Merlino, Antonio, Kelsen im Spiegel der italienischen Rechtslehre. Lang, Frankfurt am Main 2013. 161 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Hans Kelsen (Prag 11. 10. 1881-Orinda bei Berkeley 19. 4. 1973) gilt als bekanntester österreichischer Jurist. 1934 veröffentlichte er nach seiner in Köln am 13. April 1933 erfolgten Beurlaubung als Rechtslehrer wegen seiner jüdischen Herkunft (trotz christlicher Taufe 1905) sein Hauptwerk (Die reine Rechtslehre), dem es um die reine Lehre des positiven Rechtes geht, in der auf der Voraussetzung einer angenommenen Grundnorm eine wertfreie normative Ordnung aufgebaut ist. Seitdem hat seine Lehre in weltweiter Ausstrahlung zahlreiche Anhänger und Gegner gefunden.

 

Mit den Auswirkungen auf die Rechtslehre Italiens beschäftigte sich der 1981 geborene, als Projektassistent in Salzburg tätige Verfasser in seiner 2012 unter dem Titel Storia di Kelsen – la recezione della Reine Rechtslehre in Italia vorgelegten schlanken Untersuchung, die von Jan Matia Prinoth in die deutsche Sprache übersetzt wurde. Sie gliedert sich insgesamt in drei Abschnitte. Sie sind als Pontius Pilatus, ein irrationales Ideal und ein traditionelles Ideal überschrieben.

 

Den Beginn bildet die Ermittelung der neukantianischen Wurteln der reinen Rechtslehre in Kelsens 1920 verfasstem Werk vom Wesen und Wert der Demokratie. Auf italienischer Seite kann der Verfasser als ersten Gesprächspartner Giuseppe Capograssi nennen und dann erste Spuren Kelsens in Italien bei Vittorio Frosini und Santi Romano aufzeigen. Während aber Kelsen die Idee der Gerechtigkeit wegen ihrer Irrationalität ablehnte, nahm sie Fronini traditionell als Grundlage seines Rechtsverständnisses, so dasss im Ergebnis keine entscheidende Prägung der italienischen Rechtslehre durch Hans Kelsens viel diskutierte Überlegungen festgestellt werden kann.

 

Innsbruck                                                                  Gerhard Köbler