Palm, Ulrich, Person im Ertragsteuerrecht (= Ius publicum 224). Mohr (Siebeck), Tübingen 2013. XXIV, 684 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Seit langem teilt der Mensch verständlicherweise die Welt in sich als Subjekt und den Rest als Objekt. Schon bei dem im 3. und 2. vorchristlichen Jahrhundert (um 250-184 v. Chr.) wirkenden Dichter Plautus ist dabei das Wort persona mit den Bedeutungen Maske und Person belegt, das in Wettbewerb mit den ursprünglichen Bezeichnungen für den Menschen diese mehr und mehr in den Hintergrund gedrängt hat. In der deutschen Sprache ist es anscheinend erstmals 1170 belegt, von wo aus es sich im 16. Jahrhundert zu einer allgemeinen Bezeichnung entwickelt hat.

 

Der 1969 geborene, nach Banklehre und Zivildienst in Heidelberg ausgebildete, 1999 mit einer Untersuchung über Preisstabilität in der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion promovierte, 2011 mit der vorliegenden, von Paul Kirchhof betreuten Schrift habilitierte und seit 2012 an der Universität Hohenheim tätige Verfasser geht demgegenüber von der Tatsache aus, dass das Ertragsteuerrecht Deutschlands grundsätzlich zwischen Rechtsformen mit Rechtspersönlichkeit und Rechtsformen ohne Rechtspersönlichkeit unterscheidet. Die Kapitalgesellschaft ist ein Subjekt der Körperschaftsteuer, die Personengesellschaft dagegen weder ein Subjekt der Einkommensteuer noch der Körperschaftsteuer. Da verschiedene Reformentwürfe zur Erneuerung des Steuerrechts Deutschlands diesen Dualismus der Unernehmensbesteuerung aufgeben wollen, fragt der Verfasser, was eine juristische Person ist.

 

Gegliedert ist seine diesbezügliche Untersuchung in insgesamt vier Teile. Dabei führt der Verfasser zunächst in den Gegenstand an Hand der personalen Grundstruktur der Ertragsbesteuerung ein, ermittelt dann geistesgeschichtliche Grundlagen im römischen Recht, in der christlichen Theologie und in der neuzeitlichen Moralphilosophie und wendet sich auf dieser bis zu Hegel reichenden Grundlage der Person im geltenden Recht zu. Im vierten Teil verbindet er Person und Einkommensteuer bzw. Person und Körperschaftsteuer vor allem unter den Gesichtspunkten der Leistungsfähigkeit und der Rechtsformneutralität.

 

Im Ergebnis seiner umfassenden, tiefgründigen Untersuchung kann er keinen sachlich einleuchtenden Grund erkennen, Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften in Deutschland wie bisher unterschiedlichen Besteuerungsregimen zu unterwerfen, zumal eine Person Person ist oder nicht. Deshalb empfiehlt er eine Beendigung des tradierten Dualismus und eine Modernisierung im Hinblick auf den globalen Wettbewerb. Es wird freilich angesichts des Gewichts des Herkommens gerade auch in der staatlichen Verwaltung (von Steuern) noch abzuwarten sein, ob ihm eine Mehrheit einschließlich des Gesetzgebers darin in absehbarer Zeit folgen wird, sofern dadurch nicht völlig unerwartet umfangreiche neue staatliche Einkünfte erwüchsen.

 

Innsbruck                                                                   Gerhard Köbler