Schreiter, Friedemann, Strafanstalt Waldheim. Geschichten, Personen und Prozesse aus drei Jahrhunderten. Ch. Links, Berlin 2014. 234 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Mit der Erfindung der Strafe als Reaktion der Gesellschaft auf ein ihr nicht erwünschtes Verhalten war die Suche nach einem geeigneten Mittel in einem ersten Zugriff auch bereits entschieden. Da Anstalten Aufwendungen erfordern, die aus Erträgen finanziert werden müssen, galt der erste Zugriff wohl eher Leib und Leben als dem Entzug der Freiheit in einem Gebäude. Als August der Starke 1716 das Zucht-, Armen- und Waisenhaus in Waldheim nördlich Chemnitzs eröffnete, hatte sich dies längst geändert und er konnte bereits anordnen, dass für die Finanzierung seit dem 23. Juni 1710 von allen neu beschäftigten Staatsbediensteten ein Zwölftel der Besoldung des ersten Jahres einbehalten wurde, was auch für die Erhöhungsbeträge von Zulagen gelten sollte.

 

Mit der anschließenden Zeit befasst sich der von Friedemann Schreiter vorgelegte Band. Sein Autor wurde in Jahnsbach im Erzgebirge 1951 geboren, absolvierte nach dem 1970 in Dresden abgelegten Abitur eine Mechanikerlehre, einen Dienst bei der Marine sowie ein Studium der Philosophie an der Humboldt-Universität in Ost-Berlin, ehe er bei dem Rundfunk der früheren Deutschen Demokratischen Republik als Hörspieldramaturg und dann seit 1980 freiberuflich tätig wurde. Mehreren Romanen, Erzählungen, Hörspielen und Filmografien folgte der in einer Sonderausgabe für die Landeszentralen für politische Bildung ausstrahlende Dokumentarband des in Mecklenburg lebenden Verfassers.

 

Sein in 14 Abschnitte aufgeteilter Inhalt setzt mit dem Wandel der Einrichtung des Jahres 1716 zum reinen Zuchthaus im Jahre 1830 ein und legt etwa die Verschärfung des Strafvollzugs zwischen 1830 und 1849, den Mai 1849 und seine Folgen, Veränderungen zwischen 1850 und 1870, Erweiterungen zwischen 1871 und 1933, das Gefängnis im Nationalsozialismus (1933-1945), die Abrechnung (1950 mit 24 am Ort vollstreckten Todesurteilen) und die Haft in der Deutschen Demokratischen Republik dar, ehe zum Abschluss das auf dem Umschlag abgebildete Waldheim heute beschrieben wird. Eingestreut werden Exkurse zu Strafen, den inhaftierten Schriftstellern Karl May (ab 1870 vier Jahre Haft wegen Diebstahls und Betrugs) und August Otto-Walster, das Frauengefängnis, die Medizin sowie Flucht und Bewachung. Zahlreiche Abbildungen, Anmerkungen , Karten und Register veranschaulichen und erschließen dem Leser die informative Übersicht über das älteste noch „aktive“ Gefängnis in Deutschland.

 

Innsbruck                                                                                          Gerhard Köbler