Ungerechtes Recht, hg. v. Müßig, Ulrike. Mohr (Siebeck), Tübingen 2013. 160 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Im rechtspositivistischen Credo moderner Jurisprudenz dürfte es nach der in das kurze Vorwort aufgenommenen Feststellung der Herausgeberin ungerechtes Recht streng genommen gar nicht geben, weil Recht nur Recht und nicht zugleich auch Unrecht sein kann. Gleichwohl erschien es nach zu vielen Zeiten erlebten Erfahrungen Würzburger Rechtshistorikern und Rechtsphilosophen reizvoll, die Frage nach der Gerechtigkeit des Rechtes an Gesetzgeber, Gerichte und Verwaltungen neu zu stellen. Die Gelegenheit hierzu bot ein zu Ehren Dietmar Willoweits in den Räumen der Carl Friedrich von Siemens Stiftung vom 21. bis 22. Juli 2011 kurz nach seinem 75. Geburtstag abgehaltenes Symposion.

 

Die dort erstatteten acht Referate von Schülern Dietmar Willoweits stellt das vorliegende Sammelwerk der Allgemeinheit gut greifbar zur Verfügung. Dabei befasst sich Alexander  Ignor als erstes mit Wahrheit und Gerechtigkeit als Zielen des Strafverfahrens in Geschichte und Gegenwart, während die Herausgeberin die Korrekturbedürftigkeit des strengen Rechts in deutschen und englischen Rechtsquellen vergleicht. Steffen Schlinker behandelt die Rechtsverweigerung nach mittelalterlichen Rechtsquellen und Ignacio Czeguhn greift örtlich auf die Sklavengesetzgebung im frühneuzeitlichen Spanien und den amerikanischen Kolonien aus, woran Christiane Birr für Barbados anknüpfen kann.

 

Fabian Wittreck widmet sich dem administrativen Unrecht unter dem Ausgangsgesichtspunkt der Abschaffung des Widerspruchsverfahrens, während Bernd Schildt sich als gelernter DDR-Bürger an administratives Unrecht im Alltag erinnert. Am Ende stellt Dietmar Willoweit selbst auf Grund seiner vielfältigen Lebenserfahrungen die wichtige und kaum endgültig lösbare Frage nach Grenzen des Rechts und erinnert überzeugend daran, dass auch Gesetzesrecht stets einer metarechtlichen Kontrolle unterliegt, obwohl die zeitgebundene Idee der Souveränität mit dem Vorrang des gesetzten Rechtes diesen eigentlich selbverständichen Sachverhalt zeitweise verdunkelt hat. Ein kurzes Register von administrativem Unrecht bis Willkür, das die besondere Bedeutung des Richters für Recht und Gerechtigkeit deutlich werden lässt, schließt den schmalen, aber vielfältigen Band hilfreich auf.

Innsbruck                                                                               Gerhard Köbler