Was vom Wucher übrigbleibt. Zinsverbote im historischen und interkulturellen Vergleich, hg. v. Casper, Matthias/Oberauer, Norbert/Wittreck, Fabian. Mohr (Siebeck), Tübingen 2013. 195 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Im Zusammenleben der Menschen liegen Vorteile und Nachteile oft dicht beieinander. Was für den einen ein großer Gewinn sein kann, erweist sich für einen anderen als ein schwerer Verlust. Aus diesem Grunde haben die Menschen seit Erfindung des Darlehens versucht, den für den Geber interessanten Zins für den Nehmer noch erträglich zu gestalten, um auf diese Weise Darlehen einerseits zu erhalten und andererseits den auf Darlehen angewiesenen Schuldner nach Möglichkeit zumindest in einem eingeschränkten Maß zu schützen.

 

Ausgangspunkt des vorliegenden schmalen Sammelbands ist die augenblickliche Renaissance des Zinsverbots in Gestalt des Islamic Finance in Kulturen, deren religiöse Traditionen das Zinsgeschäft entweder ganz verpönen oder doch einschränken. Die dadurch nahegelegte historische Kontextualisierung der islamischen Zinsregeln und ihr interkultureller Vergleich mit Zinstraditionen der übrigen Religionen waren Gegenstand eines interdisziplinären Workshops des Exzellenzclusters Religion und Politik in den Kulturen der Vormoderne und Moderne an der Universität Münster im Februar 2011, dessen wesentliche Ergebnisse die Herausgeber nunmehr der Allgemeinheit zur Verfügung stellen. Insgesamt folgen dabei dem kurzen einführenden Vorwort neun Beiträge, die durch ein Personen- und Sachverzeichnis von ADHGB bisZinsverbot/Verschwinden aufgeschlossen werden.

 

Dabei gehen die ersten Referate vom Zinsverbot in der Tora, im lateinischen Mittelalter und in der Philosophie aus, woran eine Spurensuche nach dem aktienrechtlichen Zinsverbot und die Darstellung von Zins und Wucher in der christlichen Sozialethik angeschlossen werden. Demgegenüber wenden sich die übrigen Studien dem islamischen ribā-Verbot, dem islamischen Zinsverbot und der Entwicklung konformer Finanztechniken, den Entwicklungen und dem Marktpotenzial des Islamic Finance sowie dem islamisch-normativen Risikoverteilungskonzept und seiner Durchbrechung am Beispiel islamischer Zertifikate zu. Auf diese Weise gelingt vor allem vor dem Hintergrund der geschichtlichen Wucherverbote den abschließend in einem Verzeichnis zusammengefassten Autoren zusammen mit den Herausgebern insgesamt ein besseres Verständnis des gegenwärtig erfolgreichen Islamic Banking.

 

Innsbruck                                           Gerhard Köbler