Max Alsberg, hg. v. Taschke, Jürgen, 2. Aufl. (= Schriftenreihe Deutsche Strafverteidiger e. V. 40). Nomos, Baden-Baden 2013. 719 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Max Alsberg wurde in Bonn am 16. Oktober 1877 als Sohn eines jüdischen Kaufmanns geboren. Klein und schmächtig, wie das dem Sammelband eingefügte Porträt kaum erkennen lässt, wurde er nach dem Studium der Rechtswissenschaft in München, Berlin, Leipzig und Bonn und der Promotion in Bonn über Vollendung und Realkonkurrenz beim Meineid des Zeugen und Sachverständigen (1905) unter Verzicht auf einen Lehrstuhl in der juristischen Fakultät der Universität Bonn 1906 Rechtsanwalt in Berlin und durch zahlreiche prozessuale Erfolge (Karl Helfferich, Hugo Stinnes, Carl von Ossietzky) der größte Strafverteidiger im Deutschen Reich unmittelbar vor der nationalsozialistischen Machtübernahme. Am Ende des Monats März 1933 verließ er wegen der nationalsozialistischen Anfeindungen Berlin, verlor im Juli 1933 seine Zulassung als Notar und setzte nach einem Nervenzusammenbruch in einem Sanatorium in Samedan bei Chur in Graubünden am 11. September 1933 seinem Leben durch einen Schuss selbst ein Ende, noch ehe die Urkunde über seine Entlassung als Honorarprofessor der Universität Berlin an ihn abgesandt worden war.

 

Im Jahre 1992 erinnerte der ab 1976 in Frankfurt am Main in der Rechtswissenschaft ausgebildete, 1986 zugelassene und zunächst bei Günter H. Dörr und danach bei Pünder Volhard Weber & Axster (2000 Clifford Chance, 2009 DLA Piper) tätige Rechtsanwalt Jürgen Taschke mit einer Sammlung ausgewählter Schriften an den hervorragenden Juristen. Dieses Werk wurde als erster Band der Schriftenreihe des Deutschen Strafverteidiger e. V. dem Andenken und Fortwirken Max Alsbergs in der Hoffnung gewidmet, dass die Schriftenreihe in der Zukunft dem hohen Anspruch gerecht werde, der Praxis zu dienen und zu einem Forum des gegenseitigen Verstehens der Beteiligten im Strafprozess zu werden. 21 Jahre später ist die zweite Auflage als Band 40 der Schriftenreihe in einem von 374 Seiten auf 719 Seiten erweiterten Umfang erschienen.

 

Sie bietet außer einem Vorwort und einer vom Herausgeber verfassten Einleitung das Vorwort zur ersten Auflage (1991), die Einleitung zur ersten Auflage (1992), biographische Eckdaten zu Max Alsberg und 13 Annäherungen (Sling, Curt Riess, HI, Max Hachenburg, Claus Seibert, Werner Sarstedt, Gerhard Junger, Tillmann Krach, Georg Prick, Robert Siodmak, Günter Spendel, Alexander Ignor, Martin Schumacher. Dem folgen zwei Selbstzeugnisse betreffend die umfangreiche detaillierte Entgegnung auf den Versuch eines Ehepaars Glade, von Alsberg Zahlungen mit der Behauptung zu erlangen, Alsberg habe das Ehepaar zum Aushorchen des Vorsitzenden im Strafverfahren gegen Hugo Stinnes veranlasst (10. Oktober 1931), (12) ausgewählte Schriften über die Unzulänglichkeit des Strafprozessrechts, die praktische Tätigkeit des Strafverteidigers, das Beweisantragsrecht und die Psychologie der Strafrechtspflege sowie als Dokumentation ein Verzeichnis der zahlreichen und teilweise bedeutenden Schriften Max Alsbergs (einschließlich zweier Theaterstücke und mehr als 500 Urteilsanmerkungen), ein Verzeichnis der Prozesse Max Alsbergs (von Rudolf Hennig bis Willy Seiffert bzw. der Mitarbeit an einem bedeutungsvollen Vertrag) und ausgewählter Literatur zu Max Alsberg (26 Titel und weiterführender Literaturverweis). Insgesamt wird damit eine vorzügliche Übersicht über Leben und Werk eines zu Ruhm und auch Reichtum gelangten, sich selbst im Einsatz für das Recht aber letztlich bis zur Schlaflosigkeit übernehmenden und durch skrupellose Mitmenschen tragisch in den Tod getriebenen großen jüdisch deutschen Juristen des 20. Jahrhunderts gegeben.

 

Innsbruck                                                                   Gerhard Köbler