Holstein-Norburg (Norburg),
Schleswig-Holstein-Glücksburg (Glücksburg) und Schleswig-Holstein-Plön (Plön)
bildeten, von denen Schleswig-Holstein-Sonderburg (Sonderburg) 1623 sich
nochmals in Schleswig-Holstein-Augustenburg (Augustenburg) und
Schleswig-Holstein-Beck (Beck-Glücksburg) teilte, keine Landesherrschaft in
ihren Gebieten hatten. Seit 1565 begann unter Herzog
Adolf von Gottorp (Gottorf) die eigenständige Politik der Herzöge von
Schleswig. 1640 fiel die (schauenburgische [schaumburgische]) Grafschaft
Pinneberg beiden Hauptlinien an. 1665 wurde die Universität Kiel gegründet.
1658 erzwang der Herzog von Gottorp (Gottorf)
den Verzicht Dänemarks auf die Souveränität über den herzoglichen Anteil in
Schleswig, wogegen Dänemark später militärisch wie politisch vorging, so dass
schließlich 1721 der König von Dänemark als alleiniger Landesherr von den
Ständen anerkannt und das Haus Gottorp (Gottorf) auf den zersplitterten
herzoglichen Anteil in Holstein beschränkt wurde. 1767/1773 gaben die Herzöge
von Gottorp (Gottorf), die 1762 die Krone Russlands gewonnen hatten, ihre
Herrschaft über Holstein auf und erhielten dafür Oldenburg und Delmenhorst. Die
nun wieder geeinten Herzogtümer Schleswig und
Holstein gehörten zu Dänemark, waren aber verwaltungsmäßig selbständig. 1806
blieb S. bei Dänemark. Der Wiener Kongress von 1815 erklärte Holstein zum Glied
des Deutschen Bundes. In der Folge begann Dänemark, Schleswig enger mit
Dänemark zu verbinden und dadurch von Holstein zu trennen. 1846 erklärte der
König Schleswig als zu Dänemark gehörig, so dass eine Beschränkung des
Erbrechts der Linie Schleswig-Holstein-Augustenburg (Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg)
auf Holstein in Aussicht stand. 1848 fielen beide Herzogtümer
von Dänemark ab. Am 12. 4. 1848 wurde Schleswig in den Deutschen Bund
aufgenommen. 1850 setzte sich Dänemark aber vollständig durch und gab am 15. 2.
1854 Schleswig und am 11. 6. 1854 Holstein eine Verfassung. Nach weiteren
Streitigkeiten, in deren Verlauf beim Aussterben der königlichen Linie 1863 die
allein verbleibenden Linien Schleswig-Holstein-Augustenburg (Augustenburg) und
Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg (Beck-Glücksburg) der Sonderburger
Linie Erbansprüche erhoben, und dem deutsch-dänischen Krieg von 1864 musste
Dänemark am 30. 10. 1864 S. und Lauenburg an Preußen und Österreich abtreten,
die es zunächst gemeinsam verwalteten. 1866 musste Österreich, das ein
schleswig-holsteinisches Herzogtum befürwortet
hatte, sein Einverständnis mit der Einverleibung Schleswig-Holsteins in Preußen
erklären. Die Erbansprüche des Großherzogs von Oldenburg wurden durch Geld und
das holsteinische Amt Ahrensbök abgefunden. 1920 fiel Nordschleswig auf Grund
einer Abstimmung, bei der sich 75000 Stimmen für Dänemark und 25000 für
Deutschland aussprachen, an Dänemark. 1937 wurde Lübeck mit S. und Altona mit
Hamburg vereinigt. 1945 kam ein der Stadt Ratzeburg gegen Osten hin
vorgelagertes kleines Gebiet mit Ziethen, Bäk und Mechow von Mecklenburg an
Schleswig-Holstein. 1946 wurde durch Verordnung der britischen Militärregierung
aus der Provinz S. Preußens das Land S. gebildet.
L.: Scharff, A., Schleswig-Holstein, (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd.
1; Die Territorien des Reichs 2, 140; Bauer 1, 687; Geerz, F., Geschichte der
geographischen Vermessungen und der Landkarten Nordalbingiens vom Ende des 15.
Jahrhunderts bis zum Jahre 1859, 1859; Carstens, W., Die Landesherrschaft der
Schauenburger und die Entstehung der landständischen Verfassung in
Schleswig-Holstein, Zs. der ges. f. schlesw.-holst. Gesch. 55 (1926), 287;
Geschichte Schleswig-Holsteins, hg. v. Pauls, V./Klose, O., 1934ff.; Schott,
C., Beiträge zur Landeskunde von Schleswig-Holstein, 1953; Kellenbenz, H., Die Herzogtümer vom Kopenhagener Frieden bis zur
Wiedervereinigung Schleswigs 1660-1721, 1960; Schleswig-Holstein, hg. v.
Thiede, K., 1962; Handbuch der historischen Stätten, Schleswig-Holstein und
Hamburg, hg. v. Klose, O., 3. A. 1976; Dankwerth, C., Die Landkarten von Johann
Mejer Husum aus der neuen Landesbeschreibung der zwei Herzogtümer
Schleswig und Holstein 1652, neu hg. v. Domeiner, K./Haak, M., 1963; Brandt,
O., Geschichte Schleswig-Holstein, 6. A. 1966; Kahlfuss, H., Landesaufnahme und
Flurvermessungen in den Herzogtümern Schleswig,
Holstein, Lauenburg vor 1864, 1969; Jürgensen, K., Die Gründung des Landes
Schleswig-Holstein nach dem zweiten Weltkrieg, 1969; Klose, O., Geschichte
Schleswig-Holsteins, Bd. 1ff. 1980ff.; Brandt, O./Klüver, W., Geschichte
Schleswig-Holsteins, 8. A. 1981; Prange, W., Die Entwicklung der adligen
Eigenwirtschaft in Schleswig-Holstein, (in) Die Grundherrschaft im späten
Mittelalter, Bd. 1, hg. v. Patze, H., 1983; Hildebrandt, F., Die
Nachbarschaften in Angeln vom 17. bis 19. Jahrhundert, 1985; Koch, J.,
Schleswig-Holstein, 1986; Opitz, E., Schleswig-Holstein, 1988;
Schleswig-Holsteins Weg in die Moderne, hg. v. Paetau, R., 1988; Fuhrmann, K.,
Die Auseinandersetzung zwischen königlicher und gottorfischer Linie in den Herzogtümern Schleswig und Holstein in der zweiten
Hälfte des 17. Jahrhunderts, 1990; Albrechtsen, E., Über die rechtliche
Stellung des Herzogtums Schleswig im
Spätmittelalter, FS E. Hoffmann, 1992, 155; Schleswig-Holstein. Eine politische
Landeskunde, red. v. Wenzel, R., 1992; Bremicker, S., Schleswig-Holstein als
Kondominium, 1994; Hoffmann, E., Schleswig, LexMA 7 1995, 1484ff.; Geschichte
Schleswig-Holsteins, hg. v. Lange, U., 1996; Hagelstein, K., Die Erbansprüche
auf die Herzogtümer Schleswig und Holstein
1863/64, 2003; Repertorium der Policeyordnungen der frühen Neuzeit Band 9
Dänemark und Schleswig-Holstein, hg. v. Tamm, D., 2008; Bernstein, A., Die
Gebietsreform in Schleswig-Holstein, 2010.
Schleswig-Holstein-Eutin (Herzöge). S. war eine nach der
Reformation des Hochstifts Lübeck gebildete Linie der Herzöge von
Schleswig-Holstein, die dadurch entstand, dass seit 1586 die nunmehr weltlichen
Fürstbischöfe von Lübeck aus dem Hause Schleswig-Holstein-Gottorp (Gottorf)
kamen. 1773 wurde das Hochstift mit dem Herzogtum
Oldenburg vereinigt, 1803 säkularisiert und Oldenburg zugeteilt. 1937 kam der
oldenburgische Landesteil Eutin/Lübeck an die Provinz Schleswig-Holstein
Preußens. S. Eutin, Lübeck.
L.: Kollmann, P., Statistische Beschreibung des Fürstentums Lübeck, 1901;
Peters, G., Geschichte von Eutin, 1958.
Schleswig-Holstein-Glücksburg, Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg
(Herzogtum). 1210 begründeten
Zisterziensermönche das Rudekloster. Dieses wurde 1538 säkularisiert. 1564
erhielt der jüngere Sohn des Königs von Dänemark (Christians III.), Johann der
Jüngere, ein Drittel des königlichen Anteils von Schleswig-Holstein
(Sonderburg, Aerösköbing, Norburg, Plön, Ahrensbök). Dazu kamen nach dem Tod
Johanns des Älteren von Schleswig-Holstein-Hadersleben (1581) das Rudekloster,
das Kloster Reinfeld, der königliche Anteil des Sundewitt und Güter auf Aerö
(Aeroe). 1582 baute Johann der Jüngere an der Stelle des Rudeklosters
Glücksburg. Sein Sohn Philipp machte Glücksburg zur Hauptstadt des ihm
vererbten Herzogtums S. 1779 starb die Linie S.
aus und wurde von Dänemark beerbt. Eine jüngere Linie Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg
wurde aus dem Hause Schleswig-Holstein-Beck 1825 begründet. S.
Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg.
L.: Kruse, H., Aus der Vergangenheit Glücksburgs, 1925.
Schleswig-Holstein-Glückstadt (Herzogtum).
Bei Teilungen Schleswig-Holsteins von 1490 und 1544/1581 entstand der
königliche Anteuil an Schleswig-Holstein. 1616/1617 gründete König Christian
IV. von Dänemark den Nordseehafen Glückstadt. 1648 verlegte der König die
Regierungs- und Justizkanzlei der Herzogtümer
königlichen Anteils hierher. Seitdem wurde das Herzogtum
S. genannt. Um 1800 umfasste das Gebiet des zum niedersächsischen Reichskreis
zählenden Herzogtums etwa 70 Quadratmeilen. Der
holsteinische Teil bildete das Herzogtum
Holstein-Glückstadt. 1866 kam Glückstadt zu Preußen, 1946 zu
Schleswig-Holstein.
L.: Zeumer 553 II b 32; Wallner 706 NiedersächsRK 6; Großer Historischer
Weltatlas III 22 (1648) D1.
Schleswig-Holstein-Gottorp(-Oldenburg), Schleswig-Holstein-Gottorf (Herzogtum), (Schleswig-Holstein-Gottorp-Oldenburg),.
Nachdem 1460 Schleswig und Holstein auf Grund des Vertrages von Ripen an das
1448 in Dänemark an die Macht gelangte Haus Oldenburg gekommen waren und 1490
und 1544/1581 Schleswig und Holstein zwischen dem König von Dänemark und dem Herzog von Gottorp (Gottorf) in bunter Gemengelage
geteilt worden waren, bildete der herzogliche Anteil das Herzogtum S. (Schleswig-Holstein-Gottorf). Ab 1721
verblieb dem Haus Gottorp (Gottorf) nur noch der holsteinische Anteil des Herzogtums als Herzogtum
Holstein-Gottorp (Gottorf). 1767/1773 gaben die Herzöge von Gottorp (Gottorf),
von denen 1767 Karl Peter Ulrich als Peter III. den Thron von Russland bestieg,
ihre Herrschaft in Schleswig-Holstein zugunsten Dänemarks auf. Die sog.
bischöfliche Linie der Gottorper (Gottorfer), die das Hochstift Lübeck mit
Eutin innehatte, erhielt durch Vertrag Oldenburg. Um 1800 umfasste das Gebiet
des zum niedersächsischen Reichskreis zählenden Herzogtums
etwa 70 Quadratmeilen. S. Holstein, Oldenburg.
L.: Großer Historischen Weltatlas III 22 (1648) D 1.
Schleswig-Holstein-Kiel (Herzogtum). 1721 wurde das im 13. Jahrhundert (1233-1242) begründete Kiel Hauptresidenz der Herzöge von Gottorp (Gottorf). Seit 1762 wurde, nachdem Karl Peter Ulrich als Peter III. den Thron von Russland bestiegen hatte, der Gottorper (Gottorfer) Anteil Schleswig-Holsteins von Sankt Petersburg aus regiert. 1773 wurde vertraglich das gottorpsche (gottorfsche) Restland an Dänemark übertragen.
Schleswig-Holstein-Norburg (Herzöge). Herzog Johanns des Jüngeren (Linie Sonderburg) Sohn Friedrich begründete die Linie S.
Schleswig-Holstein-Sonderburg (Herzogtum).
Sonderburg auf der Insel Alsen erscheint 1253 als Burg und 1257 als Ort. 1461
erhielt es Stadtrecht. Bei der Teilung von 1564 kam es mit Norburg, Arrö
(Aerö), Plön und Ahrensbök an Herzog Johann den
Jüngeren, den Stammvater der Sonderburger Linien, dem zwar die Stände die
Huldigung verweigerten, so dass er nur abgeteilter Herr und nicht an der
gemeinschaftlichen Regierung Schleswig-Holsteins beteiligt war, der aber in
seinem Sonderburger Herzogtum alle Rechte eines
regierenden Herren wahrnahm.( Er erwarb 1581 bei der Aufteilung
Schleswig-Holstein-Haderslebens Reinfeld in Holstein, den Sundewitt sowie die
Güter des Rudeklosters und erbaute das Schloss Glücksburg.) Bei seinem Tod
(1622) begründete sein Sohn Alexander die Sonderburger Linie (Schleswig-Holstein-Sonderburg),
Friedrich die Norburger Linie (Schleswig-Holstein-Norburg), Philipp der Ältere
die Glücksburger Linie (Schleswig-Holstein-Glücksburg) und Joachim Ernst die
Plöner Linie (Schleswig-Holstein-Plön). Das Sonderburger Haus (Schleswig-Holstein-Sonderburg)
spaltete sich weiter auf in fünf Linien, von denen nur
Schleswig-Holstein-Augustenburg (Augustenburg) und Schleswig-Holstein-Beck
(Beck) Bedeutung bekamen. 1667/1668 zog König Friedrich III. von Dänemark das
verschuldete Herzogtum Sonderburg ein. 1866 kam
Sonderburg mit Schleswig zu Preußen, 1871 zum Deutschen Reich. 1920 fiel es mit
Nordschleswig an Dänemark.
L.: Sønderborg slot, hg. v. Norn, O. u. a., Kopenhagen 1963.
Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg (Herzogtum).
An Stelle des am 6. 9. 1210 gegründeten, 1538 säkularisierten Rudeklosters
erbaute Herzog Johann der Jüngere, der jüngste
Sohn König Christians III. von Dänemark aus dem Hause Oldenburg, der nach dem
Tode Christians III. 1564 von König Friedrich II. ein Drittel des königlichen
Anteils von Schleswig-Holstein (Sonderburg, Aeroeskoebing [Aerösköbing],
Norburg, Plön, Ahrensbök) erhielt, zu dem nach dem Tod Herzog
Johanns des Älteren 1581 noch Rudekloster, Reinfeld, Sundewitt (königlicher
Anteil) und Güter auf der Insel Arrö (Aerö) kamen, 1582-1587 das Schloss
Glücksburg. Johanns Sohn, Herzog Philipp, erhob
Glücksburg zur Hauptstadt seines ihm vererbten Herzogtums
S. Als das Herzoghaus 1779 ausstarb, übernahm
der König von Dänemark als Herzog von
Schleswig-Holstein die Güter. S. Schleswig-Holstein-Glücksburg
L.: Kruse, H., Aus der Vergangenheit Glücksburgs, 1925; Brandt, O./Klüver, W.,
Geschichte Schleswig-Holsteins, 8. A. 1981.
Schleswig-Holstein-Sonderburg-Plön, Schleswig-Holstein-Plön (Herzogtum). Um 1156 gründete Graf Adolf II. von
Holstein bei der ehemaligen slawischen Wasserburg Plune, die wohl seit dem 9.
Jahrhundert slawischer Fürstensitz gewesen war, eine deutsche Siedlung. Die
1173 errichtete landesherrliche Burg war von 1290 bis 1390 Sitz einer Linie der
Grafen von Schauenburg, (Schaumburg) von 1623/1636 bis 1761 Residenz des
kleinen Herzogtums S., dessen Gebiet bei ihrem
Aussterben 1761 an Dänemark zurückfiel, bei dem es mit Schleswig-Holstein bis
1864 blieb. 1866/1867 kam es zu Preußen, 1946 zu Schleswig-Holstein.
L.: Hanssen, P., Kurzgefasste zuverlässige Nachricht von den
Holstein-Plönischen Landen, 1759; Kinder, J., Urkundenbuch zur Chronik der
Stadt Plön, 1890; Der Landkreis Plön, 2. A. 1964; Klüver, W., Plön. Grundzüge
und Hauptdaten einer Stadtgeschichte, 2. A. 1964.
Schmalegg (Herrschaft). Nach der 1171 bezeugten
Burg S. (Smalunegge) bei Ravensburg nannten sich die seit etwa 1140 bekannten
ministerialischen Herren von S., die das Schenkenamt des Herzogtums Schwaben erlangten. 1293/1294 verkauften
sie ihre Stammburg an die Grafen von Werdenberg-Sargans, 1413 die Burg und
Herrschaft an die Reichsstadt Ravensburg, die 1802/1803 an Bayern und 1810 an
Württemberg und damit 1951/1952 an Baden-Württemberg kam.
L.: Hölzle, Beiwort 89; Dreher, A., Geschichte der Reichsstadt Ravensburg,
1972; Der Kreis Ravensburg, 1976.
Schöller (Herrschaft). S. bei Düsseldorf
erscheint erstmals 1182 (Schonlare) in einer Urkunde des Stifts Sankt Gereon in
Köln. Über die Erbtochter Wolfgang Wilhelms von S. kam es um 1700 an die Grafen
von Schaesberg. Am Ende des 18. Jahrhunderts gehörte die Herrschaft S. über das
Herzogtum Berg der Pfalz zum
niederrheinisch-westfälischen Reichskreis. 1946 gelangte S. über Preußen zu
Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 324; Schoeller, A., Geschichte der Familie Schöller, 1894; Schoeller,
H., Beiträge zur Geschichte der Familie Schöller, 1910.
Schönau (reichsunmittelbare Herrschaft). Die
Herrschaft S. bei Aachen war am Ende des 18. Jahrhunderts nicht eingekreister
Reichsteil des Heiligen Römischen Reiches. Sie bestand nur aus einem Haus und
einigen hundert Morgen Landes ohne Untertanen. 1759/1764 erzwang die Pfalz als Herzog von Jülich vom sie innehabenden Herren von
Blanche die Anerkennung der Landeshoheit Jülichs. 1815 kam S. zu Preußen
(Rheinprovinz), 1946 zu Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 498.
Schwabegg, Schwabeck (Herrschaft). Nach S.
südwestlich Augsburgs nannten sich Herren von S., deren Herrschaft nach ihrem
Aussterben 1167 an die Staufer und 1268 an Bayern kam. Seit 1375 war sie an
verschiedene Herren verpfändet. 1666 wurde sie von Bayern zurückerworben und Herzog Maximilian Philipp überlassen. Dieser ließ sich
die Grafschaftsrechte als Reichslehen bestätigen. Nach seinem Tod 1705 wurde S.
als erledigtes Reichslehen eingezogen und dem Hochstift Augsburg übertragen,
kam aber 1714 an Bayern (Pfleggericht Türkheim) zurück. 1778/1779 entzog es der
Kaiser Bayern kurzzeitig. Am Ende des 18. Jahrhunderts gehörten die
Herrschaften Mindelheim und S. dem schwäbischen Reichskreis an.
L.: Wolff 136, 201; Wallner 685 SchwäbRK 13; Ruf, H., Die Herrschaft Schwabegg,
(in) Der Landkreis Mindelheim in Vergangenheit und Gegenwart, 1968.
Schwaben (Herzogtum,
Reichslandvogtei Oberschwaben und Niederschwaben). Das nach der germanischen
Völkerschaft der Sweben bezeichnete S. umfasste ursprünglich die (spätere)
deutsche Schweiz, das Elsass, Südbaden, Südwürttemberg und das Gebiet bis zum
Lech und wurde zunächst von den swebischen Alemannen besiedelt und nach ihnen
benannt. Das ältere, seit dem 6. Jahrhundert ausgebildete Herzogtum der Alemannen wurde 746 von den Franken
beseitigt. 843 kam Alemannien zum ostfränkischen Reich, in dem es zunehmend als
S. bezeichnet wurde. Mehrere Geschlechter rangen miteinander um die Macht
(Hunfridinger, Alaholfinger). Nach dem Aussterben der ostfränkischen Karolinger
wechselte die Würde des Herzogs von S. zwischen
verschiedenen Familien (Hunfridinger/Burchardinger, Konradiner,
Babenberger/Liudolfinger). Heinrich IV. übertrug sie 1079 seinem Schwiegersohn
Friedrich von Büren bzw. Staufen, dessen Geschlecht die durch Anfall
welfischer, Pfullendorfer, Lenzburger und zähringischer Güter vermehrte Würde
bis 1268 (Herzog Konradin) innehatte. Nach
Aussterben der Familie bereicherten sich die Großen des Landes, vor allem die
Grafen von Württemberg, am Reichsgut und Herzogsgut
und verhinderten die Wiederherstellung des Herzogtums
S. durch König Rudolf von Habsburg, der zwar das Herzogtum
seinem Sohn Rudolf († 1290) verlieh, unter dessen Enkel Johann Parricida aber
der Titel erlosch. Immerhin vereinigte Rudolf von Habsburg die Reste des
Reichsgutes in Reichslandsvogteien. Von diesen verlor die nördlich der Donau
gelegene Reichslandvogtei Niederschwaben rasch an Bedeutung. Dagegen vermochte
die südlich der Donau gelegene Reichslandvogtei Oberschwaben, gestützt auf
ursprünglich welfisch-staufische Rechte um Ravensburg und seit 1415 auf das
Gebiet der sog. Freien auf der Leutkircher Heide, sich zu behaupten. 1378 wurde
ihr die Reichslandvogtei Niederschwaben zugeschlagen. Sitz der Landvogtei
(Reichslandvogtei in Oberschwaben und Niederschwaben) war die Ravensburg, seit
1647 Altdorf (Weingarten). Eine umfassende Wiedergewinnung der alten
Reichsrechte gelang freilich nicht. Lediglich um Altdorf (Weingarten) blieb ein
bescheidenes Herrschaftsgebiet bestehen. Die Landvogtei wurde mehrfach
verpfändet. 1541 kam sie als Reichspfandschaft endgültig an Österreich
(Schwäbisch-Österreich). Ihre Landeshoheit erfasste rund 25000 Einwohner, doch
bestanden Geleitsrechte, Forstrechte, Gerichtsrechte und Vogteirechte auch
gegenüber vielen anderen oberschwäbischen Reichsständen. 1805 kam die zum
österreichischen Reichskreis zählende Vogtei an Württemberg. Das Gebiet der
Freien auf der Leutkircher Heide (Amt Gebrazhofen) fiel 1805 an Bayern und 1810
an Württemberg und damit 1951/1952 an Baden-Württemberg.
L.: Wolff 43, 136; Wallner 713 ÖsterreichRK 1; Großer Historischer Weltatlas II
34 (1138-1254) F4; Gönner, E./Zorn, W., Schwaben, (in) Geschichte der deutschen
Länder, Bd. 1; Stälin, P., Geschichte Württembergs, Bd. 1 1882ff.; Baumann, F.,
Forschungen zur schwäbischen Geschichte, 1898; Schröder, A./Schröder, H., Die
Herrschaftsgebiete im heutigen Regierungsbezirk Schwaben und Neuburg nach dem
Stand von Mitte 1801, Z. hist. Ver. Schwaben und Neuburg 32 (1906); Schröder,
A., Die staatsrechtlichen Verhältnisse im Bayerischen Schwaben um 1801, Jb.
Hist. Ver. Dillingen 19 (1906); Weller, K., Die freien Bauern in Schwaben, ZRG
54 (1934); Ernst, F., Zur Geschichte Schwabens im ausgehenden Mittelalter, (in)
Festgabe Bohnenberger, 1938; Weller, K./Weller, A., Besiedlungsgeschichte
Württembergs vom 3. bis 13. Jahrhundert, 1938; Bader, K., Der deutsche
Südwesten in seiner territorialstaatlichen Entwicklung, 2. unv. A. 1978;
Tüchle, H., Kirchengeschichte Schwabens, Bd. 1f. 1950ff.; Historisches
Ortsnamenbuch von Bayern, hg. v. der Komm. f. bay. LG. (1952ff.), Teil Schwaben;
Zorn, W., Historischer Atlas von Schwaben, Schwäbische Bll. 4 (1953);
Historischer Atlas von Bayerisch Schwaben, hg. v. Zorn, W., 1955; Gönner,
E./Müller, M., Die Landvogtei Schwaben, (in) Vorderösterreich, hg. v. Metz, F.,
3. A. 1978; Polenz, P. v., Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, II, 22, 51, 52,
94, III, 27, Swabun, Volksname, Landname, Swabolant, Svavaland, Swabo richi,
Suevia, Schwaben; Lautenbacher, G., Bayerisch Schwaben, 1968; Weller,
K./Weller, A., Württembergische Geschichte im südwestdeutschen Raum, 8. A.
1975; Maurer, H., Der Herzog von Schwaben, 1978;
Blickle, P./Blickle, R., Schwaben von 1268 bis 1803, 1979; Hofacker, H., Die
schwäbischen Reichslandvogteien im späten Mittelalter, 1980; Fried, P./Lengle,
P., Schwaben von den Anfängen bis 1268, 1988; Früh- und hochmittelalterlicher
Adel in Schwaben und Bayern, hg. v. Eberl, I., 1988; Graf, K., Das Land
Schwaben im späten Mittelalter, (in) Regionale Identität und soziale Gruppen im
deutschen Mittelalter, 1992, 127; Baum, W., Die Habsburger in den Vorlanden,
1993; Zotz, T., Schwaben, LexMA 7 1995, 1598ff.; Handbuch der bayerischen
Geschichte, hg. v. Spindler, M., Bd. 3, 3 3. A. 1997; Geschichte Schwabens bis
zum Ausgang des 18. Jahrhunderts, hg. v. Kraus, A., 2001; Zettler, A.,
Geschichte des Herzogtums Schwaben, 2003; Das
Reich in der Region während des Spätmittelalters und der frühen Neuzeit, hg. v.
Kießling, R. u. a., 2005; Adel im Wandel, hg. v. Bumiller, C. u. a., 2006; Die
Integration in den modernen Staat, hg. v. Hoffmann, C. u. a., 2007.
Schwaben (Landvogtei), Reichslandvogtei Oberschwaben und Niederschwaben s. Schwaben (Herzogtum)
Schwäbischer Reichskreis. Der 1521 für das Gebiet
zwischen Rhein, Lech, Wörnitz, Philippsburg-Wimpfen-Dinkelsbühl (ausgenommen
die Reichsritterschaft und andere Reichsunmittelbare sowie die
vorderösterreichischen Gebiete) geschaffene Schwäbische Reichskreis umfasste 1792
folgende Mitglieder: Geistliche Fürsten: Konstanz, Augsburg, Ellwangen und
Kempten; Weltliche Fürsten: Württemberg, Baden (für Baden-Baden, Baden-Durlach
und Baden-Hachberg), Hohenzollern, Lindau, Stift Buchau, Auersperg (für
Tengen), Fürstenberg (für Heiligenberg), Oettingen, Schwarzenberg (für
Klettgau), Liechtenstein und Thurn und Taxis (für Friedberg-Scheer); Prälaten:
Salem, Weingarten, Ochsenhausen, Elchingen, Irsee, Ursberg, Kaisheim,
Roggenburg, Rot, Weißenau, Schussenried, Obermarchtal (Marchtal), Petershausen,
Wettenhausen, Zwiefalten, Gengenbach, Neresheim, Heggbach, Gutenzell,
Rottenmünster, Baindt, Söflingen und Isny; Grafen und Herren: Landkomtur der
Deutschordensballei Elsass und Burgund bzw. Elsass-Schwaben-Burgund (als Komtur
zu Altshausen), Oettingen-Baldern-Katzenstein (Oettingen-Baldern),
Oettingen-Spielberg oder Oettingen-Wallerstein, Fürstenberg (für Stühlingen,
Kinzigtal, Baar, Messkirch und Gundelfingen), Königsegg-Aulendorf,
Königsegg-Rothenfels, Truchsessen von Waldburg, Mindelheim (seit 1617 Bayern),
Eberstein (seit 1660 Baden), Tettnang (seit 1783 Österreich), Wiesensteig (seit
1645 Bayern), Eglingen (seit 1726 Thurn und Taxis), Hans, Marx und Jakob
Fugger’sche Linien, Hohenems (seit 1759 Österreich), Rechberg (von der Reichsritterschaft
bestritten), Justingen (seit 1751 Württemberg), Bonndorf (seit 1582 Abtei Sankt
Blasien), Eglofs, Thannhausen (Tannhausen), Geroldseck (Hohengeroldseck) (seit
1711 von der Leyen) und Sickingen; Reichsstädte: Augsburg, Ulm, Esslingen,
Reutlingen, Nördlingen, Schwäbisch Hall, Überlingen, Rottweil, Heilbronn,
Schwäbisch Gmünd, Memmingen, Lindau, Dinkelsbühl, Biberach, Ravensburg,
Kempten, Kaufbeuren, Weil der Stadt, Wangen, Isny, Leutkirch, Wimpfen, Giengen,
Pfullendorf, Buchhorn, Aalen, Bopfingen, Buchau, Offenburg, Gengenbach und Zell
am Harmersbach. Durch den Reichsdeputationshauptschluss 1803 verringerte sich
die Zahl der Stände von 88 auf 41. Nachfolgestaaten waren Bayern, Württemberg,
Baden, Hohenzollern-Hechingen, Hohenzollern-Sigmaringen, Liechtenstein und von
der Leyen. Kreisausschreibende Fürsten und Kreisdirektoren waren der Bischof
von Konstanz (seit 1803 Baden) und der Herzog
von Württemberg. Tagungsort war meist Ulm. Am 30. 4. 1808 erlosch der
Kreisverband formal.
L.: Gumpelzhaimer 53; Wolff 153; Hünlin, D., Neue Staats- und Erdbeschreibung
des Schwäbischen Kreises, 1780; Borck, H., Der Schwäbische Reichskreis im
Zeitalter der französischen Revolutionskriege, 1970; Laufs, A., Der Schwäbische
Kreis, 1971; Neipperg, R. Graf v., Kaiser und schwäbischer Kreis (1714-1733),
1991; Wüst, W., Die „gute“ Policey im Reichskreis, 2001; Hölz, T., Krummstab
und Schwert. Die Liga und die geistlichen Reichsstände Schwabens, 2001;
Neuburger, A., Der schwäbische Reichskreis zwischen Konfessionskonflikt und Kriegsbeendigung,
2010.
Schwarzenberg (Grafschaft, Fürsten). Seit 1155 ist das
edelfreie fränkische Geschlecht der Saunsheim/Seinsheim nachweisbar. Es erwarb
1405/1421 durch Erkinger von Seinsheim zu Stephansberg von den Castell die Burg
und Herrschaft S. bei Scheinfeld am Steigerwald und benannte sich seitdem nach
dieser. 1428 wurden Burg und Herrschaft durch Auftragung Reichslehen. 1429
wurde das Geschlecht in den Freiherrenstand, 1566 bzw. 1599 (Stephansberger
Linie) in den Grafenstand und 1670 in den Fürstenstand (1696 Sitz und Stimme
auf der Fürstenbank des schwäbischen Reichskreises) erhoben. 1511 musste es die
Burg und die Herrschaft den Markgrafen von Ansbach (Brandenburg-Ansbach) zu Lehen
auftragen, behielt aber dessenungeachtet seine Reichsstandschaft bei. 1524
führte es die Reformation ein, die aber 1623 durch die Gegenreformation wieder
beseitigt wurde. Die Familie zerfiel seit 1437 in zahlreiche Linien (u. a.
Hohenlandsberg bis 1646, Stephansberg). Durch Erwerb von Gütern in Franken
(1662/1664 reichsunmittelbare Herrschaft Erlach, zweite Stimme im fränkischen
Reichsgrafenkollegium), Südböhmen (1660 Wittingau als Erbschaft der von
Eggenberg, Krumau 1719 [1723 Herzogtum]), in der
Obersteiermark (1617 durch Heirat Murau), in Krain, in den Niederlanden, in
Westfalen (1550 Gimborn, 1621 Neustadt, beide bildeten eine reichsunmittelbare,
1782 an Wallmoden verkaufte Herrschaft, Stimme im westfälischen
Reichsgrafenkollegium), der Grafschaft Sulz (1687), der Landgrafschaft Klettgau
(1687 Stimme im schwäbischen Reichskreis, jedoch nicht im Reichsfürstenrat,
1689 gefürstete Landgrafschaft), der am Ende des 18. Jahrhunderts zum
schwäbischen Reichskreis zählenden Herrschaften Illereichen (1788) und Kellmünz
(1789) am Mittellauf der Iller sowie der Hoheitsrechte in der Landgrafschaft
Stühlingen und der Herrschaft Lichteneck im Breisgau stieg sie zu den führenden
Familien des Reiches auf. 1654 erreichte das Haus für seine fränkischen Güter
die Exemtion von allen Landgerichten. Am Ende des 18. Jahrhunderts zählte der
Fürst von S. wegen der Herrschaft Seinsheim oder der gefürsteten Grafschaft S.
zu den fränkischen Grafen der weltlichen Bank des Reichsfürstenrats des
Reichstags. Mit Burggrub, Unterlaimbach, Appenfelden, Schnodsenbach und
Burgambach mit Zeisenbronn war er im Kanton Steigerwald des Ritterkreises
Franken (frühes 16. Jahrhundert, ab 1785) immatrikuliert, mit Ermetzhofen im
Kanton Altmühl (16. Jahrhundert, frühes 19. Jahrhundert) und mit Teilen von
Bullenheim und Gnötzheim im Kanton Odenwald (spätes 17. Jahrhundert, frühes 19.
Jahrhundert). Die oberschwäbischen Güter, insgesamt 10 Quadratmeilen Gebiet,
fielen 1806 an Baden (1812 Verkauf an Baden), die fränkischen Güter an Bayern.
Als Rest der früheren Herrschaft blieben in Scheinfeld, Seehaus und Marktbreit
bis 1848 standesherrliche schwarzenbergische Gerichte unter Staatsaufsicht
Bayerns bestehen. Die Güter in Böhmen, die ursprünglich 600000 Hektar und
230000 Einwohner umfassten, wurden nach 1918 durch die Bodenreform verringert
und gingen 1945 an die Tschechoslowakei und damit 1993 an Tschechien.
L.: Wolff 116; Zeumer 553 II b 56, 61,7, 554 II b 62, 7; Wallner 692 FränkRK
13; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) F4, III 22 (1648) E4, III 38 (1789)
D3; Klein 157; Winkelmann-Holzapfel 162; Bechtolsheim 65, 197; Riedenauer 127;
Fugger, E., Die Seinsheims und ihre Zeit, 1893; Schwarzenberg, K. zu,
Geschichte des reichsständischen Hauses Schwarzenberg, 1963.
Schwarzwasser (Herrschaft). Am schon 1293 belegten
Bach Schwarzes Wasser im Plesser Hügelland legte Nikolaus Brodecki von Brodek,
Marschall des Herzogtums Teschen, verschiedene
Siedlungen an und erreichte 1482 die Erhebung des Dorfes S. zur Stadt im Herzogtum Teschen. Seit 1561 gehörte S. zu den
Kammergütern Teschens. 1572 verkaufte der Herzog
von Teschen und Pless die Herrschaft S., doch kam diese 1592 an Teschen zurück.
Teschen wurde 1920 und 1945 zwischen Polen und der Tschechoslowakei geteilt.
L.: Wolff 489; Zawisza, O., Dzieje Strumienia (Geschichte von Schwarzwasser),
1909.
Schweiz (Land). Nach der Aufteilung des
karolingischen Reiches gehörte das Gebiet der späteren S. im westlichen Teil zu
Burgund, im östlichen Teil zum deutschen Reich. 1032/1033 kam das Königreich
Burgund zum Reich. 1127 traten die Herzöge von Zähringen, die während des
Investiturstreites Zürich als Reichslehen gewonnen hatten, als Rektoren von
Burgund die Nachfolge der ausgestorbenen Grafen von Burgund an. Bei ihrem
Aussterben 1218 zerfiel ihr Herrschaftsgebiet in teilweise reichsunmittelbare
Teilherrschaften. 1231 kaufte König Heinrich (VII.) zur Sicherung des
Gotthardpasses den Grafen von Habsburg, die über die Grafen von Kiburg (Kyburg)
das Erbe der Herzöge von Zähringen erlangt hatten, die Leute von Uri ab und
versprach ihnen ewige Reichsunmittelbarkeit. 1240 erlangten die Leute von
Schwyz ein ähnliches Privileg von Kaiser Friedrich II., konnten sich aber gegen
Habsburg nicht durchsetzen. Am Anfang des Monats August 1291 schlossen sich
wenige Tage nach dem Tod Rudolfs von Habsburg die drei im ehemaligen Herzogtum Schwaben gelegenen Landschaften (Waldstätte)
Uri mit Altdorf, Schwyz mit Schwyz und Unterwalden (Nidwalden mit Stans und
Obwalden mit Sarnen) in einem ewigen Bündnis gegen die Grafen von Habsburg und
jede andere herrschaftliche Einmischung zusammen. König Heinrich VII. dehnte am
3. 6. 1309 die Reichsunmittelbarkeit auf Unterwalden aus. Das Gebiet der drei
Bündnispartner wurde ein einem Reichsvogt unterstellter Gerichtsbezirk. Als die
Herzöge von Österreich aus dem Hause Habsburg auf Grund eines Überfalles von
Schwyz auf Kloster Einsiedeln gegen die Schwyzer militärisch vorgingen, wurden
sie am 15. 11. 1315 bei Morgarten besiegt. Als Eidgenossen bekräftigten Schwyz,
Uri und Unterwalden (Waldstätte), auf die bald auch der Name der Schwyzer
(Switenses, Swicenses, Anfang 14. Jahrhundert Sweizer) allgemein überging,
daraufhin ihren Bund. 1318 begaben sich die Herzöge ihrer gräflichen Rechte.
Bald verlor der Reichsvogt seine Bedeutung. 1332 schloss sich Luzern dem Bund
an, 1351 die freie Reichsstadt Zürich, 1352 Glarus und Zug, 1353 das 1218
Reichsstadt gewordene Bern (achtörtiger Bund, Eidgenossenschaft der acht alten
Orte, Bezeichnung als Orte seit 1426). 1386 und 1388 wurde Habsburg bei Sempach
und Näfels erneut geschlagen. 1411 schloss sich Appenzell, das der Herrschaft
Sankt Gallens entkommen wollte, an, 1415 wurde der restliche Aargau als
Untertanenland einverleibt. Im Süden griff Uri nach dem Wallis, dem Urserental
und dem Tessin aus. 1450 wurde nach einer durch den Streit um Toggenburg
ausgelösten Entfremdung Zürich zurückgewonnen, 1460 dem habsburgischen
Erzherzog von Tirol der Thurgau entrissen. 1481 wurden Freiburg und Solothurn
aufgenommen, womit die Eidgenossenschaft erstmals über den deutschsprachigen
Raum hinausgriff. 1495 lehnten die Eidgenossen Beschlüsse des Reichstags, die
sie mit der Einführung des gemeinen Pfennigs und des Reichskammergerichts an
das Reich binden wollten, ab. 1499 lösten sie sich tatsächlich vom Reich. 1501
zwangen sie Basel und Schaffhausen zum Eintritt. 1513 wurde Appenzell als 13.
Ort aufgenommen. 1512/1526 wurde ein Teil der Lombardei (Tessin, Veltlin), 1563
von Bern das Waadtland gewonnen. Die durch die Reformation (Zwingli, Calvin)
drohende Spaltung konnte verhindert werden, doch wurde die S. konfessionell
gespalten, wobei sieben Orte katholisch blieben. 1648 schied die
Eidgenossenschaft mit 13 Orten und 10 zugewandten Orten (Reichsabtei und Stadt
Sankt Gallen, Biel, Rottweil, Mülhausen, Genf, Neuenburg, Hochstift Basel
[1579], Wallis, Graubünden) aus dem Reich aus, dem seitdem aus dem betreffenden
Gebiet nur noch der Reichsabt von Sankt Gallen und der Bischof von Basel
angehörten. Die einzelnen Orte entwickelten bis zum 17. Jahrhundert überwiegend
eine aristokratische Verfassung und verwalteten ihre Landgebiete wie die ihnen
gemeinsam gehörenden Gebiete in deutlicher Abhängigkeit. 1798 griff auf Ruf der
Anhänger der revolutionären Ideen Frankreich ein und errichtete die Helvetische
Republik. Seitdem heißen die Orte Kantone. Mülhausen, das Hochstift Basel,
Biel, Neuenburg und Genf kamen zu Frankreich, das Veltlin zur Zisalpinischen
Republik. Auf Grund eines Aufstands gab Napoleon am 19. 2. 1803 eine neue
Verfassung für die 13 alten und 6 neuen Kantone (Sankt Gallen, Graubünden,
Aargau, Thurgau, Tessin und Waadt). Wallis wurde verselbständigt und 1810
Frankreich einverleibt, Neuenburg von 1806 bis 1813 ein Fürstentum des
französischen Marschalls Berthier. 1814 kamen die von Frankreich entrissenen
Gebiete mit Ausnahme Veltlins zurück. Das Hochstift Basel fiel an Bern. Genf,
Wallis und Neuenburg vermehrten die Zahl der Kantone auf 22. 1815 wurde die
dauernde Neutralität des am 7. 8. 1815 errichteten lockeren Staatenbundes
anerkannt. Die Verfassung vom 12. 9. 1848 machte die S. zu einem Bundesstaat.
Die Verfassung vom 29. 5. 1874 verstärkte die Bundesgewalt. 1978 spaltete sich
von Bern der Kanton Jura ab, so dass seitdem insgesamt 26 Kantone und
Halbkantone bestehen. Da die Halbkantone bei dem für Verfassungsabstimmungen
erforderlichen sog. Ständemehr (Mehrheit der Ständestimmen) nur eine halbe
Stimme haben, setzt sich die S. verfassungsrechtlich aus 23 Ständen zusammen.
Zum 1. 1. 2000 wurde die Verfassung überarbeitet (z. B. Streikrecht,
Sozialziele, Recht des Kindes).
L.: Wolff 517; Haselier, G., Die Oberrheinlande, (in) Geschichte der deutschen
Länder, Bd. 1; Die Territorien des Reichs 5, 278; Dierauer, J., Geschichte der
schweizerischen Eidgenossenschaft, Bd. 1ff. 4. A. 1912ff.; Heusler, A.,
Schweizerische Verfassungsgeschichte, Basel 1920; Gagliardi, E., Geschichte der
Schweiz, Bd. 1ff. 3. A. 1938; Historisch-biographisches Lexikon der Schweiz,
hg. v. Türler, H. u. a., Bd. 1-8 1921ff.; Gasser, A., Die territoriale
Entwicklung der Schweizer Eidgenossenschaft 1291-1797, 1932; Quellenwerk zur
Entstehung der Schweizer Eidgenossenschaft, Abt. 1ff. 1933ff.; Näf, W., Die
Eidgenossenschaft und das Reich, 1940; Mayer, T., Die Entstehung der Schweizer
Eidgenossenschaft und die deutsche Geschichte, DA 6 (1943); Blumer, W.,
Bibliographie der Gesamtkarten der Schweiz von Anfang bis 1802, hg. v. d.
Schweizerischen Landesbibliothek Bern, 1957; Historischer Atlas der Schweiz, hg.
v. Ammann, H./Schib, K., 2. A. 1958; Pfister, R., Kirchengeschichte der
Schweiz, 1964; Handbuch der Schweizer Geschichte, Bd. 1f. 1971f.; Meyer, B.,
Die Bildung der Eidgenossenschaft im 14. Jahrhundert, 1972; Bohnenblust, E.,
Geschichte der Schweiz, 1974; Ruffieux, R., La Suisse de l’entre-deux-guerres,
e 1974; Im Hof, U., Geschichte der Schweiz, 5. A. 1991, 7. A. 2001, 8. A: 2007;
Peyer, H. C., Verfassungsgeschichte der alten Schweiz, Zürich 1978, Neudruck
1980; Braun, R., Das ausgehende Ancien Régime in der Schweiz, 1984;
Schuler-Adler, H., Reichsprivilegien und Reichsdienste der eidgenössischen Orte
unter König Sigmund 1410-1437, 1985; Mattmüller, M., Bevölkerungsgeschichte der
Schweiz, Bd. 1f 1987; Furrer, N., Glossarium Helvetiae Historicum, Ortsnamen 1991;
Greyerz, H. v. u. a., Geschichte der Schweiz, 1991; Schweizer Lexikon, Bd. 1ff.
1991ff.; Handbuch der historischen Stätten der Schweiz, hg. v. Reinhardt, V.,
1996; Böning, H., Der Traum von Freiheit und Gleichheit, 1998; Kästli, T., Die
Schweiz, 1998; Historisches Lexikon der Schweiz, hg. v. d. Stiftung
Historisches Lexikon der Schweiz, Bd. 1ff. 2002ff.
Schwerin (Grafschaft, Residenz des Grafen). 1018
wird die wendische Burg S. (Zuarin) erstmals erwähnt. Nach der Eroberung durch
Heinrich den Löwen 1160 wurde die Burg Sitz der mit Gunzelin von Hagen
einsetzenden Grafen von S. 1167 wurde die Grafschaft S. gefestigt. 1203 konnten
die Länder Wittenburg und Boizenburg als Lehen Dänemarks erworben werden. 1227
nahm der Graf sein Land wieder vom Herzog von
Sachsen zu Lehen. 1230 legte eine Vereinbarung die Grenze zu Mecklenburg fest.
1279 entstand eine Linie Wittenburg, von der sich 1323 eine Linie Boizenburg
abzweigte. 1344 starben die Linie S., 1349 die Linie Wittenburg und Boizenburg
aus. 1358 erlagen die Grafen dem Druck der Herzöge von Mecklenburg, welche die
Grafschaft durch Kauf von den ihrerseits in das durch Heirat erlangte
Tecklenburg wechselnden Erben erwarben. Die lehnsrechtlichen Ansprüche der
Grafen erloschen erst 1557 endgültig. Die Herzöge von Mecklenburg teilten ihr
Haus 1555/1621 in die Linien Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Güstrow (bis
1695) bzw. 1701 Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz. Vom Ende des 15.
Jahrhunderts bis 1764 und von 1837 bis 1918 war S. Residenz des zum
niedersächsischen Reichskreis zählenden Herzogtums,
von 1918 bis 1934 Hauptstadt des Freistaats Mecklenburg-Schwerin und von 1934
bis 1952 des Landes Mecklenburg. S. Mecklenburg-Schwerin.
L.: Wolff 442; Wallner 706 NiedersächsRK 2; Schwebel, O., Die Herren und Grafen
von Schwerin, 1885; Witte, H., Mecklenburgische Geschichte, 1909; Jesse, W.,
Geschichte der Stadt Schwerin, 1960; Schwerin 1160-1960, bearb. v. Leopoldi,
H., 1960; Krieck, M. u. a., Schwerin. Geschichte der Stadt in Wort und Bild,
1985; Sander-Berke, A., Schwerin, LexMA 7 1995, 1642f.; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 2, 530
Schwerin (Hochstift, Fürstentum, Residenz des
Bischofs). 1018 wird die wendische Burg S. (Zuarin) erstmals erwähnt. Das zum
Erzbistum Hamburg-Bremen gehörige Bistum S. wurde nach einem ersten Versuch in
den Jahren 1062 bis 1066 (Michelenburg) für die Mission unter den Abodriten in
den Jahren 1149 bis 1160 neu gegründet (Bischof Berno), 1160 nach der Eroberung
Schwerins von Heinrich dem Löwen nach S. verlegt und 1171 ausgestattet (Burg
und Land Bützow). Nach dem Sturz Heinrichs des Löwen 1180 waren die Bischöfe
(wieder) reichsunmittelbar, doch war diese Stellung streitig. Seit 1239 hatten
sie ihren Sitz in Bützow. In der Mitte des 13. Jahrhunderts konnten sie die
Reichsunmittelbarkeit sichern. Seit dem 15. Jahrhundert wurden sie von den
Herzögen von Mecklenburg abhängig. 1533/1557/1568 wurde das Bistum
protestantisch. Von 1627/1628 bis 1633 kam S. als erbliches Lehen an
Wallenstein. 1648 wurde das Hochstift, dessen Reichsunmittelbarkeit 1561 vom
Reichskammergericht bestätigt wurde, als Ausgleich für die Abtretung von Wismar
an Schweden als weltliches säkularisiertes Fürstentum dem Herzogtum Mecklenburg (Mecklenburg-Schwerin) mit Sitz
und Stimme im Reichsfürstenrat und im niedersächsischen Reichskreis
eingegliedert. Um 1800 umfasste das Fürstentum ein Gebiet von 14 Quadratmeilen
und hatte 25000 Einwohner. 1851 wurden auch die Landstände in den Verband
Mecklenburgs eingefügt.
L.: Wolff 452; Zeumer 553 II b 40; Wallner 707 NiedersächsRK 14; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) F2, III 22 (1648) E2; Schildt, F., Das
Bistum Schwerin in der evangelischen Zeit, Jb. d. Ver. f. meckl. Gesch. 47
(1884), 49 (1886), 51 (1888); Rische, A., Verzeichnis der Bischöfe und Domherrn
von Schwerin, (Progr. Ludwigslust) 1900; Jesse, W., Geschichte der Stadt
Schwerin, Bd. 1f. 1913ff.; Krüger, E., Die Entwicklung der Landesherrlichkeit
der Bischöfe von Schwerin, 1933; Schmaltz, K., Kirchengeschichte Mecklenburgs,
Bd. 1ff. 1935ff.; Schwerin 1160-1960, bearb. v. Leopoldi, H., 1960; Traeger,
J., Die Bischöfe des mittelalterlichen Bistums Schwerin, 1984; Krieck, M. u.
a., Schwerin. Geschichte der Stadt in Wort und Bild, 1985; Kaluza-Baumruker,
M., Das Schweriner Domkapitel, 1987; Krieck, M., Zuarin bis Schwerin, 1990;
Sander-Berke, A., Schwerin, LexMA 7 1995, 1642f.; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 610, 1, 2, 528.
Siebenbürgen (Fürstentum, Großfürstentum, Kronland).
Das Gebiet im Karpatenbogen wurde 107 n. Chr. von den Römern, nach 274 von den
Ostgoten und Gepiden sowie später von den Petschenegen besetzt, ehe es an
Ungarn kam. König Geisa II. (1141-1161) rief (2000 bis 3000) moselfränkische
Siedler ins Land. König Andreas II. schenkte zunächst 1211 dem Deutschen
Ritterorden das Land Burza (Burzenland), entriss es ihm jedoch 1225 wieder,
nachdem er die deutschen, bald meist als Sachsen bezeichneten Siedler 1224 mit
umfassenden Freiheiten ausgestattet hatte. Zur Abwehr der Türkengefahr wurden
zahlreiche befestigte Kirchenburgen errichtet. 1520 setzte sich die Reformation
durch. Nach dem Zusammenbruch Ungarns und dem teilweisen Anfall an Habsburg
bzw. Österreich 1526 hielten sich die Fürsten von S. geschickt zwischen
Habsburg/Österreich und den Türken und waren faktisch unabhängig, seit 1541
aber zu Tribut an die Türken verpflichtet. 1567 gewann der Fürst die Krone von
Polen. 1583 gewährte er ein bis 1867 gültiges Landrecht. 1595 anerkannte er die
Oberherrschaft des Reiches und übergab 1597 dem Kaiser S. 1604/1605 wurden die kaiserlichen
Amtsträger vertrieben. 1622 wurde Fürst Bethlen als deutscher Reichsfürst
anerkannt und erhielt bis 1624/1626 mehrere Herzogtümer
in Schlesien. 1686 erkannte Kaiser Leopold die von den Türken eingesetzten
Apafi als Fürsten an. 1687 besetzte Herzog Karl
V. von Lothringen das Land. 1691 verzichtete der Fürst zugunsten Habsburgs auf
die Herrschaft, so dass S. habsburgisches Gebiet wurde. 1765 wurde S. zum
Großfürstentum erhoben. Kaiser Joseph II. vereinigte S. bis 1790 mit Ungarn.
1848 wurde S. eigenes Kronland Österreichs, 1867 aber Ungarn eingegliedert. Am
8. 1. 1919 schloss es sich Rumänien an (1920 verwirklicht), kam 1940 in seiner
nördlichen Hälfte mit dem ungarisch besiedelten Szeklerland (unter
Bevölkerungsumsiedlungsmaßnahmen) an Ungarn und 1944/1947 wieder an Rumänien
zurück. Unter der Herrschaft des Sozialismus siedelten zahlreiche
Rumäniendeutsche aus.
L.: Hermann, G. v., Das alte Kronstadt, 1802, Neudruck 2009; Marienburg, L.,
Die Geographie des Großfürstentums Siebenbürgen, 1813, Neudruck 1986;
Urkundenbuch zur Geschichte der Siebenbürger Sachsen, Bd. 1ff. 1892ff.;
Teutsch, G./Teutsch, F., Geschichte der Siebenbürger Sachsen Bd. 1ff. 1907ff.;
Depner, M., Das Fürstentum Siebenbürgen im Kampf gegen Habsburg, 1938;
Matthiae, A., Siebenbürgen, 3. A. 1962; Teutsch, F., Kleine Geschichte der
Siebenbürger Sachsen, 3. A. 1965; Kutschera, R., Landtag und Gubernium in
Siebenbürgen, 1985; Verus, S., Siebenbürgen, 1986; Gündisch, G., Aus Geschichte
und Kultur der Siebenbürger Sachsen, 1987; Forschungen über Siebenbürgen und
seine Nachbarn, hg. v. Glassl, H./Benda, K., 1987/1988; Horedt, K., Das
frühmittelalterliche Siebenbürgen, 1988; Schaser, A., Siebenbürgen unter der
Habsburger Herrschaft im 18. Jahrhundert, Siebenbürgische Semesterblätter 3
(1989); Köpeczi, B., Kurze Geschichte Siebenbürgens, 1990; Schenk, A., Deutsche
in Siebenbürgen, 1992; Lexikon der Siebenbürgener Sachsen, hg. v. Myß, W.,
1993; Gündisch, K., Das Patriziat siebenbürgischer Städte, 1993; Siebenbürgen
zur Zeit der Römer, hg. v. Schuller, W., 1994; Siebenbürgen zwischen den beiden
Weltkriegen, hg. v. König, W., 1995; Göckenjan, H., Siebenbürgen, LexMA 7 1995,
1840; Arens, M., Habsburg und Siebenbürgen 1600-1605, 2001; Roth, H., Kleine
Geschichte Siebenbürgens, 2. A. 2003, 3. A. 2007, Siebenbürgisch-sächsisches
Wörterbuch, Bd. 9 2006; Moldt, D., Deutsche Stadtrechte im mittelalterlichen
Siebenbürgen, 2008.
Siegburg (Unterherrschaft). Die S. an der Sieg
wird 1065 erstmals erwähnt (Sigeburch). Um 1064 gründete Erzbischof Anno II.
von Köln dort eine Benediktinerabtei, der er die Burg, die angrenzende Siedlung
und weitere Güter (u. a. Troisdorf) übertrug. König Heinrich IV. gewährte für
den Ort S. Marktrecht, Münzrecht und Zollrechte. 1182 war S. Stadt unter dem
Abt als Stadtherrn. 1676 wurden Abtei und Stadt eine Unterherrschaft des Herzogtums Berg. Das Kloster wurde 1803 aufgehoben,
jedoch 1914 wieder Benediktinerabtei. 1815 kam S. an Preußen, 1946 an
Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 324; Schwaben, P., Geschichte der Stadt, Festung und Abtei Siegburg
im Herzogthum Berg, 1826, Neudruck 1987; Lau,
F., Quellen zur Rechts- und Wirtschaftsgeschichte der rheinischen Städte, 1907;
Hottes, K., Die zentralen Orte im Oberbergischen Lande, 1954; Roggendorf, H.,
Bibliographie von Stadt und Abtei Siegburg, 1963; Heimatbuch der Stadt
Siegburg, hg. v. Roggendorf, H., Bd. 1ff. 1964ff.; Urkunden und Quellen zur
Geschichte von Stadt und Abtei Siegburg, hg. v. Wisplinghoff, E., Bd. 1 1964;
Nölle, F., Siegburg und Troisdorf, 1975; Das Erzbistum Köln, Teil 2: Die
Benediktinerabtei Siegburg, bearb. v. Wisplinghoff, E., 1975; Herborn, W., Der
Besitz der Benediktinerabtei Siegburg in der Stadt Köln, (in) Siegburger
Studien 25 (1995); Groten, M., Siegburg, LexMA 7 1995, 1846; Escher, M. u. a.,
Die urbanen Zentren, 2005, 2, 557.
Skotschau (Herrschaft), poln. Skoczów. Wohl vor
1300 entstand am Austritt der Weichsel aus den Beskiden in Schlesien neben
einem slawischen Dorf die deutsche Stadt S. Die zugehörige Herrschaft wurde
1573 vom Herzog von Teschen an Gottfried von
Logau verkauft, kam 1592 aber zurück. 1919 fiel S. an Polen.
L.: Wolff 489; Pamietnik Skoczowski, hg. v. Brozek, L. u. a., 1967.
Soest (freie Stadt, Residenz des Erzbischofs
von Köln). In S. in Westfalen ist eine Besiedlung bereits um 600 wahrscheinlich
und im 8. Jahrhundert nachweisbar. An der Kreuzung des Hellweges mit einer
Nord-Süd-Straße wird S. (zu) 836 erstmals genannt (villam Sosat,
„Siedlungsstelle“?). Im 10. Jahrhundert errichtete der Erzbischof von Köln in
S. eine Pfalz. Um 1000 besaß die Siedlung das Münzrecht und um 1100 das
Marktrecht. Sein im 12. Jahrhundert ausgebildetes Recht wurde an etwa 60
westfälische Städte weitergegeben und hat auch das Stadtrecht von Lübeck
beeinflusst. Auf Grund seiner günstigen wirtschaftlichen Bedingungen
(Verkehrslage, Salzquellen) wurde S. eine bedeutende Handelsstadt und einer der
vier westfälischen Vororte der Hanse. 1225 zerstörten die Bürger die
erzbischöflich-kölnische Burg. 1279 übernahmen sie die Stadtvogtei von den
Grafen von Arnsberg. 1444 lehnte sich S., um sich von Köln zu lösen,
vertraglich an den Herzog von Kleve an. Die
dadurch ausgelöste Soester Fehde endete 1449 mit der Trennung der Stadt S. und
ihres seit 1274 erworbenen Herrschaftsgebiets von zehn Kirchspielen (49 Dörfer,
220 Quadratkilometer) in der Soester Börde vom Erzstift Köln. Der damit
erreichten Selbständigkeit folgte ein wirtschaftlicher Niedergang. 1531 wurde
die Reformation eingeführt. 1645/1669 kam S. als Folge des Überganges Kleves
(1609/1666) an Brandenburg bzw. Preußen, 1946 an Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 319; Klocke, F. v., Studien zur Soester Geschichte, Bd. 1f. 1927ff.;
Schwartz, H., Kurze Geschichte der ehemals freien Hansestadt Soest, 1949; Deus,
W., Die Soester Fehde, 1949; Rothert, H., Das älteste Bürgerbuch der Stadt
Soest, 1958; Diekmann, K., Die Herrschaft der Stadt Soest über ihre Börde,
Diss. jur. Münster 1962, (in) Westfäl. Zs. 115 (1965), 101; Stech, A., Die
Soester Stadtrechtsfamilie, 1965; Deus, W., Soester Recht, 1969ff.; Soest,
Stadt - Territorium - Reich, hg. v. Köhn, G., 1981; Dösseler, E., Soests
auswärtige Beziehungen, T. 1f. 1988; Wenzke, B., Soest, Diss. phil. Bonn 1990;
Soest, hg. v. Widder, E. u. a., 1995; Fahlbusch, F., Soest, LexMA 7 1995;
2021ff.; Schöne, T., Das Soester Stadtrecht, 1998; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 2, 536; Escher, M.
u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 2, 568; Jülich, S., Die frühmittelalterliche
Saline von Soest im europäischen Kontext, 2007; Flöer, M./Korsmeier, C., Die
Ortsnamen des Kreises Soest, 2009; Soest, hg. v. Ehbrecht, W., Bd. 1 2010.
Sonderburg (Burg, Herzogtum) s. Schleswig-Holstein-Sonderburg
Sonnenberg (Herrschaft, Grafschaft). Um die Burg S.
bei Nüziders bildete sich eine Herrschaft aus, die von Frastanz bis zum Arlberg
reichte. 1455 kam sie von den Werdenbergern an die Truchsessen von Waldburg,
die 1463 mit Erlaubnis Kaiser Friedrichs III. den Titel Grafen von S. annahmen.
1473/1474 gewann der Herzog von Tirol im Kampf
gegen die durch die Eidgenossenschaft unterstützten Truchsesse die später zum
österreichischen Reichskreis zählende Herrschaft.
L.: Wolff 39; Wallner 713 ÖsterreichRK 1; Sander, H., Die Erwerbung der
vorarlbergischen Grafschaft Sonnenberg durch Österreich, 1888; Bilgeri, B.,
Geschichte Vorarlbergs, Bd. 1ff. 1971ff.
Sonnewalde (Burg, Herrschaft). S. südlich Luckaus
in der Niederlausitz erscheint 1255 als Herrschaft, 1301 als Burg. Von etwa
1328 an saß dort ein Zweig der Eulenburg.(Eilenburg) 1447 verkauften die
Eulenburg (Eilenburg) die Herrschaft mit Schloss, Stadt und 16 Dörfern an die
Herzöge von Sachsen. Seit 1477 ging sie bei der Markgrafschaft Meißen zu Lehen,
später beim Kurkreis Sachsen. 1486 belehnte der Herzog
von Sachsen die Minkwitz (Minckwitz) mit der Herrschaft. 1537 gelangte sie an
die Grafen von Solms, welche die Herrschaft bis 1945 behaupteten. Mit
Brandenburg kam S. 1945 an die sowjetische Besatzungszone und von 1949 bis 1990
an die Deutsche Demokratische Republik.
L.: Wolff 377, 471; Zahn, G., Chronik von Kirchhain und Dobrilugk, Grafschaft
und Stadt Sonnewalde, 1926.
Spanien (Land, Königreich). In der ehemaligen
römischen Provinz S. gründeten nebeneinander und nacheinander Vandalen
(409-429), Sweben (409-585) und Westgoten (ab 415) Reiche, bis seit 711 die
Araber auf einen Hilferuf einer westgotischen Gruppe von Süden vordrangen.
Gegen diese richtete König Karl der Große seit 795 die spanische Mark ein, die
bis Barcelona und Pamplona reichte und einem selbständig werdenden Markgrafen
unterstand. Zugleich erhielt sich in S. ein Königreich Asturien, von dem aus
später die Araber wieder zurückgedrängt wurden (Reconquista). Im 10./11.
Jahrhundert entstanden dann als christliche Herrschaftsgebiete die Königreiche
von Aragon und Kastilien. Alfons X. von Kastilien, Sohn einer Tochter Philipps
von Schwaben, begehrte 1255 das Herzogtum
Schwaben und 1257 die deutsche Königskrone. Peter III. von Aragon erlangte als
Schwiegersohn des Staufers Manfred 1282 Sizilien. Aragon erwarb weiter 1324
Sardinien und 1442 das Königreich Neapel, Kastilien eroberte 1236 Cordoba, 1248
Sevilla und 1262 Cadiz. 1469 heiratete Isabella von Kastilien († 1504)
Ferdinand II. von Aragon († 1516). Gemeinsam gewannen sie 1492 die letzte
arabische Herrschaft auf spanischem Boden in Granada. 1495 heiratete der
spanische Kronprinz Juan die Tochter (Margarete) König Maximilians und der Sohn
(Philipp) König Maximilians die spanische Prinzessin Juana (Johanna). 1504
wurde Philipp König von Kastilien. 1516 erwarb sein Sohn Karl (V.) Aragon. 1519
wurde er zum deutschen König gewählt, so dass S. samt seinen Kolonien mit dem
Reich in Personalunion trat. 1526/1556 wurden die Güter aufgeteilt, wobei die
italienischen und burgundischen Güter an S. kamen. Deutsche und spanische
Habsburger blieben aber durch dauernde Wechselheiraten eng verbunden. Beim Aussterben
der spanischen Habsburger 1700 kam es zum spanischen Erbfolgekrieg zwischen
Frankreich und dem Reich. Im Ergebnis fielen die spanischen Güter in Italien
und den Niederlanden an Österreich, während Frankreich (Philipp von Anjou) S.
und, nach dem polnischen Thronfolgekrieg (1733ff.) und dem österreichischen
Erbfolgekrieg (1742ff.), Sizilien sowie Parma und Piacenza gewann.
L.: Ballester y Castell, R., Bibliografia de la historia de Espana, 1921;
Schreiber, G., Deutschland und Spanien, 1936; Maunz, T., Das Reich der
spanischen Großmachtzeit, 1944; Madariaga, S. de, Spanien. Land, Volk und
Geschichte, 1983; Heine, H., Geschichte Spaniens in der frühen Neuzeit
(1400-1800), 1984; Schröder, T., Spanien, 5. A. 2006; Christlicher Norden -
Muslimischer Süden, hg. v. Tischler, M. u. a., 2011.
Speyer (Hochstift, Residenz des Bischofs). In
der ursprünglich keltischen, an der Mündung des Speyerbachs in den Rhein
gelegenen Siedlung Noviomagus, die den Hauptort der (germanischen,) um 58 v.
Chr. von Caesar unterworfenen Nemeter (civitas Nemetum) bildete, wurde
vermutlich bereits im 3. oder 4. Jahrhundert ein Bischofssitz eingerichtet, der
(nach Untergang und Erneuerung?) 614 mit Bischof Hulderich erstmals bezeugt
ist. Zunächst gehörte er zum Erzbistum Trier, seit 748/780 bis zu seiner
Auflösung 1801 zum Erzbistum Mainz. Sein ursprünglich zum alemannischen, dann
zum fränkischen Stammesgebiet gezählter Sprengel reichte von der
Hauptwasserscheide im Pfälzerwald bis zum Neckartal und Murrtal und von Selz
und Oos bis zur Isenach und zum Kraichbach. Wichtigstes Kloster war Weißenburg
im Elsass, das 1546 erworben wurde. Schon im 7. Jahrhundert erhielten die
Bischöfe reiches Königsgut im Speyergau (Bienwald an der Grenze zu Frankreich,
8. Jh.?), wozu weitere Gaben Herzog Konrads des
Roten wie Kaiser Ottos des Großen im 10. Jahrhundert kamen. 1030 wurde der
Neubau des Domes begonnen. Zwischen 1050 und 1060 gewann der Bischof das
ansehnliche Gebiet um Bruchsal (1056 Lusshardt [Lußhaardt]) und die
Grafschaften des Speyergaus und Ufgaus bzw. Uffgaus. Von 1111 an begann sich
allerdings die Stadt S. aus der Herrschaft der Bischöfe zu lösen, was ihr bis
zum Ende des 13. Jahrhunderts gelang, so dass der Bischof 1371 seinen Sitz in
das 784 erstmals genannte und seit 1316 zum Hochstift gehörige Udenheim an der
Mündung des Saalbaches in einen Altrheinarm verlegte. Das Hochstift des
späteren Mittelalters bestand aus zwei Hauptgebieten beiderseits des Rheins um
Bruchsal, Deidesheim, Herxheim, Lauterburg und Weißenburg. Von 1371 bis 1723
war Udenheim, das zur Festung Philippsburg ausgebaut wurde, fast ständig
Residenz des Bischofs. Danach siedelte der Bischof nach Bruchsal um. Wegen
Brombach, Neckarsteinach, Darsberg, Grein und Teilen von Langenthal (Langental)
war der Bischof um 1790 Mitglied des Kantons Odenwald des Ritterkreises
Franken(, wegen Oberöwisheim das Domkapitel im Kanton Kraichgau des
Ritterkreises Schwaben). Die linksrheinischen Teile des zum oberrheinischen
Reichskreis zählenden Hochstifts, das am Ende des 18. Jahrhunderts 28
Quadratmeilen mit 55000 Einwohnern und 300000 Gulden Einkünfte umfasste, kamen
im 17. Jahrhundert (1681-1697) bzw. 1801 an Frankreich, 1816 an Bayern, die
rechtsrheinischen Teile (16 Quadratkilometer) 1802/1803 an Baden. Von den
ritterschaftlichen Gütern fielen Brombach 1808 an Baden und damit 1951/1952 an
Baden-Württemberg, die übrigen Teile an Hessen-Darmstadt und damit 1945 an
Hessen. 1817 wurde ein neues, die Pfalz (Rheinpfalz) Bayerns umfassendes Bistum
S. innerhalb des Erzbistums Bamberg errichtet.
L.: Wolff 233; Zeumer 552 II a 10; Wallner 695 OberrheinRK 5; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) E4, III 22 (1648) D4, III 38 (1789) C3;
Winkelmann-Holzapfel 163f.; Stetten 186f.; Remling, F., Geschichte der Bischöfe
zu Speyer, Bd. 1ff. 1852ff.; Remling, F., Neuere Geschichte der Bischöfe zu
Speyer, 1867; Bühler, A., Die Landes- und Gerichtsherrschaft im
rechtsrheinischen Teil des Fürstbistums Speyer vornehmlich im 18. Jahrhundert,
ZGO N.F. 38 (1925); Maass, H., Verwaltungs- und Wirtschaftsgeschichte des
Bistums Speyer 1743-70, Diss. phil. Göttingen 1933; Stamer, L.,
Kirchengeschichte der Pfalz, Bd. 1ff. 1936ff.; Doll, A., Das alte Speyer, 1950;
Handbuch des Bistums Speyer, 1961; Bohlender, R., Dom und Bistum Speyer. Eine
Bibliographie, 1963; Drollinger, K., Kleine Städte Südwestdeutschlands. Studien
zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der Städte im rechtsrheinischen Teil des
Hochstifts Speyer bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts, 1968; Schaab, M.,
Territoriale Entwicklung der Hochstifte Speyer und Worms, (in) Pfalzatlas,
Textband, 20. H. (1972); Duggan, L., Bishop and Chapter, The Governance of the
Bishopric of Speyer to 1552, 1978; Meller, J., Das Bistum Speyer, 1987;
Fouquet, G., Das Speyerer Domkapitel im späten Mittelalter (ca. 1350-1540),
1987; Fouquet, G., Ritterschaft, Hoch- und Domstift Speyer, Kurpfalz, ZGO 137
(1989); Friedmann, A., Die Beziehungen der Bistümer Worms und Speyer zu den
ottonischen und salischen Königen, 1994; Andermann, K., Speyer, LexMA 7 1995,
2095f.; Handbuch der baden-württembergischen Geschichte, Bd. 2, hg. v. Schaab,
M., 1995, 481; Ehlers, C., Metropolis Germaniae, 1996;Krey, H., Bischöfliche
Herrschaft im Schatten des Königtums, 1996; Neumann, H., Sozialdisziplinierung
in der Reichsstadt Speyer, 1997; Gresser, G., Das Bistum Speyer bis zum Ende
des 11. Jahrhunderts, 1998; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich,
hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 612, 1, 2, 541; Escher, M. u. a., Die urbanen
Zentren, 2005, 1, 492, 2, 572.
Spoleto (Herzogtum).
Im 6. Jahrhundert (um 575/576) gründete ein langobardisches Adelsgeschlecht in
S., das in römischer Zeit municipium (Spoletium) gewesen war, an der Straße von
Rom nach Ravenna ein vom König verhältnismäßig unabhängiges Herzogtum (Dukat), das allmählich fast das ganze
östliche Mittelitalien umfasste. Karl der Große ließ das Herzogtum gegen Anerkennung seines Königtums bestehen,
bezog das Gebiet aber organisatorisch in das fränkische Reich ein. 899 wurde
(der fränkische) Herzog Wido II. König und 891
Kaiser von Italien, doch verlor danach das Herzogtum
an Bedeutung. Otto der Große sah das Herzogtum
als ein vom König zu vergebendes Lehen an. Seit Ende des 11. Jahrhunderts wurde
es als Amt an Reichsministeriale ausgetan. Gleichzeitig erhielt der Papst
Ansprüche auf das Gebiet. 1213 wurde es ihm von König Friedrich II. überlassen,
später aber wieder bestritten. 1274 erkannte König Rudolf von Habsburg den
Übergang auf den Papst an.
L.: Silchmüller, R., Die Herzöge von Spoleto 967-1268, Diss. phil. Berlin 1919
(masch.schr.); Müller, P., Topographische und genealogische Untersuchungen zur
Geschichte des Herzogtums Spoleto und der Sabina
von 800-1100, Diss. phil. Greifswald 1930; Il ducato di Spoleto, 1983;
Gasparri, S., Spoleto, LexMA 7 1995, 2128f.
Sprottau (Herzogtum),
poln. Szprotawa. An der Mündung der Sprotte in den Bober wurde neben einem
slawischen Markt um 1254 die deutsche Stadt S. gegründet. Sie gehörte seit 1253
zum Fürstentum Glogau. Nach dem Tode Herzog
Konrads von Glogau 1273/1274 entstand das Herzogtum
S., das bald an Glogau zurückkam und 1526 mit diesem an Österreich und 1742 an
Preußen fiel. 1945 gelangte S. unter die Verwaltung Polens und damit 1990 als
politische Folge der deutschen Einheit an Polen.
L.: Wolff 485; Matuszkiewicz, F., Geschichte der Stadt Sprottau, 1908; Handke,
K./Steller, G., Beschreibung der schlesischen Kreise Sagan und Sprottau, 1968;
Sagan und Sprottau, hg. v. Bein, W., 1992.
Stade (Grafschaft). Die zuerst 929 bezeugten
Udonen (Luder, Liuthar) hatten umfangreiche Güter zwischen Niederelbe und
Niederweser. 1017 wurde an Stelle von Harsefeld, das 1007/1010 zum Kloster
umgewandelt wurde, S. (Stethu) Hauptsitz dieses mit Widukinden, Immedingern,
Liudolfingern und Billungern sowie Saliern und Welfen verwandten
nordsächsischen, sich seit 1063/1064 nach S. benennenden Geschlechts. 1063
musste es die Lehnsherrschaft des Erzstifts Bremen über die Grafschaft S.
anerkennen. Durch Heirat Graf Udos III. mit Irmgard von Plötzkau gewann es
umfangreiche Güter hinzu. 1128 verlor es die 1056 zur Verwaltung in königlichem
Auftrag erhaltene Nordmark. Beim Erlöschen der Grafen 1144 gab der Bruder des
letzten Grafen, der 1148 bis 1168 Erzbischof von Bremen war, die Eigengüter um
Alsleben-Halle und um Magdeburg an das Erzstift Magdeburg, die Eigengüter um S.
an das Erzstift Bremen, das sie aber erst 1236 nach langem Streit mit den
Welfen, die sie 1145 an sich gezogen hatten, zu erlangen vermochte. Über
Hannover und Preußen (1866) kam S. 1946 zu Niedersachsen.
L.: Wolff 430; Hucke, R., Die Grafen von Stade, 1956; Wohltmann, H., Die
Geschichte der Stadt Stade an der Niederelbe, 1956; Bohmbach, J., Urkundenbuch
der Stadt Stade, 1981; Pischke, G., Herrschaftsbereiche der Billunger, der
Grafen von Stade, der Grafen von Northeim und Lothars von Süpplingenburg, 1984;
Geschichte der Stadt Stade, hg. v. Bohmbach, J., 1994; Petke, W., Stade, LexMA
7 1995, 2167f.; Drecktrah, V., Die Gerichtsbarkeit in den Herzogtümern Bremen und Verden, 2002; Winzer, H.,
Studien zu den Beziehungen zwischen den Grafen von Katlenburg und den Grafen
von Stade im Mittelalter, 2011.
Stapelholm (Landschaft). In der Landschaft zwischen
der unteren Eider, Treene und Alten Sorge in Schleswig entstand im Mittelalter
eine kleine Landschaft, die weitgehende Selbstverwaltung unter einem Landvogt
im Vorort Süderstapel hatte (Stapelholmer Konstitution 1623). 1866 kam S. an
Preußen, 1946 an Schleswig-Holstein.
L.: Bolten, J., Beschreibung und Nachrichten von der im Herzogthume Schleswig belegenen Landschaft Stapelholm nebst einer
Landkarte von derselben, 1777, Neudruck 1979; Jessen, W., Chronik der
Landschaft Stapelholm, 1950; Stegmann, D., Die Stapelholmer Konstitution von
1623, 1967.
Stargard (Herrschaft, Land, Residenz des Fürsten
bzw. Herzogs von Mecklenburg). Die Burg S. bei
Neubrandenburg war Mittelpunkt des nach ihr benannten umliegenden Landes S.,
das von slawischen Redariern besiedelt war und zunächst zu Pommern gehörte.
1236 wurde es vom Herzog von Pommern-Stettin an
die Markgrafen von Brandenburg abgetreten. 1298/1299/1304 kam es vergrößert im
Wege der Mitgift als Lehen Brandenburgs an die Fürsten von Mecklenburg. 1347
erhob König Karl IV. zum Dank für Unterstützung das Land S. unter Lösung der
Lehnsverhältnisse Mecklenburgs zu Sachsen und Brandenburg zum erblichen
Reichslehen Mecklenburgs, woraufhin dieses 1348 die Herzogswürde
erlangte. Von 1352 bis 1471 gehörte es zur Linie Mecklenburg-Stargard, die
außerdem die Länder Sternberg und Eldenburg sowie zeitweise brandenburgisches
Pfandgut innehatte, von 1701 bis 1934 zur Linie Mecklenburg-Strelitz. Über
diese zählte es zum niedersächsischen Reichskreis. Mit Mecklenburg kam es 1945
in die sowjetische Besatzungszone und damit von 1949 bis 1990 zur Deutschen
Demokratischen Republik. S. a. Mecklenburg-Stargard (; Mecklenburg-Vorpommern).
L.: Wolff 443; Wallner 706 NiedersächsRK 10; Witte, H., Mecklenburgische
Geschichte, 1909; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W., 2003, 1, 2, 549.
Staufer (Geschlecht). Die Anfänge der vielleicht
im Ries beheimateten und zeitweilig mit der Würde der Pfalzgrafen von Schwaben
bekleideten (oder vielleicht auch aus dem Elsass stammenden) S. reichen bis in
die erste Hälfte des 11. Jahrhunderts zurück. Stammsitz war zunächst Büren
(Wäschenbeuren), nach dem sich Friedrich von Büren († 1055) benannte, der durch
seine Heirat mit Hildegard von Egisheim Güter im Elsass (Schlettstadt, Teile
des Hagenauer Forstes) gewann. Sein Sohn Friedrich († 1105) erhielt als
Schwiegersohn König Heinrichs IV. 1079 im Gefolge des Investiturstreites das Herzogtum Schwaben und erbaute die namengebende Burg
Stauf auf dem Hohenstaufen bei Göppingen. 1125/1138 erlangten die S., die auch
die 1108 letztmals genannten Grafen von Comburg (Komburg) beerbten, das Erbe
der Salier, 1138 mit Konrad III. den deutschen Thron. Unter (Kaiser) Friedrich
I. Barbarossa wurden Schwaben, Elsass, das Rhein-Maingebiet, Ostfranken,
Oberpfalz, Egerland (Aussterben der Diepoldinger 1146), Vogtland, Pleißenland,
das nördliche Thüringen und der Harzraum um Goslar Königslandschaften. In
Schwaben fielen zusätzlich die Güter Welfs VI. (1179/1191) und der Grafen von
Pfullendorf (1180) an. 1184/1186 gelang die Eheverbindung Heinrichs VI. mit
Konstanze von Sizilien, das 1189/1194 gewonnen wurde. Der frühe Tod Heinrichs
VI. (1197) und der Thronstreit Philipps von Schwaben mit dem Welfen Otto IV.
nach der Doppelwahl von 1198 erschütterten die staufische Herrschaft dann
allerdings zutiefst. Hinzu kam, dass Friedrich II. zwar sein normannisches
Erbgut in einen zentralistischen Beamtenstaat umwandelte, in Deutschland aber
durch die Fürstengesetze von 1220 (Confoederatio cum principibus
ecclesiasticis) bzw. 1231/1232 (Statutum in favorem principum) die Rechte der
Landesherren festigte. Nach Friedrichs II. Tod (1250) sowie seines Sohnes
Konrad IV. Tod (1254) zerfiel die Herrschaft der Staufer in Deutschland. Bei
ihrem Aussterben 1268 (Enthauptung Konradins, des Sohnes Konrads IV., in
Neapel) fielen die Güter in verschiedene Hände.
L.: Weller, K., Die staufische Städtegründung in Schwaben, Württemberg. Vjh.
N.F. 1930; Diederich, A., Staufer und Welfen, 1938; Steuermann, H., Die
Hausmachtpolitik der Staufer von Herzog
Friedrich I. bis König Konrad III. 1079-1152, 1939; Maschke, E., Das Geschlecht
der Staufer, 1943; Bosl, K., Die Reichsministerialität der Salier und Staufer,
1950/19511, Neudruck 1968/1969; Engels, O., Die Staufer, 6. A. 1994; Schwarzmaier,
H., Die Heimat der Staufer, 1976; Engels, O., Stauferstudien, 1988; Die Staufer
im Süden, hg. v. Kölzer, T., 1996; Hechberger, W., Staufer und Welfen, 1996;
Engels, O., Staufer, LexMA 8 1996, 76; Staufische Stadtgründungen am Oberrhein,
hg. v. Reinhardt, E. u. a., 1998; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen
Reich, hg. v. Paravicini, W. u. a., 2003, 1, 1, 195; Weller, T., Die
Heiratspolitik, 2004; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 505;
Grafen, Herzöge, Könige, hg. v. Seibert, H. u. a., 2007.
Stechinelli-Wieckenberg (Reichsgrafen). Von Herzog Georg Wilhelm von Celle (1665-1705) soll der
Bettlerjunge Francesco Capellini, genannt Stechinelli, in Venedig aufgegriffen
worden sein. 1678 wurde er Generalpostmeister von Braunschweig-Lüneburg,
verkaufte dieses Amt jedoch 1682 an den Rat Franz Ernst von Platen. 1688 wurde
er mit dem Namen des Dorfes Wieckenberg vom Kaiser zum Freiherrn erhoben. Nach
dem Verkauf Wieckenbergs an die Spörcken wurden die Stechinelli-Wieckenberg
1790 Reichsgrafen.
L.: Handbuch der historischen Stätten 2 (Wieckenberg).
Steiermark (Mark, Herzogtum,
Bundesland). In das Gebiet zwischen den nördlichen Kalkalpen, dem
oststeirischen Hügelland und dem pannonischen Tiefland, das schon in der
Altsteinzeit besiedelt war, wanderten im 1. Jahrtausend n. Chr. die Noriker
ein, mit denen sich später die keltischen Taurisker vermischten. 15 v. Chr./45
n. Chr. wurde das Land von den Römern erobert und als römische Provinz Noricum
eingegliedert. Nach dem Durchzug verschiedener Germanenstämme während der
Völkerwanderung wurde es seit 582 weitgehend von Slawen (Slowenen) besiedelt.
772 wurde es von Bayern besetzt und 788 dem fränkischen Reich einverleibt. Nach
zeitweiliger Herrschaft der Ungarn wurde nach der Schlacht auf dem Lechfeld
(955) 976 das Herzogtum Kärnten gebildet. Die zu
Kärnten gehörige Kärntnermark (Mark an der Mur 970, marchia Carantana,
karantanische Mark mit dem Mittelpunkt Hengistburg bei Wildon) unterstand
zunächst bis 1035 den Grafen von Eppenstein, dann den Grafen von Wels-Lambach
und seit etwa 1050/1056 den Markgrafen aus dem Geschlecht der Grafen von
Traungau (Otakare) mit dem Sitz Steyr (Styraburg). 1122 wurde sie mit der
Obersteiermark verbunden. Die Markgrafen Leopold (1122-1129) und Ottokar III.
(1129-1164) setzten unter Beerbung der Grafen von Eppenstein (1122), Sponheim
(1147, u. a. Mark an der Drau) und Formbach-Pitten (1158) ihre Herrschaft durch
und schufen die nun nach der Burg Steyr benannte Markgrafschaft S. 1180 wurden
beim Sturz Heinrichs des Löwen Obersteiermark und Mittelsteiermark zum Herzogtum erhoben und damit lehnsrechtlich von Bayern,
zu dem sie zwischenzeitlich gelangt waren, gelöst. 1186/1192 fiel dieses Herzogtum nach dem Aussterben der Traungauer auf Grund
eines Erbvertrages von 1186 (Georgenberger Handfeste) an die verwandten
Babenberger. Nach deren Aussterben 1246 kam die 1236 als Reichsland bezeichnete
S. 1251 an König Ottokar II. von Böhmen, 1254 nach Aufteilung durch
Vereinbarung an Ungarn (Gebiete zwischen Enns und Hausruck sowie um Pitten-Wiener
Neustadt an Österreich), von 1260 bis 1276 an Böhmen und 1282 durch König
Rudolf von Habsburg an Habsburg. Etwa zu dieser Zeit war auch der innere Ausbau
durch deutsche Siedler vollendet. 1311 kam das Sanntal hinzu. 1379 gelangte die
S. an die leopoldinische Nebenlinie Habsburgs, 1411 an den steirischen Zweig
mit Sitz in Graz (S., Kärnten, Krain, Inneristrien, Triest). Dieser gewann bis
1493 alle habsburgischen Länder, von denen die 1456 um die Grafschaft Cilli und
1482 um das Gebiet von Windischgraz vermehrte S. durch zahlreiche Einfälle der
Türken (seit 1471) und Ungarn verwüstet wurde. Von 1564 bis 1619 gehörte die S.
zu den innerösterreichischen Ländern (Innerösterreich) mit weitgehender
Selbständigkeit. 1585 gründete Erzherzog Karl die Universität Graz. Im 18.
Jahrhundert wurden die Reste der innerösterreichischen Sonderstellung
beseitigt. 1919/1920 kam das südliche, zu 86% von Slowenen besiedelte Drittel
der S. (Untersteiermark) an Jugoslawien, während die übrige S. als Bundesland
bei der Republik Österreich verblieb. Von 1938 (22. 5. 1938) bis 1945 war das
3965 Quadratkilometer umfassende Bundesland Burgenland mit der Hauptstadt
Eisenstadt zwischen Niederösterreich (Niederdonau) und Steiermark
(Südburgenland mit Güssing, Jennersdorf, Oberwart) aufgeteilt. Ab April 1941
unterstand die 1918 von Österreich getrennte Untersteiermark (erweitert um die
Save-Gebiete und sechs oberkrainische Gemeinden sowie verringert um das Gebiet
Prekmurje) rechtstatsächlich dem Gauleiter der Steiermark als dem Leiter der
eingesetzten Zivilverwaltung des Deutschen Reiches und war damit vorübergehend
wieder der S. eingegliedert.
L.: Wolff 27; Wallner 713 ÖsterreichRK 1; Großer Historischer Weltatlas II 34
(1138-1254) G4, II 66 (1378) H5, II 78 (1450) G4, III 22 (1648) F5; Lechner,
K., Steiermark (Karantanische Mark), (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd.
1; Schmutz, K., Historisch-topographisches Lexikon von Steiermark, Bd. 1ff.
1822f.; Urkundenbuch des Herzogthums Steiermark,
hg. v. Zahn, J. v., Bd. 1ff. 1875ff.; Zahn, J. v., Ortsnamenbuch der Steiermark
im Mittelalter, 1893; Pirchegger, H., Die Pfarren als Grundlage der
politisch-militärischen Einteilung der Steiermark, (in) Abhandlungen zum
Historischen Atlas der österreichischen Alpenländer, (in) Archiv für österr.
Gesch. 102 (1913); Mell, A./Pirchegger, H., Steirische Geschichtsbeschreibungen
als Quellen zum historischen Atlas der österreichischen Alpenländer, Beitr. z.
Erforschung steirischer Geschichtsquellen 37-40 (1914); Pirchegger, H.,
Steiermark, (in) Erläuterungen zum Historischen Atlas der österreichischen
Alpenländer, 1917, 1957; Mell, A., Grundriss der Verfassungs- und
Verwaltungsgeschichte des Landes Steiermark, Bd. 1f. 1929; Heimatatlas der
Steiermark, hg. v. hist. Ver. d. Steiermark, 1946-1949; Mayer, F./Kaindl,
R./Pirchegger, H., Geschichte der Steiermark, Bd. 1ff. 4./5. A. 1958ff.; Atlas
der Steiermark, hg. v. d. steiermärkischen Landesregierung, Redaktion Morawetz,
S./Straka, M., 1949-1970, Erläuterungen 1973; Polenz, P. v., Landschafts- und
Bezirksnamen, 1961, II, 50, III, 25, 31, Steiermark, Landname, Stirlant;
Pirchegger, H., Die Untersteiermark in der Geschichte ihrer Herrschaften und
Gülten, Städte und Märkte, 1962; Stock, K., Bibliographien,
Sammelbibliographien und andere geographische Hilfsmittel der Steiermark, 1969;
Die Steiermark. Land, Leute, Leistung, hg. v. Sutter, B., 1971; Paschinger, H.,
Steiermark, 1974; Das Werden der Steiermark, hg. v. Pferschy, G., 1980;
Woisetschläger, K., Steiermark, 1982; 800 Jahre Steiermark und Österreich, hg.
v. Pickl, O., 1992; Amon, K./Liebmann, M., Kirchengeschichte der Steiermark,
1993; Obersteiner, G., Theresianische Verwaltungsreformen im Herzogtum Steiermark, 1993; Ebner, H., Steiermark,
LexMA 8 1996, 95ff.; Karner, S., Die Steiermark im 20. Jahrhundert, 2000;
Binder, D./Ableitinger, A., Steiermark, 2001; Baltl, H., Die Steiermark im
Frühmittelalter, 2004; Moll, M., Die Steiermark im ersten Weltkrieg, 2014.
Steinau (Herzogtum).
1202 wird das auf altem Siedlungsland gelegene S. an der Oder in einer Urkunde
für Kloster Trebnitz erstmals genannt (Stinay). Es gehörte zum Herzogtum Glogau, war aber im ausgehenden 13. und
beginnenden 14. Jahrhundert selbständig. Nach 1365 kam es zu Oels und seit dem
Ende des 15. Jahrhunderts zu Wohlau. Mit diesem fiel es 1675 an Österreich,
1742 an Preußen und 1945 unter die Verwaltung Polens und damit 1990 als
politische Folge der deutschen Einheit an Polen. S. Glogau-Steinau.
L.: Wolff 484; Schubert, H., Urkundliche Geschichte der Stadt S. an der Oder,
1885; Böer, L., Kleinere Chronik der Stadt Steinau (Oder), 1940.
Steingaden (reichsunmittelbares Kloster). 1147
gründete Herzog Welf VI. von Bayern das Kloster
S. bei Schongau, das bald reichsunmittelbar wurde und reiche Güter im südlichen
Tirol erhielt. 1425 verzichtete Propst Johann Sürg von Sürgenstein (Syrg von
Syrgenstein) auf die Reichsfreiheit. S. kam an Bayern.
L.: Hofmann, S., Stift Steingaden 1147-1803, 1947.
Stettin (Herzogtum,
Residenz des Herzogs von Pommern). In S. an der
Odermündung reichen slawische Siedlungsspuren bis in die zweite Hälfte des 8.
Jahrhunderts zurück. Im 11. Jahrhundert entwickelte sich der Ort mit Burg und
Markt zur größten Siedlung Pommerns, in der die Herzöge aus dem Haus der
Greifen ihren Sitz nahmen. Ab 1124/1128 wurde das zu dieser Zeit erstmals auch
in der Überlieferung genannte S. christianisiert. Dem folgte der Zuzug
zahlreicher deutscher Siedler. 1237/1243 erhielt S. Magdeburger Stadtrecht.
1295 entstand durch Erbteilungen Pommerns das Herzogtum
S. (1478 war Pommern wieder vereinigt, wurde aber 1523 wieder geteilt.) 1529
wurde in S. die Reformation eingeführt. Im Dreißigjährigen Krieg fiel S. an
Schweden, 1720 mit Vorpommern, das 1815 den Regierungsbezirk S. bildete, an
Preußen. 1945 wurde es stark zerstört und kam unter Verwaltung Polens, an das
S. 1990 als politische Folge der deutschen Einheit gelangte. S. a.
Pommern-Stettin.
L.: Wolff 404; Wehrmann, M., Geschichte der Stadt Stettin, 1911; Wehrmann, M.,
Geschichte von Pommern, 2. A. 1921; Eggert, O., Geschichte Pommerns, 4. A.
1965; Kunkel, O./Reichow, H., Stettin, so wie es war, 1975; Völker, E., Stettin,
1986; Zilm, F., Geschichte der Festung und Garnison Stettin, 1988; Piskorski,
J., Stettin, 1994; Piskorski, J./Wachowiak, B./Wlodarczyk, S., Stettin, LexMA 8
1996, 140; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W., 2003, 1, 2, 554.
Steußlingen (Herrschaft). Am Ende des 18.
Jahrhunderts gehörte die Herrschaft S. über den Herzog
von Württemberg zum schwäbischen Reichskreis. Über Württemberg kam S. 1951/1952
an Baden-Württemberg.
L.: Gumpelzhaimer 70; Wolff 161f.; Wallner 684 SchwäbRK 1.
Steyr (Herrschaft). An der Mündung der S. in
die Enns wurde auf altem Siedlungsboden zur Sicherung des Reiches gegen die
Ungarn eine um 972/985 erstmals genannte Burg (Stirapurhc) errichtet. Sie
unterstand den Grafen von Traungau und wurde zusammen mit der Herrschaft S.
1180 von Bayern gelöst und als Reichslehen mit dem Herzogtum
Steiermark verbunden, das 1186/1192 auf die babenbergischen Herzöge von
Österreich überging.
L.: Wolff 27; Pritz, F., Beschreibung und Geschichte der Stadt Steyer, 1837;
Ofner, J., Die Eisenstadt Steyr, 1956; Ennsthaler, W., Steyr, 1966; Doppler,
C., Reformation und Gegenreformation in ihrer Auswirkung auf das Steyrer
Bürgertum, 1977; Brandl, M., Neue Geschichte von Steyr vom Biedermeier bis
heute, 1980; Ofner, J., Steyr. Kurzer geschichtlicher und kultureller
Überblick, 1980.
Stolp („Pfosten, Wehr“) (Land, Herzogtum, Residenz des Herzogs
von Pommern). Das Gebiet zwischen Stolpe und Leba wurde am Anfang des 13.
Jahrhunderts von den Ratiboriden, einer Nebenlinie der Herzöge von Pommern,
beherrscht und kam nach deren Aussterben 1228 an die Fürsten von Danzig. Burg
und Siedlung S. an der Stolpe wurden erstmals 1236/1269 erwähnt. Das Land fiel
1307/1309 an Markgraf Waldemar von Brandenburg, der dem Ort S. 1310 Stadtrecht
Lübecks verlieh. 1317 kam das Land an Pommern, das die Stadt S. mehrfach an den
Deutschen Orden verpfändete und das zeitweise unter einer Teillinie
Pommern-Wolgasts verselbständigte Land 1459/1463 zwischen Pommern-Wolgast und
Pommern-Stettin aufteilte. 1648 fiel S. an Brandenburg. Seit 1945 stand es
unter Verwaltung Polens, an das es 1990 als politische Folge der deutschen
Einheit gelangte.
L.: Wolff 406; Bonin, R., Geschichte der Stadt Stolp, Bd. 1 (bis 1550), 1910;
Laudan, O., Geschichte des Grundbesitzes der Stadt Stolp, 1925; Kuschfeldt, W.,
Herzogthum zur Stolpe, 1960; Pagel, K., Stolp in
Pommern - eine ostdeutsche Stadt, 1977; Schmidt, R., Stolp, LexMA 8 1996, 192;
Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W.,
2003, 1, 2, 557.
Stormarn (Landschaft, Sturmariun). S. in
Nordalbingien war das Gebiet der zu den Sachsen zählenden Sturmarii zwischen
Holstein im Westen und Wenden im Osten. Im Mittelalter gehörte das hinter
Holstein zurücktretende S. teils den Grafen von Schauenburg (Schaumburg) teils
der Plöner Herzogslinie, im 16. und 17.
Jahrhundert teils zum königlichen Anteil, teils zum Gottorper (Gottorfer)
Anteil Schleswig-Holsteins. 1864/1866 kam es an Preußen und 1946 an
Schleswig-Holstein.
L.: Wülfingen, C. Bock v./Frahm, W., Stormarn, 1938; Nordstormarnsches
Heimatbuch, 1952; Sahrhage, H., Südstormarn, 1960; Polenz, P. v., Landschafts-
und Bezirksnamen, 1961, III, 18f., 24, 26, 306, s. Sturmariun (Stormere);
Carsten, R., Das alte Stormerland. Kultur- und Siedlungsgeschichte, 1979; Wulf,
M., Heimatkundliche Aufsätze, 1987; Hoffmann, E., Stormarn, LexMA 8 1996, 194;
Bock. G., Studien zur Geschichte Stormarns im Mittelalter, 1996.
Straubing (Burg, Dorf, Stadt, Herrschaft, Residenz
des Herzogs von Bayern). Auf älterem
Siedlungsland am römischen Limes wurde im früheren keltorömischen Sorviodurum
vermutlich um 550 eine neue Siedlung der Bayern errichtet, die über den Herzog von Bayern 788 an den König der Franken fiel.
1029 kam der Königshof von Bischof Bruno von Augsburg an das Hochstift
Augsburg. Dessenungeachtet erhob der Herzog von
Bayern 1218 den Ort zur Stadt. 1353 wurde diese Sitz des Herzogtums Straubing-Holland (bis 1425/1429,
tatsächlicher Sitz in S. nur von 1353 bis 1358 und von 1387/1389 bis 1397).
Danach kam S. an Bayern-München, in dem Herzog
Ernst 1435 die dem jüngeren Herzog Albrecht
heimlich angetraute Augsburger Baderstochter Agnes Bernauer ertränken ließ.
1535 löste S. die letzten grundherrschaftlichen Rechte Augsburgs ab. S.
Bayern-Straubing.
L.: Wolff 137; Urkundenbuch der Stadt Straubing, hg. v. Solleder, F., 1911ff.;
Keim, J., Heimatkundliche Geschichte von Straubing, 1958; Walke, N., Das
römische Donaukastell Straubing, Sorviodurum, 1965; Straubing. Das neue und
alte Gesicht einer Stadt im altbayerischen Kernland, hg. v. Bosl, K., 1968;
Straubing. Landgericht, Rentkastenamt und Stadt, bearb. v. Fraundorfer, W.,
1974; Störmer, W., Straubing, LexMA 8 1996, 230; Forster, M., Die
Gerichtsverfassung und Zivilgerichtsbarkeit in Straubing, Diss. jur. Regensburg
1999; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini,
W., 2003, 1, 2, 566.
Stuttgart (Ort, Stadt, Herrschaft, Residenz des
Grafen von Württemberg bzw. ab 1495 Herzogs von
Württemberg). Vielleicht um 950 legte der Herzog
von Schwaben am Neckar unweit des schon um 700 erwähnten Cannstatt ein Gestüt
(stuot-gart) an, in dem bald mehrere umliegende Siedlungen (Frankenbach,
Immenhofen, Weißenburg, Tunzhofen) aufgingen. Die Herrschaft über den 1160 bzw.
urkundlich 1229 erstmals erwähnten Ort (Stukarten) hatten die Grafen von Calw,
im frühen 13. Jahrhundert durch Erbfolge die Grafen von Baden, von denen er um
1245 durch Heirat an die Grafen von Württemberg kam. Zu Beginn des 14.
Jahrhunderts wurde S. Verwaltungsmittelpunkt Württembergs und wuchs bis 1850
auf etwa 50000 und bis 1942 auf knapp 500000 Einwohner. In Baden-Württemberg
(1951/1952) wurde S. Hauptstadt.
L.: Wolff 161; Pfaff, K., Geschichte der Stadt Stuttgart, Bd. 1ff. 1845ff.;
Schneider, E., Geschichte der Stadt Stuttgart, 1927; Decker-Hauff, H.,
Geschichte der Stadt Stuttgart, 1966; Borst, O., Stuttgart. Die Geschichte der
Stadt, 1973; Leipner, K., Stuttgart, 1987; Lorenz, S., Stuttgart auf dem Weg
zur Landeshauptstadt, (in) FS O. Borst, 1989; Lorenz, S., Stuttgart, LexMA 8
1996, 270f.; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W., 2003, 1, 2, 568.
Süderdithmarschen (Land). S. ist der südliche, 1580/1581
an Dänemark gelangte Teil von Dithmarschen. Er gehörte über Holstein-Glückstadt
Dänemarks am Ende des 18. Jahrhunderts zum niedersächsischen Reichskreis.
L.: Wolff 445; Wallner 706 NiedersächsRK 6; Hadel, W. v., Die Eingliederung des
Landes Dithmarschen in den Verband der Herzogtümer
Schleswig und Holstein, 1963.
Südpreußen (Provinz). 1793 wurden die in der
zweiten Teilung Polens an Preußen gefallenen Gebiete Großpolens im Umfang von
rund 58000 Quadratkilometern mit 1130000 meist polnischen Einwohnern (Posen,
Gnesen, Kalisch, Lodz bzw. Lodsch) als Provinz S. in Preußen zusammengefasst.
1795 kam aus der dritten Teilung Polens Warschau hinzu. 1807 musste Preußen die
Provinz an das Herzogtum Warschau abgeben. 1815
erhielt es das westliche Drittel (um Posen, Bromberg, Schneidemühl, Gnesen und
Hohensalza) als Großherzogtum Posen (1848 Provinz Posen) zurück (29000
Quadratkilometer, [1910] 2,1 Millionen Einwohner, 63,5 % polnische
Muttersprache). Der größte Teil der Provinz Posen Preußens kam 1919/1920 bis
auf klar deutschsprachige Gebiete an Polen. 1939 das Gebiet als Reichsgau
Wartheland an das Deutsche Reich. 1945 fiel es unter die Verwaltung Polens und
gelangte damit 1990 als politische Folge der deutschen Einheit an Polen. S.
Posen.
L.: Bussenius, I., Die preußische Verwaltung in Südpreußen und Neuostpreußen
1793-1806, 1960.
Sulzbach (Grafen, Grafschaft). Zu Anfang des 11.
Jahrhunderts entstand auf einem felsigen Kalkberg die Burg S., nach der sich
seit 1071 Grafen von S. nannten, die von dem Babenberger Herzog Ernst I. von Schwaben († 1015) und der
Konradinerin Gisela abstammen und deren Stammvater Berengar 1003 Graf im
Nordgau war. Neben Eigen hatten sie Lehen Bambergs im westlichen Nordgau und in
Österreich sowie die Vogtei über das Hochstift Bamberg. 1057 gewannen sie
weitere Güter aus dem Erbe der ausgestorbenen Grafen von Schweinfurt. 1071
wurden sie erstmals als Grafen genannt. 1188 erlosch das Geschlecht. Seine
Güter fielen an die Staufer und verwandte bayerische Adelsgeschlechter, vor
allem die Grafen von Hirschberg. Die Grafschaft S. kam 1269 teilweise, nach dem
Aussterben der Grafen von Hirschberg 1305 vollständig an die wittelsbachischen
Herzöge von Bayern, 1329 an deren pfälzische Linie. Von 1349/1353 bis 1373 war
S. unter Karl IV. Hauptort der luxemburgischen Güter der Krone Böhmens in der
Oberpfalz (Neuböhmen), kam dann aber wieder an Bayern zurück. 1505 wurde es
nach dem Landshuter Erbfolgekrieg Teil Pfalz-Neuburgs, von 1610/1616/1656 bis
1742 Sitz des Fürstentums Pfalz-Sulzbach. Danach fiel das zum bayerischen
Reichskreis zählende) S. infolge (der Beerbung der Pfalz bzw. Pfalz-Neuburgs
durch Pfalz-Sulzbach 1742 und) der Beerbung Bayerns durch die Pfalz 1777
(Pfalz-Sulzbach) wieder mit Bayern zusammen. S. Pfalz-Sulzbach.
L.: Wolff 141; Wallner 712 BayRK 5; Gack, G., Geschichte des Herzogthums Sulzbach, Neudruck 1988; Pfeiffer,
R./Wiedemann, H., Sulzbach in der deutschen Geschichte, 1965; Piendl, M., Herzogtum Sulzbach, Landrichteramt Sulzbach,
Oberpfälzer Heimat 14 (1970); Sturm, H., Das wittelsbachische Herzogtum Sulzbach, 1980; Schmid, A., Sulzbach, LexMA
8 1996, 304; Dendorfer, J., Adelige Gruppenbildung und Königsherrschaft, 2004;
Hochmittelalterliche Adelsfamilien in Altbayern, Franken und Schwaben, hg. v.
Kramer, F. u. a., 2005.
Sulzbürg (Reichsherrschaft). Nach S. bei Neumarkt
in der Oberpfalz nannte sich seit 1217 ein Reichsministerialengeschlecht, das
vielleicht auf den in der Umgebung König Konrads III. erscheinenden Gottfried
von Wettenhofen zurückgeht, sich seit dem Ende des 13. Jahrhunderts nach den von
ihnen beerbten, schon um 1120 bezeugten Edelfreien von Wolfstein nannte und das
Kloster Seligenporten gründete. Niedersulzbürg kam vor 1291 an die
verschwägerten Reichsministerialen von Stein (Hilpoltstein), später an die
Gundelfingen und Hohenfels, 1403/1404 zusammen mit dem 1397 verliehenen
Hochgericht an die (S. bzw.) Wolfstein. Obersulzbürg fiel Ende des 13.
Jahrhunderts an die Grafen von Hirschberg, danach an Bayern und 1330 als Lehen
an die Herren von Dürnwang und wurde um 1350 von den Wolfstein gekauft. Das um
1130 urkundlich fassbare Reichsgut Pyrbaum gelangte vor 1346 von den
verschwägerten Reichsministerialen Rindsmaul an die von Wolfstein. 1353 wurde
die Reichsunmittelbarkeit des um S. und Pyrbaum liegenden Gebiets ausdrücklich
anerkannt. 1354 wurden die Wolfstein vom kaiserlichen Landgericht befreit. 1496
nahmen sie Niedersulzbürg zu Lehen. 1523 wurden sie in den
Reichsfreiherrenstand, 1673 in den Reichsgrafenstand erhoben. S., das aus dem
Bergschloss und Markt Obersulzbürg und einer Anzahl Dörfer bestand, und Pyrbaum
mit Schloss und Markt Pyrbaum bildeten zunächst eine einzige Herrschaft, doch
wurde seit 1480 Pyrbaum in den kaiserlichen Lehnsbriefen als einzelne
Herrschaft angesehen. 1561 wurde die Reformation eingeführt. 1740 kamen die zum
bayerischen Reichskreis zählenden Herrschaften nach Aussterben der Wolfstein,
die seit 1668 Mitglieder des fränkischen Reichsgrafenkollegiums waren, auf
Grund einer Lehnsanwartschaft von 1562 an Bayern. Nach dem Tod Herzog Maximilians III. Josef, der 1769 auch die
Allode der Wolfstein erlangt hatte, fielen S. und Pyrbaum mit 2 Quadratmeilen
an das Reich, das sie 1779 der Regierung Bayerns unterstellte. S. Wolfstein zu
S.
L.: Wolff 150; Wallner 712 BayRK 15; Böhm, J., Die ehemalige Wolfsteinische
Reichsgrafschaft Sulzbürg-Pyrbaum, (in) Das Bayerland 8 (1897), 280; Wappler,
K., Das Sulzbürger Landl, 1957; Heinloth, B., Neumarkt, 1967, (in) Historischer
Atlas von Bayern, Teil Altbayern.
Sundgau (Gau, Grafschaft, Sundgouwe). Vermutlich
schon in merowingischer Zeit wurde zwischen Vogesenkamm, Rhein, Thur und Birs
der 899 erstmals genannte S. (Südgau, im Gegensatz zum Nordgau, Grenze bei
Schlettstadt, seit dem 8. Jahrhundert Landgraben nördlich von Colmar) gebildet,
in dem wahrscheinlich zu Beginn des 9. Jahrhunderts eine Grafschaft entstand.
Diese Grafschaft S. (Grafschaft Oberelsass im Gegensatz zur nördlich der Thur
gelegenen Landgrafschaft Oberelsass) war vielleicht schon im 11. Jahrhundert
bei den Vorfahren der Grafen von Habsburg. 1135 erwarben die Grafen von
Habsburg die Landgrafschaft, 1324 die Grafschaft Pfirt. Später blieben nur
Horburg, Reichenweier (1324 durch Kauf an Württemberg), die Rufacher Mundat
(Hochstift Straßburg), Mülhausen und die Abtei Murbach außerhalb der Herrschaft
Habsburgs, die seit 1250 ihren Sitz in Ensisheim hatte. Danach wurde S. die
Bezeichnung für die Güter Habsburgs im Elsass. Von 1469 bis 1474 ließ sich das Herzogtum Burgund die Grafschaft S. von Habsburg
verpfänden, 1648 kam sie an Frankreich.
L.: Wolff 297; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) D5; Die alten
Territorien des Elsass (Statistische Mitteilungen über Elsass-Lothringen, 27
[1896]); Das Reichsland Elsass-Lothringen, Bd. 3 1901ff.; Müller, C.,
Mittelalterliche Städte im Sundgau und Elsgau, Alemann. Jb. 1958; Polenz, P.
v., Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, II, 9, 36, 37, S. 255, Sundgouwe,
Sundgau, Oberelsass; Reinhard, E., Die Siedlungen im Sundgau, 1965; Moreau, J.,
Dictionnaire, de géographie historique, 1972, 262; Stintzi, P., Die
habsburgischen Güter im Elsass, (in) Vorderösterreich, hg. v. Metz, F., 3. A.
1978; Baum, W., Die Habsburger in den Vorlanden, 1993; Schuler, P., Sundgau,
LexMA 8 1996, 323f.
Sylt (Harde, Landschaft). Die Insel S. wurde
im Frühmittelalter von Nordfriesen besiedelt. Sie bildete eine der 13 Harden
der nordfriesischen Uthlande. Seit dem 13. Jahrhundert stand der Norden der
Insel (Listland) unter der Herrschaft des Stifts Ripen. Von 1386 teilten sich
der König von Dänemark und der Herzog von
Schleswig den Besitz der Insel. 1435 kam S. zum Herzogtum
Schleswig, doch blieb List bis 1864 bei Dänemark. Innerhalb Schleswig-Holsteins
hatte S. weitgehende Selbstverwaltung. Mit Schleswig-Holstein gelangte es 1866
zu Preußen und damit 1946 zu Schleswig-Holstein.
L.: Sylt. Geschichte und Gestalt einer Insel, hg. v. Hansen, M./Hansen, N.,
1967.
Teck (Herzöge). Die Burg T. in der
Schwäbischen Alb ist erstmals 1152 bezeugt. Sie war Sitz einer vor 1187
entstandenen Nebenlinie der Herzöge von Zähringen, die sich seit (etwa 1186
bzw.) 1187 Herzöge von T. nannte, sich 1218 beim Aussterben der Herzöge von
Zähringen mit einer Geldabfindung zufriedengab und sich am Ende des 13.
Jahrhunderts in die Linien Oberndorf mit Gütern im Neckargau und Owen mit
Gütern um T. teilte. Schon früh musste die Vogtei über das Reichsgut Rottweil
an den König zurückgegeben werden. 1303 verkaufte die Linie Oberndorf ihre
Hälfte der Herrschaft an Habsburg bzw. Österreich. Im Wettstreit mit Habsburg
kauften die Grafen von Württemberg 1317 die Herrschaft Rosenfeld von der Linie
Oberndorf, die 1363 verarmt ausstarb, und gewannen von 1319 bis 1323 pfandweise
und 1381/1386 endgültig das Gebiet um T. (T., Kirchheim, Verkauf der Hälfte der
Herrschaft T. durch die jüngere Linie 1381/1385). Die Linie Owen erwarb 1365
die Herrschaft Mindelheim und veräußerte 1374 die 1363 ererbte Herrschaft
Oberndorf an die Grafen von Hohenberg. Mit Ludwig von T., Patriarch von
Aquileja, starb das Geschlecht 1439 aus. 1495 verlieh König Maximilian I. wegen
der von den T. stammenden Güter den Grafen von Württemberg den Titel Herzog von T. Das Herzogtum
Württemberg und T. gehörte am Ende des 18. Jahrhunderts zum schwäbischen
Reichskreis. Der Sohn Alexanders von Württemberg, Graf Franz von Hohenstein
(1837-1900) erhielt 1863 den Titel Fürst von T., 1871 Herzog
von T.
L.: Wolff 159; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) E4; Die schwäbische
Alb, hg. v. Wagner, G., 1958; Gründer, I., Studien zur Geschichte der
Herrschaft Teck, 1963; Wolf, A., König für einen Tag, 2. A. 1995; Wolf, A.,
Teck, LexMA 8 1996, 517f.; Schlinker, S., Fürstenamt und Rezeption, 1999, 40;
Götz, R., Die Herzöge von Teck, 2009.
Tecklenburg (Grafschaft). Die Burg T. südwestlich
Osnabrücks im westlichen Teutoburger Wald wurde um 1100 vermutlich von den
Grafen von Zutphen erbaut. 1129 ist der vielleicht aus dem Mittelrheingebiet
stammende, aus der Familie der die Grafen von Zutphen beerbenden Grafen von
Saarbrücken kommende Graf Ekbert bzw. Egbert, 1184 der Name T. bezeugt. 1184
wurde die Burg T. an das Erzstift Köln verkauft und als Lehen zurückgenommen.
Obwohl 1173 die Vogtei über das Hochstift Münster und 1236 die seit etwa 1180
gehaltene Vogtei über das Hochstift Osnabrück aufgegeben werden mussten,
gewannen die Grafen eine ansehnliche Herrschaft zwischen Hunte und Ems (1189
Ibbenbüren). 1248 wurden Güter um Vechta und im Emsland an das Hochstift
Münster verkauft. 1263 starben die ekbertinischen Grafen von T. aus. Ihre Güter
fielen über eine Erbtochter (Heilwig) an die jüngere Linie der Grafen von
Holland, die sich seit dem Erwerb der Obergrafschaft Bentheim 1154/1165 Grafen
von Bentheim nannte und vor 1309 das Recht ihrer Dienstmannen besonders
aufzeichnete. 1327/1328 kam T. an die landfremden verwandten Grafen von
Schwerin, die (zwischen 1343 und) 1358 Schwerin an Mecklenburg verkauften und
den Namen T. fortführten. Um 1375 umfasste das Herrschaftsgebiet neben der an
der oberen Ems gesondert liegenden, 1365 erworbenen Grafschaft Rheda
südwestlich Bielefelds einen breiten Streifen auf dem rechten Emsufer zwischen
Münster und Lingen und Gebiete des südlichen Oldenburg mit Cloppenburg,
Friesoythe einschließlich des Saterlandes und des Hümmlings. 1385 wurde Iburg
gewonnen. Um 1400 verlor T. in Auseinandersetzungen mit den Hochstiften Münster
und Osnabrück und dem Erzstift Köln mit Cloppenburg, Friesoythe und Bevergern
bei Rheine etwa die Hälfte seines Gebiets an Münster und wurde auf zwei nur
durch einen schmalen Landstreifen verbundene Teile um Lingen und um T.
beschränkt. 1493 wurde in T. (mit Rheda) und Lingen geteilt. 1548 wurde wegen
der Zugehörigkeit des letzten Grafen der Schweriner Linie zum Schmalkaldischen
Bund Lingen entzogen und an Kaiser Karl V. als Herzog
von Geldern gegeben (1632/1633 an Oranien, 1702 an Brandenburg). 1557 kam das
zum niederrheinisch-westfälischen Reichskreis zählende T. (mit Rheda) über eine
Erbtochter wieder an Bentheim. Dieses wurde 1606/1610 in die Linien
Bentheim-Tecklenburg mit T., Rheda und Limburg (Hohenlimburg) und Bentheim und
Steinfurt geteilt. 1696 kam es zur Wiederaufnahme von bereits 1576 vor dem
Reichskammergericht begonnenen Erbstreitigkeiten mit den Grafen von
Solms-Braunfels, die durch Urteil den größten Teil der Grafschaft T. erhielten.
1707/1729 fiel das zum westfälischen Reichsgrafenkollegium zählende T.
(Bentheim-Tecklenburg) unter Abfindung der Grafen von Solms-Braunfels und der
Grafen von Bentheim-Tecklenburg, denen die Herrschaft Rheda verblieb, an
Preußen. 1807/1808 kam T., das mit der Reichsgrafschaft Lingen ein Gebiet von
14 Quadratmeilen mit 45000 Einwohnern umfasste (die Städte T., Lengerich und Kappeln
(Westerkappeln) und die Kirchspiele Lengerich, Kappeln (Westerkappeln), Lienen
[Linen], Ladbergen, Wersen, Lotte, Leeden, Ledde und Schale), zum Großherzogtum
Berg, 1810-1813 zu Frankreich. Danach fiel es mit der Obergrafschaft Lingen an
Preußen (Provinz Westfalen) zurück und damit 1946 an Nordrhein-Westfalen. Die
Niedergrafschaft Lingen gelangte über Hannover 1866 an Preußen (Provinz
Hannover) und damit 1946 zu Niedersachsen.
L.: Wolff 352f.; Zeumer 554 II b 63, 3; Wallner 703 WestfälRK 16; Großer Historischer
Weltatlas II 66 (1378) D2, III 22 (1648) C2, III 38 (1789) B1; Die Territorien
des Reichs 3, 182; Holsche, A. K., Historisch-topographisch-statistische
Beschreibung der Grafschaft Tecklenburg, 1788; Reismann-Grone, T., Geschichte
der Grafschaft Tecklenburg bis zum Untergang der Egbertiner 1263, 1894;
Fressel, R., Das Ministerialenrecht der Grafen von Tecklenburg, Diss. jur.
Münster 1907; Gertzen, B., Die alte Grafschaft Tecklenburg 1400, 1939 (Diss.
phil. Münster); Hunsche, F., 250 Jahre Landkreis Tecklenburg, 1957; Hillebrand,
W., Besitz- und Standesverhältnisse des Osnabrücker Adels, 1961; Gladen, A.,
Der Kreis Tecklenburg an der Schwelle des Zeitalters der Industrialisierung,
1970; Köbler, G., Gericht und Recht in der Provinz Westfalen (1815-1945), FS
Schmelzeisen, G. 1980, 169; Köln Westfalen 1180-1980, 1980; Mersiowsky, M.,
Tecklenburg, LexMA 8 1996, 518; 850 Jahre Ibbenbüren, 1996; Zunker, D., Adel in
Westfalen, 2003, 198 (mit genealogischer Übersicht).
Tegernsee (Reichsabtei). 746 (oder um 760)
gründete das bayerische Adelsgeschlecht der Huosi die Benediktinerabtei T.
(Tegarinseo) am Tegernsee, von der aus das Alpenvorland christianisiert wurde.
788 kam T. an den fränkischen König. Nach dem Verlust vieler Güter an Herzog und Adel und dem Verfall infolge der
Ungarneinfälle erfolgte unter Kaiser Otto II. 978 eine Neugründung, die sich
den Ideen der Gorzer Reform anschloss und eine eindrucksvolle Blütezeit erlebte
(Ruodlieb, Ende des 11. Jahrhunderts). Unter Heinrich IV. wurde T. Reichsabtei.
Im 13./14. Jahrhundert sank T. zu einem Adelskloster herab.Im 15. Jahrhundert
ging die Reichsunmittelbarkeit durch Verzicht zugunsten Bayerns verloren. 1803
wurde T. säkularisiert und die Bibliothek nach München gebracht.
L.: Geiger, S., Tegernsee, ein Kulturbild, 1936; Hartig, M., Die
Benediktinerabtei Tegernsee 746-1803, 1946; Die Traditionen des Klosters
Tegernsee 1003-1242, hg. v. Acht, P., 1952; Ruppert, K., Das Tegernseer Tal,
1962; Angerer, J., Die Bräuche der Abtei Tegernsee, 1968; Flohrschütz, G., Die
Dienstmannen des Klosters Tegernsee, Oberbayerisches Archiv 112 (1988);
Störmer, W., Tegernsee, LexMA 8 1996, 524; Die Tegernseer Briefsammlung des 12.
Jahrhunderts, hg. v. Plechl, H., 2002; Buttinger, S., Das Kloster Tegernsee und
sein Beziehungsgefüge im 12. Jahrhundert, 2004.
Teschen (Herzogtum,
Residenz des Herzogs), Cieszyn. T. an der Olsa
in Oberschlesien ist 1155 erstmals als Kastellanei bzw. Burg erwähnt. Vor 1284
(um 1260) wurde dort eine Stadt zu deutschem Recht angelegt. 1281 entstand
durch Teilung des piastischen Herzogtums Oppeln
das Herzogtum T. mit Ratibor und Auschwitz, von
dem bis 1454/1457 eine Teillinie in Auschwitz bestand. 1290 wurde T.
selbständiges Herzogtum. 1327 unterstellte es
sich der Oberhoheit Böhmens und wurde Lehen Böhmens. Um 1550 wurde die
Reformation eingeführt, durch Gegenreformation später aber wieder beseitigt.
1625/1653 fiel es nach dem Aussterben der Teschener Piasten als erledigtes
Lehen in der Nachfolge Böhmens an Habsburg bzw. Österreich. Seit 1742 war es
mit einem Flächeninhalt von etwa 26 Quadratmeilen Teil des bei Österreich verbliebenen
Kronlands Schlesien (Österreichisch-Schlesien). Von 1766 bis 1822 besaß Sachsen
auf Grund einer Mitgift T. als Lehen Habsburgs. 1920 wurde das Gebiet um T.
ohne Befragung der Bevölkerung entlang der Olsa zwischen Polen und der
Tschechoslowakei aufgeteilt. T. wurde zu Cieszyn bzw. Český Těšín.
L.: Wolff 488f.; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) I/K4; Biermann, G.,
Geschichte des Herzogtums Teschen, 2. A. 1894;
Witt, K., Die Teschener Frage, 1935; Landwehr von Pragenau, M./Kuhn, W., Geschichte
der Stadt Teschen, 1976; Conrads, N., Der Übergang des Fürstentums Teschen an
das Haus Lothringen, Oberschlesisches Jb. 1 (1985); Wedzki, A., Teschen, LexMA
8 1996, 563; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W., 2003, 1, 2, 580.
Teschen-Auschwitz (Herzogtum) s. Teschen, Auschwitz
Tessin (Kanton). Das vom Fluss Tessin (ital.
Ticino) durchflossene Alpengebiet unterstand nacheinander den Rätern, Römern,
Ostgoten, Langobarden und Franken. Größter Grundherr war danach der Bischof von
Como. Vom deutschen Reich kam das T. bis 1335 an das Herzogtum
Mailand, dem es zwischen 1403 und 1516 die Eidgenossen der Schweiz abgewannen.
Sie gliederten das Untertanenland in acht Landvogteien (Leventina [Uri],
Bellinzona, Blenio, Riviera [Uri, Schwyz, Nidwalden], Mendrisio, Locarno,
Lugano, Valle Maggia [Gut der zwölf Orte]) und unterdrückten die Reformation.
1798 wurde das bis 1755 ziemlich lose Untertanenverhältnis beseitigt (Anschluss
an die Eidgenossenschaft der Schweiz, Kantone Lugano und Bellinzona der
Helvetischen Republik, 1801 vereinigt) und 1803 der Kanton T. (2811
Quadratkilometer) mit der Hauptstadt Bellinzona eingerichtet.
L.: Rossi,
G./Pometta, E., Geschichte des Kantons Tessin, 1944; Monumenti storici ed
artistici del Ticino, 1948; Calgari, G., Idea di una storia del Ticino, 1966;
Vismara, G./Cavanna, A./Vismara, P., Ticino medievale, 2. A. 1990.
Thurgau (Gau, Landgrafschaft, Herrschaft,
Kanton). Das Gebiet zwischen Reuß, Aare, Rhein, Bodensee und Rätien wurde 58 v.
Chr. von den Römern erobert. 455 n. Chr. fiel es an die Alemannen, wurde um 700
christianisiert und wenig später dem fränkischen Reich eingegliedert, in dem es
den seit 741 in Urkunden Sankt Gallens erwähnten T. (Durgauia) bildete. 861
wurde hiervon der westliche Teil als Zürichgau abgetrennt, weitere Teile gingen
an das Hochstift Konstanz und die Klöster Rheinau, Sankt Gallen und Reichenau.
Der übrige T. entwickelte sich unter Verselbständigung der Grafschaften
Toggenburg, Kiburg (Kyburg) und Andelfingen zur Landgrafschaft T., die von den
Herzögen von Zähringen (1094) über die Grafen von Kiburg (Kyburg)
(Dillingen-Kiburg, Dillingen-Kyburg) 1264 an die Grafen von Habsburg kam. 1415
zog Kaiser Sigmund den T. von Herzog Friedrich
von Österreich ein, gab ihn aber in verringertem Umfang 1418 wieder an Habsburg
zurück. 1460/1461 eroberten die Eidgenossen der Schweiz den ganzen T. und
verwalteten ihn als gemeine Herrschaft. 1499 gewannen sie das bis dahin vom
Reichsvogt in Konstanz beanspruchte Landgericht. Im T. setzte sich von Zürich
her in einer Reihe von Gemeinden die Reformation durch. Im März 1792 erlangte
der T. Unabhängigkeit von den Eidgenossen der Schweiz. 1798 wurde T. ein Kanton
der Helvetischen Republik, 1803 ein selbständiger Kanton (Hauptstadt
Frauenfeld) der Schweiz, der sich 1814 eine Verfassung gab, die 1869 vollständig
überarbeitet wurde.
L.: Wolff 527; Großer Historischer Weltatlas II 72 (bis 1797) G1; Curs, O.,
Deutschlands Gaue im zehnten Jahrhundert, 1908, 21 (Zurrega, Turgouue,
Zuriggauui, Durgeuue, Zurihkeuue, Turgeuue, Zurichgeuue, Duricgouue,
Zurichgevua, Thuregum, [Gau um den Zürichsee,] Eschenz, Säckingen, weitere
Ortsangaben gehören zum Zürichgau); Hasenfratz, H., Die Landgrafschaft Thurgau
vor der Revolution von 1798, 1908; Meyer, W., Die Verwaltungsorganisation,
Diss. jur. Zürich 1933; Herdi, E., Geschichte des Thurgaus, 1943; Leisi, E.,
Chronik des Kantons Thurgau, 1950 Schoop, A., Der Kanton Thurgau 1803-1953,
1953; Polenz, P. v., Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, II, 22, 24, 26, 27,
III, 30, S. 266, Durgouwe; Thurgau gestern, heute, morgen, hg. v. Vischer, M.,
1966; Moreau, J., Dictionnaire de géographie historique, 1972, 268 Thurgovie;
Borgolte, M., Geschichte der Grafschaften Alemanniens in fränkischer Zeit,
1984, 51, 99, 101 (Egg, Rüeggshausen); Schoop, A., Geschichte des Kantons
Thurgau, 1987; Eugster, E., Thurgau, LexMA 8 1996, 746; Marquardt, B., Die alte
Eidgenossenschaft und das Heilige römische Reich, 2007, 281.
Thüringen (Landgrafschaft, Land, Freistaat). Das
Gebiet zwischen Harz, Thüringer Wald, (Unstrut,) Werra und Saale wurde in der
Nachfolge anderer germanischer Völkerschaften im 5. Jahrhundert n. Chr. von den
vielleicht im Namen an die Hermunduren anknüpfenden Thüringern eingenommen, die
erstmals im letzten Drittel des 4. Jahrhunderts (um 400 bei Vegetius) als (von
Grahn-Hoek auf die gotischen Terwinger zurückgeführte) Toringi erscheinen. Ihr
sich noch darüberhinaus erstreckendes Reich zwischen Donau, Main, Werra und
Elbe wurde 531/533/534 von den Franken und Sachsen vernichtet und seine
Angehörigen unter fränkische Herrschaft gebracht (634-717/719 Herzogtum) und christianisiert. Die Klöster Fulda und
Hersfeld sowie das Erzstift Mainz (Erfurt) erwarben umfangreiche Güter. Mit dem
Übergang des deutschen Königtums auf die sächsischen Liudolfinger und der
Bildung weiter östlich liegender Marken wurde T. vom Grenzland zu einem
Kerngebiet des Reiches mit Pfalzen in Nordhausen, Merseburg, Arnstadt, Ohrdruf,
Wechmar, Heiligenstadt, Mühlhausen?, Gebesee, Saalfeld, Dornburg, Kirchberg (bei
Jena), Erfurt, Tilleda, Wallhausen und Allstedt. Unter den gräflichen
Geschlechtern gewannen die aus einer Seitenlinie der Grafen von Rieneck in
Mainfranken stammenden, auf der 1044 erbauten Schauenburg bei Friedrichroda
ansässigen, am Pass der Hohen Sonne des Thüringerwaldes sowie um Sangerhausen
begüterten Ludowinger (1039 Ludwig der Bärtige) die Vorherrschaft und wurden
von König Lothar III. um 1130 (1130/1131) mit dem Titel Landgrafen
ausgezeichnet. 1122/1137 erlangten sie aus der Heirat mit der Erbtochter
(Hedwig) der Gisonen (Grafen von Gudensberg) Güter in Hessen um Marburg und
Gudensberg südwestlich von Kassel. 1180 erwarben sie beim Sturz Heinrichs des
Löwen zu ihren thüringischen und hessischen Gütern die Pfalzgrafschaft Sachsen
(Hosgau bzw. Hassegau) als Reichslehen und Güter an der Werra, oberen Weser und
Leine (bis 1247). Sie erbauten schon vor 1080 auf fuldisch-hersfeldischem Gut
die Wartburg, später die Neuenburg (Neuburg) an der unteren Unstrut, die
Runneburg (Weißensee) und die Marburg an der Lahn, doch gelang ihnen die
Zusammenfassung ihrer Güter nicht. 1247 starben sie mit Heinrich Raspe im
Mannesstamm aus. T. fiel (endgültig 1263/1264) über eine Schwester Heinrich
Raspes auf Grund einer Eventualbelehnung von 1243 an die in weiblicher Linie mit
den Ludowingern verwandten wettinischen Markgrafen von Meißen, Hessen über eine
Erbtochter (Sophie) an die Grafen von Brabant (Landgrafen von Hessen), womit
einerseits die Trennung von Thüringen und Hessen und andererseits die Aufgabe
der selbständigen Einheit T. eingeleitet wurde. 1265 überließ der Wettiner
Heinrich der Erlauchte T. an seinen Sohn Albrecht den Entarteten. 1293/1294
verkaufte Markgraf Albrecht der Entartete von Meißen T. an König Adolf von
Nassau, doch konnten die Markgrafen von Meißen 1307 in der Schlacht bei Lucka
die Mark Meißen und T. zurückgewinnen. Seitdem erweiterten sie ihre Herrschaft
in T. zu Lasten der Grafen und des Reichs (Vogtei über die Reichsstädte
Mühlhausen und Nordhausen, Erwerb der Herrschaft Coburg 1347/1353 sowie von
fünf hennebergischen Ämtern mit Hildburghausen 1374 und des Pleißenlandes mit
Altenburg 1310/1372/1373), doch blieben die Herrschaftsgebiete von Schwarzburg,
Henneberg, Gleichen und Reuß (Vögte von Weida, Gera und Plauen), Erfurt,
Mühlhausen und Nordhausen sowie die Güter des Deutschen Ordens bestehen.
Dementsprechend hatten die Markgrafen von Meißen, die von 1379 bis 1440 einen
eigenen landgräflich-thüringischen Zweig abteilten, im Norden einen langen
Streifen von der Elster über Weißenfels und Freyburg bis Langensalza, weiter
ein Gebiet um Eisenach, Salzungen, Gotha und Zella-Mehlis und schließlich fast
den gesamten Süden des Landes. 1423 gewann die Meißener Linie der Wettiner das Herzogtum Sachsen-Wittenberg und die damit verbundene
Kurfürstenwürde. Seitdem nannten sich alle Wettiner Herzöge (von Sachsen), wie
dies auch Herzog Wilhelm tat, unter dem T.
nochmals von 1445 bis 1482 eigenständig wurde. 1485 teilte das Haus Wettin in
die Kurlinie der Ernestiner, die das südliche Gebiet zwischen Eisenach, Sonnewalde,
Zwickau, Coburg und Wittenberg bzw. Buttstädt erhielt, und die Linie der
Albertiner, an die das nördliche Gebiet von Groitzsch bis Treffurt (Weißensee,
Freyburg, Sangerhausen, Langensalza, Tennstedt, Thamsbrück, Laucha, Nebra)
fiel. 1547 verlor die ernestinische Linie die Kurwürde an die albertinische
Linie und wurde auf das inzwischen zur Reformation übergetretene Gebiet von T.
beschränkt, für das sie 1548 die Universität Jena gründete. Seit 1572 wurde T.
bzw. Sachsen immer weiter aufgeteilt und zersplitterte allmählich vollständig.
Nach dem Aussterben der verschuldeten Grafen von Henneberg verwalteten die
Albertiner und Ernestiner deren Gebiete zunächst gemeinsam, teilten sie aber
1660 auf. Von 1657 bis 1746 bildete der sog. Thüringer Kreis um Weißenfels den
Hauptbestandteil von Sachsen-Weißenfels, von 1657 bis 1718 das 1564 gewonnene
Hochstift Naumburg mit den ehemals hennebergischen Gütern (Schleusingen, Suhl)
den Hauptbestandteil von Sachsen-Zeitz. Am Ende des 17. Jahrhunderts bestanden
im Rahmen des obersächsischen Reichskreises zehn Linien der Ernestiner, neun
der Reuß und drei der Schwarzburg in T. Außerdem hatte das Erzstift Mainz die
Herrschaft über Erfurt und einen Teil des Eichsfeldes gewonnen und war
Brandenburg mit dem Saalkreis nach T. vorgedrungen. 1803 fielen Erfurt, das
Eichsfeld, Nordhausen und Mühlhausen, 1806 die albertinischen Teile an Preußen.
1807 verlor Preußen alle linkselbischen Gebiete. Von 1807 bis 1813 gehörten
Mühlhausen, Nordhausen und das Eichsfeld zum Königreich Westphalen, Erfurt mit
seinem Gebiet zu Frankreich. 1815 erlangte Preußen die verlorenen Gebiete
zurück und gewann die albertinischen Teile Thüringens, die es 1816 auf die
Bezirke der Regierung in Thüringen zu Erfurt (Weißensee, Langensalza,
Tennstedt) und der Regierung des Herzogtums
Sachsen zu Merseburg (Weißenfels, Freyburg, Eckartsberga, Heldrungen,
Sachsenburg, Sittichenbach, Wendelstein, Sangerhausen) aufteilte (1. 4. 1816
preußische Provinz Sachsen mit Herzogtum
Magdeburg, Altmark, Fürstentum Halberstadt, Wernigerode, Hohnstein, Mansfeld,
Nordhausen, Mühlhausen, Eichsfeld, Erfurt, Wittenberg, Torgau, Merseburg,
Naumburg-Zeitz, Stolberg, Querfurt, Barby, Ziegenrück, Schleusingen, Heringen,
Kelbra, Hauptstadt Magdeburg, Sitz der Provinzialselbstverwaltung in Merseburg,
Gliederung in die Regierungsbezirke Magdeburg, Merseburg und Erfurt). Insgesamt
bestanden 1815 im thüringischen Raum neben umfangreichen Gütern Preußens und
Exklaven und Enklaven die zwölf kleinen Staaten Sachsen-Weimar-Eisenach,
Sachsen-Gotha-Altenburg, Sachsen-Meiningen, Sachsen-Hildburghausen,
Sachsen-Coburg-Saalfeld, Schwarzburg-Rudolstadt, Schwarzburg-Sondershausen,
Reuß ältere Linie, Reuß jüngere Linie zu Gera (Reuß-Gera), Ebersdorf
(Reuß-Ebersdorf), Schleiz (Reuß-Schleiz) und Lobenstein (Reuß-Lobenstein). Am
13. 11. 1826 erfolgte, nachdem Sachsen-Weimar-Eisenach bereits 1815 zum
Großherzogtum erhoben worden war (seit 1877 Großherzogtum Sachsen), durch
Schiedsspruch König Friedrich Augusts I. von Sachsen die Neugliederung in die
sächsischen Herzogtümer Sachsen-Meiningen,
Sachsen-Altenburg sowie Sachsen-Coburg und Gotha. Nach Abdankung der Fürsten im
November 1918 entstanden acht Freistaaten (vier der Ernestiner, zwei der
Schwarzburg, zwei der Reuß). Sie schlossen sich mit Ausnahme Coburgs, das zu
Bayern kam, am 30. 4./1. 5. 1920 entgegen den Wünschen Preußens zum Land T. mit
der Hauptstadt Weimar zusammen, das sich am 11. 2. 1921 eine Verfassung gab.
Der Name T. begann nunmehr über das ursprüngliche Gebiet zwischen Werra, Saale,
Harz und Thüringer Wald hinaus Gebiete östlich der Saale und südlich des
Thüringer Waldes zu umfassen (Herrschaftsgebiete der ernestinischen Wettiner).
1933 wurde die Landesregierung einem Reichsstatthalter unterstellt. Am 1. 7.
1944 wurde der bisher zur Provinz Hessen-Nassau (Preußens) gehörige Kreis
Schmalkalden in den Regierungsbezirk Erfurt umgegliedert und der
Reichsstatthalter in Thüringen mit der Wahrnehmung der Aufgaben und Befugnisse
des Oberpräsidenten in der staatlichen Verwaltung des Regierungsbezirks Erfurt
beauftragt. In diesem Umfang fiel T. im April 1945 unter amerikanische, am 1.
7. 1945 unter sowjetische Besatzungsverwaltung. Am 17. 9. 1945 kamen auf Grund
des sog. Wanfrieder Abkommens zur Sicherung von Transporten auf der
Eisenbahnlinie Göttingen-Bebra die hessischen Dörfer Sickenberg, Asbach,
Vatterode, Weidenbach und Hennigerode östlich der Bahnlinie an die sowjetische
Besatzungszone (Thüringen), Werleshausen und Neuseesen westlich der Bahnlinie
samt einem östlich der Bahnlinie verlaufenden Geländestreifen an die
amerikanische Besatzungszone (Hessen). Am 20. 12. 1946 erhielt T. eine
Verfassung. 1948 wurde der Regierungssitz von Weimar nach Erfurt verlegt. Von
1949 bis 1990 war T. Teil der Deutschen Demokratischen Republik. Am 23. 7. 1952
ging es in den Bezirken Erfurt, Gera und Suhl auf (str.), wurde aber am 3. 10.
1990 (mit rund 2700000 Einwohnern) wiederhergestellt (einschließlich der Kreise
Altenburg, Artern und Schmölln). Hauptstadt wurde Erfurt.
L.: Wallner 708 ObersächsRK 2; Großer Historischer Weltatlas II 34 (1138-1254)
G3, II 66 (1378) F3; Eberhardt, H., Thüringen, (in) Geschichte der deutschen
Länder, Bd. 1; Die Territorien des Reichs 4, 8; Thüringische Geschichtsquellen,
Bd. 1ff. 1854ff.; Cassel, P., Thüringische Ortsnamen, 1856 und 1858, Neudruck
1983; Süssmilch-Hörnig, M. v., Historisch-geographischer Atlas von Sachsen und
Thüringen, 1861f.; Werneburg, A., Die Namen der Ortschaften und Wüstungen
Thüringens, 1884, Neudruck 1983; Regesta diplomatica necnon epistolaria
historiae Thuringiae, bearb. v. Dobenecker, O., Bd. 1ff. 1896ff.; Hantzsch, V.,
Die ältesten gedruckten Karten der sächsisch-thüringischen Länder 1550-1593,
1906; Beschorner, H., Oeder und Thüringen, Beitr. Thür.-sächs. Gesch., FS O.
Dobenecker, 1929; Schneider, F./Tille, A., Einführung in die thüringische
Geschichte, 1931; Kaiser, E., Landeskunde von Thüringen, 1933; Pasold, A.,
Geschichte der reußischen Landesteilungen von der Mitte des 16. Jh. bis zur
Einführung der Primogenitur im Jahre 1690, 1934; Mentz, G., Ein Jahrhundert thüringischer
Geschichtsforschung, 1937; Maschke, E., Thüringen in der Reichsgeschichte, Zs.
d. Ver. f. thür. Gesch. u. Altertumskunde 32 (1937); Lauter, K., Die Entstehung
der Exklave Ostheim vor der Rhön, 1941; Lehmann, J., Beiträge zu einer
Geschichte der thüringischen Kartographie bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts,
Diss. Greifswald 1932, und Jb. der Kartographie 1941 (1942); Brather, H., Die
ernestinischen Landesteilungen des 16. und 17. Jahrhunderts, 1951; Atlas des
Saale- und mittleren Elbegebietes, hg. v. Schlüter, O./August, O., Teil 1ff. 2.
A. 1959ff.; Koerner, F., Die Lage und die Besitzstetigkeit der Machtkerne in
Thüringen während des ausgehenden Mittelalters, 1960; Patze, H., Die Entstehung
der Landesherrschaft in Thüringen, 1962; Patze, H., Bibliographie zur
thüringischen Geschichte, Bd. 1f. 1965ff.; Geschichte Thüringens, hg. v. Patze,
H./Schlesinger, W., Bd. 1ff. 1967ff.; Handbuch der historischen Stätten:
Thüringen, hg. v. Patze, H., 1968; Klein, T., Thüringen, 1983; Geschichte
Thüringens. Politische Geschichte der Neuzeit, hg. v. Patze, H., 1984; Hess,
U., Geschichte Thüringens 1866-1914, hg. v. Wahl, V., 1991; Historische
Landeskunde Mitteldeutschlands – Thüringen, hg. v. Heckmann, H., 3. A. 1991;
Bühner, P., Kurzer Abriss über die Geschichte des albertinischen Thüringen,
Mühlhäuser Beiträge 14 (1991), 31; Petersohn, J., De ortu principum Thuringie,
DA 48 (1992), 585; Hessen und Thüringen, 1992; Hess, U., Geschiche der
Behördenorganisation der thüringischen Staaten, 1993; Kleinstaaten und Kultur in
Thüringen, hg. v. John, J., 1994; Werner, M., Thüringen, LexMA 8 1996, 747ff.;
Schildt, B., Bauer – Gemeinde – Nachbarschaft, 1996; Assing, H., Brandenburg,
Anhalt und Thüringen im Mittelalter, 1997, Thüringen-Handbuch, hg. v. Post, B.
u. a., 1999; Grahn-Hoek, H., Stamm und Reich der frühen Thüringer, Zs. d. Ver.
f. thür. Geschichte 56 (2002), 7; Müller, C., Landgräfliche Städte in
Thüringen, 2003; Wittmann, H., Im Schatten der Landgrafen, 2005; Hoffmann, R.,
Die Domänenfrage in Thüringen, 2006; Landstände in Thüringen, hg, v. Thüringer
Landtag, 2008; Wittmann, H., Im Schatten der Landgrafen, 2008 (Herren von
Heldrungen, Grafen von Buch, Grafen von Wartburg-Brandenburg)Fleischhauer, M.,
Der NS-Gau Thüringen 1939-1945, 2009; .Zusammenschlüsse und Neubildungen
deutscher Länder im 19. und 20. Jahrhundert, hg. v. Kretzschmar, R. u. a.,
2013, 125ff.
Thurn und Taxis (Fürsten), Tour et Tassis. Die
ursprünglich aus der Lombardei stammende, de la Torre benannte, dann nach der
Vertreibung aus Mailand durch die Visconti am Berg Tasso (Taxis) bei Bergamo
angesiedelte Adelsfamilie Taxis (1251 Omodeo de Tassis aus Cornello bei
Bergamo), die 1489/1490 mit der Errichtung einer Botenlinie von Innsbruck nach Brüssel
beauftragt worden war, aus der Franz von Taxis 1500 maitre der Posten
Erzherzogs Philipps des Schönen von Österreich (1478-1506, 1481 Regent
Burgunds, 1505 Regent Aragons) geworden war, Johann Baptista von Taxis 1518 von
König Karl (V.) das Postmonopol in Spanien erlangt hatte und Leonhard von Taxis
1595 den Titel eines Reichsgeneralpostmeisters bekommen hatte und die 1615 mit
dem erblichen Reichspostgeneralat betraut worden war, erhielt von König Philipp
IV. von Spanien 1635 das Recht der Führung des Titels und Wappens der Grafen de
la Tour et Valsassina und 1649 in Spanien sowie 1650 im Reich die Genehmigung
zur Führung des Doppelnamens T. 1512 wurde sie geadelt, 1515 erlangte sie
erblichen Adel. 1597 wurde die von ihr als Lehen innegehabte Post zum Regal
erklärt. 1608 wurde sie in den Reichsfreiherrenstand, 1624 in den
Reichsgrafenstand und 1695 in den Reichsfürstenstand erhoben (Virilstimme
1754). 1701 verlor sie Gut und Amt in den spanischen Niederlanden und siedelte
1702 nach Frankfurt über, nach Erhalt des Prinzipalkommissariats beim Reichstag
nach Regensburg (1748). Neben reichsritterschaftlichen Gebieten (1647 wegen des
erheirateten und später an die Reichlin von Meldegg [Meldegg] vererbten Horn im
Kanton Kocher des Ritterkreises Schwaben, 1648 ein Viertel Wäschenbeuren)
kaufte sie 1723 die reichsständische Herrschaft Eglingen. Im kurrheinischen
Reichskreis hatte sie seit 1724 Sitz und Stimme auf Grund eines Darlehens von
80000 Reichstalern. 1785/1786 wurde sie Inhaber der 1787 gefürsteten Reichsgrafschaft
Friedberg-Scheer. 1797 kam sie auf die Fürstenbank des schwäbischen
Reichskreises. 1802 verlor sie alle linksrheinischen Posten, erhielt dafür aber
am 25. 2. 1803 durch § 13 des Reichsdeputationshauptschlusses die Reichsstadt
Buchau, die Reichsabteien Buchau, Obermarchtal (Marchtal), Neresheim, das zu
Salem gehörige Amt Ostrach mit der Herrschaft Schemmerberg und den Weilern
Tiefenhülen (Tiefental), Frankenhofen und Stetten und die
Dominikanerinnenklöster in Ennetach und Sießen mit insgesamt 530 Quadratkilometern
und etwa 17000 Einwohnern als Reichsfürstentum Buchau mit Virilstimme im
Reichsfürstenrat. 1806 wurde sie zugunsten Bayerns, Württembergs und
Hohenzollern-Sigmaringens mediatisiert, erhielt jedoch 1815 durch die Deutsche
Bundesakte eine reichsunmittelbare Stellung. Am 1. 7. 1867 musste sie die
gesamte Postorganisation gegen 3 Millionen Taler an Preußen abtreten. 1899
erhielt sie den bayerischen Titel eines Herzogs
zu Wörth und Donaustauf. Sitz der fürstlichen Hauptlinie blieb Regensburg. 2000
erfolgte eine Verlegung von Sankt Emmeram in Regensburg nach Prüfening.
L.: Wolff 92; Zeumer 553 II b 58; Wallner 701 BurgRK 1; Großer Historischer
Weltatlas II 39 (1803) C3; Klein 161; Schulz 273; Lohner, B., Geschichte und
Rechtsverhältnisse des Fürstenhauses Thurn und Taxis, 1895; Ohmann, F., Die
Anfänge des Postwesens unter den Taxis, 1909; Hölzle, E., Der deutsche
Südwesten am Ende des alten Reiches, 1938; Herberhold, F., Das fürstliche Haus
Thurn und Taxis in Oberschwaben, (in) Zs. f. württemberg. LG. 13 (1954); Thurn
und Taxis-Studien, hg. v. Piendl, M., 1961ff.; Gollwitzer, H., Die
Standesherren, 2. A. 1964; Piendl, M., Thurn und Taxis 1517-1867, Archiv für
dt. Postgeschichte 1 (1967); Dallmeier, M., Quellen zur Geschichte des
europäischen Postwesens, 1977; Piendl, M., Das fürstliche Haus Thurn und Taxis,
1980; Behringer, W., Thurn und Taxis, 1990; Szabo, T., Taxis, LexMA 8 1996,
515f.; Reiser, R., Die Thurn und Taxis, 1998; Ruhnau, R., Die fürstlich Thurn
und Taxissche Privatgerichtsbarkeit, 1998; Schröck, R., Gloria von Thurn und
Taxis, 2003.
Tirol (Grafschaft, Bundesland). Das Einzugsgebiet von Lech, Inn, Drau und Etsch in den Alpen war zunächst von Kelten bewohnt. Seit 16/15 v. Chr. gliederten es die Römer den Provinzen Rätien, Noricum (östlich des Ziller) und Venetia et Histria ein. Später drangen Alemannen, Langobarden und Slawen ein, die aber im 6. bis 8. Jahrhundert von den Bayern verdrängt wurden. 788 kam das Gebiet bis Bozen und ins Pustertal mit Bayern an die Franken und wurde eingedeutscht. 952 schuf König Otto der Große die Mark Verona und unterstellte sie dem Herzog von Bayern, der sie 976 an das Herzogtum Kärnten verlor. Cadore fiel an das Hochstift Freising (973-1510), das Unterinntal an das Hochstift Regensburg. 1004/1027/1091 kamen die Grafschaften um den Brennerpass an die Hochstifte Brixen (oberes Eisacktal, Inntal, Pustertal, vorderes Zillertal) und Trient (Etschtal, Vinschgau, unteres Eisacktal). Die Bischöfe von Brixen und Trient galten im 13. Jahrhundert als Reichsfürsten, doch verloren sie zahlreiche Rechte an ihre Vögte. Von den miteinander konkurrierenden Adelsgeschlechtern der Grafen von Eppan, Andechs und T. (ab 1141) setzten sich die nach der Burg T. (ältester erhaltener Balken von 1106, Brand um 1300) bei Meran benannten, zunächst mit der Grafschaft im Vinschgau belehnten Grafen von T. durch und erlangten in der Mitte des 12. Jahrhunderts (um 1150) die Vogtei des Hochstifts Trient und damit seit dem 13. Jahrhundert allmählich Bozen, 1210 nach den Grafen von Andechs die Vogtei des Hochstifts Brixen sowie 1248 die Grafenrechte der Grafen bzw. Herzöge von Andechs-Meranien und nach 1250 der Grafen von Eppan. 1253 starben sie aus und vererbten über die Tochter Albrechts III. von T. die Grafschaft T. an die Grafen von Görz. Diese teilten 1267/1271 ihre Güter in eine Görzer und eine Tiroler Linie. In der Tiroler Linie sicherte Graf Meinhard II. (1249-1295) mit Gewalt, Geschick, Geld und Glück eine vergrößerte Grafschaft T. zwischen Ziller, Arlberg, Avisio und Mühlbacher Klause. 1363 gab Margarete Maultasch trotz je einer Heiratsverbindung mit den Luxemburgern und Wittelsbachern das vielerseits begehrte T., das seit 1330 als Reichslehen galt, an ihren Vetter Herzog Rudolf IV. von Österreich, der zugleich die Vogtei über das Hochstift Trient gewann. 1379 kam T., das durch Salzburg und Görz von den anderen habsburgischen Ländern getrennt war, an die leopoldinische Linie der Habsburger. 1373 wurde Primiero, 1396 Lodron, 1412 Valsugana und 1440 Arco gewonnen. Bereits 1379 bzw. von 1400 ab war Schloss Tirol Sitz einer Tiroler Nebenlinie Habsburgs. 1420 verlegte Herzog Friedrich IV. von Tirol bzw. Österreich die Residenz von Meran nach Innsbruck. König Maximilian (I.), der 1490 T. von der Seitenlinie zurückerlangt hatte, erwarb 1500 das Erbe der Grafen von Görz (vordere Grafschaft Görz, Osttirol), 1504/1505 von Bayern nach dem Landshuter Erbfolgekrieg die Landgerichte Kitzbühel, Kufstein und Rattenberg sowie 1509/1511 und 1521/1523 von Venedig Ampezzo, Ala, Mori, Riva und Rovereto. Seit dem 16. Jahrhundert wurde T. vielleicht wegen des Alters seiner Grafschaften als gefürstete Grafschaft bezeichnet. 1564 bildete sich erneut eine tirolische Linie des Hauses Habsburg, die 1648 das Elsass an Frankreich verlor und bis zu ihrem Aussterben 1665, bei dem das zum österreichischen Reichskreis zählende T. wieder an die Hauptlinie Österreich bzw. Habsburg zurückfiel, in Innsbruck, das 1669 eine gegenreformatorische Universität erhielt, residierte. Im 17. Jahrhundert gab der Bischof von Chur seine Leute im Vinschgau an T. ab. Tarasp blieb bei T. (1684 Fürsten von Dietrichstein). 1803 wurden die Hochstifte Trient und Brixen säkularisiert und mit T. vereinigt. 1805 fiel T. an Bayern. Nach dem erfolglosen, in Absprache mit Habsburg erfolgten Freiheitskampf Andreas Hofers gegen Bayern und Frankreich 1809 wurde T. geteilt, wobei der Norden bis Meran und Klausen an Bayern kam, der Süden an das Königreich Italien, der Osten (östliches Pustertal, Lienz) zu den illyrischen Provinzen. 1814 fiel ganz T. wieder an Österreich. 1815 erhielt es die ehemaligen Gerichte Salzburgs im Zillertal, Brixental und Iseltal (mit Windisch-Matrei) (Matrei in Osttirol), wurde 1919 aber wieder geteilt, wobei Nordtirol und Osttirol (Lienz) zum österreichischen Bundesland T. wurden, das zu 97 % deutschsprachige Südtirol bis zum Brenner dagegen an Italien kam. Von 1938 bis 1945 umfasste der Reichsgau Tirol auch Vorarlberg und seit 1943 Bozen, Trient und Belluno, der Reichsgau Kärnten auch Osttirol.
Tittmoning (Grafschaft). T. an der Salzach kam um
700 (Titamaninga) durch den Herzog von Bayern an
den Bischof von Salzburg. Im 13. Jahrhundert gehörte es zur Grafschaft T.
westlich der unteren Salzach. Nach dem Aussterben dieser mit den Grafen von
Peilstein verbundenen Familie (Grafen von Lebenau) 1227 fiel die Grafschaft an
das Erzstift Salzburg (endgültig 1254). Dieses kam 1803 an den Großherzog von
Toskana, 1805 an Österreich, 1809/1810 an Bayern. 1816 gelangte Salzburg an
Österreich zurück, T. blieb aber wie Waging, Laufen und Teisendorf bei Bayern.
L.: Wolff 133; Widmann, H., Geschichte Salzburgs, Bd. 1ff. 1907ff.; Martin, F.,
Tittmoning und Umgebung, 1922.
Tölz (Herren). 1182 erscheinen Herren von T.
(Tolnze) an der hier über die Isar führenden Salzstraße. Nach dem Aussterben
des Geschlechtes 1265 nahm der Herzog von Bayern
das Gebiet zu Lehen.
L.: Wolff 136; Westermayer, G., Chronik der Burg und des Marktes Tölz, 2. A.
1893.
Torgau (Grafschaft, Residenz des Markgrafen von
Meißen bzw. Herzogs von Sachsen). In T.
(„Marktort“) an der mittleren Elbe wird 973 wohl eine zur Sicherung des
Elbübergangs angelegte deutsche Burg (Turguo) erwähnt. Die zugehörige
Grafschaft T. gehörte seit dem Ausgreifen der Wettiner in die Niederlausitz zum
Herrschaftsbereich der Markgrafen von Meißen. 1485 kam T. zur ernestinischen,
1547 zur albertinischen Linie Sachsens. 1815 fiel es an Preußen (Provinz
Sachsen), über das es in Sachsen von 1949 bis 1990 zur Deutschen Demokratischen
Republik kam.
L.: Wolff 378; Urkundenbuch von Torgau, hg. v. Knabe, C., 1902; Henze, E.,
Geschichte der ehemaligen Kur- und Residenzstadt Torgau, 1925; Blaschke, K.,
Torgau, 1979; Blaschke, K., Torgau, LexMA 8 1996, 875; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 2,582.
Toskana (Markgrafschaft, Großherzogtum),
Toscana. Die ursprünglich etruskische T. zwischen Tiber, Apennin und Mittelmeer
wurde nach dem Zusammenbruch des weströmischen Reiches von den Ostgoten besetzt
und ging dann an die Langobarden (568-774) über. König Karl der Große fasste
nach seiner Eroberung die langobardischen Herzogtümer
Lucca, Chiusi und Florenz in der Markgrafschaft Tuszien mit Sitz in Lucca
zusammen. Sie kam nach 1000 an die Herren von Canossa. Seit dem späten 11.
Jahrhundert strebten die Städte nach Sebständigkeit (Florenz, Pisa, Lucca,
Siena u. a.). Kaiser Friedrich I. Barbarossa ließ 1162 durch Reinald von Dassel
als Legaten für Tuszien auf Grund der Markgrafenrechte eine neue Herrschaft
aufbauen, doch bildete sich bereits 1181 ein tuszischer Städtebund gegen ihn.
1197 wandten sich die Städte erneut gegen den König. Erst Kaiser Friedrich II.
vermochte die daraus sich ergebenden Unruhen zu beenden. Mit dem Tod des
Stauferkönigs Manfred (1266) begann dann der Übergang an Florenz (Medici). 1530
kam Florenz und damit die T. durch Kaiser Karl V. wieder unter die Herrschaft
des Reiches. Als der letzte Medici 1737 die Reichslehenszugehörigkeit Toskanas
bestritt, wurde T. 1738 an Franz I. von Lothringen übergeben. 1801 musste
Ferdinand III. T. abtreten. Er erhielt durch den Reichsdeputationshauptschluss
vom 25. 2. 1803 das Erzstift Salzburg, die Propstei Berchtesgaden, den jenseits
von Ilz und Inn auf österreichischer Seite gelegenen Teil des Hochstifts Passau
(mit Ausnahme der Ilzstadt und Innstadt) sowie die in den Bistümern Salzburg
und Passau gelegenen Kapitel, Abteien und Klöster. Dazu kam das Bistum
Eichstätt mit Ausnahme der Ämter Sandsee, Wernfels bzw. Spalt, Abenberg,
Arberg/Ornbau und Wahrberg (Vahrnberg) bzw. Herrieden, die an Bayern fielen.
1805 gelangten Salzburg und Berchtesgaden an Österreich und musste Ferdinand
III. Würzburg an Napoleon abtreten, womit die Reichszugehörigkeit endete. 1815
kam T. mit Piombino und Elba an Ferdinand III. zurück. 1860 wurde durch
Beschluss einer Landesversammlung Habsburg-Lothringen abgesetzt und T. dem
Königreich Italien (1861) einverleibt.
L.: Reumont, A. v., Geschichte Toskanas seit dem Ende des florentinischen
Freistaates, Bd. 1f. 1876f.; Schneider, F., Die Reichsverwaltung Toskanas, Bd.
1 1914; Luzzati, M., Firenze e la Toscana, 1986; Pesendorfer, F., Die
Habsburger in der Toskana, 1988; Weiquet, J., Le grand-duché de Toscane sous
les derniers Medicis, 1990; Etruria, Tuscia, Toscana, hg. v. Luzzati, M., 1992;
Luzzati, M., Toskana, LexMA 8 1996, 886.
Trachenberg, Drachenberg (Herrschaft, Fürstentum),
poln. Zmigrod. T. an der Bartsch in Niederschlesien wird erstmals 1155 erwähnt
(slawisches Dorf Zunigrod, Drachenburg, Otternburg). Mit Urkunde vom 15. 5.
1253 gründete Herzog Heinrich III. von Schlesien
eine Stadt nach deutschem Recht, die 1287 als Trachinburg erscheint. Über die
Herzöge von Breslau, Glogau (1290) und Oels (1312) kam die freie
Standesherrschaft beim Heimfall von Oels unter Abtrennung von Oels 1492 an die
Freiherren von Kurzbach, von 1592 bis 1635 an die 1174 erstmals als Scof
erwähnten Freiherren von Schaffgotsch und 1641 nach Konfiskation an die Grafen
von Hatzfeld, die 1741 in den preußischen Fürstenstand erhoben wurden. 1937
umfasste die Herrschaft, über die 1742 Preußen die Hoheit gewann, 15941 Hektar.
1945 fiel T. unter die Verwaltung Polens und gelangte damit 1990 als politische
Folge der deutschen Einheit an Polen. S. a. Hatzfeld-Trachenberg.
L.: Wolff 486; Trachenberg in Schlesien, 700 Jahre deutsche Stadt,
zusammengestellt v. Samulski, R., 1962; Der Kreis Militsch-Trachenberg an der
Bartsch, zusammengest. v. Glatz, W., 1965.
Traungau (Gau, Grafschaft). Vermutlich aus dem
Chiemgau stammt ein Adelsgeschlecht, das auf der um 972/985 erstmals genannten
Stirapurhc (Steyr) saß und wohl über die Grafen von Lambach Güter und
Grafschaftsrechte im T., Hausruck und an der Donau erlangte und damit das
mittlere Ennstal und das obere Trauntal in Händen hatte. Seit der Mitte des 11.
Jahrhunderts leitete es die Karantanische Mark, die 1180 zum Herzogtum Steiermark erhoben wurde. 1186/1192 fiel die
Steiermark nach dem Aussterben der Herzöge (Otakare) an die verwandten
Babenberger (Herzöge von Österreich). 1254 wurde der T. als Teil
Oberösterreichs mit dem Herzogtum Österreich
verbunden.
L.: Curs, O., Deutschlands Gaue im zehnten Jahrhundert, 1908, 22 (Trungovue,
Gau [zwischen Traun und Donau?], Ennsburg); Polenz, P. v., Landschafts- und
Bezirksnamen, 1961, 307, s. Trungouwe, II, 16, 24, Trungouwe, ‚Traungau‘.
Treffen (Herrschaft). Die Gegend von T. (878
Trebina) bei Villach in Kärnten war schon in keltisch-römischer Zeit besiedelt.
In karolingischer Zeit bestand dort Königsgut. Auf dieses gründete sich
vermutlich die Herrschaft T. Seit 1125 erscheinen Grafen von T. Vielleicht 1163
kam T. an Aquileja, 1361 an den Herzog von
Österreich.
L.: Kohla, F., Kärntens Burgen, 1953; Meyer, T. u. a., Besitz und Herrschaft im
Raum Treffen am Beispiel der Eppensteiner und ihrer Nachfolger, der Grafen von
Treffen, Carinthia I 199 (2009), 103.
Treviso (Stadtkommune). Nördlich von T. bestand
seit dem 1. Jahrhundert n. Chr. das alte Tarvisium. Es ist seit 396 als Sitz
eines Bischofs bezeugt und war spätestens 602 Mittelpunkt eines langobardischen
Herzogtums, spätestens seit 829 einer
fränkischen Grafschaft. Seit dem 12. Jahrhundert war T. freie, seit 1167 dem
Städtebund der Lombardei angeschlossene Kommune (1162 Konsuln). 1339 fiel es an
Venedig, 1797 mit diesem an Österreich und 1866 an das 1861 neu entstandene
Italien. S. Verona.
L.: Michieli, A., Storia di Treviso, 2. A. 1958; Furlanetto, A., Guido di
Treviso e la Marca Trevigiana, 1963; Castagnetti, A., La Marca
veronese-trevigniana, 1986; Sommerlechner, A., Stadt, Partei und Fürst, 1988;
Del Torre, G., Il Trevigiano, 1990; Storia di Treviso, hg. v. Rando, D. u. a.,
1991; Varanini,G., Treviso, LexMA 8 1996, 981f.; Gli acta comunitatis Tarvisii
del secolo XIII, hg. v. Michielin, A., 1998; Treviso e la sua civiltà
nell’Italia dei Comuni, 2010.
Trient (Hochstift, Residenz des Bischofs). An
der mittleren Etsch gründeten Räter oder Kelten eine Siedlung, die 24 v. Chr.
an die Römer überging (Tridentum) und von diesen im 2. Jahrhundert n. Chr. zur
colonia erhoben wurde. Seit dem 4. Jahrhundert (um 350) war sie Bischofssitz
(um 400 Bischof Vigilius, seit dem 5. Jahrhundert Suffragan von Aquileja).
Später wurde sie Mittelpunkt eines langobardischen Herzogtums
und einer fränkischen Grafschaft. 952 kam T. als Teil der Mark Verona an
Bayern. 1004/1027 entstand durch kaiserliche Übertragungen (1004 Grafschaft T.,
1027 Grafschaft Bozen [von der Grafschaft Norital abgetrennt], Grafschaft
Vinschgau) das reichsunmittelbare, über die Diözese ausgreifende Hochstift T.
Seine Vögte waren seit etwa 1150 die Grafen von Tirol, die im Norden des
Herrschaftsgebiets Güter an sich zogen und die Rechte der Grafen von Eppan
erlangten, seit 1363 (die Grafen von) Habsburg. Trotz erheblicher
Einschränkungen (seit dem 13. Jahrhundert allmählicher Verlust Bozens,
endgültig 1462/1531, seit etwa 1300 Grenze zu Tirol an der Einmündung des
Avisio in die Etsch) durch die Vögte und gewisser Verluste im Süden an Venedig
(4 Vikariate, Rovereto, Riva 1411, 1416, 1440) blieb das Hochstift bis 1803
selbständig. Um 1800 umfasste das Hochstift ein Gebiet von 75 Quadratmeilen und
hatte 155000 Einwohner. 1803 fiel es an Tirol und damit von 1805 bis 1809 an
Bayern und von 1810 bis 1813 an das Königreich Italien, 1814 an Österreich,
1919 mit Südtirol an Italien. Das Bistum war von 1772 bis 1825 exemt, bis es
Salzburg unterstellt wurde (1929 exemt).
L.: Wolff 46; Zeumer 552 II a 19; Wallner 714 ÖsterreichRK 2; Großer
Historischer Weltatlas II 48 (1300) D1, II 66 (1378) F5/6, II 78 (1450) G4, III
22 (1648) E5, III 38 (1789) D4; Die Territorien des Reichs 1, 86; Huber, A.,
Die Entstehung der weltlichen Territorien der Hochstifte von Trient und Brixen,
Archiv f. österr. Gesch. 63 (1882); Atz, K./Schatz, A., Der deutsche Anteil des
Bistums Trient, Bd. 1ff. 1902ff.; Voltelini, H. v., Die ältesten Statuten von
Trient, Archiv für Kunde österreichischer Geschichtsquellen 92 (1903), 83;
Voltelini, H., Das welsche Südtirol, 1919, Erläuterungen zum historischen Atlas
der österreichischen Alpenländer I 3; Cucchetti, G., Storia del Trentino, 1939;
Hochholzer, H., Das geschichtliche Raumgefüge Oberitaliens, 1956; Bertoldi, F.,
Vecchia Trento, 1958; Rinaudo, C., Atlante storico, 1959; Polenz, P. v.,
Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, IV, 18, Tridentinum; Kögl, J., La
sovranità dei vescovi di Trento e di Bressanone, 1964; Sayn-Wittgenstein, F.
Prinz zu, Südtirol und das Trentino, 2. A. 1965; Hootz, R., Südtirol, Trentino,
1973; Il Trentino nel Settecento fra Sacro Romano Impero e antichi stati
italiani, hg. v. Mozzarelli, C./Olmi, G., 1985; Riedmann, J., Trient, LexMA 8
1996, 989f.; Bellabarba, M., La giustizia ai confini, 1996; Petzold, M., Das
Pontifikat Erzbischof Boemunds II. von Trier (1354-1362); Santifaller, L., Das
Trientner Domkapitel, 2000; Curzel, E., I canonici e il Capitolo della
cattedrale di Trento, 2001; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich,
hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 619, 1, 2, 586; Storia del Trentino Bd. 3, hg.
v. Castagnetti, A. u. a., 2004; Lo Preiato, M., La costituzione politica della
città, 2009.
Troppau (Fürstentum, Herzogtum,
Residenz des Herzogs). T. an der Oppa in
Oberschlesien entstand im 11. Jahrhundert. Um 1200 trat im Zuge der deutschen
Ostsiedlung eine Stadt hinzu. Um 1269 übertrug König Ottokar II. von Böhmen
einem seiner natürlichen Söhne die sog. Troppauer Provinz um T. 1318 wurde
dieses zu Mähren zählende Oppaland selbständiges Fürstentum (Herzogtum) unter einer přemyslidischen
(przemyslidischen) Nebenlinie. Von 1336 bis 1365 stand es in Personalunion mit
dem Herzogtum Ratibor, womit der Anschluss an
Schlesien eingeleitet wurde. 1377 wurde es in die Fürstentümer Jägerndorf und
T. geteilt, wovon Jägerndorf 1384 an Oppeln fiel. 1460 kam T., das nunmehr zu
Schlesien gezählt wurde, durch Kauf an die Familie Podiebrad, 1485 durch Tausch
an Matthias Corvinus, von 1490 bis 1501 an dessen Sohn Johann, von 1501 bis
1511 durch Kauf an Sigismund von Polen und 1526 mit Böhmen unter die Oberhoheit
Habsburgs bzw. Österreichs. Von 1614 bis 1781 hatten es Herzöge aus dem Haus
Liechtenstein als Lehen Österreichs. 1742 kam es entlang der Oppa zur Teilung.
Der nördliche Teil fiel an Preußen, der südliche Teil bildete bis 1918 einen
Teil des Kronlands Schlesien Österreichs (Österreichisch-Schlesiens) und kam
1918/1919 an die Tschechoslowakei. Das Gebiet Preußens gelangte 1945/1990 an
Polen.
L.: Wolff 480, 488; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) I3; Biermann,
G., Geschichte der Herzogtümer Troppau und
Jägerndorf, 1874; Troppau. Schlesische Hauptstadt zwischen Völkern und Grenzen,
hg. v. Schremmer, E., 1984; Seidl, E., Das Troppauer Land, 1992; Menzel, J.,
Troppau, LexMA 8 1996, 1045; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen
Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 2, 590.
Türkenfeld (Herrschaft). Die Herrschaft T. im Herzogtum Bayern gehörte am Ende des 18. Jahrhunderts
den Grafen Fugger-Kirchheim und kam danach an Bayern.
L.: Wolff 205; Wallner 685 SchwäbRK 15 a (fälschlich zum schwäbischen
Reichskreis).
Turnhout (Herzogtum).
Das Herzogtum T. (Turnhout im Kempenland
erstmals 1021 erwähnt) gehörte am Ende des 18. Jahrhunderts über das Herzogtum Brabant Österreichs zum burgundischen
Reichskreis.
L.: Wolff 54; Wallner 710 BurgRK 1; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren,
2005, 2, 624.
Überlingen (Reichsstadt). Vielleicht schon am
Anfang des siebten Jahrhunderts, jedenfalls aber 770 erscheint Ü. (Iburingia)
am Nordrand des Bodensees im Linzgau als Sitz eines alemannischen Großen aus
dem Geschlecht der Udalrichinger. 918 fiel es an das Herzogtum
Schwaben. Um 1200 wurde Ü., das wohl von den Grafen von Bregenz in der Mitte
des 12. Jahrhunderts an die Grafen von Pfullendorf und um 1180 von den Grafen
von Pfullendorf an Kaiser Friedrich I. Barbarossa kam, zur Stadt erhoben.
1241/1268 war es Reichsstadt und gehörte später zur schwäbischen Städtebank des
Reichstags und zum schwäbischen Reichskreis. Bis zum Ende des Mittelalters
erwarb Ü. Güter in nahezu 100 Orten. Im späten 14. und frühen 15. Jahrhundert
erlangte Ü. pfandweise das Ammannamt und lehnweise den Blutbann sowie Münze und
Zoll. Am Ende des 18. Jahrhunderts umfasste sein etwa 4,6 Quadratmeilen großes
Gebiet die städtischen Vogteien Hohenbodman und Ramsberg, die spitalischen
Ämter Bambergen, Deisendorf, Denkingen, Ebratsweiler, Ernatsreute, Rickenbach
und Sohl, Bonndorf mit Mahlspüren, Nesselwangen, Seelfingen und Sernatingen.
1803 fiel Ü. an Baden und kam damit 1951/1952 zu Baden-Württemberg.
L.: Wolff 214; Zeumer 555 III b 11; Wallner 687 SchwäbRK 31; Großer
Historischer Weltatlas II 78 (1450) F4, III 22 (1648) D5, III 38 (1789) C4;
Schroeder 288ff.; Staiger, X., Die Stadt Überlingen, 1859; Schäfer, F.,
Wirtschafts- und Finanzgeschichte der Stadt Überlingen am Bodensee, 1893;
Hölzle, E., Der deutsche Südwesten am Ende des alten Reiches, 1938; Semler, A.,
Bilder aus der Geschichte einer kleinen Reichsstadt, 1949; Ginter, H.,
Überlingen am Bodensee, 1950; Semler, A., Abriss der Geschichte der Stadt
Überlingen, 1953; Harzendorf, F., Überlinger Einwohnerbuch 1444-1800, Bd. 1ff.
1954ff.; Eitel, P., Die oberschwäbischen Reichsstädte im Zeitalter der
Zunftherrschaft, 1970; Überlingen und der Linzgau am Bodensee, 1972; Zotz, T.,
Überlingen, LexMA 8 1996, 1147.
Uckermark (Landschaft, Verwaltungseinheit). Das
Gebiet zu beiden Seiten der Ucker bzw. Uecker (zu slaw. vikru, schnell) war
ursprünglich von slawischen Ukranen bewohnt. Um 1172 überließ es Herzog Heinrich der Löwe von Sachsen den Fürsten von
Pommern. Um 1230 brachten die Markgrafen von Brandenburg den Barnim und das
Flussgebiet der Finow unter ihre Herrschaft. 1250 trat ihnen der Herzog von Pommern das übrige Gebiet (terra Ukera) ab.
Seit dem 14. Jahrhundert wurde von U. gesprochen. Von 1354 bis 1472 fiel der
Nordteil um Pasewalk wieder an Pommern zurück. Über Brandenburg zählte die U.
zum obersächsischen Reichskreis. Sie blieb bis 1816 Verwaltungseinheit in
Preußen. 1950 wurde in der Deutschen Demokratischen Republik ein Teil der U.
mit Teilen Pommerns und Mecklenburgs im Kreis Strasburg (Straßburg) und in
Neubrandenburg vereinigt. 1990 wurden die 1952/1958 aufgelösten (str.) Länder
Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern wiederhergestellt.
L.: Wolff 388; Wallner 708 ObersächsRK 1; Bruhns-Wüstefeld, Die Uckermark in
slawischer Zeit, ihre Kolonisation und Germanisierung, 1919; Lippert, W.,
Geschichte der 110 Bauerndörfer in der nördlichen Uckermark, hg. v. Heinrich,
G., 1968; Historisches Ortslexikon von Brandenburg, hg. v. Enders, L., 1986;
Enders, L., Die Uckermark, 1992; Escher, F., Uckermark, LexMA 8 1996, 1172.
Ungarn (Land). Die von Donau und Theiß
durchflossene, von den Karpaten umschlossene Tiefebene wurde zunächst von
Illyrern, Jazygen, Thrakern und Kelten bewohnt. 29 v. Chr. besetzte der
römische Prinzeps Augustus Mösien, 11-8 v. Chr. Tiberius Pannonien. Nach
zwischenzeitlichem Zustrom von Germanen wurde das gesamte Gebiet am Ende des 4.
Jahrhunderts von den Hunnen erobert. An ihre Stelle traten bald wieder Germanen
und danach Awaren und Südslawen, die unter König Karl dem Großen in eine
gewisse Abhängigkeit vom fränkischen Reich kamen. In den Jahren nach 881
besetzten Magyaren (Ungarn) aus dem von ihnen spätestens seit dem 5.
Jahrhundert verwendeten Raum zwischen Ural, mittlerer Wolga und Kama die
gesamte Donauebene (895/896 Landnahme im Karpatenbecken). Unter dem sie einenden
Arpaden Geisa (Geza 970/972-997) als Großfürsten wurde das vielleicht 500000
Köpfe zählende Volk christianisiert. Geisas Sohn Wajk (Stephan der Heilige,
1001 König) heiratete die Tochter des Herzogs
von Bayern und begründete mit Hilfe Bayerns eine strenge Alleinherrschaft. 1001
wurde das Erzbistum Gran (Észtergom) eingerichtet. Die zwischen 1044 und 1100
entstandene Lehnshoheit des Kaisers wurde wieder abgeschüttelt. Im 12.
Jahrhundert wurden nacheinander Kroatien, Dalmatien, Galizien und weitere Gebiete
im Osten unterworfen. König Andreas III. heiratete Gertrud von Andechs-Meranien
und sicherte Siebenbürgen mit Hilfe des Deutschen Ordens und herbeigerufener
deutscher Bauern. König Bela IV. (1235-1270) nahm U. zum Schutz gegen die
Mongolen wieder vom Reich zu Lehen. Nach dem Aussterben der Arpaden (1301)
gewann Karl I. Robert von Anjou (1308) den Thron. 1358 wurde die Küste
Dalmatiens von Venedig erworben, 1370 Polen gewonnen (bis 1386). Ludwig der
Große vermählte seine Tochter mit dem Luxemburger Sigismund (1368-1437), den U.
nach schweren Kämpfen 1387 als König anerkannte. Er verlor 1396 an die Türken
die Walachei, Bosnien und Serbien, 1412 an Polen die Moldau und andere Gebiete.
Ihm folgte der mit seiner Tochter Elisabeth vermählte Habsburger Albrecht V.
(1437-1439), dann der nachgeborene Wladislaw (Ladislaus) I. Postumus
(1440-1457) und später der Sohn des zum Reichsverweser gewählten Johann
Hunyadi, Matthias Corvinus (1458-1490). Er gewann 1479 Mähren, Schlesien und
die Lausitz von Böhmen, 1485 Niederösterreich, Oststeiermark und Wien von
Österreich. Nach seinem Tod folgten auf Grund einer Gegenbewegung des Adels
Wladislaw II. (Ladislaus) von Böhmen und dessen Sohn Ludwig. Nach dessen
Niederlage bei Mohacs am 29. 8. 1526 gegen die Türken fiel U. östlich der Linie
Plattensee-Adria (Mitte und Süden) an das Osmanische Reich, im Übrigen auf
Grund Erbrechts und Wahl an Habsburg bzw. Österreich (Westen und Norden).
Gleichzeitig verselbständigte sich (im Osten) Siebenbürgen bis 1687. 1699 kam
ganz U. an Österreich. 1782 wurde Siebenbürgen mit U. vereinigt. Das 1804
errichtete Kaisertum Österreich schloss U. ein. Nach einem Aufstand 1849 wurde
U. einer harten Militärdiktatur unterworfen, die 1867 nach der Niederlage
Österreichs gegen Preußen (1866) durch einen Dualismus Österreich-Ungarn
abgelöst wurde. Am 11. 11. 1918 wurde U. Republik. 1945 verließ etwa die Hälfte
der (1941) 500000 in Ungarn lebenden Deutschen das Land.
L.: Timon, A., Ungarische Verfassungs- und Rechtsgeschichte, 2. A. 1909;
Szekfü, J., Der Staat Ungarn, 1918; Domanovsky, S., Geschichte Ungarns, 1923;
Hóman, B., Ungarns Mittelalter, Bd. 1f. 1940f.; Dokumentation der Vertreibung
der Deutschen aus Ostmitteleuropa Bd. 2: Das Schicksal der Deutschen in Ungarn,
1956; Polenz, P. v., Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, II, 51, Ungerland,
Landname, Ungarn, Pannonien; Bogyay, T., Grundzüge der Geschichte Ungarns,
1967; Die Geschichte Ungarns, hg. v. Planényi, E. (ins Deutsche übersetzt von
Alpári, T./Alpári, P.), 1971; Székely, A., Kleine ungarische Geschichte (ins
Deutsche übersetzt von Alpári, T./Alpári, P.), 1974; Halász, Z., Kurze
Geschichte Ungarns (ins Deutsche übersetzt von Köster, G.), 1974; Bogyay, T.
v., Grundzüge der Geschichte Ungarns, 3. A. 1977; Hoensch, J., Geschichte
Ungarns 1867-1983, 1984; Boshof, E., Das Reich und Ungarn in der Zeit der
Salier, Ostbairische Grenzmarken 28 (1986); Adrianyi, G., Beiträge zur
Kirchengeschichte Ungarns, 1986; Südosteuropa-Handbuch, Bd. 5, Ungarn, hg. v.
Grothusen, K., 1987; Die Geschichte Ungarns von den Anfängen bis zur Gegenwart,
hg. v. Hanák, P., 1988; Sugar, P./Hanak, P., History of Hungary, 1990; Hoensch,
J., Ungarn-Handbuch, 1991; Bak, J., Ungarn, LexMA 8 1996, 1224ff.; Fata, M.,
Ungarn, 2000; Molnár, M., A Concise History of Hungary, 2001; Krauss, K.,
Deutsche Auswanderer in Ungarn, 2003; Varga, G., Unganr und das reich, 2003;
Dalos, G., Ungarn, 2004; Borhy, L., Die Römer in Ungarn, 2014.
Urach (Grafen, Grafschaft, Herrschaft,
Residenz des Grafen bzw. ab 1495 Herzogs von
Württemberg). U. an der Elsach bei Reutlingen wird im 11. Jahrhundert erstmals
erwähnt. Es wurde um 1225 von den am Anfang des 12. Jahrhunderts erscheinenden
Grafen von U., die durch Heirat Eginos IV. mit Agnes von Zähringen die Güter
der 1218 ausgestorbenen Herzöge von Zähringen im Breisgau und Schwarzwald
erbten und sich auf dieser neuen Grundlage 1248 in die Linien (U.-)Freiburg und
Fürstenberg teilten, oder um 1265 von den Grafen von Württemberg, an die es
nach dem Aussterben der Linie Urach (1261) spätestens 1264 gelangte, bei einer
Burg planmäßig neu als Stadt angelegt. Von 1442 bis 1482/1484 war es Sitz der
Linie Württemberg-Urach. Über Württemberg kam U. (Bad Urach) 1951/1952 zu
Baden-Württemberg.
L.: Wolff 161; Beschreibung des Oberamtes Urach, 2. A. 1909; Schwenkel, H.,
Heimatbuch des Bezirks Urach, 1933; Büttner, H., Egino von Urach-Freiburg, der
Erbe der Zähringer, 1939; Bader, K., Der deutsche Südwesten in seiner territorialstaatlichen
Entwicklung, 2. unv. A. 1978; Lorenz, S., Urach, LexMA 8 1996, 1279f.;
Kittelberger, G., Urach, 1997; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen
Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 2, 600.
Uri (Kanton). Das seit dem 7. Jahrhundert
von Alemannen besiedelte Gebiet zwischen Sankt Gotthard und Vierwaldstätter See
war im 8. Jahrhundert, in dem U. 732 erstmals erwähnt wird, Herzogsgut, das durch die Karolinger Königsgut wurde.
853 gab König Ludwig der Deutsche Königsgut im Land an das Kloster Fraumünster
(Frauenmünster) in Zürich. Danach gehörte es zur Reichsvogtei Zürich, die seit
dem 10. Jahrhundert die Grafen von Lenzburg, seit 1173 die Herzöge von
Zähringen und von 1218 bis 1226 pfandweise die Grafen von Habsburg innehatten,
die danach aber an das Reich zurückkam. 1231 bestätigte König Heinrich (VII.)
die Reichsunmittelbarkeit (Reichsvögte Grafen von Rapperswil?), die 1274 auch
König Rudolf von Habsburg anerkannte, nachdem U. im Interregnum infolge seiner
Abgelegenheit tatsächlich weitgehende Selbständigkeit erlangt hatte. 1291
schloss sich U. mit Schwyz und Unterwalden gegen Habsburg im Bund der
Waldstätte zusammen. Seit 1335 ist kein Reichsvogt in U. mehr nachweisbar. 1359
kaufte U. die Güter des von den Grafen von Rapperswil begünstigten Klosters
Wettingen und löste danach auch die Rechte des Fraumünsters (Frauenmünsters) in
Zürich ab. Darüber hinaus dehnte es sich auf Kosten von Glarus, der Abtei
Engelberg und von Schwyz aus. 1410 nahm U. die Reichsvogtei Urseren in ein
ewiges Landrecht auf und errang so die Herrschaft über die seit dem 13.
Jahrhundert erschlossene Straße über den Sankt Gotthard. 1441 erlangte es von
Mailand das Pfand an der Leventina, 1479/1480 diese selbst. Zusammen mit
Unterwalden und Schwyz gewann U. Blenio, Riviera und Bellinzona. 1516 wurde in
der Eidgenossenschaft der südliche und westliche Teil des Tessins erworben.
1798 kam der katholisch gebliebene Kanton mit Schwyz und Unterwalden zum Kanton
Waldstätte der Helvetischen Republik, wurde aber 1803 mit rund 1075
Quadratkilometern wiederhergestellt. 1928 wurde die Landsgemeinde durch
Urwahlen ersetzt.
L.: Wolff 521; Großer Historischer Weltatlas II 72 (bis 1797) F3; Matt, L. v.
u. a., Uri, Basel 1946; Oechslin, M./Dahinden, H., Land am Gotthard, Zürich
1965; Innerschweiz und frühe Eidgenossenschaft, Bd. 2 1995; Hitz, F., Uri,
LexMA 8 1996, 1297.
Valkenburg (Grafschaft). Die Grafschaft V. gehörte
am Ende des 18. Jahrhunderts über das Herzogtum
Limburg zum burgundischen Reichskreis.
L.: Wolff 56.
Veen (Herrlichkeit). Die adlige Herrschaft
westlich Wesels mit der Freiheit Winnenthal gehörte zum Herzogtum Kleve (weselscher landrätlicher Kreis). Über Preußen
gelangte V. 1946 zu Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 317.
Veluwe (Grafschaft südlich der Zuidersee). Die
Grafschaft V. (zu fahl im Sinne von unfruchtbar) südlich der Zuidersee bzw. des
Ijsselmeeres gehörte zum Herzogtum Geldern, das
1377/1379 an Jülich kam, 1423 aber wieder selbständig wurde, bis es 1472/1473
an Burgund und damit später (1477) an Habsburg fiel. 1578/1579 löste sich der
größte Teil Gelderns von Habsburg bzw. Spanien und schloss sich den
Generalstaaten der Niederlande an.
L.: Wolff 68; Großer Historischer Weltatlas II 78 (1450) F3; Curs, O.,
Deutschlands Gaue im zehnten Jahrhundert, 1908, 22 (Uelue) südlich der
Zuidersee; Gysseling, M., Toponymisch Woordenboek, 1960, 1002; Polenz, P. v.,
Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, II, 45, 47, 96 Feluwa; Jappe Alberts, W.,
Geschiedenis van Gelderland, 1966; Bauer, T., Die mittelalterlichen Gaue, 2000
(Azewijn, Elten, Emmerich, Voorst?).
Venedig (Herzog,
Stadtstaat). Seit dem Einbruch der Langobarden in Oberitalien (568) entstanden
in dem in römischer Zeit als Venetia et Istria bezeichneten Gebiet innerhalb
vorgelagerter Lagunen am Nordende der Adria feste Siedlungen auf zunächst
auseinanderliegenden Inseln, die der Herrschaft von Byzanz unterfielen. Nach
der Beseitigung des Exarchats von Ravenna (751) verselbständigte sich der Ort
trotz Fortbestandes der byzantinischen Oberhoheit unter einem dux (Dogen). Bald
wurde er zum Haupthandelsplatz zwischen Ostrom und dem fränkischen Reich. Unter
Kaiser Otto dem Großen wurde eine gewisse Oberhoheit des Reiches anerkannt.
Otto III. verlieh dem Dogen Peter Orseolo II. den Titel dux Venetiae et
Dalmatiae bzw. dux Veneticorum et Dalmaticorum. In der zweiten Hälfte des 12.
Jahrhunderts begründete V., das eben den alten Namen Rialto (ripa alta, hohes
Ufer) abgelegt hatte, den Veroneser Bund gegen den Kaiser von 1164, doch
lenkten seine Auseinandersetzungen mit Byzanz es ab. 1338 könnten rund 160000
Einwohner die Lagunenorte bewohnt haben. 1339 begann nach dem Erwerb
zahlreicher Güter im Mittelmeer mit dem Gewinn der Mark Treviso die Bildung
eines festländischen Herrschaftsgebiets, das 1404/1405 über Padua, Vicenza,
Verona, Brescia und später fast bis Mailand, Cividale, Alpen, Adda und Po
reichte (Feltre, Belluno, Friaul). 1435 erklärte sich der Doge Francesco
Foscari bereit, die festländischen Erwerbungen, die altes Reichsgut waren, vom
Kaiser zu Lehen zu nehmen. Seit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts verlor
V., das zwecks Verhinderung der Verlandung 1488 die Umleitung der größten der
in die Lagune einmündenden Flüsse in die Adria beschloss, wichtige Positionen
im Mittelmeer (1462 Lesbos, 1470 Euböa, 1503 Lepanto, Koron, Navarino und
Ägina) und mit der Entdeckung des Seewegs nach Ostindien (1498) auch sein
Monopol im Südosthandel. Seit 1477 gewann es zwar Teile des Herzogtums Mailand und des Hochstifts Trient, erlitt
aber 1509 eine schwere Niederlage gegen Reich, Papst, Spanien und Frankreich
und verlor die neapolitanischen Häfen an Spanien, die Romagna an den Papst und
Riva, Rovereto und Ala an Österreich. 1510 annektierte es die 973 an das
Hochstift Freising gelangte Grafschaft Cadore im Osten der Dolomiten. 1566 kam
Naxos, 1570 Zypern (Cypern) und 1669 Kreta an die Türken. Seit dem 18.
Jahrhundert wurde V. zunehmend Protektorat Österreichs. 1797 besetzte
Frankreich V. Österreich erhielt das Gebiet östlich der Etsch und Dalmatien,
das übrige Land wurde der Zisalpinischen Republik und 1805 dem Königreich
Italien Frankreichs angegliedert, zu dem 1805 auch noch der östliche Teil und
Dalmatien kamen. 1809 wurden die Departements Passerino (Udine) und Istrien
(Capo d'Istria) mit Frankreichs Illyrischen Provinzen vereinigt. 1815 gelangten
Venedigs Gebiete zusammen mit der Lombardei als Lombardo-Venezianisches
Königreich an Österreich, das sie 1866 an das neue Königreich Italien (1861)
abtreten musste.
L.: Kretschmayr, H., Geschichte von Venedig, Bd. 1ff. 1905ff.; Romanin, S.,
Storia documentale di Venezia, Bd. 1ff. 2. A. 1912f.; Battistella, A., La
Repubblica di Venezia, 1921; Pölnitz, G. v., Venedig, 1951; Hochholzer, H., Das
geschichtliche Raumgefüge Oberitaliens, 1956; Storia di Venezia, hg. v. Centro
internaz. delle arti e del costume, 1957; Eickhoff, E., Venedig, Wien und die
Osmanen, 1970, 2. A. 1992, 3. A. 2008; Stato, società e giustizia, hg. v.
Cozzi, G., 1980; Cozzi, G., Repubblica di Venezia e stati italiani, 1982; Zorzi,
A., Venedig. Geschichte der Löwenrepublik, 1987; Fees, I., Reichtum und Macht
im mittelalterlichen Venedig, 1988; Ventura, P., Venedig. Geschichte einer
Stadt, 1988; Calimani, R., Die Kaufleute von Venedig. Die Geschichte der Juden
in der Löwenrepublik, 1988; Rösch, G., Der venezianische Adel bis zur
Schließung des großen Rats. Zur Genese einer Führungsschicht, 1989;
Castagnetti, A., Il Veneto, 1990; Storia di Venezia, Bd. 1ff. 1992ff.; Ortalli,
G., Venedig, LexMA 8 1996, 1459ff.; Venetien Istituto regionale per la storia
del movimento di liberazione nel Friuli-Venezia Giulia, Friuli e Venezia
Giulia, 1997; Heller, K., Venedig, 1999; Rösch, G., Venedig, 2000; Venice
Reconsidered, hg. v. Martin, J. u. a., 2000; Fees, I., Eine Stadt lernt
schreiben, 2002; Chauvard, J., La circulation des biens à Venise, 2005;
Landwehr, A:, Die Erschaffung Venedigs, 2007; Eickhoff, E., Venedig - spätes
Feuerwerk, 2006, 2. A. 2007; Dorigo, W., Venezia romanica, 2003; Mathieu, C.,
Inselstadt Venedig, 2007; Gottsmann, A., Venetien 1859-1866 (mit Karte);
Müller, R., Immigrazione e cittadinanza nella Venezia medievale, 2010 (rund
3630 Menschen von 1200 bis 1500); Crowley, R., Venedig erobert die Welt, 2011.
Vercelli (Stadtkommune). Bei dem von den Ligurern
an die Römer gelangten V. (Vercellae) an der Sesia wurden 101 v. Chr. die
Kimbern von den Römern geschlagen. Seit etwa 340 war der Ort Sitz eines
Bischofs, später Mittelpunkt eines Herzogtums
der Langobarden und einer fränkischen Grafschaft. Seit dem 12. Jahrhundert
(1141) sind consules in der durch Handel reich werdenden Stadt bezeugt. Nach
inneren Parteikämpfen fiel V. 1335 an die Visconti bzw. Mailand, 1427 an
Savoyen und kam über Sardinien mit diesem zum Königreich Italien (1861).
L.: Großer Historischer Weltatlas II 48 (1300) C2; Maragnoni, G., Vercelli,
1931; Brizio, A. M., Vercelli, 1935; Keller, H., Adelsherrschaft und städtische
Gesellschaft in Oberitalien, 1979; Ordano, R., Storia di Vercelli, 1982; Andenna,
G., Vercelli, LexMA 8 1996, 1495ff.; Libro delle investiture del comune di
Vercelli, hg. v. Degrandi, A., 2005; I Libri iurium duecenteschi del comune di
Vercelli, hg. v. Fissore, G., 2 1-2, 2009
Verden (Hochstift, Fürstentum, Herzogtum, Residenz des Bischofs). V. an der Aller
wird 810 erstmals als Ferdi (Furt) erwähnt. Vielleicht wurde um 785 oder etwas
später von König Karl dem Großen dort ein Bistum gegründet. 985 erhielt der
Mainz unterstellte und seit 849 nachweisbare Bischof die Grafenrechte im
Sturmigau und das Marktrecht und Münzrecht für V., das 1192 erstmals Stadt
genannt wird. Die erst im 12. Jahrhundert erkennbare Diözese reichte von V. bis
in die Altmark. Das im 12. und 13. Jahrhundert entstandene weltliche
Herrschaftsgebiet der seit dem Ende des 12. Jahrhunderts in Rotenburg
residierenden Bischöfe war sehr klein und umfasste an geschlossenem Gut nur V.,
einige Dörfer der Umgebung (1283/1288 Dörverden, Schneverdingen, Visselhövede,
Scheeßel, Freibann in Neuenkirchen und Hellwege) und die Herrschaft Rotenburg
an der Wümme. 1566 wurde das Bistum reformiert. Das Hochstift, das seit 1512
zum niederrheinisch-westfälischen Reichskreis gehörte, kam unter lutherische
Administration erst Braunschweig-Wolfenbüttels, später Dänemarks und Schwedens
(1632). 1648 fiel es als säkularisiertes, später mit Bremen verbundenes Herzogtum an Schweden, wurde 1712/1714 nach
hannoverscher Eroberung von Dänemark an Hannover verkauft und 1719 von Schweden
abgetreten. 1806 wurde es (mit 24 Quadratmeilen mit 20000 Einwohnern) von
Preußen besetzt, 1807 von Frankreich, das es 1810 annektierte. 1813/1815 kam es
wieder an Hannover und damit 1866 an Preußen und 1946 an Niedersachsen.
L.: Wolff 331f.; Zeumer 553 II b 23; Wallner 702 WestfälRK 10; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) E2, III 22 (1648) D2, III 38 (1789) C1;
Schnath, G./Lübbing, H./Engel, F., Niedersachsen, (in) Geschichte der deutschen
Länder, Bd. 1; Wichmann, F., Untersuchungen zur ältesten Geschichte des Bistums
Verden, Diss. phil. Göttingen 1905; Siedel, A., Untersuchungen über die
Entwicklung der Landeshoheit und der Landesgrenzen des ehemaligen Fürstbistums
Verden bis 1586, 1915; Müller, E., Die Entstehungsgeschichte der sächsischen
Bistümer unter Karl dem Großen, Diss. phil. Göttingen 1938; Engelke, B., Die
Grenzen und Gaue der älteren Diözese Verden, Niedersächs. Jb. f. LG. 21 (1948);
Der Landkreis Verden, hg. v. Seedorf, H., 1962; Drögereit, R., Dom und Bistum
Verden, 1970; Dom und Bistum Verden an der Aller. Ergebnisse neuer Forschung,
bearb. v. Stellmann, M., 1970; Der Landkreis Verden, bearb. v. Berner, F.,
1972; Geschichte Niedersachsens, hg. v. Patze, H., Bd. 1 1977; Nerger, K.,
Verden unter schwedischer Hoheit, 1986; Fiedler, B., Die Verwaltung der Herzogtümer Bremen und Verden in der Schwedenzeit
1652-1712, 1987; Vogtherr, D., Bistum und Hochstift Verden, (in) Geschichte des
Landes zwischen Elbe und Weser, Bd. 2 1995, 279; Schubert, E., Verden, LexMA 8
1996, 1499f.; Geschichte Niedersachsens, hg. v. Schubert, E., Bd. 2,1 1997;
Urkundenbuch der Bischöfe und des Domkapitels von Verden, Bd. 1f., hg. v.
Mindermann, A., 2001ff.; Immunität und Landesherrschaft, hg. v. Kappelhoff, B.
u. a., 2002; Drecktrah, V., Die Gerichtsbarkeit in den Herzogtümern
Bremen und Verden, 2002; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich,
hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 627, 1, 2, 607.
Verona (Markgrafschaft, Stadtkommune,
Stadtstaat). V. an der mittleren Etsch kam vielleicht von den Rätern 89 v. Chr.
an die Römer. Wahrscheinlich war es seit dem 3. Jahrhundert Sitz eines
Bischofs. Nach dem Sieg über Odoaker 489 errichtete in dem deutsch Bern
genannten Ort Theoderich der Große (Dietrich von Bern) seine Residenz. Unter
den Langobarden war Verona Sitz des Königs Alboin, ab 572 eines langobardischen
Herzogs, ab 774 eines fränkischen Grafen. 952
trennte König Otto I. zur Sicherung des Brennerübergangs das Gebiet an der
Etsch als Mark Verona vom Reich Berengars von Ivrea ab und belehnte damit den Herzog von Bayern. 976 kam diese Mark zum neuen Herzogtum Kärnten, war aber seit dem Aussterben der
Eppenstein (Eppensteiner) 1122 nur noch durch Personalunion mit ihm verbunden,
wurde später als Mark Treviso bezeichnet und verlor im Interregnum (1254-1273)
ihre sachliche Bedeutung. Am Anfang des 12. Jahrhunderts erlangte die Stadt
Selbständigkeit (1136 Konsuln). 1164/1167 war sie maßgeblich an der Gründung
des lombardischen Städtebunds beteiligt. 1193 erwarb sie Garda und erweiterte
damit ihr Herrschaftsgebiet erheblich. Nach einer Blütezeit unter Ezzelino da
Romano (1222-1259, 1254 rund 30000 Einwohner) und den della Scala (Scaliger
1262-1387, 1263 Signorie) fiel V. 1387/1389 an die Visconti von Mailand und 1405
an Venedig. Mit Venetien kam es 1797 an Österreich, 1805 zum Königreich Italien
Frankreichs, 1814 wieder an Österreich und 1866 mit Venetien an das neue
Königreich Italien (1861).
L.: Großer Historischer Weltatlas II 18 (919-1056) G4, 66 (1378) F6; Cipolla,
C., La storia politica di Verona, Verona 1954; Verona e il suo territorio, hg.
v. Istituto per gli studi storici veronesi, 1960ff.; Mor, C. G., Verona e il
suo territorio, 1964; Cipolla, C., Compendio della storia politica di Verona,
1976; Castagnetti, A., La Marca veronese-trevigniana, 1986; Varanini, G.,
Verona, LexMA 8 1996, 1546ff.
Vicenza (Stadtkommune). V. am Bacchiglione wurde
49 n. Chr. römisches Munizipium (Vicetia). Im 6. Jahrhundert wurde es Sitz
eines Bischofs und eines langobardischen Herzogs
(568/569), nach 774 eines fränkischen Grafen. Seit 952 gehörte es der Mark
Verona an. Stadtherr wurde der Bischof. Im 12. Jahrhundert entwickelte sich V.
zur freien Gemeinde (1147 consules). 1167 schloss es sich dem Städtebund der
Lombardei (Lombardenbund) an. 1236 und 1311 wurde es von Verona erobert und kam
dann 1404 mit Verona zu Venedig, 1797 an Österreich, 1805 an das Königreich
Italien Frankreichs, 1814 wieder an Österreich und 1866 mit Venetien zum neuen
Königreich Italien (1861).
L.: Großer Historischer Weltatlas II 48 (1300) D2; Rumor, S., Bibliografica
storia della città e provincia di Vicenza, Bd. 1f. 1916ff.; Mori, C., Vicenza e
la sua provincia, 1932; Bognetti, G. u. a., Vicenza nell'alto Medio Evo, 1959;
Storia di Vicenza, hg. v. Cracco, G., Bd. 2 1988; Varanini, G., Vicenza, LexMA
8 1996, 1624f.
Voerde (Herrlichkeit). Die adlige Herrlichkeit
V. südlich von Wesel gehörte zum Herzogtum Kleve
(weselscher landrätlicher Kreis).
L.: Wolff 317.
Volterra (Stadtkommune). Im 7./6. Jh. v. Chr.
entstand das etruskische Velathri, das später zum römischen Volaterrae wurde.
Seit der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts hatte dort ein Bischof seinen Sitz.
Nach 774 n. Chr. wurde es Sitz eines Grafen. Im 11. und 12. Jahrhundert erhielt
V. zahlreiche kaiserliche Privilegien und erlangte im 13. Jahrhundert die
Freiheit von der Stadtherrschaft des Bischofs. 1361, endgültig 1472, fiel es an
Florenz, das als Herzogtum 1737 an Österreich,
1801 zum Königreich Etrurien Frankreichs, 1808 zu Frankreich, 1814 an Österreich
und schließlich 1859 zu Sardinien bzw. (1861) zu Italien kam.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 48 (um 1300) D3; Fiumi, E., Statuti di
Volterra, 1951; Ferrini, P., Volterra, 1954; Volpe, G., Toscana medievale,
1964; Luzzati, M., Volterra, LexMA 8 1996, 1844.
Vorarlberg (Landvogtei, Bundesland). Das Gebiet
zwischen Bodensee und Arlberg wurde 15 v. Chr. von den Römern unterworfen und
der Provinz Raetia eingegliedert. Seit 500 wurde es von Alemannen beherrscht
und kam 536 zum fränkischen Reich (um 610 Christianisierung), 843 zu dessen
ostfränkischem Teil. Seit 917 war Bregenz Sitz der mit Grafenrechten begabten
Udalrichinger. 1160 ging das Erbe der ausgestorbenen Udalrichinger an die
Grafen von Pfullendorf und Pfalzgrafen von Tübingen über, deren einer Zweig
sich nach der um 1200 erbauten Burg Montfort Grafen von Montfort nannte.
1258/1260 spaltete er sich in die Linien Montfort und Werdenberg. Sie lösten
sich mit Bludenz (Werdenberg), Bregenz und Feldkirch (Montfort) vom Herzogtum Schwaben. 1363 gewannen die Habsburger die
reichsritterschaftliche Herrschaft Neuburg. 1375/1379/1390 erwarb Herzog Leopold III. von Österreich die Herrschaft
Feldkirch, 1394/1418/1420 die Grafschaft Bludenz mit dem Tal Montafon,
1473/1474 Erzherzog Sigmund von Tirol von dem Truchsess von Waldburg die 1463
zur Reichsgrafschaft erhobene Herrschaft Sonnenberg mit Nüziders, 1451/1523
Erzherzog Sigmund von Tirol bzw. Ferdinand I. je eine Hälfte der Grafschaft
Bregenz. Damit war seit dem ausgehenden 15. Jahrhundert die Landesbildung
weitgehend abgeschlossen. Kaiser Maximilian I. unterstellte diese Erwerbungen
(bis 1752 und nach 1782 [, dazwischen Freiburg im Breisgau]) der Verwaltung der
Regierung in Innsbruck. 1765 erwarb Österreich die Grafschaft Hohenems der 1560
zu Reichsgrafen aufgestiegenen Ritter von Ems (Hohenems) und erlangte auch das
politische Protektorat über deren 1719 an Liechtenstein veräußerte
reichsunmittelbare Herrschaft Vaduz und Schellenberg. (Erzherzogin) Maria
Theresia fasste sämtliche Herrschaften mit 78000 Einwohnern unter der neuen
Landvogtei V., zu der 1780 noch Tettnang kam, zusammen. 1782 wurde sie von
Vorderösterreich gelöst und Tirol angegliedert. 1804 kam noch die Herrschaft
Blumenegg, welche die Grafen von Montfort an die Grafen von Sulz und diese an
das Kloster Weingarten gegeben hatten, hinzu. Von 1805/1806 bis 1816 fiel V. an
Bayern, kam dann aber bis auf die Westallgäuer Teile (jedoch mit Vils) an
Österreich zurück. 1861 erhielt V. einen eigenen Landtag. Nach 1918 verblieb V.
bei Österreich, obwohl sich am 11. 5. 1919 80 Prozent der Bevölkerung für einen
Anschluss an die Schweiz aussprachen. Immerhin wurde V. aber von Tirol gelöst
und als Bundesland verselbständigt. Dieses erhielt am 17. 9. 1923 eine
Verfassung. Von 1938 bis 1945 war V. ein Teil des Reichsgaues Tirol.
L.: Wolff 38; Großer Historischer Weltatlas III 38 (1789) C4; Lechner, K.,
Vorarlberg, (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Quellen zur Geschichte
Vorarlbergs und Liechtensteins, hg. v. Helbok, A., Bd. 1 1920ff.; Helbok, A.,
Geschichte Vorarlbergs, 1925; Schwarz, A., Heimatkunde von Vorarlberg, 1948;
Stolz, O., Verfassungsgeschichte des Landes Vorarlberg, Montfort 78 (1950);
Bilgeri, B., Geschichte Vorarlbergs, Bd. 1-4,1 2. A. 1971ff.; Burmeister, K.,
Grundlinien der Rechtsgeschichte Vorarlbergs, Montfort 39 (1987); Bilgeri, B.,
Geschichte Vorarlbergs, Bd. 2, Bayern, Habsburg, Schweiz - Selbstbehauptung,
1987; Niederstätter, A., Beiträge zur Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte
Vorarlbergs (14.-16. Jh.), Montfort 39 (1987); Held, H., Vorarlberg und
Liechtenstein, 1988; Burmeister, K., Geschichte Vorarlbergs, 4. A. 1998;
Burmeister, K., Vorarlberg, LexMA 8 1996, 1846; Die Integration in den modernen
Staat, hg. v. Hoffmann, C. u. a., 2007; Nachbaur, U., Vorarlberger
Territorialfragen 1945 bis 1948, 2007; Niederstätter, A., Herrschaftliche
Raumorganisation im nachmaligen Vorarlberg während des Mittelalters (in)
Montfort 61 (2009), 231.
Vorderösterreich (Herrschaftsgruppe, Güterkomplex). Zu
dem ursprünglichen Hausgut der Grafen von Habsburg (in der Schweiz und) im
Elsass erwarben die Habsburger, von denen sich schon (König) Rudolf I. um eine
Erneuerung des 1268 erloschenen Herzogtums
Schwaben bemüht hatte, 1368 Freiburg im Breisgau und die Landgrafschaft
Breisgau, 1381 die Landvogtei in Schwaben und die Gebiete der Grafen von
Hohenberg, 1398 Sargans, 1403 von Habsburg-Laufenburg Laufenburg und Säckingen,
1504/1505 die Landvogtei Hagenau im Elsass (1551/1556/1771) und die Ortenau
(1551/1556) sowie verschiedene 1369 an Wittelsbach verlorene Gebiete. 1379
fielen diese Güter an die leopoldinische Linie Habsburgs (bis 1490). Seit dem
15. Jahrhundert (1444) kam für sie der Name vordere Lande (vor dem Arlberg)
auf, später die Bezeichnung V. Bis 1499 gingen die südwestlichen Güter an die
Eidgenossenschaft der Schweiz verloren. Seit 1536 wurden aus dem Elsass die
Landgrafschaft Oberelsass mit Sitz in Ensisheim und die Reichslandvogtei im
Elsass mit der Schutzvogtei über 40 Reichsdörfer und die elsässischen
Reichsstädte außer Straßburg, aus dem Breisgau die Grafschaft Hauenstein und
Herrschaft Laufenburg sowie die Herrschaften Kastelberg und Schwarzenberg,
Kürnberg (Kirnberg), Rheinfelden und Triberg, aus Schwäbisch-Österreich die
Markgrafschaft Burgau, die Reichsgrafschaft Hohenberg, die Landgrafschaft
Nellenburg (Stockach) und die Landvogtei in Oberschwaben und Niederschwaben,
die Stadt Konstanz (1548), aus Vorarlberg die Herrschaft Hohenems (1765) und
die Grafschaft Feldkirch sowie von sonstigen Gütern die Landvogtei Ortenau
(Offenburg), die Reichsgrafschaft Tettnang (1780) mit der Herrschaft Argen und
Wasserburg und die Reichsgrafschaft Falkenstein in der Pfalz (1745/1765) sowie
Lindau (1804) und Rothenfels (1804) als V. bezeichnet. Dieses gehörte
größtenteils dem österreichischen Reichskreis an. Von 1564 bis 1665 standen die
Güter innerhalb Habsburgs der Tiroler Linie zu. 1648 gingen das Gebiet im
Elsass und Breisach an Frankreich über, 1679 auch Freiburg im Breisgau. 1697
kamen Breisach und Freiburg im Breisgau zurück. Zuletzt umfasste V. 9000 bzw.
25000 Quadratkilometer mit 400000 bzw. 670000 Einwohnern und 161000 Gulden
Einkünften. Die Verwaltung erfolgte zunächst in Innsbruck und für Elsass und
Breisgau in Ensisheim (seit 1651 Freiburg im Breisgau), seit 1752/1759 in
Freiburg im Breisgau, seit 1782 aber wieder (für Vorarlberg) in Innsbruck. 1803
musste der Breisgau an den Herzog von Modena
abgetreten werden. 1804 kam er, verkleinert um das an die Schweiz gefallene
Fricktal, an seinen Schwiegersohn Ferdinand von Österreich-Este. 1805 fielen
Breisgau und Ortenau an Baden, die übrigen Teile Vorderösterreichs an
Württemberg (, Hohenzollern) und Bayern, die auch die 1804 erworbenen Gebiete
von Lindau und die Reichsgrafschaft Königsegg-Rothenfels erhielten. 1810
tauschten Baden, Württemberg und Bayern untereinander Gebiete aus. 1814/1816
fiel Vorarlberg außer einigen Teilen der Reichsgrafschaft Bregenz und Hohenems
an Österreich zurück.
L.: Wolff 40; Großer Historischer Weltatlas III 22 (1648) D5; Haselier, G., Die
Oberrheinlande, (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Die Territorien
des Reichs 4, 256; Hölzle, E., Der deutsche Südwesten am Ende des alten
Reiches, 1938; Stolz, O., Geschichtliche Beschreibung der ober- und
vorderösterreichischen Länder, 1943; Feine, H., Die Territorialbildung der
Habsburger im deutschen Südwesten, ZRG GA 67 (1950); Bader, K., Der deutsche
Südwesten in seiner territorialstaatlichen Entwicklung, 2. unv. A. 1978;
Vorderösterreich, hg. v. Metz, F., 1959, 3. A. 1978, 4. A. 2000;
Vorderösterreich in der frühen Neuzeit, hg. v. Maier, H./Press, V., 1989;
Speck, D., Die vorderösterreichischen Landstände im 15. und 16. Jahrhundert,
1989; Baum, W., Die Habsburger in den Vorlanden, 1993; Scheibelreiter, G.,
Vorderösterreich, LexMA 8 1996, 1848; Vorderösterreichische Regierung und
Kammer 1753-1805, Bd. 1ff. 1998ff.; Die Habsburger im deutschen Südwesten, hg.
v. Quarthal, F. u. a., 1999; Vorderösterreich am oberen Neckar und oberer
Donau, hg. v. Zekorn, A. u. a. 2002; Vorderösterreichisches Appellationsgericht
und vorderösterreichische Landrechte, bearb. v. Steuer, P. u. a., 2012.
Waldburg (Herren, Truchsessen, Grafen), Truchsess
von Waldburg. Die Burg W. (1152 Walpurch) östlich von Ravensburg auf der
höchsten Erhebung Oberschwabens war seit der Mitte des 12. Jahrhunderts in den
Händen eines welfischen, später staufischen Ministerialengeschlechts, das um
1210 ausstarb. Ihnen folgten wohl spätestens 1214 im Amt und in den Gütern die
1179 erstmals erwähnten Herren von Tanne an der schwäbischen Ach bei Wolfegg,
die sich seit 1219 nach dem Lehen W. nannten und zunächst Schenken des Herzogtums Schwaben gewesen waren. Sie waren
Ministeriale der Staufer, die ihnen 1214 das Amt des Reichstruchsessen
übertrugen. Im Laufe der Zeit erwarben die zu Reichsministerialen
aufgestiegenen W. ein ansehnliches Herrschaftsgebiet (um 1200 Wolfegg, um 1240
Waldsee, 1306 Stadt Isny und Herrschaft Trauchburg, 1337 Herrschaft Zeil, von
1384/1386 bis 1680 Pfandschaft der sog. 5 Donaustädte, 1386 Pfand der
Herrschaft Waldsee, 1387 der Herrschaft Bussen, 1401-1695 der Herrschaft
Kallenberg, 1415-1416 Landvogtei in Oberschwaben, 1452 Friedberg-Scheer [bis
1786], 1455-1474 Grafschaft Sonnenberg). Seit 1429 zerfiel die Familie in
mehrere Linien. Die jakobische (Trauchburger) Linie mit Trauchburg und später
auch Scheer erlosch 1772, die eberhardische (Sonnenberger) Linie mit Scheer und
Wolfegg wurde 1463 mit der Grafschaft Sonnenberg in den Grafenstand erhoben und
erlosch 1511. Die georgische (Zeiler) Linie mit Zeil erlangte 1508 von der
eberhardischen Linie Wolfegg und teilte sich 1595 in die Linien
Waldburg-Wolfegg (Wolfegg) und Waldburg-Zeil (Zeil). Hiervon spaltete sich
Waldburg-Wolfegg 1672 in Waldburg-Wolfegg-Wolfegg (1798 erloschen) und
Waldburg-Wolfegg-Waldsee, Waldburg-Zeil 1674 in Waldburg-Zeil-Zeil und
Waldburg-Zeil-Wurzach (1903 erloschen). 1525 wurden die Truchsessen als
Anhänger Habsburgs zu Reichserbtruchsessen und 1628 in den Linien
Waldburg-Wolfegg (Waldburg-Wolfegg-Waldsee), Waldburg-Zeil und
Waldburg-Friedberg-Scheer (Waldburg-Wurzach) wegen der reichsständischen
Territorien Wolfegg, Zeil, Trauchburg und Friedberg-Scheer zu Reichsgrafen im
schwäbischen Reichsgrafenkollegium erhoben. Ihr Herrschaftsgebiet, für das der
Verlust der Donaustädte (1680) und Friedberg-Scheers (1786) durch den Gewinn
kleinerer Herrschaften im Allgäu ausgeglichen wurde, umfasste 475 Quadratkilometer
mit 28000 Einwohnern. 1803 wurden die Linien Waldburg-Wolfegg-Waldsee und
Waldburg-Zeil-Zeil zu Reichsfürsten erhoben. 1806 wurde bei der Gründung des
Rheinbunds ihr zum schwäbischen Reichskreis zählendes Fürstentum mit rund 750
Quadratkilometern unter Baden, Württemberg und Bayern aufgeteilt.
L.: Wolff 198; Zeumer 553 II b 61, 9; Wallner 685 SchwäbRK 12; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) E5, III 22 (1648) D/E5, III 38 (1789) C4;
Vochezer, J., Geschichte des fürstlichen Hauses Waldburg in Schwaben, Bd. 1ff.
1888ff.; Hölzle, E., Der deutsche Südwesten am Ende des alten Reiches, 1938;
Rauh, R., Das Hausrecht der Reichserbtruchsessen von Waldburg, Bd. 1 1971; Der
Kreis Ravensburg 1976; Handbuch der baden-württembergischen Geschichte, Bd. 2,
1995, 350.
Waldkirch (Reichskloster). Zwischen 918 und 926
gründete Herzog Burchard I. von Schwaben im
Elztal auf altem alemannischem Herzogsgut das
adlige Frauenkloster Sankt Margarethen in W. Dieses wurde Reichskloster und
hatte seit 994 das Recht der freien Vogtwahl. Bis 1212 waren die Herren von
Schwarzenberg Vögte, dann die ihren Namen übernehmenden Herren von
Schnabelburg-Eschenbach. Sie entzogen bis 1431 dem Kloster die Güter fast gänzlich.
1459 starben sie aus. Ihre Güter kamen über die Rechberg und Ehingen 1567 an
Österreich.
L.: Wolff 41; Hummel, P., Historisch-politische und kirchliche Beschreibung des
Amtsbezirks Waldkirch, 1878; Jörger, F., Aus Waldkirchs Vergangenheit und
Gegenwart, 1936; Rambach, H., Waldkirch und das Elztal, Geschichte in Daten,
Bildern und Dokumenten, o. J.; Rambach, H., Die Stadtgründungen der Herren von
Schwarzenberg. Waldkirch und Elzach, 1976; Rambach, H., Waldkirch, 1992;
Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 2, 653.
Wallenstein (Reichsfürst). 1617 wurde Albrecht von
W., der vom Angehörigen eines kleineren alten böhmischen Adelshauses
(Waldstein) zum kaiserlichen Heerführer aufstieg, Reichsgraf, 1623 Reichsfürst.
Seine Güter wurden 1624 zu dem Fürstentum Friedland in Böhmen zusammengefasst,
dessen erblicher Herzog er 1625 wurde. 1627
erhielt er das Herzogtum Sagan, 1627/1629 das
unmittelbare Reichslehen Mecklenburg. Nach seinem Sturz und der Ermordung am
25. 2. 1634 blieben seine Familienangehörigen Grafen von Waldstein und fanden
1654 im schwäbischen Reichsgrafenkollegium Aufnahme.
L.: Klein 150.
Wartenberg (Grafen). 1602 erhielten die Nachkommen
des Bruders Ferdinand des Herzogs Wilhelm V. von
Bayern und der Münchener Beamtentochter Maria Pettenbeck den Titel Grafen von
W. nach dem 1045 beim Aussterben der Grafen von Ebersberg von den
Wittelsbachern (Bayern) erlangten W. bei Erding. 1736 erlosch die Linie.
L.: Im Zeichen des Pferdes. Ein Buch vom Landkreis Erding, 1963.
Wartenberg (Herrschaft, freie Herrschaft). Die
freie Standesherrschaft W. in Niederschlesien mit den Städten W. und Bralin
gehörte ursprünglich zum Fürstentum Oels, wurde aber nach dem Aussterben der
Fürsten durch Verkauf 1492 seitens Böhmens verselbständigt. 1606 erwarb sie der
Burggraf zu Dohna, 1734 Herzog Biron von
Kurland. Sie umfasste 8 Quadratmeilen. 1945/1990 gelangte Groß Wartenberg
(Deutsch-Wartenberg) zu Polen.
L.: Wolff 478.
Wees (Herrlichkeit). Die adlige Herrlichkeit
W. gehörte zum Herzogtum Kleve (klevescher
landrätlicher Kreis). S. Weeze.
L.: Wolff 317.
Weeze (Herrlichkeit, Wees). Die adlige
Herrlichkeit W. gehörte zum Herzogtum Kleve
(klevescher landrätlicher Kreis).
L.: Wolff 317.
Weimar (Grafen, Fürstentum, Residenz des
Markgrafen von Meißen bzw. des Herzogs von
Sachsen). Die Burg W. an der Ilm ist erstmals (899 Viugmara? oder) 975 erwähnt.
Sie war Sitz von nach ihr benannten Grafen im Dreieck zwischen Ilm und Saale,
die 949 im Thüringgau erschienen, 1043 die Pfalzgrafschaft in Sachsen, 1046 die
Mark Meißen und das Osterland erhielten und auch die Markgrafschaft in Krain
verwalteten. Sie starben 1112 in männlicher Linie aus. Ihnen folgten über die
Erbtochter Adelheid die askanischen Grafen von Orlamünde, die nach 1247 die
inzwischen durch Heirat um Güter der Grafen von Andechs erweiterten Güter
teilten (osterländische Linie um Orlamünde, thüringische Linie um Weimar,
Rudolstadt und Kulmbach) und ihrerseits 1373 ausstarben. Damit kam W. (1346) an
das Haus Wettin und wurde 1382 Sitz einer Linie. Seit 1485 gehörte es zur
ernestinischen Linie und wurde 1552 wieder Residenz. Das Fürstentum bestand aus
Stadt und Amt W., den Ämtern Oberweimar, Kromsdorf (Kramsdorf), Berka an der
Ilm, Rossla, Brembach und Hardisleben, Kapellendorf, Heusdorf (Häußdorf),
Dornburg, Bürgel und Oldisleben, den adligen Pflegen Denstedt, Schwerstedt,
Neumark, Synderstedt, dem Amt Apolda und den Gerichten Buttelstedt, Bösleben
(Bößleben), Tannroda, Flurstedt (Fluhrstedt), Graitschen (Groitschen),
Wormstedt, Oßmannstedt (Ossmanstedt, Osmanstedt), Guthmannshausen, Stedten,
Wallichen (Walichen), Tromlitz und Mechelroda (Michelroda). Um 1775 zählte die
Stadt W. etwa 6000 Einwohner. 1920 kam W. zu Thüringen. S. Orlamünde,
Sachsen-Weimar, Sachsen-Weimar-Eisenach.
L.: Wolff 396; Tille, A., Die Anfänge der Stadt Weimar, FS Dobenecker, O.,
1929; Schneider, F./Tille, A., Einführung in die Geschichte Thüringens, 1931;
Beiträge zur Geschichte der Stadt Weimar, hg. v. Fink, F., Bd. 1ff. 1931ff.;
Neue Beiträge zur Geschichte der Stadt Weimar, hg. v. Fink, F., Bd. 1f.
1934ff.; Tille, A., Die Anfänge der Stadt Weimar und die Grafen von Weimar und
Orlamünde, 1939; Geschichte der Stadt Weimar, hg. v. Günther, G./Wallraf, L.,
2. A. 1976; Bibliographie zur Geschichte der Stadt Weimar, hg. v. Günter,
G./Wallraf, L., 1982; Gräbner, K., Die großherzogliche Haupt- und Residenzstadt
Weimar, 1988; Pretzsch, A./Hecht, W., Das alte Weimar skizziert und zitiert, 4.
A. 1990; Lange, P., Zur Geschichte der Grafschaft Weimar-Orlamünde, (in)
Thüringen im Mittelalter, 1995, 183; Bünz, E., Weimar, LexMA 8 1996, 2115f.;
Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W.,
2003, 1, 2, 615.
Welfen (Geschlecht). Die W. sind ein
fränkisches (bayerisches, Wurzeln am Lech aufweisendes?, schwäbisches?), in
karolingischer Zeit um Maas und Mosel bzw. Metz begütertes, seit dem 12.
Jahrhundert als W. bezeichnetes Adelsgeschlecht, das seit der Mitte des 8.
Jahrhunderts nördlich des Bodensees um Altdorf/Weingarten Güter erlangte. Mit
Graf Welf I. († 820/825) beginnt die gesicherte Stammreihe des bald in
verschiedene (westfränkische [bis 887/888], burgundische, alemannische) Linien
aufgeteilten Geschlechts. Seine Tochter Judith († 843) war mit Kaiser Ludwig
dem Frommen, seine Tochter Emma († 876) mit König Ludwig dem Deutschen
verheiratet. Von seinem Sohn Konrad († 863) stammen über Konrad den Jüngeren
die burgundische, 1032 ausgestorbene Linie der Rudolfinger, die 888 die
Herrschaft über das Königreich Burgund (Hochburgund) erlangte, und über Welf
II. die schwäbische Linie ab, die seit König Konrad I. umfangreiche
Allodialgüter und Lehnsgüter in Schwaben, Rätien und Bayern (u. a. der Grafen
von Bregenz) erlangte. Sie erlosch mit Welf III., 1047 Herzog
von Kärnten, 1055 im Mannesstamm. Das Erbe ging über auf den Sohn seiner (nach
Italien verheirateten) Schwester Kunigunde (Kunizza) und des aus
langobardisch-oberitalienischem Haus stammenden Markgrafen Albrecht (Azzo) II.
von Este, Welf IV. (1030/1040-1107), denen Heinrich IV. 1070 mit dem Herzogtum Bayern (Welf I.) belehnte. Sein Sohn
Heinrich der Schwarze (um 1074-1126) heiratete Wulfhild, eine der beiden
Erbtöchter des 1106 ausgestorbenen sächsischen Herzogshauses
der Billunger. 1137 erlangten die W. unter Heinrich X. dem Stolzen (um
1100-1139), der Gertrud, die Tochter Kaiser Lothars III., ehelichte, auch die
Würde des Herzogs von Sachsen. 1180 verlor deren
mit Mathilde von England verheirateter Sohn Heinrich der Löwe (1129-1191) die Herzogtümer Bayern und Sachsen, nicht aber das
Eigengut Braunschweig-Lüneburg, das – nach dem glücklosen Zwischenspiel Ottos
IV. als deutscher König und Kaiser - 1235 zum Herzogtum
(Ottos des Kinds) erhoben wurde, aber durch zahlreiche Erbteilungen seit 1267
zersplitterte (Grubenhagen, Wolfenbüttel, Göttingen, Calenberg, Lüneburg,
Dannenberg). Der Linie Calenberg des Neuen Hauses Lüneburg gelang 1692 der
Aufstieg zum Kurfürstentum Hannover (1714-1837 Personalunion mit England), das
1866 von Preußen einverleibt wurde. 1918 verlor das älteste noch bestehende
europäische Adelsgeschlecht auch Braunschweig.
L.: Krüger, E., Der Ursprung des Welfenhauses und seiner Verzweigungen in
Süddeutschland, 1898; Diederich, A., Staufer und Welfen, 1938; Bader, K., Der
deutsche Südwesten in seiner territorialstaatlichen Entwicklung, 2. unv. A.
1978; Fleckenstein, J., Die Herkunft der Welfen und ihre Anfänge in
Süddeutschland, (in) Studien und Vorarbeiten zur Geschichte des großfränkischen
und frühdeutschen Adels, hg. v. Tellenbach, G., 1957; Schnath, G., Das
Welfenhaus als europäische Dynastie, (in) Schnath, G., Streifzüge durch
Niedersachsens Vergangenheit, 1968; Schmid, K., Welfisches Selbstverständnis,
(in) FS G. Tellenbach, 1968; Zillmann, S., Die welfische Territorialpolitik im
13. Jahrhundert, 1975; Geschichte der Welfen, hg. v. Heine, A., 1986; Pischke,
G., Die Landesteilungen der Welfen, 1987; Heinrich der Löwe und seine Zeit, hg.
v. Luckhardt, J. u. a., Bd. 1ff. 1995; Die Welfen und ihr Braunschweiger Hof,
hg. v. Schneidmüller, B., 1995; Hechberger, W., Staufer und Welfen, 1996;
Schneidmüller, B., Welfen, LexMA 8 1996, 2147ff.; Seibert, H., Heinrich der
Löwe und die Welfen, HZ 268 (1998), 375; Die Welfen, hg. v. Ay, K. u. a., 1998;
Schneidmüller, B., Die Welfen, 2000; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W. u. a., 2003, 1, 1, 204;
Weller, T., Die Heiratspolitik, 2004; Welf IV., hg. v. Bauer, D. u. a., 2004;
Pfannkuche, G., Patrimonium - feudum - territorium, 2011.
Welzheim (Herrschaft). In und bei W. an der Lein
bei Backnang bestanden zwei römische Kastelle. 1181 wird der Ort (Wallenzin)
erstmals erwähnt. Die zugehörige Herrschaft kam nach dem Untergang der Staufer
an die Herren von Rechberg, 1335 an die Schenken von Limpurg, die sie bis zu
ihrem Aussterben 1713 als Lehen Württembergs innehatten. 1718 gab sie der Herzog von Württemberg an seine Mätresse Grävenitz
bzw. Graevenitz und deren Bruder, den württembergischen Minister F. W. von
Grävenitz bzw. Graevenitz. Dieser erlangte 1726 wegen dieser etwa 1
Quadratmeile großen Herrschaft Sitz und Stimme im fränkischen Reichskreis und
im fränkischen Reichsgrafenkollegium des Reichstags. 1734 wurde W. nach dem
Sturz der Grävenitz bzw. Graevenitz zum Kammerschreibergut Württembergs
geschlagen. Über Württemberg kam W. 1951/1952 an Baden-Württemberg.
L.: Wolff 126; Wallner 693 FränkRK 25; Welzheim und der Welzheimer Wald, 1965;
Weller, F., Geschichte der Stadt Welzheim und des Welzheimer Waldes, 1878.
Wemding (Herrschaft). 798 gab König Karl der
Große den Hof W. (Uemodinga) an das Kloster Sankt Emmeram in Regensburg. Im
11./12. Jahrhundert war W. Lehen der von Werd (Donauwörth). Später gelangte es
an die Grafen von Hirschberg, 1306 durch Kauf an die Grafen von Oettingen. 1467
erwarb der Herzog von Bayern-Landshut den Ort
mit zugehöriger Herrschaft. 1503 kam W. an Bayern-München. S. Bayern.
L.: Wolff 136.
Werdenfels (Grafschaft). Im Loisachbecken bei
Garmisch wurde angeblich von Herzog Otto I. von
Bayern die Burg W. errichtet. Sie wurde Mittelpunkt eines Herrschaftsgebiets
des Hochstifts Freising, das 1249 die Burg sowie unter anderem Garmisch mit
Burg Falkenstein und dem Eibsee sowie 1294 von Berthold von Eschenlohe
Partenkirchen und Mittenwald erlangte. Die Grafschaft verlor an Bayern und
Tirol Güter und war im 15. Jahrhundert zeitweise verpfändet. Nach 1632 verfiel
die Burg. Seit der Mitte des 18. Jahrhunderts erhob Bayern Ansprüche auf die
Grafschaft, die 1768 vom Reichshofrat zurückgewiesen wurden. Die zum
bayerischen Reichskreis zählende, im 18. Jahrhundert in die Untergerichte
Garmisch, Partenkirchen und Mittenwald gegliederte Grafschaft Freisings kam
1802 mit Garmisch, Wank, Farchant, Rieß, Hammersbach, Obergrainau, Eibsee,
Untergrainau, Partenkirchen, Wamberg, Graseck, Reintal (Reinthal), Schlattan,
Mittenwald, Lautersee, Klais, Gerold, Kaltenbrunn, Wallgau, Krün, Elmau und Barmsee
an Bayern.
L.: Wolff 139; Wallner 712 BayRK 7; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378)
F5, III 22 (1648) E5, III 38 (1789) D4; Prechtl, J., Chronik der ehemals
bischöflich freisingischen Grafschaft Werdenfels, 1850; Hibler, J., Geschichte
des oberen Loisachtales, 1908; Albrecht, D., Grafschaft Werdenfels, 1955 (in)
Historischer Atlas von Bayern, Teil Altbayern; Landeshoheit, hg. v. Riedenauer,
E., 1994; Störmer, W., Werdenfels, LexMA 8 1996, 2197f.
Werl (Grafen). Die reichsunmittelbaren, aus
dem Raum Meschede stammenden Grafen von W. (spätestens 1024 Sitz in W., 1116
Werle) in Westfalen hatten im 10. und 11. Jahrhundert Grafschaftsrechte vom
Sauerland bis nach Friesland sowie Vogteirechte über das Hochstift Paderborn
und das Stift Werden an der Ruhr inne. Seit der Mitte des 11. Jahrhunderts
wurden sie auf Westfalen beschränkt. Dort errichteten sie um 1060 die Burg
Arnsberg an der Ruhr. 1102 verloren sie im engeren Gebiet um Werl, am Hellweg
und im Sauerland die halbe Grafschaft an das Erzstift Köln. Beim Erlöschen der
Grafen 1124 kam Arnsberg in weiblicher Erbfolge an die Grafen von Arnsberg. W.
selbst gelangte 1802 an Hessen-Darmstadt, 1816 an Preußen und 1946 an
Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 86; Mehler, F., Geschichte der Stadt Werl, 1891, Neudruck 1983, 1988;
Hömberg, A., Geschichte der Comitate des Werler Grafenhauses, Westfäl. Zs. 100
(1950); Leidinger, P., Untersuchungen zur Geschichte der Grafen von Werl, 1965;
Wouters, S., Bibliographie zur Werler Stadtgeschichte, 1981; Halekotte, W.,
Stadt und Kreuz, 1987; Werl, hg.v. Roher, A. u. a., 1994; Janssen,W., Werl,
LexMA 8 1996, 2208; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 2, 668;
Leidinger, P., Die Grafen von Werl und Werl-Arnsberg (ca. 980-1124). (in) Das Herzogtum Westfalen 2009, 119; Gosmann, M., Die Grafen
von Arnsberg und ihre Grafschaft, (in) Das Herzogtum
Westfalen, 2009, 119.
Wessobrunn (Kloster). Das nach 740 (nach 750?, 753
?) südwestlich des Ammersees von der Familie der Huosi gegründete
Benediktinerkloster wurde nach dem Sturz des vielleicht an der Gründung auch
beteiligten Herzogs Tassilo III. (788) 817
Reichskloster, im 10. Jahrhundert aber vom Herzog
vieler Güter beraubtes, 955 von den Ungarn zerstörtes Eigenkloster des
Hochstifts Augsburg. 1065 wurde es den Benediktinern zurückgegeben (7-14
Mönche). 1302 wurde es landsässig. 1803 wurde es in Bayern aufgehoben.
L.: Höppl, R., Die Traditionen des Klosters Wessobrunn, 1984; Winhard, W., Die
Benediktinerabtei Wessobrunn im 18. Jahrhundert, 1988; Prinz, F., Wessobrunn,
LexMA 9 1998, 21; Die Benediktinerabtei Wessobrunn, bearb. v. Andrian-Werburg,
I. v., 2001.
Westfalen (Herzogtum,
Provinz, Landesteil). 775 werden die W. (Westfalai) als Teil der Sachsen neben
Engern und Ostfalen erstmals erwähnt. Nach ihnen wurde das seit Beginn des
letzten vorchristlichen Jahrtausends von Germanen und seit dem Abzug der in den
Franken aufgehenden Stämme nach Westen von Sachsen besetzte Gebiet zwischen
unterer Hunte und Ruhr, Senne und Issel benannt. Im 12. Jahrhundert wurde der
Name W. wiederbelebt und auf das Land zwischen Weser und Rhein ausgedehnt,
wobei gleichzeitig Engern als Gebietsbezeichnung schwand. Beim Sturz Heinrichs
des Löwen 1180 wurde aus dem südwestlichen Teil Sachsens (östliches Sauerland
mit nördlich angrenzenden Gebieten südlich der Lippe) das Herzogtum W. mit dem Mittelpunkt Arnsberg gebildet, das
(als Herzogtum in W. und Engern) an das Erzstift
Köln kam, das bereits Arnsberg, Werl, Rüthen und die Grafschaft Volmarstein
innegehabt hatte. Das kölnische Herrschaftsgebiet umfasste später nur den Kern
des heutigen W. Im übrigen kam dieser Raum zu den Landesherrschaften der
Bischöfe von Minden, Münster, Osnabrück und Paderborn sowie der Grafen zur
Lippe, von der Mark und Ravensberg (daneben Tecklenburg, Limburg, Steinfurt,
Gemen, Hoya, Schaumburg, Pyrmont, Waldeck, Rietberg, Everstein, Schwalenberg, Sternberg,
Spiegelberg). 1368 wurde von Köln die restliche Grafschaft Arnsberg erworben.
1444/1449 ging Soest an Kleve verloren und Arnsberg bzw. Brilon wurde Vorort.
Das kölnische, seit 1512 dem kurrheinischen Reichskreis angehörige Westfalen,
ohne Vest Recklinghausen, kam 1803 mit rund 3965 Quadratkilometern und 195000
Einwohnern mit Ausnahme des an Hessen-Kassel gefallenen Volkmarsen an die
Landgrafen von Hessen-Darmstadt. Andere Teile Westfalens fielen an Preußen,
Arenberg, Croy und Salm, während Lippe und Waldeck fortbestanden. Außer
Hessen-Darmstadt, Lippe und Waldeck wurden diese Staaten 1807/1810 beseitigt,
wobei westfälisches Gebiet im Norden an das Großherzogtum Berg und im Süden an
Hessen-Darmstadt kam und Napoleon unter anderem aus Braunschweig, dem größten
Teil Hessen-Kassels, hannoverschen und sächsischen Gebieten sowie den
preußischen Stücken Paderborn, Minden, Ravensberg, Münster, Hildesheim, Goslar,
Altmark, Magdeburg, Halberstadt, Hohnstein, Quedlinburg, Eichsfeld, Mühlhausen,
Nordhausen und Stolberg-Wernigerode das Königreich Westphalen mit der
Hauptstadt Kassel bildete. Dieses wurde 1810 um Gebiet Hannovers vergrößert,
zugleich aber durch Abtrennung des Nordwestens (westlich der Linie
Bielefeld-Lauenburg) an Frankreich verkleinert. 1813 zerbrach es. 1815/1816
fiel das heutige W. (westfälische Güter Preußens außer Kleve und Nieder-Lingen
[Niederlingen], Herzogtum W. mit Wittgenstein,
weiter Korvei [Corvey] Dortmund [durch Tausch mit Hannover], Amt Reckenberg,
Arenberg, Salm, Steinfurt, Gemen, Gronau, Rietberg, Rheda, Limburg, durch
Tausch mit Nassau-Weilburg Kreis Siegen) mit Ausnahme von Osnabrück, Lippe und
Waldeck an Preußen (30. 4. 1815 Provinz W. [auch mit Oberstift Münster, Vest
Recklinghausen, Anholt, Bentheim, Dülmen, Rheine <Rheina> Bocholt,
Horstmar, Neunkirchen <Neukirchen>, ohne Niederstift Münster], seit 1816
mit Herzogtum W. und Grafschaften Wittgenstein,
seit 1851 mit Lippstadt, zuletzt 20214 Quadratkilometer), am 23. 8. 1946 -
zusammen mit (Teilen) der preußischen Rheinprovinz und Lippe – an das
neugebildete Land Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 86; Wallner 700 KurrheinRK 3; Großer Historischer Weltatlas II 34
(1138-1254) F3, II 66 (1378) E3, III 22 (1648) D3, III 38 (1789) B3;
Richtering, H./Kittel, E., Westfalen-Lippe, (in) Geschichte der deutschen
Länder, Bd. 1; Seibertz, J., Landes- und Rechtsgeschichte des Herzogtums Westfalen, Bd. 1f. 1839; Seibertz, J.,
Urkundenbuch zur Landes- und Rechtsgeschichte des Herzogtums
Westfalen, Bd. 1ff. 1839ff.; (Kleinschmidt, A., Geschichte des Königreichs
Westphalen, 1893;) Hammerschmidt, W., Die provinziale Selbstverwaltung
Westphalens, 1909; Hartmann, J., Geschichte der Provinz Westfalen, 1912; Der
Raum Westfalen, hg. v. Aubin, H./Philippi, F., Bd. 1ff. 1931ff.; Trende, A.,
Aus der Werdezeit der Provinz Westfalen (1933); Braubach, M./Schulte, E., Die
politische Neugestaltung Westfalens 1795-1815, 1934; Keyser, E./Stoob, H.,
Deutsches Städtebuch 1939-1974, Bd. 3, Rothert, H., Westfälische Geschichte,
Bd. 1ff. 1949ff., 2. A. 1962; Teilband 2; Wrede, G., Die westfälischen Länder
im Jahre 1801, Politische Gliederung, Übersichtskarte, 1953; Westfälische
Bibliographie, bearb. v. d. Stadt- und Landesbibliothek Dortmund, Bd. 1ff.
1952ff.; Engel, J., Karten des westfälischen Raums aus dem 16. Jahrhundert,
1957; Le Coq, Topographische Karte von Westfalen im Jahre 1805, 1957; Polenz,
P. v., Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, I, 10, 12, III, 10, Westfalahun,
Volksname, Landname (Westfala); Krauss, G., Geschichtliche Entwicklung der
topographischen Landesaufnahme in den Rheinlanden und Westfalen, Rhein. Vjbll.
29 (1964); Gemeindestatistik des Landes Nordrhein-Westfalen.
Bevölkerungsentwicklung 1816-1871 und 1871-1961, Beitr. zur Statistik des
Landes Nordrhein-Westfalen, Sonderreihe Volkszählung 1961, 3 c u. d, 1966;
Hömberg, A., Westfälische Landesgeschichte, 1967; Engel, G., Politische
Geschichte Westfalens, 3. A. 1970; Kunst und Kultur im Weserraum 800-1600,
Ostwestfäl. weserländische Forschungen zur gesch. Landeskunde, hg. v. Stoob,
H., 3 (1971); (Berding, G., Herrschafts- und Gesellschaftspolitik im Königreich
Westphalen, 1973; )Leesch, W., Quellen und Erläuterungen zur Karte „Politische
und administrative Gliederung um 1590“ im geschichtlichen Handatlas von
Westfalen, Westfäl. Forschungen 26 (1974); Zur Karte „Gemeindegrenzen 1965“,
Westfäl. Forschungen 24 (1972); zur Karte „Gemeindegrenzen 1897“, Westfäl.
Forschungen 26 (1974); Geschichtlicher Handatlas von Westfalen, hg. v.
Hartlieb, A. v./Wallthor, U./Kohl, W., 1. Lief. 1975; Westfälischer
Städteatlas, hg. und bearb. v. Stoob, H., 1. Lief. 1975; Köbler, G., Gericht
und Recht in der Provinz Westfalen (1815-1945), FS G. Schmelzeisen, 1980,
166ff.; Klueting, H., Die Säkularisation im Herzogtum
Westfalen 1802-1834, 1980; Engel, G., Politische Geschichte Westfalens, 4. A.
1980; Geschichtlicher Handatlas von Westfalen, hg. v. Provinzialinstitut für
Westfälische Landes- und Volksforschung des Landschaftsverbandes
Westfalen-Lippe, 2. Lief., 1982; Westfälische Geschichte, hg. v. Kohl, W.,
1983f.; Klein, H., Kartographische Quellen zur westfälischen Landeskunde,
Zusammenstellung der in Berlin vorhandenen Bestände des 16. bis 19.
Jahrhunderts, T. 2, Spezialkarten und Register zu den Teilen 1 und 2,
Westfälische Forschungen 35 (1985); Engel, G., Die Westfalen. Volk, Geschichte,
Kultur, 1987; Keinemann, F., Westfalen im Zeitalter der Restauration und der
Julirevolution 1815-1833. Quellen zur Entwicklung der Wirtschaft, zur
materiellen Lage der Bevölkerung und zum Erscheinungsbild der Volksabstimmung,
1987; Rösener, W., Grundherrschaft und Bauerntum im hochmittelalterlichen
Westfalen, Westfälische Zs. 139 (1989); Bockhorst, W., Westfalen. Ein Gang
durch die Geschichte, 1991; Westfalen und Preußen, hg. v. Teppe, K. u. a.,
1991; Kohl, W., Kleine westfälische Geschichte, 1994; Engelbrecht, J.,
Landesgeschichte Nordrhein-Wetfalens, 1994; Janssen, W., Territorialbildung und
Territorialorganisation niederrheinisch-westfälischer Grafschaften, (in)
Hochmittelalterliche Territorialstrukturen in Deutschland und Italien, 1996,
71; Johanek, P., Westfalen, LexMA 9 1998, 22ff.; Klueting, H., Geschichte
Westfalens, 1998; Westfälischer Flurnamenatlas, Bd. 1ff. 2000ff.; Zunker, A.,
Adel in Westfalen, 2003; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 411;
Das Herzogtum Westfalen. Das kurkölnische Herzogtum Westfalen, hg. v. Klueting, H., 2009.
Westphalen (Königreich). Durch Dekret vom 18. 8.
1807 bildete Napoleon nach dem Frieden von Tilsit, in dem Preußen alle
linkselbischen Gebiete aufgeben musste, für seinen Bruder Jerôme ein Königreich
W. mit 688 Quadratmeilen bzw. fast 40000 Quadratkilometern und fast 2 Millionen
Einwohnern. Es bestand nach Ausweis des Art. 1 der Konstitution vom 15. 11.
1807 aus dem bisherigen Herzogtum Braunschweig
(Braunschweig-Wolfenbüttel), aus Hessen-Kassel (ohne Hanau, [Schmalkalden und]
Niederkatzenelnbogen [Niedergrafschaft Katzenelnbogen]) nebst Rinteln und
Schaumburg, aus den hannoverschen Gebieten Göttingen, Grubenhagen nebst den
Zubehörungen von Elbingerode, Osnabrück und im Harz, aus den linkselbischen
preußischen Gebieten Altmark, Magdeburg, aus dem Gebiet von Halle (an der
Saale), aus Halberstadt, Stolberg, Wernigerode (Stolberg-Wernigerode),
Hohnstein, Hildesheim, Quedlinburg, Goslar, Eichsfeld, Mühlhausen, Nordhausen,
Minden, Ravensberg, Paderborn und Münster, aus den sächsischen Ämtern Gommern,
Barby und Treffurt sowie dem sächsischen Anteil an der Grafschaft Mansfeld, aus
Corvey-Höxter (Corvey) und aus der Reichsgrafschaft Kaunitz-Rietberg
(Rietberg). Es war Mitglied des Rheinbunds. Hauptstadt war Kassel. Am 15. 10.
1807 erhielt das als aufgeklärter Modellstaat gedachte Königreich eine von
liberalen Grundsätzen beherrschte Verfassung (Volksvertretung mit 70 Vertretern
des Grundeigentums, 15 der Kaufleute und Fabrikanten sowie 15 der Gelehrten),
mit der auch der Code Napoléon als Gesetzbuch eingeführt wurde. Politische Ziele
waren die Beseitigung der Standesvorrechte, die Befreiung von der
Leibeigenschaft und die Einführung der Gewerbefreiheit. Faktisch wurde das in
die Departements Elbe, Saale, Harz, Oker, Leine, Werra, Fulda und Weser
eingeteilte Land diktatorisch regiert. Die Universitäten Helmstedt, Rinteln und
Paderborn wurden aufgelöst, die Klöster und Stifte aufgehoben. 1809 kam es zu
Aufständen. Am 14. 10. 1810 erhielt das Königreich aus der Auflösung Hannovers
468 Quadratmeilen mit 647000 Einwohnern (Hannover ohne Lauenburg). Am 12. 10.
1810 musste es Abtretungen im Nordwesten an Frankreich zulassen. Am 1. 10.
1813/26. 10. 1813 zerfiel das scheinkonstitutionelle Königreich. Hessen-Kassel
lebte sofort wieder auf, die übrigen Gebiete wurden zunächst von einem Zentralverwaltungsrat
geführt und 1815 meist an die früheren Herren zurückgegeben.
L.: Kleinschmidt, A., Geschichte des Königreichs Westphalen, 1893; Weidemann,
J., Neubau eines Staates. Das Königreich Westphalen, 1936; Kohl, W., Die
Verwaltung der östlichen Departements des Königreichs Westphalen 1807-14, 1937;
Berding, G., Herrschafts- und Gesellschaftspolitik im Königreich Westphalen,
1973; Regierungsakte des Königreiches Westphalen, hg. v. Rob, K., 1992; Nedden,
C. zur, Die Strafrechtspflege im Königreich Westphalen, 2003; Bethan, A.,
Napoleons Königreich Westphalen, 2012; Sunderbrink, B., Revolutionäre
Neuordnung auf Zeit, 2015.
Westrich, Westerreich (Landschaft) ist eine heute
rein geographische Bezeichnung für erhebliche Teile des Herzogtums Lothringen.
L.: Polenz, P. v., Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, II, 11, 94, Westrich.
Wettiner (Geschlecht). Die W. stammen vielleicht
von einem 822 genannten Grafen Rikbert in Sachsen oder von Herzog Burchard (Burkhard) von Schwaben ab. Sie waren
vermutlich zuerst im Liesgau und im Harzgau (erster sicherer Ahnherr Graf
Friedrich im Harzgau 875, dessen Nachkommen mit den aus Schwaben stammenden
Burchardingern (Burkhardingern) im frühen 10. Jahrhundert in Verbindung
traten,) begütert, wechselten bis zur Jahrtausendwende aber in den Hosgau an
der Saale. Danach wurden Eilenburg an der Mulde, um 1030 als Lehen die Ostmark
(Niederlausitz) und um 1050 Camburg erlangt. Noch vor 1100 nannten sie sich
nach der Burg Wettin bei Halle an der Saale. 1089 erhielt Heinrich I. von
Eilenburg die Markgrafschaft Meißen als Lehen. Seit 1123 kam das Erbe des
Hauses Groitzsch hinzu (Grafschaft Groitzsch 1143). Nach der Teilung von 1156
in die fünf Teilherrschaften Niederlausitz (bis 1185), Wettin (bis 1217),
Groitzsch (bis 1210), Brehna (bis 1290) und Meißen wurden die meisten Güter bis
1290 in der Linie Meißen wieder vereinigt, wobei die Grafschaft Brehna aber an
Sachsen, die Grafschaft Wettin 1217 an Brehna, 1288 an das Erzstift Magdeburg
und damit 1680 an Brandenburg und die Grafschaft Groitzsch durch Verkauf an das
Hochstift Merseburg kamen. Markgraf Heinrich III. gewann im
thüringisch-hessischen Erbfolgekrieg 1247/1264 Thüringen. 1307 konnte das
gesamte noch vorhandene Gebiet in der Schlacht bei Lucka gegen König Albrecht
von Habsburg verteidigt werden. 1344 wurde die Grafschaft Orlamünde erworben.
1379/1382 wurde vorübergehend in drei Teile geteilt (Osterland[, dazu 1353
Coburg], Thüringen[, dazu 1385 Grafschaft Käfernburg sowie durch Heirat
Hildburghausen und Heldburg], Meißen [dazu der größte Teil des Vogtlands]).
Hinzu kamen Gebiete in Böhmen und die Vogtei über Quedlinburg. Friedrich (IV.
bzw.) I. der Streitbare erhielt 1423 nach dem Aussterben der Askanier als Lohn
für seine Hilfe gegen die Hussiten das Herzogtum
Sachsen-Wittenberg mit der Kurwürde. 1446 kam es zu einer weiteren Teilung.
1485 wurde in die ernestinische Linie und die albertinische Linie geteilt.
L.: Blaschke, K./Kretzschmar, H., (Ober-)Sachsen und die Lausitzen, (in)
Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Eberhardt, H., Thüringen, (in)
Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Hofmeister, G., Das Haus Wettin, 1889;
Posse, O., Die Wettiner, 1897; Posse, O., Die Wettiner Genealogie, erg. v.
Kobuch, M., 1994; Helbig, H., Der wettinische Ständestaat, 1980; Streich, B.,
Zwischen Reiseherrschaft und Residenzbildung. Der wettinische Hof im späten
Mittelalter, 1989; Sachsen, A. Herzog zu, Die
albertinischen Wettiner, Geschichte des sächsischen Königshauses, 1763-1932,
1989; 900-Jahr-Feier des Hauses Wettin, Regensburg 26. 4.-1. 5. 1989,
1089-1989. Festschrift des Vereins zur Vorbereitung der 900-Jahr-Feier des Hauses
Wettin, hg. v. Polenz, H. v./Seydewitz, G. v., 1989; Philippi, H., Die Wettiner
in Sachsen und Thüringen, 1989; Blaschke, K., Geschichte Sachsens im
Mittelalter, 1990; Pätzold, S., Die frühen Wettiner, Diss. phil. Göttingen
1996; Pätzold, S., Die frühen Wettiner, 1997; Marquis, B., Meißnische
Geschichtsschreibung des späten Mittelalters, 1998; Blaschke, K., Wettiner,
LexMA 9 1998, 50; Leisering, E., Die Rechte der Wettiner als Reichsfürsten, N.
A. f. sächs. Gesch. 69 (1999), 233; Rogge, J., Herrschaftsweitergabe, 2002;
Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W. u.
a., 2003, 1, 1, 213; Weller, T., Die Heiratspolitik, 2004; Rogge, J., Die
Wettiner, 2005; Die Wettiner und ihre Herrschaftsgebiete, bearb. v. Leisering,
E., 2006; Gross, R., Die Wettiner, 2007; Wejwoda, M.Kirche und Landesherrschaft
- das Hochstift Meißen und die Wettiner im 13. Jahrhundert, 2007
(Magisterarbeit); Winkel, H., Herrschaft und Memoria. Die Wettiner und ihre
Hausklöster im Mittelalter, 2010; Kaiser, U., Das Amt Leuchtenburg 1479-1705,
2011.
Wien (Reichsstadt, Residenz des Herzogs von Österreich bzw. Erzherzogs von Österreich
bzw. Königs, seit 1611/1612 ständige Residenz der Habsburger als Landesfürsten
und Kaiser). Nach einer keltischen Siedlung Vindobona am Einfluss der Wien in
die Donau gründeten die Römer um 100 n. Chr. ein gleichnamiges, um 130 n. Chr.
erstmals erwähntes Lager (im Bereich Freyung/Herrengasse). Dieses wurde 166 und
400 von Germanen zerstört und zuletzt 493/550 erwähnt. 881 erscheint dann die
Siedlung W. (Wenia). Diese fiel 1130/1135 an die Babenberger. Spätestens 1156
wurde sie zu ihrem Hauptsitz ausgebaut. Um 1200 war sie vielleicht die größte
deutsche Stadt nach Köln. 1221 erhielt sie Stadtrecht. 1237-1238 und 1246-1250
wurde sie reichsunmittelbar. 1251 kam sie an König Ottokar II. von Böhmen, 1276
an König Rudolf von Habsburg. 1365 erhielt sie eine Universität. 1469 wurde sie
Bischofssitz innerhalb der Erzdiözese Salzburg, 1722/1723 Erzbischofssitz. Seit
1438/1439 wurde sie trotz des kurzen Überganges an Ungarn (1485-1490)
allmählich Residenz des Kaisers des Heiligen Römischen Reiches (1800 etwa
231000 Einwohner), 1806 Hauptstadt des Kaiserreichs Österreich und 1918 Hauptstadt
der Republik Österreich.
L.: Wolff 25; Quellen zur Geschichte der Stadt Wien, 1845ff.; Tietze, H., Wien,
1931; Walter, F., Wien, Bd. 1ff. 1940ff.; Gugitz, G., Bibliographie zur
Geschichte und Stadtkunde von Wien, Bd. 1ff. 1947ff.; Gall, F., Alma Mater
Rudolphina 1365-1965, 1965; Neumann, A., Vindobona. Die römische Vergangenheit
Wiens, 1971; Endler, F., Das k. und k. Wien, Wien 1977; Historischer Atlas von
Wien, hg. v. Wiener Stadt- und Landesarchiv, 1981; Csendes, P., Das Wiener
Stadtrechtsprivileg von 1221, 1986; Czeike, F., Wien und Umgebung, 1988; Die
Wiener Stadtbücher, 1395-1430, Bd. 1, 1395-1400, hg. v. Brauneder, W. u. a.,
1989; Csendes, P., Geschichte Wiens, 2. A. 1990; Europas Städte zwischen Zwang
und Freiheit, 1995, 233; Metropolen im Wandel, 1995, 263; Csendes, P., Wien,
LexMA 9 1998, 85; Opll, F., Das große Wiener Stadtbuch, 1999; Wien, hg. v.
Csendes, P. u. a., Bd. 2f. 2003ff.; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 2, 624;
Waldstätten, A., Staatliche Gerichte in Wien seit Maria Theresia, 2012.
Wiener Neustadt (Stadt, Bistum, Residenz des Herzogs von Österreich bzw. Erzherzogs von
Österreich). W. N. wurde kurz nach der Belehnung der Babenberger mit der
Steiermark als Neustadt begründet (seit 1358 Wiener Neustadt). 1469 wurde es
Sitz eines Bistums, das 1785 nach Sankt Pölten verlegt wurde. Zeitweilig war W.
N. Residenz des Kaisers des Heiligen Römischen Reiches (2. Hälfte des 15. Jh.s).
L.: Wolff 26; Mayer, J., Geschichte von Wiener Neustadt, Bd. 1ff. 1924ff.;
Reidinger, E., Wiener Neustadt, 1995; Csendes, P., Wiener Neustadt, LexMA 9
1998, 89; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W., 2003, 1, 2, 629.
Wiesbaden (Herrschaft, Reichsstadt). Im Bereich
von W. wurden auf älteren Siedlungsspuren seit etwa 14 n. Chr. römische Lager
und Siedlungen errichtet. Die durch ihre Thermen gekennzeichnete Zivilsiedlung
Aquae Mattiacorum (Aquae Mattiacae) wurde von der Mitte des ersten
nachchristlichen Jahrhunderts an Vorort der Mattiaker. Um 400 wurde der Ort
alemannisch, um 500 fränkisch. 829 erscheint W. als Mittelpunkt des Gaues
Königssundern (Königssondergaus, Königssunderngaus) zwischen Walluf und
Kriftel. Zu Beginn des 13. Jahrhunderts war W., dessen Badebetrieb 1233/1234
erneut hervortrat, vorübergehend Reichsstadt. Zwischen 1242 und 1281 kam es als
Reichslehen an die walramische Linie der Grafen von Nassau. Die Burg wurde
Nebenresidenz der Grafen von Nassau-Idstein. 1744 wurde W. Hauptstadt des
Fürstentums Nassau-Usingen, 1806 Hauptstadt des Herzogtums
Nassau. 1866 fiel es an Preußen, 1945 an Hessen, dessen Hauptstadt es wurde.
L.: Wolff 265; Heymach, F., Geschichte der Stadt Wiesbaden, 1925; Henche, A.,
Chronik der Stadt Wiesbaden, 1937; Quetsch, J., Wiesbaden. Stadt und Landschaft
in Vergangenheit und Gegenwart, 1957; Müller, K., Preußischer Adler und
Hessischer Löwe. 100 Jahre Wiesbadener Regierung 1866-1966, 1967; Schaefer, A.,
Von der Römersiedlung zur Landeshauptstadt, 2. A. 1973; Schoppa, H., Aquae
Mattiacae. Wiesbadens römische und alamannisch-merowingische Vergangenheit,
1974; Geschichte der Stadt Wiesbaden, hg. v. Magistrat der Stadt Wiesbaden, Bd.
2 1980; Weichel, T., Die Bürger von Wiesbaden, 1997; Escher, M. u. a., Die
urbanen Zentren, 2005, 2, 677.
Wijlre (reichsunmittelbare Herrschaft, Wylre).
W. an der Geul im Herzogtum Limburg östlich
Maastrichts wird erstmals 1040 erwähnt. Um 1150 nannten sich die Scavedries
nach ihm. Die aus Burg und Dorf W. und einigen Höfen bestehende
reichsunmittelbare Herrschaft wechselte vielfach den Inhaber. Sie gehörte am
Ende des 18. Jahrhunderts zu den nicht eingekreisten Reichsteilen. Von 1794 bis
1814 stand sie unter der Herrschaft Frankreichs. 1815/1839 kam sie zur Provinz
Limburg (Südlimburg) der Niederlande. S. Wylre.
L.: Wolff 498.
Wildenstein (Herrschaft). Um W. im oberen Trauntal bildete sich im 12. Jahrhundert eine Herrschaft der Babenberger aus, die zum Traungau und damit seit 1180 zum Herzogtum Steiermark gehörte (Ischlland).
Wildeshausen (Stift, Herrschaft). W. an der Hunte
südöstlich Oldenburgs wird anlässlich der Gründung des Alexanderstifts W. durch
Graf Waltpert, einen Enkel Herzog Wídukinds von
Sachsen, erstmals erwähnt (Wigaldinghus). 855 gewährte König Ludwig der
Deutsche Immunität und königlichen Schutz. 872 gab Graf Waltpert den Ort W. an
das Stift. Im 11. Jahrhundert unterstand der Ort den Billungern, die um 1100
die Vogteirechte einem Zweig der Grafen von Oldenburg übertrugen, während die
Welfen dem Domkapitel von Bremen das Propsteigut überließen. Um 1150 erbaute
Graf Heinrich von Oldenburg die Burg W. Eine Linie der Grafen von Oldenburg
wurde in W. ansässig (Oldenburg-Wildeshausen9 und verband mit ihrem Amt
vorübergehend die Grafschaften Vlotho und Tecklenburg. 1270 kam W. beim
Aussterben der Grafen als erledigtes Lehen an das Erzstift Bremen, während
andere Güter an die Grafen von Hoya fielen. Um 1500 gelangte W. infolge
mehrfacher Verpfändungen (1429-1465 Münster, 1493 Wilhelm von dem Bussche bzw.
Wilhelm von dem Busche) unter den Einfluss des Hochstifts Münster, (im
niedersächsischen Reichskreis) 1634 an Schweden, 1649 zum Herzogtum Bremen und Verden Schwedens, 1675 an das
Hochstift Münster, 1699 nach Ablösung erneut an Schweden, 1700 als Pfand und
1714 zu Eigentum an Hannover sowie 1803 vorübergehend, 1813/1826 endgültig an
Oldenburg und damit 1946 an Niedersachsen. S. Oldenburg-Wildeshausen.
L.: Wolff 431; Wallner 706 NiedersächsRK 25; Großer Historischer Weltatlas III
38 (1789) C1; Haase, C., Mittelalterliche Rechtsquellen der Stadt Wildeshausen,
1953; Lübbing, H./Jäkel, W., Geschichte der Stadt Wildeshausen, 1970;
1270-1970. 700 Jahre Stadt Wildeshausen, hg. v. Boning, H., 1970; Streich, G.,
Klöster, Stifte und Kommenden, 1986; Eckhardt, A., Beiträge zur Geschichte der
Stadt Wildeshausen, 1995; Schindler, R., Wildeshausen, LexMA 9 1998, 115;
Eckhardt, W., Wildeshausen, 1999.
Windische Mark (Mark, Markgrafschaft). Am Ende des 10. Jahrhunderts entstand auf dem Gebiet des karantanischen Herzogtums im Sanntal und Sotlatal im Osten Krains eine zweite ottonische Mark, die zuerst Saunien, später W. genannt wurde. Markgrafen waren die Grafen von Friesach. Bei ihrem Aussterben 1036 fiel die Mark an die Markgrafen von Krain. Später war sie Kernland der Grafen von Ortenburg (bis 1421) und der Grafen von Cilli und kam bei deren Erlöschen 1556 an Habsburg, das es an der Save zwischen Steiermark und Krain aufteilte, in der Titulatur aber bis 1918 fortführte.
Winnenthal (Freiheit). Die Freiheit W. gehörte mit
der Herrschaft Veen zum Herzogtum Kleve
(weselscher landrätlicher Kreis). Veen kam über Preußen (Rheinprovinz) zu
Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 317.
Winzenburg (Grafen). Nach der Burg W. südöstlich
Alfelds benannte sich seit 1109 ein Geschlecht, das die Grafschaft im Leinegau
hatte und in Reinhausen und auf den Gleichen saß. Nach 1130 wurde W. zerstört.
1144 erwarben die Grafen die Güter der Boyneburg (Bomeneburg). 1150 kam die W.
an sie zurück. Nach der Ermordung des letzten, von der mittleren Leine bis ins
Eichsfeld begüterten Grafen fiel das Erbe an Herzog
Heinrich den Löwen aus dem Geschlecht der Welfen.
L.: Wolff 448; Patze, H., Die Entstehung der Landesherrschaft in Thüringen,
1962; Schubert, E., Geschichte Niedersachsens, 2, 1, 1997; Schoppmeyer, H.,
Winzenburg, LexMA 9 1998, 242.
Wissen (Herrlichkeit). Die adlige Herrlichkeit
W. gehörte zum Herzogtum Kleve (klevescher
landrätlicher Kreis).
L.: Wolff 317.
Wittelsbach (Grafen). Vielleicht von den Aribonen,
die von 976 bis 1055 Pfalzgrafen von Bayern waren, und den Liutpoldingern
(Luitpoldingern) stammten die wahrscheinlich aus der gräflichen
Edelfreienschicht hervorgegangenen, mit Otto I. (Vogt des Hochstifts Freising)
sichtbaren, in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts urkundlich fassbaren,
wohl auch mit Welfen, Huosi, Fagana und den Grafen von Ebersberg zu
verbindenden Grafen von Scheyern (Skyrun, 1039/1047?, 1073) bei Pfaffenhofen an
der Ilm. Sie beerbten vermutlich die Grafen von Hörzhausen. Seit 1115/1116
nannten sie sich nach der Burg W. (Witilinesbac) bei Aichach. Zwischen
1111/1116 und 1120 erhielten sie das Pfalzgrafenamt für Bayern, 1180 die
Heinrich dem Löwen abgesprochene Herzogswürde
von Bayern und nach Erlöschen des bayerischen Pfalzgrafenamts (1208) 1214 die
Pfalzgrafschaft bei Rhein. Auf der Grundlage der Eigengüter ursprünglich
zwischen Paar und Ilm, dann zwischen Lech und Isar, und begünstigt durch das
Aussterben von Nebenlinien der Grafen von Scheyern (Grafen von Dachau 1180 bzw.
1182, Grafen von Valley 13. Jahrhundert [1238]) und anderer Geschlechter
(Grafen von Bogen 1242, Grafen von Andechs 1248, Staufer 1268) errichteten sie
bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts das mächtige Territorialherzogtum Bayern,
das durch Landesteilungen von 1294/1329 bis 1799 von der Pfalz getrennt und
mehrfach in verschiedene Teile (Oberbayern, Niederbayern) aufgespaltet war. Am
15. 5. 1724 vereinbarten die Linien in der Wittelsbacher Hausunion die
wechselseitige Erbfolge der beiden katholischen Häuser, die sich 1799
verwirklichte. In Bayern dankten die Wittelsbacher 1918 ab.
L.: Faden, E., Brandenburg, (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1;
Böhmer, J., Wittelsbachische Regesten, 1854; Wittmann, F., Monumenta
Wittelsbacensia, Bd. 1f. 1857ff., Neudruck 1969; Haeutle, C., Genealogie des
erlauchten Hauses Wittelsbach, 1870; Heigel, K., Die Wittelsbacher, 1880;
Doering, O., Das Haus Wittelsbach, 1924; Tyroller, R., Genealogie des
altbayerischen Adels im Hochmittelalter, 1962; Handbuch der bayerischen
Geschichte, hg. v. Spindler, M., Bd. 1ff. 1./2. A. 1969ff.; Wittelsbach und
Bayern, hg. v. Glaser, H., 1980; Das Haus Wittelsbach und die europäischen
Dynastien, 1981 (Zs. f. bay. LG. 44, [1981] 1); Boehm, L., Das Haus Wittelsbach
in den Niederlanden, Zs. f. bay. LG. 44 (1981), 93; Rall, H./Rall, M., Die
Wittelsbacher in Lebensbildern, 1986; Wittelsbacher Hausverträge des späten
Mittelalters. Die haus- und staatsrechtlichen Urkunden der Wittelsbacher von
1310, 1329, 1392/93, 1410 und 1472, 1987; Hesse, W., Hier Wittelsbach, hier
Pfalz. Die Geschichte der pfälzischen Wittelsbacher von 1214-1803, 1989;
Heimann, H., Hausordnung und Staatsbildung, 1993; Straub, E., Die
Wittelsbacher, 1994; Schwertl, G., Wittelsbacher, LexMA 9 1998, 270; Höfe und
Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W. u. a., 2003,
1, 1, 218; Weller, T., Die Heiratspolitik, 2004; Menzel, M., Die Wittelsbacher
Hausmachterweiterungen in Brandenburg, Tirol und Holland, DA 61 (2005), 103;
Holzfurtner, L., Die Wittelsbacher, 2005.
Wittem (Herrschaft). W. westlich von Aachen
wurde zusammen mit sechs Kirchdörfern von Herzog
Johann III. von Brabant (1312-1355) seinem unehelichen Sohn Johann von W.
gegeben. Dessen Urenkel verkaufte es 1466 als Lehen Brabants an Dietrich von
Pallant (Palant). 1520 erhob Kaiser Karl V. W. zur Reichsherrschaft. 1685 wurde
die Herrschaft Eiß und Schlenacken, deren Besitz oft gewechselt hatte, aus dem
Hause Waldeck als wittemsches Lehen eingezogen und mit W. vereinigt. 1689
beendete Spanien das Lehnsverhältnis Brabants. Inhaber der Herrschaft, die 1732
Grafschaft wurde, waren seit 1720 die Grafen von Giech, später die Grafen von
Plettenberg, die wegen der Herrschaft W. zu den westfälischen Grafen der
weltlichen Bank des Reichsfürstenrates des Reichstags gehörten. Die Herrschaft
zählte zum niederrheinisch-westfälischen Reichskreis. Zusammen mit den Herrschaften
Eiß und Schlenacken umfasste sie ein Gebiet von 1,5 Quadratmeilen mit 2700
Einwohnern. 1794 endete mit dem Einmarsch Frankreichs die Selbständigkeit. Seit
1815/1839 gehörte W. zur Provinz Limburg (Südlimburg) der Niederlande.
L.: Gumpelzhaimer 164; Wolff 362f.; Zeumer 554 II b 63, 22; Wallner 704
WestfälRK 44.
Wittenberg (Burg, Herrschaft, Stadt, Residenz des Herzogs von Sachsen). W. an der Elbe erscheint 1180
erstmals. Um 1200 kam es an die Askanier, von denen Albrecht II. († 1298) 1260
die Linie Sachsen-Wittenberg mit Sitz in W. begründete. Spätestens 1293 wurde
es Stadt. Bis 1422 war es Sitz der Askanier, dann der Wettiner als Herzöge von
Sachsen-Wittenberg. 1485 kam es an die ernestinische Linie. 1502 gründete
Kurfürst Friedrich der Weise die Universität W., an der Martin Luther seine
reformatorischen Thesen entwickelte. 1547 musste die ernestinische Linie der
Wettiner die östliche Hälfte ihres Landes an die albertinische Linie abgeben,
womit W. seine Stellung als Residenz zugunsten Dresdens verlor. 1815 fiel W. an
Preußen (Provinz Sachsen) und von 1949 bis 1990 in Sachsen-Anhalt an die
Deutsche Demokratische Republik. Die Universität wurde 1817 mit der Universität
Halle vereinigt. S. Sachsen-Wittenberg.
L.: Wolff 377; Erfurth, R., Geschichte der Stadt Wittenberg, 1910; Junghans,
H., Wittenberg als Lutherstadt, (1979); Blaschke, K., Wittenberg, 4. A. 1983;
Blaschke, K., Geschichte Sachsens im Mittelalter, 1990; 700 Jahre Wittenberg,
hg. v. Oehmig, S., 1996; Rogge, J., Wittenberg, LexMA 9 1998, 273; Beck, L.,
Herrschaft und Territorium der Herzöge von Sachsen-Wittenberg (1212-1422),
2000.; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini,
W., 2003, 1, 2, 634.
Witzenhausen (Reichslehen). Um 743 legte Bischof
Witta von Büraburg an der Werra an der Grenze zu Sachsen einen befestigten Hof
an. Im 12. Jahrhundert war W. wahrscheinlich Reichslehen Herzogs Heinrichs des Löwen, seit 1180 der Landgrafen
von Thüringen. Von ihnen kam W. 1247 erbweise an die Landgrafen von Hessen. Von
1627 bis 1834 gehörte W. innerhalb Hessen-Kassels zur Rotenburger Quart. 1866
gelangte es zu Preußen und 1945 zu Hessen. S. Hessen.
L.: Wolff 254; Eckhardt, K. A., Quellen zur Rechtsgeschichte der Stadt
Witzenhausen, 1954; Eckhardt, A., Witzenhausen 1745, 2.A. 1965; Witzenhausen
und Umgebung, hg. v. Künzel, A., 1983; Reyer, H./Stephan, H., Witzenhausen im
späten Mittelalter und in der frühen Neuzeit, 1985.
Wohlau (Fürstentum, Herzogtum,
Residenz des Herzogs), Wolów. W. an der
mittleren Oder in Niederschlesien wurde um 1285 neben einem slawischen Dorf als
Stadt zu deutschem Recht gegründet. Bis 1248 war das Gebiet mit dem Fürstentum
Breslau, von 1248 bis 1312 mit Glogau und von 1312 bis 1471 mit Oels verbunden.
Von 1495 bis 1504 war W. selbständiges Herzogtum,
das 1504 an Münsterberg fiel und 1517 mit Steinau an die Familie Thurzo, die
nach ihrer Übersiedelung von Ungarn nach Krakau zusammen mit den Fuggern im
Bergbau reich geworden war, verkauft wurde, die es 1523 an die Herzöge von
Liegnitz weiterveräußerte. Von 1653/1654 bis 1664 war es erneut selbständiges Herzogtum, wurde dann aber wieder mit Liegnitz und
Brieg vereinigt. 1675 fiel es nach dem Aussterben der Liegnitzer Piasten als
seit 1329 zur Krone Böhmens gehörig an Habsburg/Österreich, 1742 an Preußen. W.
hatte einen Flächeninhalt von 23 Quadratmeilen und war in die Kreise W. und
Steinau-Raudten gegliedert. Seit 1945 stand es unter Verwaltung Polens und
gelangte 1990 als politische Folge der deutschen Einheit an Polen.
L.: Wolff 484; Heyne, J., Urkundliche Geschichte der Stadt und des Fürstentums
Wohlau, 1867; Juhnke, R., Wohlau, 1965; Chroniken aus dem Kreise Wohlau
(Niederschlesien), hg. v. Hoppe, R., (1983); Velsen, D. v., Die
Gegenreformation in den Fürstentümern Liegnitz-Brieg-Wohlau, 1971; Höfe und
Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 2,
639.
Wohldenberg (Grafen). Nach der um 1150 erbauten
Höhenburg W. südöstlich Hildesheims nannten sich seit 1109 erkennbare Grafen an
der oberen Oker. 1275 verkauften sie Grafschaft und Burg W. an das Hochstift
Hildesheim, andere Grafenrechte zwischen oberer Oker und Nette an den Herzog von Braunschweig. 1383 starb das Geschlecht
aus.
L.: Wolff 448; Petke, W., Die Grafen von Wöltingerode-Wohldenberg, 1971; Petke,
W., Wohldenberg, LexMA 9 1998, 292.
Wolbeck (Burg). An dem 1185 erstmals erwähnten
Ort W. (Walbeke, Waldbach) legte der Bischof von Münster vor der Mitte des 13.
Jahrhunderts an wichtigen Straßen eine Burg (castrum 1242) an, der eine Stadt
folgte. Seit 1275 wurde W. ein bevorzugter Aufenthaltsort der Bischöfe. Das
zugehörige, von der Lippe bei Dolberg bis Hembergen nördlich Grevens reichende
Amt bildete zusammen mit dem Amt Rheine 1803 das Fürstentum Rheina-Wolbeck des Herzogs Wilhelm Joseph von Looz-Corswarem. 1806 kam es
zum Großherzogtum Berg, 1811 an Frankreich, 1815 an Preußen (Provinz Westfalen)
und W. damit 1946 an Nordrhein-Westfalen. S. Rheina-Wolbeck.
L.: Wolff 312; Casser, P., Aus Wolbecks Vergangenheit, 1926; Tönsmeyer, J., Das
Landesfürstentum Rheina-Wolbeck, 1962; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren,
2005, 2, 686.
Wolfenbüttel (Fürstentum, Residenz des Herzogs von Braunschweig-Lüneburg bzw.
Braunschweig-Wolfenbüttel). W. an der Oker im nördlichen Harzvorland, der
südlichste aller -büttel-Orte, wird 1118 erstmals erwähnt (Wulferesbutle), ist
aber vermutlich erheblich älter (7./8.?, 10./11. Jahrhundert). Die Burg W.
unterstand zunächst den brunonisch-welfischen, später reichsministerialischen
Herren von Asseburg (Gunzelin von W.) und wurde nach der Zerstörung der
Herrschaft durch die Welfen (1255) 1283 von diesen wieder aufgebaut. 1267
erhielt Herzog Heinrich der Lange bei der
Teilung Braunschweig-Lüneburgs (Braunschweig-Wolfenbüttels) die Gebiete um
Braunschweig-Wolfenbüttel, Einbeck-Grubenhagen und Göttingen. Von 1279 bis 1292
gehörte W. zusammen mit Gütern um Gandersheim und Seesen einer eigenen Linie.
1345 kam W. an Herzog Magnus I. Seit 1432 war W.
Hauptsitz der Herzöge von Braunschweig-Wolfenbüttel. 1495 gelangte es zum
Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel, das 1635 an die Linie Lüneburg-Dannenberg
(Braunschweig, Wolfenbüttel, Helmstedt, Gandersheim, Holzminden, Blankenburg in
3 getrennten Landesteilen) und 1735 an die Linie Braunschweig-Bevern fiel.
1753/1754 wurde die Residenz des Fürstentums von W. nach Braunschweig verlegt.
1946 kam W. mit Braunschweig an Niedersachsen. S. Braunschweig-Wolfenbüttel.
L.: Wolff 438f.; Schnath, G./Lübbing, H./Engel, F., Niedersachsen, (in)
Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Meier, P., Untersuchungen zur
Geschichte der Stadt Wolfenbüttel, Jb. d. Geschichtsvereins für das Herzogtum Braunschweig 1 (1902), 1; Karpa, O.,
Wolfenbüttel, 2. A. 1965; Thöne, F., Wolfenbüttel, Geist und Glanz einer alten
Residenz, 2. A. 1968; Busch, S., Hannover, Wolfenbüttel und Celle, 1969;
Beiträge zur Geschichte der Stadt Wolfenbüttel, hg. v. König, J., 1970;
Ohnesorge, K., Wolfenbüttel, 1974; Zur Stadtgeschichte Wolfenbüttels, hg. v.
Reuter, H., 1988; Casemir, K./Ohainski, U., Das Territorium der Wolfenbütteler
Herzöge um 1616, 1996; Ohainski, U., Wolfenbüttel, LexMA 9 1998, 304; Medefind,
H., Die Kopfsteuerbeschreibung des Fürstentums Braunschweig-Wolfenbüttel von
1678, 2001; Klingebiel, T., Ein Stand für sich? Lokale Amtsträger in der frühen
Neuzeit, 2002; Auf dem Weg zur herzoglichen Residenz, hg. v. Schwarz, U., 2003;
Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W.,
2003, 1, 2, 639.
Wolgast (Stadt[, Herzogtum],
Residenz des Herzogs von Pommern-Wolgast). W. an
der Peene erscheint erstmals im 12. Jahrhundert. 1282 erhielt es Stadtrecht
Lübecks. Von 1295 bis 1625 war es Sitz der Herzöge von Pommern-Wolgast (Wolgast
mit den Gebieten nördlich der Peene und östlich der Odermündung zwischen Peene,
Haff und Ihna). 1815 kam es zu Preußen, 1945 mit Vorpommern zu Mecklenburg und
damit von 1949 bis 1990 zur Deutschen Demokratischen Republik. S.
Pommern-Wolgast, Mecklenburg-Vorpommern.
L.: Wolff 404; Eggert, W., Geschichte Pommerns, 1974; Schmidt, R., Wolgast,
LexMA 9 1998, 317; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W., 2003, 1, 2, 642.
Wölpe (Grafen). Im frühen 12. Jahrhundert
erscheinen nach der W., einem Zufluss der Aller benannte Grafen, die das
Gericht Nöpke als Lehen der Welfen hatten. In der zweiten Hälfte des 13.
Jahrhunderts gelang aus Gütern des Hochstifts Minden die Bildung einer
Herrschaft. 1302 verkaufte der Graf von Oldenburg-Altbruchhausen das Erbe des
ausgestorbenen Geschlechts an den Herzog von
Braunschweig.
L.: Wolff 436; Scriverius, D., Die weltliche Regierung des Mindener Stifts, Bd.
1f. 1966f.; Hemann, F., Wölpe, LexMA 9 1998, 325; Die Grafschaften Bruchhausen,
Diepholz, Hoya und Wölpe, 2000.
Württemberg (Grafen, Herzogtum,
Königreich, Land, Landesteil). 1081/1083/1092 erscheint die neu errichtete Burg
Wirtinisberc auf dem Rotenberg zwischen Esslingen und Cannstatt im alten
Stammesherzogtum Schwaben. Nach ihr nannten sich (fränkische?, von dem
salischen Herzog Konrad von Kärnten
abstammende?) Herren von W. (1081/1083 Konrad, 1089/1092 Conradus de
Wirtineberc), die seit 1135/1139 als Grafen (Grafschaft im Remstal) auftraten,
zunächst im mittleren Neckartal und Remstal begütert waren und - vielleicht
nach einer Unterbrechung um 1150 - zu Beginn des 13. Jahrhunderts das ganze
mittlere und untere Remstal mit Waiblingen und Schorndorf erlangt hatten.
Wichtigste Grundlagen der Herrschaftsbildung wurden Leibeigenschaft,
Mannsteuer, Ortsherrschaft und Steuer. Durch Heirat erwarben sie um 1245 von
den Markgrafen von Baden Stuttgart (stuot-gart), das im 14. Jahrhundert (1321)
Sitz des Hofes und Mittelpunkt der Grafschaft und ab 1482 offiziell Hauptstadt
und Residenzstadt wurde. Dazu kamen Zollrechte und Geleitsrechte an wichtigen
Straßen wie der Fernstraße von Speyer nach Ulm. Nach dem Untergang der Staufer
rissen sie Reichsgut im erheblichen Umfang an sich (Waiblingen). 1259 wurde
Graf Ulrich I. Marschall des Reiches über ganz Schwaben und kaufte die
Grafschaft Urach (Urach, Münsingen, Pfullingen, Nürtingen). Eberhard I. gewann
1298 die Landvogtei Schwaben und vergrößerte das Herrschaftsgebiet um fast die
Hälfte (Backnang, Calw [1308], Göppingen [1319], Hohenstaufen [1319],
Dornstetten [1320], Neuffen, Rosenfeld, Neuenbürg, Glemsgaugrafschaft mit
Hohenasperg). 1324/1325 kamen durch Kauf Reichenweier und Horburg im Elsass,
1330 Landvogtei Wimpfen, 1336 Markgröningen, 1339 Vaihingen, 1343 Tübingen mit
dem Reichsforst Schönbuch, die halbe Herrschaft Teck mit Kirchheim, Winnenden,
die Grafschaft Aichelberg, Grötzingen und 1381 von den Herzögen von Teck
(Verkauf der zweiten Hälfte) Kirchheim hinzu. Eberhard III. erhielt die
Herrschaft Schalksburg mit Balingen und Onstmettingen sowie dem Rest von
Bietigheim. Eberhard IV. erwarb durch Heirat 1397/1409 die Grafschaft
Mömpelgard (bis 1796/1802). 1420 umfasste W. als die größte Grafschaft des
Reiches nach einem Verzeichnis der württembergischen Lehen und Eigengüter als
Reichslehen die Grafschaft W. mit den Städten Stuttgart, Cannstatt (Canstatt,
Cannstadt), Leonberg, Waiblingen und Schorndorf, den Zoll zu Göppingen, die
Grafschaft Aichelberg mit der Stadt Weilheim und die Vogtei zu Jesingen, das Herzogtum Teck mit den Städten und Schlössern
Kirchheim, Gutenberg, Wielandstein und Hahnenkamm, die Grafschaft Neuffen, die
Grafschaft Urach mit den Städten Urach, Wittlingen und Münsingen, die
Pfalzgrafschaft Tübingen mit den Städten Tübingen, Herrenberg, Böblingen,
Sindelfingen und dem Forst Schönbuch, die Grafschaft Calw mit Stadt Calw,
Wildbad und Zavelstein, die Grafschaft Vaihingen mit den Städten Vaihingen,
Oberriexingen (Riexingen), Horrheim und Hohenhaslach (Haslach), die Herrschaft
Magenheim mit der Stadt Brackenheim, die Stadt Markgröningen als ein Fahnlehen,
die Grafschaft Asperg, die Herrschaft Horburg und die Grafschaft Wickisau
(Willisau) mit der Stadt Reichenweier im Elsass, die auf der rechten Rheinseite
oberhalb Breisach gelegene Burgfeste Sponeck, die Herrschaft Waldhausen bei
Welzheim, die Herrschaft Nagold mit den Städten Nagold und Haiterbach
(Haitersbach), die Herrschaft Urslingen mit dem Städtchen Rosenfeld, zeitweise
die Grafschaft Sigmaringen mit der gleichnamigen Stadt und die Feste und die
Hälfte von Herrschaft und Stadt Hornberg. Eigengüter lagen zu Tuttlingen
(Wittlingen), Nürtingen, Grötzingen, Waldenbuch, Lichtenstein, Leofels,
Schiltach, Dornhan, Fautsberg (Vogtsberg), Großgartach und Kleingartach
(Gartach), Güglingen, Lauffen (Laufen), Backnang, Winnenden, Marbach,
Göppingen, Schülzburg (Schilzburg), Hundersingen, Sternenfels, Bilstein bei
Reichenweier, Ramstein, Ebersberg, Reichenberg, Waldenstein, Bittenfeld,
Hoheneck, Schalksburg, Balingen, Blankenhorn, Bietigheim, Blankenstein, halb
Rechtenstein, Ingersheim, Ebingen, Veringen, Achalm, Hohenstaufen, Lauterburg,
Rosenstein, Gundelfingen, Oberndorf und Wasseneck. Dazu kamen als Lehen von der
Krone Böhmens: Burg und Stadt Neuenbürg (Neuenburg), Burg und Stadt Beilstein,
Lichtenberg und Großbottwar (Bottwar) und als ein Lehen des Hochstifts Bamberg
Dornstetten. 1441/1442 wurde das damit bereits große, aber in sich noch recht uneinheitliche
Land geteilt. Ludwig I. begründete die Linie Urach, Ulrich V. die Linie Neuffen
bzw. Stuttgart (mit Nebenlinie Württemberg-Mömpelgard ab 1498, die 1593 die
Hauptlinie beerbte). 1471/1473 wurde der Erwerb der Grafschaft Sulz
abgeschlossen. 1482 stellte Eberhard V. im Bart von der Uracher Linie
(1450-1496), der Gründer der Universität Tübingen (1477), die Einheit des
Landes wieder her (Vertrag von Münsingen), erließ eine Landesordnung (1495) und
erreichte 1495 vom Kaiser für die größte Grafschaft des Reichs die Erhebung zum
Herzog und die Einordnung des Landes als
Reichslehen, womit zugleich eine Vereinheitlichung der unterschiedlichen
Besitzrechte gegeben war. Nach seinem Tode gewann zwar W. 1504 noch das
Maulbronner Klostergut, die Reichsgrafschaft Löwenstein und die Ämter
Besigheim, Weinsberg, Neuenstadt, Möckmühl und Heidenheim, doch erlangte der
Landtag wachsenden Einfluss (1514), fiel W. wegen der Annexion Reutlingens von
1520 bis 1534 überhaupt an das Reich (1520-1522) bzw. Österreich und musste
danach bis 1599 die Lehnshoheit Österreichs (Reichsafterlehen) anerkennen. Um
1535 wurde die Reformation eingeführt, 1555 ein romanistisch geprägtes
Landrecht erlassen. Im Dreißigjährigen Krieg wurde das zum schwäbischen
Reichskreis zählende Land zweimal besetzt, verlor (zeitweilig ein Drittel
seines Gebiets und) zwei Drittel seiner ursprünglichen 450000 Einwohner und
geriet danach in einen allgemeinen Niedergang. 1617 wurde in eine Hauptlinie
und die Nebenlinien Württemberg-Mömpelgard (bis 1723) und Württemberg-Weiltingen
(bis 1705) geteilt. 1649 spaltete sich Württemberg-Neuenstadt, 1674
Württemberg-Winnental ab. Im 18. Jahrhundert gelang die weitgehende Entmachtung
des Landtags. 1733 übernahm die 1674 entstandene Nebenlinie
Württemberg-Winnental die Nachfolge der ausgestorbenen Hauptlinie. Territorial
kamen Justingen (1751), Bönnigheim und Sterneck, sowie die halbe
Reichsgrafschaft Limpurg (nach 1781) hinzu, so dass das Land nunmehr 9400
Quadratkilometer mit 620000 Einwohnern umfasste. Wegen Untereisesheim war der Herzog Mitglied des Kantons Kraichgau des
Ritterkreises Schwaben, wegen weiterer Güter auch Mitglied des Kantons Odenwald
des Ritterkreises Franken. 1803 wurde der Herzog
Kurfürst. Als Entschädigung für den Verlust linksrheinischer Güter an Frankreich
1796/1801 (Mömpelgard, Gebiete im Elsass [Horburg, Reichenweier],
Freigrafschaft Burgund, 7 Quadratmeilen mit 14000 Einwohnern) bekam er 1803
durch § 6 des Reichsdeputationshauptschlusses unter der Auflage verschiedener
Renten die Propstei Ellwangen, die Abteien Schöntal und Zwiefalten, fünf
Klöster und Stifte (Comburg, Rottenmünster, Heiligkreuztal, Oberstenfeld,
Margarethausen) sowie die neun Reichsstädte Reutlingen, Esslingen, Rottweil,
Heilbronn, Giengen, Aalen, Weil der Stadt, Schwäbisch Hall und Schwäbisch Gmünd
nebst dem Dorf Dürrenmettstetten, insgesamt 29 Quadratmeilen mit 120000
Einwohnern). Außerdem erhielt W. an geistlichen Gütern: Im Jahre 1803 vier
Klöster in Schwäbisch Gmünd, Kloster Gotteszell, das Karmeliterkloster in
Heilbronn und das Benediktinerinnenkloster Mariaberg, drei Klöster in Rottweil
und das Augustinerkloster in Weil der Stadt. Im Jahre 1804 fielen das
Kapuzinerkloster in Rottweil und 1805 die Johanniterkommenden Affaltrach,
Hemmendorf, Rottweil und Dätzingen und die Deutschordenskommende Heilbronn an
W. 1806 folgten die Deutschordenskommenden Altshausen und Kapfenburg, das
Kapuzinerkloster Bartenstein, das Bruderhaus in Bernstein, das
Dominikanerinnenkloster Binsdorf, das Chorherrenstift Ehingen-Rottenburg, das
Kollegiatstift und das Dominikanerinnenkloster in Horb, die
Dominikanerinnenklöster Kirchberg, Löwental (Löwenthal) bei Friedrichshafen und
Oberndorf, das Wilhemiten- bzw. Benediktinerkloster in Mengen, die
Kapuzinerklöster Michaelsberg (Michelsberg), Pfedelbach und Rottenburg, das
Karmelitenkloster in Rottenburg, die Franziskanerklöster Oeffingen und Waldsee,
das Benediktinerkloster Wiblingen und das Benediktinerinnenkloster Urspring.
1807 gelangte das Franziskanerinnenkloster Neuhausen, 1809 das gleiche
Ordenskloster in Schwäbisch Gmünd und Mergentheim, die Kapuzinerklöster in
Mergentheim und Wurmlingen an W. 1810 erhielt es die Kapuzinerklöster in
Biberach, Schwäbisch Gmünd und Weil der Stadt, das Klarissinnenkloster in
Heilbronn und das Franziskanerkloster Saulgau, 1811 die Kapuzinerklöster in
Langenargen und Neckarsulm und das Franziskanerinnenkloster in Wiesensteig und
schließlich 1830 die Kapuzinerklöster in Ellwangen, Riedlingen und Wangen. Mit
der Anlehnung an Frankreich wurden 1805/1806 die Königswürde (30. 12. 1805),
die österreichischen Güter in Oberschwaben (Landvogtei mit Sitz in Altdorf) und
mehrere Grafschaften gewonnen. Der König trat dem Rheinbund bei und
verheiratete seine Tochter 1807 an Jerôme Bonaparte. 1809 erhielt er das
Deutschmeistergebiet von Mergentheim, 1810 Ulm und andere Reichsstädte, so dass
das Land nach verschiedenen Grenzausgleichsverträgen mit Baden, Bayern und
Hohenzollern-Hechingen (1806-1813) 19511 Quadratkilometer mit 1,1 Millionen
Einwohnern umfasste. Eine im März 1815 erlassene Verfassung scheiterte. 1816
trat der König dem Deutschen Bund bei. Sein Nachfolger gewährte am 25. 9. 1819
eine Verfassung. Durch Vereinbarung vom 25. 11. 1870 wurde der Beitritt zum
Deutschen Reich unter Wahrung von Sonderrechten für Post, Eisenbahn, Biersteuer
und Branntweinsteuer vorbereitet und bald vollzogen. Am 30. 11. 1918 legte der
König die Krone nieder (Erlöschen der Hauptlinie 1921). Am 26. 4./25. 9. 1919
trat eine neue Verfassung in Kraft. Im März 1933 übernahmen die
Nationalsozialisten die Regierung. Im September/Oktober 1945 wurde W. in die
Länder Württemberg-Hohenzollern (französische Besatzungszone) und
Württemberg-Baden (amerikanische Besatzungszone) aufgeteilt. Nach der
Volksabstimmung vom 9. 12. 1951 gingen beide Länder in Baden-Württemberg auf.
S. a. Neuwürttemberg.
L.: Wolff 159; Zeumer 553 II b 26; Wallner 684 SchwäbRK 1; Winkelmann-Holzapfel
169; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) E4, II 78 (1450) F4, III 22
(1648) D4, III 38 (1789) C3; Riedenauer 129; Gönner, E./Zorn, W., Schwaben,
(in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Die Territorien des Reichs 5, 168;
Sattler, C., Geschichte des Herzogtums
Würtenberg unter der Regierung der Graven und Herzöge, 1777; Stälin, C.,
Wirtembergische Geschichte, Bd. 1ff. 1841ff.; Die württembergischen
Oberamtsbeschreibungen, 1844ff.; Gaisberg-Schöckingen, F. v., Das Königshaus
und der Adel von Württemberg, 1910; Wirtembergisches Urkundenbuch, hg. v.
königlichen Staatsarchiv in Stuttgart, Bd. 1ff. 1849ff.; Stälin, P., Geschichte
Wirtembergs, Bd. 1f. 1882ff.; Württembergische Geschichtsquellen, hg. v. d.
Komm. f. Landesgeschichte, Bd. 1ff. 1894ff.; Bibliographie der
württembergischen Geschichte, hg. v. Heyd, W., Bd. 1ff. 1895ff.; Mock, A., Die
Entstehung der Landeshoheit der Grafen von Wirtemberg, 1927; Hertlein, F. u.
a., Die Römer in Württemberg, Bd. 1ff. 1928ff.; Veeck, W., Die Alamannen in
Württemberg, 1931; Weller, K., Die Grafschaft Württemberg und das Reich bis zum
Ende des 14. Jahrhunderts, Württemberg. Vierteljahreshefte für Landesgeschichte
38 (1932); Hölzle, E., Württemberg im Zeitalter Napoleons, 1937; Hölzle, E.,
Der deutsche Südwesten am Ende des alten Reichs, 1938; Bader, K., Der deutsche
Südwesten, 2. unv. A. 1978; Dehlinger, A., Württembergs Staatswesen in seiner
geschichtlichen Entwicklung bis heute, Bd. 1f. 1950ff.; Deutsches Städtebuch,
hg. v. Keyser, E./Stoob, H., 1939-1974, Bd. 4 Teilband 2; Müller, E., Kleine
Geschichte Württembergs, 1963; Miller, M./Sauer, P., Die württembergische
Geschichte. Von der Reichsgründung bis heute, 1971; Jänichen, H./Schröder, K.,
150 Jahre amtliche Landesbeschreibung in Baden-Württemberg, Zs. für
württemberg. LG. 38 (1974); Weller, K./Weller, A., Württembergische Geschichte
im südwestdeutschen Raum, 10. A. 1989; Philippe, R., Württemberg und der westfälische
Friede, 1976; Kann, J., The Making of a State: Württemberg 1593-1793, London
1984; Wicki, H., Das Königreich Württemberg im ersten Weltkrieg, 1984; 900
Jahre Haus Württemberg, hg. v. Uhland, R., 3. A. 1985; Vann, J., Die
Entwicklung eines Staates, Württemberg 1593-1793 (Aus d. Engl. übers. v.
Nicolai, K./Nicolai, H.), 1986; Barth, C., Geschichte von Württemberg, 1986;
Haas, E., Württemberg, oh deine Herren! Ein Streifzug durch die
württembergische Geschichte, 1986; Buszello, H., Der Oberrhein in Geschichte
und Gegenwart, Von der Römerzeit bis zur Gründung des Landes Baden-Württemberg,
1986; Beiträge zur Geschichte der Landkreise in Baden und Württemberg, hg. v.
Landkreis Baden-Württemberg, 1987; Saurer, P., Napoleons Adler über
Württemberg, Baden und Hohenzollern, 1987; Gerner, J., Vorgeschichte und
Entstehung der württembergischen Verfassung im Spiegel der Quellen (1815-1819),
1989; Frey, S., Das württembergische Hofgericht (1460-1618), 1989; Stievermann,
D., Landesherrschaft und Klosterwesen im spätmittelalterlichen Württemberg,
1989; Handbuch der baden-württembergischen Geschichte, hg. v. d. Komm. f.
geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, Bd. 1ff. 1990ff.;
Holzgerlingen, 1995; Molitor, S., 1495: Württemberg wird Herzogtum, 1995; Eberl, I., Württemberg, LexMA 9 1998,
375; Regesten zur Geschichte von Württemberg 1325-1392, 1998; Repertorium der
Policeyordnungen der frühen Neuzeit, hg. v. Härter, K./Stolleis, M., Bd. 3
1999; Schlinker, S., Fürstenamt und Rezeption, 1999, 182; Keitel, C.,
Herrschaft über Land und Leute, 2000; Schnabel, T., Geschichte von Baden und
Württemberg 1900-1952, 2001; Biographisches Handbuch der württembergischen
Landtagsabgeordneten 1815-1933, bearb. v. Raberg, F., 2001; Württembergisches
Klosterbuch, hg. v. Zimmermann, W., 2003; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W. u. a., 2003, 1, 1, 225, 909
(Württemberg mit Mömpelgard); Württemberg 1797-1816/19, bearb. v. Paul, I.,
2004; Hesse, C., Amtsträger der Fürsten im spätmittelalterlichen Reich, 2005;
Mann, B., Kleine Geschichte des Königreichs Württemberg, 2006; Der
württembergische Hof im 15. Jahrhundert, hg. v. Rückert, P., 2006; Das Herzogtum Württemberg zur Zeit des Dreißigjährigen
Krieges im Spiegel von Steuer- und Kriegsschadensberichten 1629-1655, hg. v.
Hippel, W. v., 2007; 1806 – Souveränität für Baden und Württemberg. Beginn der
Modernisierung?, hg. v. Schindling, A. u. a., 2007; Weber, R., Kleine
Geschichte der Länder Baden und Württemberg 1918-1945, 2008; Die Protokolle der
Regierung des Volksstaates Württemberg, bearb. v. Baumann, A. u.a., Bd. 1 2013.
Württemberg-Oels (Fürsten[, Fürstentum]). Über die
Erbtochter des letzten Herzogs von Oels aus der
Linie Münsterberg des Hauses Podiebrad fiel Oels als Lehnsfürstentum
Österreichs 1647/1649 an eine Nebenlinie des Hauses Württemberg
(Württemberg-Weiltingen), die sich daraufhin W. nannte. Sie gelangte 1742 unter
die Landeshoheit Preußens. 1792 erlosch sie. Ihre Güter kamen 1792 in
weiblicher Erbfolge an die Herzöge von Braunschweig und bei deren Aussterben an
Sachsen. Die Lehen wurden als an Preußen heimgefallen erklärt und dem
jeweiligen deutschen Kronprinzen zugeordnet. S. Oels.
L.: Häusler, W., Geschichte des Fürstentums Oels, 1883.
Würzburg (Hochstift, Großherzogtum, Residenz des
Bischofs). 704 wird linksmainisch W. (Virteburh, um 700 Uburzis), dem bereits
in vorchristlicher Zeit bedeutende keltische Siedlungen vorangehen, als
Mittelpunkt eines fränkischen (thüringischen) Herzogtums
bezeugt. 741/742 richtete Bonifatius einen in die rechtsmainische Talsiedlung
gelegten Bischofssitz (Bischof Burchard) für Ostfranken ein, der Mainz unterstellt
wurde. Die Diözese reichte vom Thüringer Wald (bzw. südlich von Hersfeld) bis
zur Hohenloher Ebene (bzw. südlich von Schwäbisch Hall) und von Böhmen bis an
Neckar und Spessart. Die Grundlage weltlicher Herrschaft bildeten reiche
Schenkungen Karlmanns und König Pippins (752/753 Immunität). Um 800 ist W. als
Königspfalz belegt. Vor allem von Kaiser Otto II. erhielt W. weitere Güter.
1007 wurde W. durch die Gründung des Bistums Bamberg beschnitten. 1030 war der
Bischof Stadtherr, gegen den sich Stadt (1069 urbani cives, 1147 Juden bezeugt)
und Zünfte von 1248 bis etwa 1400 vergeblich wendeten. 1168 bestätigte Kaiser
Friedrich I. Barbarossa den Bischöfen die herzogliche Gewalt in Franken, doch
kam das Herzogtum nicht zur tatsächlichen
Entfaltung. Der Ausbau des zwischen Eltmann und Gemünden beiderseits des Mains
und bis Marktheidenfeld linksmainisch sowie im Grabfeld, in der Rhön, im
Bauland, in Markt Bibart und (bis 1542) Meiningen begüterten Hochstifts (u. a.
1297 Kissingen) erfolgte in heftigen Auseinandersetzungen mit den Grafen von
Henneberg als Hochstiftsvögten. 1400 wurden bürgerliche Befreiungsversuche
endgültig unterdrückt. Der Bischof hatte Sitz und Stimme im Reichsfürstenrat
und beim fränkischen Reichskreis. Durch die Reformation erlitt das Bistum bedeutende
Verluste, die Julius Echter von Mespelbrunn (1573-1617), der Erneuerer der 1410
erstmals gegründeten Universität (1582), wieder wettmachte. 1633 wurde W. mit
Bamberg als Herzogtum Franken an Herzog Bernhard von Weimar als Lehen Schwedens
gegeben, aber bereits 1634 wieder verselbständigt. Im späteren 17. Jahrhundert
zählte der Bischof zum Kanton Steigerwald des Ritterkreises Franken. Um 1790
war der Bischof Mitglied des Ritterkreises Franken und zwar außer in den
Kantonen Steigerwald und Baunach im Kanton Odenwald wegen Teilen von
Gollachostheim, Haltenbergstetten, Eichhof, Ermershausen, Eulenhof, Neubronn,
Niederstetten, Oberndorf, Rinderfeld, Streichental, Wermutshausen und Teilen
von Pfahlenheim und im Kanton Rhön-Werra wegen Teilen von Nordheim/Rhön,
Büchold, Teilen von Elfershausen, Mittelsinn mit Aura, Teilen von Obersinn,
Teilen von jeweils Burglauer, Eichenhausen, Leutershausen, Maßbach samt zwei
Dritteln Weichtungen, Poppenlauer und Unsleben. 1802/1803 fiel das 90
Quadratmeilen (mit 262000 Einwohnern und 3 Millionen Gulden Einkünften)
umfassende Hochstift mit 54 Ämtern an Bayern (72 Quadratmeilen), Württemberg,
Hessen-Darmstadt und Leiningen. 1805 kam es von Bayern gegen Tirol, Brixen und
Trient an den Habsburger Ferdinand von Toskana. Unter ihm gehörte es vom 30. 9.
1806 bis 1814 als Großherzogtum W. zum Rheinbund. Durch
Grenzbereinigungsverträge mit den Nachbarländern wurde der Umfang des Gebiets
seit 1807 verändert. 1810 kam Schweinfurt hinzu. Am 3. 6. 1814 gelangte W.
erneut an Bayern. Das Bistum W. wurde 1817 erneuert und dem Erzbistum Bamberg
unterstellt.
L.: Wolff 99; Zeumer 552 II a 7; Wallner 691 FränkRK 1; Großer Historischer
Weltatlas II 66 (1378) F4, II 22 (1648) E3, III 38 (1789) D4; Riedenauer 129;
Winkelmann-Holzapfel 169f.; Zimmermann, G., Franken, (in) Geschichte der
deutschen Länder, Bd. 1; Die Territorien des Reichs 4, 98; Neumaier 15, 19f.,
24, 52, 87, 132; Monumenta Boica, Bd. 37ff. 1864ff.; Chroust, A., Geschichte
des Großherzogtums Würzburg. Die äußere Politik des Großherzogtums Würzburg,
1932; Beck, M./Büttner, H., Die Bistümer Würzburg und Bamberg in ihrer
politischen und wirtschaftlichen Bedeutung für die Geschichte des deutschen
Ostens, 1937; Endrich, P./Dinklage, K., Vor- und Frühgeschichte der Stadt
Würzburg, 1951; Herbipolis iubilans, 1200 Jahre Bistum Würzburg, 1952; Bosl,
K., Würzburg als Reichsbistum, FS T. Mayer, 1954; Hofmann, H., Die Würzburger
Hochstiftskarte des Oberleutnants von Fackenhofen 1791, Mainfränk. Hefte 24
(1956); Scherzer, W., Georg Conrad Jung (1612-1691) und die Entwicklung der
Kartographie im Hochstift Würzburg, Ber. zur dt. Landeskunde 25 (1960);
Wendehorst, A., Das Bistum Würzburg, Bd. 1f. 1962ff.; Wendehorst, A., Das
Bistum Würzburg, Freiburger Diözesanarchiv 86 (1966); Schubert, E., Die Landstände
des Hochstifts Würzburg, 1967; Bilz, W., Die Großherzogtümer Würzburg und
Frankfurt, Diss. phil. Würzburg 1968; Bosl, K., Franken um 800, 2. A. 1969;
Lindner, K., Untersuchungen zur Frühgeschichte des Bistums Würzburg und des
Würzburger Raumes, 1972; Schich, W., Würzburg im Mittelalter, 1977; Trüdinger,
K., Stadt und Kirche im spätmittelalterlichen Würzburg, 1978; Würzburg, hg. v.
Wendehorst, A., 1981; Hoffmann, H., Das Lehenbuch des Fürstbischofs Albrecht
von Hohenlohe 1345-1372, 1982; Götz, H., Würzburg im 16. Jahrhundert
Bürgerliches Vermögen und städtische Führungsschichten zwischen Bauernkrieg und
fürstbischöflichem Absolutismus, 1986; Wendehorst, A., Das Bistum Würzburg, 4
Das Stift Neumünster in Würzburg, 1989; Veith, P., Regesten aus Würzburger
Urkunden, 1990; Chronik der Bischöfe von Würzburg, Bd. 1ff., hg. v. Wagner, U.
u. a., 1992ff.; 1200 Jahre Bistum Würzburg, hg. v. Lenssen, J./Wamser, L.,
1992; Link, T., Die Reichspolitik des Hochstifts Würzburg, 1995; Wendehorst,
A., Würzburg, LexMA 9 1998, 377; Geschichte der Stadt Würzburg, hg. v. Wagner,
U., Bd. 1ff. 2001ff.; Schäfer, D., Geschichte Würzburgs, 2003; Höfe und
Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 638,
1, 2, 648; Süßmann, J., Vergemeinschaftung durch Bauen, 2007; Quellen zur
Geschichte des Bürgerspitals Würzburg 1500-1650, bearb. v. Bergerhausen, H.,
2014; Würzburger Ratsprotokolle 1432-1454, hg. v. Fuchs, F. u.a., 2014.
Wylre (reichsunmittelbare Herrschaft, Wijlre).
W. an der Geul im Herzogtum Limburg östlich
Maastrichts wird erstmals 1040 erwähnt. Um 1150 nannten sich die Scavedries
nach ihm. Die aus Burg und Dorf W. und einigen Höfen bestehende
reichsunmittelbare Herrschaft wechselte vielfach den Inhaber. Sie gehörte am
Ende des 18. Jahrhunderts zu den nicht eingekreisten Reichsteilen. Von 1794 bis
1814 stand sie unter der Herrschaft Frankreichs. 1815/1839 kam sie zur Provinz
Limburg (Südlimburg) der Niederlande.
L.: Wolff 498.
Zähringen (Herzog).
Möglicherweise von den bis 746 als alemannische Herzöge auftretenden
Alaholfingern (Bertholden) stammt das alemannische Geschlecht der Bertholde (um
1000 Berthold Graf im Thurgau, 999 Marktrecht, Münzrecht und Zollrecht für
Villingen, unter Kaiser Heinrich II. Graf im Breisgau) ab, das einen Teil der
Baar und Grafschaften im Oberrheingebiet innehatte. Vermutlich war es in
weiblicher Linie auch mit den Staufern verwandt. Der um 1037/1038 in Italien in
königlichem Auftrag tätige Berthold erwarb wohl durch Heirat der Tochter
(Richwara) des Herzogs von Schwaben Güter um
Weilheim/Limburg im Neckargau. Berthold I. wurde von 1061 bis 1077 Herzog von Kärnten mit der Mark Verona. Nach seinem Tode
(1078) spaltete sich unter seinem Sohn Hermann die Linie (der Markgrafen von)
Baden ab. Berthold II. († 1111) war von 1092 bis 1097/1098 Gegenherzog von
Schwaben gegen den Staufer Friedrich II. Er behielt auch nach dem 1098 gegen
Überlassung Zürichs als Reichslehen erfolgten Verzicht auf Schwaben den Titel
eines Herzogs bei, nannte sich aber nach der
Übernahme des Erbes der Grafen von Rheinfelden (vor allem in Burgund) nach der
wohl nach 1078 erbauten Burg Z. bei Gundelfingen nahe Freiburg im Breisgau.
Nach der Aussöhnung mit dem Kaiser (1098) bauten die Herzöge durch den Erwerb
von Klostervogteien (Sankt Peter, Sankt Georgen, Sankt Blasien, Hochstift
Bamberg), des Rektorats über Burgund (1127, danach Herzogstitel)
(1156 Vogteien über die Hochstifte Genf, Lausanne und Sitten), der Reichsvogtei
über Zürich, durch Rodung im südlichen Schwarzwald und Gründung von Städten
(Freiburg im Breisgau 1120?, Freiburg im Üchtland 1157, Bern 1160/1191) ein von
Offenburg bis in die spätere Westschweiz reichendes, durch Städtegründungen und
Klosterstiftungen verdichtetes Herrschaftsgebiet auf (1173 Teile des Erbes der
Grafen von Lenzburg). 1187 spaltete sich die Linie der Herzöge von Teck ab.
1198 wurden die Vogtei über Schaffhausen und die Hälfte von Breisach gewonnen. Nach
dem Aussterben im Mannesstamm 1218 fielen die Güter an die Grafen von Urach
(Grafen von Freiburg, Grafen von Fürstenberg), die Grafen von Kiburg (Kyburg)
und die Herzöge von Teck. Andere Teile wurden Reichsgut. Wichtigste
Nachfolgeherrschaften waren danach Fürstenberg, Baden, Vorderösterreich und die
Eidgenossenschaft der Schweiz.
L.: Haselier, G., Die Oberrheinlande, (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd.
1; Caspart, J., Die Urheimat der Zähringer auf der schwäbischen Alb, (in)
Württemberg. Vjh. 3 (1880); Heyck, E., Geschichte der Herzöge von Zähringen,
1891, Neudruck 1980; Krüger, E., Zur Herkunft der Zähringer, ZGO N.F. 6 (1891),
7 (1892); Heyck, E., Urkunden, Siegel und Wappen der Herzöge von Zähringen,
1892; Flamm, H., Der Titel Herzog von Zähringen,
ZGO N.F. 30 (1915); Hamm, E., Die Städtegründungen der Herzöge von Zähringen in
Südwestdeutschland, 1932; Hölzle, E., Der deutsche Südwesten am Ende des alten
Reiches, 1938; Mayer, T., Der Staat der Herzöge von Zähringen, (1935), (in)
Mayer, T., Mittelalterliche Studien, 1959; Sütterlin, B., Geschichte Badens,
Bd. 1 1965; Die Zähringer, hg. v. Schmid, K./Schadek, H., 1986; Die Zähringer.
Eine Tradition und ihre Erforschung, hg. v. Schmid, K., 1986; Die Zähringer.
Anstoß und Wirkung, hg. v. Schadek, H./Schmid, K., 1990; Die Zähringer,
Schweizer Vorträge und neue Forschungen, hg. v. Schmid, K., 1990; Zotz, T.,
Zähringer, LexMA 9 1998, 466;. Parlow, U., Die Zähringer, 1999; Schlinker, S.,
Fürstenamt und Rezeption, 1999, 31; Weller, T., Die Heiratspolitik, 2004;
Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 505.
Zator (Herzogtum). Z. gehörte ursprünglich zu Polen. 1163/1173 wurde es Schlesien zugeteilt und fiel bei der Aufteilung Schlesiens an die jüngere Linie, die Ratibor, Teschen, Beuthen, Pless, Auschwitz und Sewerien erhielt. 1447 kam Z. an Polen zurück. 1521 starben die Herzöge von Auschwitz-Zator aus. S. Auschwitz.
Zeitz (Burg, Bistum, Residenz des Bischofs von
Naumburg und des Herzogs von Sachsen-Zeitz). Das
968 von Kaiser Otto dem Großen an der Stelle einer alten slawischen Siedlung
(967 Cici) an der weißen Elster errichtete, Magdeburg unterstellte Bistum Z.
mit Gütern um Altenburg, Z., Weida und Naumburg wurde 1028 zum Schutz vor
Wenden und Böhmen nach Naumburg verlegt (seit 1285 Sitz des Bischofs in Z.).
Von 1542 bis 1547 kam die Stiftsregierung von Naumburg nach Z. Von 1653 bis
1716 diente das Gebiet um Z. zur Ausstattung einer Nebenlinie Sachsen-Zeitz
Sachsens. Über die Provinz Sachsen Preußens kam Z. von 1949 bis 1990 (in
Sachsen-Anhalt) an die Deutsche Demokratische Republik. S. Naumburg,
Sachsen-Zeitz.
L.: Wolff 381; Gringmuth-Dallmer, H., Magdeburg-Wittenberg, (in) Geschichte der
deutschen Länder, Bd.1; Poppe, O., 1000 Jahre Stadt und Kirche Zeitz, 1967;
Bünz, E., Zeitz, LexMA 9 1998, 518; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 2, 652.
Zweibrücken (Grafschaft[, Herzogtum],
Residenz des Pfalzgrafen von Pfalz-Zweibrücken). An der Fernstraße von
Lothringen zum Rhein erscheint um 1170 die Burg Z. am Schwarzbach der Grafen
von Saarbrücken. Sie war ab 1182/1188 bzw. 1185/1190Sitz der von Saarbrücken
abgeteilten Grafschaft Z. (u. a. mit Lichtenberg und Meisenheim von der
früheren Grafschaft Veldenz, Neukastel oder Bergzabern, Pirmasens [1182-1570],
Vogtei über Hornbach und Altenmünster in Mainz). Hinzu kam aus dem Erbe der
Grafen von Eberstein Stauf am Donnersberg und die sog. Rheindörfer. Allod in
Lothringen (Linder, Mörsberg, Saargemünd) wurde 1297/1302 gegen das Lehen
Bitsch an die Herzöge von Lothringen gegeben. 1333 wurde geteilt
(Zweibrücken-Zweibrücken [mit Grafschaft Z. und Amt Bergzabern] und
Zweibrücken-Bitsch). Die Güter Zweibrücken-Zweibrückens fielen 1385 vom letzten
Grafen durch Verkauf zur Hälfte und 1394 ganz an die Pfalz (Kurpfalz), Allode
an das bis 1570 bestehende Zweibrücken-Bitsch. 1410 wurde in der Pfalz durch
Erbteilung das Fürstentum Pfalz-Simmern geschaffen, das 1416 das 1393
verpfändete Z. auslöste. 1477 wurde Z. Residenz der Pfalzgrafen von
Pfalz-Zweibrücken. 1523/1533 drang die Reformation ein. Von 1676/1677 bis 1697
war Z.von Frankreich besetzt. 1681/1697 fiel Pfalz-Zweibrücken an die seit 1654
in Schweden regierende Zweibrücken-Kleeburger Linie der Pfalz. Von 1714 bis
1718 unterstand es seitens Schwedens dem vertriebenen König von Polen
Stanislaus Leszczynski. 1734 fiel es an Pfalz-Birkenfeld, das 1799 Bayern
erbte. 1793/1801 kam das zum oberrheinischen Reichskreis zählende
Pfalz-Zweibrücken mit 36 Quadratmeilen Gebiet und 60000 Einwohnern an
Frankreich, 1816 an Bayern, 1919 und 1945/1946 teilweise (ohne Stadt
Zweibrücken) zum Saargebiet und im Übrigen 1946 zu Rheinland-Pfalz. S. a.
Pfalz-Zweibrücken, Saargebiet.
L.: Wolff 247ff.; Wallner 695 OberrheinRK 3; Großer Historischer Weltatlas II
66 (1378) D4, III 22 (1648) C4; Die Territorien des Reichs 6, 170; Molitor, L.,
Geschichte einer deutschen Fürstenstadt, 1885; Zweibrücken. 600 Jahre Stadt
1352-1952, 1952; Das barocke Zweibrücken und seine Meister, hg. v. Dahl,
J./Lohmeyer, K., 2. A. 1957; Pöhlmann, C., Regesten der Grafen von Zweibrücken,
bearb. v. Doll, A., 1962; Geschichtliche Landeskunde des Saarlandes Bd. 2 1977;
Rose, M., Das Gerichtswesen, 1994; Herrmann, H., Zweibrücken, LexMA 9 1998,
717; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W.,
2003, 1, 2, 658; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 484, 2, 702.
Zwickau (Reichsstadt [?]). Z. am Übergang der
Straße von Böhmen nach Goslar über die Zwickauer Mulde ist erstmals 1118
(Zwiccowe) als Gut der Gräfin von Groitzsch bezeugt. Die vor 1145 (bzw. vor
1150) entstandene deutsche Siedlung (nach 1170? Stadt) erlebte unter den
Staufern einen deutlichen Aufschwung (Reichsstadt) und kam um 1200 (1206?) an
die Markgrafen von Meißen. Unter König Rudolf von Habsburg wurde Z. dem Reich
wieder angenähert (vor 1290-1362), doch wurde 1308 Z. bereits wieder Pfandgut
bzw. musste Schutzherrschaft anerkennen. Innerhalb der Markgrafschaft Meißen
kam das etwa 4000 Einwohner zählende Z. 1485 an die ernestinische Linie, 1547
an die albertinische Linie und über Sachsen von 1949 bis 1990 an die Deutsche
Demokratische Republik.
L.: Wolff 379; Herzog, E., Chronik der
Kreisstadt Zwickau, Bd. 1f. 1839ff.; Fritzsch, E./Busies, R., Zwickau, 3. A.
1968; Blaschke, K., Zwickau, LexMA 9 1998, 732; Urkundenbuch der Stadt Zwickau,
bearb. v. Kunze, J. u. a., 2012ff..
Zyfflich-Wyler (Herrlichkeit). Die adlige Herrlichkeit
Z. nordwestlich Kleves gehörte zum Herzogtum
Kleve (klevescher landrätlicher Kreis). Über Preußen (Rheinprovinz) kam das
Gebiet 1946 zu Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 317.
Freiberg (im mittleren Sachsen) Meißen, Sachsen (Herzogtum)
Hertogenbosch (S-Hertogenbosch) bzw. Herzogenbusch Lüttich
Hertogenrade (Ht) s. Herzogenrath
Herzogenbusch (Hertogenbosch) Lüttich
Herzogenrath* (Ht) Brabant, Burgundischer Reichskreis, Limburg
Limburg* (an der Maas) (Hztm) Berg, Burgund, Burgundischer Reichskreis, Dalhem, Deutscher Bund, Geldern, Generalitätslande, Generalstaaten, Gronsveld (Gronsfeld), Herzogenrath, Jülich-Kleve-Berg, Lothringen, Luxemburg, Maastricht, Niederlande, Reckheim (Reckum), Reifferscheid, Rheinprovinz, Richold, Salm, Salm-Kyrburg, Stein, Valkenburg, Wijlre (Wylre), Wittem
Mölln (im Kreis Herzogtum Lauenburg) Lübeck (RS), Sachsen-Lauenburg
S-Hertogenrade (S’Hertogenrade) s. Herzogenrath
Steinhorst (im Kreis Herzogtum Lauenburg) Sachsen-Lauenberg
Ziethen (im Kreis Herzogtum Lauenburg) Mecklenburg, Schleswig-Holstein