Gerichtsstätten in Hessen (http://www.lagis-hessen.de/de/subjects/index/sn/gst), bearb. v. Eckhardt, Wilhelm A., 2012. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Nach dem Bericht des Tacitus konnten bei den Germanen streitige Angelegenheiten in Versammlungen besprochen werden, ohne dass sich konkrete Zeugnisse hierüber erhalten haben. Nach dem Pactus legis Salicae wohl des frühen sechsten Jahrhunderts musste der Geladene auf den Malberg vor den Thunginus und die Rachinburgen kommen, wenn er den Königsbann vermeiden wollte, wobei ebenfalls keine bestimmten Malberge gesichert sind. Erst in den frühmittelalterlichen Urkunden werden einzelne Stätten genannt, an denen nun mittels Richtern und Gerichten (Schöffen, Urteilern) über Streitigkeiten entschieden wurde, und nur allmählich wächst deren Zahl auf Grund von Nachweisen mehr und mehr ins bisher noch nicht Überschaubare an.

 

Wilhelm A. Eckhardt hat sich für diese Orte schon sehr früh besonders interessiert und vor allem für Nordhessen in langen Jahrzehnten großer Mühen zahlreiche Gerichtsstätten in Bild und Wort ermittelt. Gemeinsam mit Siegfried Becker und Otto Volk hat er sein umfangreiches Ergebnis in digitaler Aufbereitung nunmehr im landesgeschichtlichen Informationssystem Hessen der Allgemeinheit zumindest teilweise bereits zur Verfügung gestellt. Ausgangspunkt waren die Altkreise Eschwege, Hersfeld, Marburg, Rotenburg, Witzenhausen und Ziegenhain, die systematisch auf die Landkreise Kassel, Werra-Meißner, Hersfeld-Rotenburg, Schwalm-Eder und den Altkreis Marburg erweitert und um Einzelfunde in den Landkreisen Waldeck-Frankenberg, Vogelsberg und Fulda ergänzt wurden.

 

Bisher konnten mehr als 550 Gerichtsstätten aufgefunden werden, darunter etwa 150 südhessische, die zur Zeit eingestellt werden. Die einzelnen Beiträge lassen sich unter www.lagis-hessen.de unter Gerichtsstätten in Hessen, lagis-suche und beispielsweise den Ort Frauenstein (in Wiesbaden) aufrufen, wobei die Liste der bisher eingestellten Orte unter Registersuche steht (z. B. Abterode, Alberode, Albshausen, Albungen, Allendorf, Allna, Alsfeld, Altenbauna, Altenbrunslar, Altenburschla, Altendorf, Altenhasungen, Altenritte, Altenschlirf, Altenstädt, Amönau, Amöneburg, Archfeld, Asmushausen, Aua u. s. w.). Zahlreiche Texte, Karten und Fotografien veranschaulichen die vielfältigen Befunde (Gerichtslinden, Gerichtstische, Gerichtssteine) in vorzüglicher Weise, so dass dem glänzenden Vorbild mit seiner einführenden pdf-Datei über Dorfgerichtsstätten im nördlichen Hessen (sowohl in Altdörfern wie in nach 1150 entstandenen Hagensiedlungen) möglichst viele Parallelen aus anderen Orten und Gebieten folgen sollten, um eines Tages vielleicht ein geschlossenes Gesamtbild der deutschen Gerichtsorte zu gewinnen.

 

Innsbruck                                                                              Gerhard Köbler