Sennholz, Marco, Johann von Leers. Ein Propagandist des Nationalsozialismus (= Biographische Studien zum 20. Jahrhundert 3). be.bra Wissenschaft Verlag, Berlin 2013. 460 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Wer sich mit den Professuren und Professoren der Rechtswissenschaft in der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft befasst, kann gelegentlich auch Johann von Leers begegnen. Zwar zählt er nicht zum Kern der juristischen Hochschullehrer seiner Zeit. Aber er nahm doch zwischen 1933 und 1945 eine nicht unbedeutende Stellung ein, über die nur noch wenig bekannt ist, so dass das vorliegende Werk diesbezüglich ansprechend und gut lesbar eine bisher bestehende Lücke schließen kann.

 

Entstanden ist es an einem eher entlegen Ort, nämlich als Dissertation an der Technischen Universität Chemnitz. Zum Inhalt hat es das wechselvolle Leben eines der seinerzeit einflussreichsten nationalsozialistischen Propagandisten. Detailliert und umsichtig bearbeitet sein Verfasser an Hand der verfügbaren Quellen Leben und Werk des in Vietlübbe in Mecklenburg am 25. Januar 1902 in einer 1791 in den Reichsadel erhobenen und dann auf Gütern in Schönfeld, Mühlen Eichsen und Vietlübbe im Amt Gadebusch ansässigen, aber wirtschaftlich vor dem Verfall stehenden früheren Kaufmannsfamilie geborenen Leers’.

 

Danach studierte Johann von Leers nach dem Abitur am Gymnasium Neustrelitz an den Universitäten Kiel, Berlin und Rostock Rechtswissenschaft und Geschichte, befasste sich nach seiner juristischen Rostocker Promotion über die Werkwohnung in der Gesetzgebung (1925) als Kulturattaché des Auswärtigen Amtes für den fernen Osten intensiv mit der Bedeutung der Juden, gewann die Überzeugung, dass die Menschheit vor der Versklavung durch die Juden gerettet werden müsse und machte die Juden für Konkurs und Verlust des Familienguts Vietlübbe verantwortlich. Am 1. August 1929 wurde er Mitglied der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei sowie als sehr enger Mitarbeiter Joseph Goebbels’ Mitherausgeber der nationalsozialistischen Zeitschrift Wille und Weg und veröffentlichte 1932 die führende Biographie Adolf Hitlers sowie danach zahlreiche Schriften wie Juden sehen dich an (fünf Auflagen) oder Blut und Rasse in der Gesetzgebung, die ihm 1936 den Weg zu einem Lehrauftrag an der Universität Jena über deutsche Rechts-, Wirtschafts- und politische Geschichte auf rassischer Grundlage, 1938 zum nichtbeamteten außerordentlichen Professor und im März 1940 auf einen Lehrstuhl für Geschichte, insbesondere deutsche Bauerngeschichte ebneten. Nach dem Ende des zweiten Weltkriegs wurde der ehemalige Reichsschulungsleiter in der amerikanischen Besatzungszone interniert, konnte aber zunächst nach Bonn und 1950 nach Buenos Aires (Hans Euler) fliehen, von wo aus er nach dem Sturz Juan Peróns 1955 nach Ägypten wechselte, 1957 zum Islam konvertierte (Omar Amin von Leers) und bis zu seinem Tode am 5. März 1965 weiter entschieden bis fanatisch gegen das Judentum und auch gegen den Imperialismus kämpfte und schrieb.

 

Innsbruck                                                                   Gerhard Köbler