Religion - Recht - Republik. Studien zur Ernst-Wolfgang Böckenförde, hg. v. Große Kracht, Hermann-Josef/Große Kracht, Klaus. Schöningh, Paderborn 2014. 207 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Ernst-Wolfgang Böckenförde wurde in Kassel 1930 als Sohn eines Forstmeisters geboren. Nach dem Studium, während dem er der katholischen Studentenverbindung Hansea Halle in Münster im KV beitrat, wurde er 1956 in Münster mit der von Hans Julius Wolff betreuten juristischen Dissertation über Gesetz und gesetzgebende Gewalt (1958, 2. Auflage 1981) promoviert, trat in engen Austausch mit Carl Schmitt, wurde 1961 in München mit einer von Franz Schnabel betreuten geschichtswissenschaftlichen Dissertation über die deutsche verfassungsgeschichtliche Forschung im 19. Jahrhundert weiter promoviert (1961, zweite Auflage 1995) und 1964 mit der von Hans Julius Wolff betreuten Schrift über die Organisationsgewalt im Bereich der Regierung habilitiert. Umgehend nach Heidelberg, 1969 nach Bielefeld und 1977 nach Freiburg im Breisgau berufen, wirkte er als Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands und Nachfolger Joachim Rottmanns von 1983 bis 1996 als Richter des Bundesverfassungsgerichts, so dass er insgesamt eine herausragende Lebensleistung erbringen konnte.

 

Sie veranlasste die Herausgeber zum vorliegenden schlanken Sammelband. Der in Glandorf bei Osnabrück 1962 geborene Hermann-Josef Große Kracht ist in der Theologie habilitierter akademischer Oberrat am Institut für Theologie und Sozialethik der Technischen Universität Darmstadt, Klaus Große Kracht habilitierter wissenschaftlicher Mitarbeiter am Exzellenzcluster Religion und Politik in den Kulturen der Moderne und Vormoderne in Münster. Mit sieben Mitstreitern nähern sie sich dem erfolgreichen Gelehrten.

 

Dabei beschreibt Klaus Große Kracht zunächst den Weg Böckenfördes durch die intellektuelle Topographie der frühen Bundesrepublik von 1949 bis 1964, während sich Mark Edward Ruff der Auseinandersetzung um den deutschen Katholizismus zwischen 1957 und 1962 widmet. Weitere Beiträge betreffen das zweite Vatikanum und die Religionsfreiheit, freiheitsrechtliche Kapitalismuskritik und Etatismus der sozialen Demokratie, die Tätigkeit als Verfassungsrichter im Indian Summer, die Menschenwürde, fünfzig Jahre Böckenförde-Theorem und die Herausforderungen eines modernen Religionsverfassungsrechts. In diesem Rahmen ist Franz-Xaver Kaufmann am Ende ein beeindruckendes Portrait des Zeitgenossen Ernst-Wolfgang Böckenförde möglich, der in Religion und Recht für die Bundesrepublik Deutschland vielfältige wegweisende Zeichen gesetzt hat.

 

Innsbruck                                                                  Gerhard Köbker