Habbe, Thomas, Lastenausgleich. Die rechtliche Behandlung von Kriegsschäden in Deutschland seit dem 30jährigen Krieg (= Rechtshistorische Reihe 450). Lang, Frankfurt am Main 2014. XIII, 307 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Zwar ist das Wort Last im Deutschen bereits um 830 belegt und lässt sich vielleicht auf ein indogermanisches *klāsto „Deckstein, Last?“ zurückführen, doch fehlt der Ausdruck Lastenausgleich als genereller Ausgleich der Schäden und Verluste, die sich infolge der Vertreibungen und Zerstörungen der Kriegszeit (und Nachkriegszeit) ergeben haben (oder in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands oder im Sowjetsektor Berlins entstanden sind), jedenfalls im Deutschen Wörterbuch der Brüder Grimm und im Deutschen Rechtswörterbuch noch. Allein schon von daher verdient eine rechtliche Behandlung von Kriegsschäden in Deutschland seit dem 30jährigen Krieg unter dem Stichwort Lastenausgleich uneingeschränktes Interesse, selbst wenn bereits bekannt ist, dass sich Vorläufer des bundesdeutschen Lastenausgleichs durch Gesetz vom 14. August 1952 im Allgemeinen Landrecht Preußens von 1794, im Kriegsdienstleistungsgesetz von 1873, im Kriegsschädenschlussgesetz von 1928 und in der Kriegssachschädenverordnung von 1940 finden.

 

Die vorliegende, nach dem kurzen Vorwort auch durch familiäres Schicksal inspirierte, von Stefan Chr. Saar betreute, im Jahre 2012 von der juristischen Fakultät der Universität Potsdam angenommene Dissertation des in Potsdam und Krakau ausgebildeten, als akademischer Mitarbeiter am Lehrstuhl seines Betreuers tätigen Verfassers gliedert sich in insgesamt neun Kapitel. Den Ausgangspunkt bildet in der Einleitung der Lastenausgleich in der Bundesrepublik Deutschland ab 1952, dessen Grundbegriffe (Kriegsleistungen, Kriegsschäden einschließlich von Differenzierungsansätzen zum Sachschaden) im zweiten Kapitel erörtert werden. Es folgen die Behandlung von Kriegsschäden im deutschen Raum bis 1871 einschließlich des römischen Rechtes im römischen Staat und des deutschen Rechtsraums bis zum Ende des Mittelalters, im Kaiserreich nach 1871, der erste Weltkrieg, die nationalsozialistische Zeit und der zweite Weltkrieg, Wege zum Lastenausgleichsgesetz von 1952 und der Entschädigungsanspruch außerhalb des Lastenausgleich.

 

Im Ergebnis erkennt der Verfasser auf Grund seiner sorgfältigen Untersuchung bereits vor dem Dreißigjährigen Krieg das Bemühen, Kriegslasten zu verteilen, wobei die Kriegsleistungen als Hauptlast des Krieges vergütet werden. Auch die Kriegssachschäden werden grundsätzlich ersetzt, sobald sie ein gewisses Ausmaß erreichen, doch gilt dies nicht für die napoleonischen Koalitionskriege und Befreiungskriege. Hieraus gewinnt der Verfasser ein gewohnheitsrechtliches Vertrauen, dass der Staat zum Ersatz von Kriegsschäden verpflichtet ist, was erst recht unter dem den Staat auch in Notzeiten und damit in Kriegszeiten an das Recht bindende Grundgesetz gilt, so dass der Staat jederzeit für Kriegsschäden haftet, wobei freilich diese „Haftung“ des Staates mangels eigener Mittel des Staates im Grunde immer nur eine Umverteilung zu Lasten nicht unmittelbar Geschädigter bedeuten kann.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler