Und sie werden nicht mehr frei sein ihr ganzes Leben. Funktion und Stellenwert der NSDAP, ihrer Gliederungen und angeschlossenen Verbände im „Dritten Reich“, hg. v. Becker, Stephanie/Studt, Christoph. LIT-Verlag, Münster 2012. 282 S.

 

Kurz nach dem Ende des ersten Weltkriegs wurde auf der Suche nach einem politischen Neuanfang eine Partei gegründet, die sich nach ihrem Namen bewusst für die Interessen der deutschen Arbeiter einsetzen wollte. Nachdem in sie im September des gleichen Jahres der berufslose österreichische Gefreite Adolf Hitler eingetreten war, strebte er mit Gesinnungsfreunden ein radikaleres Programm mit Zielen wie Aufhebung des Friedensvertrags von Versailles, Entziehung der deutschen Staatsbürgerschaft gegenüber Juden und Stärkung der Volksgemeinschaft an, wobei am 20. Februar 1920 die Partei in Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei umgemeldet wurde. An sie sollten nach den Vorstellungen Hitlers Jungen und Mädchen mit zehn Jahren herangeführt werden, nach vier Jahren vom Jungvolk in die Hitlerjugend kommen, nach weiteren vier Jahren in die Partei, in die Arbeitsfront, in die Sturmabteilung oder in die Schutzstaffel und dann in den Arbeitsdienst und in die Wehrmacht und „sie werden nicht mehr frei ihr ganzes Leben“ und sind glücklich dabei.

 

Mit diesen totalen Ansprüchen politischer Formierung befasste sich die Forschungsgemeinschaft 20. Juli 1944 e. V. auf ihrer 2011 durchgeführten 24. Königswinterer Tagung. Die beiden Herausgeber, von denen Christoph Studt nach dem Studium von Geschichte, Kunstgeschichte und Politikwissenschaft 1990 als wissenschaftlicher Mitarbeiter Klaus Hildebrands mit einer Untersuchung über Lothar Bucher promoviert wurde, stellen die Ergebnisse dieses Gedankenaustausch der Allgemeinheit in kompakter Form zur Verfügung. Damit ist für jedermann ein ansprechender Überblick über die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei, ihre Gliederungen und angeschlossenen Verbände gut greifbar.

 

Einbezogen sind dabei beispielsweise auch der Nationalsozialistische Deutscher Ärztebund, der Nationalsozialistische Rechtswahrerbund, das Nationalsozialistische Kraftfahrerkorps oder der Reichsnährstand. Insgesamt konnte dementsprechend im Rahmen der späteren Entnazifizierung nach der Mitgliedschaft in fast 100 parteinahen Organisationen gefragt werden. Bei wohl weit mehr als 10 Millionen Menschen gelang die von Adolf Hitler angestrebte Nationalsozialisierung in mehr oder weniger entschiedener Form, wenngleich daraus auch gelegentlich politischer Widerstand erwachsen und nach dem 8. Mai 1945 das weder das subjektive noch das objektive Geschehen vollkommen aufgeklärt werden konnte.

 

Innsbruck                                                                   Gerhard Köbler