Sonnenschein, Manuela, Entnazifizierung nationalsozialistischen Arbeitsrechts. Die Rechtsprechungstätigkeit nordrhein-westfälischer Arbeitsgerichte 1945-1949 (= Rechtskultur Wissenschaft 15). Gietl, Regensburg 2014. 168 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Während der zwölfjährigen Herrschaft der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei im Deutschen Reich zwischen 1933 und 1945 sollte auch das Recht von nationalsozialistischen Vorstellungen durchdrungen werden. Davon konnte das Arbeitsrecht nicht wirklich ausgespart bleiben. Folglich musste am Ende der nationalsozialistischen Herrschaft überprüft werden, welche Teile des Arbeitsrechts infolge nationalsozialistischer Politik rechtswidrig verändert waren und unter demokratischen Verhältnissen gereinigt werden mussten.

 

Einen Teilaspekt dieser Problematik untersucht die vorliegende von Martin Löhnig unterstützte und betreute, im Sommersemester 2014 von der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Regensburg angenommene Dissertation der Verfasserin, der auf den S. 123ff. umfangreiche Dokumente als Angang beigefügt sind. Gegliedert ist sie außer in Einleitung und Schlussbetrachtung in acht Sachkapitel. Sie betreffen das Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit, Tarifordnungen, die allgemeine Tarifordnung für Gefolgschaftsmitglieder im öffentlichen Dienst, die Tarifordnung A für Gefolgschaftsmitglieder im öffentlichen Dienst, das Gesetz zum Schutze der erwerbstätigen Mütter, die Verordnung über die Beschränkung des Arbeitsplatzwechsels, die Verordnung zur Abänderung und Ergänzung von Vorschriften auf dem Gebiete des Arbeitsrechts und eine zusammenfassende Darstellung der Schritte der Entnazifizierung, wobei die Verfasserin grundsätzlich dem Regelungsinhalt eine statistische Auswertung und einen Vergleich mit übriger Rechtsprechung folgen lässt.

 

Auf Grund der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte Duisburg und Essen sowie des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf kann die Verfasserin feststellen, dass die 1945 in Kraft gebliebenen nationalsozialistisch geprägten Normen in dem Großteil der durchgeführten Verfahren weiterhin angewendet wurden (157 von 182 Verfahren bzw. 86 Prozent). Nach ihrer Erkenntnis ignorierten die Gerichte die nationalsozialistischen Kennzeichen der streitgegenständlichen Normen und zogen im Rahmen der Rechtsfortbildung die Gesetze entnazifiziert heran, wobei sie sich ihrer Verpflichtung zur Entnazifizierung des Rechtes bewusst waren und ihr in rechtswissenschaftlich korrekterweise nachkamen, obwohl eine inhaltliche Auseinandersetzung unterblieb. Für ein abschließendes Urteil über die verständlicherweise von Unsicherheit geprägte Zeit hält die  Verfasserin ansprechend aber weitere ähnliche Untersuchungen für notwendig.

 

Innsbruck                                                                  Gerhard Köbler