Das Frankenberger Stadtrechtsbuch, bearb.
v. Eckhardt, Wilhelm A. (=Veröffentlichungen der Historischen Kommission
für Hessen 13, Quellen zur Rechtsgeschichte hessischer Städte Bd. 8), Marburg
2014, XLII, 189 S., 1 farbige Karte.
Der Bearbeiter, langjähriger Mitarbeiter
und Leiter des hessischen Staatsarchivs Marburg, legt zur Fortsetzung der
Quelleneditionen hessischer (zur Landgrafschaft Hessen gehörender mittelhessischer
und nordhessischer) Städte eine ausführliche Edition des 1493 verfassten
Frankenberger Stadtrechtsbuchs vor, das in zwei Handschriften von etwa 1500 und
1580 der Universitätsbibliothek Kassel und in einer Alsfelder Abschrift (nach
1556) überliefert ist und erstmals 1748 gedruckt wurde. In einer umfangreichen
Einleitung stellt Eckhardt dar, dass dieses Stadtrecht nicht nur zwischen 1493
und 1509 mit einigen, eher nebensächlichen Änderungen in Alsfeld übernommen
wurde, sondern auch das um 1500 in Oberhessen geltende Recht insgesamt widerspiegelt.
Zu dem Verfasser des Stadtrechts, Johannes Emmerich, weist Eckhardt neue
biografische Erkenntnisse nach: Er ist zwischen 1454 und 1459 als Student in
Erfurt und Leipzig zu finden, nahm am hessischen Bruderkrieg teil, bevor er
neben dem Schöffenamt bis zu seinem Tod 1494 sehr wahrscheinlich wie sein Vater
laufend unterschiedliche Ämter bekleidete. Eingehend beschreibt Eckhardt,
inwieweit Johannes Emmerich den Schwabenspiegel und das Kleine Kaiserrecht als
Vorlagen benutzte. Die Bezugnahmen auf das römische Recht waren noch geringer als
solche auf das kanonische Recht. Einen nachweisbaren Einfluss der beiden Gerichtsordnungen
Landgrafs Ludwig I., deren ältere der Bearbeiter mit guten Gründen früher, als
bisher angenommen worden ist, auf die Zeit vor dem 26. September 1442 datiert,
sieht er nicht. Daneben verarbeitete Johannes Emmerich vor allem den
Frankenberger Gerichtsgebrauch. Daran schließt Eckhardt einige inhaltliche
Analysen des Stadtrechts an und hebt eingangs hervor, dass die Aufnahme als
Bürger in der Altstadt – im Gegensatz zur Neustadt – frei machte. Weiterhin
erläutert er die städtische Verfassung, die zunächst durch eine Reformation
Landgrafs Heinrich II. von 1368 dahin geregelt war, dass die 12 Schöffen jedes
Jahr acht Männer in den Rat wählten, wobei Schöffen und Rat in unterschiedlichen
Zusammensetzungen zwei Bürgermeister bestimmten. Nach dem Stadtrechtsbuch
wählten die Schöffen dagegen nur noch vier Ratsmänner, was nach Eckhardt
aufgrund eines Vergleichs mit den Rechtsentwicklungen in Marburg, Alsfeld und
anderen Städten auf eine gleichzeitige Änderung durch Landgraf Ludwig I. (1428)
hinweist. Anhand der Frankenberger Geschoßbücher (seit 1461) rekonstruiert der
Verfasser die Besetzung der Ratsämter durch Schöffen und Ratmannen. Dieser
Einleitung folgt die Textedition des Stadtrechts. Die der Textausgabe zugrunde
gelegte ältere Kasseler Handschrift beginnt mit zwei Vorreden des zeitgenössischen
Frankenberger Stadtchronisten Wigand Gerstenberg und des Autors, Johannes
Emmerich. Gerstenberg gibt darin den Zweck der Stadtrechtsaufzeichnung damit
an, dass bei dem Stadtbrand von 1476 die alten Urkunden mit Privilegien und
Freiheiten meistenteils verbrannt und die alten, weisen, vernünftigen Schöffen
verstorben seien, so dass Johannes Emmerich den Frankenbergern dieses Büchlein
gemacht habe, „uff das die stad die alten herkommen unde lobelichen gewonheid
nicht verlustig wurde“. Eckhardt begründet demgegenüber überzeugend, dass der
Stadtbrand dem Frankenberger Stadtarchiv kaum größere Verluste zugefügt haben
könne. Der sich an die Vorreden anschließende erste Teil des Stadtrechts
(„saget von den burgern disßer stadt“) ist in 54 Abschnitte unterteilt, die
nicht nur das Bürgerrecht behandeln, sondern auch die städtische Verfassung und
anderes, wie Eckhardt in Kürze analysiert. Dazu gehören Bestimmungen über die Handwerker,
wobei c. 47 den Fleischhauern vorschreibt, für ihre Gewichte Metalle zu
verwenden und nicht Steine, „want dii werden swarer so sii uff der erden leygen
dann sii in der luifft thun, daz ist falsch gewichte“, eine für einen
studierten Mann erstaunliche Fehlvorstellung. Der zweite Teil („saget von dem
gerichte unde was dartzu gehoret“) umfasst 59 Abschnitte und enthält vor allem
Verfahrensrecht, aber auch eine Reihe von Regeln aus unterschiedlichen
Rechtsgebieten wie die vermögensrechtliche Stellung des überlebenden Ehegatten
(c. 35) oder die Gewährleistung beim Pferdekauf (c. 58). Dankenswerterweise
fügt Eckhardt dem Text des Stadtrechts eine Reihe für Frankenberg wichtiger, sonst
schwer zugänglicher Urkunden an, unter anderem auch die beiden vorerwähnten
landgräflichen Gerichtsordnungen. Der umfangreiche Sachindex weist alle
wesentlichen Begriffe nach. Eine eingehende inhaltliche Untersuchung des Stadtrechts
kann durch die Edition nicht geleistet werden, wird aber von Eckhardt mit Recht
angeregt. Dafür bietet seine vorbildliche Bearbeitung eine ausgezeichnete
Grundlage.
Bad Nauheim Reinhard
Schartl