Senn, Marcel, Rechtswissenschaft und Juristenausbildung. Fünf kritische Beiträge zu Grundlagenfragen der Wissenschaft des Rechts nach Einführung der Bologna-Reformen. Dike, Zürich 2013. VIII, 104 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Auch wenn man davon ausgeht, dass die römische Jurisprudenz mit der späteren Rechtswissenschaft nicht identisch sind, sondern jene nur den wesentlichen Stoff für diese hergestellt und aufbereitet hat, kann die Rechtswissenschaft doch auf viele Jahrhunderte ihrer Entwicklung voll Stolz zurückblicken. Zwar sind auch hier menschliche Irrtümer nicht ausgeblieben und haben manche Juristen Handlungen begangen oder gerechtfertigt, die sich in anderen Augen als Unrecht dargestellt haben. Insgesamt ist aber doch ein großer Erfahrungsschatz ermittelt worden, dessen Aufgabe wohlüberlegt sein will.

 

Marcel Senn hat sich in diesem Zusammenhang stets der allgemeinen Grundfragen mit besonderem Nachdruck angenommen. Dies hat ihn in den letzten Jahren dazu bewogen, sich zu modernen Entwicklungen der Juristenausbildung zu äußern. Da die gewonnenen Erkenntnisse von allgemeinerer Bedeutung sind, haben ihn Freunde aufgefordert, fünf thematisch zusammenhängende, in verschiedenen Sammelbänden und Zeitschriften veröffentlichte Studien als Monografie zu publizieren.

 

In ihr fragt er nun in den ersten beiden Kapiteln, ob das Recht die Dienstmagd der Ethik ist und ob es eine Rechtswissenschaft ohne reflexiven Habitus geben kann. Danach ordnet er die Wissenschaftsgeschichte als Mittlerin zwischen Öffentlichkeit und Recht ein und sieht diese Stellung durch die Bologna-Reform zu Recht als bedroht an. Überzeugend plädiert er deshalb für in langem Ringen gewonnene Werte wie Freiheit und Humanität und gegen deren nützlichkeitsorientierte Ersetzung durch bloßes Geld und nackte Macht.

 

Innsbruck                                                                               Gerhard Köbler