Friedrich, Markus, Die Geburt des Archivs. Eine Wissensgeschichte. Oldenbourg, München 2013. 320 S. 10 Abb.

 

Das Archiv ist die grundsätzlich jedermann mögliche Einrichtung zur (geordneten) Sammlung, Aufbewahrung und Verwertung von Schriftgut wie etwa Urkunden, Akten, Karten, Plänen, Bildern, Dateien und Programmen sowie ähnlich Wissenswertem. Es findet sich bereits in dem Altertum dort, wo umfangreiches Schriftgut anfällt. Es besteht über die Gegenwart hinaus voraussichtlich auch in der Zukunft, für die es darum gehen muss, aus der umfangreichen Menge des sich ständig vermehrenden Schriftguts das im Archiv besonders Erhaltenswerte von dem relativ Belanglosem zu sondern.

 

Der sich plakativ mit der Geburt des Archivs beschäftigende Verfasser wurde in Ansbach 1974 geboren, studierte in München ab 1993 neuere Geschichte und mittelalterliche Geschichte, wirkte bei Winfried Schulze als wissenschaftlicher Angestellter, wurde unter dessen Betreuung mit einer Dissertation über die Grenzen der Vernunft am Beispiel des Helmstedter Hofmannsstreits und seiner Wirkungen auf das Luthertum um 1600 promoviert und nach seinem 2005 erfolgten Wechsel zu Luise Schorn-Schütte in Frankfurt am Main 2011 mit der Schrift Der lange Arms Roms (Globale Verwaltung und Kommunikation im Jesuitenorden 1540-1773) habilitiert.  2012 wurde er auf den Lehrstuhl für Geschichte der frühen Neuzeit in Hamburg berufen. Sein vorliegendes, 2012 am Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte in Berlin im ersten Entwurf entstandenes Werk behandelt über die Geburt hinaus das Archiv von den Anfängen bis zur Gegenwart, wobei der Verfasser zwecks Gewinnung des lesenden Publikums von einem skandalösen Verbrechen in Paris ausgeht, das am 35. Mai 1682 entdeckt wurde.

 

Nach einer Einleitung über Archive als Wissensorte und sein eigenes Ziel, die wachsende und stets vielfältige, teilweise noch ambivalente oder gar widersprüchliche Bedeutung der Archive für die europäische Kultur der frühen Neuzeit darzustellen, gliedert er den umfangreichen Stoff in sieben Kapitel. Sie betreffen das Schreiben seit den Anfängen einer pragmatischen Schriftlichkeitskultur mit besonderer Hervorhebung Franz Pehems in Altenburg, das Gründen mit frühen fürstlichen Archiven in Frankreich und Deutschland, Projektionen, Personen (Archivare und Besucher), Räume, (Ohn-)Macht durch Archive als Ressourcen, Symbole und Gegenstände von Herrschaft sowie Quellen (für Historiographie und Genealogie). Möge das im Epilog vormodernes und modernes Archiv trennende, durch Literatur und Register benutzerfreundlich abgerundete Werk allen Interessierten das Archiv so nahebringen, dass es seinen Zweck zum Wohle der Allgemeinheit optimal erreichen kann.

 

Innsbruck                                                                  Gerhard Köbler