Wesel, Uwe, 250 Jahre rechtswissenschaftlicher Verlag C. H. Beck. Beck, München 2013. 591 S.

 

Der die menschliche Welt in vielen Hinsichten nachhaltig verändernde Buchdruck mit beweglichen Metalllettern und Presse begann bekanntlich mit Johann Gensfleisch genannt Gutenberg um 1450. Nicht ganz so alt und gewichtig sind die aus dem Buchdruck im 16. und 17. Jahrhundert erwachsenden Zeitungen. Noch jünger und doch während seiner langen 250 Jahre an die Spitze der juristischen Verlage Europas getreten ist der von dem Berg-, Huf- und Waffenschmiedemeistersohn, Lateinschüler und gelernten Buchdrucker, Buchhändler und Verleger Carl Gottlob Beck (Johanngeorgenstadt 1733-Nördlingen 1802) durch Kauf der 1633 eröffneten Mundbachschen Druckerei und Buchhandlung in Nördlingen für 5000 Gulden (oder 500000 Euro) gegründete, 1889 nach Schwabing und damit München wechselnde Verlag C. H. Beck.

 

Mit Wolters Kluwer und Reed Elsevier/LexisNexis spielt er so hoch in der juristischen Verlagswelt, dass als Autor einer umfassenden Verlagsgeschichte zur ziemlich seltenen 250-Jahrfeier am ehesten ein Gelehrter in Betracht kam, der für Mut und Unvoreingenommenheit ebenso bekannt ist wie für Einfallsreichtum und Stilfreiheit und zudem durch die allgemeine Geschichte des Rechts wie die Geschichte des Rechts in Europa grundlegende Erfahrung auf weitem Raum gesammelt hat. Selbst für ihn erwies sich aber letztlich die große Aufgabe als nicht mehr erfüllbar. Deswegen konnte das Werk in seiner einnehmenden Gestaltung am Ende nur mit Unterstützung fünfundzwanziger Verlagslektoren kurz nach der feierlichen Festveranstaltung der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden.

 

Gegliedert ist es in 25 Abschnitte, die von einer kurzen Übersicht über sechs Generationen in vier Jahrhunderten in chronologischer Reihung bis zu Dank und Ausblick durch den derzeitigen Verleger Hans Dieter Beck reichen. Trotz kleiner Anfänge (1764 Senckenberg, Heinrich Christian, Vorläufige Einleitung zu der ganzen in Deutschland üblichen Rechtsgelehrsamkeit) und mancher Widrigkeiten (wie etwa dem frühen Tod Carl Becks oder der Zerstörung des Verlagsgebäudes in Schwabing im zweiten Weltkrieg) zeugt der Band von großem, vor allem in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts unter Heinrich Beck und Hans Dieter Beck erreichtem Erfolg des 1910 noch hinter Heymann(s), Guttentag, Vahlen, S. Fischer und Duncker & Humblot rangierenden Verlags (1852-1884 21 jährliche Neuerscheinungen, 1884-1924 33, 1924-1933 43, 1933-1945 38, davon mehr als die Hälfte juristisch, 1949-1970 61, 1951 insgesamt 587 juristische Neuerscheinungen aller bundesdeutschen Verlage, 1960 1257, 1980 2468, 2000 3437, 2010 4282). Wer immer sich für die vielfältigen, interessanten Einzelheiten in der sich stetig weiter und immer schneller differenzierenden Rechtswelt interessiert, wird das Werk trotz seiner gewissen Uneinheitlichkeit mit größtem Gewinn und Genuss lesen.

 

Uwe Wesel greift dabei gerade auch den im Rahmen der allgemeineren Arisierung erfolgten Erwerb des Verlages Otto Liebmann während der nationalsozialistischen Herrschaft im Deutschen Reich auf. Durch den Vergleich mit anderen Verlagen mit Literatur zum Recht im Dritten Reich (Mohr Siebeck, Heymanns, Vahlen. Junker und Dünnhaupt, Hanseatische Verlagsanstalt) kann er das Geschehen durchaus relativieren und den Verleger als anständigen, toleranten Konservativen einordnen. Im Entnazifizierungsverfahren wird Heinrich Beck dementsprechend (nicht als Minderbelasteter, sondern nur) als Mitläufer eingestuft und zur Zahlung von 500 RM sowie zur Tragung der aus einem Streitwert von rund 2 Millionen RM errechneten Verfahrenskosten verurteilt, so dass er nach einer Übergangszeit auch rechtlich wieder die Leitung des Unternehmens übernehmen kann.

 

Insgesamt legen Verfasser und Verlag die lange Erfolgsgeschichte in vielen Facetten offen. Sie beruht nicht zuletzt darauf, dass die Verlegerfamilie zu allen Zeiten einfallsreiche und tatkräftige Mitarbeiter gefunden hat. Damit verbunden ist ein Firmenwert, der jeden bei Beck aufgenommenen Verfasser (von Achenbach bis Zweigert) in einen juristischen Adelsstand erhebt, der in seiner Gesamtheit den Erfolg des Hauses auch nach Hans Dieter Beck für noch lange, wenn auch stets ungewisse Zeit ungeachtet aller nicht vorhersehbaren Veränderungen der Medienwelt sichern kann und wird.

 

Innsbruck                                                                               Gerhard Köbler