Rohner, Gabriela, Die
Wirksamkeit von Volksinitiativen im Bund 1848-2010 (= Schriften zur
Demokratieforschung 4). Schulthess, Zürich 2012. XX, 392 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Seit seinem Beginn ist es dem Menschen möglich, über andere Menschen Macht oder Herrschaft auszuüben, woraus sich im Laufe der Geschichte die verschiedensten gesellschaftlich-politischen Gestaltungsmöglichkeiten zwischen Diktatur und Anarchie ergaben. Seit der französischen Revolution des Jahres 1789 haben sich die bereits früher in Ansätzen vertretenen Gedanken der Freiheit und Gleichheit zumindest theoretisch weithin durchgesetzt, so dass die Herrschaftsformen meist am Gedanken der Demokratie gemessen werden. Eine offene Frage ist dabei angesichts der Vielzahl der Menschen und der Größe ihrer politischen Einheiten das Verhältnis zwischen mittelbarer und unmittelbarer Beteiligung an der Ausübung der Macht.
Mit einem sehr interessanten Teil dieses Themenbereichs befasst sich die von Andreas Auer ermutigte und betreute, im Zentrum für Demokratie Aarau geschaffene Dissertation der als Juristin erfahrenen Verfasserin. Sie untersucht alle 264 Volksinitiativen, die zwischen 1848 und dem Ende des Jahres 2010 zu Stande gekommen und erledigt worden sind, auf ihr Ergebnis. Dabei gliedert sie ihre gründliche, eine Lücke schließende Arbeit klar in vier Kapitel über Grundlagen, Wirksamkeit, formalen und materialen Erfolg sowie Erfolg unter anderen Gesichtspunkten mit insgesamt 21 Unterabschnitten vom Stand der Forschung bis zur Aktivierungswirkung.
Am Ende kann sie zusammenfassend feststellen, dass in den betrachteten 162 Jahren 47 Prozent aller Volksinitiativen erfolgreich und damit 53 Prozent erfolglos waren (darunter zwei erfolglose Initiativen auf Totalrevision der Bundesverfassung)., wobei nur 18 Initiativen formell angenommen wurden, aber praktisch alle Initiativen Wirkungen hatten, selbst wenn diese nur in einer öffentlichen Auseinandersetzung oder der Förderung der Bekanntheit der Initiatoren bestanden. Bundesrat und Parlament stellten gut der Hälfte aller Initiativen einen Gegenvorschlag gegenüber, der fast in der Hälfte aller Fälle zur Rücknahme der Volksinitiative führte. Allerdings weist die Verfasserin am Ende ihrer durch viele Graphiken und Tabellen veranschaulichten, inhaltlich überzeugenden Untersuchung auch darauf hin, dass Globalisierung der Wirtschaft, Internationalität der Medien und europäische Inegration (der Schweiz bisher durch bilaterale Verträge) eine stark national ausgerichtete politische Entscheidungsautonomie (eines kleinen, seine sich selbst geschaffenen Wettbewerbsvorteile bisher emsig verteidigenden Staates) einschränken oder sogar gefährden.
Innsbruck Gerhard Köbler