Schlüsselereignisse der deutschen Bankengeschichte, hg. v. Lindenlaub, Dieter/Burhop, Carsten/Scholtyseck, Joachim. Steiner, Stuttgart 2013. 581 S.  Besprochen von Gerhard Köbler.

 

In der deutschen Sprache ist die Bank noch in der Gegenwart allgemein die breite Sitzgelegenheit aus Holz oder Stein, doch ist diese praktische Erfindung wirtschaftlich längst durch die Möglichkeit der Geldablage auf ihr und zahlreiche damit verbundene ökonomische Konsequenzen akzentuiert. Nach antiken Vorläufern in Ägypten, Griechenland und Rom haben sich in Italien seit dem 12. Jahrhundert berufsmäßige, jeweils auf einer konkreten Sitzgelegenheit als Ausgangspunkt tätige Geldwechsler entwickelt, die wegen ihrer örtlichen Herkunft vielfach als Lombarden bezeichnet und als Folge des kanonischen Zinsverbots bald von den Juden aus dem besonderen Darlehensgeschäft verdrängt werden. Die Tätigkeit ihrer weltweiten Nachfolger hat als Folge des zunehmenden menschlichen Interesses an Geld und Gewinn und ungesicherter Darlehensvergabe im Herbst 2008 sogar eine noch nicht vollständig ausgestandene weltweite Wirtschaftskrise verursacht.

 

Von daher verdient eine geschichtliche Betrachtung der Banken in jedem Fall allgemeinere Aufmerksamkeit. Angesichts der bereits vorliegenden umfangreichen wirtschaftsgeschichtlichen Literatur ist sie selbst auf einen einzelnen Staat beschränkt eine für den Einzelnen nur schwer noch zu leistende Aufgabe. Aus diesem Grunde ist eine Konzentration auf besonders wichtige Ereignisse und eine organisierte Kooperation zahlreicher Spezialisten eine begrüßenswerte Alternative, für welche die Herausgeber insgesamt 34 Sachkenner gewinnen konnten.

 

Nach einer kurzen  Einführung über Schlüsselereignisse als konkrete Ereignisse, in denen bedeutsame allgemeine Strukturmerkmale sichtbar werden, beginnt dabei Mark Häberlein mit der Fugger’schen Anleihe von 1488, auf deren Grundlage Handelskapital, fürstliche Privilegien und der Aufstieg der süddeutschen Kaufmannsbankiers eindrucksvoll darlegt werden. In der Folge werden die Reichsmünzordnung von 1559, die Errichtung der Hamburger Bank von 1619, der Fall der Hofjuden Oppenheimer und Gomperz 1697, die Gründung der königlichen Giro- und Lehnbanco in Preußen 1765, die Anleihe Österreichs von 1778, das Sparkassenreglement Preußens von 1838, die Oehringer Privatspar- und Leih-Kasse von 1843, die Raiffeisen-Kreditgenossenschaften (1864), das Pfandbriefsystem in Bayern (1864), die Commerz- und Disconto-Bank (1870), die Reichsbank des Deutschen Reiches (1875), die Bagdadbahn, das Börsengesetz von 1896, das Hypothekenbankgesetz von 1899, der bargeldlose Zahlungsverkehr der Sparkassen (1908), die Inflation, die Fusion der Disconto-Gesellschaft und der Deutschen Bank (1929), die Bankenkrise von 1931, das Ende des Hauses Mendelssohn 1938, die zeitlich vorangehende Errichtung der Reichsgruppe Banken von 1934, die Bank deutscher Länder, die Deutsche Emissions- und Girobank in der sowjetischen Besatzungszone, das Londoner Schuldenabkommen von 1953, die Rezentralisierung der Großbanken (1957/1958), die Investmentgesellschaften und der persönliche Kleinkredit, die Aufhebung der Zinsverordnung (1967), die Neuordnung der Genossenschaftsverbände, der Bankrott der Herstatt-Bank, die Entstehung der Deutschen Terminbörse und der Deutschen Börse, die Einführung des Euro (1999), die Fusion von Hypovereinsbank und UniCredit Group, das Auslaufen der Gewährträgerhaftung für Sparkassen und Landesbanken und als vorläufig letztes die gegenwärtige Finanzkrise als mögliches hilfreiches Schlüsselereignis für die zukünftige Entwicklung des Finanzsystems umsichtig und verständlich beschrieben. Ein umfangreicher Anhang mit Personenverzeichnis, Unternehmensverzeichnis und Sachverzeichnis von Aktienkreditbanken bis Zinsliberalisierung schließt den gewichtigen, für ein breiteres Publikum bestimmten interessanten Band benutzerfreundlich auf.

 

Innsbruck                                                                  Gerhard Köbler