Coing, Helmut, Für Wissenschaften und Künste. Lebensbericht eines europäischen Rechtsgelehrten, hg., kommentiert und mit einem Nachwort versehen v. Feldkamp, Michael F. Duncker & Humblot, Berlin 2014. 275 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Helmut Coing war einer der großen deutschen Rechtswissenschaftler und Wissenschaftsmanager des 20. Jahrhunderts, der seinem Fach eine internationale Dimension erschlossen hat. Dementsprechend ist er bereits vielfach gewürdigt worden und wird wahrscheinlich auch noch eine umfassende Biographie erhalten. Dessenungeachtet ist ihm selbst sehr dafür zu danken, dass er auch einen eigenen Lebensbericht eines europäischen Rechtsgelehrten aus subjektiver Sicht erstattet hat, der 14 Jahre nach seinem Tod vom Herausgeber nunmehr der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt wird.

 

Der Herausgeber wurde in Kiel 1962 geboren und wurde nach dem Studium von Geschichte, katholischer Theologie, Pädagogik und Philosophie in Bonn bei Raymund Kottje promoviert. Das von Coing im Jahre 1990 gegen Ende seines beruflichen Werdegangs und wissenschaftlichen Wirkens verfasste Manuskript erhielt er vor einigen Jahren von Coings Tochter Marga. Coing selbst hatte die von ihm ausdrücklich gewünschte Drucklegung zu seinem Bedauern nicht mehr selbst besorgen können, so dass das inhaltlich nahezu fertige, aber redaktionell unvollkommene Manuskript nach seinem am 15. August 2000 erfolgten Tod gegen seinen Willen zunächst unbeachtet liegenblieb, bis die Fritz Thyssen Stiftung die Autobiographie des langjährigen Vorsitzenden ihres wissenschaftlichen Beirats zu einem eigenen Projekt machte und in vielfältiger Weise unterstützte, wobei Harald Steindl, der von 1976 bis 1987 als letzter persönlicher wissenschaftlicher Assistent Coings wirkte, die Edition intensiv begleitete.

 

Gegliedert ist die von einem lebensbejahenden, Selbstbewusstsein ausströmenden Bildnis eröffnete Darstellung in sieben Kapitel über die Jugend in der Weimarer Zeit, die Tätigkeit als Referendar und Assistent im „Dritten Reich“, die Militär- und Kriegszeit, das persönliche Leben im Inland und Ausland von Australien über Lateinamerika, Taiwan, Japan, China, Korea und die Sowjetunion bis Südafrika, die Tätigkeit in Forschung und Lehre in der Privatrechtsgeschichte, der Rechtsphilosophie und dem Zivilrecht und das Wirken in Verwaltung und Wissenschaftsförderung einschließlich des verdienstvollen Ordens Pour le mérite. In seinem Nachwort ordnet der Herausgeber das Ergebnis zwischen Lebensbericht, Erinnerungen und Biografie ein und stellt Überlieferung und Entstehung ebenso überzeugend dar wie Freundschaften, Netzwerke und Konflikte. Ein tabellarischer Lebenslauf hält die wesentlichen Daten einfacher und klarer fest als der Bericht, ein mehr als 600 mehr oder weniger enge und bedeutsame Bezugspersonen umfassendes Personenverzeichnis von Adenauer bis Zweigert führt noch vor Adolf Hitler die Ehefrau Hilde geborene Knetsch am häufigsten auf und erschließt das durch zahlreiche Fußnoten vervollständigte und bereicherte Werk für jeden an der deutschen Rechtswissenschaftsgeschichte des 20. Jahrhunderts Interessierten in überzeugender Weise.

 

Innsbruck                                                                                          Gerhard Köbler