Koch, Sabine, Kontinuität im Zeichen des Wandels. Verfassung und Finanzen in Württemberg um 1800 (= Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, Reihe B Forschungen Band 202). Kohlhammer, Stuttgart 2015. XXIII, 448 S.

 

Der Staat ist eine Einrichtung zum Wohle des Menschen, die aber einen Preis hat, der von ihm getragen werden muss, weil eine Einrichtung als solche nicht über Arbeitskraft und daraus erzielte Mittel verfügt. Aus diesem Grunde stellt sich seit der Entstehung des Staates die Frage, wie er die von ihm benötigten oder erwünschten Einkünfte erzielt. Der König oder Kaiser des Heiligen römischen Reiches war dementsprechend vielfach in so erheblichen finanziellen Nöten, dass er Teile seines Vermögens als Pfand für Schulden setzen musste, und auch viele Landesherren mussten oft mit ihren Landständen über Kassen und Schulden, Steuern und Etats, Rechte und Institutionen verhandeln, was für die Entwicklung ihres Staates nicht ohne gewichtige Folgen blieb.

 

Mit einem territorialen und temporalen Ausschnitt dieses Themenbereichs befasst sich die vorliegende, von Hans-Peter Ullmann am historischen Institut der Universität Köln betreute, von der Deutschen Forschungsgemeinschaft großzügig geförderte, im Wintersemester 2012/2013 unter dem zeitlich weiter ausgreifenden Untertitel „1797/99 bis 1830“ von der philosophischen Fakultät der Universität angenommene, mit einem kurzen Personenregister von Abel bis Zeppelin abgerundete Dissertation der Verfasserin. Sie gliedert sich nach einer Einleitung in vier chronologisch geordnete Sachkapitel. Sie betreffen den unter Dualismus eingeordneten Gegensatz zwischen Anspruch und Wirklichkeit zwischen 1797/1799 und 1805/1806 vor dem nicht von Anfang an vorhersehbaren Ende des Heiligen römischen Reiches, den dem Absolutismus zugeordneten Brückenschlag zwischen Umsturz und Reform bis 1815, die Verhandlungszeit zwischen Altem und Neuem von 1815 bis 1817 und den zum Konstitutionalismus führenden Kompromiss zwischen Kontinuität und Wandel bis 1819.

 

Im Ergebnis kann die Verfasserin überzeugend feststellen, dass die Bedeutung der Finanzen für die Verfassung bereits in den Jahren um den Landtag von 1797/1799 erkennbar wurde. In der Folge half der von den Ständen folgerichtig eingeforderte Rückgriff auf die Kontinuität bisweilen auf dem Weg des Wandels zur Verfassungsstaatlichkeit. Die Verfassung Württembergs vom 25. September 1819 beruhte dementsprechend auf einem hergebrachten Konzept des altrechtlichen Vertragsgedankens im Gegensatz zu einem moderneren Gesellschaftsvertragsgedanken, so dass im Ergebnis die Kontinuität den Vorrang vor der Diskontinuität behielt, ohne dass dadurch der allgemein als notwendig betrachtete Wandel verhindert wurde.

 

Innsbruck                                                                  Gerhard Köbler