Rau, Ulrike, Die Universität Leipzig als Gerichtsherrschaft über ihren ländlichen Besitz (= Schriften zur Rechtsgeschichte 167). Duncker & Humblot, Berlin 2014. 262 S. Zugleich Diss. jur. Leipzig 2012. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Universitäten, wie etwa auch schon die 1409 infolge eines Teilauszugs von 500 bis 800 Mitliedern der nichtböhmischen Nationen aus Prag entstandene Universität Leipzig an der Pleiße, benötigen außer Lernwilligen auch Lehrwillige und eine Infrastruktur. Da die Professoren von ihrer Tätigkeit leben wollen, Studierende zumindest allein aber die Kosten nicht aufbringen können, stellte sich von Anfang an die Frage außeruniversitärer Finanzierung. Mit einem Teilbereich dieses damit mehr oder weniger eng verbundenen Fragenkomplexes befasst sich die vorliegende Untersuchung.

 

Sie ist die leicht überarbeitete Fassung der von Bernd-Rüdiger Kern betreuten, am 21. Dezember 2012 von der juristischen Fakultät der Universität Leipzig angenommenen, im Literaturverzeichnis die Vornamen der Verfasser uneinheitlich aufführenden Dissertation der am Lehrstuhl ihres Betreuers tätigen Autorin, die unmittelbar nach ihrem Erscheinen das Interesse eines sachkundigen Rezensenten gefunden hat, in Ermangelung eines verfügbaren Rezensionsexemplars an dieser Stelle aber nur in wenigen allgemeinen Wendungen vom Herausgeber angezeigt werden kann. Sie gliedert sich nach einer kurzen Einleitung in insgesamt zehn Abschnitte. Sie betreffen die vorhandenen Quellen, die Schenkungen der Jahre 1438 und 1544, die Universität als Gerichtsherrschaft, die Einwohner und Gemeinden der Universitätsdörfer, die Organisation der Gerichtsverwaltung, die schriftlichen Dorfordnungen, die Jahrgerichte, Auszüge aus der Gerichtspraxis, Kompetenzkonflikte mit anderen Gerichtsherrschaften sowie das neunzehnte Jahrhundert und das Ende der Gerichtsherrschaft der Universität.

 

Dementsprechend erlangte die Universität zwecks Finanzierung 1438 auch die Erbgerichtsbarkeit über die drei Dörfer Gottscheina, Hohenheida und Merkwitz und 1544 zwecks materieller Aufstockung 1544 die Dörfer Holzhausen, Zuckelhausen, Kleinpösna, Wolfshain und Zweenfurth mit etwas mehr als 100 besessenen Mannen, als deren Erbherr, Lehnherr und Gerichtsherr sie sich bezeichnete. Die Verwaltung der drei alten Universitätsdörfer erfolgte durch einen Großpropst aus dem Kreis der Professoren, die Verwaltung der fünf neuen Universitätsdörfer  durch die Propsteiverwaltung aus dem Rektor und den vier Dekanen sowie hinsichtlich der Gerichtsbarkeit jeweils durch einen örtlichen Richter und vier bis sechs Schöppen als Beauftragte des Großpropsteigerichts bzw. Propsteigerichts. Die vor allem Grundstücksverträge, Lehnsreichung, Vollstreckungshandlungen, Erbauseinandersetzungen, Verfahren wegen Gotteslästerung, Fluchens, außerehelichen Beischlafs, aber auch anderer Handlungen betreffende, von der Verfasserin auch auf Grund zahlreicher ungedruckter Quellen in vielfältiger Hinsicht ansprechend dargestellte Gerichtsbarkeit blieb bis in das 19. Jahrhundert grundsätzlich unverändert, endete aber mit dem Übergang der Großpropsteigerichtsbarkeit über die drei alten Universitätsdörfer auf den Staat am 8. Oktober 1852 bzw. mit dem Übergang der Propsteigerichtsbarkeit über die fünf neuen Dörfer am 12. 1852.

 

Innsbruck                                                                  Gerhard Köbler