Schnaas, Dieter, Kleine Kulturgeschichte des Geldes, 2. Aufl. Fink, Paderborn 2012. 208 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Als vielleicht bei den Lydern im 7. Jahrhundert Metallmünzen zu nicht genau bekannten Zwecken entwickelt wurden, die den Menschen bald den Austausch von Gütern erleichterten, war das sich daraus auf Grund der Einfallskraft des Menschen entwickelnde Ergebnis, dass das Geld (oder der Mensch mittels Geld) eines Tages die Welt regieren könnte, nicht vorhersehbar. Gleichwohl ist es inzwischen dazu gekommen, dass der Mensch ohne Geld kaum mehr leben kann, weil es ihm von nahezu allen Seiten etwa in der Form von Fernsehgebühren bei bloßem Führen eines Haushalts ständig mit staatlichem Zwang abverlangt wird. Von daher ist eine Geschichte des Geldes für jedermann von unmittelbarer Bedeutung, der sich mit Herkunft und Zukunft befassen will.

 

Der in Düsseldorf 1966 geborene, nach dem Abitur in Leichlingen an der Universität Köln in Geschichte, Germanistik und Philosophie ausgebildete, danach zunächst für die Rheinische Post als Redakteur arbeitende, 1999 zur Wirtschaftswoche wechselnde und dort seit 2004 als Autor und Chefreporter tätige Verfasser verfolgt das Geld kulturgeschichtlich in einer individuellen essayistischen Studie, die er 2010 in erster Auflage veröffentlichte, welche ihm nach seinen eigenen Worten einen bescheidenen Erfolg und drei beträchtliche Niederlagen einbrachte. Sie gliedert sich nach einem kurzen Vorwort klar in drei aufeinander aufgebaute Kapitel oder Abschnitte. Sie betreffen den Zauber des Geldes, die Natur des Geldes und den Preis des Geldes.

 

Dabei beginnt der Verfasser wortgewaltig und konstruktionsgewandt mit der magischen Metamorphose des anfänglichen universellen Symbols der Hingabe an Gott in eine Fiktion als Grundlage einer religös fundierten, staatskapitalistischen Pumpwirtschaft. Danach lehnt er bei der Befassung mit der Natur des Geldes Max Webers Vorstellung von der Bedeutung der Protestantismus für den Kapitalismus ab und ordnet die Ausbildung des ökonomischen Denkens dem 15. und 16. Jahrhundert zu, in denen sogar das Seelenheil geldlich verfügbar wird. Daraus ergibt sich am Ende als zentrale wirtschaftspolitische Frage des 21 Jahrhunderts die Frage, wie der Staat - nach Aufgabe des Goldstandards am Beginn der 1970er Jahre und der Bejahung eines finanzmarktliberalen Sozialstaatskapitalismus - als bürgende Letztinstanz des Geldes dafür sorgen kann, dass wir wieder über eine Zukunft verfügen, dies sich uns nicht als beschädigte Vergangenheit aufdrängt, wofür er die einfache Antwort gibt, dass wir unsere Zukunftsfähigkeit nur zurückgewinnen, wenn wir das Geld regieren (lassen) und unter Selbstbescheidung  oder Sparsamkeit statt Verschwendung beispielsweise in fair gehandelten Kaffee investieren, wofür sich die Natur des auf den eigenen Vorteil auf Kosten anderer bedachten Menschen, der seine regierende Klasse letztlich selbst wählt, nicht leicht allumfassend gewinnen lassen wird.

 

Innsbruck                                                                              Gerhard Köbler