Rösener, Werner, Das Max-Planck-Institut für Geschichte (1956-2006) - Fünfzig Jahre Geschichtsforschung. V&R, Göttingen 2014. 166 S., 15 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die Geschichte besteht aus einem ständigem Werden und Enden, unklar sind nur wann, wo, wie und warum. Für die staatsnahe Forschung in Deutschland ist dabei der Berliner Theologe und Kirchenhistoriker Adolf von Harnack bedeutsam geworden, der 1909 mit Blick auf die Vereinigten Staaten von Amerika, Großbritannien und Frankreich die Gründung von Forschungsinstituten als gesellschaftlich finanzierten Großbetrieben verlangte. In der Folge stand er von 1911 bis 1930 als Präsident der daraufhin errichteten Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft vor, für die von Anfang an neben den im Vordergrund stehenden Naturwissenschaften auch die Geisteswissenschaften einbezogen sein sollten.

 

Dementsprechend wurde 1917 ein zunächst in der Staatsbibliothek Berlin unter den Linden untergebrachtes, stets klein bleibendes Kaiser-Wilhelm-Institut für Geschichte gegründet, mit dessen Leitung der Adolf von Harnack nahe Wissenschaftsorganisator und Urkundeneditor Fridolin Kehr als treibende Kraft betraut wurde, das aber nach Forschungen zur Germania Sacra, zur Geschichte Karls V. und zur Korrespondenz Wilhelms I. mit der schweren Beschädigung des Schlosses in Berlin durch Bomben der Alliierten und dem Tod Kehrs in Franken am 9. November 1944 endete. Die infolge der Bemühungen des früheren Gesellschaftspräsidenten Max-Planck (1930-1937) seit dem 24. Juli 1945 allmählich gebildete, am 8. Juli 1949 durch die drei westlichen Besatzungsmächte anerkannte Max-Planck-Gesellschaft führte die Aufgabenstellung der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft fort und errichtete auf Betreiben Hermann Heimpels und Georg Schreibers in Göttingen zum 1. April 1956 unter der Leitung Hermann Heimpels das Max-Planck-Institut für Geschichte. Der Verfasser des vorliegenden Werkes war von 1974 bis 1996 wissenschaftlicher Mitarbeiter bzw. Referent an diesem Institut und sah es nach anschließender dreizehnjähriger Tätigkeit in Gießen als seine Aufgabe an, eine Geschichte des durch einen Schließungsbeschluss der geisteswissenschaftlichen Sektion der Max-Planck-Gesellschaft vom 16. Februar 2006 nach dem Scheitern der Berufungsverhandlungen für neue Direktoren beendeten Instituts zu schreiben und eine kritische Bilanz vorzulegen, obwohl der Präsident der Gesellschaft ihm am 30. Juli 2009 mitteilte, dass die Bearbeitung der Geschichte von Max-Planck-Instituten im Auftrag der Gesellschaft in der Regel mit größerem zeitlichem Abstand erfolgt, wenn alle wichtigen Überlieferungen zugänglich sind, und durch Personen, die nicht selber in das Objekt der Untersuchung involviert waren.

 

Seine interessante, die persönlichen Gründe der letztlich ablehnenden Bewerber Osterhammel, Rexroth und Rapp nicht ausführlich benennende oder bewertende Darstellung gliedert sich nach Vorwort und kurzer Einleitung in die Geschichte des Instituts von der Gründung bis 1987 unter Hermann Heimpel (bis 1971) und Josef Fleckenstein und Rudolf Vierhaus (1971-1987), die Schwerpunkte dieser Zeit (Germania Sacra, Pfalzenforschung, Strukturen der mittelalterlichen Gesellschaft, Spätmittelalterforschung, Protoindustrialisierung, historisch-sozialanthropologische Untersuchungen, Sozial- und Kulturgeschichte der Gebildeten, Dahlmann-Waitz, historische Fachinformatik und Bibliothek, internationale Vernetzung und Zusammenarbeit), das Institut unter Otto Gerhard Oexle und Hartmut Lehmann (1987-2004) und die Auflösung (2004-2006/2007). Überzeugend ordnet der Verfasser die wissenschaftlichen Leistungen des Instituts als international bedeutsam ein, so dass seine Schließung als Abschluss eines erstrangigen Desasters eingestuft werden kann. Dass an die Stelle des bisherigen Instituts mit Wirkung zum 31. Dezember 2007 ein Max-Planck-Institut zur Erforschung multireligiöser und multiethnischer Gesellschaften tritt, entspricht der Entwicklung Deutschlands zum Einwandererland, das aus verschiedensten, insgesamt aber politisch selbst zu verantwortenden Gründen sich und seine Kultur aus eigener Kraft anscheinend nicht mehr aufrechterhalten kann, so dass einem stolzen Werden ein glanzloses Vergehen zu folgen droht.

 

Innsbruck                                                                              Gerhard Köbler