Konzen, Niklas, Aller Welt Feind. Fehdenetzwerke um Hans von Rechberg († 1464) und adelige Selbstbehauptung im Kontext der südwestdeutschen Territorienbildung (= Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, Reihe B Forschungen, Band 194). Kohlhammer, Stuttgart 2014. XLII, 545 S., Abb., Graf., Kart. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die Verdichtung der Menschheit im Zuge ihrer allmählichen Entwicklung hat neben der verbesserten Sicherung ihres Bestands auch die erhebliche Einschränkung der individuellen Freiheit durch den eine übergeordnete Durchsetzungsgewalt beanspruchenden Staat mit sich gebracht. In diesem Zuge ist die ursprüngliche Gewaltfreiheit aller Einzelnen durch das Gewaltmonopol der Allgemeinheit verdrängt worden. Sichtbar wird dieser allmähliche Vorgang vor allem an der Wende vom Mittelalter zur Neuzeit.

 

Die einen Einzelfall dieses Geschehens monographisch aufgreifende, durch ein Stipendium der Landesgraduiertenförderung unterstützte, durch einen ausführlichen prosopographischen Anhang der Verbündeten und Gefolgsleute Hans von Rechbergs und ein von Aalen bis Zwicker führendes Register bereicherte Untersuchung ist die überarbeitete Fassung der von Ellen Widder betreuten, im Juli 2010 von der philosophischen Fakultät der Universität Tübingen angenommenen Dissertation des durch von Hans von Rechberg (um 1410-1464) hinterlassene Ruinen im mittleren Schwarzwald zu seinem Bearbeitungsgegenstand verlockten Verfassers. Sie gliedert sich in insgesamt sechs Abschnitte. Nach einer Einleitung über Ausgangspunkte und Vorgehensweisen behandelt der Verfasser den Erfahrungsraum und Erwartungshorizont, die Fehdeführung zwischen 1431 und 1464 im Überblick, die Legitimierung und Mobilisierung durch Städtefeindlichkeit und die Fehdeführung in ihrem Verhältnis zur adeligen Selbstbehauptung.

 

Im Ergebnis erkennt der Verfasser ansprechend ein Netzwerk einer kleinen Gruppe von Adeligen, das durch das Bündnismotiv des Schutzes gegen eine angeblich von Städten und Eidgenossenschaft drohende Vertreibung vereint wurde. Dieses Netzwerk war in seiner Zusammensetzung an sich sehr instabil, erlangte aber relative Kontinuität durch eine Kerngruppe um Hans von Rechberg und sah seine wirtschaftliche, politische und soziale Stellung durch Fürsten und Städte bedroht. Dabei ermittelt der Verfasser überzeugend als handlungsleitendes Motiv der Fehdeführung nicht die vorgetragene Städtefeindlichkeit, sondern die trotz eines relativen Erfolges hinsichtlich der Herrschaft Schramberg letzlich nicht zu verwirklichende Statusbehauptung gegenüber Württemberg und Österreich als solche.

 

Innsbruck                                                                                          Gerhard Köbler