Beckert, Sven, King Cotton. Eine Geschichte des globalen
Kapitalismus. Beck, München 2014. 525 S., 38 Abb., 7 Kart. Besprochen von
Gerhard Köbler.
Die Anfänge des Kapitalismus sind
über die Familie Fugger in Augsburg mit dem Leinwandhandel verbunden. In ihm
gewinnt das Geld gegenüber dem Grund an Bedeutung, doch wird noch vorwiegend
handwerklich erzeugt, weshalb erst eine Vorform des Kapitalismus vorliegt, die
noch keine durchgreifende Auswirkung hat. Demgegenüber versteht der Verfasser
in seiner vorliegenden gewichtigen Untersuchung die Erzeugung von Baumwolle in
der frühen Neuzeit als Ausgangspunkt für den modernen Kapitalismus schlechthin.
Der am Main 1965 geborene, von der
Studienstiftung des deutschen Volkes geförderte Autor wurde nach dem Studium
der Geschichte, Soziologie und Politikwissenschaft in Hamburg und in New York
an der Columbia University promoviert, nachdem er bereits 1990 eine Studie über
den Arbeitsalltag während des
zweiten Weltkriegs in einer
Industrieregion Offenbach-Frankfurt vorgelegt hatte. Über die Harvard Business
School wurde er Assistant Professor,
2000 Associate Professor und 2003 Full Professor in Harvard. In das Deutsche
übertragen wurde seine 2014 vorgelegte Untersuchung mit dem Titel Empire of
Cotton – A Global History von Annabel
Zettel und Martin Richter.
Im Mittelpunkt der Geschichte der
Baumwollerzeugung von dem Altertum bis zur Gegenwart stehen das 18. und 19.
Jahrhundert, in denen sich Kriegskapitalismus und Industriekapitalismus
entfalten. Als Vorteil der Europäer sieht er dabei überzeugend die überlegenen
militärischen Mitteln auf Grund relativ stabiler staatlicher Gestaltung, als
bedauerliche Begleiterscheinungen die Sklaverei und die Arbeit von Frauen und
Kindern. In diesem Sinne hat der auf Grund umfangreicher Literatur und
ausgewählter Archivalien beeindruckend geschilderte Erfolg des global
eingesetzten Kapitals weniger großen Kapitalisten einen hohen, von vielen kleinen
Proletariern als Untertanen mit Schweiß und Tränen sowie Hunger und Elend gezahlten
Preis.
Innsbruck Gerhard
Köbler