Philipps, Robert, Sozialdemokratie, 68er-Bewegung und gesellschaftlicher Wandel 1959-1969. Nomos, Baden-Baden 2012. 499. S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Nach 1960 kam es mit einem Höhepunkt im Jahre 1968 weltweit zu einer Reihe auffälliger Bewegungen, die sich zwar teilweise deutlich voneinander unterschieden, aber doch häufig den Krieg der Vereinigten Staaten in Vietnam, die abgelehnte Autorität und den Einsatz für größere sexuelle Freiheiten zum Gegenstand hatten. In der Bundesrepublik Deutschland trat die politische Ablehnung der großen Koalition zwischen Christlich-demokratischer bzw. christlich-sozialer Union und Sozialdemokratischer Partei hinzu. Als tiefere Gründe für diese Erscheinungen werden der Rückgang des starken Wirtschaftswachstums, die zunehmende Bildung und die damit verknüpfte Einsicht in die ungleiche, als ungerecht beurteilte Verteilung von Macht genannt.

 

Der 1978 geborene, in Bonn in Geschichte, Politik, Volkswirtschaft und Anglistik ausgebildete, seit 2010 als Referent der Friedrich-Ebert-Stiftung tätige Verfasser behandelt in seiner von Joachim Scholtyseck betreuten, von der Friedrich-Ebert-Stiftung geförderten, 2010 an der philosophischen Fakultät der Universität Bonn angenommenen Dissertation wesentliche, auf die Bundesrepublik Deutschland bezogene Aspekte dieser Vorgänge. Dazu gliedert er seine Untersuchung nach einer Einleitung über die 60er Jahre als Zeit soziokulturellen und politkulturellen Wandels, Fragestellung, Erkenntnisinteresse, Quellen, Methodik und Forschungsstand in vier Abschnitte über die Godesberger Wende, die Zeit von 1959 bis 1966, die Jahre 1967 bis 1969 und die Einflüsse der 68-er-Bewegung auf Programm und Profil der SPD. Am Ende fasst er seine in ausführlicher Erörterung gewonnenen Erkenntnisse übersichtlich zusammen.

 

Danach bedeutete der Wandel der 60er Jahre im Ergebnis das Wiedererstarken eines linken Parteiflügels der Sozialdemokratischen Partei. Dies gab den Kräften Auftrieb, die sich für eine stärkere Demokratisierung von Staat und Gesellschaft einsetzte. Auf dieser Grundlage konnte Willy Brandt nach dem knappen Wahlsieg der sozialen und liberalen Partei im Jahre 1969 als politisches Programm einer von ihm geführten sozialliberalen Koalition äußern, mehr Demokratie wagen zu wollen, und in der Folge auch verschiedene politische Veränderungen verwirklichen.

 

Innsbruck                                                        Gerhard Köbler