Schönpflug, Daniel, Die Heiraten der Hohenzollern. Verwandtschaft, Politik und Ritual in Europa 1640-1918 (= Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft 207). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2013. 336 S., 5 Abb., 2 Tab. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Zumindest während der Herrschaft der väterlichen Gewalt sind viele Ehen in erster Linie aus rationalen und kaum aus emotionalen Gründen geschlossen worden. Ziel der dabei angestellten Überlegungen waren vor allem Gewinnung und Wahrung von Gütern sowie Erhaltung der Familie. Von daher sind die Heiraten bekannter Adelsfamilien schon seit längerer Zeit ein geschichtswissenschaftliches Thema, zumal die Habsburger als wichtigstes deutsches Geschlecht sogar sprichwörtlich die Ehe dem Krieg vorgezogen und dadurch wichtige Gebiete erlangt haben.

 

Der die Heiraten der Hohenzollern untersuchende Verfasser wurde in Bochum 1969 geboren und nach dem Abitur und dem Studium von Geschichte und Germanistik in Berlin (FU) sowie Montpellier als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Arbeitsbereich für westeuropäische Geschichte des Friedrich-Meinecke-Instituts 1999 bei Volker Hunecke und Etienne François mit einer Dissertation über Radikalisierung und Konflikte im Straßburger Jakobinerklub 1790-1794 promoviert. Als wissenschaftlicher Assistent Gisela Bocks wurde er 2009 mit der vorliegenden Schrift habilitiert. Seit Oktober 2008 ist er stellvertretender Direktor des Centre Marc Bloch in Berlin.

 

Die Idee zu einer Geschichte der europäischen Fürstenheirat kam ihm nach dem kurzen Vorwort im Jahre 2000 bei seiner eigenen Heirat und der gleichzeitigen Lektüre des Werkes Pomp und Politik Johannes Paulmanns. Gegliedert ist seine sorgfältige Darstellung in sechs Kapitel über die Bedeutung der Heiraten für die Entstehung des preußischen Staates, die Regeln der Partnerwahl bei einer guten Partie (Pflicht und Neigung, Ebenbürtigkeit, Gütergleichgewicht), die Nähe und Ferne des Heiratskreises (Hessen, Oranier, Welfen, Romanow), das außenpolitische Potential (Oranier, Hannover, Romanow und Royals), die ritualorientierte politische Inszenierung und das Verhältnis zwischen verwandtschaftlicher Verflechtung und europäischem Bewusstsein. Als Ergebnis der etwa 85 einschlägigen, im Anhang sorgfältig dokumentierten Eheschließungen kann der Verfasser überzeugend feststellen, dass die dynastischen Heiraten auch der Hohenzollern ein relevanter Faktor der Staatsbildung waren und bis in das 19. Jahrhundert blieben und an Bedeutung selbst Revolutionen übertrafen.

 

Innsbruck                                                        Gerhard Köbler