Steinhauer, Fabian, Das eigene Bild. Verfassungen der Bildrechtsdiskurse um 1900 (= Wissenschaftliche Abhandlungen und Reden zur Philosophie, Politik und Geistesgeschichte Band 74). Duncker & Humblot, Berlin 2013. 145 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Das Bild als die gedankliche oder auch außergedanklich sichtbar gemachte Wiedergabe eines Umstands durch menschliches Verhalten hat eine lange Geschichte, die aber erst verhältnismäßig spät mit dem Recht in Verbindung tritt. So wie Gedanken grundsätzlich frei sind, sind auch die Bilder bis zu den Grenzen der Persönlichkeitsverletzung lange Zeit ohne besondere Einschränkung erlaubt. Abgesehen von den etwas älteren eigenartigen Bildnisstrafen beginnt anscheinend erst mit der Erfindung moderner technischer Verfahren und der anschließenden Sensibilisierung der Allgemeinheit ein davon abweichender Bildrechtsdiskurs.

 

Der Verfasser der diesem Vorgang gewidmeten geschichtlichen Ausführungen, der sich anscheinend seit einem guten Jahrzehnt mit entsprechenden Fragestellungen beschäftigt, beginnt seine Untersuchung mit einer medien- und rechtstheoretischen Vorbemerkung. An ihrem Anfang stellt er die Frage, ob Bilder noch eine Verfassung haben? Seine dazu entwickelte, auf eine bestimmte Dimension in der Medienverfassung des subjektiven Rechtes zielende These lautet, dass sich die juristischen Konstruktionen und kunsthistorischen Narrative um 1900 um die Konstitution des Bildes drehen, während sich eine andere Vorstellung (Warburgs) um die Restitution des Bildes dreht.

 

Seine Untersuchung gliedert sich danach in vier Abschnitte, welche die Gründe des Bildrechts um 1900 betreffen, vitale Schöpfungen untersuchen, Verdrängungen und Restitutionen erörtern und auf dieser Grundlage zu einer Verfassung des Bildschutzes gelangen, zu deren Veranschaulichung wenige Abbildungen angefügt sind. Im Ergebnis gelangt der Verfasser zu der Überzeugung, dass gelungene Gründungen immer mindestens zweimal vorkommen, wie das mit den zivilrechtlichen Anfängen des Bildrechts um 1900 und dem verfassungsrechtlichen Bildschutz durch das Bundesverfassungsgericht der Fall gewesen sei. Es ist, als würde sich seit der doublierten Begründung alte und vertraute Formen des Rechtsnebeneinanders ganz unvertraut fort- und übersetzen, wie zum Beispiel das Rechtsnebeneinander beider Rechte (ius utrisque!) und, obschon die Differenz zwischen Zivilrecht und Verfassungsrecht nichts mit den alten Parallelen parallel hat, teil (!) man ein Nebeneinander.

 

Innsbruck                                                        Gerhard Köbler