Šindelářová, Lenka, Finale der Vernichtung. Die Einsatzgruppe H in der Slowakei 1944/45. Wissenschaftliche Buchgesellschaft. Darmstadt 2013. 360 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Innerhalb der nach dem ersten Weltkrieg von Tschechen und Slowaken gegründeten Tschechoslowakei entstanden wegen Ausrichtung des neuen Staates auf die tschechisch geprägte Hauptstadt Prag bereits früh Spannungen zwischen den beiden beteiligten Völkern. Als das Deutsche Reich unter Adolf Hitler 1938 mit Hilfe des Münchener Abkommens große Teile des tschechoslowakischen Staatsgebiets an sich zog, riefen deshalb slowakische Politiker einen unabhängigen slowakischen Nationalstaat aus. In seinem Rahmen arbeiteten viele uneingeschränkt mit dem Deutschen Reich zusammen, bis als Folge der drohenden Niederlage des Deutschen Reiches gegen die Alliierten nach deren Landung in der Normandie und dem Vorstoß der sowjetischen Truppen gegen die Heeresgruppe Mitte Teile der slowakischen Armee am Ende des Monats August einen Aufstand versuchten.
Im Zuge seiner Niederschlagung besetzte das Deutsche Reich die Slowakei, wobei auch die neu aufgestellte Einsatzgruppe H einrückte. Mit ihrer bisher vernachlässigten Geschichte befasst sich unter Verwendung umfangreichen Materials aus mehr als 30 Archiven und Instituten die sorgfältige, von Klaus-Michael Mallmann betreute, vom Oldenburger Bundesinstitut für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa durch ein dreijähriges Stipendium geförderte, in Stuttgart 2012 angenommene geschichtswissenschaftliche Dissertation der in Prag in Geschichte, Philosophie sowie deutschen und österreichischen Studien ausgebildeten Verfasserin. Sie gliedert sich nach einer Einleitung über Thema, Fragestellung, Aufbau, Forschungsstand und Quellenlage in vier zeitlich-sachlich geordnete Abschnitte über die Vorgeschichte, die Tätigkeit der Einsatzgruppe H, das Personal der Einsatzgruppe H und die Strafverfolgung der Handelnden nach 1945 in der Tschechoslowakei, in der Bundesrepublik Deutschland, in Österreich, Polen, Jugoslawien und in Frankreich.
Insgesamt kann die Verfasserin zeigen, dass die offiziell nur dem Reichssicherheitshauptamt unterstehende Einsatzgruppe auf andere, seit 1938 an verschiedenen Stellen Europas tätige Einsatzgruppen zurückging und sehr rasch in der Slowakei entscheidende Bedeutung erlangte, wobei sie unter den Slowaken und den Volksdeutschen viele Helfer fand. Für die Führung der mehr als 700 ermittelten Angehörigen der Einsatzgruppe kann sie überdurchschnittliche Bildung und umfangreiche Erfahrung aus vorangehenden Einsätzen ermitteln. Zusammengefasst kommt sie zu dem überzeugenden Schluss, dass, weil von 100 SS-Führern der Einsatzgruppe H nur zwei wegen ihrer Taten in der Slowakei rechtskräftig verurteilt wurden, die im Zuge der „Endlösung der Judenfrage“ in der Slowakei begangenen Verbrechen der Einsatzgruppe H (darunter die Ermordung oder Deportation von mehr als 14000 Juden) nach dem Krieg strafrechtlich nahezu ungesühnt blieben.
Innsbruck Gerhard Köbler