Person und Milieu - Individualbewusstsein? - Persönliches Profil und soziales Umfeld, hg. v. Westermann, Angelika/Welser, Stefanie von (= Neunhofer Dialog 3). Matthiesen Verlag, Husum 2013. 347 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die beiden in Kiel bzw. München tätigen Herausgeberinnen des vorliegenden Sammelbands nehmen in ihrem kurzen Vorwort Bezug darauf, dass Erich Maschke vor mehr als 35 Jahren darauf hingewiesen hat, dass sich seit dem 15. Jahrhundert führende Familien der städtischen Oberschicht bereits früh dem Humanismus und der Renaissance zu öffnen begannen. Dabei zeigte sich in zahlreichen schriftlichen Zeugnissen  und in vielfältigen Sammlungen ein neues Individualbewusstsein. Diesen Überlegungen gehen seitdem verschiedene Forscher nach, deren Erkenntnisse eine Zusammenfassung an einem leicht erreichbaren Ort verdienen.

 

Aus diesem Grund sollte den Bearbeitern die Möglichkeit der gemeinsamen Präsentation ihrer Ergebnisse eröffnet werden. Zu diesem Zweck fanden sich vom 21. bis zum 23. Juli 2013, gefördert von Georg Freiherr von Welser, zum dritten Mal junge Wissenschaftler mit erfahrenen Historikern auf Schloss Neunhof zusammen, um vielfältige Annäherungen an den gemeinsamen Untersuchungsgegenstand zu erörtern. Erfasst wurden dabei in den insgesamt 15 Referaten überwiegend oberdeutsche Juristen, Mediziner, Kaufleute und Künstler, für die sich einerseits zeigte, dass Aussagen zum Individualbewusstsein am ehesten über den Beruf möglich wurden, dass aber andererseits das soziale Umfeld der Handelnden den Individualisierungsprozess durchaus mitbestimmte.

 

Nach einer Tagungsdokumentation Christian Hoffarths eröffnet den alphabetisch geordneten Band Magnus Ulrich Ferber mit Adolph Occos III. (1524-1606) Briefen an Joachim Camerarius, während sich am Ende Angelika Westermann dem Kaufmann, Bankier und Politiker Bartholomäus Welser nähert. Daneben werden Paul Karl I. Welser, Don Diego Rodríguez de Silva y Velázquez, Bartholomäus Welser, Wilhelm Löffelholz, Wolfgang Löffelholz, Jacob Mersin, Walter Gallus, Daniel Schwegler, die Paumgartner als Familiengesellschaft, Sixtus Tucher, der Jurist Ludwig zum Paradies, Lukas Rem, Albrecht Altdorfer, Felix Platterund der Leipziger Rechtsgelehrte Dietrich von Bocksdorf individuell näher betrachtet. Dabei zeigen sich viele neue persönliche Erkenntnisse zu Quellen, Erkenntniswegen und Persönlichkeitsentwicklungen, die zur Fortsetzung der Forschungen über die Herausbildung von Individuen einladen und ermuntern.

 

Innsbruck                                                        Gerhard Köbler