Rechtspositivismus
– Ursprung und Kritik. Zur Geltungsbegründung von Recht und Verfassung, hg. v. Schmidt,
Rainer (= Staatsverständnisse 62). Nomos, Baden-Baden 2014. 220 S. Besprochen
von Gerhard Köbler.
Der Positivismus als die Beschränkung der Erkenntnis auf die Deutung von Befunden, die im Experiment unter vorweg festgelegten Bedingungen einen erwarteten Nachweis lieferten, will alles Nichtpositive oder Transzendente ausschließen. Er geht zwar im Wesentlichen auf Auguste Comte zurück (1798-1857), reicht aber in der Gestalt des vom Gesetzgeber gesetzten ius positivum weit darüber zurück. Allerdings hat auch der Rechtspositivismus, der nur das positiv gesetzte Recht als Recht gelten lassen will, aber dann auch umgekehrt grundsätzlich jedes positiv gesetzte Recht als Recht anerkennen muss, erst seit dem 19. Jahrhundert besonderen Aufschwung erlebt.
Dem vorliegenden, mit dem Ringspruch (Lex) injusta non est lex versehenen, auf ein Sachregister verzichtenden schmalen Sammelband geht es um Ordnungsvorschläge und ein akademisch-politisches Ankämpfen gegen drohende Unordnung. Wegen der zunehmenden Unübersichtlichkeit der Diskussion kann er allerdings nicht alle positivistischen oder nachpositivistischen Stellungnahmen vollständig darstellen. Immerhin kann er nach einer Einleitung des Herausgebers drei Studien über die Wurzeln des Rechtspositivismus und fünf Beiträge über den Rechtspositivismus in Diskussion und Kritik der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen.
In diesem Rahmen behandelt Peter Niesen Benthams Rechtspositivismus, untersucht der Herausgeber den Staatsrechtspositivismus Gerbers und Labands und erörtert Oliver W. Lembcke unter der Frage Staats(rechts)lehre oder Rechts(staats)lehre den Rechtspositivismus bei Jellinek und Kelsen. In Bezug auf Diskussion und Kritik erscheinen die Stellungnahmen Carl Schmitts, Rudolf Smends, Hermann Hellers, Gustav Radbruchs, Harts, Dworkins, Niklas Luhmanns und Gunther Teubners, während Oliviero Angeli abschließend den globalen Rechtspositivismus der konstitutionellen Imagination gegenüberstellt. Insgesamt sollen auf diese ansprechende Art und Weise die Möglichkeiten und Grenzen der Begründung der streitigen Autonomie des Rechtes aufgezeigt werden.
Innsbruck Gerhard Köbler