Rabban, David M., Law’s History, American Legal Thought and the Transatlantic Turn to History. Cambridge University Press, Cambridge 2013. XXI, 564 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Seit Beginn der Neuzeit eroberten die Europäer mit Hilfe von Schiffen und Gewehren gewaltsam große Teile der Erde und wanderten in beachtlicher Zahl vor allem nach Amerika und Australien aus. Zwar nahmen sie dorthin viele ihrer heimischen Errungenschaften mit, doch entwickelten sie diese in der neuen Umgebung durchaus selbständig weiter. Auf diese Weise ist es vor allem Nordamerika gelungen, auf der Grundlage des englischen Rechtssystems weltweit eine führende Rolle in der Welt des Rechtes einzunehmen, obwohl Europa nur ungern und begrenzt Kenntnis davon nimmt.

 

Dementsprechend beschränkt sind die europäischen Kenntnisse von der Geschichte des amerikanischen Rechtes. Dies ist deswegen besonders bedauerlich, weil nur in Kooperation und gegenseitiger Rezeption ein Optimum an Erkenntnis und Fortschritt erzielt werden kann. Aus diesem Grunde ist es besonders erfreulich, dass das vorliegende Werk auf dem Wege über die Cambridge University Press allgemeinere Verbreitung erlangen kann.

 

Sein 1949 geborener Verfasser ist seit 1983 an der Law Faculty der Universität of Texas tätig. Seinen Bachelor of Arts erwarb er an der Wesleyan University, seinen J. D. in Stanford. Vor seinem Wechsel nach Texas beriet er mehrere Jahre die American Association of University Professors, mit der er bis in die jüngste Vergangenheit in enger Verbindung blieb.

 

Sein bisher bekanntestes Werk ist die Untersuchung der Free Speech in its forgotten Years. Es erschien 1997 ebenfalls in Cambridge. Als bahnbrechende Studie über die Redefreiheit zwischen 1870 und 1920 verschaffte es ihm weite Anerkennung.

 

Auch das vorliegende Werk hat seinen Schwerpunkt im späteren 19. Jahrhundert. Ihm geht es um die Aufnahme sozialer Gedenken im Anschluss an den amerikanischen Bürgerkrieg. Damit verbunden ist die geschichtliche induktive Betrachtung des Rechtes im Gegensatz zur deduktiven Herleitung aus übergeordneten Prinzipien, wodurch Reformen erleichtert wurden.

 

Gegliedert ist es in außer in eine Einleitung und eine Zusammenfassung in insgesamt drei Teile, von denen der europäische Hintergrund mit Savigny, Ihering und Sir Henry Maine am Beginn steht und die geschichtliche Wende im deutschen Sprachraum, in England und in den Vereinigten Staaten von Amerika untersucht. Der zweite Teil betrachtet die amerikanische Rechtsausbildung und geht dabei besonders auf Henry Adams, Melville M. Bigelow, Holmes, Thayer und Ames ein, um sich am Ende eindringlich der Geschichte des amerikanischen Verfassungsrechts und der historischen Rechtsschule der amerikanischen Rechtswissenschaft zu widmen. Der dritte Teil legt sorgfältig und umsichtig die Bedeutung Maitlands und Pounds sowie ihrer Nachfolger bis zur Gegenwart dar.

 

Insgesamt gelingt dem Verfasser damit eine überzeugende Synthese auf hohem Niveau. Erschlossen wird sie für jedermann durch einen ausführlichen Index von Lord Acton bis Ernest Young. Möge das einnehmend gestaltete, durch Abbildungen veranschaulichte Werk die von Vergessen und Verlieren bedrohten rechtsgeschichtlichen Fäden zwischen Europa und den Vereinigten Staaten von Amerika dauerhaft festigen und erneuern.

 

Innsbruck                                                                   Gerhard Köbler