Strafrecht im Präventionsstaat, hg. v. Brunhöber, Beatrice (= Staatsdiskurse Band 17). Steiner, Stuttgart 2014. 171 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Als die zu einem unbekannten Zeitpunkt erstmals verhängte Strafe ausgesprochen wurde, war die Tat bereits geschehen und die Strafe eine Reaktion der Gesellschaft auf das Verhalten des Täters. Für alle günstiger wäre es demgegenüber wohl, wenn die Handlung gar nicht geschehen und das Opfer dementsprechend nicht verletzt wäre. Angesichts der großen Zahl der tatsächlich begangenen Straftaten kommt diesem Gesichtspunkt umso größere Bedeutung zu, je mehr Mittel dem Staat zur Verfügung stehen.

 

Mit einem Teilbereich dieser Problematik befasst sich der vorliegende Sammelband. Seine Herausgeberin ist literarisch zuerst durch ihre im Jahre 2009 abgeschlossene Berliner Dissertation über die Erfindung „demokratischer Repräsentation“ in den Federalist Papers und die Mitherausgeberschaft eines Tagungsbands über die Frage Wozu Recht? hervorgetreten. Sie wirkt als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl Tajana Hörnles für Strafrecht, Strafprozessrecht, Rechtsvergleichung und Rechtsphilosophie an der Humboldt-Universität in Berlin.

 

Sie geht in ihrer Einführung von den terroristischen Anschlägen der Roten Armee Fraktion und vom 11. September 2001 aus und stellt die Alternativen „ohne Sicherheit keine Freiheit“ oder „Umbau des Rechtsstaats zum Präventionsstaat“ fragend einander gegenüber. Sieben Einzelstudien vertiefen diese Fragestellung in den drei Abschnitten über Kritik an der „Präventionslogik“ staatlichen Handelns, über Kritik der Präventionskritik und über drei Ausprägungen präventiven Strafrechts im Bereich der Hacking-Tools, des Terrorismus und der grundsätzlichen Gefährlichkeit. Aus der Sicht unterschiedlicher Fächer werden dabei vor allem der bisherige Bestand und künftige Grenzen dieses bedeutsamen Gegenstands erörtert, ohne dass die vielfältigen, durchaus gegenläufigen Einzelerkenntnisse durch ein Sachregister aufgeschlossen werden.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler