Baumann,
Alexander, Freiheitsbeschränkungen der Dekurionen in der
Spätantike (= Sklaverei Knechtschaft Zwangsarbeit Untersuchungen zur Sozial-,
Rechts- und Kulturgeschichte 12). Olms, Hildesheim 2014. VII, 231 S. Besprochen
von Gerhard Köbler.
Mit dem Staat kam der Zwang. Die Vereinigung aller auf einem bestimmten Gebiet unter einer Führung hatte zur Folge, dass einige bestimmten, was andere zu tun und zu lassen hatten. In einer ständisch gegliederten Gesellschaft brachte dies Freiheitbeschränkungen auch für die eigentlich Freien und sogar für die höchste Führungsschicht selbst mit sich, wobei die Einengungen umso strikter werden konnten, je mehr der Staat insgesamt um seinen Bestand zu bangen hatte, wie dies am Ende der Antike ganz augenfällig wurde.
Die sich mit diesen Fragen in Bezug auf die Dekurionen beschäftigende Arbeit ist die von Hans Josef Wieling auf der Grundlage eines Blockseminars in Himmerod in der Eifel betreute, im Rahmen des Graduiertenkollegs 846 (Sklaverei –Knechtschaft und Frondienst –Zwangsarbeit) bearbeitete und im Wintersemester 2012/2013 vom Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Treier angenommene Dissertation des Verfassers. Sie gliedert sich nach Vorwort und Einleitung in sieben Kapitel über den Standort des Dekurionenrats innerhalb der städtischen Verwaltung und die Terminologie (decurio, curialis), die Berufung zum Dekurionenamt, die einzelnen Rechte und Pflichten der Dekurionen unter besonderer Berücksichtigung der Steuererhebung und der Steuerhaftung, das Ausscheiden aus dem Dekurionendienst, die vielfältigen Freiheitsbeschränkungen und den Niedergang des Dekurionenstands. Am Ende fasst der Autor seine Erkenntnisse kurz zusammen und rundet seine ansprechende Untersuchung durch ein Literaturverzeichnis und verschiedene wertvolle Register ab.
Im Ergebnis kann er mit guten Gründen feststellen, dass die Dekurionen in der Spätantike zahlreichen Rechtsbeschränkungen unterlagen (Veräußerungsbeschränkungen, Berufsbeschränkungen, Verlust der strafrechtlichen Privilegien, örtliche Bindung), dass aber die persönliche Freiheit nie angetastet wurde und die freie Geburt Zugangsvoraussetzung für den Stadtrat blieb. Die Möglichkeit des Zwanges war dabei freilich dem römischen Staat bereits vor der Spätantike bekannt bzw. immanent, so dass die Kaiser seit Konstantin nur etwas immer engmaschiger vertieften, was dem Grunde nach im politischen System längst angelegt war. Da die zahlreichen Sonderregelungen bezüglich der Dekurionen lediglich die städtischen Pflichten (munera municipalia) sichern sollten, betreffen die Freiheitsbeschränkungen nicht das Personenrecht, sondern das Verwaltungsrecht und sind die Dekurionen zwar nicht rechtlich, aber doch tatsächlich zwischen Freiheit und Unfreiheit einzuordnen, wie im Übrigen auch in der Gegenwart trotz grundsätzlicher persönlicher Freiheit doch zahllose Zwänge wie beispielsweise die Rundfunkgebührenpflicht für den bloßen Haushalt zu Gunsten der Meinungsmacher eingerichtet werden.
Innsbruck Gerhard Köbler