Lozo, Ignaz, Der Putsch gegen Gorbatschow und das Ende der Sowjetunion. Böhlau, Köln 2014. 500 S. 30 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Michael Gorbatschow hat die Welt verändert. Er wollte die Welt verändern. Er wollte aber die Welt keineswegs so verändern, wie er sie tatsächlich verändert hat.

 

Der 1963 geborene, sich diesem Vorgang in einem Ausschnitt nähernde Verfasser ist nach Ausweis des Karlsruher Virtuellen Katalogs dort anscheinend erstmals mit einem Dokumentarfilm über die soziale Integration der Zuwanderungsgruppe der Russlanddeutschen auf der Suche nach der Heimat erfasst. Als promovierter Osteuropahistoriker, der bereits 1987 eine Diplomarbeit über Gorbatschows Glasnost-Politik vorgelegt hatte, war er unter anderem als Reporter in Sarajewo und Moskau sowie als politischer Korrespondent in München tätig. Ausgehend vom 18. August 1991, an dem in Foros am Schwarzen Meer die Telefonanschlüsse des urlaubenden Präsidenten abgeschaltet wurden, schildert er in neun, am Ende mit Fußnoten belegten Abschnitten auf der Grundlage seiner im Februar 2013 an der Universität Mainz eingereichten Dissertation die damaligen dramatischen Ereignisse, die ihn seit dem tatsächlichen Geschehen nie mehr ganz losgelassen haben.

 

Dabei geht er nach einer kurzen Einleitung und einer grundlegenden Rekonstruktion der Ereignisse sowie einer Beschreibung des Stellenwerts seiner Interviews mit Hauptakteuren und Zeugen zunächst ausführlich auf die Hintergründe und Motive für den Putsch ein. Danach schildert er unter Ablehnung mancher Mythen Gorbatschows Rolle und politische Mitverantwortung, die Entscheidungsabläufe, die Gründe für das Scheitern des Putsches und die politischen Folgen. Im Ergebnis hält er fest, dass die von Gorbatschow angestrebten Veränderungen sich bereits ab etwa 1988 nicht mehr in den Systemgrenzen halten ließen und die politische Konstellation in der Sowjetunion schon im Frühjahr 1991 angesichts zweier sich unversöhnlich gegenüberstehender Lager höchst labil war, gleichwohl aber infolge des besonnenen Verhaltens Michael Gorbatschows wie Boris Jelzins, das im eigenen Land allerdings nicht als herausragende Leistung eingeordnet wird, eine weitgehend friedlich verlaufende Veränderung gelang.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler