Reformierte Staatslehre in der frühen Neuzeit, hg. v. Wall, Heinrich de (= Historische Forschungen 102). Duncker & Humblot, Berlin 2014. 277 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die Staatslehre ist herkömmlicherweise der seit dem Ende des 18. Jahrhunderts entstehende Zweig der Rechtswissenschaft, der sich mit dem Wesen des Staates als solchem befasst. Grundlegend hat dabei Hans Maier bereits 1962 die ältere deutsche Staats- und Verwaltungslehre <Polizeiwissenschaft> in seiner als Beitrag zur Geschichte der politischen Wissenschaft Deutschlands bezeichneten Freiburger Habilitationsschrift behandelt. Als sprachgeschichtlicher Ausgangspunkt dürfte dabei die bei Frisch 1741 bezeugte Lehnübertragung von neulateinisch politica anzunehmen sein.

 

Der vorliegende Band ist das Ergebnis einer in Erlangen 2010 von der Johannes-Althusius-Gesellschaft zur Erforschung der Naturrechtslehren und der Verfassungsgeschichte des 16. bis 18. Jahrhunderts e. V. veranstalteten Tagung. Sie geht ihrerseits auf das Jahr 2009 zurück, in dem sich der Geburtstag des Reformators Johannes Calvinus zum 500. Male jährte. Die Organisatoren nahmen die von ihm mitbegründete Tradition zum Anlass, den reformierten Bezügen in der deutschen Staatslehre vertieft nachzuspüren.

 

Insgesamt vereint der durch ein Personenverzeichnis von A Lasco und Alciat bis zu Zwinger und Zwingli aufgeschlossene Sammelband zwölf Referate. Dabei werden nach einleitenden Bemerkungen des Herausgebers als Einzelgegenstände etwa angesprochen die Gewährleistung der Freiheit des Einzelnen als Staatszweck, der Konstitutionalismus bei Calvin, die Ephoren zwischen Calvin und Boxhorn, die Vertragstheologie bei Althusius und den Puritanern, die Gesetze bei Althusius, Naturrecht und Bibelstellenverweise in Grotius‘ Kommentar De iure praedae, konfessionelle Aspekte bei Alberico Gentilis, Theologie und politischer Calvinismus bei Althusius, die Obrigkeit in reformierten Kirchenordnungen und das Vorhaben einer Neuausgabe und Übersetzung der Politica des Althusius, die mit einem Quellenverzeichnis von mehr als 600 und einem Literaturverzeichnis von knapp 300 Titeleinträgen auf einem guten Weg bzw. nach den Worten Dieter Wyduckels almost finished ist und dem Politisch-rechtlichen Lexikon (Lessico) der Politica des Johannes Althusius von 2005 (deutsche Übersetzung 2010) angemessen zur Seite treten kann.

 

Innsbruck                                                                              Gerhard Köbler