Tjarks, Sven Ufe, Das „venezianische“ Stadtrecht Paduas von 1420. Zugleich eine Untersuchung zum statutaren Zivilprozess im 15. Jahrhundert (= Schriftenreihe des deutschen Studienzentrums in Venedig Neue Folge Band 7). Akademie Verlag, Berlin 2013. XX, 497 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Das westlich Venedigs gelegene Padua, das seinen sagenhaften Ursprung auf den Trojaner Antenor und das 12. Jahrhundert vor Christus zurückführt, kam mit dem gesamten Gebiet der Veneter um 215 v. Chr. an die Römer, in deren Reich es einer der bedeutsamsten Handelsorte wurde. Nach weitgehender Vernichtung seiner antiken Überreste durch die Langobarden fiel es unter Karl dem Großen an die Franken und damit später an das Heilige römische Reich. Von daher ist die Geschichte des von Otto dem Großen im zehnten Jahrhundert zur „freien Stadt“ erklärten Ortes auch für die deutsche Rechtsgeschichte von besonderem Interesse.

 

Die vorliegende stattliche Arbeit ist die von Karin Nehlsen-von Stryk betreute, im deutschen Studienzentrum in Venedig erarbeitete, im Wintersemester 20110/2011 von der juristischen Fakultät der Universität Freiburg im Breisgau angenommene Dissertation des Verfassers. Sie gliedert sich in insgesamt sieben Teile. Nach einer Einleitung über den Gegenstand, den Forschungsstand und die Methodik betrachtet der Verfasser die mit dem so genannten republikanischen Kodex von 1276 einsetzende Überlieferung des Paduaner Stadtrechts, für das ihm die Handschrift BP 1236 als Hauptquelle dient, bis zu den Drucken zwischen 1482 und 1767, die Geschichte der Stadt, die Statutenreform von 1420 (S. 63ff.), den Inhalt der reformierten Statuten von 1420 (127ff. Grundlagen des zivilprozessualen Verfahrens, Beginn, ehegüterrechtliche und erbrechtliche Stellung der Frau, Einwand der Amtsunfähigkeit des Richters, summarisches Verfahren, ordentliches Verfahren, gemeinsame Vorschriften, Fristen, weitere Vorschriften, Gutachtenwesen, Fortgang des Verfahrens, Anfechtung des Urteils durch Appellation) und fasst seine Erkenntnisse in einer Schlussbetrachtung zusammen. Ein Anhang bietet nützliche Übersichten, Verzeichnisse und Register.

 

Insgesamt gelangt der Verfasser in überzeugender, sorgfältiger und eigenständiger Betrachtung zu zahlreichen vertieften Einsichten in seinen Untersuchungsgegenstand. Im Ergebnis sieht er die zum großen Teil ältere Texte übernehmenden Statuten von 1420 eher als Zeugnis für die beharrenden Kräfte vor allem der juristischen Elite Paduas an, gegen die sich das 1405 die Herrschaft übernehmende Venedig nicht durchzusetzen vermochte. Ansprechend erklärt der Verfasser dies mit den vorrangig wirtschaftlichen und weniger grundsätzlich politischen Interessen der Venezianer.

 

Innsbruck                                                                   Gerhard Köbler