Briel, Cornelia, Beschlagnahmt, erpresst, erbeutet. NS-Raubgut, Reichsaustauschstelle und Preußische Staatsbibliothek zwischen 1933 und 1945, hg. v. Bödeker, Hans Erich/Bötte, Gerd-Josef in Zusammenarbeit mit der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, mit einem Geleitwort von Barbara Schneider-Kempf. Akademie Verlag, Berlin 2013. 401 S., 43 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Wie die Generaldirektorin der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz in ihrem kurzen Geleitwort drastisch formuliert, duldet sie es nicht, dass sich gestohlene Bücher unter den Beständen befinden. Da das, was zwischen der Ernennung Adolf Hitlers zum Kanzler des Deutschen Reiches im Jahre 1933 und der bedingungslosen Kapitulation des Deutschen Reiches im Jahre 1945 als rechtmäßig galt, in der Gegenwart bei Weitem nicht mehr in allen Fällen als rechtmäßig anerkannt ist, ist eine zeitgemäße Überprüfung damaliger Vorgänge und heutiger Zustände hilfreich und notwendig.  Sie wird für die Reichsaustauschstelle und die preußische Staatsbibliothek im Rahmen eines von 2006 bis 2009 von der Staatsbibliothek und dem Max-Planck-Institut für Geschichte durchgeführten Forschungsprojekts geleistet.

 

Das daraus hervorgegangene, bereits für das Jahr 2011 angekündigte Werk erweckte sogleich das Interesse eines sachkundigen Rezensenten. Allerdings konnte der Verlag seine diesbezügliche Zusage eines Rezensionsexemplars nach dem Erscheinen leider nicht einhalten. Deswegen muss der Herausgeber mit wenigen Worten auf die beeindruckende Studie eingehen, welche von der vordergründigen Gesetzesförmigkeit der betreffenden Aktionen auf der Grundlage der nach der nationalsozialistischen Machtübernahme geschaffenen Gesetze und Verordnungen ausgeht.

 

Gegliedert ist die grundlegende Studie nach einer sachkundigen Einleitung in zwei Teile. Sie betreffen die aus der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft hervorgegangene Reichsaustauschstelle auf ihrem Weg vom Schriftentausch über die wachsende Bedeutung seit 1934 bis zum Wiederaufbau zerstörter Bibliotheken und das nationalsozialistische Raubgut in der bibliothekarischen Praxis der von Anfang an äußerst aktiven preußischen Staatsbibliothek ab Mai 1933. Im Ergebnis kann die Verfasserin feststellen, dass die beiden untersuchten, seit 1936 zunehmend anderen nationalsozialistischen Konkurrenten unterliegenden Einrichtungen im Mittelpunkt eines umfangreichen kooperativen Gefüges standen, durch das große Mengen der bei „Reichsfeinden“ und verfolgten Juden beschlagnahmter Literatur an Bibliotheken und weitere Einrichtungen des Deutschen Reiches verteilt wurden, so dass auf dieser Grundlage weitere vielfältige Einzelstudien erfolgversprechend angegangen werden können.

 

Innsbruck                                                                              Gerhard Köbler