Schilling, Heinz, Martin Luther. Rebell in einer Zeit des Umbruchs. Beck, München 2012. 714 S., 51 Abb., 4 Kart. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Der in Eisleben am 10. November 1483 als Sohn eines Bergmanns geborene Martin Luther hat aus deutscher Sicht die Welt so stark verändert wie nur wenige seiner Zeitgenossen. Durch seine 1517 kurz nach Erreichen seiner beruflichen Endposition als Professor der Theologie mit etwa 34 Jahren in Wittenberg veröffentlichten Thesen ließen ihn zum erfolglosen Reformator der katholischen Kirche und zum erfolgreichen Begründer einer neuen Konfession werden. Über seine Begründung der Erlösung des Menschen auf die Gnade Gottes  statt auf käufliche gute Werke hinaus prägt seine Übersetzung der Bibel in das Deutsche deren Sprache bis zur Gegenwart wesentlich mit.

 

Der in Bergneustadt 1942 geborene, in Köln aufgewachsene Verfasser promovierte nach einem Studium der Geschichte, Germanistik, Philosophie und Soziologie in Köln 1971 in Freiburg im Breisgau mit einer Untersuchung zur Sozial- und Religionsgeschichte niederländischer Exulanten. Nach einer Tätigkeit als Assistent bzw. Hochschuldozent in Bielefeld wurde er 1977/1968 auf Grund einer von Wolfgang Mager, Reinhart Koselleck und Bernd Moeller begutachteten Fallstudie zur territorialen Sozialgeschichte (am Beispiel der Grafschaft Lippe habilitiert und nach Osnabrück (1979), Gießen (1982) sowie Berlin (1992) berufen. Seine vielfältigen Untersuchungen haben ihn zu einem der führenden Sachkenner der Konfessionalisierungsgeschichte werden lassen, an den der Verlag mit bestem Grunde mit einer großen Aufgabe herangetreten ist.

 

Luthers Leben und Wirken in einer Epoche des Umbruchs gliedert er klar in die drei Abschnitte von Kindheit, Studium und erste Klosterjahre (1483-1511), Wittenberg und die Anfänge der Reformation (1511-1525) sowie die Spannung zwischen Prophetengewissheit und zeitlichem Scheitern (1525-1546). Am Ende seines umsichtig und tiefgreifend aus der Fülle der verfügbaren Quellen und Literatur, erarbeiteten, Anmerkungen an das Ende platzierenden Untersuchung sieht er überzeugend die Welt als durch Luther verändert an und fragt nach Luthers Anteil daran. Im Ergebnis sieht er Luther als Produkt eines vom 14. bis zum 17. Jahrhundert reichenden Wandels, den der Theologe bis zu seinem Tode am 18. Februar 1546 zumindest für das Reich wie kein anderer vorangetrieben und gestaltet hat.

 

Innsbruck                                                        Gerhard Köbler