recht(durch)setzen/Making Things Legal. Gesetzgebung und prozessuale Wirklichkeit in den europäischen Rechtstraditionen, hg. v. Staudigl-Ciechowicz, Kamila/Klausberger, Philipp/Pils, Ramon/Scheibelreiter, Philipp/Schmetterer, Christoph (= Beiträge zur Rechtsgeschichte Österreichs, Band 2/2013). Verlag der österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2014. 297 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Der soziale Wandel der Menschheit von der Agrargesellschaft zur Dienstleistungsgesellschaft hat vor allem seit dem 20. Jahrhundert eine allgemeine Akademisierung bewirkt, an der auch die Rechtswissenschaft und in ihr die Rechtsgeschichte einen gewissen Anteil genommen haben. Dementsprechend hat die Zahl der in der Rechtsgeschichte Lehrenden und Forschenden insgesamt im Laufe der letzten Jahrzehnte doch zugenommen, wenn auch nicht in dem von den Interessierten gewünschten Maß. Dies hat zur Folge gehabt, dass neben dem 1927 erstmals durchgeführten Rechtshistorikertag nach einiger Zeit auch ein besonderes Forum junger Rechtshistorikerinnen und Rechtshistoriker erwachsen ist, das sich nach dem kurzen englischen Vorwort der Herausgeber auf Einladung der Universität Wien und der österreichischen Akademie der Wissenschaften vom 30. Mai bis zum 2. Juli 2012 in Wien versammeln konnte.

 

Das für diese Tagung gewählte Thema eröffnet zwischen den beiden Polen Gesetzgebung und Prozesswirklichkeit in den verschiedenen Rechtstraditionen ein weites Feld. Ihm haben sich insgesamt 35 Referenten gestellt. Ihre vielfältigen neuartigen Erkenntnisse stellen die Beiträge zur Rechtsgeschichte Österreichs erfreulicherweise bereits im Jahresband 2013 der Allgemeinheit im Druck zur Verfügung.

 

Nach dem spannenden Eröffnungsvortrag des Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofs Österreichs beginnen die alphabetisch nach den Familiennamen der Referenten gereihten, in deutscher oder englischer Sprache gehaltenen Beiträge mit einer Untersuchung Virginia Amorosis über Wanderung, Arbeit und Recht im frühen 20. Jahrhundert und enden mit einer Betrachtung Marianne Vasara-Aaltonens über Stand, Erziehung und Verbindungen der Richter des Appellationsgerichtshofs in Turku zwischen 1623 und 1753. In diesem weiten Rahmen werden etwa Korsika, Belgien, Jülich und Berg, Normativität, Ehebruch, Appellationsprivilegien, Glücks Pandekten, Ungarn, südamerikanische Staaten, Deutscher Orden, juristischer Kommentar, Volkswille, Machtsprüche in der preußischen Rechtsreform, Polen, Steuereintreibung in der Antike, Beweisführung in Athen, England, Reformationen, Religion, Italien und Brasilien, Ehe und elterliche Gewalt, lateinische Rechtstermini, ägyptische Papyri, Rigaer Stadtgerichtsentscheidungen, lokale Rechtssysteme, Legitimationen unehelicher Kinder, Protektoratsverträge, juristische Zeitschriften, Mitverschulden bei Schiffskollisionen im römisch-holländischen Recht und viele andere wichtige Fragen angesprochen. Wäre die interessante Themensammlung noch durch Register aufgeschlossen worden, könnten die neuen Erkenntnisse noch leichter weitere Verbreitung finden.

 

Innsbruck                                                                   Gerhard Köbler