Mittler zwischen Herrschaft und Gemeinde. Die Rolle von Funktions- und Führungsgruppen in der mittelalterlichen Urbanisierung Zentraleuropas, hg. v. Gruber, Elisabeth/Pils, Susanne/Rabeler, Sven u. a. (= Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte 56). StudienVerlag, Innsbruck 2012. 407 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Als die Einzelnen sich gemeinsam an bestimmten Orten niederließen, konnten an sich auch alle gemeinsam ihre Angelegenheiten behandeln. Tatsächlich zeigt sich aber in der Entwicklung Zentraleuropas, dass an vielen Orten Herrschaft Einzelner entstand. Daraus erwuchs eine Spannung zwischen Herrschaft und Gesamtheit der Beherrschten, mit deren Auswirkungen sich das vorliegende Sammelwerk befasst.

 

Inhaltlich geht es zurück auf eine in Kiel vom 23. bis 25. November abgehaltene, vom historischen Seminar der Universität Kiel, dem Institut für österreichische Geschichtsforschung und dem Verein für Geschichte der Stadt Wien getragene  internationale Tagung, deren Referate in überarbeiteter und erweiterter Form der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden.  Zusammengefasst werden dabei nach einer einführenden Einleitung der Herausgeber 13 Abhandlungen. Ausgangspunkt ist dabei die Frage, wer hier wen regiert, die von Elisabeth Gruber am Beispiel der Handlungsspielräume in der spätmittelalterlichen Residenzstadt Wien erörtert wird.

 

Danach stellt etwa Herwig Weigl große Herren und kleine Städte im spätmittelalterlichen Österreich gegenüber, ermittelt Wilhelm Deuer Ritter, Kanoniker und Patrizier als Typen mittelalterlicher Eliten in Städten der Obersteiermark und Kärntens und betrachtet Judit Majorossy Stadt und Adel im mittelalterlichen Westungarn. Weitere Studien gelten dem Burggrafen in Meran, dem Schultheißen  im Elsass, dem Vogt in Rappoltstein, der Ehrbarkeit im spätmittelalterlichen Württemberg, den Schultheißen und Schöffen in Bingen und Koblenz, der kommunalen Entwicklung in Thüringen, dem Herrschaftswechsel in welfischen Orten oder schließlich im Norden der Herausbildung und Entwicklung urbaner Führungsgruppen in schauenburgischen Städten Holsteins. Am Ende fasst Andreas Bihrer die vielfältigen neuen Erkenntnisse zusammen  und zeigt Forschungsperspektiven in dem mit einem Ortsregister von Aachen bis Zürich ausgestatteten instruktiven Werk auf.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler