Vollert, Michael P., Für Ruhe und Ordnung. Einsätze des Militärs im Innern (1820-1918) – Preußen – Westfalen – Rheinprovinz. Dietz, Bonn 2014. 223 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

In seinen Anfängen kennt der Mensch zwar neben dem allgemeinen Stress des Lebens auch notwendige Phasen der Ruhe, doch ist ihm im Rahmen der natürlichen Gegebenheiten eine besondere Ordnung seiner Angelegenheiten noch fremd. Der Gedanke der Ordnung wird wohl erst mit der allmählich entstehenden Zivilisation und Kultur einleuchtend, spätestens bei den Römern in der ordo sichtbar, danach im Recht vor allem für die Regelung des Verfahrensablaufs verwendet und schließlich von den Landesherren am Ende des Spätmittelalters als allgemeine Vorstellung für ein erwünschtes politisches Ziel genutzt. Dementsprechend erstreben sie für ihr Land allgemein und für sich im Besonderen mehr und mehr Ruhe und Ordnung einschließlich der Erhaltung der Macht.

 

Der sich diesem Problembereich für einen späteren zeitlichen Ausschnitt widmende, in Hamburg 1938 geborene Verfasser war nach dem Abitur zunächst 35 Jahre als Berufsoffizier der Bundeswehr im Inland und Ausland, im Verteidigungsministerium und in der Nordatlantischen Verteidigungsorganisation tätig, ehe er 1992 mit 54 Jahren in ein Industrieunternehmen in Köln wechselte. Nach dem Eintritt in den Ruhestand studierte er in Bonn Sozialgeschichte und Wirtschaftsgeschichte. Im Jahre 2008 wurde er mit der von Günther Schulz betreuten Dissertation „Die katholische Kirche und der Wohnungsbau in Köln 1952 bis 1965“ promoviert.

 

Gegliedert ist das interessante, ansprechend mit der erstmaligen förmlichen Rechtsgrundlage für den Einsatz der Armee gegen die eigene Bevölkerung in Preußen im Jahre 1820 einsetzende Werk nach der kurzen Einleitung in zehn grundsätzlich chronologisch angeordnete Kapitel. Sie betreffen nach der Darlegung der bewaffneten Macht (Militär, Polizei, Gendarmerie, Bürgerwehr, Bürgermilitär) den Vormärz, die Revolution 1848/1849, den Einsatz bei Arbeitskämpfen, die Affäre Zabern 1913/1914, den ersten Weltkrieg, den Staatsstreich und die Revolution von oben, rechtliche Grundlagen, einen Epilog zum 20. Juli 1944 und zu Einsätzen der Bundeswehr im Inneren und eine Schlussbetrachtung. Im Ergebnis kann der Verfasser überzeugend feststellen, dass in Berlin, Westfalen , im Rheinland, aber auch in Süddeutschland der Staat das Militär vielfach gegen „Störungen von Ruhe und Ordnung“ in Form von Revolten und Streiks einsetzte und dabei Soldaten auf Befehl von Machthabern gnadenlos auf Menschen ohne politische Macht schossen, wie dies in vielen Teilen der gesamten Welt auch in der Gegenwart noch vielfach geschieht, aber eigentlich unerwarteterweise 1989 in der Deutschen Demokratischen Republik ausblieb.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler