Fritscher, Otto,
Kontroversen um den „Mauerbach-Schatz“. Die Restitutionsverfahren von 1969 bis
1986 (= Austriaca Schriftenreihe des Instituts für Österreich). New academic
press. 2012. 496 S., 16 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Nach der ausführlichen Einleitung des Verfassers hatte
Österreich zwischen 1945 und 1960 quasi wie ein Fundamt die Verwahrung von
Kunstwerken und Kulturgut unbekannter Eigentümer übernommen, die der Sicherung
des Eigentums und der Rückgabe der Gegenstände an die Eigentümer diente.
Während bei etwa 10000 Gegenständen die Ausforschung und Rückgabe möglich war,
waren 1965 noch weitere herrenlose Kunst- und Kulturgüter unbekannter
Eigentümer unterschiedlich lange in
Verwahrung Österreichs, die überwiegend in einem Depot des Bundesdenkmalamts
Österreichs in der ehemaligen Kartause Mauerbach bei Wien gelagert waren. Sie
wurden zusammengefasst als Mauerbach-Schatz bezeichnet.
Die mit ihm zusammenhängenden Fragen arbeitete der von
1964 bis 2004 als Richter (zuletzt als Senatspräsident des Oberlandesgerichts
Wien) tätige und im Ruhestand nach dem Studium der Geschichte promovierte
Verfasser in seiner Wiener, von Ernst Bruckmüller betreuten Dissertation des Jahres 2011 auf, die im
vorliegenden Werk in gekürzter Fassung zum Abdruck gelangt ist. Sie gliedert
sich außer in die Einleitung über den Gegenstand, Forschungsfragen unter
Berücksichtigung der bisherigen Literatur, persönliches Interesse, Verhältnis von
Justiz und Zeitgeschichte, Allgemeinwissen und Quellen in insgesamt sieben Abschnitte.
Sie betreffen die Vorgeschichte zur Kunst- und Kulturgutbereinigung, den Weg
zum mit schwerwiegenden Mängeln behafteten Kunst- und
Kulturgutbereinigungsgesetz von 1969 in Österreich, den Beginn der Verfahren
mit der Finanzlandesdirektion als Anmeldestelle und dem Landesgericht für
Zivilrechtssachen Wien als entscheidendem Gericht und der Verfahrensgestaltung
durch den zwischen 1973 und 1979 mehrfach wechselnden Richter, die meritorisch
behandelten Fälle 86er Anmeldegruppen, die ausländischen Einflüsse, den Zustand
nach der Beendigung der Gerichtsverfahren und den Weg zum zweiten Kunst- und
Kulturgutsbereinigungsgesetz (1985, Inkrafttreten mit 1. 2. 1986) und nach der
Versteigerung des Restbestands durch Christie’s eine abschließende
Einschätzung.
Insgesamt zeigt der Verfasser sehr eindringlich die
Probleme der verschiedenen Verfahren. Dabei weist er nachdrücklich auf die
allmähliche Änderung der öffentlichen Meinung zur österreichischen
Mitverantwortung an den Verbrechen der nationalsozialistischen Machthaber hin,
auf welche die Regierung nicht sensibel genug reagierte. Überzeugend gelingt
ihm in sorgfältiger Auswertung der Quellen eine vorzügliche Bearbeitung eines
bedeutsamen Gegenstands der jüngeren Rechtsgeschichte Österreichs, die von
beispielhafter Bedeutung bleiben wird.
Innsbruck Gerhard Köbler