Mentschl, Josef, Wohnungseigentum - Geschichte und Gegenwart. Verlag Österreich, Wien 2013. XIV, 147 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Das Wohnungseigentum wurde nach dem zweiten Weltkrieg (in Österreich 1948) geschaffen, um einerseits pragmatisch die durch Bombardierung seitens der Alliierten am Wohnhausbestand entstandenen Baulücken leichter zu schließen und andererseits die ideologisch begründete Vorstellung in der Realität zu verwirklichen, dass Eigentum ein gesellschaftsstabilisierendes Element sei. Es ist, wie der Verfasser darlegt, nach § 2 I WEG kein Eigentum an einer Wohnung, sondern nur ein dingliches Nutzungsrecht, verbunden mit einem Miteigentumsanteil an einer Liegenschaft. Im Jahre 2012 war es bei einem, aus Betriebskosten und Erhaltungskosten (aber ohne Kaufpreis und Zinseszinsen) errechneten durchschnittlichen Wohnungsaufwand von 294 Euro (3,54 Euro pro Quadratmeter)  in Österreich in 377800  Fällen vorhanden (durchschnittlicher, aus Miete und Betriebskosten errechneter Aufwand für eine Hauptmietwohnung 463 Euro bzw. 6,60 Euro pro Quadratmeter).

 

Nach dem Geleitwort des mit ihm seit einer Fernsehsendung mit Helmut Zilk am Küniglberg im Jahre 1976 bekannten Heinz Barta, der nach seinen eigenen Worten sich als junger Universitätsassistent nicht träumen ließ, was ihn in Innsbruck an Korruption erwartete und der sein Überleben an der Universität eher dem Zufall zuschreibt, dürfte der Verfasser einer von wenigen noch lebenden Österreichern sein, die dieses Rechtsinstitut von Anfang an bewusst miterlebten und sich stets gegen Missbrauch – der in Österreich eine lange Tradition hat – wehrten. Veranlasst durch schwere Korruptionsfälle in Wien (z. B. F. Prinke) gründete er 1964 den Verein Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und führte ihn 45 Jahre als Obmann, wozu es eines außerordentlichen Maßes an Zivilcourage und auch besonderer Opferbereitschaft bedurfte. Heinz Barta verfasste selbst 1999 in einem Beitrag eines Sammelbands eine bis zu diesem Jahr reichende Geschichte des Wohnungseigentums mit Hinweis darauf, dass die Art und Weise, wie man Heinrich Klang, den Vater der österreichischen Wohnungseigentumsidee, behandelte, jeder Beschreibung spottet,  und hofft nach Mentschls nunmehr vorgelegten Überblick über die Weiterentwicklung des Wohnungseigentumsgesetzes bis in die Gegenwart seine eigene Aufarbeitung der Geschichte des Wohnungseigentums in überarbeiteter Form vorlegen zu können.

 

Anlass für Mentschls Studie sind das Wirksamwerden des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuchs vor zweihundert Jahren einerseits und die einschneidenden Änderungen des östererichischen Wohnungseigentumsrechts  (z. B. durch das nach Barta unnötige Wohnungseigentumsgesetz 2002) andererseits. Gegliedert ist die Untersuchung nach einer allgemeinen Einleitung in 46  Abschnitte (von Vorweg zum Verständnis bis Ausblick) und drei Anhänge (z. B. Von allem Anfang an gezeichnet von Korruption und Einschüchterung). Im Kern geht es dem Verfasser um die Eindämmung der Korruption, durch die sich wenige (Verwalter) zum Schaden von vielen (Wohnungseigentümern) (rechtswidrig) bereichern. Allerdings lassen 65 Jahre erfolgreiche Praxis (der Korruption) die Aussicht auf eine durchgreifende Verbesserung in Richtung auf Sparsamkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit zu Gunsten der Verbraucher leider nicht besonders realistisch erscheinen, weil sich die Politik außer in schönen Worten eher den Interessen der verdienenden Lobbyisten als den Interessen des betroffenen Verbrauchers annimmt.

 

Innsbruck                                                                              Gerhard Köbler