Schmale, Wolfgang/Tinnefeld, Marie-Theres, Privatheit im digitalen Zeitalter. Böhlau, Wien 2014. 207 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Auch wenn Giselher Ruepke bereits 1976 ein Werk über den verfassungsrechtlichen Schutz der Privatheit und Walter Leisner 2012 2012 eine Untersuchung über staatsferne Privatheit in der Antike mit dem Mittepunkt Horaz vorgelegt haben, ist die Privatheit im Gegensatz zur älteren Öffentlichkeit wohl ein verhältnismäßig neuer Zugriff. Er geht sprachlich auf das 1496 erstmals belegte Adjektiv privat zurück. Seine Grundlage ist das bereits bei Plautus (um 250-184 v. Chr.) bezeugte lateinische Partizip privatus das der Gegenwart als abgesondert, auf ein einziges Individuum beschränkt erklärt wird.

 

Das vorliegende Werk versteht sich als Referenzwerk, das der historischen Entwicklung von Privatheit als solcher nachgehen will und nach dem kurzen Vorwort bis zur Urgeschichte der Menschheit im idealisierten Garten Eden zurückgreift. Die Autorin, Juristin und Datenschutzrechtlerin an der Technischen Hochschule in München, und der in Würzburg 1956 geborene, in München 1995 mit einer Schrift über Archäologie der Grund- und Menschenrechte in der frühen Neuzeit habilitierte Autor, Wiener Historiker, arbeiten seit langer Zeit in dem großen Themenfeld von Recht, Freiheit und Demokratie, so dass sie ein Ergebnis langer Befassung und Forschung im Rahmen einer gemeinsamen Lebensgeschichte vorlegen können. Es gliedert sich in sieben Kapitel, zu denen am Ende Anmerkungen angefügt sind.

 

Ausgangspunkt ist als Entwurf am Anfang der Menschheitsgeschichte der Garten als Ort der Privatheit. Von hier aus greifen die Autoren auf die Geschichte der (am Ende des 20. Jahrhunderts verfassungsgerichtlich anerkannten) informationellen Selbstbestimmung, den Datenschutz als Lotsen in der Informationsflut und als Forum für eine Kultur des Dialogs, die unsichtbare Jagd nach privaten Informationen mittels trojanischer Pferde, Öffentlichkeit, Geheimhaltung und Privatheit, den gewagten Versuch der Privatheit im Bild einer Identität durch Grundrechte und als moderner Kassandraruf das universelle Menschenrecht auf Privatheit über. Einige anregende Abbildungen veranschaulichen die vielfältigen, ansprechenden, wenn auch nicht systematisch erarbeiteten kulturphilosophischen Gedankengänge, in denen nach Ausweis des benutzerfreundlichen Registers Staat und Freiheit die bedeutsamsten Rollen spielen..

 

Innsbruck                                                                  Gerhard Köbler